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Rede von Stadtkämmerer Hubert Große-Ruiken zur ... - Stadt Dorsten

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<strong>Rede</strong> <strong>von</strong> <strong><strong>Stadt</strong>kämmerer</strong> <strong>Hubert</strong> <strong>Große</strong>-<strong>Ruiken</strong> <strong>zur</strong> Einbringung des Haus-<br />

haltssanierungsplanes 2012 bis 2021<br />

Herr Bürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />

Nun trete ich innerhalb eines Jahres bereits zum zweiten Mal vor den Rat, um über<br />

den Haushalt zu sprechen. Dies war vor mir keinem anderen Kämmerer dieser <strong>Stadt</strong><br />

vergönnt. Allerdings ist der Anlass dieser Premiere nicht besonders erfreulich, inso-<br />

fern muss man keinen Drang in sich spüren, dieses Erlebnis zu haben.<br />

Das Jahr 1993 war das erste Jahr, in dem wir uns mit der Haushaltssicherung zu be-<br />

schäftigen hatten. Ich habe diese Zeit <strong>von</strong> Anfang an miterlebt. Dieser Abschnitt geht<br />

nun nach 19 Jahren zu Ende. Wer nun glaubt, das sei ein freudiges Ereignis, den<br />

muss ich enttäuschen. Ich hätte ein erfreuliches Ende, nämlich den Haushaltsaus-<br />

gleich, Ihnen gerne verkündet; stattdessen beginnt nun eine neue Herausforderung,<br />

<strong>von</strong> dem ich nicht weiß, ob ich den Erfolg während meiner aktiven Zeit im <strong>Dorsten</strong>er<br />

Rathaus noch erleben werde.<br />

Denn heute treten wir in das Zeitalter der Haushaltssanierung ein. In den vergange-<br />

nen 19 Jahren standen wir jedes Jahr vor dem Abgrund; heute beginnen wir mit dem<br />

mühsamen Weg, uns wieder <strong>von</strong> ihm zu entfernen. Der Weg wird aber ein anderer<br />

sein als der, den wir gekommen sind. Wir müssen diesen Weg nämlich erst finden.<br />

Was ich Ihnen heute präsentiere, wird die <strong>Stadt</strong> verändern. Denn so weitergehen wie<br />

bisher kann es nicht. Wir dürfen uns nicht <strong>zur</strong>ücklehnen und glauben, bei uns sei al-<br />

les in Butter. Mitnichten.<br />

Die Zahlen, die ich Ihnen mitgebracht habe, werden uns schnell deutlich machen,<br />

dass es dringenden Handlungsbedarf gibt.<br />

- 1 -


Folie 2<br />

Schauen wir uns zunächst die Schieflage unseres Haushaltes an. Unser Haushalt<br />

hat jedes Jahr eine Unterdeckung <strong>von</strong> rd. 25 Mio. €, wenn nichts geschieht. Das be-<br />

deutet, dass unsere bilanzielle Überschuldung in den nächsten 10 Jahren <strong>von</strong> Null<br />

auf über 252 Mio. € steigt. Eine unvorstellbare Summe! Was mich aber noch bedenk-<br />

licher stimmt, ist die Frage, wie es denn nach 2021 weitergehen soll? Wollen wir al-<br />

len Ernstes jedes Jahr weitere 25 Mio. € auf diesen Berg noch draufsatteln? Denn<br />

genau das geschieht, wenn wir nicht die Weichen jetzt neu stellen!<br />

Bedenklich ist vor allem, dass diese Zahlen nicht nur ein Papiertiger sind. Mit dieser<br />

Unterdeckung ist ein massives Liquiditätsproblem verbunden!<br />

- 2 -


Folie 3<br />

Denn die vorstehende Unterdeckung erzeugt in den gleichen 10 Jahren einen neuen<br />

Liquiditätsbedarf <strong>von</strong> 132 Mio. €, den wir auf die bereits vorhandenen 188 Mio. €<br />

draufsatteln: Wir hätten, wenn nichts geschieht, dann – ich verwende den klassi-<br />

schen Begriff – rd. 320 Mio. € Kassenkredite angehäuft.<br />

- 3 -


Folie 4<br />

Und das ist nicht das Ende. Am 31.12.2021 ist nicht das Jüngste Gericht. Haben wirr<br />

eine Antwort darauf, was wir in 2022 und den Folgejahren machen? Woher sollen wir<br />

bei einer schrumpfenden und einer immer älter werdenden Bevölkerung das Geld<br />

nehmen, um den damit verbundenen Schuldendienst zu bezahlen? Unsere Kinder<br />

und Enkel haben schon genug damit zu tun, die wachsende Schar der Rentner zu<br />

versorgen.<br />

Schauen wir uns an, welcher Schuldendienst hier zu schultern ist.<br />

Folie 5<br />

- 4 -


Durch die wachsende Schuldenlast bei den Liquiditätskrediten verdreifacht sich in<br />

den nächsten 10 Jahren nahezu der Schuldendienst. Und hierin ist nur berücksich-<br />

tigt, dass die Zinsen <strong>von</strong> heute 1,7% auf 3% steigen. Diese Folgen sind schon<br />

schlimm genug. Wir müssten allein für diesen zusätzlichen Schuldendienst die<br />

Grundsteuer B gegenüber heute in 2021 um 260 Punkte erhöhen! Die Schulden <strong>von</strong><br />

heute sind die zusätzlichen Steuern <strong>von</strong> morgen! Aber das ist eine Binsenwahrheit.<br />

Leider wollen wir dies oftmals nicht wahrhaben, weil uns der Weg über die Schulden<br />

einfacher und schneller erscheint, statt Verzicht.<br />

- 5 -


Folie 6<br />

Ich muss noch eine weitere bohrende Frage stellen. Haben wir eine Antwort darauf,<br />

was wir machen, wenn die Zinsen über 3% steigen? Utopie? Keineswegs! Wir kön-<br />

nen dies z. Z. in Spanien und anderen Ländern beobachten. Sind wir sicher, dass<br />

dies nicht auch bei uns eintreten kann? Wir können heute gar nicht abschätzen, wel-<br />

che Zinsen eine Bank als Risikoaufschlag <strong>von</strong> einer Kommune verlangt, die eklatant<br />

bilanziell überschuldet ist und trotzdem so weitermacht wie bisher. Dass dies nur 3%<br />

sind, dürften nur Naive glauben.<br />

Auch ohne Stärkungspakt steht deshalb für mich fest:<br />

- 6 -


Folie 7<br />

Je länger wir jetzt warten, desto größer werden unsere Probleme.<br />

Wir müssen jetzt und entschlossen handeln!<br />

Wir haben immer wieder Hilfe <strong>von</strong> außen eingefordert. Dies ist auch richtig, denn die<br />

Schieflage des Haushaltes ist nicht primär <strong>von</strong> uns verursacht worden. Doch wenn<br />

keiner am Ufer steht oder der am Ufer stehende sich die Ohren zuhält, kann der Er-<br />

trinkende noch so laut rufen: Er wird untergehen, wenn er nicht selber paddelt.<br />

Angesichts der Verschuldung <strong>von</strong> Bund und Land wird es vielleicht Hilfe für die Zu-<br />

kunft geben; unsere Altlasten wird uns aber niemand abnehmen. Dafür stehen Bund<br />

und Land selbst zu hoch in der Kreide.<br />

Es gibt also genug Gründe, jetzt zu handeln! Das Stärkungspaktgesetz hat dies jetzt<br />

nur beschleunigt. Ohne dieses Gesetz wäre es aber sicherlich schwerer geworden!<br />

- 7 -


Denn nun stehen wir unter Druck, der vielleicht auch etwas heilsam ist. Ohne diesen<br />

Druck würden wir, da bin ich mir sicher, nicht die Entscheidungen treffen, die es nun<br />

zu treffen gilt!<br />

Sehen wir uns nun an, welche Anforderungen an die Genehmigungsfähigkeit des<br />

Haushaltssanierungsplanes gestellt werden.<br />

Folie 8<br />

Wir hatten in der Sitzung des HFA am 22.02.2012 mit Ihnen abgestimmt, wie hoch<br />

der Sanierungsbedarf in unserem Haushalt ist. Ich hatte Ihnen vorgestellt, welche<br />

Berechnungsmethodiken möglich sind, welche Methodik wir verwenden wollen und<br />

zu welchem Ergebnis diese Varianten führen. Wir kamen seinerzeit auf einen Sanie-<br />

rungsbedarf in Höhe <strong>von</strong> 25,641 Mio. €. Die Bezirksregierung hat uns im Übrigen<br />

sehr dafür gelobt, dass wir nicht die Orientierungsdaten des Landes verwendet, son-<br />

dern sehr viel vorsichtiger geschätzt haben. Andere Kommunen sind hier forscher<br />

gewesen. In unserem letzten Gespräch in Münster am 08.05.2012 haben wir heraus-<br />

- 8 -


gearbeitet, dass diese Methodik nun nicht zu einem Nachteil für uns werden darf; die<br />

Bezirksregierung wird deshalb im interkommunalen Vergleich die Genehmigungsfä-<br />

higkeit der Haushaltssanierungspläne auch daran messen, welche Daten für die Be-<br />

rechnung des Sanierungsbedarfes verwendet worden sind.<br />

Dass wir nun einen Sanierungsbedarf für 2016 <strong>von</strong> „nur“ noch 22,145 Mio. € auswei-<br />

sen, ist einigen positiven Entwicklungen zu verdanken. Zum Einen hat sich in der<br />

Berechnungsmethodik ein Rechenfehler bei den Kosten der Jugendhilfe eingeschli-<br />

chen. Statt einer jährlichen Steigerung <strong>von</strong> 6%, wie wir im Februar angenommen ha-<br />

ben, kommen nach der Korrektur „nur“ noch 4% Steigerung heraus. Angesichts des<br />

Volumens ist dies schon eine deutliche Verbesserung.<br />

Darüber hinaus hat unser Jugendamt die Kosten der Jugendhilfe für 2012 noch ein-<br />

mal nachkalkuliert und kommt nun zu einer günstigeren Entwicklung. Auch <strong>von</strong> ande-<br />

ren Städten gibt es Hinweise, dass die Kosten der Jugendhilfe „nur“ noch gebremst<br />

steigen. Dies führt zusammengenommen zu einer 7-stelligen Verbesserung.<br />

Eine weitere Verbesserung ergibt sich aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes<br />

vom 08.05.2012. Das Einheitslastenabrechnungsgesetz hätte bei uns mit<br />

0,535 Mio. € zu Buche geschlagen. Diesen Posten haben wir nun mit Zustimmung<br />

der Bezirksregierung aus der neuen Berechnung herausgenommen. Sie sehen also,<br />

unsere Grundberechnungen sind hochaktuell.<br />

Nur eines haben wir noch nicht eingerechnet. Das sind die Ergebnisse der Steuer-<br />

schätzung vom vergangenen Freitag. Dies erschien uns nun doch zu gewagt, zumal<br />

die Regionalisierung erst in ca. 3 Wochen zu erwarten ist. Andererseits ist es viel-<br />

leicht ganz gut, einen Risikopuffer zu haben. Denn die Berliner Steuerpläne sind na-<br />

türlich trotz der Ablehnung des Bundesrates nicht vom Tisch, aber in unseren Be-<br />

rechnungen nicht eingeflossen. Ich bin mir sicher, dass etwas kommen wird und dass<br />

wir auch belastet werden. Unser Haushaltssanierungsplan verträgt allerdings keine<br />

Steuersenkungen. Wer in Berlin die Steuern senkt, erhöht die Steuern in <strong>Dorsten</strong>!<br />

Für den Haushaltsausgleich in 2021 ohne Konsolidierungshilfe benötigen wir einen<br />

Betrag in Höhe <strong>von</strong> 27,055 Mio. €. Diese Zahl ist jetzt wichtig! Ich werde auf sie noch<br />

- 9 -


mehrfach <strong>zur</strong>ückkommen, denn sie ist für die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts-<br />

sanierungsplanes <strong>von</strong> entscheidender Bedeutung.<br />

Man kann es kurz auf die Formel bringen: wer im Jahre 2021 seinen Haushalt ohne<br />

Konsolidierungshilfe nicht ausgleicht, bekommt keine Genehmigung!<br />

Schauen wir uns in der nächsten Folie an, was das für die zu erbringenden Konsoli-<br />

dierungsschritte bedeutet.<br />

Folie 9<br />

Wir müssen im ersten Jahr einen Beitrag in Höhe <strong>von</strong> 4,4 Mio. € stemmen. In 2013<br />

sind es dann schon 8,8 Mio. €; in 2014 werden es 13,3 Mio. € sein usw. In 2016<br />

müssen somit 22,145 Mio. € zusammenkommen. Durch den Abbau der Konsolidie-<br />

rungshilfe müssen wir in 2021 dann bei 27,055 Mio. € landen. Dass wir ab 2020 kei-<br />

ne Einheitslasten mehr tragen müssen, ist dabei bereits berücksichtigt. Auch die Kla-<br />

ge gegen das Stärkungspaktgesetz wegen der fehlerhaften Grunddaten hilft uns im<br />

- 10 -


Jahre 2021 nicht mehr, weil wir ab 2021 ohne Konsolidierungshilfe auskommen müs-<br />

sen. Für die davorliegenden Jahre würde eine höhere Hilfe uns voranbringen, weil<br />

wir dann weniger Kassenkredite benötigen bzw. mehr Kassenkredite <strong>zur</strong>ückzahlen<br />

können und dadurch Zinsen einsparen. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass<br />

wir unsere Grunddaten inzwischen überprüft haben und zu einer wesentlich höheren<br />

strukturellen Lücke kommen, als das Land. Das nährt die Hoffnung, dass wir zumin-<br />

dest ab 2012 einen Nachschlag in beträchtlicher Höhe erwarten können.<br />

Ich habe die einzelnen Konsolidierungsschritte in der Folie, die Sie bereits aus mei-<br />

ner Haushaltsrede vom 25.01.2012 kennen, noch einmal mit den aktuellen Werten<br />

zusammengefasst.<br />

Soweit zu den Ausgangsdaten.<br />

Bevor ich zu dem Hauptteil, auf dem Sie sicherlich schon gespannt warten, nämlich<br />

den Haushaltssanierungsmaßnahmen, komme, noch eine Zahl, damit Sie besser<br />

verstehen, vor welcher Herausforderung wir stehen.<br />

Wir haben untersucht, welche Ertrags- und Aufwandsblöcke <strong>von</strong> Vorneherein für eine<br />

Haushaltssanierung ausscheiden. Das heißt, dass wir hier überhaupt nicht nach<br />

Haushaltssanierungsmaßnahmen suchen mussten, weil die Beträge quasi „gottge-<br />

geben“ sind. Neben einer Arbeitsersparnis bei den Haushaltssanierungsgesprächen<br />

kam dabei als Nebenerkenntnis heraus, dass wir – bezogen auf 2016, auf de Auf-<br />

wandsseite nur 75,7 Mio. € haben, die für eine Kürzung in Frage kommen. Auf der<br />

Ertragsseite – ohne die Realsteuern – sind es noch weniger, nämlich 5,5 Mio. €.<br />

Daran sehen Sie schon, wie fremdbestimmt unser Haushalt ist. Nimmt man nun die<br />

Realsteuern hinzu, so können wir über einen Kuchen <strong>von</strong> 110,3 Mio. € reden. Und<br />

nun kommt das Eigentliche: aus diesem Kuchen müssen wir 22,145 Mio. € oder<br />

20,1 % herausschneiden. Das heißt nichts anderes, als:<br />

- 11 -


Folie 10<br />

- wir müssten uns <strong>von</strong> 20% unseres Personals = 160 Stellen ohne betriebsbe-<br />

dingte Kündigungen verabschieden. So viele Personen scheiden allerdings bis<br />

2021 bei uns gar nicht aus.<br />

- wir müssten 20% unserer Einrichtungen schließen<br />

- wir müssten aber auch 20% unserer Grünanlagen und Straßen renaturieren<br />

- auch unsere Feuerwehr müsste um 20% schrumpfen<br />

- und trotzdem müssten wir die Steuern um 20% erhöhen<br />

Sie sehen die Unmöglichkeit! Entsprechend ambitionierte Sparvorgaben mussten wir<br />

unseren Fachämtern machen.<br />

Ich möchte Ihnen die weiteren Details, wie wir vorgegangen sind, heute ersparen.<br />

Dies können Sie dem Druckwerk, das vor Ihnen liegt, entnehmen. Wir haben uns,<br />

anders beim Haushaltsplan, dazu entschlossen, dieses umfangreiche Werk zu dru-<br />

cken und es Ihnen an die Hand zu geben. Denn es wird für die nächsten Jahre Rich-<br />

tung weisend sein. Und uns war es wichtig, dass alle Akteure sich nicht nur die für<br />

- 12 -


ihn interessanten Teilaspekte ansehen, sondern die Gesamtschau kennen. Ohne<br />

den Teil O, der auf den Seiten 9 bis 36 steht, in dem die Ergebnisse und Handlungs-<br />

optionen stehen, kann man auch die anderen Teile nicht verstehen.<br />

Die Verwaltung hat in den letzten drei Monaten in einem Kraftakt sondergleichen<br />

210 Maßnahmen erarbeitet, die mithelfen sollen, den Haushalt zu sanieren. Ich<br />

möchte vor allem die Kolleginnen und Kollegen in den Fachämtern hervorheben, die<br />

vor dieser Herausforderung standen und hierfür manche Überstunde geleistet haben.<br />

Dafür und für das gute Klima, das bei den Gesprächen trotz des Konfliktstoffs zu ver-<br />

spüren war, möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ohne eine engagierte Verwal-<br />

tung, die wirklich die Haushaltssanierung will, wäre ein solches Unterfangen nicht<br />

möglich.<br />

Erwähnen möchte ich aber auch die Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe<br />

Haushaltssicherung, namentlich Frau Kappe, Frau Wägner und Herrn Hörsken, die<br />

zusammen mit mir das Gesamtwerk zusammengestellt und bearbeitet haben.<br />

Setzen wir die erarbeiteten 210 Maßnahmen um, können wir hierdurch den Haushalt<br />

dauerhaft um 9,6 Mio. € entlasten. Natürlich wird diese Entlastung nicht sofort wirk-<br />

sam werden; aber einen Großteil der Einsparung erreichen wir bereits in den nächs-<br />

ten vier Jahren. Und damit wird zugleich auch ein Problem angesprochen: viel weiter<br />

als 4 Jahre kann man heute nicht ernsthaft blicken. Wir wissen einfach nicht, was in 5<br />

Jahren ist. Insofern ist es sehr schwierig, bei einem Planungshorizont <strong>von</strong> 10 Jahren<br />

die Maßnahmen so konkret zu beschreiben, dass sie nachvollziehbar sind und sich<br />

die errechnete Einsparung auch tatsächlich ergibt. Insofern gibt es eine Reihe <strong>von</strong><br />

Platzhaltern und auch Unsicherheiten, die in den nächsten Jahren bei der Fort-<br />

schreibung des Werkes konkretisiert werden müssen.<br />

Ich möchte hier keine Einzelmaßnahmen nennen, sondern mich darauf beschränken,<br />

wie sich die Haushaltssanierungsmaßnahmen auf den Gesamthaushalt auswirken.<br />

- 13 -


Folie 11<br />

Sie können der Tabelle entnehmen, welche Verbesserungen erzielt werden. Man<br />

sieht aber auch, dass diese Verbesserungen weitere positive Effekte nach sich zie-<br />

hen, die den Bürgern nicht wehtun. Das sind die Zinsersparnisse, die entstehen.<br />

Denn jede Haushaltssanierungsmaßnahme spart auch Kassenkredite und damit Zin-<br />

sen ein. Das kumuliert in den Jahren und bringt für 2021 stolze 2 Mio. € ein.<br />

Wir entlasten somit den Haushalt des Jahres 2021 einschl. der Zinsersparnis um<br />

11,7 Mio. €.<br />

Wenn man nun bedenkt, welches Konsolidierungspotenzial wir <strong>zur</strong> Verfügung haben,<br />

so sieht man, dass es uns immerhin gelingt, hier<strong>von</strong> – ohne Steuern - rd. 10% einzu-<br />

sparen. Ich finde, dass dies eine herausragende Leistung ist, zumal wir damit nicht<br />

das letzte Bad, nicht die letzte Bücherei und auch nicht die Musikschule schließen.<br />

- 14 -


Wenn wir nun <strong>zur</strong>ückblenden, so hatte ich Ihnen gesagt, dass wir im Jahre 2021 rd.<br />

27 Mio. € benötigen, um zu einer Genehmigungsfähigkeit zu kommen. Nun sparen<br />

wir aber nur 11,7 Mio. € ein. Es fehlen also noch 15,3 Mio. €.<br />

Sie ahnen es bereits. Ohne Steuererhöhungen wird es nicht gehen. Und diese Erhö-<br />

hungen haben es in sich. Wir schlagen Ihnen hier und heute vor, die Grundsteuer B<br />

noch in diesem Jahr auf 600% zu erhöhen. Doch dabei kann es nicht bleiben.<br />

Die mutige <strong>Stadt</strong> Selm hat es vorgemacht; <strong>Dorsten</strong> muss nun nachziehen, wenn wir<br />

eine Chance haben wollen. Wir schlagen Ihnen vor, in 2013 die Grundsteuer B auf<br />

825% zu erhöhen. Außerdem soll die Grundsteuer A <strong>von</strong> 250% auf 600% und die<br />

Gewerbesteuer <strong>von</strong> 480% auf 500% steigen.<br />

Ich rufe in Erinnerung: Machen wir nichts, müssen wir jedes Jahr die Grundsteuer<br />

erhöhen, um den zusätzlichen Schuldendienst zu bezahlen. Das sind in 2021 bereits<br />

260%. Für den Haushalt hätten wir damit nichts gewonnen; denn wir tilgen dadurch<br />

noch keinen Cent, sondern würden mit dieser zusätzlichen Einnahme nur Zinsen be-<br />

zahlen.<br />

Was die Steuererhöhung für den Haushalt bedeutet, erläutere ich gleich. Zuvor<br />

möchte ich jedoch darauf eingehen, was das für unsere Steuerzahler bedeutet.<br />

Wir haben uns die Mühe gemacht, die Grundsteuer noch detaillierter zu analysieren,<br />

als wir das bei früheren Steuererhöhungen gemacht haben. Dabei ist aufgefallen,<br />

dass die Grundsteuer nicht die entscheidende Rolle bei der Abgabenbelastung der<br />

Bürger durch die <strong>Stadt</strong> spielt. Jeder der seinen Steuerbescheid analysiert, wird fest-<br />

stellen, dass nicht die Grundsteuer der entscheidende Faktor ist, sondern die Gebüh-<br />

ren. Der Bürger merkt also im Geldbeutel nicht so sehr die Grundsteuer B, sondern<br />

die Müllabfuhrgebühr, die Abwasserbeseitigung und die Straßenreinigung.<br />

- 15 -


Folie 12<br />

Betrachtet man die Belastung, so sieht man, dass 34,3% der Bürger jährlich zwi-<br />

schen 50,- € und 250,- € zahlen; 43,4% zahlen zwischen 250,- € und 500,- €. Aber<br />

sind Mehrbelastungen <strong>von</strong> 100 € bzw. 230 € pro Jahr Existenz bedrohend? In Aus-<br />

nahmefällen vielleicht; in der Summe wohl eher nicht.<br />

Und die Zahler sind in überwiegendem Maße die Eigentümer selber. Die potenziellen<br />

Mieter wohnen in Gebäuden, in denen nominell zwar mehr Grundsteuer anfällt; diese<br />

verteilt sich jedoch auf alle Mieter, so dass unter dem Strich der Mieter sicherlich we-<br />

niger belastet wird als der Selbstnutzer.<br />

Entscheidend ist, dass sich die Grundsteuer auf alle Einwohner dieser <strong>Stadt</strong> und auf<br />

eine Vielzahl der Zahler verteilt. Die individuelle Belastung bleibt durch die Vielzahl<br />

der Zahler für den Einzelnen erträglich; dem Haushalt der <strong>Stadt</strong> hilft sie jedoch sehr.<br />

- 16 -


Folie 13<br />

Bedenken wir die Alternativen. Sollen wir, statt die Grundsteuerzahler zu belasten,<br />

weiterhin Schulden machen? Diese müssen doch ebenfalls vom Grundsteuerzahler<br />

beglichen werden. Es gibt ja nur einen Aufschub und die Zinsen werden uns auffres-<br />

sen. Vielleicht hätten wir bereits früher zugreifen sollen, dann wären die Probleme<br />

heute geringer.<br />

Betrachten wir jetzt die Auswirkungen für den Haushalt.<br />

- 17 -


Folie 14<br />

Gehen wir jetzt durch das Tal der Tränen, wird uns der Erfolg Recht geben. Für die<br />

Haushaltssanierung gewinnen wir in 2021 = 9,6 Mio. €. Das ist bei einem Einsatz <strong>von</strong><br />

325% Grundsteuer ein Gewinn <strong>von</strong> 436% Grundsteuer. Netto also 111 Grundsteuer-<br />

punkte und – zusammen mit den Sparmaßnahmen - 60,7 Mio. € weniger Kassenkre-<br />

dite! Wir kommen also an einen Punkt, an dem sich die Haushaltssanierung anfängt,<br />

selbst zu tragen.<br />

- 18 -


Folie 15<br />

Betrachten wir uns nun die Entwicklung der Liquiditätskredite.<br />

Auch wenn die Liquiditätskredite in 2012 und 2013 noch steigen, so kommen wir ab<br />

2014 in die Zone, in der wir an den Abbau unserer Verbindlichkeiten denken können.<br />

Bis 2021 schaffen wir 60,7 Mio. €. Und da sich dies nach 2021 fortsetzt, besteht viel-<br />

leicht die Hoffnung, eines Tages die Liquiditätskredite abbezahlt zu haben. Aber da-<br />

für brauchen wir Geduld; profitieren werden unsere Kinder und Enkel.<br />

- 19 -


Folie 16<br />

Die rote Kurve verdeutlicht noch einmal, wo wir landen, wenn wir nichts tun. Handeln<br />

wir jetzt rasch und entschlossen, haben wir in 2014 eine Trendumkehr!<br />

- 20 -


Folie 17<br />

Dies macht sich auch bei den Zinsen bemerkbar. In der Tabelle sind links die Zinsen<br />

eingetragen, die wir zahlen müssen, wenn wir nichts machen. Die Zinseinsparungen<br />

erzielen wir, wenn der Rat, wie wir vorschlagen, entscheidet.<br />

Dabei bleiben, ich möchte es noch einmal wiederholen – Risiken. Steigen die Zinsen<br />

über 3%, lassen sich die Werte nicht halten. Die Höhe der Zinsen hängt auch da<strong>von</strong><br />

ab, inwieweit es Bund, Ländern und Gemeinden in Deutschland gelingt, die Schul-<br />

denbremse umzusetzen. Und wenn Euro-Bonds eingeführt werden, wird das die Zin-<br />

sen in Deutschland nach oben treiben.<br />

Aber wir haben die Gewissheit, dass wir ein anderes Risiko verkleinern. Damit meine<br />

ich die Kreditklemme. Eine <strong>Stadt</strong>, die die Trendumkehr schafft, wird keine Kredit-<br />

klemme haben. Warum auch? Die Banken können dem Schuldner vertrauen. Wür-<br />

den sie das tun, wenn wir so weitermachen wie bisher?<br />

- 21 -


Folie 18<br />

Ich habe die Zinseinsparungen noch einmal in einer Grafik zusammengefasst, die<br />

Ihnen die Entwicklung veranschaulicht. Bleiben die Zinsen auch langfristig unter 3%,<br />

werden sich die Zinseinsparungen noch erhöhen!<br />

Ich komme nun erneut auf die 27 Mio. € <strong>zur</strong>ück, die ich bereits mehrfach erwähnt<br />

habe.<br />

- 22 -


Folie 19<br />

Wir reduzieren die Lücke <strong>von</strong> 27 Mio. € durch Sparmaßnahmen um 11,7 Mio. €. Au-<br />

ßerdem erhöhen wir die Steuern. Diese bringen in 2021 ebenfalls 9,6 Mio. €.<br />

Das macht zusammen 21,3 Mio. €. Wir sind also immer noch nicht am Ziel und benö-<br />

tigen 6,7 Mio. €.<br />

- 23 -


Folie 20<br />

Das stellt uns vor die Frage, ob wir es uns vorstellen können, trotz dieser rigorosen<br />

Maßnahmen in die Falle des § 82 GO zu laufen. Was hätten wir gewonnen? Wir<br />

würden die HSP-Maßnahmen beschließen, die Steuern erhöhen und müssten trotz-<br />

dem das Bad, WINDOR und die Offenen Ganztagsschulen, die übrigens keine<br />

Pflichtaufgabe sind, sofort schließen. Die anderen Einrichtungen würden, solange wir<br />

das Personal noch haben, langsam ausbluten, weil wir kein neues Personal einstel-<br />

len dürften und auch beispielsweise keine Noten und Bücher mehr kaufen dürfen.<br />

Wir würden somit durch den § 82 zum Haushaltsausgleich zwangsweise herunterge-<br />

spart.<br />

- 24 -


Folie 21<br />

Eine kreative Lösung sieht aus meiner Sicht anders aus.<br />

Wir alle wissen nicht, wie sich die nächsten Jahre entwickeln. Es kann positiv sein,<br />

aber auch negative Faktoren kann es geben. Wenn wir heute den § 82 GO wählen,<br />

würden wir Porzellan zerschlagen, das wir anschließend nicht mehr kitten können.<br />

Wenn sich dann später herausstellt, dass das gar nicht nötig war, weil die Prognosen<br />

einfach nicht eingetroffen sind, dann wäre das Gejammer groß. Vor allem aber gäbe<br />

es massive Schuldvorwürfe, die insbesondere den Bürgermeister und mich träfen,<br />

weil unsere Grunddaten falsch waren und wir es hätten besser wissen müssen. Da<br />

ich keine Prophetenschule besucht habe und bei einer Prophetengabe Lotto mit<br />

100% Gewinnmöglichkeit spielen würde, sollten wir überlegen, ob uns nicht die Zeit<br />

helfen kann, in der wir Lösungen finden können, mit denen wir diesen Problemen aus<br />

dem Weg gehen.<br />

- 25 -


Mit jedem Tag werden wir schlauer. Von Januar bis heute haben sich die Grunddaten<br />

um über 3 Mio. € verbessert. Dies sind 136 Grundsteuerpunkte, aber auch Einrich-<br />

tungen, die wir nun nicht sofort schließen müssen.<br />

Mit jedem Monat, der vergeht, werden die Ausgangsdaten belastbarer. Sollten wir<br />

nicht die Zeit nutzen, die uns die Erkenntnisse bringt, die wir heute nicht haben? Wir<br />

schlagen Ihnen deshalb vor, die Steuersätze, die wir heute <strong>zur</strong> Diskussion stellen,<br />

zunächst bis 2014 nicht zu überschreiten. Wir sollten aber nicht soweit gehen, um<br />

diese Hebesätze einen Schutzzaun zu schlagen und alles andere zum TABU zu er-<br />

klären. Wenn es keinen Rückweg in die Schuldenstadt geben soll, dann müssen wir<br />

es künftig schaffen, unsere Haushalte auszugleichen. Hierfür gibt es, das ist eine<br />

Grundweisheit, nur zwei Möglichkeiten.<br />

Ausgaben runter<br />

Einnahmen rauf<br />

Wenn wir mit den Ausgaben nicht mehr weiter herunter können oder wollen, dann<br />

können wir nur noch die Steuern erhöhen.<br />

Wenn wir die Steuern nicht erhöhen wollen, dann müssen wir auf allen Ebenen dafür<br />

arbeiten, unsere Ausgaben zu senken oder auf anderem Weg für eine Verbesserung<br />

unserer Situation sorgen. Wir müssen weiter bei Bund und Land dranbleiben und wir<br />

müssen die Umlageverbände in die Verantwortung nehmen. Die Aufwendungen der<br />

Umlageverbände sind vielfach <strong>von</strong> außen vorgegeben; das ist bei unserem Haushalt<br />

nicht anders. Die Sparmöglichkeiten bei den Umlageverbänden sind beschränkt; das<br />

ist bei uns auch so. Aber Null sind sie nicht.<br />

Und wir müssen auch selbst Haushaltsdisziplin üben. Wer zusätzliche Aufwendun-<br />

gen fordert, muss wissen, dass es sie nicht zum Nulltarif gibt. Sie müssen an anderer<br />

Stelle eingespart oder aber durch Steuererhöhungen finanziert werden. Das gilt<br />

auch, wenn aus dem vorliegenden Haushaltssanierungsplan wesentliche Teile he-<br />

rausgebrochen und nicht umgesetzt werden.<br />

Wir schlagen Ihnen heute folgenden Lösungsweg vor:<br />

- 26 -


Folie 22<br />

Dieser Weg hat einige entscheidende Vorteile Ich möchte sie nicht alle aufführen,<br />

aber der wichtigste Vorteil ist, dass wir damit einen genehmigungsfähigen Haushalts-<br />

sanierungsplan erhalten, der uns den § 82 GO erspart.<br />

Bevor ich meine Ausführungen beende, möchte ich noch einige kurze Anmerkungen<br />

zum weiteren Verfahren machen. Die Bezirksregierung wird sehr genau überwachen,<br />

was wir hier beschließen. Sie wird aber auch prüfen, ob wir das, was wir beschlie-<br />

ßen, inhaltlich und zeitlich so umsetzen. Hierfür sind im Stärkungspaktgesetz um-<br />

fangreiche Berichtspflichten festgelegt worden. Wir sind der Auffassung, dass diese<br />

Berichte nicht allein zwischen Verwaltung und Bezirksregierungen ausgetauscht wer-<br />

den sollten, sondern dass Sie, damit meine ich die Mitglieder der Fachausschüsse,<br />

ebenfalls Adressaten dieser Berichte sein sollten. Wir schlagen Ihnen daher heute<br />

vor, die dass die Berichte für die Bezirksregierung auch an die Fachausschüsse ge-<br />

hen, damit Sie jederzeit über den Stand der Umsetzung informiert sind.<br />

- 27 -


Nun kennen Sie allerdings bereits unsere Berichte zu den Stichtagen 30.06, 30.09.<br />

und 31.12. Damit wir Sie und uns nicht mit Berichten überfrachten, schlagen wir au-<br />

ßerdem vor, dass wir das bisherige Berichtswesen bis auf Weiteres aussetzen. Die<br />

Einhaltung der Ziele des Haushaltssanierungsplanes dürfte ohnehin im Vordergrund<br />

stehen. Wenn Sie hiermit einverstanden sind, würde dies die Verwaltung, auf die mit<br />

der Umsetzung des Sanierungsplanes ohnehin neue Arbeit zukommt, merklich ent-<br />

lasten.<br />

Herr Bürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der Weg, den wir in<br />

den letzten Monaten <strong>zur</strong>ückgelegt haben, war nicht einfach. Die Verwaltung hat ihre<br />

Arbeit getan; jetzt sind Sie am Zuge. Wenn Sie Fragen haben oder etwas unklar ist,<br />

melden Sie sich bitte. Bitte sehen Sie es uns nach, wenn uns in der Hektik der ver-<br />

gangenen Tage kleine Fehler unterlaufen sind. Bei dem Zeitdruck, den wir hatten, ist<br />

uns sicherlich das ein oder andere Missgeschick passiert.<br />

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch einen Hinweis mit an die Hand geben, den ich<br />

auf meinem Kalender am 10.05.2012, also am vergangenen Donnerstag, fand und<br />

der Ihnen und uns in den nächsten Wochen helfen könnte:<br />

Passende Dienstkleidung sind nicht die<br />

Spendierhosen, sondern ist ein dickes Fell.<br />

Das wünsche ich Ihnen und uns für die nächsten Wochen, wenn die Stürme der Em-<br />

pörung über uns hereinbrechen.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Es gilt das gesprochene Wort!<br />

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