Rundschau für Fleischhygiene und ... - Vetline
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RFL 10<br />
■<br />
Schlachttieruntersuchung<br />
bleibt<br />
tierärztliche<br />
Aufgabe<br />
■<br />
Tierschutz<br />
bei der<br />
kommerziellen<br />
Gasbetäubung<br />
von Nutztieren<br />
■<br />
Tierseuchen<br />
<strong>und</strong><br />
Gammelfleisch<br />
Oktober 2006<br />
58. Jahrgang<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong><br />
<strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung
Impressum<br />
<strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong><br />
<strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung<br />
RFL<strong>R<strong>und</strong>schau</strong><br />
ISSN 0178-2010<br />
Verlag <strong>und</strong> Herausgeber:<br />
M. & H. Schaper GmbH, Postfach 54 29, 30054 Hannover<br />
Bischofsholer Damm 24, 30173 Hannover<br />
Telefon 0511 8503050, Telefax 0511 85030510<br />
www.schaper-verlag.de, info@schaper-verlag.de<br />
Geschäftsführer: Klaus Krause<br />
Schriftleiter: Ltd. Vet.Dir. a. D. Dr. Klaus Drawer<br />
Goethestraße 64, 44623 Herne, Telefon 02323 918207<br />
Anzeigenverkauf: Rainer Flecks-Franke<br />
Postfach 5429, 30054 Hannover, Telefon 0511 85030540<br />
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Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 35 vom 1. Januar 2006<br />
Vertrieb: Gilde-Verlagsservice, Föhrster Straße 8<br />
31061 Alfeld, Telefon 05181 800450, Telefax 05181 800490<br />
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Erfüllungsort <strong>und</strong> Gerichtsstand <strong>für</strong> Lieferung <strong>und</strong><br />
Zahlung: Hannover<br />
Bezugsbedingungen: Die „<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong><br />
<strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung“ erscheint monatlich.<br />
Bezugspreis jährlich € 74,70 einschl. Vertriebsgebühren,<br />
Preis des Einzelheftes € 6,50 zzgl. Porto. Für Mengenbezüge<br />
gelten besondere Preise, die der Verlag auf Anfrage<br />
bekanntgibt. – Auslandsbezug jährlich € 84,– einschließlich<br />
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möglich. Wird das Erscheinen durch höhere<br />
Gewalt oder Streik verhindert, so können keine Ansprüche<br />
an den Verlag geltend gemacht werden.<br />
Redaktionelle Hinweise:<br />
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Inhalt der Beiträge sind deren Verfasser verantwortlich.<br />
Mit der Übergabe des Manuskripts tritt der Autor folgende<br />
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1. Bestand der Rechte: Der Verfasser versichert, dass er<br />
allein berechtigt ist, über die urheberrechtlichen Nutzungsrechte<br />
an seinem Beitrag einschließlich etwaiger<br />
Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen <strong>und</strong><br />
Tabellen zu verfügen <strong>und</strong> dass der Beitrag keine Rechte<br />
Dritter verletzt.<br />
2. Dauer der Rechte: In Erweiterung von § 38 UrhG räumt<br />
der Verfasser hiermit dem Verlag das ausschließliche<br />
Verlagsrecht an seinen Beiträgen <strong>für</strong> die Dauer des<br />
gesetzlichen Urheberrechtsschutzes ein (alternativ; <strong>für</strong><br />
die Dauer von 3 Jahren ab Erscheinen).<br />
3. Umfang der Rechte: Der Verfasser räumt dem Verlag<br />
auch die folgenden Nutzungsrechte ein:<br />
a) Das Recht zur Übersetzung in andere Sprachen sowie<br />
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zur EDV-gerechten Aufbereitung zum Zwecke der<br />
Nutzung in neuen Medien wie Bildschirmtext, Videotext,<br />
Datenbanken <strong>und</strong> dergl. sowie zur Erstellung<br />
von Zusammenfassungen (abstracts) <strong>und</strong> zur Herausgabe<br />
als Mikrofilm, Mikrofiches <strong>und</strong> dergl.<br />
b) Das Recht zur Veranstaltung von Sonderdrucken <strong>und</strong><br />
zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch<br />
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Vergütungsansprüche.<br />
c) Das Recht zur Aufzeichnung auf Bild- <strong>und</strong> Tonträger<br />
sowie auf maschinenlesbare Datenträger, ferner das<br />
Recht zur elektronischen Speicherung in Datenbanken<br />
sowie zur Ausgabe in körperlicher <strong>und</strong> unkörperlicher<br />
Form.<br />
d) Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe in unkörperlicher<br />
Form <strong>und</strong> das Recht zur Weitergabe der dem<br />
Verlag eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte.<br />
Druck: Buchdruckerei P. Dobler GmbH & Co. KG<br />
31061 Alfeld (Leine)<br />
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
„Es kann doch nicht sein, dass wir Schweine töten, damit sie<br />
nicht krank werden“, empörte sich Albert Groeneveld,<br />
leitender Veterinär des Kreises Borken, nachdem er beim<br />
Tierseuchen-Symposium in Essen über den immensen<br />
Personal-, Material- <strong>und</strong> Kostenaufwand beim letzten<br />
Schweinepest-Seuchenzug in seinem Bereich berichtet hatte.<br />
Die zentrale Frage der Veranstaltung „impfen statt keulen“?<br />
ist wohl mit „impfen <strong>und</strong> keulen“ zu beantworten. Nur<br />
impfen, sich zurücklehnen <strong>und</strong> warten, was kommt, würde<br />
von der EU als Konzeptionslosigkeit interpretiert werden.<br />
Allerdings: Eine neue Bekämpfungsstrategie muss her,<br />
schon allein deshalb, damit Menschen wie Tiere von den<br />
Maßnahmen beim nächsten Mal weniger stark gebeutelt<br />
werden.<br />
Und immer wieder Lebensmittelskandale.<br />
Die Verlockung,<br />
das schnelle Geld „Es kann doch nicht sein,<br />
ohne aufzufallen machen<br />
dass wir Schweine töten,<br />
zu können, scheint vor allem<br />
in der Fleischbranche groß. damit sie nicht krank<br />
Gefeit davor, Gammel- oder werden“ Albert Groeneveld<br />
Ekelfleisch unwissentlich<br />
zu konsumieren, ist niemand:<br />
eine absolute Sicherheit<br />
kann auch eine noch so umfassende Kontrolle nicht bieten.<br />
Wer dennoch weiterhin nicht auf den Fleischgenuss verzichten<br />
will, muss die „Geiz-ist-geil“-Mentalität ablegen <strong>und</strong><br />
auf Qualität setzen. Fleischqualität zeigt sich jedoch nicht<br />
erst beim Zerlegen, sondern hat ihren Ursprung im lebenden<br />
Tier <strong>und</strong> den Umständen, wie es <strong>für</strong>sorglich aufgezogen,<br />
gehalten <strong>und</strong> gefüttert sowie schonend transportiert <strong>und</strong><br />
beim Schlachten betäubt wird.<br />
Übrigens: Bio boomt!<br />
Herzlich Ihr<br />
Klaus Drawer
Bekämpfung der klassischen<br />
Schweinepest (Seite 228, 230)<br />
Tierschutz bei der kommerziellen<br />
Tötung von Nutztieren...................226<br />
Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung<br />
in Kleinbetrieben bleibt<br />
tierärztliche Aufgabe .....................227<br />
Neue Strategien bei der Bekämpfung<br />
der Klassischen<br />
Schweinepest (KSP) gefordert ......228<br />
Stößt die Schweinepestbekämpfung<br />
ohne Impfung an die Grenze des<br />
Machbaren? ....................................230<br />
Blauzungenkrankheit<br />
in Deutschland ................................235<br />
Blauzungenkrankheit<br />
breitet sich in der EU aus ...............236<br />
Legehennenhaltungssysteme<br />
der Zukunft .....................................237<br />
Bio boomt: Eier aus alternativen<br />
Haltungssystemen (Seite 244)<br />
RFL Oktober 2006<br />
Legehennenhaltung<br />
in Deutschland ................................242<br />
Eier: Bio boomt...............................244<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Lebensmittelqualität/Hygiene Lebensmittelqualität/Hygiene Lebensmittelüberwachung<br />
Eine Anzeige in dieser Größe<br />
(60 x 60 mm)<br />
kostet vierfarbig EUR 260,00<br />
(zzgl. MwSt.)!<br />
Ihr Ansprechpartner:<br />
Rainer Flecks-Franke<br />
Tel: 0511 850 305 40<br />
Fax: 0511 850 305 10<br />
E-Mail: r.flecks-franke@schaper-verlag.de<br />
Rubriken<br />
Editorial ................................222<br />
Magazin ................................224<br />
Recht.....................................253<br />
Verbandsnachrichten...........254<br />
Buchbesprechungen ............255<br />
Impressum............................222<br />
Termine .................................255<br />
Archiv <strong>für</strong> Lebensmittelhygiene<br />
Offizielles Organ der DVG<br />
6x im Jahr; Bezugspreis € 146,80 (Ausland: € 152,50).<br />
Weitere Infos unter Telefon 0511 85030540<br />
Gammelfleisch: Intensive Diskussionen<br />
um bessere Kontrollen (Seite 246)<br />
Gammelfleisch:<br />
Ein Pilzsammler fand die Akten.....246<br />
Lebensmittelsicherheit<br />
während der FIFA-Fußballweltmeisterschaft<br />
2006 TM ......................247<br />
Extra<br />
Gute <strong>und</strong> schlechte<br />
Lebensmittel ........................249<br />
>>> Führende Wissenschaftler<br />
<strong>und</strong> Praktiker äußern sich<br />
über Ernährungsverhalten,<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Risikobewertung<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 223
Magazin<br />
Impfprogramm zu<br />
Forschungszwecken<br />
Vogelgrippe >>> Die EU hat zwei Impfstoffe gegen Vogelgrippe<br />
zugelassen. Beide Impfstoffe senken die Sterblichkeit der geimpften<br />
Hühner <strong>und</strong> die Ausscheidung des Virus, teilte die EU-Kommission<br />
mit. Mit einem Impfstoff können Hühner, mit dem zweiten Hühner<br />
<strong>und</strong> Pekingenten geimpft werden. Die Impfstoffe dürfen allerdings nur<br />
von den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten im Rahmen<br />
der Seuchenbekämpfung <strong>und</strong> nach Maßgabe der EU-Vorschriften zur<br />
Bekämpfung der Vogelgrippe eingesetzt werden. Italien, Frankreich,<br />
die Niederlande <strong>und</strong> Deutschland sind berechtigt, Impfungen<br />
durchzuführen. Die Kommission <strong>und</strong> die Mitgliedstaaten haben ein<br />
Test-Impfprogramm in Deutschland gebilligt. Es erlaubt deutschen<br />
Behörden, in den nächsten zwei Jahren auf drei Geflügelbetrieben in<br />
Nordrhein-Westfalen eine Feldstudie zu Forschungszwecken<br />
durchzuführen.Weder Geflügel noch Geflügelprodukte oder Eier aus<br />
diesen Betrieben dürfen vermarktet werden. ■ aid<br />
224 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
Geier im Anflug<br />
Große Trupps von Gänsegeiern<br />
aus Südwesteuropa<br />
haben Vogelk<strong>und</strong>ler<br />
vom Schwarzwald bis zur<br />
Ostseeküste beobachtet.<br />
"Das ist ein gewaltiger<br />
Einflug", sagte der Biologe<br />
Thorsten Krüger von<br />
der Vogelschutzwarte<br />
Hannover. Trupps von bis<br />
zu 70 der großen Aasfresser<br />
mit bis zu 2,80 Metern<br />
Flügelspannweite wurden<br />
in den vergangenen<br />
Wochen gesichtet – mehr<br />
als 200 Tiere. Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong><br />
den Einflug könnte Nahrungsmangel<br />
in Südeuropa<br />
sein, weil EU-Richtlinien<br />
die Beseitigung von<br />
Tierkadavern<br />
verlangen.<br />
■ dpa<br />
Ekelfleisch <strong>und</strong><br />
Giftkonserven<br />
Lebensmittelkontrollen >>> R<strong>und</strong> jeder<br />
fünfte deutsche Lebensmittelbetrieb ist im<br />
Vorjahr bei staatlichen Kontrollen negativ<br />
aufgefallen. In 49 % aller Fälle verstießen<br />
Firmen gegen Kennzeichnungspflichten.<br />
Fast jede sechste auffällige Probe war verdorben<br />
oder enthielt krankheitserregende Keime.<br />
In 9 % der Fälle wurden Rückstände wie<br />
Pflanzenschutzmittel,Acrylamid oder Glassplitter<br />
in den Produkten entdeckt. Insgesamt<br />
kontrollierten die Länder r<strong>und</strong> 1,1 Millionen<br />
Mal in 592 000 Betrieben. Im Schnitt wird<br />
damit jeder zweite Betrieb in Deutschland<br />
zwei Mal jährlich untersucht.Von den 2005<br />
entnommenen 400 000 Proben waren 15,3 %<br />
(2004: 14,9) zu beanstanden. Die meisten Verstöße<br />
wurden bei Eis <strong>und</strong> Desserts (21,4 %)<br />
<strong>und</strong> Fleischwaren (20,2 %) registriert. Deutlich<br />
besser schnitten Obst <strong>und</strong> Gemüse (10,3)<br />
sowie Schokolade, Kakao, Kaffee <strong>und</strong> Tee (9,4)<br />
ab. ■
Transparente Lebensmittel<br />
Verbraucherschutz >>> Das<br />
Institut <strong>für</strong> Lebensmittelqualität<br />
<strong>und</strong> -sicherheit der<br />
Tierärztlichen Hochschule<br />
Hannover (TiHo) entwickelt<br />
am Beispiel von Fleisch <strong>und</strong><br />
Fleischwaren ein computergestütztes<br />
System <strong>für</strong> eine<br />
lückenlose Kontrolle entlang<br />
der Lebensmittelkette.<br />
Zu den gesammelten Informationen<br />
sollen auch die Verbraucher<br />
beispielsweise über Web-Portale<br />
Zugang erhalten. Die Arbeiten<br />
laufen in Kooperation mit 30<br />
Partnern aus Wissenschaft <strong>und</strong><br />
Wirtschaft im Rahmen des dreijährigen<br />
IT-FoodTrace Projekts,<br />
das vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
<strong>für</strong> Bildung <strong>und</strong> Forschung gefördert<br />
wird. Die TiHo-Forscher<br />
erarbeiten exemplarisch ein<br />
stufenübergreifendes Qualitätssicherungskonzept<br />
<strong>für</strong> einen der<br />
wichtigsten Zoonoseerreger in<br />
der Geflügelfleischproduktion,<br />
Campylobacter spp., <strong>und</strong> stichprobenartig<br />
<strong>für</strong> einen ausgewählten<br />
abiotischen Faktor, die<br />
antibiotisch wirksamen Tetracycline.<br />
■ TiHo<br />
Maisfelder: Reich gedeckter<br />
Tisch <strong>für</strong> Wildschweine<br />
Wildtiere >>> Nach Auffassung<br />
des Deutschen Jagdschutz<br />
Verbandes (DJV) hat<br />
die Ausweitung des Maisanbaus<br />
in Deutschland<br />
wesentlich zum rasanten<br />
Anstieg des Wildschweinbestandes<br />
beigetragen.<br />
Die Anbaufläche von Mais habe<br />
sich in den letzten 50 Jahren<br />
verdreißigfacht <strong>und</strong> liegt derzeit<br />
bei über 1,7 Millionen Hektar,<br />
stellte der DJV fest. Der b<strong>und</strong>esweite<br />
Anstieg erlegter Wildschweine<br />
um 300 Prozent seit<br />
den 70er Jahre spiegele diese<br />
Entwicklung wider. Hohe Wildschweinbestände<br />
bergen die<br />
Gefahr von Seuchenzügen der<br />
Schweinepest <strong>und</strong> verursachen<br />
beträchtliche Schäden in der<br />
Landwirtschaft.Verschärft werde<br />
die Situation durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz.<br />
Die<br />
Anbaufläche von Mais als<br />
Rohstoff <strong>für</strong><br />
Biogasanlagen soll bis<br />
2010 auf r<strong>und</strong> 2,5<br />
Millionen<br />
Hektar ansteigen. Zur so genannten<br />
Milchreife im August verlagern<br />
ganze Wildschwein-Großfamilien<br />
ihren Lebensraum in<br />
die riesigen Felder. Um Jägern<br />
bessere Bejagungsmöglichkeiten<br />
zu bieten, appellierte der DJV<br />
an die Landwirte, große Maisfelder<br />
durch Schneisen aufzuteilen.<br />
Dies mache eine effektive<br />
Schadensabwehr möglich.Außerdem<br />
seien Grünstreifen mit verschiedenen<br />
Kräutern <strong>und</strong> Gräsern<br />
vorteilhaft <strong>für</strong> die biologische<br />
Vielfalt. Laut DJV kann die<br />
Zahl der Schwarzkittel von der<br />
Jägerschaft nur in Zusammenarbeit<br />
mit Gr<strong>und</strong>eigentümern<br />
sowie Forst- <strong>und</strong> Landwirtschaft<br />
reduziert werden. Er rief alle<br />
privaten <strong>und</strong> staatlichen Revierinhaber<br />
auf, sich weiterhin in<br />
Wildschwein-Hegegemeinschaften<br />
zu organisieren <strong>und</strong> Revier<br />
übergreifende Jagden durchzuführen.<br />
■ DJV<br />
Kurznachrichten<br />
Magazin<br />
>>> Landflucht. Bienen leben in der Stadt gesünder<br />
als auf dem Land. Das ergab eine Studie des<br />
französischen Imkerverbandes UNAF. Danach finden<br />
die Insekten in dicht besiedelten Gebieten eine<br />
reichere Auswahl an Blütenpflanzen, während die<br />
Belastung durch Pestizide <strong>und</strong> andere Agrargifte<br />
geringer ist. Die Sterblichkeitsrate der Stadtbienen<br />
liege deutlich unter der ihrer Artgenossen auf dem<br />
Lande. ■ afp<br />
>>> Kurze Pommes. Nach Einschätzung der<br />
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen werden<br />
die Pommes in diesem Jahr kürzer. Ursache ist<br />
die lang anhaltende Trockenheit, die an den überwiegend<br />
aus Wasser bestehenden Kartoffeln nicht spurlos<br />
vorüber gegangen ist. Lange Pommes frites kann<br />
man aber nur aus dicken Kartoffelknollen schneiden<br />
<strong>und</strong> die sind schon jetzt europaweit knapp. An den<br />
großen Warenterminbörsen in Rotterdam, Amsterdam<br />
<strong>und</strong> Hannover werden die gelben Knollen schon<br />
seit längerem zu Höchstpreisen gehandelt. ■<br />
>>> Verirrter Fisch. Einen eigentlich im Mittelmeer<br />
beheimateten Schwertfisch hat ein britischer<br />
Fischer vor der Nordostküste Englands gefangen. Es<br />
sei das erste Mal, dass er von einem Schwertfischfang<br />
in den kalten britischen Gewässern höre, kommentierte<br />
Fisch-Experte Sam Harris den Fang. Das beweise, wie<br />
sehr sich die Meerestemperaturen erwärmten. ■ afp<br />
>>> Käse-Weltmeister. Ein Emmentaler aus<br />
der Schweiz ist zum besten Käse der Welt gekürt worden.<br />
Die fast perfekten Löcher <strong>und</strong> der süßnussige<br />
Geschmack überzeugten die Jury in Madison (USA).<br />
Die Plätze zwei <strong>und</strong> drei belegten zwei Goudas aus<br />
Holland. An dem Wettbewerb nahmen 18 Länder<br />
mit 1793 Käsesorten teil. Bewertet wurden in 50 Kategorien<br />
unter anderem Aussehen, Beschaffenheit<br />
Geruch <strong>und</strong> natürlich Geschmack . In seiner Vielfalt<br />
ist der deutsche Käse mit über 400 Sorten weltweit<br />
Spitzenreiter. ■<br />
>>> Rekord-Baum. Der höchste Baum Deutschlands<br />
ist eine Douglasie. Sie steht im Stadtwald von<br />
Eberbach bei Heidelberg <strong>und</strong> misst 62,45 Meter.<br />
Damit überragt sie ihre "Konkurrentin" in Emmendingen<br />
bei Freiburg im Breisgau um fast zwei Meter.<br />
Seit über zehn Jahren stehen die beiden Städte<br />
wegen der Bestmarke in einem Wettbewerb. ■<br />
>>> Eichelmast. Für ausgesuchte Schweine in<br />
Ruthe bei Hannover stehen zurzeit Eicheln auf dem<br />
Speiseplan. Die Wissenschaftler der Tierärztlichen<br />
Hochschule Hannover wollen erforschen, inwieweit<br />
sich die Eichelfütterung auf das Geschmacksaroma<br />
beim Schweinefleisch auswirkt. Die Eichelmast war in<br />
Deutschland bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert gängige Praxis.<br />
Erste Testergebnisse beim Verzehr von schmackhaften<br />
Wurstwaren seinen viel versprechend, teilten die<br />
Ruther Wissenschaftler jetzt mit. ■<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 225
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Tierschutz bei der kommerziellen Gasbetäubung<br />
<strong>und</strong> Tötung von Nutztieren<br />
Deutscher B<strong>und</strong>estag (Drucksache 16/2396):<br />
Antwort der B<strong>und</strong>sregierung am 15. August 2006 auf die Kleine Anfrage<br />
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter <strong>und</strong> der<br />
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2337 –<br />
Vorbemerkung der Fragesteller<br />
Aus dem Staatsziel Tierschutz des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />
resultiert ein höherer Stellenwert<br />
des Tierschutzes,auch <strong>und</strong> gerade im Rahmen<br />
der Nutztierschlachtung.Tötung <strong>und</strong><br />
Schlachtung stellen den schwerwiegendsten<br />
Eingriff in das Leben eines Tieres dar.<br />
Deshalb ist sicherzustellen, dass die Tiere<br />
nicht mehr als unerlässlich leiden müssen.<br />
Zunehmende Bedeutung bei der<br />
Schlachtung gewinnt neben der Elektrobetäubung<br />
das alternative Verfahren der<br />
Gasbetäubung.<br />
Tierschutzvereine (wie der gemeinnützige<br />
Tierschutzfachverband Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>für</strong> artgerechte Nutztierhaltung<br />
e.V.) <strong>und</strong> Wissenschaftler berichten<br />
über tierquälerische Umstände des Einsatzes<br />
von CO2 bei der Schlachtung von<br />
Schweinen <strong>und</strong> Geflügel.DieTiere würden<br />
wilde Abwehr-, Vermeidungs- <strong>und</strong> verzweifelte<br />
Fluchtreaktionen noch eine Minute<br />
nach Beginn der Exposition zeigen.<br />
1. Welche Gründe führen zum Einsatz<br />
der CO2-Betäubung bei der Schlachtung<br />
von Nutztieren?<br />
Die CO2-Betäubung von Schweinen ist in<br />
der Form der Backloader-Betäubung das<br />
Tierschutz<br />
Betäubungsanlage: Auswurf gasbetäubter Schlachtschweine. Foto: Drawer<br />
einzige Betäubungsverfahren, das einen<br />
gruppenweisen Zutrieb der Tiere zur <strong>und</strong><br />
in die Betäubungseinrichtung ermöglicht,<br />
wodurch die Belastung der Tiere beim Zutrieb<br />
erheblich reduziert wird.<br />
Die Gasbetäubung von Schlachtgeflügel<br />
wird erst seit den 90er-Jahren kommerziell<br />
genutzt <strong>und</strong> gewinnt weltweit an Bedeutung.<br />
Der Hauptgr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong> sind Qualitätsprobleme<br />
an den Geflügelschlachtkörpern<br />
von elektrisch betäubtem Schlachtgeflügel<br />
wie Blutpunkte in der Muskulatur<br />
oder Knochenbrüche im Zusammenhang<br />
mit der Elektrobetäubung.<br />
2. Bei welchen Nutztierarten wird diese<br />
Betäubungsform nach Kenntnis der<br />
B<strong>und</strong>esregierung kommerziell eingesetzt?<br />
Schweine, Puten, Hähnchen.<br />
3. Wie viele Tiere dieser Nutztierarten<br />
in wie vielen Schlachthöfen/Schlachtstätten<br />
werden nach Kenntnis der<br />
B<strong>und</strong>esregierung jährlich auf diese<br />
Weise betäubt <strong>und</strong> getötet?<br />
Im Jahr 2005 wurden in Deutschland nach<br />
Angaben des Statistischen B<strong>und</strong>esamtes<br />
47 852 499 Schweine gewerblich ge-<br />
226 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
schlachtet. Bei Schlachtschweinen liegt der<br />
Anteil der in Deutschland mit Kohlendioxid<br />
betäubten Tiere bei ausschließlicher<br />
Berücksichtigung der zehn schlachtstärksten<br />
Unternehmensgruppen bei mindestens<br />
50 %. Bei Berücksichtigung auch der mittelgroßen<br />
Schlachtbetriebe wird der Anteil<br />
der insgesamt in Deutschland mit Kohlendioxid<br />
betäubten Schweine auf 65 bis<br />
70 % geschätzt. Die Gesamtzahl an CO2-<br />
Betäubungsanlagen <strong>für</strong> Schweine wird in<br />
Deutschland auf mindestens 50 geschätzt.<br />
In zwei Betrieben werden Puten mit Kohlendioxid<br />
betäubt, in zwei weiteren Betrieben<br />
werden (mit Ausnahmegenehmigung)<br />
Hähnchen mit CO2 betäubt.<br />
4. Nach welcher Zeit tritt bei Einsatz<br />
von CO2 bei den Tieren Bewusstlosigkeit<br />
ein?<br />
Die anästhesierende Wirkung von Kohlendioxid<br />
setzt nicht sofort ein, so dass die<br />
Schweine, in Abhängigkeit von der CO2-<br />
Konzentration,<strong>für</strong> einen Zeitraum von ca.<br />
10 bis 20 Sek<strong>und</strong>en Belastungen ausgesetzt<br />
sind.<br />
Die Betäubung <strong>und</strong> ggf. Tötung von<br />
Geflügel in einer Gasatmosphäre kann –<br />
<strong>und</strong> davon hängt der Eintritt der Betäubung<br />
ab – durch höhere CO2-Gehalte (Hyperkapnie),<br />
die Verdrängung von Sauerstoff<br />
(Anoxie) oder einer Kombination von beiden<br />
(hyperkapnische Anoxie) erfolgen.<br />
5. Wann hat sich die Tierschutzkommission<br />
des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Ernährung,<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />
mit dieser Problematik<br />
befasst, <strong>und</strong> zu welchen Schlussfolgerungen<br />
gelangte sie?<br />
Die Tierschutzkommission des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Verbraucherschutz (BMELV)<br />
hat sich im Zusammenhang mit der Zweiten<br />
Verordnung zur Änderung der Tierschutz-<br />
Schlachtverordnung 2003 mit dieser Problematik<br />
befasst. Darin wird im Hinblick<br />
auf die CO2-Betäubung von Schweinen<br />
die Verweildauer in der CO2-Atmosphäre<br />
von 70 Sek<strong>und</strong>en auf 100 Sek<strong>und</strong>en heraufgesetzt,<br />
um eine tierschutzgerechte Betäubung<br />
sicherzustellen.Wissenschaftliche
Untersuchungen hatten eindeutig belegt,<br />
dass <strong>für</strong> eine ausreichend tiefe Betäubung<br />
der Schweine eine Mindestverweildauer<br />
von 100 Sek<strong>und</strong>en bei einer CO2-Konzentration<br />
von 80 % erforderlich ist. Die Tierschutzkommission<br />
hatte dem Entwurf zugestimmt,weil<br />
<strong>für</strong> umfassendere Regelungen<br />
keine hinreichenden Daten vorliegen.<br />
6. Welche Untersuchungen wurden hinsichtlich<br />
einer Verringerung des nicht<br />
auszuschließenden Leidens der Tiere<br />
während der Einleitungsphase der<br />
CO2-Betäubung durchgeführt, wie<br />
dies der wissenschaftliche Ausschuss<br />
<strong>für</strong> Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> -wohlbefinden<br />
gefordert hat (vgl. The EFSA<br />
Journal 45 [2004] 1–29: Opinion of<br />
the Scientific Panel on Animal Health<br />
and Welfare on a request from the<br />
Commission related to welfare aspects<br />
of the main systems of stunning<br />
and killing the main commercial<br />
species of animals)?<br />
Am Institut <strong>für</strong> Technologie der B<strong>und</strong>esforschungsanstalt<br />
<strong>für</strong> Ernährung <strong>und</strong> Lebensmittel,<br />
Standort Kulmbach, vormals B<strong>und</strong>esanstalt<br />
<strong>für</strong> Fleischforschung,werden seit<br />
etwa 20 Jahren experimentelle Untersuchungen,<br />
häufig in Kooperation mit<br />
Schlachtbetrieben, durchgeführt, um die<br />
CO2-Betäubung von Schlachtschweinen<br />
nach Tierschutzgesichtspunkten zu verbessern<br />
bzw. brauchbare Alternativen zu finden.<br />
Wichtige Ergebnisse dieser Untersuchungen<br />
finden sich z. B. in folgenden Publikationen:<br />
TROEGER, K., U. MACHOLD, M. MO-<br />
JE <strong>und</strong> M.BEHRSCHMIDT (2003): Betäubung<br />
von Schweinen mit Kohlendioxid,<br />
Argon, Stickstoff-Argon-Gemisch oder Argon/Kohlendioxid<br />
(2-stufig) – Schlachtkörper-<br />
<strong>und</strong> Fleischqualität. Proc. 2. Schlachttechnologie-Workshop<br />
am 8. Mai 2003 in<br />
der BAFF, Kulmbach, S. 27–40.<br />
MACHOLD, U., K. TROEGER <strong>und</strong> M.<br />
MOJE (2003): Gasbetäubung von Schweinen.<br />
Ein Vergleich von Kohlendioxid, Argon,<br />
einer Stickstoff-Argon-Mischung <strong>und</strong><br />
Argon/Kohlendioxid (2-stufig) unter Tierschutzaspekten.<br />
Fleischwirtschaft 83 (10),<br />
S. 109–114.<br />
7. Wie bewertet die B<strong>und</strong>esregierung<br />
die in der Literatur beschriebene Alternative<br />
der Betäubung mit dem<br />
Edelgas Argon bzw. einer Vorbetäubung<br />
mit Argon?<br />
Eine ausreichend tiefe <strong>und</strong> andauernde<br />
Betäubung mit Argon (90 %) erfordert<br />
Tierschutz Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Gasexpositionszeiten von mehr als 180<br />
Sek<strong>und</strong>en. Diese langen Gasexpositionszeiten<br />
schränken die Anwendungsmöglichkeiten<br />
in der Praxis ein.Hauptnachteil<br />
der Verwendung von Argon wie auch einer<br />
Stickstoff-Argo-Mischung anstelle von<br />
CO2 zur Betäubung von Schlachtschweinen<br />
ist jedoch die nachteilige Auswirkung<br />
auf die Schlachtkörper- <strong>und</strong> Fleischbeschaffenheit.<br />
Als gänzlich unakzeptabel<br />
<strong>für</strong> die Praxis erwies sich die Häufigkeit<br />
des Vorkommens von Blutpunkten in der<br />
Muskulatur speziell des Schinkens (ca.<br />
30 % der Schlachtkörper betroffen). Als<br />
Ursache sind die Hypoxie bzw.Anoxie in<br />
Kombination mit den krampfartigen Muskelkontraktionen<br />
der Hintergliedmaßen<br />
in der Exzitationsphase wahrscheinlich.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e stellt die Betäubung<br />
mit Argon gegenwärtig keine Alternative<br />
zur CO2-Betäubung dar.<br />
8. Stellt die B<strong>und</strong>esregierung Überlegungen<br />
an, die Praxis der CO2-Betäubung<br />
unter Tierschutzgesichtspunkten<br />
zu evaluieren <strong>und</strong> ggf. die derzeitige<br />
Praxis zu verbieten?<br />
Soweit sich geeignete Alternativen finden,<br />
beabsichtigt die B<strong>und</strong>esregierung diese zu<br />
prüfen – siehe auch Antwort zu Frage 6. ■<br />
Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung in Kleinbetrieben bleibt<br />
tierärztliche Aufgabe<br />
>>> Auch in Zukunft <strong>und</strong> auch in<br />
Kleinbetrieben wird die Schlachttieruntersuchung<br />
Aufgabe des amtlichen<br />
Tierarztes bleiben. Das hat das B<strong>und</strong>esministerium<br />
<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />
schriftlich mitgeteilt. Die B<strong>und</strong>estierärztekammer<br />
begrüßt diese<br />
Entscheidung zugunsten des Verbraucherschutzes<br />
<strong>und</strong> informiert wie<br />
folgt über die Entscheidung des<br />
B<strong>und</strong>eslandwirtschaftsministeriums:<br />
Im Ausnahmefall kann die Fleischuntersuchung<br />
bereits heute allein von<br />
amtlichen Fachassistenten, allerdings nur<br />
unter Aufsicht des amtlichen Tierarztes<br />
erfolgen. Ende 2005 hatte eine Projektgruppe<br />
der Länderarbeitsgemeinschaft ges<strong>und</strong>heitlicher<br />
Verbraucherschutz vorgeschlagen,<br />
künftig in Schlachtbetrieben,<br />
die nicht mehr als 20 Großvieheinheiten<br />
pro Woche schlachten, auch die Lebenduntersuchung<br />
allein von amtlichen Fachassistenten<br />
durchführen zu lassen. Begründet<br />
wurde der Vorschlag mit einem<br />
zu erwartenden Mangel an qualifizierten<br />
amtlichen Tierärzten.<br />
Die B<strong>und</strong>estierärztekammer hat sich<br />
gegen dieses Vorhaben gewandt wegen der<br />
erheblichen Risiken <strong>für</strong> den ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Verbraucherschutz, zumal in weiten<br />
Teilen Deutschlands die Mehrheit der<br />
Betriebe betroffen gewesen wäre: Nur die<br />
tierärztliche Qualifikation könne gewährleisten,<br />
dass bei der Vielzahl möglicher<br />
Erkrankungen <strong>und</strong> sonstiger Auffälligkeiten<br />
<strong>für</strong> die Schlachtung nicht geeignete<br />
Tiere sicher erkannt werden.Der Sachverstand<br />
von Hilfspersonal sei da<strong>für</strong> nicht<br />
ausreichend <strong>und</strong> keine geeignete Regelung<br />
<strong>für</strong> eine Durchführung unter Aufsicht<br />
des amtlichen Tierarztes möglich.<br />
Am Protest gegen das Vorhaben der<br />
Länder hat sich der gesamte Berufsstand<br />
beteiligt: B<strong>und</strong>estierärztekammer,Landestierärztekammern<br />
<strong>und</strong> auch andere tierärztliche<br />
Verbände haben wiederholt an<br />
die zuständigen Minister von B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Ländern appelliert, keine unnötigen Risiken<br />
<strong>für</strong> den ges<strong>und</strong>heitlichen Verbraucherschutz<br />
einzugehen. Außerdem haben in<br />
einer Unterschriftenaktion zahlreiche Tierärztinnen<br />
<strong>und</strong> Tierärzte persönlich bei<br />
ihren Länderministern protestiert.<br />
Neben dem breit getragenen Protest<br />
mit f<strong>und</strong>ierten Sachargumenten war <strong>für</strong><br />
die Entscheidung des B<strong>und</strong>esverbraucherministeriums<br />
offenbar das Datenmaterial<br />
ausschlaggebend, das die B<strong>und</strong>estierärztekammer<br />
vorlegen konnte. Danach sind<br />
aktuell r<strong>und</strong> 3800 Tierärztinnen <strong>und</strong> Tierärzte<br />
in der Fleischuntersuchung tätig,<br />
r<strong>und</strong> 5400 haben die vorgeschriebene<br />
Ausbildung <strong>für</strong> amtliche Tierärzte absolviert,<br />
<strong>und</strong> künftige Studienabsolventen<br />
haben automatisch die Berechtigung als<br />
amtlicher Tierarzt. Der von den Ländern<br />
als Argument angeführte drohende Personalmangel<br />
ist damit ausgeschlossen. ■<br />
B<strong>und</strong>estierärztekammer e. V.,<br />
Arbeitsgemeinschaft der Deutschen<br />
Tierärztekammern e.V.,<br />
Oxfordstraße 10, 53111 Bonn.<br />
Tel. (02 28) 7 25 46-0/-70, Fax 7 25 46 66<br />
E-Mail: geschaeftsstelle@btk-bonn.de<br />
www.b<strong>und</strong>estieraertzekammer.de<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 227
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Tierseuchen<br />
Neue Strategien bei der Bekämpfung<br />
der Klassischen Schweinepest (KSP) gefordert<br />
>>> Anlässlich des 2. Nordrhein-<br />
Westfälischen Tierärztetages am<br />
1. September 2006 in Essen beschäftigte<br />
sich ein wissenschaftliches<br />
Symposium mit Fragen der<br />
perspektivischen Weiterentwicklung<br />
der Bekämpfungsstrategien<br />
gegen die Schweinepest.<br />
Als aktueller Bezug galt der Seuchenzug<br />
im Mai/Juni dieses Jahres in den Kreisen<br />
Borken <strong>und</strong> Recklinghausen. Insgesamt<br />
wurden dabei 150 000 Schweine getötet<br />
<strong>und</strong> 260 000 Blutproben untersucht. Allein<br />
die direkten Kosten (Entschädigun-<br />
Gemeinsam mit dem Westfälisch-Lippischen<br />
Landwirtschaftsverband (WLV)<br />
<strong>und</strong> dem Rheinischen Landwirtschaftsverband<br />
(RLV) hat das Düsseldorfer<br />
Landwirtschaftsministerium einen<br />
„Zehn-Punkte-Plan“ zur Schweinepestbekämpfung<br />
erarbeitet:<br />
1. Das tierges<strong>und</strong>heitliche Frühwarnsystem<br />
auf der Basis von Falltierdaten<br />
sowie weiterer objektivierbarer<br />
Kriterien ist fortzuentwickeln;<br />
unerlässlich ist eine noch schnellere<br />
Auswertung der Daten sowie die<br />
Einbeziehung auch des amtstierärztlichen<br />
Dienstes. Darüber hinaus sind<br />
die amtlichen Kommunikationsstrukturen<br />
unter besonderer Berücksichtigung<br />
des b<strong>und</strong>esweiten DV-Systems<br />
„TSN“ auszubauen. Die Entwicklung<br />
des Krisenmoduls in „TSN“ ist<br />
beschleunigt fertig zu stellen.<br />
2. Schaffung einer verlässlichen Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> die unmittelbare Anwendung<br />
eines 72 St<strong>und</strong>en "Stand<br />
still" nach einem Seuchenerstausbruch.<br />
3. Verstärkung des epidemiologischen<br />
Dienstes; die Epidemiologie<br />
im Tierseuchenfall sollte mit „externer“<br />
Unterstützung <strong>und</strong> Angehörigen<br />
der jeweils betroffenen<br />
Gebietskörperschaft erfolgen.<br />
gen <strong>und</strong> Beihilfen) beliefen sich auf etwa<br />
24 Mio. Euro. Außerdem entstanden immense<br />
Schäden durch massive Handelsbeschränkungen.<br />
Und das alles vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> von acht Pestfällen!<br />
Politiker <strong>und</strong> Experten waren sich einig,<br />
dass sich schleunigst etwas in der Bekämpfung<br />
der KSP ändern muss.<br />
Wie diese alternative Schweinepestbekämpfung<br />
aussehen könnte, erläuterte<br />
Prof. Dr. Werner Zwingmann vom B<strong>und</strong>eslandwirtschaftsministerium:<br />
■ Der Schlüssel zu einer neuen KSP-<br />
Bekämpfung ist das Diagnoseverfahren<br />
Zehn-Punkte-Plan zur Schweinepestbekämpfung<br />
228 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
4. Einführung eines „nordrhein-westfälischen<br />
Modells“ zur Vermeidung<br />
von Marktstützungsmaßnahmen<br />
durch Ankauf <strong>und</strong> Vernichtung<br />
dieser Tiere. Bei künftigen Seuchenfällen<br />
sollte das „belgische Modell“<br />
(Sonderschlachtungen bei Sperren<br />
nach standardisierten Vorgaben)<br />
um Regelungen <strong>für</strong> das Verbringen<br />
von Ferkeln nach Ablauf eines<br />
„Stand still“ innerhalb besonderer<br />
Kontrollzonen erweitert werden<br />
<strong>und</strong> beide Maßnahmen möglichst<br />
zeitnah sowie nach vorgegebenen<br />
Kriterien in Kraft gesetzt werden.<br />
5. Optimierung der Dokumentationssysteme<br />
<strong>und</strong> der Öffentlichkeitsarbeit<br />
insbesondere durch zentrale<br />
Informationsbereitstellung durch<br />
das Land (wie z. B. Gebietskulisse<br />
im Seuchengeschehen, Formulare<br />
etc. [„24 St<strong>und</strong>en-Aktualität“]),<br />
auf die sich alle Beteiligten beziehen<br />
können <strong>und</strong> die verbindlich<br />
ist.<br />
6. Vermehrtes Angebot von Schulungs<strong>und</strong><br />
Trainingsprogrammen <strong>für</strong> verschiedene<br />
Tierseuchen. Die Tierärztekammern<br />
sollen in ihren Berufsordnungen<br />
die Verpflichtung von<br />
Tierärzten zu regelmäßigen Kursen<br />
auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung<br />
aufnehmen.<br />
„Realtime-PCR“. Dieses Verfahren ermöglicht<br />
einen direkten Erregernachweis<br />
in kurzer Zeit ohne Virusanzüchtung.<br />
Außerdem lassen sich schutzgeimpfte<br />
Schweine <strong>und</strong> mit KSP-Feldvirus<br />
infizierte Tiere sicher unterscheiden. Eine<br />
„Freiprüfung“ der Bestände ist damit<br />
möglich.<br />
■ Durch konsequente Nutzung der „Realtime-PCR“<br />
könnte bei einem künftigen<br />
KSP-Ausbruch die Zahl der vorsorglich<br />
getöteten, ges<strong>und</strong>en Schweine drastisch<br />
reduziert werden.Natürlich würden nach<br />
wie vor die Seuchenbestände gekeult.<br />
7. Stärkere Betonung der Tierseuchenvorbeugung<br />
unter Mitwirkung<br />
des Tierges<strong>und</strong>heitsdienstes der<br />
Landwirtschaftskammer.<br />
8. Entwicklung von Hygienekonzepten<br />
zur stärkeren Seuchenprävention<br />
auf Basis einzelbetrieblicher Beratungen.<br />
Kategorisierung von Betrieben<br />
anhand von Hygienestandards.<br />
Zusätzlich sollen Anreize <strong>für</strong> die<br />
Teilnahme an diesem Projekt durch<br />
die Staffelung der Tierseuchenkassenbeiträge<br />
geschaffen werden.<br />
Nutzung bestehender Qualitätssicherungssysteme<br />
(QS) bei angeschlossenen<br />
Betrieben zur Vermeidung<br />
zusätzlichen Verwaltungs<strong>und</strong><br />
Kontrollaufwands.<br />
9. Intensivierung des Wildschweinemonitorings<br />
<strong>und</strong> Untersuchung<br />
einer möglichst aussagefähigen<br />
Stichprobengröße von gestreckten<br />
Wildschweinen auf Schweinepest,<br />
weil unerkannt infizierte Wildschweine<br />
immer wieder als Ansteckungsquelle<br />
auffallen.<br />
10. Erarbeitung einer neuen Schweinepest-Bekämpfungsstrategie<br />
mit<br />
dem Ziel, das massenhafte Keulen<br />
ges<strong>und</strong>er Schweine zu verhindern<br />
sowie den Handel mit Schweinefleisch<br />
nicht zu beeinträchtigen.
Die meisten übrigen Kontaktbetriebe<br />
<strong>und</strong> die Bestände im Sperrbezirk würden<br />
aber zunächst mittels PCR überprüft<br />
<strong>und</strong> die Schweine nur dann getötet,<br />
wenn sie sich mit dem Virus infiziert<br />
haben.<br />
■ Alternativ könnte die PCR-Freiprüfstrategie<br />
zudem mit einer regional begrenzten<br />
Schutzimpfung kombiniert werden.<br />
Schließlich wäre eine saubere Unterscheidung<br />
von geimpften <strong>und</strong> tatsächlich<br />
infizierten Tieren möglich.<br />
■ Diese „Gedankenspiele“ haben jedoch<br />
einen entscheidenden „Haken“, so<br />
Zwingmann: Eine alternative Seuchenbekämpfung<br />
inklusive Impfung sei zwar<br />
auch nach derzeitiger Rechtslage gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
möglich. Solange die ungehinderte<br />
Vermarktung von lebenden Schwei-<br />
Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Schweinepest: Massentötungen von Schweinen. Fotos: Asbrand/Studnar<br />
nen <strong>und</strong> Schweinefleisch nicht gesichert<br />
ist, käme dieses Vorgehen aber einer totalen<br />
Entwertung der Schweinebestände<br />
gleich, weil die betroffene Region<br />
bzw. wahrscheinlich das ganze Land mit<br />
einer weit reichenden <strong>und</strong> lang andauernden<br />
Liefersperre belegt würden.<br />
■ Umso wichtiger sei es,auf EU- <strong>und</strong> möglichst<br />
auch auf Welthandelsebene ein<br />
Umdenken herbeizuführen. Allerdings<br />
dürfte das kein leichtes Unterfangen<br />
werden, denn die EU-Behörden reagieren<br />
bislang äußerst zurückhaltend auf<br />
derartige Vorschläge aus Deutschland.<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 229
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsschleuse<br />
>>> Die operative Tierseuchenbekämpfung<br />
liegt in Deutschland<br />
in der Zuständigkeit der Kreisordnungsbehörden.<br />
Für den Kreis<br />
Borken war die Bekämpfung der<br />
Schweinepest nach Ausbruch am<br />
1. April 2006 ein personeller,<br />
materieller <strong>und</strong> schließlich finanzieller<br />
Kraftakt.<br />
Materialaufwand<br />
Das erforderliche Material zur Seuchenbekämpfung<br />
wurde im Logistikzentrum<br />
des Kreises Borken eingelagert.Als Logistikzentrum<br />
diente uns der Bauhof des<br />
Kreises, der laut Krisenplan in einem<br />
Arbeitstag um- <strong>und</strong> aufgerüstet werden<br />
kann. Gemäß Handbuch Tierseuchenbekämpfung<br />
Niedersachsen/Nordrhein-<br />
Westfalen reicht unser Materialvorrat in<br />
seuchenfreier Zeit <strong>für</strong> 4 Tage Seuchenbekämpfung.<br />
Im Hinblick auf die uns erwartenden<br />
Aufgaben wurde sofort Material<br />
zugekauft. In der Hochphase der KSP<br />
Bekämpfung waren r<strong>und</strong> 200 qm Lagerfläche<br />
erforderlich <strong>für</strong> Einmaloveralls,<br />
Stoffoveralls, Gummistiefel, Schweinefangschlingen,Markierungsstifte,Einmalstiefel,<br />
Blutentnahmeröhrchen usw. Das<br />
Unterstützungsabkommen des Kreises<br />
Borken mit den Nachbarkreisen (NOH,<br />
ST, COE, OS) musste in Bezug auf Materialanforderungen<br />
kaum in Anspruch<br />
genommen werden. Nur bei den Elektrozangen<br />
mussten die Ressourcen aus ganz<br />
Nordrhein-Westfalen (NRW) genutzt werden,<br />
weil wir hier leider großen Verschleiß<br />
hatten.<br />
Nach unseren Erfahrungen mit der<br />
KSP erwarten wir bei der Materiallogistik<br />
Tierseuchen<br />
auch zukünftig keine Engpässe. Problematisch<br />
hätte es im Februar dieses Jahres<br />
nach der Feststellung der Geflügelpest auf<br />
Rügen werden können, als sich die Veterinärämter<br />
in ganz Deutschland mit Sachmitteln<br />
aufgerüstet haben <strong>und</strong> ein Nachkauf<br />
innerhalb der obengenannten 4 Tage-<br />
Frist nicht möglich war. Hier könnten die<br />
geplanten Stand-by Verträge des Landes<br />
NRW hilfreich sein.<br />
Personalbedarf<br />
Deutlich schwieriger war es,den Personalbedarf<br />
sicherzustellen.In der ersten Phase<br />
im März war der Kreis Borken nur mit<br />
einem Beobachtungsgebiet <strong>für</strong> die KSP<br />
Fälle in Recklinghausen beteiligt. Die erforderlichen<br />
Tätigkeiten wurden fast ausschließlich<br />
mit eigenem Personal durchgeführt,d.h.ca.8<br />
verfügbare hauptamtliche<br />
Tierärzte <strong>und</strong> 10 Veterinärverwaltungsmitarbeiter.<br />
Nach den Seuchenausbrüchen im Kreis<br />
Borken reichten jedoch diese Personalkapazitäten<br />
nicht mehr aus. Insbesondere<br />
Tierärzte waren in dieser zweiten Stufe<br />
ein kostbares Gut. Fast 100 amtliche Tierärzte<br />
aus NRW <strong>und</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern<br />
mussten mit ca. 300 tierärztlichen<br />
Arbeitstagen Amtshilfe leisten. Das aktivierbare<br />
Amtshilfepotential war damit<br />
nach unseren Erfahrungen vollständig<br />
ausgeschöpft, in der Ferienzeit im April<br />
auch überschritten.<br />
Bei den 188 Betriebskeulungen waren<br />
pro Hof ca. 15 bis 30 Personen im Einsatz:<br />
THW mit 2–8 Personen, 2 Schätzer,<br />
3 Tierärzte, <strong>für</strong> das Feuerwehr-Duschzelt<br />
5 Personen bzw. Bauhof-Mietduschcontainer<br />
mit 2 Personen, 1–2 Gemeindemit-<br />
230 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
Stößt die<br />
Schweinepestbekämpfung<br />
ohne Impfung an<br />
die Grenze des<br />
Machbaren?<br />
Albert GROENEVELD (Borken)<br />
arbeiter, 1 Transportfahrer sowie als zugekaufte<br />
Dienstleistungen je Tötekolonne<br />
6–8 Personen <strong>und</strong> 1 Baggerfahrer.<br />
Innerhalb des sog. Lokalen Krisenzentrums<br />
im Kreis Borken wurden alle unterstützenden<br />
Tätigkeiten von Mitarbeitern<br />
der Kreisverwaltung erbracht. Dazu zählte<br />
der Eigenbetrieb des Logistikzentrums,<br />
die Hotline Besetzung,Internet-Präsentation<br />
bis hin zu Hilfeleistungen wie das Beschriften<br />
von Blutprobenröhrchen. Vom<br />
Logistikzentrum aus wurden alle Keulungsaktionen<br />
(außer am 1.Tag) <strong>und</strong> Felduntersuchungen<br />
gestartet. Kurz gesagt erhielt<br />
der Leiter des Logistikzentrums morgens<br />
seine Aufträge <strong>für</strong> den Tag <strong>und</strong> meldete<br />
abends Vollzug. Die Aufteilung des<br />
Lokalen Krisenzentrums in das eigentliche<br />
Krisenzentrum <strong>und</strong> ein ausgelagertes<br />
kreiseigenes Logistikzentrum hat sich<br />
sehr bewährt.<br />
Alle Planungs-, Kommunikations- <strong>und</strong><br />
Verwaltungsaktivitäten hingegen wurden<br />
in den Räumen des Veterinäramtes durchgeführt.<br />
Der Bereich Lebensmittelüberwachung/<strong>Fleischhygiene</strong><br />
wurde räumlich<br />
stark eingeschränkt. Die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Idee war,dass das Veterinäramt gemäß der<br />
kreiseigenen Geschäftsanweisung „Tierseuchenbekämpfung“<br />
fließend innerhalb<br />
eines Tages in den vorgeplanten Krisenbetrieb<br />
hochfährt. Die zusätzlich erforderlichen<br />
PCs <strong>und</strong> Telefone wurden aufgestellt.Mitarbeiter<br />
aus der gesamten Kreisverwaltung<br />
standen auf Abruf bereit, so<br />
dass die Intensität des Krisenbetriebes jederzeit<br />
stufenlos reguliert werden konnte.<br />
Zwischen April <strong>und</strong> Juni arbeiteten ca.<br />
15 Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen<br />
der Kreisverwaltung ganztägig im
Dienst der Seuchenbekämpfung.Während<br />
der Keulungen <strong>und</strong> während der Aufhebungsuntersuchungen<br />
waren es ca. 30<br />
Mitarbeiter, davon 10 im Logistikzentrum.<br />
Überst<strong>und</strong>en fielen zusätzlich an,<br />
denn auf die Einführung eines Schichtbetriebes<br />
wurde zumindest <strong>für</strong> zentrale<br />
Funktionen verzichtet, weil das vorhandene<br />
Fachpersonal nicht <strong>für</strong> einen Zwei-<br />
Schicht-Betrieb ausreichte. Im Gegensatz<br />
zu anderen Großschadensereignissen dauert<br />
das „Veterinärgroßschadensereignis<br />
Tierseuche“ zwar monatelang, aber man<br />
sollte versuchen, die täglichen Einsatzzeiten<br />
auf die Zeit von 6.30 Uhr bis 22.00 Uhr<br />
zu beschränken.<br />
Einsatzleitung <strong>und</strong> Veterinärverwaltung<br />
waren räumlich nicht getrennt, um<br />
zusätzliche Schnittstellen zu vermeiden.<br />
Die Philosophie eines von der Veterinärverwaltung<br />
getrennten Stabsraumes haben<br />
wir nach unserer Geflügelpestübung 2004<br />
aufgegeben.<br />
Der Krisenstab unter Leitung des Landrates<br />
tagte nach Bedarf zweimal täglich<br />
oder auch nur einmal wöchentlich. Die<br />
Einbindung der Landwirtschaft in dieses<br />
Gremium hat sich sehr bewährt <strong>und</strong> uns<br />
eigene Überzeugungsarbeit bei den Landwirten<br />
erspart. Dennoch waren zusätzliche<br />
regelmäßige Informationsveranstaltungen<br />
mit den Entscheidungsträgern der<br />
Landwirtschaft (z. B. Ortsverbandsvorsitzende)<br />
sehr wichtig.<br />
Verwaltungsarbeit <strong>und</strong> Überzeugungsarbeit<br />
ist uns insbesondere dadurch erspart<br />
geblieben, dass das Ministerium <strong>für</strong><br />
Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz,Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
(MUNLV) die EU-Entscheidung<br />
zur Anordnung der Räumung<br />
der Sperrbezirke in eine Landesverordnung<br />
umgesetzt hat <strong>und</strong> wir keine aufwändig<br />
begründeten Einzeltötungsanordnungen<br />
(einschließlich Klagerisiko) erstellen<br />
mussten. Durch eine gut funktionierende<br />
Arbeitsteilung der Behörden kann man<br />
auch verhindern,dass man an die Grenzen<br />
des Machbaren kommt.Überhaupt war das<br />
häufig in Telefonkonferenzen abgestimmte<br />
Vorgehen von Kreisordnungsbehörden,<br />
Bezirksregierung, Latiko, MUNLV sowie<br />
Untersuchungsämtern eine sehr positive<br />
Erfahrung.<br />
Die Arbeitsteilung mit den mitbetroffenen<br />
Nachbarkreisen, die u. a. aus dem<br />
Aufbau des gemeinsamen QM-Systems<br />
resultierten, haben die Belastung auch reduziert:<br />
der eine schrieb die Tierseuchen-<br />
Verordnung, der andere die Verfügung<br />
<strong>und</strong> der dritte das Merkblatt. Natürlich<br />
könnten wir uns hier eine Dienstleistungseinrichtung<br />
des Landes sehr nützlich<br />
vorstellen, so dass die schriftliche Außendarstellung<br />
einschließlich Internetpräsentation<br />
im Seuchenfall noch einheitlicher<br />
ist.<br />
Bei weiteren Ausbrüchen hätten in einer<br />
dritten Stufe auch Dienstleistungen<br />
von praktischen Tierärzten zugekauft werden<br />
müssen. Ob sie dazu noch in der Lage<br />
gewesen wären, weiß ich nicht, denn sie<br />
waren auch durch die vielen Verkaufsuntersuchungen<br />
einer hohen Belastung<br />
ausgesetzt.Weil die Untersuchungen <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsbescheinigungen nur eine kurze<br />
Gültigkeitsdauer hatten, mussten sie in<br />
sehr kurzen Abständen in die Bestände.<br />
Ob das seuchenhygienisch sinnvoll ist,wage<br />
ich zu bezweifeln. Unsere Zusammenarbeit<br />
mit den praktischen Tierärzten war<br />
sehr gut. Man hatte Verständnis <strong>für</strong> die jeweiligen<br />
Zwänge.An dieser Stelle möchte<br />
ich betonen, dass man eine solche Tierseuchenherausforderung<br />
nur bestehen<br />
kann, wenn alle Beteiligten an einem<br />
Strick ziehen.Glücklicherweise ist es zum<br />
Großeinsatz der praktischen Tierärzte in<br />
unterstützender amtlicher Funktion nicht<br />
mehr gekommen.<br />
Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Kosten<br />
Material <strong>und</strong> Personal kosten Geld. Der<br />
Landrat des Kreises Borken hat nie einen<br />
Zweifel daran gelassen, dass die erforderlichen<br />
Gelder bereitgestellt werden,um die<br />
Seuche <strong>für</strong> unsere Landwirte erfolgreich<br />
zu bekämpfen. Natürlich wird von uns in<br />
der Veterinärverwaltung kostenbewusstes<br />
Handeln erwartet. Im Kreisgebiet Borken<br />
mussten im Rahmen von Aufhebungsuntersuchungen<br />
ca. 45 000 Blutproben entnommen<br />
werden. Dabei kalkulieren wir<br />
die Entnahmekosten einer Blutproben, die<br />
von einem Tierarzt in kostenloser Amtshilfe<br />
erbracht wird, mit ca. 0,5 € pro Blutprobe.<br />
Die Blutprobenentnahme durch einen<br />
beauftragten praktischen Tierarzt, der nach<br />
der Gebührenvereinbarung des Landes<br />
NRW mit der Tierärztekammer bezahlt<br />
wurde, müssen wir bei einer Tagesleistung<br />
von ca. 300 Blutproben mit mindestens<br />
2 € kalkulieren. Der Kreis Borken hat im<br />
Interesse der landesweit gesperrten Landwirte<br />
versucht, die Blutentnahmen <strong>für</strong><br />
Aufhebung von Sperrmaßnahmen besonders<br />
schnell durchzuführen.Deshalb wurden<br />
zusätzlich praktische Tierärzte im<br />
Rahmen der oben genannten Gebührenvereinbarung<br />
beauftragt, obwohl die eigenen<br />
<strong>und</strong> Amthilfekapazitäten ausgereicht<br />
hätten. Aus unserer Sicht müsste<br />
zukünftig das Land oder die Tierseuchenkasse<br />
(TSK) diese Zusatzkosten <strong>für</strong> diesen<br />
besonders schnellen Service übernehmen.<br />
Das Bemühen,die jeweils eigenen Kosten<br />
(Kreis/TSK/Land) nicht ausufern zu<br />
lassen, ist zwar die Pflicht eines jeden<br />
Budgetverantwortlichen, aber nicht immer<br />
im Interesse des gesamtvolkswirtschaftlichen<br />
Schadens. Stichwort: Sparen<br />
am falschen Ende. Die Finanzierung der<br />
Bekämpfung einerTierseuche istdringend<br />
reformbedürftig. Die Kosten <strong>für</strong> Dienstleistungen,<br />
insbesondere erhebliche Zu-<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 231
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
satzkosten <strong>für</strong> schnellen Service, müssen<br />
vor Seuchenausbruch geklärt sein.<br />
Nach dem derzeitigen Stand wurden<br />
dem Kreis Borken <strong>für</strong> die Bekämpfung der<br />
Schweinepest Rechnungen in Höhe von<br />
ca. 300000 € <strong>für</strong> Materialkäufe zugeleitet.<br />
Zahlungen <strong>für</strong> eingesetztes Personal (Fahrtkosten,Unterbringungskosten,Lohnersatz<br />
THW-Mitarbeiter) machten ca. 100000 €<br />
aus. Die laufenden Personalkosten des<br />
Kreises Borken bzw. anderer Behörden<br />
(örtliche Ordnungsbehörde,Tierärzte anderer<br />
Kreisordnungsbehörden) <strong>für</strong> Tätigkeiten<br />
im Rahmen der Schweinepest wurden<br />
in dieser Summe nicht berücksichtigt.<br />
Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung<br />
Borken erlebten bei diesem Seuchenzug<br />
ein noch nicht dagewesenes Gefühl der<br />
Solidarität untereinander. Die Landwirte<br />
in der betroffenen Region respektierten,<br />
dass die Seuchenbekämpfer ihnen trotz<br />
dieser extremen Eingriffe in ihr bisheriges<br />
Leben im Gr<strong>und</strong>e helfen wollten, die<br />
Schweinepest so schnell wie möglich zu<br />
beenden.<br />
Verbesserungsvorschläge<br />
In der Rückschau können wir feststellen,<br />
dass wir wenige Fehler gemacht haben,<br />
aber es gibt Möglichkeiten,die vorhandenen<br />
Ressourcen zu schonen.<br />
1.Während eines Seuchenzuges braucht<br />
man unendlich viele Tierärzte. Deshalb<br />
müssen tierärztliche Tätigkeiten auf das<br />
fachlich Erforderliche beschränkt werden.<br />
Dazu gehört m. E. nicht die Schätzung<br />
derTiere.Im Kreis Borken standen<br />
so zwei seuchenerfahrene Tierärzte aus<br />
dem eigenen Amt an jeweils ca. 20 Arbeitstagen<br />
nicht <strong>für</strong> andere Tätigkeiten<br />
zur Verfügung. Eine Verlagerung zur<br />
Landwirtschaftskammer wäre sinnvoll.<br />
2. Epidemiologische Ermittlungen <strong>und</strong><br />
Bewertungen sollten im Seuchenfall von<br />
einer permanent bestehenden Fachgruppe<br />
durchgeführt werden. Dazu sollten<br />
gehören die tierärztlichen Spezialisten<br />
des Friedrich-Loeffler-Instituts<br />
(FLI), ein Tierarzt des Landes <strong>und</strong> ein<br />
ortsk<strong>und</strong>iger Tierarzt des Kreises. Dieses<br />
Vorgehen hat sich im Kreis Borken<br />
im Ansatz bereits bewährt, jedoch wäre<br />
ein ununterbrochener Einsatz der FLI<br />
Fachleute wünschenswert gewesen.<br />
Phasenweise mussten sich wechselnde<br />
Mitarbeiter zeitaufwändig in vorliegende<br />
Ergebnisse <strong>und</strong> Tabellen einarbeiten,<br />
um sinnvoll die weiteren epidemiologischen<br />
Maßnahmen einzuleiten.Auch<br />
bei der Kommunikation der epidemiologischen<br />
Ergebnisse an die Ministerien<br />
gab es Reibungsverluste. Die Epidemiologie<br />
ist wichtig <strong>für</strong> strategische Entscheidungen.<br />
Wenn wir die Epidemiologie<br />
wie vorgeschlagen an eine Landesbehörde<br />
abgeben, werden auch Ent-<br />
Tierseuchen<br />
scheidungskompetenzen(z.B.Tötungsanordnung) von uns wegverlagert. Damit<br />
sind wir einverstanden. Die damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Rechtsunsicherheit <strong>und</strong><br />
das Klagerisiko würden wir natürlich im<br />
Paket gratis abgeben.Wir wollen keinen<br />
Kompetenzenstreit, sondern Verteilung<br />
der unendlichen Masse an Arbeit im<br />
Seuchenfall auf die Behördenstufe, die<br />
es am besten leisten kann.<br />
3.Verkaufsbedingungen in den einzelnen<br />
Kompartimenten, Subkompartimenten<br />
<strong>und</strong> sonstigen Zonen müssen nach einem<br />
vor der Seuche festgelegten Eskalationsschema<br />
geregelt werden (z. B.<br />
Stufe B könnte bedeuten: Verkauf von<br />
Zuchttieren verboten, Mastschweineverkauf<br />
nach klinischer Untersuchung<br />
mit 10 % Fieberprävalenz erlaubt). Damit<br />
entfiele während der Seuche das<br />
zeitaufwändige Lesen <strong>und</strong> Interpretieren<br />
von individuell auf NRW zugeschnittenen<br />
EU-Entscheidungen. Die<br />
daran anschließende Schulung der Hotline-Mitarbeiter<br />
wäre nicht erforderlich<br />
<strong>und</strong> man hätte personalaufwändige<br />
Rückfragen von Landwirten <strong>und</strong> Tierärzten<br />
vermieden. Regelungen, die „im<br />
Vorgriff auf zukünftige Rechtsetzungen“<br />
über Nacht praktiziert werden<br />
können, sind zwar sehr k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lich,<br />
aber mit der notwendigen Gesetzestreue<br />
einer Kreisverwaltung nicht<br />
vereinbar.Und wenn dann aufgr<strong>und</strong> der<br />
permanenten Änderungen der Bestimmungen<br />
<strong>und</strong> der Änderung der Interpretationen<br />
der Bestimmungen nicht<br />
einmal die Behörden wissen, welche<br />
Bestimmung ab wann in welchem Gebiet<br />
gelten – dann können sie die Hotline<br />
eigentlich abschalten.<br />
4. Bei Verkaufsuntersuchungen im Kompartiment<br />
sollte die maximale Blutprobenentnahmefrist<br />
vor dem Verkauf auf<br />
10 Tage erhöht werden, um dem Labor<br />
bei Abklärungsuntersuchungen Zeit zu<br />
geben. Diese Regelung wurde in der niederländischen<br />
Pufferzone angewandt.<br />
In NRW hatten wir die 5-Tage-Frist.<br />
Manche Landwirte, deren Proben über<br />
den 4.Tag hinaus in der Abklärung waren,haben<br />
teilweise überTage stündlich<br />
angerufen.<br />
5. Die Verteilung der Sperrverfügungen<br />
durch Boten war zwar sehr effektiv, aber<br />
personalaufwändig. Und am Tag der<br />
Seuchenfeststellung ist Personal sowieso<br />
knapp. Hier müssen intelligente Lösungen<br />
geschaffen werden, ein „Standstill“<br />
schnell umzusetzen. Das MUNLV<br />
hat die rechtliche Prüfung einer elektronischen<br />
Bekanntgabe von Tierseuchen-<br />
Verordnungen zugesagt.<br />
6. Die erfolgreiche Seuchenbekämpfung<br />
vor Ort ist nicht erfolgreich nach Brüssel<br />
kommuniziert worden. Das änderte<br />
232 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
sich erst, als zwei Senior Advisor aus<br />
Brüssel sich bei uns im Lokalen Krisenzentrum<br />
ein Bild von der professionellen<br />
Arbeit machten. Wir sollten zukünftig<br />
häufiger Brüsseler Beobachter<br />
einladen.<br />
7. Für die Kompartimentierung muss ein<br />
nachvollziehbares Konzept erstellt werden,<br />
das mit den Wirtschaftsbeteiligten<br />
vorher abgestimmt wird. Das hätte unsere<br />
Hotline sehr entlastet. Aber dass<br />
die Kompartimentsgrenze 6 km vom<br />
Seuchenherd entfernt durch das Beobachtungsgebiet<br />
verläuft, kann auch die<br />
Hotline keinem Viehhändler,Futtermittelunternehmer,<br />
praktischem Tierarzt<br />
oder sonstigem Betroffenen erklären.<br />
8. Der Einsatz von fahrbaren Duschcontainern<br />
hat sich gegenüber dem Einsatz von<br />
Duschzelten als vorteilhaft erwiesen.<br />
Strategiewahl<br />
Nach dem Ausbruch der Schweinepest im Kreis<br />
Borken am 1.April 2006 hätte man sich auch<br />
in Abstimmung mit der EU <strong>für</strong> eine Impfstrategie<br />
entscheiden können. Maßgeblich <strong>für</strong> die<br />
Entscheidung über die Strategiewahl (Impfen/Keulen)<br />
sind folgende Kriterien:<br />
1. die epidemiologische Bewertung<br />
2. die ethische (gesellschaftliche), tierschutzrechtlichen<br />
Bewertung <strong>und</strong><br />
3. die ökonomische Bewertung<br />
Epidemiologische Bewertung: Bei einem<br />
beherrschten Seuchengeschehen wie in<br />
NRW in diesem Frühjahr mit nur 8 Fällen<br />
spricht sich die jetzige KSP Richtlinie leider<br />
eindeutig gegen eine Impfstrategie aus.<br />
Ethische Bewertung aus Borkener Sicht:<br />
Das Verständnis <strong>für</strong> die Keulung von<br />
94 000 Tieren in 188 Beständen im Kreis<br />
Borken war bei der Bevölkerung wie auch<br />
bei den Borkener Schweinehaltern gering,<br />
zumal nur 3 Bestände positiv waren. In<br />
den Niederlanden gab es 2001 bei Keulungsaktionen<br />
sogar aktiven Widerstand<br />
einiger Landwirte <strong>und</strong> öffentlichen Protest,<br />
z. B. wurde ein totes Schwein medienwirksam<br />
in einen Baum gehängt.<br />
Obwohl es auch bei uns eine deutliche<br />
emotionale Ablehnung gab, wurden die<br />
Keulungstrupps nicht beim Betreten der<br />
Höfe behindert.<br />
Da<strong>für</strong> gab es aus meiner Sicht folgende<br />
Gründe:<br />
Die Tierärzte, die den Landwirten im<br />
Kreisgebiet die Keulung vermitteln mussten,<br />
waren den Landwirten aus den Routinekontakten<br />
mit dem Veterinäramt Borken<br />
in den vergangenen Jahren persönlich<br />
bekannt <strong>und</strong> werden akzeptiert. Die Landwirte<br />
lehnten die Keulung in der Sache ab,<br />
die durchführenden Personen wurden aber
nicht abgelehnt. Das ist aus meiner Sicht<br />
ein großer Vorteil der föderalen-kommunalen<br />
Seuchenbekämpfung.<br />
Zur Vermeidung von Abwehrmaßnahmen<br />
durch Landwirte war es auch entscheidend,<br />
dass der Westfälische Landwirtschaftsverband<br />
(WLV) sich eindeutig<br />
hinter die Keulung der Sperrbezirke gestellt<br />
hat. Nicht aus tiefer Überzeugung,<br />
aber in der Erkenntnis, dass es keine anderen<br />
vorbereiteten Strategien gab. Dieser<br />
Rückhalt hat uns viel Arbeit erspart.<br />
Ich habe den Eindruck,die landwirtschaftlichen<br />
Berufsvertreter arbeiten jetzt mit<br />
Hochdruck an neuen Strategien.<br />
Die Akzeptanz der Keulungen durch<br />
unsere Borkener Landwirte wurde von<br />
den geltenden EU-Bestimmungen finanziell<br />
gefördert. Bei der 100%igen Wertevernichtung<br />
durch Keulung wurden die<br />
Schweine zu 100% ersetzt, bei der Wert<br />
erhaltenden Vermarktung der Schlachtschweine<br />
aus dem Beobachtungsgebiet<br />
nach dem belgischen Modell hingegen<br />
mussten die Landwirte ca. 5% Preiseinbußen<br />
hinnehmen, die von der EU nicht<br />
übernommen wurden. Der Borkener<br />
Schweinemäster hat daraus gelernt: bei<br />
Vermarktung hast du Schäden, bei Keulung<br />
hast du keine Schäden. Der europäische<br />
Steuerzahler hingegen dürfte das<br />
anders sehen.<br />
Die große Akzeptanz des belgischen<br />
Modells zur Vermarktung der Schlachtschweine<br />
hat gezeigt, dass die diskriminierende<br />
Kennzeichnung des Fleisches<br />
von ges<strong>und</strong>en Schlachtschweinen aus Restriktionsgebieten<br />
nicht erforderlich ist.<br />
Der Verbraucher hatte keine Vorbehalte.<br />
Eine zukünftige Vermarktung über regionale<br />
Supermarktketten an den Endverbraucher<br />
könnte hilfreich sein,um Garantien<br />
zu geben, damit das Fleisch Europa<br />
nicht verlässt.<br />
Ökonomische Bewertung: Die gesamtökonomische<br />
Bewertung der Impfstrategie<br />
steht <strong>und</strong> fällt mit der Vermarktungsfähigkeit<br />
geimpfter Tiere bzw. Fleisch<br />
geimpfter Tiere in der EU <strong>und</strong> auch außerhalb<br />
der EU. Leider berücksichtigt die<br />
KSP Richtlinie nicht in ausreichendem<br />
Maße die Möglichkeiten des Einsatzes von<br />
Markerimpfstoffen in Verbindung mir der<br />
RT-PCR Diagnostik.<br />
Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Die Abschätzung des Material- <strong>und</strong><br />
Personalbedarfs des Kreises Borken bei<br />
Anwendung einer Impfstrategie im zurückliegenden<br />
Seuchenzug ist schwierig,<br />
weil die Strategie zurzeit nicht festgelegt<br />
ist. In jedem Fall aber ist die Impfung eines<br />
Betriebes weniger personalaufwändig<br />
als die Keulung eines Betriebes. Personalengpässe<br />
gab es in Borken immer dann,<br />
wenn Keulungen im Sperrberzirk durchgeführt<br />
wurden,gleichzeitig mit Status- oder<br />
Aufhebungsuntersuchung im Beobachtungsgebiet<br />
<strong>und</strong> außerdem im Kompartiment<br />
eine Genehmigungswelle wegen Ablauf<br />
einer Sperrfrist anstand. Eine intelligente<br />
Impfstrategie mit Verlagerung von<br />
Blutentnahmen auf den Schlachthof könnte<br />
die Kreisordnungsbehörde weiter entlasten.Tierschutzprobleme<br />
in Mastställen<br />
bei mehr als einmonatigen Sperren könnten,<br />
wie in Borken praktiziert, durch<br />
Schlachtgenehmigungen nach dem belgischen<br />
Modell gelöst werden. Allerdings<br />
sollten die dann freiwerdenden Maststallkapazitäten<br />
<strong>für</strong> Ferkelerzeuger nutzbar<br />
gemacht werden. Insbesondere Ferkelerzeuger<br />
mit einem hohen Hygienestan-<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 233
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
dard (u.a.eigene Transportfahrzeuge) <strong>und</strong><br />
langjährigen 1:1-Lieferbeziehungen (also<br />
ein de facto geschlossenes System mit 2 Betrieben)<br />
innerhalb derselben Restriktionszone<br />
sollten Möglichkeiten eingeräumt<br />
werden. Auch bei den Ferkelerzeugern<br />
müssen Tierschutzprobleme verhindert<br />
werden. Die geplanten Marktentlastungsankäufe<br />
haben uns nur mit Diskussionsarbeit<br />
belastet, bevor sie gescheitert sind.<br />
Damit möchte ich die Darstellung <strong>und</strong><br />
Bewertung unseres Arbeitsaufwands in<br />
den Seuchenmonaten <strong>und</strong> die hypothetischen<br />
Überlegungen zur Impfstrategie<br />
aus Borkener Sicht beenden.<br />
Eines dürfen wir jedoch niemals vergessen:<br />
der geringste Schaden <strong>und</strong> damit<br />
der geringste Arbeitsaufwand entsteht in<br />
jedem Fall durch eine Vermeidung von<br />
Tierseuchenausbrüchen.<br />
Deshalb sollten folgende Maßnahmen<br />
eingeführt werden:<br />
1.Wir müssen Anreize schaffen <strong>für</strong> Landwirte,<br />
die das seuchenhygienische Risiko<br />
<strong>für</strong> ihren Bestand minimieren. Die<br />
Beiträge zur Tierseuchenkasse könnten<br />
ein Instrumentarium sein. Viele Landwirte<br />
im Kreis Borken mit einem hohen<br />
seuchenhygienischen Betriebsstandard<br />
haben die Gleichbehandlung mit Landwirten<br />
geringerer Standards abgelehnt.<br />
Auf dieser Basis hätten sich einige<br />
Landwirte ein differenziertes Vorgehen<br />
bei der Keulung gewünscht, andere ei-<br />
Krank durch zuviel<br />
Säure in Lebensmitteln?<br />
>>> Können Fleisch, Milch, Eier <strong>und</strong><br />
Brot zur Übersäuerung des Körpers<br />
führen <strong>und</strong> dadurch Krankheiten<br />
verursachen? In Büchern <strong>und</strong> Internetforen<br />
wird dies immer wieder<br />
behauptet.<br />
Der Begründer der Trennkost <strong>und</strong> Heilpraktiker<br />
Howard Hay machte diese Lebensmittel<br />
<strong>für</strong> verschiedene Krankheiten<br />
wie Rheuma,Gicht oder Darmerkrankungen<br />
mitverantwortlich. Zur Vorbeugung<br />
vor chronischer Übersäuerung werden regelmäßige<br />
Messungen des Säuregrades<br />
(pH-Wert) im Urin empfohlen.<br />
Tierseuchen<br />
ne Berücksichtigung der betrieblichen<br />
Hygienestandards bei der Erteilung von<br />
Transportgenehmigungen statt pauschaler<br />
Verbringungsverbote mit pauschalen<br />
Fristen in Restriktionsgebieten.<br />
2.Wir müssen die Jagd <strong>und</strong> insbesondere<br />
Jagdtourismus als Gefahr <strong>für</strong> schweinehaltende<br />
Betriebe insbesondere bei<br />
schulungsresistenten Betriebsinhabern<br />
erkennen <strong>und</strong> bannen. Die Schweinepest<br />
fällt nicht vom Himmel. Irgendwo<br />
muss irgendeiner erheblich gesetzlich<br />
vorgeschriebene Hygieneregeln verletzt<br />
haben.Auch die Verschleppung von Betrieb<br />
zu Betrieb lässt sich verhindern.<br />
Wenn wir die Seucheneinschleppung<br />
nicht vermeiden können,sollten wir einen<br />
Ausbruch auf jeden Fall in der Frühphase<br />
diagnostizieren. Dazu erforderlich:<br />
1.Wir müssen unser nordrhein-westfälisches<br />
Frühwarnsystem, welches Bestände<br />
mit vermehrt toten Tiere entdeckt,<br />
weiter ausbauen.<br />
2. Praktische Tierärzte sollten aufgr<strong>und</strong><br />
der sehr schwierigen klinischen Diagnostik<br />
häufiger von KSP-Ausschlussuntersuchungen<br />
Gebrauch machen <strong>und</strong><br />
auch von den Amtstierärzten dazu ermuntert<br />
werden.<br />
Fazit<br />
Im Kreis Borken haben wir in einer guten<br />
Zusammenarbeit mit vielen Behörden<br />
<strong>und</strong> anderen Organisationen die Schwei-<br />
„Die natürlichen Puffersysteme des<br />
Körpers sowie eine ausgewogene Ernährung<br />
schützen ausreichend vor Übersäuerung“,widerspricht<br />
Gudrun Köster-Sartorius<br />
von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.<br />
Insbesondere nach dem Verzehr eiweißreicher<br />
tierischer Lebensmittel <strong>und</strong><br />
von Getreide entstehen im Stoffwechsel<br />
Säuren. Der Körper scheidet diesen Säureüberschuss<br />
auf verschiedenen Wegen<br />
über die Lunge, den Schweiß <strong>und</strong> die Nieren<br />
aus. Daher schaden diese Lebensmittel<br />
dem Körper in der Regel nicht.<br />
Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse<br />
<strong>und</strong> Obst enthalten reichlich basisch wirkende<br />
Mineralstoffe <strong>und</strong> Spurenelemente,<br />
welche die im Stoffwechsel anfallenden<br />
Säureanteile neutralisieren. Säuren<br />
im Obst wie Zitronen- oder Apfelsäure<br />
sind unproblematisch, da sie im Stoffwechsel<br />
zu Kohlendioxid <strong>und</strong> Wasser abgebaut<br />
werden. Das Kohlendioxid wird<br />
beim Ausatmen abgegeben. Eine regelmäßige<br />
Überprüfung des pH-Wertes im<br />
Harn ist daher aus medizinischer Sicht<br />
nicht notwendig <strong>und</strong> auch nicht sinnvoll,<br />
234 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
nepest erfolgreich mit einer ungeliebten<br />
Strategie bekämpft.<br />
Obwohl das Ende der Pest im Juni <strong>für</strong><br />
uns eine Erlösung war, sind wir nicht an<br />
die Grenzen des Machbaren gekommen.<br />
In Borken werden wir die Zeit nutzen,<br />
die allgemeine Seuchenprophylaxe in Zusammenarbeit<br />
mit den interessierten Betrieben<br />
zu verbessern. Für die wenig interessierten<br />
Betriebe werden wir Lösungen<br />
finden. Erfolgreiche Seuchenvermeidung<br />
ist besser als erfolgreiche Seuchenbekämpfung.<br />
Für zukünftige Seuchenausbrüche fordern<br />
wir aus Borken eine moderne ethisch<br />
vertretbare Seuchenbekämpfungsstrategie.<br />
Das muss als Begründung gegenüber<br />
ökonomischen Bedenken langen.<br />
Wir Tierärzte sollten aber auch einen<br />
eigenen Standpunkt zu dem Thema vertreten.<br />
Ich meine, dass wir bei der KSP<br />
Bekämpfung nach über 100 Jahren veterinärmedizinischer<br />
Forschung intelligentere<br />
Lösungen als Massenkeulungen haben<br />
sollten. Das FLI hat sie bereits.<br />
Es kann doch nicht sein, dass wir<br />
Schweine töten, damit sie nicht krank<br />
werden! ■<br />
Ltd. KVetD Dr. Albert Groeneveld,<br />
Kreis Borken, Fachbereich Tiere <strong>und</strong><br />
Lebensmittel,<br />
Burloer Straße 93, 46325 Borken.<br />
www.kreis-borken.de<br />
so die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale.<br />
Vor einer Übersäuerung des Körpers<br />
durch die Ernährung braucht sich also niemand<br />
zu <strong>für</strong>chten.Wer folgende Tipps beherzigt,<br />
ist auf der sicheren Seite <strong>und</strong><br />
braucht nicht zu basisch wirkenden Nahrungsergänzungsmitteln<br />
in Pulver- oder<br />
Tablettenform zu greifen:<br />
■ Täglich etwa zwei Liter trinken. Geeignete<br />
Getränke sind z.B. Mineralwasser<br />
oder ungesüßte Früchte- <strong>und</strong> Kräutertees.<br />
Dies fördert die Ausscheidung der<br />
im Stoffwechsel anfallenden Säureanteile<br />
über die Nieren.<br />
■ Fünf Portionen Gemüse <strong>und</strong> Obst pro<br />
Tag essen. Diese liefern reichlich basisch<br />
wirkende Mineralstoffe <strong>und</strong> darüber<br />
hinaus eine Vielzahl ges<strong>und</strong>heitsfördernder<br />
Pflanzenstoffe.<br />
■ Mit einem maßvollen Verzehr von ein bis<br />
zwei kleineren Fleischmahlzeiten pro<br />
Woche wird die Säurelast gering gehalten.<br />
■ Regelmäßige Bewegung unterstützt zusätzlich<br />
die Abgabe von Kohlensäure<br />
über die Atmung.<br />
■ VZ SH
Blauzungenkrankheit<br />
in Deutschland<br />
>>> Am 20. August 2006 wurde die<br />
Blauzungenkrankheit nach ersten<br />
Fällen in den Niederlanden <strong>und</strong> Belgien<br />
erstmalig auch in Deutschland<br />
festgestellt. Es handelt sich hierbei<br />
um eine viral bedingte, nicht kontagiöse<br />
Infektionskrankheit, die durch<br />
stechende Insekten übertragen<br />
wird. Erreger ist das Blue-Tongue-<br />
Virus, ein Orbivirus, das in 24 verschiedenen<br />
Serotypen vorkommt.<br />
Das Virus ist <strong>für</strong> Menschen nicht gefährlich.<br />
Fleisch- <strong>und</strong> Milchprodukte<br />
können bedenkenlos konsumiert<br />
werden.<br />
Welche Tiere sind betroffen?<br />
Von der Blauzungenkrankheit sind vor allem<br />
Schafe <strong>und</strong> Rinder, seltener auch Ziegen<br />
betroffen. Auch bei amerikanischen<br />
Wildwiederkäuern wurden Fälle beschrieben.<br />
Über die Anfälligkeit europäischer<br />
Wildwiederkäuer (Rehe, Rothirsche u. a.)<br />
ist bisher kaum etwas bekannt.<br />
Welche Region ist betroffen?<br />
Nach den ersten Fällen in Belgien <strong>und</strong> den<br />
Niederlanden wurden zahlreiche positive<br />
Fälle auch in Deutschland in <strong>und</strong> um Aachen<br />
festgestellt.<br />
Bislang betroffen sind die Stadt Aachen<br />
sowie die Kreise Aachen, Düren, Euskirchen,<br />
Heinsberg <strong>und</strong> der Rhein-Erft-Kreis<br />
(Stand: 25.August 2006).<br />
Die Blauzungenkrankheit zählt zu den<br />
anzeigepflichtigen Tierseuchen <strong>und</strong> wird<br />
mit den Bestimmungen der „Verordnung<br />
zum Schutz gegen die Blauzungenkrank-<br />
heit“ vom 22. März 2002 (BGBl. I Seite<br />
1241) bekämpft.<br />
Um Betriebe mit festgestellten Ausbrüchen<br />
wird ein Beobachtungsgebiet eingerichtet<br />
(150-km-Zone), das derzeit bis<br />
in die angrenzenden B<strong>und</strong>esländer Rheinland-Pfalz,<br />
Hessen <strong>und</strong> Saarland reicht.<br />
Welche Maßnahmen hier zu beachten<br />
sind, erfragen Sie bitte bei Ihrem zuständigen<br />
Veterinäramt.<br />
Wie wird die Blauzungenkrankheit<br />
übertragen?<br />
Sie wird durch Culicoides imicola, einer<br />
1–3 mm großen Mücke aus der Familie der<br />
Gnitzen,aber auch von Stechmücken (Culicidae)<br />
<strong>und</strong> durch Zecken übertragen.<br />
Diese saugenden Insekten nehmen das<br />
im Blut eines bereits infizierten Tieres zirkulierende<br />
Virus während des Saugaktes<br />
auf <strong>und</strong> übertragen es beim nächsten Saugen<br />
auf ein anderesTier. Eine Übertragung<br />
durch Kontaktinfektion unter Tieren ebenso<br />
wie eine generelle Übertragbarkeit auch<br />
auf den Menschen ist nicht bekannt. Eine<br />
weitere Möglichkeit ist die iatrogene Übertragung<br />
mit viruskontaminierten Spritzen<br />
im Rahmen tierärztlicher Tätigkeiten.<br />
Wann tritt die<br />
Blauzungenkrankheit auf?<br />
Die Krankheit tritt überwiegend während<br />
der Sommerregenzeit auf. Diese saisonale<br />
Erscheinungsform der Erkrankung hängt<br />
eng mit der Flugzeit der Culex-Mücken<br />
zusammen. Die Seuchenhöhepunkte sind<br />
daher bei feuchtwarmem Wetter <strong>und</strong> während<br />
der Schwärmperiode. Die Mücken<br />
Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
fliegen aber noch bei Temperaturen bis etwa<br />
8 °C.<br />
Durch Winde können infizierte Mücken<br />
bis zu 200 Kilometer weit versetzt werden<br />
<strong>und</strong> anschließend am neuen Ort den Erreger<br />
weiterverbreiten.<br />
Die Culicoides-Mücken sind hauptsächlich<br />
zwischen Abend- <strong>und</strong> Morgendämmerung<br />
aktiv <strong>und</strong> befallen vor allem Tiere<br />
im offenen Gelände.<br />
Wie erkenne ich die<br />
Blauzungenkrankheit?<br />
Die Blauzungenkrankheit ist eine zyklisch<br />
verlaufende Allgemeinerkrankung mit einer<br />
Inkubationszeit zwischen1<strong>und</strong> 8Tagen<br />
bei Schafen bzw.5 bis 12 Tagen bei Rindern.<br />
Rinder galten bis zum Auftreten der<br />
Blauzungenkrankheit in Deutschland als<br />
vorwiegend symptomlose Virusträger.<br />
Die bisher in Deutschland positiv getesteten<br />
Rinder wiesen hingegen Flotzmaulläsionen<br />
(Abb.1),Kronsaumschwellungen,<br />
z.T mit unruhigem Gang, sowie Zitzennekrosen<br />
(Abb. 2) auf.<br />
Die Euterhaut verfärbt sich dunkel <strong>und</strong><br />
stirbt schließlich ab. In einigen Fällen<br />
wurde in der Milchleistungsprüfung ein<br />
Rückgang der Leistung bei ungestörtem<br />
Allgemeinbefinden festgestellt. Die Veränderungen<br />
an Flotzmaul <strong>und</strong> Kronsaum verheilen<br />
binnen weniger Tage, die Nekrosen<br />
am Euter bleiben längere Zeit sichtbar.<br />
Gemäß Literatur zeigen eher Schafe<br />
typische Symptome wie Fieber, Apathie,<br />
Schwellungen <strong>und</strong> Zyanose in Maulbereich<br />
<strong>und</strong> Zunge. Der Kronsaum an den<br />
Klauen rötet sich <strong>und</strong> wird schmerzhaft,<br />
Abb. 1 Typische Flotzmaulläsionen beim Rind Abb. 2 Hyperämie, subkutane Blutungen <strong>und</strong> Nekrosen<br />
an den Zitzen<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 235
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Lahmheiten können die Folge sein. Tragende<br />
Tiere können abortieren.<br />
Diese Anzeichen bei Schafen wurden<br />
bislang in Deutschland kaum beobachtet.<br />
Differentialdiagnostisch müssen u. a.<br />
MKS, Schafpocken, Bösartiges Katarrhalfieber,<br />
durch Pflanzenstoffe verursachte<br />
Photosensibilität <strong>und</strong> Vesikuläre Stomatitis<br />
berücksichtigt werden.<br />
Welche Schutzmaßnahmen sollten<br />
getroffen werden?<br />
Die wichtigste Maßnahme ist die Insektenbekämpfung.<br />
Hierbei sollten nicht nur<br />
Adulte bekämpft,sondern möglichst schon<br />
die Larvenentwicklung reduziert werden.<br />
Zur Insektenbekämpfung am Tier sollten<br />
Pyrethroide (z. B. Bayofly ® Pour-On)<br />
verwendet werden.Auf die Einhaltung der<br />
Wartezeiten wird dringend hingewiesen<br />
(Wartezeit von Bayofly ® Pour-On: 0 Tage<br />
auf Milch <strong>und</strong> Fleisch).<br />
Die meisten Culicoides-Arten benötigen<br />
<strong>für</strong> ihre Fortpflanzung Wasser. Die<br />
Weibchen legen ihre Eier bevorzugt in nassen,<br />
mit organischen Stoffen angereicherten<br />
Boden oder Schlamm ab, wo sich auch<br />
die Larven entwickeln (z. B. Flussniederungen,<br />
Pfützen, Silosickersaft).<br />
>>> Die Blauzungenkrankheit breitet<br />
sich in der Europäischen Union<br />
immer weiter aus. Trotz der rasch<br />
ergriffenen Schutzmaßnahmen nach<br />
den ersten Fällen im August <strong>und</strong> der<br />
kühlen Temperaturen stieg die Zahl<br />
der bestätigten Fälle auf 138. Davon<br />
entfielen 65 auf Belgien, 71 auf<br />
Deutschland, 31 auf die Niederlande<br />
<strong>und</strong> zwei auf Frankreich, wo der<br />
Erreger erstmals in der Grenzregion<br />
zu Belgien festgestellt wurde (Stand<br />
September 2006). Sämtliche bestätigten<br />
Fälle wurden bislang aus der<br />
weiteren Umgebung des Seuchenherdes<br />
im niederländischen Kerkrade<br />
gemeldet.<br />
Transport möglich<br />
Die Europäische Kommission lockerte<br />
derweil die Transportbeschränkungen in<br />
den 20-km- <strong>und</strong> 150-km-Zonen. Mit Billigung<br />
des Ständigen EU-Ausschusses <strong>für</strong><br />
die Tierges<strong>und</strong>heit erlaubte die Kommission<br />
die Verbringung von Schafen, Rindern<br />
<strong>und</strong> anderen Wiederkäuern innerhalb der<br />
20-km-Zone oder in die 150-km-Zone zur<br />
unmittelbaren Schlachtung,sofern die zuständige<br />
Behörde dazu grünes Licht gibt.<br />
Tierseuchen<br />
Empfängliche Tiere sollten möglichst<br />
von diesen Gebieten ferngehalten werden,soweit<br />
möglich sind diese Brutstätten<br />
trockenzulegen.<br />
Darüber hinaus sind die Sperrmaßnahmen<br />
strikt einzuhalten <strong>und</strong> jeglicher Verdachtsfall<br />
ist dem zuständigen Veterinäramt<br />
zu melden.<br />
Welche Sperrmaßnahmen müssen<br />
beachtet werden?<br />
Ob <strong>und</strong> in welchem Umfang in Ihrem Gebiet<br />
Sperrmaßnahmen Gültigkeit haben,<br />
erfragen Sie bitte bei Ihrem zuständigen<br />
Veterinäramt.<br />
Aktuelle Informationen erhalten Sie<br />
auch auf der Homepage des Ministeriums<br />
<strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz, Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Verbraucherschutz des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen: www.munlv.nrw.de<br />
Was ist bei laktierenden Tieren zu<br />
beachten?<br />
Die Molkereien in den betroffenen Gebieten<br />
haben ihr Rückstands-Monitoring<br />
um Insektizide erweitert <strong>und</strong> intensiviert.<br />
Wie üblich sollten unbedingt nur zugelassene<br />
Wirkstoffe eingesetzt werden<br />
Blauzungenkrankheit breitet sich in der EU aus<br />
Die Kommission gestattete ferner unter<br />
bestimmten Bedingungen dieVerbringung<br />
anfälliger Tiere aus der 150-km-Zone.<br />
So müssen die Tiere vor dem Transport<br />
tierärztlich untersucht werden <strong>und</strong> tagsüber<br />
verbracht werden. Das B<strong>und</strong>eslandwirtschaftsministerium<br />
erließ eine Eilverordnung<br />
zur Umsetzung dieser Entscheidung.<br />
Zuvor war es dem zuständigen EU-<br />
Referenzlabor gelungen, das Virus zu isolieren<br />
<strong>und</strong> als Serotyp 8 zu identifizieren.<br />
Diese Erkenntnis ist insofern erstaunlich,<br />
als dieser Serotyp zwar in Afrika, Indien,<br />
Pakistan <strong>und</strong> Südamerika vorkommt,aber<br />
nie zuvor in Europa festgestellt wurde.<br />
W<strong>und</strong>er der Natur<br />
Die Übertragung der Krankheit in der Gemeinschaft<br />
stellt die Wissenschaftler vor<br />
ein Rätsel. Die Mücke, die normalerweise<br />
den Serotyp 8 überträgt – die Culicodes<br />
imicola – ist in Europa nicht heimisch. Der<br />
stellvertretende Generaldirektor des Internationalen<br />
Tierseuchenamts, Jean-Luc<br />
Angot, äußerte die Vermutung, dass der<br />
Vektor oder das Virus mutiert habe. Bei der<br />
Erklärung des Ausbruchs der Blauzungenkrankheit<br />
müssten die Bewegungen von<br />
236 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
<strong>und</strong> deren vorgeschriebene Wartezeiten<br />
eingehalten werden.<br />
Darüber hinaus wird empfohlen, die<br />
Behandlung erst nach dem Melken vorzunehmen.<br />
Wie <strong>und</strong> wo erfolgt die<br />
Untersuchung?<br />
Bei einem Verdacht erfolgt zunächst die<br />
klinische Untersuchung durch das zuständige<br />
Veterinäramt. Falls derVerdacht durch<br />
den Amtsveterinär bestätigt wird,werden<br />
Blutproben bei allen empfänglichen Tieren<br />
des Bestandes entnommen.<br />
Das nationale Referenzlabor <strong>für</strong> die<br />
Blauzungenkrankheit ist das FLI auf der<br />
Insel Riems.Hier werden zentral alle Blutproben<br />
untersucht. Um die großen Probenmengen<br />
bearbeiten zu können, werden<br />
die Proben von je 5 Tieren gepoolt. ■<br />
Quelle: Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz,<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />
Vortrag "Blauzungenkrankheit in NRW",<br />
Referent Dr. Friedhelm Jaeger,<br />
25. August 2006.<br />
Mitteilungsblatt Bayer HealthCare<br />
Tierges<strong>und</strong>heit (Auszug).<br />
Tieren <strong>und</strong> Menschen sowie der Klimawandel<br />
berücksichtigt werden.<br />
1906 erstmals in Südafrika festgestellt,<br />
verbreitet sich die Blauzungenkrankheit<br />
bei Wiederkäuern vornehmlich in feuchtwarmer<br />
Witterung.<br />
Optimismus<br />
In der Kommission ist man dennoch zuversichtlich,<br />
die Krankheit bald in den<br />
Griff zu bekommen. Mit den sinkenden<br />
Temperaturen werde das Übertragungsrisiko<br />
deutlich abnehmen, erklärte ein<br />
Mitarbeiter des EU-Kommissars <strong>für</strong> Verbraucher-<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz,Markos<br />
Kyprianou. Eine Kälteperiode von 60 bis<br />
100 Tagen sei <strong>für</strong> das Virus tödlich.<br />
Unterdessen bestätigte die Kommission<br />
den Zuschnitt der 150-km-Zone. In<br />
Deutschland erstreckt sich diese Zone auf<br />
Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,<br />
Saarland <strong>und</strong> Hessen. Betroffen<br />
sind ferner der größte Teil der Niederlande,<br />
Gebiete in den französischen<br />
Departments Aisne, Ardennes, Marne,<br />
Meurthe et Moselle, Meuse, Moselle <strong>und</strong><br />
Nord. Belgien <strong>und</strong> Luxemburg befinden<br />
sich mit ihrem gesamten Landesrebiet in<br />
der 150-km-Zone. ■ AgE
Einleitung<br />
Will man die Legehennenhaltung der Zukunft<br />
verstehen, so ist es sinnvoll einen<br />
Blick in die Vergangenheit zu werfen. Unter<br />
den Haltungssystemen unserer Nutztiere<br />
hat sich keine andere Haltung so<br />
dramatisch <strong>und</strong> schnell entwickelt wie die<br />
Legehennenhaltung.Vor 1950 wurde praktisch<br />
der gesamte Geflügelbestand in der<br />
unbegrenzten Auslaufhaltung gehalten.<br />
Die Gruppengröße war meist auf die<br />
Größe des Bedarfs der Familien <strong>und</strong> der<br />
näheren Umgebung zugeschnitten. Das<br />
Risiko von Krankheiten begrenzte den<br />
Ausbau der Geflügelhaltung als selbständigen<br />
Teil der Nutztierhaltung. Die ersten<br />
Schritte zur Intensivierung erfolgten unter<br />
dem hygienischen Druck. Spezielle Programme<br />
zur Ausmerzung von Brucellose<br />
<strong>und</strong> Tuberkulose in Rinderbeständen erforderten<br />
eine strenge Separation von Huhn<br />
<strong>und</strong> Rind. Somit wurde der Auslauf der<br />
Hühner auf einen Bereich um den Stall<br />
begrenzt. Mit der Einschränkung des Bewegungsspielraumes<br />
verstärkte sich der<br />
Infektionsdruck von Darmparasiten, der<br />
durch die Aufnahme von Wurmeiern <strong>und</strong><br />
Kokizidien über den Boden bzw. den Kot<br />
der Tiere bedingt war. Die so genannte<br />
Auslaufmüdigkeit der Hühner war durch<br />
diese Krankheiten bedingt. Hinzu kam,<br />
dass die Tiere im Auslauf zur leichten<br />
Beute von Greifvögeln wurden. Ein Teil<br />
der Probleme konnte durch das Schließen<br />
der Ausläufe <strong>und</strong> die ganzjährige Stallhaltung<br />
gelöst werden. Es blieben jedoch die<br />
Probleme der Kokzidien. Des Weiteren<br />
traten nun neue Probleme in Form von<br />
Ammoniak, Staub, Federpicken <strong>und</strong> Kannibalismus<br />
auf,die durch die hohe Konzentration<br />
der Tiere im Stall bedingt waren.<br />
Mit der Einführung der Käfighaltung, die<br />
sich ab Ende der 60er- bis Anfang der 70er-<br />
Jahre sehr schnell in ganz Europa ausbreitete,<br />
wurden die Probleme der Endoparasiten<br />
sowie von Kannibalismus auf ein<br />
akzeptables Maß reduziert. Nicht lösbar<br />
war allerdings der Widerstand des Tierschutzes<br />
gegen die Einschränkung der<br />
Bewegungsfreiheit <strong>und</strong> die strukturarme<br />
Umgebung der Tiere.Auf Druck des Tierschutzes<br />
wurden schon am Ende der 70er<strong>und</strong><br />
Beginn der 80er- Jahre alternative Haltungssysteme<br />
zur Käfighaltung entwickelt.<br />
Hierzu gehörten die Get-away-Käfige sowie<br />
die Volierenhaltung.Während mit der<br />
Volierenhaltung die altbekannten Pro-<br />
Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Legehennenhaltungssysteme der Zukunft<br />
– wo liegen ihre Stärken <strong>und</strong> Schwächen?<br />
Werner BESSEI (Hohenheim)<br />
bleme aus der Bodenhaltung wieder Einzug<br />
hielten, hoffte man sich von der Haltung<br />
der Tiere in Get-away-Käfigen die<br />
hygienischen Vorteile der Käfighaltung zu<br />
erhalten. In diesem Haltungssystem wurden<br />
30 bis 60 Tiere in Käfigen mit Sandbademöglichkeit,<br />
Nestern sowie Sitzstangen<br />
in verschiedenen Ebenen gehalten.<br />
Allerdings zeigte es sich bald, dass mit der<br />
damaligen Technik die Probleme von verschmutzten<br />
Hennen <strong>und</strong> verschmutzten<br />
Eiern nicht zu lösen waren. Die Idee, die<br />
hygienischen Bedingungen mit denen<br />
vom Tierschutz geforderten Strukturelementen<br />
zu verbinden,war damit zunächst<br />
gescheitert. Zwar wurden immer wieder<br />
Ansätze in diese Richtung gesucht (z. B.<br />
der Edinburgh-Modified-Cage), diese Entwicklung<br />
wurde aber nicht als Erfolg versprechend<br />
angesehen. Erst als mit der<br />
EU-Legehennenrichtlinie 1999 die konventionellen<br />
Käfige verboten wurden,begannen<br />
Industrie <strong>und</strong> Wissenschaft sich<br />
intensiv mit der Weiterentwicklung der<br />
ausgestalteten Käfige oder Kleingruppen<br />
zu befassen. Innerhalb von wenigen Jahren<br />
wurden dann praxisreife Systeme entwickelt.<br />
Entwicklung der ausgestalteten<br />
Käfige oder Kleingruppen<br />
Die ersten Prototypen eines ausgestalteten<br />
oder furnished-cage wurden von<br />
Appelby et al. (1993) vorgestellt. Hier<br />
wurden konventionelle Kleinkäfige mit 4<br />
bis 5 Tieren mit Nestern <strong>und</strong> Sandbädern<br />
ausgestattet. Des Weiteren wurde eine<br />
Sitzstange eingezogen. Bei diesen Prototypen<br />
zeigten sich verschiedene Probleme.<br />
Zum einen nutzten die Tiere das<br />
Sandbad zur Eiablage. Da die Scharr- <strong>und</strong><br />
Sandbadebereiche nicht mit dem Abrollboden<br />
verb<strong>und</strong>en waren, blieben die Eier<br />
dort liegen. Es wurden deshalb häufig<br />
Knick-, Bruch- <strong>und</strong> Schmutzeier gef<strong>und</strong>en.<br />
Teilweise wurden die Eier auch von<br />
den Hennen gefressen.Erst die Integration<br />
des Scharrbereiches in den Eierabrollbereich<br />
konnte dieses Problem beheben.<br />
Allerdings ist somit eine Tiefstreu nicht<br />
möglich. Der Nestbereich, der im Gegensatz<br />
zum Scharrbereich abgedunkelt ist,<br />
wurde von den Hennen gut angenommen.<br />
Wenn die Hennen hier auch übernachteten,<br />
wurden die Nestmatten verschmutzt.<br />
Dies führte zu einer Verschmutzung der<br />
Eier. Bei späteren Prototypen wurde des-<br />
halb versucht,das Problem durch die Kontrolle<br />
des Zugangs zum Nest <strong>und</strong> Sandbad<br />
so zu regeln, dass die Sandbäder nachmittags,<br />
die Nester aber nur vormittags<br />
geöffnet waren. Diese Konstruktion hat<br />
sich jedoch als extrem aufwändig erwiesen.<br />
Sie wird deshalb in der derzeitigen<br />
Kleingruppenhaltung nicht weiter verfolgt.<br />
Durch das Anbringen der Scharrmatten<br />
auf dem Abrollboden sowie der Verbesserung<br />
der Nesteinlagen konnten die anfänglichen<br />
Probleme von Schmutzeiern<br />
sehr stark reduziert werden. Auch in der<br />
Anordnung der Sitzstangen wurden erhebliche<br />
Fortschritte erzielt. Bei nicht<br />
angemessener Konstruktion <strong>und</strong> Positionierung<br />
der Sitzstangen entstanden teilweise<br />
Bereiche auf dem Bodengitter, die<br />
von den Hennen nicht begangen werden<br />
konnten. Die Folge dabei war die Anhäufung<br />
von Kot <strong>und</strong> eine entsprechende<br />
Verschmutzung der Eier, die in diesen<br />
Bereich gelangten. Allgemein hat sich<br />
gezeigt, dass die Anordnung der Strukturelemente<br />
besser gelöst werden konnte,<br />
wenn größere Käfige zur Verfügung standen.<br />
Von der ursprünglichen Idee, eine<br />
möglichst kleine Gruppe von 4 bis 5 Hennen<br />
pro Käfig analog zu der konventionellen<br />
Käfighaltung zu installieren,wurde<br />
abgegangen <strong>und</strong> die Gruppengröße suk-<br />
Tab. 1 Haltungssysteme nach Niekerk (2006)<br />
Käfigsysteme<br />
• Konventionelle Käfige (nicht ausgestaltet)<br />
• Ausgestaltete Käfige (enriched (furnished)<br />
cages)<br />
– Kleine Gruppen (8–10 Tiere) (Kleingruppenhaltung)<br />
– Große Gruppen (10 – 60 Tiere) (Kleinvoliere?)<br />
Nicht-Käfigsysteme<br />
• Bodenhaltung einetagig (single-tiered alternative<br />
system)<br />
• Bodenhaltung mehretagig (multi-tiered alternative<br />
systems)<br />
– Mit integrierten Nestern<br />
– Nester nicht integriert<br />
– Portalsystem<br />
• Auslaufhaltung (Outdoor/free range alternative<br />
systems)<br />
– Wintergarten / Covered verandas<br />
– Grünauslauf (Free range)<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 237
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
zessiv auf 10 bis 60 Tiere erhöht. In einem<br />
weiteren Schritt wurden Sitzstangen in<br />
unterschiedlicher Höhe angebracht.In der<br />
gesamten Entwicklung näherten sich somit<br />
die ausgestalteten Käfige mehr <strong>und</strong><br />
mehr der Boden- bzw. derVolierenhaltung<br />
an.Der Begriff "Kleinvoliere",der im Zuge<br />
der Weiterentwicklung entstand, ist somit<br />
angemessen. Deshalb wurden auch Überlegungen<br />
angestellt, ob man die Eier aus<br />
diesen Systemen nicht als Eier aus Bodenhaltung<br />
vermarkten könne, wenn die Bedingungen<br />
der Bodenhaltung,nämlich 1/3<br />
der Gr<strong>und</strong>fläche als eingestreute Fläche,<br />
erfüllt wäre. Unterschiede bezüglich der<br />
konventionellen Bodenhaltung bestanden<br />
lediglich noch in der Höhe der Kleinvolieren,<br />
bzw. Kleingruppen. Diese ist<br />
jedoch in der EU-Richtlinie nicht geregelt.<br />
Es stellt sich somit die Frage, wie ein<br />
Unterschied zwischen den beiden Haltungssystemen<br />
definiert werden sollte. In<br />
diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen,<br />
die Begehbarkeit durch die Betreuer<br />
als ein Kriterium <strong>für</strong> die Differenzierung<br />
zwischen Boden- <strong>und</strong> Kleingruppenhaltung<br />
heran zu ziehen (Niekerk, 2006).<br />
Dieser Vorschlag wurde ebenso wie die<br />
Intention, Eier aus der Kleingruppenhaltung<br />
als Bodenhaltungseier zu verkaufen,<br />
nicht allgemein akzeptiert.<br />
Die ausgestalteten Käfige im<br />
internationalen Vergleich<br />
Schweden war das erste Land, das die<br />
ausgestalteten Käfige in größerem Umfang<br />
in praktischen Legehennenbetrieben<br />
eingesetzt hat.Dies ist auf die spezielle Situation<br />
der Legehennenhaltung in Schweden<br />
zurückzuführen.Schon zu Beginn der<br />
80er-Jahre wurden die konventionellen<br />
Käfige verboten. Des Weiteren war in<br />
Schweden das Schnabelkupieren als präventive<br />
Maßnahme gegen Federpicken <strong>und</strong><br />
Kannibalismus verboten. Darüber hinaus<br />
musste das Futter zur Reduktion des Risikos<br />
von Salmonellen pelletiert werden.<br />
Unter diesen Bedingungen waren die Resultate<br />
mit derVolierenhaltung, die eigentlich<br />
als Ersatz <strong>für</strong> die Käfighaltung eingeführt<br />
werden sollte, negativ. Zu großen<br />
Schäden durch Kannibalismus <strong>und</strong> schlechtes<br />
Gefieder in derVolierenhaltung kamen<br />
die Probleme mit Staub <strong>und</strong> Ammoniak.<br />
Unter diesen Bedingungen wurde die<br />
Kleingruppenhaltung als das Mittel der<br />
Wahl angesehen. Auch in Deutschland<br />
wurden ab dem Jahr 2000 in einigen größeren<br />
Betrieben ausgestaltete Käfige eingerichtet,<br />
die der Richtlinie der EU entsprechen.<br />
Nach der neusten Version der<br />
deutschen Tierschutz-Nutztierverordnung<br />
wurden die Mindestmasse <strong>für</strong> die ausgestalteten<br />
Käfige oder "Kleinvolieren" gegenüber<br />
den EU-Richtlinien verschärft.Für<br />
Legehennen unter 2 kg Gewicht muss eine<br />
Legehennenhaltung<br />
Fläche von mindestens 800 cm 2 zur Verfügung<br />
stehen (EU-Verordnung 750 cm 2 ).<br />
Bei Legehennen über 2 kg beträgt die<br />
Mindestfläche pro Tier 900 cm 2 . Die lichte<br />
Höhe der Einrichtung muss an der Seite<br />
des Futtertroges mindestens 60 cm betragen<br />
<strong>und</strong> darf an keiner Stelle niedriger als<br />
50 cm sein. Nach der EU-Verordnung ist<br />
die lichte Höhe der Einrichtung auf 45 cm<br />
ausgelegt. Hiervon kann aber über einer<br />
Fläche von 150 cm 2 die Höhe auf 20 cm<br />
reduziert werden. Während in der EU-<br />
Verordnung keine Mindestzahlen <strong>für</strong> den<br />
Einstreubereich festgelegt wurden, wird<br />
in der deutschen Verordnung <strong>für</strong> jedes Abteil<br />
eine Fläche von mindestens 900 cm 2<br />
<strong>für</strong> das Nest <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Einstreufläche<br />
gefordert.Diese Fläche reicht <strong>für</strong> je 10 Hennen<br />
aus. Bei über 30 Hennen pro Käfig<br />
sind <strong>für</strong> jede weitere Legehenne Einstreu<strong>und</strong><br />
Nestbereich um jeweils 90 cm 2 zu vergrößern.<br />
In Frankreich <strong>und</strong> den Mittelmeerländern<br />
hofften die Produzenten, die Einführung<br />
von ausgestalteten Käfigen als Ersatz<br />
<strong>für</strong> die konventionellen Käfige entweder<br />
238 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
Tab. 2 Futterverwertung <strong>und</strong> Eimasse in verschiedenen Haltungssystemen<br />
(Laywel, 2006)<br />
Tab. 3 Anteil an Eiern der Klasse A <strong>und</strong> aussortierte Eier<br />
(nach Laywel, 2006)<br />
hinauszögern oder verhindern zu können.<br />
Deshalb wurden hier nur wenige Untersuchungen<br />
mit diesen Systemen durchgeführt.In<br />
den Niederlanden <strong>und</strong> England<br />
setzte man zunächst hauptsächlich auf die<br />
Bodenhaltung als Alternative zur Käfighaltung.Erst<br />
in den letzten Jahren wurden<br />
in fast allen wichtigen Eier produzierenden<br />
Ländern der EU ausgestaltete Käfige<br />
eingerichtet. Somit existieren in der EU<br />
zurzeit die in Tabelle 1 aufgeführten Systeme.<br />
Abb. 1 Legeleistung <strong>und</strong> Eigewicht in verschiedenen<br />
Haltungssystemen (nach Laywel,<br />
2006)
Abb. 2 Nestnutzung in Kleingruppenhaltung <strong>und</strong><br />
alternativen Systemen in Abhängigkeit von der<br />
Öffnungszeit (nach Laywel, 2006)<br />
Die frühereTrennung zwischen Boden<strong>und</strong><br />
Volierenhaltung wurde nach der<br />
Revision der Eiervermarktungsordnung<br />
aufgehoben. Die frühere Volierenhaltung<br />
wird nun als mehretagige Bodenhaltung<br />
bezeichnet. Eine Besonderheit, die sich<br />
auf diesem Gebiet abzeichnet ist die Entwicklung<br />
des Portalsystems.In diesem befindet<br />
sich ein begehbarer Scharrraum.<br />
Vergleich der Haltungsysteme<br />
In Anbetracht der widersprüchlichen Auffassungen<br />
von der relativen Vorzüglichkeit<br />
der verschiedenen Haltungssysteme<br />
in Europa wurde von der EU eine Studie<br />
veranlasst, die einen umfassenden Vergleich<br />
zum Ziel hatte. Das Projekt Laywel<br />
wurde von 10 wissenschaftlichen Instituten<br />
aus 7 europäischen Ländern durchgeführt.Es<br />
wurden Daten aus den Bereichen<br />
Produktivität, Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong><br />
Verhalten gesammelt <strong>und</strong> zusammengeführt.<br />
Im Folgenden sind auszugsweise<br />
Daten aus dem Bericht wiedergegeben:<br />
In einer ersten Untersuchung wurde<br />
die Leistung von Legehennen in konventionellen<br />
Käfigen mit ausgestalteten Käfigen<br />
<strong>und</strong> Nicht-Käfig-Systemen (Boden<strong>und</strong><br />
Auslaufhaltung) verglichen. Die Daten<br />
stammen aus insgesamt 230 verschiedenen<br />
Herden, wobei bestimmte Herden wiederum<br />
in Untergruppen aufgeteilt waren.<br />
Daten aus den Niederlanden, Dänemark,<br />
Frankreich,Schweden,England,Deutschland<br />
<strong>und</strong> Spanien wurden als Basis herangezogen.<br />
Sie stammten sowohl aus Versuchs-<br />
als auch aus Praxisbetrieben. Die<br />
nachfolgend dargestellten Werte stellen<br />
die Mittelwerte über alle eingegebenen<br />
Datensätze dar. Somit sind hierin die verschiedenen<br />
Länder, Herkünfte <strong>und</strong> Fütterungsbedingungen<br />
enthalten.Wie ausAbbildung<br />
1 hervorgeht, unterscheiden sich<br />
die verschiedenen Systeme im Eigewicht<br />
nur wenig. In der Legeleistung ist die Tendenz<br />
zu erkennen, wonach konventionelle<br />
<strong>und</strong> ausgestaltete Käfige höhere Werte<br />
aufweisen. Ähnliche Unterschiede zwischen<br />
den Haltungssystemen wurden auch in<br />
Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Bezug auf die Eimasse gef<strong>und</strong>en (Tabelle<br />
2). Die Differenz zwischen den Betrieben<br />
betrug jeweils ca. 1 kg Eimasse. Bei der<br />
Futterverwertung hoben sich die Nicht-<br />
Käfig-Systeme deutlich gegen die konventionelle<br />
<strong>und</strong> ausgestaltete Käfighaltung<br />
ab. Mit einem Mittelwert von 2,48 lagen<br />
sie deutlich über den Werten der Käfig-<br />
Abb. 3 Eiablage im Nest in Abhängigkeit vom Nestboden<br />
(nach Laywel, 2006)<br />
systeme mit 2,14.Auch in Bezug auf den<br />
Anteil der Eier der Klasse A waren die<br />
konventionellen Käfige mit 93,3% besser<br />
als die ausgestalteten Käfige mit 92,3 %,<br />
<strong>und</strong> diese wiederum lagen höher als die<br />
Nicht-Käfig-Systeme (Tabelle 3).Die Daten<br />
stimmen im Allgemeinen mit experimentellen<br />
Vergleichen zwischen den Haltungs-<br />
Tab. 4 Legeleistung (Hennentage HT; eingestallte Henne EH) <strong>und</strong> Eigewicht bei verschiedenen<br />
Typen von Käfig- <strong>und</strong> Bodenhaltungssystemen (nach Laywel, 2006)<br />
Tab. 5 A-Eier <strong>und</strong> aussortierte Ware (nach Laywel, 2006)<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 239
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
systemen überein, die vorher in verschiedenen<br />
Ländern durchgeführt worden waren.<br />
So fanden Tauson <strong>und</strong> Holm (2001)<br />
in Schweden eine höhere Legeleistung<br />
<strong>und</strong> bessere Futterverwertung in ausgestalteten<br />
Käfigen gegenüber Nicht-Käfig-<br />
Systemen. In den Untersuchungen von<br />
Leyendecker et al. (2002) in Deutschland<br />
erbrachten Legehennen in ausgestalteten<br />
Käfigen sogar höhere Werte als die in<br />
konventionellen Käfigen sowie in Volieren.Auch<br />
die Futterverwertung war in den<br />
ausgestalteten <strong>und</strong> konventionellen Käfigen<br />
deutlich besser als in Volierensystemen.In<br />
Belgien fand Zoons (2004) höhere<br />
Eizahlen in ausgestalteten Käfigen gegenüber<br />
konventionellen Käfigen <strong>und</strong> Volierenhaltung.<br />
Insgesamt kann also gesagt werden,<br />
dass es eine deutliche Abstufung in der<br />
Legeleistung zwischen Käfig- <strong>und</strong> Nicht-<br />
Käfig-Systemen gibt, wobei die Käfig-<br />
Systeme deutlich höher liegen als die<br />
Nicht-Käfig-Systeme. Innerhalb der Käfig-<br />
Systeme sind keine klaren Tendenzen vorhanden.<br />
In Bezug auf die Futterverwertung<br />
sind deutlicheAbstufungen zwischen<br />
Käfig- <strong>und</strong> Nicht-Käfig-Systemen vorhanden.Dies<br />
ist darauf zurück zu führen,dass<br />
in den Nicht-Käfig-Systemen die durchschnittliche<br />
Stalltemperatur niedriger <strong>und</strong><br />
die Befiederung schlechter war als in den<br />
Käfig-Systemen. Hiermit sind die Energieverluste<br />
über die nicht befiederten Körperteile<br />
höher. Dies wird durch eine höhere<br />
Energie- <strong>und</strong> Futteraufnahme kompensiert.<br />
Die höheren Anteile von Schmutzeiern<br />
in den ausgestalteten Käfigen <strong>und</strong><br />
Nicht-Käfig-Systemen (Tabelle 3) ist auf<br />
das Vorhandensein von Nestern zurückzuführen.Eine<br />
klare Differenzierung zwischen<br />
Nicht-Käfig-Systemen <strong>und</strong> ausgestalteten<br />
Käfigen ist allerdings schwierig,<br />
da dieses Merkmal eher von der Art des<br />
Nestes als von dem Haltungssystem abhängig<br />
ist.<br />
Interessant sind auch die Auswertungen<br />
der Leistungsergebnisse innerhalb der<br />
verschiedenen Käfigsysteme (konventionell,ausgestaltete<br />
Käfige klein,mittel <strong>und</strong><br />
groß, sowie einetagige <strong>und</strong> mehretagige<br />
Bodenhaltungen) (Tabelle 4). Auch hier<br />
zeigt sich, dass die größten Unterschiede<br />
in der Legeleistung, sowohl auf der Basis<br />
Hennentage als auch in der Legeleistung<br />
pro Anfangshenne, zwischen den Käfig<strong>und</strong><br />
Nicht-Käfig-Systemen bestehen. Innerhalb<br />
der Käfig-Systeme ist die Variation<br />
sehr gering. Größere Differenzen<br />
existieren zwischen der einetagigen <strong>und</strong><br />
mehretagigen Bodenhaltung.Hier beträgt<br />
die Differenz ca. 4 Prozentpunkte. Bei Erhebungen<br />
in England (MFU, 2003) wurden<br />
konventionelle Käfige <strong>und</strong> eine einetagige<br />
Bodenhaltung verglichen. Diese Art der<br />
Bodenhaltung ist in England am meisten<br />
Legehennenhaltung<br />
verbreitet.Hier war die Legeleistung ebenfalls<br />
etwas geringer.Im Eigewicht lagen die<br />
konventionellen Käfige <strong>und</strong> die kleinen<br />
ausgestalteten Käfige in der Tendenz höher<br />
als alle anderen Systeme. Der Anteil<br />
der Knickeier war in konventionellen Käfigen<br />
<strong>und</strong> in den mehretagigen Bodenhaltungssystemen<br />
höher als in allen anderen<br />
Systemen. Offensichtlich sind die Eitransportsysteme<br />
verantwortlich <strong>für</strong> die Differenz<br />
in diesem Merkmal.Allerdings zeigt<br />
sich in dem Anteil der aussortieren Ware,<br />
240 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
dass hier die großen ausgestalteten Käfige<br />
sowie die Nicht-Käfig-Systeme fast den<br />
doppelten Anteil aufwiesen wie die konventionellen<br />
Käfige <strong>und</strong> die mittleren <strong>und</strong><br />
kleinen ausgestalteten Käfige (Tabelle 5).<br />
Groß angelegte Systemvergleiche <strong>für</strong> diese<br />
Merkmale existieren bisher nicht. Über<br />
die Ursachen der Unterschiede müssen<br />
weitere Untersuchungen angestellt werden.<br />
Die Nutzung der Nester ist in der<br />
Kleingruppenhaltung oder im ausgestalteten<br />
Käfig ebenso hoch wie in den Bo-<br />
Abb.4 Abwägung des Tierschutzrisikos in verschiedenen Haltungssystemen I+II<br />
a+b (nach Nichol, 2006)<br />
Rot = hohes Risiko <strong>für</strong> das Wohlbefinden der Tiere; Gelb = variables Risiko<br />
<strong>für</strong> das Wohlbefinden der Tiere; Grün = geringes Risiko <strong>für</strong> das<br />
Wohlbefinden der Tiere; Weiß = Risiko <strong>für</strong> das Wohlbefinden der Tiere<br />
unbekannt, da nur unzureichende Informationen vorliegen.
denhaltungssystemen (Abb. 2). Werden<br />
die Nester nur <strong>für</strong> einen bestimmten Teil<br />
der Tageszeit zur Verfügung gestellt,ist die<br />
relative Nutzung höher als bei 24-stündigem<br />
Zugang.Allerdings scheint die Art<br />
des Nestbodens die Nutzung zu beeinflussen.<br />
Systeme, die mit Astroturf ausgestattet<br />
waren, hatten allgemein eine höhere<br />
Nestnutzung als solche mit anderen Bodenarten<br />
(Abb. 3).<br />
Insgesamt kann gesagt werden, dass in<br />
Bezug auf die Leistung <strong>und</strong> den Anteil der<br />
nicht verwertbaren Eier Unterschiede<br />
zwischen den Käfig- <strong>und</strong> Nicht-Käfig-<br />
Systemen bestehen. Dabei schneiden die<br />
Käfig-Systeme insgesamt besser ab als die<br />
Nicht-Käfig-Systeme. Bei der Nutzung<br />
der Nester existieren keine Unterschiede<br />
zwischen den Bodenhaltungssystemen<br />
<strong>und</strong> den ausgestalteten Käfigen.<br />
Bewertung der Systeme in Hinsicht<br />
auf Tierschutz<br />
In Bezug auf Tierschutz ist die Leistung als<br />
isoliertes Merkmal betrachtet kein zuverlässiger<br />
Indikator <strong>für</strong> Wohlbefinden oder<br />
Leiden. Bei hoher Legeleistung kann man<br />
zwar davon ausgehen, dass die meisten<br />
physiologischen Abläufe bei der Legehenne<br />
weitgehend ungestört sind, eine Minderleistung<br />
weist allerdings nicht unbedingt<br />
auf gemindertes oder gestörtes Wohlbefinden<br />
der Tiere hin. Um eine Gesamtübersicht<br />
über die Tierschutzsituation der<br />
Legehenne zu erhalten,müssen neben der<br />
Leistung auch die Ges<strong>und</strong>heit, das Verhalten,<br />
die Physiologie sowie verschiedene<br />
Umweltfaktoren herangezogen werden.<br />
In dem Bericht des EU-Programms wurde<br />
versucht,die Situation in Übersichten darzustellen<br />
(Abb. 4 a–c). In der Mortalität<br />
zeigt sich eine deutliche Überlegenheit<br />
der Käfighaltungssysteme gegenüber den<br />
Nicht-Käfig-Systemen. Dies ist auf die<br />
Belastung der Tiere mit Endo- <strong>und</strong> Ektoparasiten<br />
in den Nicht-Käfig-Haltungen in<br />
Verbindung zu bringen. Des Weiteren ist<br />
in den großen ausgestalteten Käfigen<br />
sowie in den Nicht-Käfig-Systemen mit<br />
höherer Mortalität durch Kannibalismus<br />
zu rechnen. Entsprechend des Krankheitsdruckes<br />
in den Nicht-Käfig-Systemen<br />
ist auch der Medikamenteneinsatz in<br />
diesen Systemen höher. Mortalität durch<br />
Beutegreifer ist fast ausschließlich in der<br />
Auslaufhaltung ein Problem. Osteoporose<br />
tritt überwiegend in konventionellen Käfigen<br />
auf. Sie ist u. a. mit Bewegungsmangel<br />
in Verbindung zu bringen. Allerdings<br />
hat sich gezeigt, dass dies nicht in nennenswerten<br />
Maßen zu Knochenbrüchen führt.<br />
Die Anzahl der Knochenbrüche während<br />
der Legeperiode sind in den Nicht-Käfig-<br />
Systemen relativ hoch.Dies ist auf Unfälle<br />
beim Anfliegen der Nester <strong>und</strong> Sitzstangen<br />
zurückzuführen. In den Käfigsystemen<br />
Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Abb. 4c Abwägung des Tierschutzrisikos in verschiedenen Haltungssystemen III<br />
(nach Nichol, 2006)<br />
dagegen sind höhere Knochenbruchfälle<br />
beim Ausstallen zu verzeichnen. Fußballengeschwüre<br />
treten vor allem bei Systemen<br />
mit Sitzstangen auf. In der konventionellen<br />
Käfighaltung sind sie nicht als<br />
Problem zu vermerken. In Bezug auf die<br />
Leistungsmerkmale sowie Futteraufnahme<br />
sind keine nennenswerten Unterschiede<br />
zwischen den Systemen in Bezug auf<br />
Tierschutz vorhanden. Defizite im Verhalten<br />
treten vor allem in der konventionellen<br />
Käfighaltung auf. Durch das<br />
Fehlen von Scharrmöglichkeiten,Nestern<br />
sowie Sitzstangen werden hier Probleme<br />
im Bereich des Ruhe- <strong>und</strong> Komfortverhaltens<br />
gesehen. Das Sozialverhalten im<br />
konventionellen Käfig wird in der EU-<br />
Studie als ungenügend angesehen, da die<br />
Tiere nur mit wenigen Sozialpartnern<br />
Kontakt aufnehmen können. Allerdings<br />
muss beachtet werden, dass in den alternativen<br />
Haltungssystemen auch der<br />
Spiegel der Aggressivität im Allgemeinen<br />
ansteigt <strong>und</strong> die sozial unterlegenen Hennen<br />
stärkeren Verfolgungen ausgesetzt<br />
sind als in den Käfig-Systemen. Dies wird<br />
in der Studie nicht ausreichend berücksichtigt.Es<br />
wurde festgestellt,dass Hennen<br />
in konventionellen Käfigen eine höhere<br />
Furchtsamkeit <strong>und</strong> höhere Neigung zur<br />
Flucht aufweisen als in anderen Haltungssystemen.<br />
Interessant ist im Vergleich der<br />
Haltungssysteme,dass Federverluste über<br />
alle Systeme in ähnlicher Form auftreten.<br />
Verschmutztes Gefieder wurde in höherem<br />
Maße in Nicht-Käfig-Systemen gef<strong>und</strong>en.Fußballengeschwüre<br />
treten in der<br />
Regel im Zusammenhang mit Sitzstangen<br />
auf. Das heißt, sie sind in erster Linie in<br />
Nicht-Käfig-Systemen <strong>und</strong> in ausgestalteten<br />
Käfigen vorhanden. Es wird allgemein<br />
anerkannt, dass die Belastung mit Staub<br />
<strong>und</strong> Ammoniak in der konventionellen<br />
Käfighaltung am geringsten ist. Bei ausgestalteten<br />
Käfigen führt das Vorhandensein<br />
von Einstreu zu einem Anstieg des Staubgehaltes<br />
in der Luft. Besonders belastet<br />
sind in dieser Beziehung die Bodenhaltungssysteme.<br />
Schlussfolgerung<br />
Die Kleingruppenhaltung hat sich nach<br />
bisherigen Ergebnissen als tragbarer Kompromiss<br />
zwischen der herkömmlichen<br />
Käfighaltung <strong>und</strong> der Bodenhaltung erwiesen.<br />
Zieht man zur Beurteilung der<br />
Tierschutzsituation alle relevanten Aspekte<br />
heran, so ist sie meines Erachtens der<br />
Bodenhaltung überlegen. Die kleine Gruppe<br />
ist in Bezug auf Sozialverhalten <strong>und</strong><br />
Kannibalismus den Haltungen in großen<br />
Gruppen eindeutig zu bevorzugen.Lediglich<br />
in der Bewegungsfreiheit <strong>und</strong> Strukturen<br />
sind hier Kompromisse gefordert. In<br />
Bezug auf Tierges<strong>und</strong>heit, Leistung ist die<br />
Kleingruppenhaltung der Bodenhaltung<br />
überlegen.<br />
Literatur<br />
Literatur beim Verfasser<br />
Prof. Dr. Werner Bessei,<br />
Universität Hohenheim, Institut <strong>für</strong><br />
Tierhaltung <strong>und</strong> Tierzüchtung,<br />
Fachgebiet Nutztierethologie <strong>und</strong><br />
Kleintierzucht 470 c,<br />
Garbenstraße 17, 70599 Stuttgart<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 241
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Legehennenhaltung<br />
Deutschland:<br />
Die Hennenhaltungsverordnung im Überblick<br />
In der EU-Richtlinie vom 19. Juli 1999<br />
wurden die folgenden Punkte,die auch <strong>für</strong><br />
de neuen Mitgliedstaaten gelten,hinsichtlich<br />
der künftigen Haltungsformen <strong>für</strong> Legehennen<br />
festgeschrieben:<br />
■ Ab 1. Januar 2003 wurde die Mindest-<br />
Käfigfläche pro Henne von 450 cm 2 auf<br />
550 cm 2 heraufgesetzt.Zudem mussten<br />
Krallenabriebflächen in den Käfigen<br />
angebracht werden.<br />
■ Seit 1. Januar 2003 dürfen keine herkömmlichen<br />
Käfige neu errichtet werden.Bei<br />
Neuanlagen sind nur noch ausgestaltete<br />
Käfige erlaubt.Diese müssen<br />
über Nester, Sitzstangen <strong>und</strong> Scharrmöglichkeiten<br />
verfügen <strong>und</strong> pro Tier eine<br />
Fläche von 750 cm 2 bieten.<br />
■ Die Richtlinie war hinsichtlich der Käfig-Regelungen<br />
bis zum 1. Januar 2002<br />
von den Mitgliedstaaten umzusetzen.<br />
Diese sind berechtigt, weiter gehende<br />
Anforderungen zum Schutz der Legehennen<br />
festzulegen.<br />
■ Ab 1. Januar 2012 sind die herkömmlichen<br />
Käfige nicht mehr zugelassen.<br />
■ Für alternative Haltungssysteme wurde<br />
eine Reihe von Detailregelungen<br />
aufgenommen. Die Umsetzung durch<br />
die Mitgliedstaaten war bei Neu-/Umbauten<br />
bis zum 1. Januar 2002 <strong>und</strong> ist<br />
bei bereits bestehenden Anlagen bis<br />
zum 1. Januar 2007 vorzunehmen.<br />
Deutschland hatte von der Option hinsichtlich<br />
strengerer nationaler Regelun-<br />
Kleingruppenhaltung<br />
>>> In der Bekanntmachung der<br />
Neufassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung<br />
vom 22. August<br />
2006 (BGBl. I Seite 2043) sind in §13 b<br />
besondere Anforderungen an die<br />
Kleingruppenhaltung enthalten:<br />
Für jede Legehenne muss jederzeit eine<br />
uneingeschränkt nutzbare Fläche von<br />
gen mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung<br />
vom 28. Februar 2002 Gebrauch<br />
gemacht.<br />
Entscheidend war dabei das Verbot der<br />
herkömmlichen Käfighaltung bereits ab<br />
1. Januar 2007. Zudem wurde die Neueinrichtung<br />
"ausgestalteter" Käfige nicht<br />
erlaubt <strong>und</strong> deren Gebrauch ab 1. Januar<br />
2012 untersagt. Bemühungen der Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esrats, diese <strong>für</strong> die<br />
deutschen Produzenten Existenz bedrohenden<br />
Wettbewerbsnachteile abzumildern,<br />
blieben lange erfolglos.<br />
Die vom B<strong>und</strong>esrat am 7. April 2006<br />
verabschiedete "Zweite Verordnung zur<br />
Änderung der Tierschutz-Nutztierhal-<br />
mindestens 800 Quadratzentimetern zur<br />
Verfügung stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht<br />
der Legehennen in der<br />
Haltungseinrichtung mehr als zwei Kilogramm,<br />
muss abweichend von Satz 1 eine<br />
nutzbare Fläche von mindestens 900<br />
Quadratzentimetern zur Verfügung stehen.Für<br />
die Berechnung der Fläche ist diese<br />
in der Waagerechten zu messen.<br />
Die lichte Höhe einer Haltungseinrichtung<br />
muss<br />
1. an der Seite der Haltungseinrichtung,an<br />
der der Futtertrog angebracht ist, mindestens<br />
60 Zentimeter betragen <strong>und</strong><br />
2. darf im Übrigen an keiner Stelle über<br />
der Fläche nach Absatz 2 niedriger als<br />
50 Zentimeter sein.<br />
Für jeweils bis zu zehn Legehennen<br />
muss jederzeit ein Einstreubereich von<br />
mindestens 900 Quadratzentimetern<br />
242 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
tungsverordnung" hat nun den Weg freigemacht<br />
<strong>für</strong> das System der "Kleinvoliere".<br />
In mehreren Punkten gehen die an<br />
dieses System gestellten Anforderungen<br />
jedoch klar über den künftigen EU-Standard<br />
"Ausgestalteter Käfig" hinaus.<br />
Wesentlichste Abweichungen sind die<br />
pro Henne geforderten 800 cm 2 Nutzfläche<br />
(schwere Tiere 900 cm 2 ) – ggf. plus<br />
Nestfläche – gegenüber 750 cm 2 auf EU-<br />
Ebene <strong>und</strong> die Käfighöhe von 60 cm. Unter<br />
bestimmten Voraussetzungen sind<br />
jetzt Restlaufzeiten <strong>für</strong> herkömmliche<br />
Käfige bis zum 31. Dezember 2008 bzw.<br />
31. Dezember 2009 möglich.<br />
■ ZMP/Werner Böttcher<br />
Fläche <strong>und</strong> ein Gruppennest von mindestens<br />
900 Quadratzentimeter zugänglich<br />
sein. Das Gruppennest muss weniger ausgeleuchtet<br />
sein als die übrige Fläche.<br />
Übersteigt die Gruppengröße 30 Legehennen,<br />
ist <strong>für</strong> jede weitere Legehenne<br />
der Einstreubereich <strong>und</strong> das Gruppennest<br />
um jeweils 90 Quadratzentimeter zu vergrößern.<br />
Jeder Legehenne muss ein uneingeschränkt<br />
nutzbarer Futtertrog mit einer<br />
Kantenlänge von mindestens 12 Zentimetern<br />
<strong>und</strong> eine Sitzstange von mindestens<br />
15 Zentimetern Länge zur Verfügung<br />
stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht<br />
der Legehenne in der Haltungseinrichtung<br />
mehr als zwei Kilogramm, muss der<br />
Futtertrog abweichend von Satz 1 eine<br />
Länge von mindestens 14,5 Zentimetern<br />
je Legehenne aufweisen. Je Haltungsein-
ichtung müssen mindestens zwei Sitzstangen<br />
vorhanden sein, die in unterschiedlicher<br />
Höhe angeordnet sind.<br />
Die Gänge zwischen den Reihen der<br />
Haltungseinrichtungen müssen mindestens<br />
90 Zentimeter breit sein <strong>und</strong> der Abstand<br />
zwischen dem Boden des Gebäudes<br />
<strong>und</strong> der unteren Reihe der Haltungseinrichtungen<br />
muss mindestens 35 Zentimeter<br />
betragen.<br />
Die Form <strong>und</strong> die Größe der Öffnung<br />
der Haltungseinrichtung muss gewährleisten,<br />
dass eine ausgewachsene Legehenne<br />
herausgenommen werden kann,<br />
Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
ohne dass ihr vermeidbare Schmerzen,<br />
Leiden oder Schäden zugefügt werden.<br />
Umbau der Käfige<br />
Jeder Betrieb, der seine Legehennenhaltung<br />
über den 31. Dezember 2006 hinaus<br />
weiterführen möchte, muss nach den im<br />
August in Kraft getretenen gesetzlichen<br />
Änderungen ein Betriebs- <strong>und</strong> Umbaukonzept<br />
beim zuständigen Veterinäramt<br />
vorlegen. Darauf hat NRW-Landwirtschaftsminister<br />
Eckhard Uhlenberg jetzt<br />
hingewiesen. Das Umbaukonzept muss<br />
Angaben zur künftigen Haltungsform<br />
(Kleingruppen oder Bodenhaltung) sowie<br />
zum Zeitplan der Umstellung enthalten.<br />
B<strong>und</strong>esweit wurde dazu auf Vorschlag<br />
Nordrhein-Westfalens ein einfach auszufüllendes<br />
Formular entwickelt, dem ein<br />
formloser Zeitplan beigefügt werden muss.<br />
Wichtig <strong>für</strong> die Hennenhalter: Die Anzeige<br />
muss am 15. Dezember 2006 im zuständigen<br />
Veterinäramt vorliegen. Dabei ist<br />
nicht der Poststempel maßgebend,sondern<br />
der Eingang beim Amt. Ist dies nicht der<br />
Fall, darf der betreffende Landwirt seine<br />
Legehennenhaltung mit alten Käfigen über<br />
den 1. Dezember 2006 nicht fortsetzen. ■<br />
Immer weniger Legehennen in Käfighaltung in Deutschland<br />
Wie das Statistische B<strong>und</strong>esamt mitteilte,<br />
haben im Dezember 2005 Betriebe von<br />
Unternehmen mit mehr als 3000 Hennenhaltungsplätzen<br />
32,2 Millionen Hennen<br />
bei einer gesamten Stallkapazität von<br />
r<strong>und</strong> 39,4 Millionen Haltungsplätzen gehalten.<br />
Hiervon fielen 73,2 % (28,8 Millionen<br />
Plätze) auf die Käfighaltung,14,0%<br />
(5,5 Millionen) auf die Bodenhaltung <strong>und</strong><br />
12,7 % (5,0 Millionen) auf Freilandhaltung.<br />
Die Auslastung der vorhandenen<br />
Stallplätze lag bei 81,9 %.<br />
In den letzten Jahren hat sich ein Strukturwandel<br />
in der Legehennenhaltung<br />
vollzogen: Im Jahr 2000 hatten die Betriebe<br />
noch 35,3 Millionen Hennen die einer<br />
Stallkapazität von 41,1 Millionen<br />
Plätzen gehalten. Damals lag der Anteil<br />
der Käfighaltung noch bei 86,5 % (35,6<br />
Millionen Plätze). Die Bodenhaltung hatte<br />
im Jahr 2000 einen Anteil von 6,7 %<br />
(2,8 Millionen) ebenso wie die Freilandhaltung<br />
(2,8 Millionen).<br />
Die gesamten Stallkapazitäten sind<br />
seit dem Jahr 2000 um 4,4 % gesunken.<br />
Dabei war die Entwicklung in den Haltungsformen<br />
unterschiedlich: Während<br />
die Kapazitäten in der Käfighaltung seit<br />
dem Jahr 2000 um 19,0 % zurückgegangen<br />
sind,stiegen die Haltungsplätze in Bodenhaltung<br />
um 99,4 % <strong>und</strong> in Freilandhaltung<br />
um 80,4 %.Für den starken Rück-<br />
gang der Käfighaltung gelten als wesentliche<br />
Ursache die rechtlich geänderten Rahmenbedingungen.<br />
Die Mehrzahl der Hennen wurde auch<br />
2005 in größeren Betrieben gehalten. So<br />
waren 53,3 % aller Hennen (17,2 Millionen)<br />
<strong>und</strong> 53,6 % aller Hennenhaltungsplätze<br />
(21,1 Millionen) in Betrieben mit<br />
Platz <strong>für</strong> 100 000 <strong>und</strong> mehr Hennen.An<br />
den verfügbaren Stallplätzen <strong>für</strong> Käfighaltung<br />
hatten diese Betriebe einen Anteil<br />
von 60,7 %, bei der Bodenhaltung verfügten<br />
sie über 29,6 % <strong>und</strong> bei der Freilandhaltung<br />
über 38,8 % der Stallkapazitäten.<br />
Deutsche Eier<br />
beherrschen den Markt<br />
2005 waren es erneut überwiegend Eier<br />
deutscher Herkunft, die von den Haushalten<br />
hierzulande erworben wurden: 72%<br />
der Ware kam aus Deutschland, 24 %<br />
stammte aus den Niederlanden, 3% wurde<br />
aus anderen Ländern eingeführt <strong>und</strong><br />
1% war unbekannter Herkunft. Im Vergleich<br />
zu 2004 sank der Anteil deutscher<br />
Eier an der privaten Nachfrage um 2,6 Prozentpunkte,während<br />
die niederländischen<br />
Eier um 2,2 Prozentpunkte zulegten.<br />
Im vergangenen Jahr waren 83,4 % der<br />
an private Haushalte verkauften Eier gekennzeichnet,<br />
dies waren 4 % mehr als im<br />
Jahr zuvor. Von dieser geprinteten Ware<br />
stammten 43 % aus Käfighaltung, 26 %<br />
aus Bodenhaltung, 22 % wurden von freilaufenden<br />
Hennen produziert <strong>und</strong> jeweils<br />
4 % kamen aus biologischer Erzeugung<br />
bzw. waren unbekannter Herkunft. Der<br />
Anteil an Käfigeiern ist im Vergleich zum<br />
Vorjahr um knapp 8 Prozentpunkte gesunken,<br />
da<strong>für</strong> stieg die private Nachfrage<br />
nach Eiern aus Bodenhaltung um r<strong>und</strong> 9<br />
Prozentpunkte. Diese Entwicklung wurde<br />
durch einige Lebensmittelketten begünstigt,<br />
die nicht mehr Käfig-, sondern Bodenhaltungseier<br />
als Standard anbieten.<br />
■ ZMP<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 243
Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
Die Discounter entwickeln sich<br />
in Deutschland zu Marktführern<br />
beim Angebot von Eiern aus<br />
alternativen Haltungssystemen.<br />
Legehennenhaltung<br />
BioBio Produkte<br />
<strong>für</strong> alle<br />
>>> Plus: Ein Ei gleicht nicht immer dem anderen.<br />
Sorgfalt, die man schmeckt.<br />
BioBio Eier aus ökologischer Freilandhaltung unterscheiden sich von<br />
herkömmlichen Eiern durch Geschmack <strong>und</strong> Qualität. Gemäß dem<br />
Bio-Siegel nach der EG-Öko-Verordnung werden die Hennen artgerecht<br />
<strong>und</strong> in der freien Natur gehalten. Ausschließlich mit<br />
ökologischen Futtermitteln gefüttert, fressen, trinken, ruhen <strong>und</strong><br />
staubbaden sie in freiem Auslauf auf Wiesen von mindestens 4 qm<br />
pro Huhn. Um schließlich ungestört das perfekte Frühstücks-Ei zu<br />
legen, gibt es <strong>für</strong> die glücklichen Hühner ein Nest in einem gesonderten<br />
Bereich.<br />
Wo BioBio drauf steht, ist auch Bio drin<br />
>>> Als einer der ersten Discounter Deutschlands ist Plus jetzt <strong>für</strong> sein Bio-<br />
Sortiment auch vom TÜV Nord zertifiziert worden:<br />
„Schließlich haben wir auf diesem Gebiet jede Menge Erfahrung <strong>und</strong> zuverlässige<br />
Partner: Von den Biolandwirten, über die Hersteller, bis hin zum Einkauf ziehen alle an<br />
einem Strang, damit bei BioBio alles im "Grünen Bereich" ist. BioBio Lebensmittel<br />
entsprechen hohen Qualitätsstandards, die von amtlich zugelassenen Sachverständigen<br />
regelmäßig überprüft werden. So können Sie sicher sein, dass auch alle EU-Regeln<br />
eingehalten werden – von der Erzeugung bis hin zum fertigen Produkt im Regal. Da<strong>für</strong><br />
bürgt jetzt neben dem bekannten EG-Bio-Siegel auch das neue TÜV Nord Siegel. Und<br />
da<strong>für</strong>, dass sich BioBio auch jeder leisten kann, sorgen natürlich die kleinen Preise.“<br />
244 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006
Das perfekte Frühstücksei<br />
rückt näher<br />
>>> Britische Firma will die<br />
Kochzeit sichtbar machen<br />
Die ewige Frage, wann das Frühstücksei<br />
fertig ist, könnte sich bald erübrigt<br />
haben: Eine britische Firma <strong>für</strong> Qualitätsmanagement<br />
hat ein Tintenzeichen entwickelt,<br />
das auf Hitze reagiert <strong>und</strong> sichtbar<br />
wird, wenn das Ei eine bestimmte<br />
Kochzeit erreicht hat. „Wir hatten eine<br />
Menge Anfragen von Leuten, die das Interesse<br />
in der Industrie geweckt haben“,<br />
sagte eine Sprecherin der Firma Lion Qua-<br />
Biophotonenanalyse<br />
Qualität von Eiern messen<br />
>>> Ob ein Ei ein echtes Bio-Ei ist,<br />
sieht man ihm nicht an. Auch nicht,<br />
ob es aus Freilandhaltung oder einer<br />
Legebatterie stammt. Genau das will<br />
die Biophotonenanalyse nachweisen.<br />
Entwickelt wurde sie vom Physiker<br />
Fritz-Albert Popp. Die Methode nutzt die<br />
Fähigkeit lebender Zellen, Lichtteilchen<br />
(Photonen) auszustrahlen. Durch Energiezufuhr<br />
(wie Licht) speichern die Moleküle<br />
der Zelle Energie <strong>und</strong> geben sie auf<br />
charakteristische Weise wieder ab. Und<br />
das kann man messen. Eine Studie des<br />
Neusser Instituts <strong>für</strong> Biophysik ergab zum<br />
Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />
lity Eggs. „Wir haben gesagt: In Ordnung,<br />
das ist ein großes Thema – die Leute können<br />
nicht mal ein Ei kochen.“<br />
Gilly Beaumont von der Firma B and H<br />
Colour Change,die das Tintenzeichen entwickelte,<br />
erklärte in der Zeitung „Daily<br />
Telegraph“, dass sie die Technik „noch<br />
vervollkommnen“ wolle. „Wir sind ganz<br />
begeistert von der Vorstellung,dass wir ein<br />
Problem lösen,mit dem sich die Menschen<br />
seit Jahrzehnten beim Frühstück herumschlagen.“<br />
■ afp<br />
Beispiel, dass Eier von Freilandhühnern<br />
deutlich mehr Licht speicherten als die ihrer<br />
Schwestern aus der Legebatterie – obwohl<br />
die Hühner in Abstammung <strong>und</strong><br />
Alter übereinstimmten <strong>und</strong> gleiches Futter<br />
bekamen.Welche Schlussfolgerungen<br />
daraus zu ziehen sind, ist unter Wissenschaftlern<br />
umstritten, denn in der stofflichen<br />
Zusammensetzung unterscheiden<br />
sich die Eier nicht. Dennoch werben einige<br />
Anbieter mit der Biophotonenanalyse.<br />
Dem Verbraucher bleibt der Glaube: Mit<br />
bloßem Auge ist das Licht nicht zu sehen.<br />
■ Test<br />
Eier von Pinguinen,<br />
Albatrossen <strong>und</strong><br />
Hühnern schmecken<br />
am besten<br />
>>> In einer skurrilen Testreihe<br />
überprüfte Dr. H. B. Cott von der<br />
Universität Cambridge Anfang der<br />
60er-Jahre mit einer Probejury den<br />
Geschmack von r<strong>und</strong> 200 verschiedenen<br />
Vogeleiern.<br />
Jedes Ei wurde verrührt, der Geschmack<br />
anschließend benotet.In der von<br />
zwei bis zehn reichenden Geschmacksscala<br />
schnitten Hühnereier mit der Note<br />
8,7 hervorragend ab. Die Essbarkeit der<br />
Blaumeiseneier lag bei 4,1, der Zaunkönig<br />
schmeckte nicht mehr (Note 2,7)<br />
<strong>und</strong> das kleine Ei der Tannenmeise dürfte<br />
nach dieser wissenschaftlichen Untersuchung<br />
<strong>für</strong> alle von uns abstoßend sein<br />
(Note 2,0).Pinguine <strong>und</strong> Albatrosse scheinen<br />
den Geschmack unserer Hühnereier<br />
zu übertreffen <strong>und</strong> bekamen die Traumnote<br />
9,0. Abgesehen von den exotischen<br />
Ausnahmen ist das Hühnerei also ein geschmacklicher<br />
Volltreffer. Kein W<strong>und</strong>er,<br />
denn durchschnittlich 225 Eier verzehren<br />
wir B<strong>und</strong>esbürger im statistischen Mittel<br />
pro Jahr. ■ WDR-Fernsehen 5/2003<br />
Folkwang-Museum Essen:<br />
Tierhaltungssystem in der Kunst<br />
(Studienarbeit von Marlen Mauermann)<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 245
Lebensmittelüberwachung<br />
Gammelfleisch: Ein Pilzsammler fand die Akten<br />
>>> Nach dem jüngsten Skandal um<br />
Gammelfleisch ist ein heftiger Streit<br />
um die Lebensmittelüberwachung in<br />
Deutschland entbrannt. Im Kontrollsystem<br />
werden immer größere<br />
Lücken bekannt. Kompetenzgerangel<br />
erschwert optimale Lösungen.<br />
Die Behörden im baden-württembergischen<br />
Mannheim teilten zunächst mit,<br />
dass sie die Regierung in Oberbayern bereits<br />
im Februar dieses Jahres über Gammelfleischlieferungen<br />
des hauptverdächtigen<br />
Münchner Großhändlers informiert<br />
hätten. Bei einem Mannheimer Zwischenhändler<br />
sei im Dezember 2005 falsch etikettiertes<br />
Fleisch des Händlers gef<strong>und</strong>en<br />
worden. Untersuchungen hätten ergeben,<br />
dass das Fleisch verdorben war.<br />
Der Schwarzwälder Bote<br />
(Oberndorf) zu Gammelfleisch<br />
Abschreckung tut Not: schärfere,vor allem<br />
aber unangemeldete Kontrollen, drastischere<br />
Strafen <strong>und</strong> die Nennung der Namen<br />
von Betrieben. Das alles wird wieder<br />
einmal versprochen,wohl wissend,dass der<br />
Konsument schon bald an den Fleischtopf<br />
zurückkehren wird.<br />
Das B<strong>und</strong>esverbraucherministerium<br />
warf Bayern Versäumnisse vor. Der Freistaat<br />
habe erst mit Verspätung über den<br />
Gammelfleischskandal informiert. Entdeckt<br />
wurde der Skandal in Niederbayern<br />
nur durch einen Zufall: Ein Pilzsammler<br />
habe an einem Waldweg einen Aktenkoffer<br />
mit belastenden Unterlagen gef<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> der Polizei übergeben, sagte der Leitende<br />
Oberstaatsanwalt.<br />
Fahnder entdeckten in den Räumen des<br />
Hauptverdächtigen, der sich inzwischen<br />
das Leben nahm, weitere 60 Tonnen ungenießbares<br />
Fleisch <strong>und</strong> mehr als 40 Tonnen<br />
verdorbenes Gemüse. Bereits zuvor<br />
waren mehr als 120 Tonnen Fleisch sichergestellt<br />
worden, dessen Verfallsdatum<br />
längst abgelaufen war. Bei der Ware handelte<br />
es sich zum größten Teil um Döner-<br />
Spieße. Die Firma habe 2500 K<strong>und</strong>en<br />
beliefert, 50 davon im Ausland. Nach Angaben<br />
der EU-Kommission könnte verdorbene<br />
Ware aus Bayern nach Österreich,<br />
Tschechien, Dänemark, Frankreich, Belgien,<br />
Italien, die Niederlande <strong>und</strong> Luxemburg<br />
geliefert worden sein.<br />
Das Ausmaß des Skandals sei derzeit<br />
nicht abzuschätzen. Es gebe Hinweise auf<br />
eine "Döner-Mafia", sagte der Leiter der<br />
bayerischen Sonderkommission "Kühlhaus",<br />
Josef Wilfling. Man dürfe jedoch<br />
Fleisch<br />
Dieser Smiley soll dem Verbraucher<br />
signalisieren: dieses Unternehmen ist<br />
sauber. Foto: Anja Tittes<br />
jetzt nicht alle Dönerbuden unter Generalverdacht<br />
stellen. Es handle sich nur um<br />
wenige Kriminelle.<br />
B<strong>und</strong>esverbraucherminister Horst Seehofer<br />
(CSU) drängte darauf, dem B<strong>und</strong><br />
Kompetenzen <strong>für</strong> ein einheitliches Überprüfungssystem<br />
zu übergeben <strong>und</strong> die<br />
Koordination der Lebensmittelkontrollen<br />
beim B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Verbraucherschutz<br />
anzusiedeln. NRW-Verbraucherminister<br />
Eckhard Uhlenberg (CDU) sagte hingegen,<br />
die Kontrollen seien bei den Ländern<br />
am besten aufgehoben. Er kündigte an,<br />
die Zahl der Lebensmittelkontrolleure in<br />
Nordrhein-Westfalen bis 2010 zu verdoppeln:<br />
Die 300 bei den Kommunen tätigen<br />
Kontrolleure sollen um weitere 300 bisher<br />
in der Verwaltung beschäftigte Landesbedienstete<br />
ergänzt werden. Diese sollen <strong>für</strong><br />
Kontrollen eingesetzt werden.Erstmals ist<br />
geplant, Kontrolleure durch die Branche<br />
selbst über Gebühren zu finanzieren.<br />
Gammelfleisch soll teurer werden<br />
Schlagzeilenvorschlag der Berliner taz<br />
über höhere Kosten <strong>für</strong> Lebensmittel,wenn<br />
Kontrollen gebührenpflichtig werden.<br />
Aus einer Analyse der Grünen aufgr<strong>und</strong><br />
von Daten des NRW-Umweltministeriums<br />
geht hervor, dass die Zahl der Lebensmittelkontrolleure<br />
2005 im Vergleich zu 2004<br />
gesunken ist.Danach wurden 2005 knapp<br />
5300 Betriebe weniger kontrolliert <strong>und</strong><br />
1635 weniger Kontrollen durchgeführt.<br />
Grünenumweltexperte Johannes Remmel<br />
nennt die Kontrolllage in den meisten der<br />
54 NRW-Kreise „mangelhaft“ bis „ungenügend.“<br />
Der Vorsitzende der Deutschen Ernährungswirtschaft,<br />
Schinkenhersteller Jürgen<br />
Abraham, kritisierte die staatlichen Kontrollen<br />
scharf: "Der Staat verletzt seine<br />
Aufsichtspflicht <strong>und</strong> verweigert dem<br />
246 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
Bürger die notwendigen Kontrollen der<br />
Warenströme." Er verlangt, die Zahl der<br />
b<strong>und</strong>esweit tätigen 2500 Lebensmittelkontrolleure<br />
zu verdoppeln. Auf einer<br />
Sondersitzung in Berlin verständigten<br />
sich am 7. September 2006 B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Länder, bei der Lebensmittelkontrolle<br />
verstärkt zusammenzuarbeiten.<br />
So sollen die teilweise noch sehr unterschiedlichen<br />
Standards <strong>für</strong> die Kontrollen<br />
vereinheitlicht werden.Die Zuständigkeit<br />
<strong>für</strong> die Erarbeitung dieser Kriterien soll<br />
bei den Ländern verbleiben.Nach den heftigen<br />
Debatten stellte Seehofer klar, dass<br />
er den Ländern keine Kompetenzen entziehen<br />
will.Allerdings wolle er bei der „Koordination“<br />
der Maßnahmen mitwirken.<br />
Die Minister vereinbarten ein Maßnahmenpaket<br />
aus 13 Punkten. So sollen<br />
auf Gr<strong>und</strong>lage von Vorschlägen der Länderarbeitsgemeinschaft<br />
ges<strong>und</strong>heitlicher<br />
Verbraucherschutz (LAGV) b<strong>und</strong>esweit<br />
einheitliche Standards <strong>für</strong> die Kontrolle<br />
von Fleischbetrieben <strong>und</strong> Kühlhäusern<br />
eingeführt werden. Zugleich sollen auch<br />
die Kontrollbehörden der Länder von unabhängigen<br />
Prüfern unter die Lupe genommen<br />
werden. Das Konzept empfiehlt<br />
bei der Kontrolle ein Vier-Augen-Prinzip<br />
<strong>und</strong> Rotation der Prüfer. Geplant ist ferner,strengere<br />
Zulassungsbedingungen <strong>für</strong><br />
Fleischhändler einzuführen. ■ AgE<br />
Mündige Verbraucher<br />
Briten können auf der Internetseite<br />
einer unabhängigen Organisation die<br />
Namen der Unternehmen nachlesen,<br />
die bei Lebensmittelkontrollen aufgefallen<br />
sind. In Dänemark kleben<br />
Smileys an den Türen von Restaurants:<br />
Zeigen die M<strong>und</strong>winkel nach unten,<br />
gab es schon einmal Probleme mit der<br />
Küche. Und in New York City vergibt<br />
das Department of Health and<br />
Mental Hygiene an Restaurants, die<br />
Kontrollen vorbildlich bestanden<br />
haben, eine Art Siegel: den Golden<br />
Apple Award. Auf einer Internetseite<br />
werden die Kontrollergebnisse aller<br />
Restaurants veröffentlicht. Auch in<br />
NRW wird über die Einführung eines<br />
Smiley-Systems, evtl. mit aufgedrucktem<br />
Datum der Kontrollen,<br />
im Hotel- <strong>und</strong> Gaststättenbereich<br />
nachgedacht. Großes Manko: Die<br />
Teilnahme ist freiwillig. ■ WAZ/BVLK
Vom 9. Juni 2006 bis 9. Juli<br />
2006 fand in Deutschland die FIFA-<br />
Fußballweltmeisterschaft 2006<br />
statt. Die Stadt Leipzig war Austragungsort<br />
<strong>für</strong> fünf Spiele, darunter<br />
auch ein Achtelfinale.<br />
Zu den nicht polizeilichen Sicherungsmaßnahmen<br />
während der Weltmeisterschaft<br />
in Leipzig zählte auch das umfangreiche<br />
Sicherungskonzept <strong>für</strong> Lebensmittel,welches<br />
durch das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt<br />
der Stadt Leipzig realisiert<br />
wurde.<br />
Aufbauend auf die Erfahrungen <strong>und</strong><br />
Kontrollergebnisse des FIFA-Confederations-Cup<br />
2005 wurden schon lange im<br />
Vorfeld der Weltmeisterschaft Aktivitäten<br />
unternommen, dem eigens entwickelten<br />
Konzept gerecht zu werden.<br />
Dazu fanden Treffen mit Kollegen von<br />
Lebensmittelüberwachungsbehörden anderer<br />
Austragungsorte wie Berlin,München<br />
<strong>und</strong> Frankfurt am Main statt, bei denen Erfahrungen<br />
ausgetauscht <strong>und</strong> die örtlichen<br />
Gegebenheiten besichtigt wurden.<br />
Die Kontaktaufnahme mit diesen Behörden<br />
war dahingehend von Bedeutung,<br />
da die von der FIFA beauftragten Unternehmen<br />
<strong>und</strong> Catering-Firmen <strong>für</strong> die Stadionversorgung<br />
in den drei besuchten Städten<br />
ihre Firmensitze haben. Dadurch war<br />
die Möglichkeit gegeben, im Fall von Problemen<br />
oder Ermittlungen schneller <strong>und</strong><br />
effizienter Informationen auszutauschen.<br />
Während eines Treffens der Amtskollegen<br />
der benachbarten Kreise Leipzigs<br />
wurde das Konzept der Lebensmittelüberwachung<br />
vorgestellt sowie Fakten <strong>und</strong><br />
Daten ausgetauscht sofern an der Versorgung<br />
beteiligte Firmen in deren Zuständigkeitsbereich<br />
fielen.<br />
Die Catering-Unternehmen, die mit der<br />
Versorgung der VIP- <strong>und</strong> Public-Bereiche<br />
des Leipziger Zentralstadions betraut wurden,waren<br />
im Vorfeld gebeten worden,ihr<br />
Versorgungskonzept mittels eines da<strong>für</strong><br />
entwickelten Fragenkatalogs vorzulegen.<br />
So konnten kritische Punkte unter Beachtung<br />
der örtlichen Gegebenheiten erörtert<br />
<strong>und</strong> durch das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt<br />
Leipzig beeinflusst werden.<br />
Eine Kontaktaufnahme sowie eine Zusammenarbeit<br />
mit den Verantwortlichen<br />
des Fan-Festes, der Fan-Meilen sowie des<br />
örtlichen FIFA-Organisationskomitees im<br />
Zentralstadion im Vorfeld der WM erwies<br />
sich als außerordentlich vorteilhaft <strong>für</strong> die<br />
weitere Arbeit während der WM.<br />
Einmalig unter allen Austragungsorten<br />
war, dass das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt<br />
der Stadt Leipzig ein Büro<br />
als Außenstelle im Stadion beziehen <strong>und</strong><br />
von dort die Überwachungstätigkeit koordinieren<br />
konnte.<br />
Die Prüfung der Versorgungsbereitschaft<br />
der Lebensmittelunternehmen im<br />
Hinblick auf lebensmittelhygienische Belange<br />
in den Bereichen der Stadt,in denen<br />
viele Touristen zu erwarten waren, stand<br />
im Mittelpunkt der Kontrolltätigkeit. Diese<br />
Betriebe, vor allem Gaststätten, Hotels,<br />
Pensionen,Imbisseinrichtungen,Eishersteller,<br />
Handelseinrichtungen sowie Marktstände<br />
wurden z. T. einer zusätzlichen<br />
lebensmittelrechtlichen Prüfung unterzogen.<br />
Die ausschließlich <strong>für</strong> dieWM errichteten<br />
Versorgungsobjekte wie die VIP-Versorgungsbereiche<br />
im Stadion sowie die<br />
Stände auf dem Fan-Fest <strong>und</strong> den Fan-<br />
Großveranstaltungen Lebensmittelüberwachung<br />
Lebensmittelsicherheit während der<br />
FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 in Leipzig<br />
– ein Bericht zur Lebensmittelüberwachung durch<br />
das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt der Stadt Leipzig<br />
Georg SCHIEFER (Leipzig)<br />
Meilen sind vor der Eröffnung im Rahmen<br />
von 97 Abnahmekontrollen auf bauhygienische<br />
<strong>und</strong> materiell-technische Voraussetzungen<br />
geprüft worden.<br />
Die lebensmittelrechtliche Überwachung<br />
während der WM konzentrierte<br />
sich neben den Routinekontrollen der Lebensmittelbetriebe<br />
im Stadtgebiet Leipzig<br />
auf bestimmte Schwerpunktbereiche<br />
wie das Zentralstadion mit seinen sieben<br />
Catering-Bereichen,das Fan-Fest auf dem<br />
Augustusplatz, die Fan-Meilen zwischen<br />
dem Hauptbahnhof, der Innenstadt <strong>und</strong><br />
dem Stadion, das Fan-Camp, die Soccer-<br />
Freedom-Party sowie auf die Überwachung<br />
der Versorgung der polizeilichen<br />
<strong>und</strong> nicht polizeilichen Einsatzkräfte.<br />
Neben diesen Schwerpunktbereichen<br />
mussten auch 17 die WM begleitende<br />
Sport- <strong>und</strong> Kultur-Events, wie z. B. der<br />
Daniel-Nivel-Cup, die Fußballturniere der<br />
Knabenchöre <strong>und</strong> Schulen, das Event<br />
"Fußballstars kicken <strong>für</strong> krebskranke Kinder"<br />
oder das "Helden 06 Theater-Sport-<br />
Spektakel" lebensmittelrechtlich überwacht<br />
werden.<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 247
Lebensmittelüberwachung<br />
Während der WM waren täglich 28 Mitarbeiter<br />
fast r<strong>und</strong> um die Uhr im Einsatz.<br />
Davon erhielten 10 Mitarbeiter <strong>für</strong> ihren<br />
Einsatz im Zentralstadion eine Akkreditierung.<br />
Insgesamt wurden 2208 Betriebskontrollen<br />
durchgeführt. Dabei sind 31<br />
Veranstaltungen <strong>und</strong> spezielle Überwachungsbereiche<br />
auf die Einhaltung lebensmittelrechtlicher<br />
Bestimmungen geprüft<br />
worden.Verstöße gegen lebensmittelrechtliche<br />
Bestimmungen wurden in 132 Fällen<br />
festgestellt. Das entspricht einer Beanstandungsquote<br />
von 6 %. Diese ist im Vergleich<br />
zu den Beanstandungen der Routinekontrollen<br />
als gering einzuschätzen.<br />
Zwei der insgesamt 18 planmäßig entnommenen<br />
Lebensmittelproben waren in<br />
dieser Zeit durch Gutachten zu beanstanden.<br />
Die bei den Kontrollen festgestellten<br />
Verstöße bezogen sich vorwiegend auf anfängliche<br />
objektive Mängel wie fehlende<br />
Handwaschmöglichkeit, fehlendes fließendes<br />
Wasser, fehlende Kühlmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> nicht abwaschbar gestalteten Fußboden.<br />
Des Weiteren wurde auch fehlende<br />
Hygienekleidung bemängelt.<br />
Während der WM waren drei Bürgerbeschwerden<br />
sowie eine Erkrankungsmeldung<br />
Gegenstand von umfangreichen<br />
Ermittlungen.<br />
Die Probleme in den Kontrollobjekten,<br />
die zu lebensmittelrechtlichen Verstößen<br />
führten, konnten relativ zeitnah geklärt<br />
<strong>und</strong> zufriedenstellend gelöst werden. Die<br />
Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />
vor Ort wird als sehr positiv <strong>und</strong> zielorientiert<br />
eingeschätzt. Die frühzeitige<br />
Kontaktaufnahme im Vorfeld der WM erwies<br />
sich dabei als sehr nützlich.<br />
Darüber hinaus fanden regelmäßige<br />
Besprechungen vor den jeweiligen Spieltagen<br />
mit dem örtlichen Organisationskomitee<br />
des Stadions statt, in denen Kontrollergebnisse<br />
ausgewertet wurden. Die<br />
schnelle Rückinformation über veranlasste<br />
Maßnahmen seitens der Versorgungsunternehmen<br />
war damit gewährleistet.<br />
Diese Zusammenarbeit gestaltete sich<br />
außerordentlich konstruktiv <strong>und</strong> erleichterte<br />
die Überwachungstätigkeit.<br />
Neben den Aktivitäten zur lebensmittelhygienischen<br />
Absicherung der Fußballweltmeisterschaft<br />
ist auch die routinemäßige<br />
Arbeit des Amtes fortgesetzt worden.<br />
So wurden weitere 1295 Plankontrollen<br />
<strong>und</strong> 273 Lebensmittel-Beprobungen vorgenommen.<br />
Zusammenfassend kann festgestellt<br />
werden, dass in Leipzig auch während der<br />
Fußball-Weltmeisterschaft, die eine besondere<br />
Herausforderung nicht nur <strong>für</strong> die<br />
Lebensmittelüberwachungsbehörde war,<br />
die Lebensmittelsicherheit auf hohem Niveau<br />
gewährleistet war.<br />
Der Gr<strong>und</strong>stein da<strong>für</strong> wurde u.E.in der<br />
sehr zeitigen Vorbereitungsphase gelegt,<br />
in welcher der Kontakt zu den Verantwortlichen<br />
der Veranstalter, des örtlichen<br />
Organisationskomitees im Stadion <strong>und</strong> zu<br />
den Lebensmittelunternehmen selbst hergestellt<br />
wurde.<br />
Hier konnte schon im Vorfeld Einfluss<br />
auf die Einhaltung lebensmittelrechtlicher<br />
Bestimmungen unter den jeweiligen örtlichen<br />
Gegebenheiten durch beratende<br />
Tätigkeit seitens der Überwachungsbehörde<br />
genommen werden.<br />
Des Weiteren machte die ständige Präsenz<br />
der Mitarbeiter in den Schwerpunkt-<br />
Anzeige<br />
Fleisch<br />
RIDASCREEN® Antibiotika Tests<br />
248 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
bereichen während der WM ein schnelles<br />
korrigierendes Eingreifen möglich.<br />
Es zeigte sich wieder, dass präventives<br />
Wirken in der Lebensmittelüberwachung<br />
einen wesentlichen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit<br />
leistet.<br />
Nicht zuletzt war der Umfang der<br />
Überwachungstätigkeit in Leipzig nur mit<br />
dem großen Engagement der Mitarbeiter<br />
des Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamtes<br />
zu bewältigen. ■<br />
Prof. Dr. Georg Schiefer<br />
Ltd. Veterinärdirektor<br />
Amtsleiter<br />
R-Biopharm zählt seit Jahren zu den führenden Anbietern von Enzym¬immunoassays zum quantitativen Nachweis von<br />
Antibiotika in Lebensmitteln. Zu dieser Produktlinie gehören die RIDASCREEN® Chloramphenicol-, Nitrofuran- Tetracyclin-,<br />
Streptomycin-, Sulfamethazin- <strong>und</strong> Enro/Cipro Tests.<br />
Auf Chloramphenicol wird im Folgenden mit einer Kurzbeschreibung <strong>und</strong> Darstellung der Einsatzgebiete sowie der Gesetzeslage<br />
im Detail eingegangen, denn auch heute, 16 Jahren nach Veröffentlichung der Gesetzesinitiative, hat diese nichts<br />
an Aktualität eingebüßt. Hinsichtlich der Globalisierung der Märkte <strong>und</strong> internationalen Warenströme ist es dringlicher<br />
denn je diesen Gesetzen im Sinne des Verbraucherschutzes Genüge zu tun.<br />
Chloramphenicol<br />
(Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates vom 26. Juni 1990, Anhang IV)<br />
Chloramphenicol (CAP), ein Breitbandantibiotikum, dessen Wirkungsspektrum gramnegative <strong>und</strong> grampositive Keine<br />
umfaßt, wurde 1947 aus zwei verschiedenen Streptomyces-Stämmen isoliert. Seit 1950 wird CAP ausschließlich vollsynthetisch<br />
hergestellt. Die Metabolisierung erfolgt hauptsächlich über die Leber. Das entstehende Chloramphenicolglucuronid<br />
kann jedoch nach Ausscheidung mit der Galle in den Darm durch bakterielle Glucuronidasen gespalten <strong>und</strong> erneut<br />
resorbiert werden (enterohepatischer Kreislauf). Die hauptsächliche Ausscheidung erfolgt über die tubuläre Sekretion der<br />
Niere.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der hervorragenden antibakteriellen <strong>und</strong> pharmakokinetischen Eigenschaften aber auch der günstigen Produktionskosten,<br />
wurde CAP in der Tierproduktion häufig eingesetzt.<br />
Gesetzeslage<br />
Seit 1994 ist der Einsatz als Tierarzneimittel <strong>für</strong> Lebensmittel liefernde Tiere verboten <strong>und</strong> es gilt gemäß der Ratsverordnung<br />
2377/90 (EWG), Anhang IV, in der europäischen Union eine Null-Toleranz. Der Wirkstoff Chloramphenicol steht im Verdacht<br />
bei therapeutischer Einnahme im mg- <strong>und</strong> g-Bereich, beim Menschen durch Schädigung des Knochenmarks aplastische<br />
Anämien auszulösen. Es ist aber kein Schwellenwert <strong>für</strong> das Auslösen der aplas¬tischen Anämie beim Mensch<br />
bekannt. Genotoxizitätstests <strong>und</strong> Toxizitätsstudien führten bei der Beurteilung von Chloramphenicol dazu, das kein ADI<br />
(Acceptable Daily Intake Value) festgelegt werden konnte <strong>und</strong> die Aufnahme in Anhang IV gemäß Artikel 5 der VO 2377/90<br />
(EWG) erfolgte.<br />
In den letzten Jahren wurde die Überwachung von Lebensmitteln auf Chloramphenicol nach einer Ratsentscheidung vom<br />
19. September 2001 (2001/699/EG) erheblich verstärkt, nachdem wiederholt in südostasiatischen Garnelen CAP-Rückstände<br />
nachgewiesen wurden. Sowohl Aquakulturgarnelen als auch Wildfänge waren betroffen. Neben den erwähnten Garnelen<br />
wurden in aus China importierten Waren, wie Shrimps, Fisch, Fleisch <strong>und</strong> Honig ebenfalls erhöhte Chloramphenicol-<br />
Gehalte festgestellt. In Produkten aus Thailand,Vietnam <strong>und</strong> Indonesien wurden ebenfalls CAP-Rückstände entdeckt.<br />
Analytik: ELISA<br />
Da keine verbindliche analytische Methode zur Bestimmung von<br />
CAP existiert, kommen zur Zeit verschiedene Methoden (HPLC,<br />
GC-MS/NCI, GC-ECD, LC-MS/MS <strong>und</strong> ELISA) zur Anwendung.<br />
Eine Mindestleistungsgrenze von 0,3 μg/kg <strong>für</strong> CAP wurde von<br />
Vertretern der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen eines Ständigen<br />
Veterinärausschusses zur Harmonisierung der CAP- Analytik festgelegt<br />
(2002/657/EG Stellungnahme des BgVV vom 15 Juli 2002,<br />
2003/181/EG, 2004/25/EG). Diese Werte werden in den meisten EU<br />
Ländern <strong>und</strong> vielfach in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern Deutschlands<br />
als Entscheidungsgrenze <strong>für</strong> die Beanstandung eines Produkts<br />
herangezogen, dies geschieht jedoch nicht einheitlich.<br />
R-Biopharm bietet jetzt einen verbesserten Chloramphenicol-Nachweis <strong>für</strong> Milch (§ 64 LFGB Methode) <strong>und</strong> Milchpulver,<br />
Honig-, Shrimps-, Fleisch-, Fischmehl- sowie Eiproben an. Der neue CAP Test weist folgende Neuerungen auf:<br />
• gebrauchsfertige Standardlösungen im Bereich von 0 ppt bis 750 ppt<br />
• Reduzierung der Inkubationszeiten auf 60 min <strong>und</strong> 15 min<br />
• Herabsetzen der Nachweisgrenze von 5 ppt – 25 ppt (Matrixabhängig)<br />
• Milch kann direkt ohne Probenvorbereitung in den Test eingesetzt werden<br />
Mit diesem optimierten Verfahren steht dem Anwender jetzt eine noch sensitivere <strong>und</strong> schnellere Methode (Nachweisgrenze<br />
bis 5 ng/kg (ppt)) zum Nachweis von CAP zur Verfügung.<br />
R-Biopharm AG<br />
Landwehrstraße 54, 64293 Darmstadt<br />
Tel. -49 6151 8102-0<br />
Fax. -49 6151 8102-40<br />
E-Mail: info@r-biopharm.de<br />
Internet: www.r-biopharm.com
19. Deutscher Lebensmittelrechtstag 2006:<br />
>>> Der 19. Deutsche Lebensmittelrechtstag<br />
stand am 16. <strong>und</strong> 17. März<br />
2006 in Wiesbaden unter dem Motto:<br />
„Gute“ <strong>und</strong> „schlechte“ Lebensmittel?<br />
Vorurteile <strong>und</strong> Fakten. Mit Ernährungsverhalten,<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Risikobewertung<br />
befassten sich führende<br />
Wissenschaftler <strong>und</strong> Praktiker<br />
in ihren Ausführungen (Auswahl):<br />
Prof. Dr. Peter Stehle, Institut <strong>für</strong><br />
Ernährungs- <strong>und</strong> Lebensmittelwissenschaften<br />
(IEL) – Ernährungsphysiologie –<br />
Universität Bonn:<br />
Das Ernährungsverhalten in<br />
Deutschland – Situationsbeschreibung<br />
<strong>und</strong> Einflussfaktoren<br />
Eine enorme Auswahl an qualitativ hochwertigen,generell<br />
sicheren Lebensmitteln<br />
zu verhältnismäßig niedrigen Preisen – <strong>für</strong><br />
die Verbraucher in Deutschland eine<br />
ideale Voraussetzung zur individuellen<br />
Gestaltung einer schmackhaften Kost,<br />
die die Vorgaben <strong>für</strong> eine Energie- <strong>und</strong><br />
Nährstoff-bilanzierte, ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Ernährung erfüllt. Aktuelle wissenschaftliche<br />
Erhebungen belegen jedoch,<br />
dass die Praxis etwas anders aussieht.Auf<br />
der einen Seite nimmt der Anteil an<br />
Übergewichtigen (bei Erwachsenen: BMI<br />
25-30) <strong>und</strong> Adipösen (BMI > 30) in allen<br />
Altersgruppen teilweise rasant zu; bei ca.<br />
80 % der Betroffenen ist das Übergewicht<br />
mit dem sog. Metabolischen Syndrom (u.<br />
a. veränderte Blutlipide, Bluthochdruck,<br />
periphere Insulinresistenz) assoziiert.Auf<br />
der anderen Seite treten bei Seniorinnen<br />
<strong>und</strong> Senioren immer häufiger (z. B. bei ca.<br />
10 % der noch zu Hause lebenden Senioren)<br />
Symptome einer Protein/Energie-<br />
Mangelemährung auf. Zudem wird <strong>für</strong><br />
einzelne Nährstoffe (z. B. <strong>für</strong> Folsäure,<br />
Vitamin D, Calcium, langkettige omega-<br />
3-Fettsäuren) eine im Vergleich zu den<br />
DACH-Referenzwerten zu geringe Aufnahme<br />
beobachtet.<br />
Die Auswertung von Querschnitts- <strong>und</strong><br />
Trendanalysen zum Lebensmittelverzehr<br />
(DGE-Ernährungsbericht auf der Basis<br />
von Agrarstatistik <strong>und</strong> Einkommens- <strong>und</strong><br />
Verbrauchsstichprobe, EVS) zeigt, dass<br />
der Obst- <strong>und</strong> Gemüseverzehr immer<br />
noch (vor allem bei männlichen Personen<br />
Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung Lebensmittelrecht<br />
„Gute“ <strong>und</strong> „schlechte“ Lebensmittel?<br />
– Vorurteile <strong>und</strong> Fakten<br />
in den alten B<strong>und</strong>esländern) zu niedrig<br />
liegt. Angesichts der im Allgemeinen geringen<br />
körperlichen Aktivität ist die Gesamtenergiezufuhr<br />
zu hoch. Durch die<br />
Auswahl von fettreichen <strong>und</strong> damit energiedichten<br />
Lebensmitteln steigt das individuelle<br />
Risiko <strong>für</strong> eine Imbalanz von<br />
Energieverbrauch <strong>und</strong> Energiezufuhr. Das<br />
durch die Referenzwerte vorgegebene<br />
Fettsäurenmuster (Anteil an gesättigten,<br />
einfach ungesättigten <strong>und</strong> mehrfach ungesättigten<br />
Fettsäuren) wird meist nicht<br />
eingehalten. Dies gilt vor allem <strong>für</strong> das<br />
Verhältnis von omega6- zu omega3-Fettsäuren.<br />
Fehlverhalten <strong>und</strong> Mangel im Überfluss:<br />
Kann der Verbraucher mit dem<br />
Lebensmittelangebot nicht richtig umgehen?<br />
Reicht das Wissen bzw. die<br />
Information nicht aus? Oder sind unsere<br />
Lebensmittel nicht mehr an unsere<br />
Lebensweise angepasst?<br />
Ernährungsverhalten –<br />
potentielle Einflussfaktoren<br />
Lebensstil. Unser Alltags- <strong>und</strong> Berufsleben<br />
ist gekennzeichnet durch eine zunehmende<br />
zeitliche Belastung, die wenig<br />
Spielraum lässt <strong>für</strong> das tägliche Essen<br />
(2001/2002: 1 h 43 min). Konsequenterweise<br />
ist die Inanspruchnahme der Außer-<br />
Haus-Verpflegung in den letzten Jahren<br />
deutlich gestiegen: 26 % der Bevölkerung<br />
nehmen diesen Service mindestens einmal<br />
pro Tag in Anspruch. Die Verwendung von<br />
Convenience-Produkten hat neue Spitzenwerte<br />
erreicht.<br />
Der Einzug von EDV <strong>und</strong> lT haben zu<br />
einem stetigen Rückgang der körperlichen<br />
Aktivität (<strong>und</strong> damit im Energiebedarf)<br />
geführt. Bei unverändertem Ernährungsverhalten<br />
(Energiezufuhr) muss dies<br />
zwangsläufig zu Übergewicht führen.<br />
Ernährungswissen. Daten aus der zweiten<br />
Bayerischen Verzehrsstudie belegen<br />
einen (wenn auch geringen) Zusammenhang<br />
zwischen Ernährungswissen <strong>und</strong><br />
Ernährungsverhalten. Besser informierte<br />
Personen wählen signifikant mehr Obst,<br />
Gemüse, Milch <strong>und</strong> Milchprodukte sowie<br />
Käse <strong>und</strong> Quark aus; außerdem sinkt der<br />
Verzehr von fettreichen Fleischwaren.Bei<br />
den anderen Lebensmittelgruppen zeigten<br />
sich keine Unterschiede.<br />
Fernsehen/Werbung. Massenmedien wie<br />
dem Fernsehen werden eine Schlüsselrolle<br />
bei der Vermittlung ernährungsrelevanter<br />
Informationen zugewiesen.Im Rahmen<br />
eines Kommunikationsprojektes der<br />
Universität Erfurt <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esforschungsanstalt<br />
<strong>für</strong> Ernährung <strong>und</strong> Lebensmittel<br />
(BFEL) zeigte sich, dass durch<br />
„Ernährungs“-Elemente in verschiedenen<br />
Fernsehgattungen (Werbung, Magazine,<br />
Serien, Spielfilme, Ratgeber) ein „Fernseh-Bild“<br />
der Ernährung entsteht. Wird<br />
dieses auf Lebensmittelebene quantitativ<br />
mit dem Soll (DGE-Ernährungskreis) verglichen,<br />
zeigen sich erhebliche Unterschiede<br />
(z. B. deutlich höherer Anteil von Süßwaren<br />
<strong>und</strong> alkoholischen Getränken).<br />
Lebensmittel-/Speisenangebot. Die Auswahlmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> große Portionen<br />
(„supersize“) zu unverändertem oder nur<br />
geringfügig erhöhten Preisen sowie Lebensmittel<br />
mit hoher Energiedichte „erleichtern“<br />
es dem Verbraucher, (zu) viel<br />
Energie aufzunehmen. Ein anerkanntes<br />
Problem ist der Konsum von energiereichen<br />
Getränken: Da die Aufnahme<br />
nicht zur Sättigung beiträgt, findet diese<br />
Energiezufuhr meist zusätzlich zum Essen<br />
statt.<br />
Diskutierte Maßnahmen<br />
zur Veränderung des<br />
Ernährungsverhaltens<br />
Unter sinnvoller Verwendung von Massenmedien<br />
(Fernsehen) <strong>und</strong> besonderen<br />
Programmen in den Bildungseinrichtungen<br />
(Schule) sollten die bisherigen Anstrengungen<br />
zur Verbesserung des Ernährungswissens<br />
verstärkt werden.Wenig sinnvoll<br />
ist es allerdings, Lebensmittel bzw. Kostformen<br />
in „Schubladen“ einzuordnen<br />
(„gute“ oder „schlechte“ Lebensmittel,<br />
„unsinnige“ Kostformen). Wichtig ist es,<br />
dem Verbraucher einen offenen Umgang<br />
mit Fragen der Ernährung <strong>und</strong> der Lebensmittelauswahl<br />
ohne „philosophische“ Vorgaben<br />
beizubringen. „Coole Typen“ als<br />
Vorbilder in entsprechenden Fernsehspots<br />
sind möglicherweise erfolgreicher<br />
als ein erhobener Zeigefinger.<br />
Attraktiv vermarktete „neue“ Lebensmittel<br />
mit verminderter Energiedichte<br />
bzw.Speisen mit geringerer Energiedichte<br />
können dazu beitragen, dass der Ver-<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 249
Lebensmittelrecht<br />
braucher sein Auswahlverhalten im Supermarkt<br />
verändert.<br />
Eine Erhöhung des Energieumsatzes<br />
durch verstärkte körperliche Aktivitäten<br />
könnte indirekt ebenfalls das Ernährungsverhalten<br />
beeinflussen: Sportliche Leistungen<br />
lassen sich besser durch eine kohlenhydratbetonte<br />
Ernähmng erbringen.<br />
Zudem wird mehr Energie umgesetzt,was<br />
mehr Spielraum <strong>für</strong> die Gestaltung des<br />
täglichen Speiseplans ermöglicht.<br />
Prof. Dr. Wolfgang Höfling, Universität<br />
Köln, Institut <strong>für</strong> Staatstecht:<br />
Rechtliche Mittel, Maßstäbe <strong>und</strong><br />
Schranken der staatlichen Beeinflussung<br />
des Ernährungsverhaltens<br />
I. Das regulatorische System des deutschen<br />
<strong>und</strong> europäischen Lebensmittelrechts<br />
ist gekennzeichnet durch einen<br />
„Mix“an Instrumenten <strong>und</strong> Zielen wie<br />
– Klassisches imperatives Handeln<br />
mit gesetzlichen wie verordnungsrechtlichen<br />
Geboten <strong>und</strong> Verboten<br />
sowie administrative Überwachungsinstrumente,<br />
ergänzt<br />
durch Sanktionsnormen des Straf<strong>und</strong><br />
Ordnungswidrigkeitsrechts,<br />
– Formen kooperativer Verwaltungstätigkeit,<br />
– abgabenrechtliche Anreizstrukturen<br />
sowie<br />
– ernährungsbezogener Informationsinterventionismus<br />
knüpfen ein überaus dichtes Netz, das<br />
den Bewegungs- <strong>und</strong> Entfaltungsspielraum<br />
von Herstellern <strong>und</strong> Inverkehrbringern,<br />
aber auch der Verbraucher<br />
zunehmend einengt.<br />
II. Die kritische Analyse dieses Ordnungsmodells<br />
sollte sich nicht auf die atomistische<br />
Betrachtung einzelner Ebenen<br />
<strong>und</strong> einzelner Steuerungsansätze beschränken,<br />
muss vielmehr im Hinblick<br />
auf das ganze regulatorische System<br />
nach der „Gesamtfreiheitsbilanz“ fragen.<br />
Darüber hinaus ist zu beachten,<br />
dass gerade multifinal <strong>und</strong> multiinstrumentell<br />
ausgerichtete Regulierungssysteme<br />
wie das Lebensmittelrecht zu<br />
einer problematischen Kombinationsvielfalt<br />
von Zwecken <strong>und</strong> Mitteln tendieren.<br />
III. Besondere Aufmerksamkeit verdient<br />
die lebensmittelrechtliche <strong>und</strong> lebensmittelpolitischeKommunikationssteuerung.<br />
Der informationelle Ernährungsinterventionismus<br />
wirkt gleichsam<br />
durch einen „Zangengriff“ auf die Freiheit<br />
von Unternehmen <strong>und</strong> Verbrauchern<br />
ein, indem er einerseits die gr<strong>und</strong>rechtliche<br />
Freiheit der commercial<br />
speech beschränkt, andererseits aber<br />
in zunehmendem Maße eigene kommunikative<br />
Einflusspotentiale nutzt.<br />
Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung<br />
IV. Der hoheitliche Informationsinterventionismus<br />
in Sachen Ernährung verweist<br />
auf ein mehrschichtiges Gr<strong>und</strong>rechtsproblem<br />
ersten Ranges. Dies gilt<br />
nicht nur <strong>für</strong> die inzwischen ihrerseits<br />
schon „klassischen“ Warnungen <strong>und</strong><br />
ähnlich gezielte Interventionen, sondern<br />
ebenso <strong>für</strong> Produktgruppenempfehlungen<br />
<strong>und</strong> allgemeine Ratschläge<br />
zur „guten“ Ernährung. Derartige Formen<br />
kommunikativer Beeinflussung<br />
des Ernährungsverhaltens sind keineswegs<br />
gr<strong>und</strong>rechtsindifferent.Im Gegenteil:<br />
Gerade die edukatorische Lebensmittelpolitik<br />
beeinträchtigt Gr<strong>und</strong>rechtspositionen<br />
von Herstellern/In-<br />
Verkehr-Bringern <strong>und</strong> Verbrauchern.<br />
1.Gegenüber der neueren Judikatur<br />
des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts ist<br />
insoweit zunächst mit allem Nachdruck<br />
daran festzuhalten, dass hoheitliche<br />
Einflussnahmen auf die<br />
Marktsituation von Unternehmen<br />
nicht dem Gr<strong>und</strong>rechtsschutz vorausliegen;<br />
vielmehr sind derartige<br />
Versuche zur Einflussnahme auf prospektive<br />
Interaktionspartner von<br />
Unternehmen als dem Staat zurechenbare<br />
mittelbare Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe<br />
namentlich in die durch<br />
Art. 12 Abs. 1 geschützte Berufsfreiheit<br />
zu qualifizieren.<br />
2.Edukatorischer Informtionsinterventionismus<br />
im Lebensmittelrecht<br />
kann ferner Gr<strong>und</strong>rechte der Lebensmittelkonsumenten<br />
beeinträchtigen:<br />
a) Zum einen betrifft die informatorische<br />
Intervention unmittelbar die<br />
durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />
des Art. 2 Abs. 1 i. V. m.<br />
Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Integrität<br />
individueller Einstellungen<br />
sowie als aufgedrängte Kommunikation<br />
die durch Art. 5 Abs. 1 Satz<br />
1 GG geschützte negative Informationsfreiheit.<br />
b) Zum anderen zielt edukatorische<br />
Lebensmittelpolitik über die individuelle<br />
Einstellungsbeeinflussung<br />
hinaus auf Verhaltenssteuerung mittels<br />
Etablierung sozialmoralischer<br />
Verhaltensregeln. Insoweit handelt<br />
es sich um mittelbare Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe<br />
in die (ggf. spezifisch gewährleistete)<br />
Verhaltensfreiheit.<br />
V. Die Rechtfertigung solcher Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe<br />
setzt u. a. die Verfolgung<br />
eines legitimen öffentlichen<br />
Zwecks voraus.<br />
1. Insofern ist in Erinnerung zu rufen,<br />
dass der hoheitliche Versuch der Steuerung<br />
des Ernährungsverhaltens Verbraucheroptionen<br />
innerhalb des rechtlich<br />
bereits eng abgesteckten Rahmens<br />
betrifft, also Empfehlungen zwischen<br />
„normativ gleichwertigen“ Produkten<br />
250 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
betrifft. Indem der Staat auf diese<br />
Weise die Kompetenz zur Definition<br />
der „guten“ Lebensführung in Anspruch<br />
nimmt,läuft er Gefahr,zurückzufallen<br />
in eine voraufklärerische<br />
Epoche, in der sekurative <strong>und</strong> eudämonistische<br />
Staatszwecke noch nicht<br />
unterschieden wurden.<br />
Damit bewegt er sich auf Kollisionskurs<br />
mit elementaren Gr<strong>und</strong>wertungen<br />
der Verfassung, die mit den Freiheitsrechten<br />
die Beachtlichkeit der Perspektive<br />
<strong>und</strong> der Lebensfühmngskonzepte<br />
der einzelnen Gr<strong>und</strong>rechtsträger gebietet.<br />
2. Selbst wenn man der prinzipiellen<br />
Fragwürdigkeit einer edukatorischen<br />
Lebensmittelpolitik zum Trotz diese<br />
nicht als a limine illegitim qualifizieren<br />
will, kommt sie selbstverständlich<br />
nur unter Beachtung weiterer verfassungsrechtlicher<br />
Voraussetzungen in<br />
Betracht. Hierzu zählt namentlich der<br />
gr<strong>und</strong>rechtliche Gesetzesvorbehalt,<br />
dem indes (derzeit) nicht Genüge<br />
getan ist. Das gilt umso mehr, als auch<br />
die staatlichen Verhaltenserwartungen<br />
sowie die zu deren Realisierung<br />
einzusetzenden Instrumente der gesetzlichen<br />
Ermächtigung bedürfen.<br />
Weder das europäische noch das<br />
deutsche Lebensmittelrecht enthalten<br />
entsprechende Befugnisnormen.<br />
VI. Gesetzgebung, Rechtsprechung <strong>und</strong><br />
Verwaltung in Deutschland <strong>und</strong> Europa<br />
sollten sich selbstkritisch fragen,<br />
ob die eingeschlagene Entwicklungsdynamik<br />
das Lebensmittelrecht nicht<br />
am Ende zu einem (partiellen) Verbrauchererziehungsrecht<br />
werden lässt,<br />
das in rechtsstaatlich verfaßten Gemeinwesen<br />
nur in ganz engem Rahmen<br />
zulässig sein kann.<br />
Prof. Dr. Burckhard Viell, B<strong>und</strong>esinstitut<br />
<strong>für</strong> Risikobewertung, Berlin:<br />
Lebensmittelsicherheit<br />
zwischen „Rückkehr zur Natur“ <strong>und</strong><br />
„Designer-Lebensmittel“<br />
Die Frage nach der Lebensmittelsicherheit<br />
stellt sich nicht erst seit BSE <strong>und</strong> in unseren<br />
Tagen; sie musste die Menschheit<br />
von Anfang an beschäftigen.Ihre korrekte<br />
Beantwortung gehörte zu den entscheidenden<br />
Evolutionsvorteilen. Kenntnisse<br />
darüber, welche Lebensmittel nicht nur<br />
schmecken <strong>und</strong> sattmachen,sondern auch<br />
sicher sind, haben das Überleben gesichert,<br />
haben die Basis geschaffen, neue<br />
Nährstoffquellen zu erschließen <strong>und</strong> die<br />
weitere Entwicklung mit Ackerbau,Vieh<strong>und</strong><br />
Pflanzenzucht voranzutreiben.<br />
Lebensmittelsicherheit konnte in diesen<br />
Zeiten aber nur mit Blick auf die<br />
Versorgungssicherheit „gedacht“ werden.
Es wird die Menschen der zurückliegenden<br />
Jahrh<strong>und</strong>erte wenig gekümmert haben,<br />
ob ihre Ernährung „gute“ oder<br />
„schlechte“ Lebensmittel enthielt, die<br />
ihrer Ges<strong>und</strong>heit förderlich waren oder<br />
die eventuell bei längerem Verzehr zu<br />
Herzinfarkt <strong>und</strong> Krebs im hohen Alter<br />
führten. Solche Gedanken waren erst<br />
möglich <strong>und</strong> dann auch wissenschaftlich<br />
gerechtfertigt, als die Nährstoff-Zufuhr<br />
gesichert war <strong>und</strong> die Lebensumstände<br />
komfortabel („sicher“) genug, um die<br />
allgemeine Lebenserwartung um viele<br />
Jahre ansteigen zu lassen.<br />
Gesellschaftlich relevant wurden Überlegungen<br />
zur Lebensmittelsicherheit insbesondere<br />
dann, als bekannt wurde, dass<br />
tödliche Gifte (z. B. Quecksilber, DDT,<br />
Dioxin) in die Umwelt gelangen <strong>und</strong> Lebensmittel<br />
kontaminieren können. Nicht<br />
nur dies erschütterte den Glauben an die<br />
Sicherheit der Lebensmittel. Der Argwohn<br />
wuchs gegen alles, was als Verfremdung<br />
natürlicher Lebensmittel gedeutet werden<br />
konnte, als Inhaltsstoffe wie Salz, Zucker<br />
oder Fett in statistischen Zusammenhang<br />
mit der Ausbildung so genannter degenerativer<br />
Erkrankungen gebracht werden<br />
konnten, <strong>und</strong> als wahrgenommen wurde,<br />
dass solche Ingredienten vermehrt mit<br />
„produzierten“ Lebensmitteln aufgenommen<br />
werden. Ganz zu schweigen von der<br />
aufkommenden Diskussion um Zusatzstoffe,<br />
die zahlreiche Lebensmittel-Verfremdungen<br />
technologisch erst möglich<br />
machten. Mehr noch, der Öffentlichkeit<br />
wurde bewusst, dass Wissenschaft nicht<br />
frei von Einflüssen argumentiert, ein<br />
Punkt, der letztlich auch die wissenschaftliche<br />
Sicherheitsbewertung im Zuge von<br />
BSE in die Kritik brachte. „Natürlich“<br />
wurde zum Synonym <strong>für</strong> unverfälscht,<br />
ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> sicher – künstlich hergestellte<br />
Lebensmittel stehen <strong>für</strong> „verfremdet“ <strong>und</strong><br />
„unnatürlich“.<br />
Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung Lebensmittelrecht<br />
Nicht nur die Wissenschaft geriet unter<br />
Druck. Deshalb wurde das Konzept zur<br />
Lebensmittelsicherheit am Ende des vorigen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts in Europa überdacht<br />
<strong>und</strong> auf eine neue Basis gestellt. Lebensmittelsicherheit<br />
ist inzwischen definiert,<br />
<strong>und</strong> zwar <strong>für</strong> die EU einheitlich; ihre wissenschaftliche<br />
<strong>und</strong> regulatorische Sicherstellung<br />
gründet auf festgelegten Verfahren.<br />
Dazu gehört die Etablierung einer<br />
Risikoanalyse mit den nun sorgsam getrennten<br />
Teilbereichen Risikobewertung,<br />
Risikomanagement <strong>und</strong> Risikokommunikation.<br />
Außerdem wurden konkrete Verfahren<br />
festgelegt, wie z. B. Schnellwarnung<br />
oder Rückverfolgbarkeit. Vor dem<br />
„Basis-Recht zur Lebensmittelsicherheit“<br />
sind alle Lebensmittel in der EU gleich,die<br />
natürlichen wie die verfremdeten,die herkömmlichen<br />
wie die Designer-Lebensmittel.<br />
Auch bei den wissenschaftlichen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen der Ernährung hat sich in den<br />
letzten Jahren eine Entwicklung vollzogen.<br />
Die Bewertung von Lebensmitteln,<br />
sowohl hinsichtlich ihrer ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
als auch ihrer schädlichen Eigenschaften,erfolgt<br />
weniger aufgr<strong>und</strong> der Beratung<br />
durch einzelne Experten, sondern<br />
mehr <strong>und</strong> mehr mit evidenzbasierten<br />
Verfahren.<br />
Gleichwohl gibt es Zulassungsverfahren<br />
<strong>und</strong> darin spezielle Sicherheitsbewertungen,so<br />
z. B.<strong>für</strong> Zusatzstoffe,Pflanzenschutzmittel-Rückstände<br />
oder neuartige<br />
(Nähr-)Stoffe.<br />
Herkömmliche natürliche Lebensmittel<br />
sind solchen Einzelvorschriften nicht<br />
unterworfen. Dies erklärt sich aus der<br />
gesellschaftlichen Einstellung zu diesen<br />
Lebensmitteln, nicht etwa damit, dass<br />
kein wissenschaftliches Erfordernis bestünde.<br />
Es wäre praktisch kaum möglich,<br />
alle Lebensmittel einem Vorprüfungsverfahren<br />
zu unterziehen. Die Strategie,<br />
Sicherheitsüberprüfungen auf neue Stoffe<br />
<strong>und</strong> Verfahren zu konzentrieren, folgt<br />
daher pragmatischen Gesichtspunkten.<br />
Das neue Recht zur Lebensmittelsicherheit<br />
schreibt vor,dass am Anfang der<br />
Sicherheitsüberlegungen, am Anfang der<br />
Risikoanalyse also, eine f<strong>und</strong>ierte Risikobewertung<br />
zu stehen hat, einschließlich<br />
umfassender Informationen <strong>für</strong> die Öffentlichkeit<br />
über Art <strong>und</strong> Umfang des wissenschaftlich<br />
ermittelten Risikos <strong>und</strong> der<br />
dabei zu erkennenden Unsicherheit.Zwei<br />
wichtige Gr<strong>und</strong>gedanken kommen damit<br />
zum Vorschein: Erstens wird dem allgemeinen<br />
Transparenzgebot moderner Gesellschaften<br />
auch <strong>für</strong> den gesamten Prozess<br />
der Sicherheitsbewertung Rechnung<br />
getragen, um gar nicht erst den Verdacht<br />
einer interessengeleiteten Vorgehensweise<br />
der Akteure aufkeimen zu lassen.<br />
Zweitens können sich in allen Fällen, wo<br />
die Risikobewertung unsicher ist, Öffentlichkeit<br />
<strong>und</strong> Stakeholder so weit einbringen,<br />
dass sie daran mitarbeiten, ein Risiko<br />
zu charakterisieren <strong>und</strong> die daraus folgenden<br />
Entscheidungen zu beeinflussen.<br />
Eine partizipative Vorgehensweise dieser<br />
Art entspricht dem demokratischen<br />
Gr<strong>und</strong>verständnis unserer Gesellschaft<br />
<strong>und</strong> gibt der Risikobewertung Gelegenheit,<br />
ihre wissenschaftliche Integrität zu<br />
wahren <strong>und</strong> ihre Sonderstellung als Quelle<br />
glaubwürdigen Wissens zurückzugewinnen.<br />
Der Kommunikation darüber kommt<br />
große Bedeutung zu. Sie hat da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />
dass diese Gedanken im öffentlichen<br />
Bewusstsein verankert werden <strong>und</strong> dass<br />
diese sich vermehrt mit dem Problem auseinandersetzt,<br />
ob <strong>und</strong> nach welchen Kriterien<br />
natürliche Lebensmittel <strong>für</strong> gesünder,<br />
sicherer oder besser gehalten werden können,<br />
als etwa Designer-Lebensmittel. Der<br />
Wissenschaft,der Risikobewertung sind in<br />
diesem Zusammenhang die <strong>für</strong> die Gesellschaft<br />
relevanten Fragen zu stellen, <strong>und</strong><br />
diese hat ihre Möglichkeiten, Ergebnisse<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 251
Lebensmittelrecht<br />
<strong>und</strong> Grenzen darzulegen. Es muss der Öffentlichkeit<br />
klarer werden als bisher, dass<br />
„Sicherheit“ ein soziologisches Konstrukt,<br />
kein wissenschaftliches Kriterium ist.<br />
Wissenschaft hat <strong>für</strong> die Sicherheitsbewertung<br />
eine instrumentelle,keine legitimatorische<br />
Funktion. Sie hält Prüfverfahren<br />
(in der Regel einen vereinbarten<br />
Set an Tierversuchen, in vitro Experimenten<br />
<strong>und</strong> Hinweisen aus epidemiologischen<br />
Studien oder pharmakolischen Anwendungen)<br />
bereit. Mit ihnen kann nach<br />
aktuellem Erkenntnisstand hinreichend<br />
verläßlich abgeschätzt werden, ob ein<br />
Agens den Menschen schädigen könnte<br />
oder nicht. Aber die Entscheidung darüber,<br />
ob dies der Gesellschaft <strong>für</strong> eine<br />
Sicherheitseinschätzung genügt, wie sie<br />
mit dem in jedem Fall bestehenden<br />
Unsicherheitsgrad umgeht <strong>und</strong> ob sie ein<br />
betroffenes Lebensmittel toleriert, trifft<br />
die Gesellschaft selber, bzw. die dazu<br />
legitimierten Behörden.<br />
Dies zu kommunizieren wird eine der<br />
Hauptaufgaben im zukünftigen Umgang<br />
mit vermeintlichen oder echten, mit gefühlten<br />
oder evidenz-basierten Risiken<br />
sein. Auch da<strong>für</strong> weist das neue Lebensmittelrecht<br />
den Weg, indem es darauf<br />
aufmerksam macht, dass bei der Sicherheitsbewertung<br />
die Informationen zu berücksichtigen<br />
sind, die Verbrauchern zur<br />
Verfügung stehen oder die ihnen zur Verfügung<br />
gestellt werden können.Verbrauchern<br />
selber kommt mehr <strong>und</strong> mehr ein<br />
Teil der Verantwortung in der Beurteilung<br />
der Lebensmittel-Sicherheit zu – so wie es<br />
im Prinzip immer war. Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> ist allerdings, dass Verbraucher fair<br />
<strong>und</strong> umfassend über alle Sicherheitsaspekte<br />
eines Lebensmittels informiert<br />
werden. Die Sicherheitsbewertung eines<br />
Lebensmittels wird damit mehr <strong>und</strong> mehr<br />
zur Bewertung von Informationen zu einem<br />
Lebensmittel.<br />
Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung<br />
Dr. Gunter Fricke, Nestlé Deutschland<br />
AG, Frankfurt/Main:<br />
Lebensmittelsicherheit: Neue<br />
Herausforderungen <strong>für</strong> die Praxis<br />
Die Sicherheit <strong>und</strong> Qualität der Lebensmittel<br />
ist seit langer Zeit im Zentrum der<br />
Aktivitäten aller Mitglieder der Lebensmittelkette<br />
verankert.<br />
Ein umfassendes Rechtswerk auf europäischer<br />
<strong>und</strong> nationaler Ebene wurde<br />
dazu in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen.<br />
Mit der Europäischen Basisverordnung<br />
178/2002 <strong>und</strong> dem Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittelgesetzbuch<br />
– LFGB – von 2005<br />
liegen die neuesten <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legenden<br />
Regelungen hierzu vor. Erstmalig werden<br />
dabei die Futtermittel, als wesentliche<br />
Gr<strong>und</strong>lagen der Produktion tierischer Produkte,<br />
auf ein vergleichbares Niveau mit<br />
den Lebensmitteln gestellt.<br />
Umfangreiche Maßnahmen der Lebensmittelwirtschaft<br />
haben sich aus den Zeiten<br />
der Qualitätskontrolle in die Methodik<br />
der Qualitätssicherung gewandelt. Prävention<br />
<strong>und</strong> Fehlervermeidung stehen hier im<br />
Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Das korrekte Funktionieren aller Maßnahmen<br />
über die gesamte Warenkette von<br />
der Urproduktion bis zum Haushalt des<br />
Verbrauchers als Kette der Verantwortungen,<br />
ist der Garant <strong>für</strong> die Sicherheit<br />
unserer Lebensmittel.<br />
Beginnend bei der Agrarwirtschaft <strong>und</strong><br />
der Produktion pflanzlicher <strong>und</strong> tierischer<br />
Rohstoffe <strong>und</strong> der Kenntnis <strong>und</strong> Lenkung<br />
der Anbaubedingungen der Pflanzen<br />
<strong>und</strong> der Rahmenbedingungen der<br />
Tiermast,über die Prozesslenkung bei der<br />
Lebensmittelherstellung, die Einhaltung<br />
der Rahmenbedingungen bei Lagerung<br />
<strong>und</strong> Transport bis hin zur korrekten<br />
Handhabung der Lebensmittel durch den<br />
Verbraucher, ist die gesamte Kette auf das<br />
252 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
Zusammenwirken aller Teile angewiesen.<br />
Jedes Kettenglied hat auf seiner Stufe die<br />
erforderlichen Kriterien einzuhalten <strong>und</strong><br />
die da<strong>für</strong> notwendigen Maßnahmen umzusetzen,<br />
damit der Verbraucher ein sicheres<br />
<strong>und</strong> seinen Qualitätserwartungen entsprechendes<br />
Lebensmittel erhält.<br />
Elemente wie die Gute Herstellpraxis,<br />
die Einhaltung der Prozess- <strong>und</strong> Personal-<br />
Hygieneregeln, das HACCP-Konzept als<br />
Basis der Betrieblichen Eigenkontrollen,<br />
aber auch die Schulung der Personen, die<br />
mit Lebensmitteln umgehen,<strong>und</strong> die Rückverfolgbarkeit<br />
der Produkte, sind hier<br />
zielführend <strong>und</strong> werden auf der Basis der<br />
geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen<br />
umgesetzt.<br />
Trotz der umfangreichen Maßnahmen<br />
in der Lebensmittelwirtschaft kann sich<br />
der Verbraucher manchmal des Eindrucks<br />
nicht erwehren, die Sicherheit der Lebensmittel<br />
sei nicht immer gewährleistet.<br />
Themen wie Dioxin in Futtermitteln,<br />
Acrylamid in Kartoffelchips, Pflanzenschutzmittelrückstände<br />
auf Frischgemüse<br />
oder selbst Tierseuchen führen zur Verunsicherung<br />
der Verbraucher <strong>und</strong> zu einerAbnahme<br />
der Trennschärfe zwischen tatsächlichem<br />
Risiko <strong>und</strong> empf<strong>und</strong>enem Risiko.<br />
Die Herausforderungen <strong>für</strong> die Praxis<br />
bestehen nun darin, in diesem Umfeld zu<br />
agieren <strong>und</strong> die Fragestellungen auf sachlicher<br />
<strong>und</strong> wissenschaftlicher Basis zu thematisieren<br />
.<br />
Die Kenntnis der Lebensmittel, deren<br />
Ursprung <strong>und</strong> Verarbeitung, die erforderlichen<br />
Regeln im Umgang mit den Lebensmitteln<br />
im Haushalt <strong>und</strong> übergeordnet die<br />
<strong>für</strong> den jeweiligen Endverbraucher individuelle<br />
„richtige“ Ernährung <strong>und</strong> deren<br />
Risiken stellen dabei die größte Herausforderung<br />
<strong>für</strong> die Zukunft dar.<br />
Nur durch umfassende Information<br />
<strong>und</strong> individuelle Betrachtung durch den<br />
Verbraucher ist die sinnvolle Einordnung<br />
der diskutierten Themen möglich.<br />
Ein großes Angebot an Informationen<br />
zu Produkten, Herstellung <strong>und</strong> Handhabung<br />
<strong>und</strong> zur Ernährung wird von der<br />
Lebensmittelwirtschaft bereitgestellt.<br />
Die Sicherheit der Lebensmittel war<br />
noch nie so hoch wie heute <strong>und</strong> wird auch<br />
weiterhin auf der Basis neuer Erkenntnisse<br />
kontinuierlich verbessert.<br />
Für die Praxis ergibt sich daraus die<br />
Forderung, die bereits vorhandenen Elemente<br />
umzusetzen, die Toolbox gegebenenfalls<br />
durch neue zu ergänzen <strong>und</strong> stetig<br />
daran weiter zu arbeiten. ■<br />
Veranstaltung der Verlagsgruppe<br />
Deutscher Fachverlag GmbH,<br />
ZLR <strong>und</strong> der WGL Düsseldorf,<br />
Mainzer Landstraße 251,<br />
60264 Frankfurt am Main.
Minijobs: Maximal 18 Euro Zuzahlung bringen "Riester-Rechte"<br />
Teilzeitkraft kann "Lokomotive" <strong>für</strong> selbstständigen Partner sein<br />
>>> Minijobber, Beschäftigte also,<br />
die maximal 400 Euro Monatsverdienst<br />
erzielen, sind zwar selbst von<br />
Sozialabgaben befreit. Das erledigt<br />
der Arbeitgeber mit neuerdings<br />
28 Prozent plus im Regelfall 2 Prozent<br />
Steuerpauschale <strong>für</strong> sie. Doch<br />
eine Zuzahlung der Teilzeitkraft<br />
in Höhe von 4,5 Prozent ihres Verdienstes<br />
(= maximal 18 Euro im<br />
Monat) bringt ihr nicht nur Rentenversicherungspflicht<br />
mit den<br />
daraus resultierenden Vorteilen.<br />
Die „Pflicht“ hat einen weiteren Vorteil:<br />
Die Teilzeitkraft kann einen „Riester-Vertrag“<br />
schließen – mit allen sich daraus<br />
ergebenden Vorteilen. Die Stiftung Warentest<br />
hört nicht auf, zu betonen: Die<br />
Riester-Rente lohnt sich <strong>für</strong> jeden, der sie<br />
kriegen kann. Zu ergänzen ist: ... vor allem<br />
<strong>für</strong> Arbeitnehmer mit geringem Einkommen.Denn<br />
ihnen steuert der Staat besonders<br />
großzügig Anteile bei.<br />
Im Jahr 2006 sind mindestens 3 Prozent<br />
des Vorjahresbruttoverdienstes auf<br />
einen Riester-Vertrag einzuzahlen,um die<br />
höchstmögliche staatliche Förderung kassieren<br />
zu können.Die beträgt 114 Euro <strong>für</strong><br />
die (rentenversicherungspflichtige) Teilzeitkraft<br />
plus 138 Euro <strong>für</strong> jedes Kind. Eine<br />
Mutter mit zwei Kindern kommt somit<br />
auf (114 + 138 + 138 =) 390 Euro Zulage<br />
im Jahr 2006.Aufbringen da<strong>für</strong> muss sie –<br />
einen 400 Euro-Monatsverdienst mit 4,5<br />
Prozent Zuzahlung unterstellt – 134 Euro<br />
im Jahr (= 3 Prozent von 12 x 400 = 4.800<br />
Euro). Da die Zulagen des Finanzministers,in<br />
diesem Beispiel 390 Euro,von dem<br />
selbst aufzubringenden Anteil abgezogen<br />
werden, ergibt sich an sich ein Eigenanteil<br />
von „0“. Das Gesetz sieht jedoch einen<br />
Mindesteigenbeitrag von 60 Euro im Jahr<br />
vor,der von der Teilzeitkraft zu leisten wäre,<br />
um die 390 Euro beigesteuert zu bekommen.Ihr<br />
Riester-Konto 2006 wäre dadurch<br />
mit 450 Euro gefüllt.<br />
Die Riesterei aufgr<strong>und</strong> eines 400-Euro-<br />
Jobs lohnt sich besonders, wenn der Ehepartner<br />
der Teilzeitkraft – nicht rentenversicherungspflichtiger<br />
– Selbstständiger<br />
sein sollte. Denn der dürfte „solo“ keinen<br />
entsprechenden Vertrag abschließen. Ist<br />
der Ehepartner jedoch 400-Euro-Kraft<br />
mit Zuzahlung <strong>und</strong> daraus resultierender<br />
Versicherungspflicht, so kann auch der<br />
selbstständige Gatte die Riester-Vorteile<br />
nutzen. Und das, ohne selbst auch nur<br />
einen Cent auf einen Riester-Vertrag<br />
einzahlen zu müssen. Er kassiert also<br />
„kostenlos“ 114 Euro Gr<strong>und</strong>prämie im<br />
Jahr.<br />
Umgekehrt: Ist der Ehepartner einer<br />
400-Euro-Kraft rentenversicherungspflichtig<br />
tätig,so braucht – wenn nur die Riester-<br />
Zulage voll ausgeschöpft werden soll –<br />
keine Zuzahlung zum Rentenpauschalbetrag<br />
des Arbeitgebers geleistet zu werden.<br />
Denn in diesem Fall ist der rentenversicherungspflichtige<br />
Ehegatte die „Lokomotive“,<br />
die den „Anhänger“ Teilzeitkraft<br />
zur Zulage zieht.<br />
Mini-Jobber vor dem Kadi<br />
Die pauschalen Arbeitgeber-Beiträge<br />
sind verfassungsgemäß – Arbeitgeber<br />
zahlen <strong>für</strong> geringfügige Beschäftigungen<br />
einen Pauschalbeitrag als „Steuer“ an die<br />
gesetzliche Krankenversicherung – vorausgesetzt,<br />
der Mitarbeiter ist gesetzlich<br />
krankenversichert. Bezieht ein Arbeitnehmer<br />
aus seinem Hauptjob ein Entgelt,<br />
das oberhalb der Pflichtversicherungsgrenze<br />
liegt (wodurch er an sich versicherungsfrei<br />
wird; hier war er aber freiwillig<br />
weiterversichert),so muss der Arbeitgeber<br />
dennoch den Pauschalbeitrag abführen.<br />
Diese Regelung gilt <strong>für</strong> alle versicherungsfreien<br />
geringfügigen Beschäftigungen. Es<br />
ist unerheblich,ob der Beschäftigte neben<br />
der Versicherungsfreiheit im 400-Euro-<br />
Job auch schon aus anderen Gründen<br />
versicherungsfrei ist. (B<strong>und</strong>essozialgericht,<br />
B 12 KR 27/04 R)<br />
Für „Freiwillige“ keine doppelten<br />
Beiträge – Freiwillig gesetzlich Krankenversicherte,<br />
die einen 400-Euro-Job ausüben,<br />
brauchen von dem Verdienst aus<br />
dieser Beschäftigung keine Beiträge abzuführen,<br />
da bereits ihr Arbeitgeber 13<br />
Prozent des Lohnes pauschal an die Krankenkasse<br />
überweist.(Die AOK,BEK & Co<br />
hatten vorher den „Freiwilligen“ das Einkommen<br />
aus dem Minijob als „Einnahme<br />
zum Lebensunterhalt“ angerechnet <strong>und</strong><br />
die Beiträge entsprechend heraufgesetzt.)<br />
(B<strong>und</strong>essozialgericht,B 12 KR 25/03 R u.a.)<br />
Nur Arbeitnehmer können „minijobben“<br />
– Nur Arbeitnehmer können im<br />
Rahmen von 400-Euro-Minijobs steuer<strong>und</strong><br />
sozialabgabenfrei Einkünfte erzielen.<br />
Die Vorschrift ist auf geringfügige selbstständige<br />
Tätigkeiten nicht anzuwenden.<br />
(Finanzgericht Hamburg, II 488/01)<br />
Pauschalversteuerung verhindert<br />
„Steuerersparnis“ – Bezieht eine Ehefrau<br />
aus einem 400-Euro-Job pauschal<br />
versteuertes Gehalt, so kann sie keinen<br />
anteiligen Aufwand <strong>für</strong> die (Mit-)Benutzung<br />
eines häuslichen Arbeitszimmers<br />
(das hier überwiegend vom Ehemann genutzt<br />
wird) geltend machen; es fallen keine<br />
steuerrelevanten „Werbungskosten“<br />
an. (B<strong>und</strong>esfinanzhof, XI R 13/04)<br />
Weihnachtsgeld kann elf Monate<br />
zurück wirken – Zahlt ein Arbeitgeber einer<br />
Teilzeitbeschäftigten im Dezember ein<br />
Weihnachtsgeld, so kann damit rückwirkend<br />
<strong>für</strong> das gesamte Jahr das Recht entfallen,den<br />
Lohn der Minijobberin pauschal<br />
zu versteuern – wenn dadurch im Monatsdurchschnitt<br />
mehr als 400 Euro gezahlt<br />
worden sind. Der Arbeitgeber kann nicht<br />
argumentieren, es dürfe das Jahr über kein<br />
„Schwebezustand“ hinsichtlich der endgültigen<br />
Steuerpflicht herrschen. Einmalzahlungen<br />
sind – auch wenn sie erst am<br />
Jahresende gezahlt werden – im Laufe des<br />
Jahres „verdient“ worden. (Baden-Württembergisches<br />
Finanzgericht, 8 K 317/02)<br />
Ohne Nettolohnabrede zahlt der Arbeitnehmer<br />
– Will eine geringfügig Beschäftigte,<br />
dass ihr Arbeitgeber die Pauschalsteuer<br />
(in Höhe von 2 Prozent vom<br />
Arbeitsentgelt) trägt, so muss das im Rahmen<br />
einer „Nettolohnabrede“ zum Ausdruck<br />
kommen. Ist im Arbeitsvertrag lediglich<br />
ein „Tariflohn von zur Zeit 400 Euro<br />
brutto monatlich“ vereinbart worden, so<br />
kann sich die Arbeitnehmerin nicht dagegen<br />
wehren, wenn der Arbeitgeber die<br />
Pauschalsteuer vom Lohn abzieht <strong>und</strong> abführt.<br />
Die zusätzlich vom Arbeitgeber<br />
abzuführenden pauschalen Beiträge zur<br />
Kranken- <strong>und</strong> Rentenversicherung darf er<br />
aber nicht auf die Teilzeitkraft abwälzen.<br />
(B<strong>und</strong>esarbeitsgericht, 5 AZR 628/04) ■<br />
Wolfgang Büser<br />
Recht<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 253
Verbandsnachrichten<br />
>>> B<strong>und</strong>esverband der Fleischkontrolleure<br />
Deutschland<br />
Personalnachrichten<br />
Von links: Veterinärdirektor Dr. Dirk Habermals,<br />
Albert Kappei, Berthold Spieker, Karl Eckhard Pusecker,<br />
Frau Otto <strong>und</strong> Hans Grumbrecht.<br />
Verbandsanschriften<br />
1. Vorsitzender Kassierer<br />
Hermann Hofmann Dieter Gerdes<br />
Römerstraße 1 Glinderstraße 14<br />
61200 Wölfersheim 27432 Ebersdorf<br />
Tel.: (060) 36 50 Tel.: (0 47 65) 81 39<br />
Stellv. Vorsitzender Stellv. Vorsitzender<br />
Andreas Bunzel Josef Schulze-Spüntrup<br />
Polsumer Straße 7 Brink 18<br />
45768 Marl 48653 Coesfeld<br />
Tel.: (0 23 65) 1 70 90 Tel.: (0 25 41) 61 34<br />
>>> Landesverbände<br />
Baden-Württemberg<br />
1. Vorsitzender Kassiererin<br />
Harald Herr Elisabeth Braun<br />
Hauptstraße 7 Ringstraße 13<br />
74861 Neudenau 78606 Seitingen-Oberflacht<br />
Tel.: (0 62 64) 72 70<br />
Bayern<br />
Tel.: ( 0 74 64) 13 88<br />
1. Vorsitzender Kassierer<br />
Johann Standecker Eduard Fertinger<br />
Imstettener Straße 1 Krassolzheim 11<br />
92442 Wackersdorf 91484 Sugenheim<br />
Tel. (0 94 31) 5 04 31<br />
Hessen<br />
Tel. (0 91 65) 794<br />
1. Vorsitzender Kassierer<br />
Hermann Hofmann Gerhard Schneider<br />
Römerstraße 1 Im Mühlfeld 24<br />
61200 Wölfersheim 64342 Seeheim-Jugenheim<br />
Tel. (0 60 36) 36 50<br />
Niedersachsen<br />
Tel. (0 62 57) 8 44 91<br />
1. Vorsitzender Kassierer<br />
August Höne Gerhard Ritterhoff<br />
Telbrake 16 Steinfurt 1<br />
49377 Vechta 27211 Bassum-Neuwohlde<br />
Tel. (0 44 41) 43 65 Tel. (0 42 49) 3 39<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
1. Vorsitzender Kassierer<br />
Andreas Bunzel Josef Schulze-Spüntrup<br />
Polsumer Straße 7 Brink 18<br />
45768 Marl 48653 Coesfeld<br />
Tel. (0 23 65) 1 70 90 Tel. (0 25 41) 61 34<br />
254 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />
Landkreis Northeim<br />
Albert Kappei aus dem Dienst als<br />
Fleischkontrolleur verabschiedet<br />
Nach 38 Dienstjahren als Fleischkontrolleur<br />
des Landkreises<br />
Northeim wurde Albert Kappei<br />
aus Kuventhal <strong>und</strong> umliegenden<br />
Dörfern am 30.April dieses<br />
Jahres durch den Leiter des<br />
Veterinäramtes, Herrn Veterinärdirektor<br />
Dr. Dirk Habermals,<br />
sowie Frau Otto vom Büro mit<br />
Dankesworten <strong>und</strong> Entlassungsurk<strong>und</strong>e<br />
sowie Geschenk in<br />
den wohlverdienten Ruhestand<br />
verabschiedet.<br />
Werra-Meißner-Kreis<br />
Versetzung in den wohlverdienten<br />
Ruhestand<br />
Mit Anfang des Jahres 2006<br />
ging Marie-Luise Kisters,<br />
geboren am 27. Januar 1941, in<br />
den wohlverdienten Ruhestand.<br />
Sie war seit mehr als 32 Jahren<br />
als eine der letzten Trichinenschauerinnen<br />
im Labor eines<br />
EG-Schlachtbetriebes tätig.<br />
Diese verantwortungsvolle<br />
Aufgabe hat sie immer gewissenhaft<br />
<strong>und</strong> zuverlässig<br />
wahrgenommen. Ihr Pflichtbewusstsein<br />
<strong>und</strong> ihre Selbstdisziplin<br />
waren immer <strong>für</strong> alle<br />
Mitarbeiter vorbildlich <strong>und</strong><br />
beispielhaft. Bei ihrer Verabschiedung<br />
wurde ihr da<strong>für</strong><br />
ein besonderer Dank ausgesprochen.<br />
Alle Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen<br />
des Werra-Meißner-Kreises<br />
wünschen ihr <strong>für</strong> die Jahre des<br />
Ruhestandes Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Zufriedenheit im Kreise der<br />
Angehörigen.<br />
Der Verein der Fleischkontrolleure<br />
des Kreises Northeim war<br />
durch den 2.Vorsitzenden Karl<br />
Eckhard Pusecker sowie Rechnungsführer<br />
Berthold Spieker<br />
<strong>und</strong> den Kollegen Hans Grumbrecht<br />
vertreten. Sie bedankten<br />
sich bei ihrem Kollegen Albert<br />
Kappei <strong>für</strong> die 38-jährige Treue<br />
zum Verein. Ein besonderer Dank<br />
gilt Kollege Kappei <strong>für</strong> seine in<br />
den letzten 20 Jahren geleistete<br />
Arbeit zum Wohle des Vereins als<br />
1.Vorsitzender. B. Spieker<br />
Mit Ende des Monats August<br />
2006 ging der Fleischkontrolleur<br />
Hans-Kurt Müller, geboren<br />
am 9.August 1941, in den wohlverdienten<br />
Ruhestand.<br />
Fleischkontrolleur Müller hat<br />
dieses Amt seit mehr als 31 Jahren<br />
stets zuverlässig <strong>und</strong> pflichtbewusst<br />
in seinem Beschaubezirk<br />
des Werra-Meißner-Kreises<br />
ausgeübt. Bei seiner Verabschiedung<br />
am 23.August 2006 wurde<br />
seine Leistung in diesem Rahmen<br />
entsprechend gewürdigt <strong>und</strong><br />
ihm unser Dank ausgesprochen.<br />
Dieser Dank galt auch seiner<br />
Ehefrau, die während dieser<br />
Zeit den Telefondienst stets zuverlässig<br />
übernahm.<br />
Die Mitarbeiter/innen <strong>und</strong><br />
Kollegen/innen des Amtes<br />
wünschen Hans-Kurt Müller <strong>für</strong><br />
die Zeit des Ruhestands<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Freude an der<br />
Freizeit mit seiner Familie.<br />
Dr. Helmut Guse
LÖSCHER<br />
UNGEMACH<br />
KROKER<br />
Pharmakotherapie<br />
bei Haus-<br />
<strong>und</strong> Nutztieren<br />
2006, 7., vollständig überarbeitete<br />
<strong>und</strong> erweiterte Auflage,<br />
648 S., 18 Abb., 99 Tab. 79,95 €,<br />
Parey Verlag, Stuttgart.<br />
ISBN 3-8304-4160-6,<br />
Das bewährte Werk ist aufgr<strong>und</strong> der massiven<br />
Veränderungen auf dem Tierarzneimittelmarkt<br />
– ca. 1000 Handelspräparate<br />
haben ihre Zulassung verloren – gr<strong>und</strong>legend<br />
überarbeitet worden <strong>und</strong> berücksichtigt<br />
die aktuellen Änderungen desArzneimittelrechts.<br />
Unverändert werden die veterinärmedizinisch<br />
bedeutsamen Wirkstoffe in Form<br />
von Monographien umfassend beschrieben.<br />
Neu enthalten sind u. a. Ausführungen<br />
zu Euthanasie <strong>und</strong> zu Impfstoffen,<br />
Hilfen zur Handhabung der „Antibiotika-<br />
Leitlinie“. Erweitert wurden ferner Anleitungen<br />
zur Dosisberechnung <strong>und</strong> Auflistungen<br />
von Heimtier- <strong>und</strong> Pferdearzneimitteln.Die<br />
übersichtliche Darstellung<br />
bietet sofortigen Zugang zu den relevanten<br />
Informationen.<br />
Das Buch ist sowohl <strong>für</strong> in der Praxis<br />
wie auch in der Veterinärverwaltung tätige<br />
Tierärzte nicht nur zu empfehlen,sondern<br />
unverzichtbar. ■ Patzelt<br />
Lebensmittelrechts-Handbuch<br />
25. Erg.lief., Stand 4/2006, 300 S.,<br />
37,00 €, Gr<strong>und</strong>werk: 60,00 €,<br />
Verlag Beck, München.<br />
Das Lebensmittelrecht bleibt in Bewegung,<br />
es unterliegt recht kurzfristigen Änderungen<br />
<strong>und</strong> Neuerungen. Dies kommt<br />
u.a. durch 31 neue EG-Richtlinien zum<br />
Ausdruck, auf die in dem entsprechenden<br />
Kapitel dieser Ergänzungslieferung eingegangen<br />
wird.<br />
Der Abschnitt zum Qualitätsmanagement<br />
in der Lebensmittelindustrie wurde<br />
überarbeitet; der Autor geht insbesondere<br />
auf den International Food Standard - IFS<br />
ein.Auch der Abschnitt über die Sorgfaltspflichten<br />
der Lebensmittelunternehmer<br />
wurde überarbeitet.<br />
Die Erläuterungen zu Nährwertangaben,<br />
Nahrungsergänzungsmitteln, Fisch,<br />
Fischerzeugnissen,Tabakerzeugnissen <strong>und</strong><br />
Bedarfsgegenständen sind aktualisiert<br />
worden.<br />
In den Kapiteln zur Lebensmitteluntersuchung<br />
wurden die Ausführungen über<br />
biogene Amine sowie der Rechtsvorschriften<br />
neu gestaltet.<br />
Mit den umfangreichen Erläuterungen<br />
der vielfältigen Themen stellt das Handbuch<br />
wieder einmal seine besondere Bedeutung<br />
als eine zeitnahe <strong>und</strong> praxisorientierte<br />
Informationsquelle unter Beweis.<br />
■ Ruppert<br />
Termin/Ort Thema Info/Kontakt<br />
Buchbesprechungen Termine<br />
MEYER<br />
Lebensmittelrecht – Textsammlung<br />
103. Erg. lief., Stand 5/2006, 730 S.,<br />
28,00 €. Gr<strong>und</strong>werk in 2 Ordnern:<br />
98,00 €. Verlag C.H.Beck, München.<br />
ISBN 3-406-43402-9.<br />
In die Textsammlung wurden folgende<br />
Regelungen aufgenommen: VO (EG) Nr.<br />
2073/2005 über mikrobiologische Kriterien<br />
<strong>für</strong> Lebensmittel, VO (EG) Nr.<br />
2074/2005 mit Durchführungsvorschriften<br />
sowie VO (EG) Nr. 2076/2005 zur<br />
Festlegung von Übergangsregelungen <strong>für</strong><br />
bestimmte Verordnungen des sogenannten<br />
„EU-Hygienepakets“ <strong>und</strong> die VO (EG)<br />
Nr. 2075/2005 mit Vorschriften zur Fleischuntersuchung<br />
auf Trichinen.<br />
Die Ergänzungslieferung enthält außerdem<br />
u.a. die EG-Mykotoxin-KontrollVO,<br />
das neugefasste Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittel-Gesetzbuch,<br />
die AromenVO, die<br />
EU-UrsprungsbezeichnungenVO.<br />
Des weiteren wurden Änderungen der<br />
Rückstands-HöchstmengenVO, der FuttermittelVO,<br />
der EG-Geflügelfleisch-VermarktungsVO<br />
sowie der WeinVO eingearbeitet<br />
■ Ruppert<br />
2. November 2006 Managementsysteme <strong>für</strong> die TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />
München Lebensmittelsicherheit Westendstraße 199, 80686 München,<br />
Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />
2.–8. November 2006 PraxisForum: Lebensmittelkennzeichnung Behr’s Seminare,<br />
Köln Averhoffstraße 10, 22085 Hamburg,<br />
Tel. (040) 2270080. www.behrs.de<br />
4.–5. November 2006 Ausgewählte Themen im Vollzug der Akademie <strong>für</strong> öffentliches Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />
Hamburg amtlichen Lebensmittelüberwachung Auf’m Hennekamp 70, 40225 Düsseldorf,<br />
Tel. (0211) 310960. www.afoeg-nrw.de<br />
4.–5. November 2006 ANIMAL – Ausstellung <strong>für</strong> Heimtierhaltung, Messe Stuttgart,<br />
Tierges<strong>und</strong>heit mit H<strong>und</strong>e- <strong>und</strong> Katzen- Am Kochenhof 16, 70028 Stuttgart,<br />
ausstellung Tel. (0711) 2589-0. www.messe-stuttgart.de<br />
6. November 2006 Das HACCP-Konzept der Verordnung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />
München (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene Westendstraße 199, 80686 München,<br />
Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />
6.–7. November 2006 Praxis-Forum: Behr’s Seminare,<br />
Köln Lebensmittel-Kennzeichnung Averhoffstraße 10, 22085 Hamburg,<br />
Tel. (040) 2270080. www.behrs.de<br />
<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 255
Termine<br />
Termin/Ort Thema Info/Kontakt<br />
7.–8. November 2006 Überwachung der Vorschriften zu Akademie <strong>für</strong> öffentliches Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />
Hamburg gentechnisch veränderten Organismen Kanzlerstraße 4, 40272 Düsseldorf,<br />
Tel. (0211) 310960. www.afoeg-nrw.de<br />
7.–9. November 2006 Tagung <strong>für</strong> Bäckerei-Technologie Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V.,<br />
Detmold Schützenberg 10, 32756 Detmold,<br />
Tel. (05231) 61664-0. www.agfdt.de<br />
9. November 2006 Sensorik-Workshop arotop food creation GmbH,<br />
Mainz Dekan-Laist-Straße 9, 55129 Mainz,<br />
Tel. (06131) 583800. www.arotop.de<br />
10.–12. November 2006 FORUM VINI – Internat. Weinmesse Messe München GmbH,<br />
München 81823 München,<br />
Tel. (089) 949-0, www.forum-vini.de<br />
11.–12. November 2006 Erfordia - Rassegeflügelschau Messe Erfurt AG,<br />
Erfurt Gothaer Straße 34, 99094 Erfurt,<br />
Tel. (0361) 400-0. www.messe-erfurt.de<br />
13. November 2006 Lebensmittelhygiene-Schulung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />
Frankfurt am Main nach DIN 10514 Westendstraße 199, 80686 München,<br />
Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />
14.–15. November 2006 Praxis-Forum: Sensorik Behr’s Seminare,<br />
Darmstadt Averhoffstraße 10, 22085 Hamburg,<br />
Tel (040) 2270080. www.behrs.de<br />
14.–17. November 2006 EuroTier – Internat. DLG-Fachausstellung Deutsche Messe AG,<br />
Hannover <strong>für</strong> Tierhaltung <strong>und</strong> -management Messegelände, 30521 Hannover,<br />
Tel. (0511) 890. www.eurotier.de<br />
15.–17. November 2006 BRAU Beviale - Internat. Fachmesse NürnbergMesse GmbH,<br />
Nürnberg <strong>für</strong> die Getränkewirtschaft: Rohstoffe, 90471 Nürnberg,<br />
Technologie, Logistik, Marketing Tel. (0911) 86060, www.nuernbergmesse.de<br />
17. November 2006 Lebensmittelhygiene-Schulung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />
Nürnberg nach DIN 10514 Westendstraße 199, 80686 München,<br />
Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />
20. November 2006 HACCP-Konzept: Gr<strong>und</strong>schulung TÜV NORD Akademie,<br />
Berlin Große Bahnstraße 31, 22525 Hamburg,<br />
Tel. (040) 8557-2290. www.tuev-nord.de<br />
21. November 2006 Die Überwachung Akademie <strong>für</strong> öffentliches Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />
Marienheide von Pflanzenschutzmitteln Kanzlerstraße 4, 40272 Düsseldorf,<br />
Tel. (0211) 310960. www.afoeg-nrw.de<br />
24. November 2006 Das HACCP-Konzept der Verordnung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />
Nürnberg (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene Westendstraße 199, 80686 München,<br />
Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />
27. November Grünberger Gemüsebautage Dipl.-Ing. Jochen Winkhoff,<br />
bis1. Dezember 2006 der Fachgruppe Gemüsebau Godesberger Allee 142-148, 53175 Bonn,<br />
Grünberg bei Gießen im B<strong>und</strong>esausschuss Obst <strong>und</strong> Gemüse Tel. (0228) 81002-26. www.gemuesebau.org<br />
5.–7. Dezember 2006 Emissionen der Tierhaltung Kuratorium <strong>für</strong> Technik <strong>und</strong> Bauwesen in der<br />
Bad Staffelstein <strong>und</strong> Nationaler Bewertungsrahmen Landwirtschaft, Bartningstraße 49, 6422889 Darmstadt,<br />
Tierhaltungsverfahren Tel. 06151-7001-0. www.ktbl.de<br />
7. Dezember 2006 Das HACCP-Konzept der Verordnung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />
Dresden (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene Westendstraße 199, 80686 München,<br />
Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />
8.–12. Dezember 2006 LIPSIA – europäische Rassegeflügelschau Leipziger Messe GmbH,<br />
Leipzig Messe-Allee 1, 04356 Leipzig,<br />
Tel. (0341) 678-0. www.messe-leipzig.de