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Rundschau für Fleischhygiene und ... - Vetline

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RFL 10<br />

■<br />

Schlachttieruntersuchung<br />

bleibt<br />

tierärztliche<br />

Aufgabe<br />

■<br />

Tierschutz<br />

bei der<br />

kommerziellen<br />

Gasbetäubung<br />

von Nutztieren<br />

■<br />

Tierseuchen<br />

<strong>und</strong><br />

Gammelfleisch<br />

Oktober 2006<br />

58. Jahrgang<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong><br />

<strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung


Impressum<br />

<strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong><br />

<strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung<br />

RFL<strong>R<strong>und</strong>schau</strong><br />

ISSN 0178-2010<br />

Verlag <strong>und</strong> Herausgeber:<br />

M. & H. Schaper GmbH, Postfach 54 29, 30054 Hannover<br />

Bischofsholer Damm 24, 30173 Hannover<br />

Telefon 0511 8503050, Telefax 0511 85030510<br />

www.schaper-verlag.de, info@schaper-verlag.de<br />

Geschäftsführer: Klaus Krause<br />

Schriftleiter: Ltd. Vet.Dir. a. D. Dr. Klaus Drawer<br />

Goethestraße 64, 44623 Herne, Telefon 02323 918207<br />

Anzeigenverkauf: Rainer Flecks-Franke<br />

Postfach 5429, 30054 Hannover, Telefon 0511 85030540<br />

Telefax 0511 85030510, r.flecks-franke@schaper-verlag.de<br />

Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 35 vom 1. Januar 2006<br />

Vertrieb: Gilde-Verlagsservice, Föhrster Straße 8<br />

31061 Alfeld, Telefon 05181 800450, Telefax 05181 800490<br />

vertrieb-schaper@gilde-verlagsservice.de<br />

Bankkonto: Dresdner Bank, (BLZ 250 800 20) 701 187 800<br />

Erfüllungsort <strong>und</strong> Gerichtsstand <strong>für</strong> Lieferung <strong>und</strong><br />

Zahlung: Hannover<br />

Bezugsbedingungen: Die „<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong><br />

<strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung“ erscheint monatlich.<br />

Bezugspreis jährlich € 74,70 einschl. Vertriebsgebühren,<br />

Preis des Einzelheftes € 6,50 zzgl. Porto. Für Mengenbezüge<br />

gelten besondere Preise, die der Verlag auf Anfrage<br />

bekanntgibt. – Auslandsbezug jährlich € 84,– einschließlich<br />

Versandkosten. – Abbestellungen bis 2 Monate vor Halbjahresende<br />

möglich. Wird das Erscheinen durch höhere<br />

Gewalt oder Streik verhindert, so können keine Ansprüche<br />

an den Verlag geltend gemacht werden.<br />

Redaktionelle Hinweise:<br />

Manuskripte dürfen nicht gleichzeitig anderen Verlagen oder<br />

sonstigen Stellen zum Abdruck angeboten werden. Für den<br />

Inhalt der Beiträge sind deren Verfasser verantwortlich.<br />

Mit der Übergabe des Manuskripts tritt der Autor folgende<br />

Rechte an den Verlag ab:<br />

1. Bestand der Rechte: Der Verfasser versichert, dass er<br />

allein berechtigt ist, über die urheberrechtlichen Nutzungsrechte<br />

an seinem Beitrag einschließlich etwaiger<br />

Bildvorlagen, Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen <strong>und</strong><br />

Tabellen zu verfügen <strong>und</strong> dass der Beitrag keine Rechte<br />

Dritter verletzt.<br />

2. Dauer der Rechte: In Erweiterung von § 38 UrhG räumt<br />

der Verfasser hiermit dem Verlag das ausschließliche<br />

Verlagsrecht an seinen Beiträgen <strong>für</strong> die Dauer des<br />

gesetzlichen Urheberrechtsschutzes ein (alternativ; <strong>für</strong><br />

die Dauer von 3 Jahren ab Erscheinen).<br />

3. Umfang der Rechte: Der Verfasser räumt dem Verlag<br />

auch die folgenden Nutzungsrechte ein:<br />

a) Das Recht zur Übersetzung in andere Sprachen sowie<br />

das Recht zur sonstigen Bearbeitung, insbesondere<br />

zur EDV-gerechten Aufbereitung zum Zwecke der<br />

Nutzung in neuen Medien wie Bildschirmtext, Videotext,<br />

Datenbanken <strong>und</strong> dergl. sowie zur Erstellung<br />

von Zusammenfassungen (abstracts) <strong>und</strong> zur Herausgabe<br />

als Mikrofilm, Mikrofiches <strong>und</strong> dergl.<br />

b) Das Recht zur Veranstaltung von Sonderdrucken <strong>und</strong><br />

zu sonstiger Vervielfältigung, insbesondere durch<br />

Fotokopie, sowie die von der VG Wort wahrgenommenen<br />

Rechte einschließlich der entsprechenden<br />

Vergütungsansprüche.<br />

c) Das Recht zur Aufzeichnung auf Bild- <strong>und</strong> Tonträger<br />

sowie auf maschinenlesbare Datenträger, ferner das<br />

Recht zur elektronischen Speicherung in Datenbanken<br />

sowie zur Ausgabe in körperlicher <strong>und</strong> unkörperlicher<br />

Form.<br />

d) Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe in unkörperlicher<br />

Form <strong>und</strong> das Recht zur Weitergabe der dem<br />

Verlag eingeräumten Nutzungsrechte an Dritte.<br />

Druck: Buchdruckerei P. Dobler GmbH & Co. KG<br />

31061 Alfeld (Leine)<br />

Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

„Es kann doch nicht sein, dass wir Schweine töten, damit sie<br />

nicht krank werden“, empörte sich Albert Groeneveld,<br />

leitender Veterinär des Kreises Borken, nachdem er beim<br />

Tierseuchen-Symposium in Essen über den immensen<br />

Personal-, Material- <strong>und</strong> Kostenaufwand beim letzten<br />

Schweinepest-Seuchenzug in seinem Bereich berichtet hatte.<br />

Die zentrale Frage der Veranstaltung „impfen statt keulen“?<br />

ist wohl mit „impfen <strong>und</strong> keulen“ zu beantworten. Nur<br />

impfen, sich zurücklehnen <strong>und</strong> warten, was kommt, würde<br />

von der EU als Konzeptionslosigkeit interpretiert werden.<br />

Allerdings: Eine neue Bekämpfungsstrategie muss her,<br />

schon allein deshalb, damit Menschen wie Tiere von den<br />

Maßnahmen beim nächsten Mal weniger stark gebeutelt<br />

werden.<br />

Und immer wieder Lebensmittelskandale.<br />

Die Verlockung,<br />

das schnelle Geld „Es kann doch nicht sein,<br />

ohne aufzufallen machen<br />

dass wir Schweine töten,<br />

zu können, scheint vor allem<br />

in der Fleischbranche groß. damit sie nicht krank<br />

Gefeit davor, Gammel- oder werden“ Albert Groeneveld<br />

Ekelfleisch unwissentlich<br />

zu konsumieren, ist niemand:<br />

eine absolute Sicherheit<br />

kann auch eine noch so umfassende Kontrolle nicht bieten.<br />

Wer dennoch weiterhin nicht auf den Fleischgenuss verzichten<br />

will, muss die „Geiz-ist-geil“-Mentalität ablegen <strong>und</strong><br />

auf Qualität setzen. Fleischqualität zeigt sich jedoch nicht<br />

erst beim Zerlegen, sondern hat ihren Ursprung im lebenden<br />

Tier <strong>und</strong> den Umständen, wie es <strong>für</strong>sorglich aufgezogen,<br />

gehalten <strong>und</strong> gefüttert sowie schonend transportiert <strong>und</strong><br />

beim Schlachten betäubt wird.<br />

Übrigens: Bio boomt!<br />

Herzlich Ihr<br />

Klaus Drawer


Bekämpfung der klassischen<br />

Schweinepest (Seite 228, 230)<br />

Tierschutz bei der kommerziellen<br />

Tötung von Nutztieren...................226<br />

Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung<br />

in Kleinbetrieben bleibt<br />

tierärztliche Aufgabe .....................227<br />

Neue Strategien bei der Bekämpfung<br />

der Klassischen<br />

Schweinepest (KSP) gefordert ......228<br />

Stößt die Schweinepestbekämpfung<br />

ohne Impfung an die Grenze des<br />

Machbaren? ....................................230<br />

Blauzungenkrankheit<br />

in Deutschland ................................235<br />

Blauzungenkrankheit<br />

breitet sich in der EU aus ...............236<br />

Legehennenhaltungssysteme<br />

der Zukunft .....................................237<br />

Bio boomt: Eier aus alternativen<br />

Haltungssystemen (Seite 244)<br />

RFL Oktober 2006<br />

Legehennenhaltung<br />

in Deutschland ................................242<br />

Eier: Bio boomt...............................244<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Lebensmittelqualität/Hygiene Lebensmittelqualität/Hygiene Lebensmittelüberwachung<br />

Eine Anzeige in dieser Größe<br />

(60 x 60 mm)<br />

kostet vierfarbig EUR 260,00<br />

(zzgl. MwSt.)!<br />

Ihr Ansprechpartner:<br />

Rainer Flecks-Franke<br />

Tel: 0511 850 305 40<br />

Fax: 0511 850 305 10<br />

E-Mail: r.flecks-franke@schaper-verlag.de<br />

Rubriken<br />

Editorial ................................222<br />

Magazin ................................224<br />

Recht.....................................253<br />

Verbandsnachrichten...........254<br />

Buchbesprechungen ............255<br />

Impressum............................222<br />

Termine .................................255<br />

Archiv <strong>für</strong> Lebensmittelhygiene<br />

Offizielles Organ der DVG<br />

6x im Jahr; Bezugspreis € 146,80 (Ausland: € 152,50).<br />

Weitere Infos unter Telefon 0511 85030540<br />

Gammelfleisch: Intensive Diskussionen<br />

um bessere Kontrollen (Seite 246)<br />

Gammelfleisch:<br />

Ein Pilzsammler fand die Akten.....246<br />

Lebensmittelsicherheit<br />

während der FIFA-Fußballweltmeisterschaft<br />

2006 TM ......................247<br />

Extra<br />

Gute <strong>und</strong> schlechte<br />

Lebensmittel ........................249<br />

>>> Führende Wissenschaftler<br />

<strong>und</strong> Praktiker äußern sich<br />

über Ernährungsverhalten,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Risikobewertung<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 223


Magazin<br />

Impfprogramm zu<br />

Forschungszwecken<br />

Vogelgrippe >>> Die EU hat zwei Impfstoffe gegen Vogelgrippe<br />

zugelassen. Beide Impfstoffe senken die Sterblichkeit der geimpften<br />

Hühner <strong>und</strong> die Ausscheidung des Virus, teilte die EU-Kommission<br />

mit. Mit einem Impfstoff können Hühner, mit dem zweiten Hühner<br />

<strong>und</strong> Pekingenten geimpft werden. Die Impfstoffe dürfen allerdings nur<br />

von den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten im Rahmen<br />

der Seuchenbekämpfung <strong>und</strong> nach Maßgabe der EU-Vorschriften zur<br />

Bekämpfung der Vogelgrippe eingesetzt werden. Italien, Frankreich,<br />

die Niederlande <strong>und</strong> Deutschland sind berechtigt, Impfungen<br />

durchzuführen. Die Kommission <strong>und</strong> die Mitgliedstaaten haben ein<br />

Test-Impfprogramm in Deutschland gebilligt. Es erlaubt deutschen<br />

Behörden, in den nächsten zwei Jahren auf drei Geflügelbetrieben in<br />

Nordrhein-Westfalen eine Feldstudie zu Forschungszwecken<br />

durchzuführen.Weder Geflügel noch Geflügelprodukte oder Eier aus<br />

diesen Betrieben dürfen vermarktet werden. ■ aid<br />

224 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

Geier im Anflug<br />

Große Trupps von Gänsegeiern<br />

aus Südwesteuropa<br />

haben Vogelk<strong>und</strong>ler<br />

vom Schwarzwald bis zur<br />

Ostseeküste beobachtet.<br />

"Das ist ein gewaltiger<br />

Einflug", sagte der Biologe<br />

Thorsten Krüger von<br />

der Vogelschutzwarte<br />

Hannover. Trupps von bis<br />

zu 70 der großen Aasfresser<br />

mit bis zu 2,80 Metern<br />

Flügelspannweite wurden<br />

in den vergangenen<br />

Wochen gesichtet – mehr<br />

als 200 Tiere. Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong><br />

den Einflug könnte Nahrungsmangel<br />

in Südeuropa<br />

sein, weil EU-Richtlinien<br />

die Beseitigung von<br />

Tierkadavern<br />

verlangen.<br />

■ dpa<br />

Ekelfleisch <strong>und</strong><br />

Giftkonserven<br />

Lebensmittelkontrollen >>> R<strong>und</strong> jeder<br />

fünfte deutsche Lebensmittelbetrieb ist im<br />

Vorjahr bei staatlichen Kontrollen negativ<br />

aufgefallen. In 49 % aller Fälle verstießen<br />

Firmen gegen Kennzeichnungspflichten.<br />

Fast jede sechste auffällige Probe war verdorben<br />

oder enthielt krankheitserregende Keime.<br />

In 9 % der Fälle wurden Rückstände wie<br />

Pflanzenschutzmittel,Acrylamid oder Glassplitter<br />

in den Produkten entdeckt. Insgesamt<br />

kontrollierten die Länder r<strong>und</strong> 1,1 Millionen<br />

Mal in 592 000 Betrieben. Im Schnitt wird<br />

damit jeder zweite Betrieb in Deutschland<br />

zwei Mal jährlich untersucht.Von den 2005<br />

entnommenen 400 000 Proben waren 15,3 %<br />

(2004: 14,9) zu beanstanden. Die meisten Verstöße<br />

wurden bei Eis <strong>und</strong> Desserts (21,4 %)<br />

<strong>und</strong> Fleischwaren (20,2 %) registriert. Deutlich<br />

besser schnitten Obst <strong>und</strong> Gemüse (10,3)<br />

sowie Schokolade, Kakao, Kaffee <strong>und</strong> Tee (9,4)<br />

ab. ■


Transparente Lebensmittel<br />

Verbraucherschutz >>> Das<br />

Institut <strong>für</strong> Lebensmittelqualität<br />

<strong>und</strong> -sicherheit der<br />

Tierärztlichen Hochschule<br />

Hannover (TiHo) entwickelt<br />

am Beispiel von Fleisch <strong>und</strong><br />

Fleischwaren ein computergestütztes<br />

System <strong>für</strong> eine<br />

lückenlose Kontrolle entlang<br />

der Lebensmittelkette.<br />

Zu den gesammelten Informationen<br />

sollen auch die Verbraucher<br />

beispielsweise über Web-Portale<br />

Zugang erhalten. Die Arbeiten<br />

laufen in Kooperation mit 30<br />

Partnern aus Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Wirtschaft im Rahmen des dreijährigen<br />

IT-FoodTrace Projekts,<br />

das vom B<strong>und</strong>esministerium<br />

<strong>für</strong> Bildung <strong>und</strong> Forschung gefördert<br />

wird. Die TiHo-Forscher<br />

erarbeiten exemplarisch ein<br />

stufenübergreifendes Qualitätssicherungskonzept<br />

<strong>für</strong> einen der<br />

wichtigsten Zoonoseerreger in<br />

der Geflügelfleischproduktion,<br />

Campylobacter spp., <strong>und</strong> stichprobenartig<br />

<strong>für</strong> einen ausgewählten<br />

abiotischen Faktor, die<br />

antibiotisch wirksamen Tetracycline.<br />

■ TiHo<br />

Maisfelder: Reich gedeckter<br />

Tisch <strong>für</strong> Wildschweine<br />

Wildtiere >>> Nach Auffassung<br />

des Deutschen Jagdschutz<br />

Verbandes (DJV) hat<br />

die Ausweitung des Maisanbaus<br />

in Deutschland<br />

wesentlich zum rasanten<br />

Anstieg des Wildschweinbestandes<br />

beigetragen.<br />

Die Anbaufläche von Mais habe<br />

sich in den letzten 50 Jahren<br />

verdreißigfacht <strong>und</strong> liegt derzeit<br />

bei über 1,7 Millionen Hektar,<br />

stellte der DJV fest. Der b<strong>und</strong>esweite<br />

Anstieg erlegter Wildschweine<br />

um 300 Prozent seit<br />

den 70er Jahre spiegele diese<br />

Entwicklung wider. Hohe Wildschweinbestände<br />

bergen die<br />

Gefahr von Seuchenzügen der<br />

Schweinepest <strong>und</strong> verursachen<br />

beträchtliche Schäden in der<br />

Landwirtschaft.Verschärft werde<br />

die Situation durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz.<br />

Die<br />

Anbaufläche von Mais als<br />

Rohstoff <strong>für</strong><br />

Biogasanlagen soll bis<br />

2010 auf r<strong>und</strong> 2,5<br />

Millionen<br />

Hektar ansteigen. Zur so genannten<br />

Milchreife im August verlagern<br />

ganze Wildschwein-Großfamilien<br />

ihren Lebensraum in<br />

die riesigen Felder. Um Jägern<br />

bessere Bejagungsmöglichkeiten<br />

zu bieten, appellierte der DJV<br />

an die Landwirte, große Maisfelder<br />

durch Schneisen aufzuteilen.<br />

Dies mache eine effektive<br />

Schadensabwehr möglich.Außerdem<br />

seien Grünstreifen mit verschiedenen<br />

Kräutern <strong>und</strong> Gräsern<br />

vorteilhaft <strong>für</strong> die biologische<br />

Vielfalt. Laut DJV kann die<br />

Zahl der Schwarzkittel von der<br />

Jägerschaft nur in Zusammenarbeit<br />

mit Gr<strong>und</strong>eigentümern<br />

sowie Forst- <strong>und</strong> Landwirtschaft<br />

reduziert werden. Er rief alle<br />

privaten <strong>und</strong> staatlichen Revierinhaber<br />

auf, sich weiterhin in<br />

Wildschwein-Hegegemeinschaften<br />

zu organisieren <strong>und</strong> Revier<br />

übergreifende Jagden durchzuführen.<br />

■ DJV<br />

Kurznachrichten<br />

Magazin<br />

>>> Landflucht. Bienen leben in der Stadt gesünder<br />

als auf dem Land. Das ergab eine Studie des<br />

französischen Imkerverbandes UNAF. Danach finden<br />

die Insekten in dicht besiedelten Gebieten eine<br />

reichere Auswahl an Blütenpflanzen, während die<br />

Belastung durch Pestizide <strong>und</strong> andere Agrargifte<br />

geringer ist. Die Sterblichkeitsrate der Stadtbienen<br />

liege deutlich unter der ihrer Artgenossen auf dem<br />

Lande. ■ afp<br />

>>> Kurze Pommes. Nach Einschätzung der<br />

Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen werden<br />

die Pommes in diesem Jahr kürzer. Ursache ist<br />

die lang anhaltende Trockenheit, die an den überwiegend<br />

aus Wasser bestehenden Kartoffeln nicht spurlos<br />

vorüber gegangen ist. Lange Pommes frites kann<br />

man aber nur aus dicken Kartoffelknollen schneiden<br />

<strong>und</strong> die sind schon jetzt europaweit knapp. An den<br />

großen Warenterminbörsen in Rotterdam, Amsterdam<br />

<strong>und</strong> Hannover werden die gelben Knollen schon<br />

seit längerem zu Höchstpreisen gehandelt. ■<br />

>>> Verirrter Fisch. Einen eigentlich im Mittelmeer<br />

beheimateten Schwertfisch hat ein britischer<br />

Fischer vor der Nordostküste Englands gefangen. Es<br />

sei das erste Mal, dass er von einem Schwertfischfang<br />

in den kalten britischen Gewässern höre, kommentierte<br />

Fisch-Experte Sam Harris den Fang. Das beweise, wie<br />

sehr sich die Meerestemperaturen erwärmten. ■ afp<br />

>>> Käse-Weltmeister. Ein Emmentaler aus<br />

der Schweiz ist zum besten Käse der Welt gekürt worden.<br />

Die fast perfekten Löcher <strong>und</strong> der süßnussige<br />

Geschmack überzeugten die Jury in Madison (USA).<br />

Die Plätze zwei <strong>und</strong> drei belegten zwei Goudas aus<br />

Holland. An dem Wettbewerb nahmen 18 Länder<br />

mit 1793 Käsesorten teil. Bewertet wurden in 50 Kategorien<br />

unter anderem Aussehen, Beschaffenheit<br />

Geruch <strong>und</strong> natürlich Geschmack . In seiner Vielfalt<br />

ist der deutsche Käse mit über 400 Sorten weltweit<br />

Spitzenreiter. ■<br />

>>> Rekord-Baum. Der höchste Baum Deutschlands<br />

ist eine Douglasie. Sie steht im Stadtwald von<br />

Eberbach bei Heidelberg <strong>und</strong> misst 62,45 Meter.<br />

Damit überragt sie ihre "Konkurrentin" in Emmendingen<br />

bei Freiburg im Breisgau um fast zwei Meter.<br />

Seit über zehn Jahren stehen die beiden Städte<br />

wegen der Bestmarke in einem Wettbewerb. ■<br />

>>> Eichelmast. Für ausgesuchte Schweine in<br />

Ruthe bei Hannover stehen zurzeit Eicheln auf dem<br />

Speiseplan. Die Wissenschaftler der Tierärztlichen<br />

Hochschule Hannover wollen erforschen, inwieweit<br />

sich die Eichelfütterung auf das Geschmacksaroma<br />

beim Schweinefleisch auswirkt. Die Eichelmast war in<br />

Deutschland bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert gängige Praxis.<br />

Erste Testergebnisse beim Verzehr von schmackhaften<br />

Wurstwaren seinen viel versprechend, teilten die<br />

Ruther Wissenschaftler jetzt mit. ■<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 225


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Tierschutz bei der kommerziellen Gasbetäubung<br />

<strong>und</strong> Tötung von Nutztieren<br />

Deutscher B<strong>und</strong>estag (Drucksache 16/2396):<br />

Antwort der B<strong>und</strong>sregierung am 15. August 2006 auf die Kleine Anfrage<br />

der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Ulrike Höfken, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter <strong>und</strong> der<br />

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2337 –<br />

Vorbemerkung der Fragesteller<br />

Aus dem Staatsziel Tierschutz des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />

resultiert ein höherer Stellenwert<br />

des Tierschutzes,auch <strong>und</strong> gerade im Rahmen<br />

der Nutztierschlachtung.Tötung <strong>und</strong><br />

Schlachtung stellen den schwerwiegendsten<br />

Eingriff in das Leben eines Tieres dar.<br />

Deshalb ist sicherzustellen, dass die Tiere<br />

nicht mehr als unerlässlich leiden müssen.<br />

Zunehmende Bedeutung bei der<br />

Schlachtung gewinnt neben der Elektrobetäubung<br />

das alternative Verfahren der<br />

Gasbetäubung.<br />

Tierschutzvereine (wie der gemeinnützige<br />

Tierschutzfachverband Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> artgerechte Nutztierhaltung<br />

e.V.) <strong>und</strong> Wissenschaftler berichten<br />

über tierquälerische Umstände des Einsatzes<br />

von CO2 bei der Schlachtung von<br />

Schweinen <strong>und</strong> Geflügel.DieTiere würden<br />

wilde Abwehr-, Vermeidungs- <strong>und</strong> verzweifelte<br />

Fluchtreaktionen noch eine Minute<br />

nach Beginn der Exposition zeigen.<br />

1. Welche Gründe führen zum Einsatz<br />

der CO2-Betäubung bei der Schlachtung<br />

von Nutztieren?<br />

Die CO2-Betäubung von Schweinen ist in<br />

der Form der Backloader-Betäubung das<br />

Tierschutz<br />

Betäubungsanlage: Auswurf gasbetäubter Schlachtschweine. Foto: Drawer<br />

einzige Betäubungsverfahren, das einen<br />

gruppenweisen Zutrieb der Tiere zur <strong>und</strong><br />

in die Betäubungseinrichtung ermöglicht,<br />

wodurch die Belastung der Tiere beim Zutrieb<br />

erheblich reduziert wird.<br />

Die Gasbetäubung von Schlachtgeflügel<br />

wird erst seit den 90er-Jahren kommerziell<br />

genutzt <strong>und</strong> gewinnt weltweit an Bedeutung.<br />

Der Hauptgr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong> sind Qualitätsprobleme<br />

an den Geflügelschlachtkörpern<br />

von elektrisch betäubtem Schlachtgeflügel<br />

wie Blutpunkte in der Muskulatur<br />

oder Knochenbrüche im Zusammenhang<br />

mit der Elektrobetäubung.<br />

2. Bei welchen Nutztierarten wird diese<br />

Betäubungsform nach Kenntnis der<br />

B<strong>und</strong>esregierung kommerziell eingesetzt?<br />

Schweine, Puten, Hähnchen.<br />

3. Wie viele Tiere dieser Nutztierarten<br />

in wie vielen Schlachthöfen/Schlachtstätten<br />

werden nach Kenntnis der<br />

B<strong>und</strong>esregierung jährlich auf diese<br />

Weise betäubt <strong>und</strong> getötet?<br />

Im Jahr 2005 wurden in Deutschland nach<br />

Angaben des Statistischen B<strong>und</strong>esamtes<br />

47 852 499 Schweine gewerblich ge-<br />

226 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

schlachtet. Bei Schlachtschweinen liegt der<br />

Anteil der in Deutschland mit Kohlendioxid<br />

betäubten Tiere bei ausschließlicher<br />

Berücksichtigung der zehn schlachtstärksten<br />

Unternehmensgruppen bei mindestens<br />

50 %. Bei Berücksichtigung auch der mittelgroßen<br />

Schlachtbetriebe wird der Anteil<br />

der insgesamt in Deutschland mit Kohlendioxid<br />

betäubten Schweine auf 65 bis<br />

70 % geschätzt. Die Gesamtzahl an CO2-<br />

Betäubungsanlagen <strong>für</strong> Schweine wird in<br />

Deutschland auf mindestens 50 geschätzt.<br />

In zwei Betrieben werden Puten mit Kohlendioxid<br />

betäubt, in zwei weiteren Betrieben<br />

werden (mit Ausnahmegenehmigung)<br />

Hähnchen mit CO2 betäubt.<br />

4. Nach welcher Zeit tritt bei Einsatz<br />

von CO2 bei den Tieren Bewusstlosigkeit<br />

ein?<br />

Die anästhesierende Wirkung von Kohlendioxid<br />

setzt nicht sofort ein, so dass die<br />

Schweine, in Abhängigkeit von der CO2-<br />

Konzentration,<strong>für</strong> einen Zeitraum von ca.<br />

10 bis 20 Sek<strong>und</strong>en Belastungen ausgesetzt<br />

sind.<br />

Die Betäubung <strong>und</strong> ggf. Tötung von<br />

Geflügel in einer Gasatmosphäre kann –<br />

<strong>und</strong> davon hängt der Eintritt der Betäubung<br />

ab – durch höhere CO2-Gehalte (Hyperkapnie),<br />

die Verdrängung von Sauerstoff<br />

(Anoxie) oder einer Kombination von beiden<br />

(hyperkapnische Anoxie) erfolgen.<br />

5. Wann hat sich die Tierschutzkommission<br />

des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Ernährung,<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

mit dieser Problematik<br />

befasst, <strong>und</strong> zu welchen Schlussfolgerungen<br />

gelangte sie?<br />

Die Tierschutzkommission des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz (BMELV)<br />

hat sich im Zusammenhang mit der Zweiten<br />

Verordnung zur Änderung der Tierschutz-<br />

Schlachtverordnung 2003 mit dieser Problematik<br />

befasst. Darin wird im Hinblick<br />

auf die CO2-Betäubung von Schweinen<br />

die Verweildauer in der CO2-Atmosphäre<br />

von 70 Sek<strong>und</strong>en auf 100 Sek<strong>und</strong>en heraufgesetzt,<br />

um eine tierschutzgerechte Betäubung<br />

sicherzustellen.Wissenschaftliche


Untersuchungen hatten eindeutig belegt,<br />

dass <strong>für</strong> eine ausreichend tiefe Betäubung<br />

der Schweine eine Mindestverweildauer<br />

von 100 Sek<strong>und</strong>en bei einer CO2-Konzentration<br />

von 80 % erforderlich ist. Die Tierschutzkommission<br />

hatte dem Entwurf zugestimmt,weil<br />

<strong>für</strong> umfassendere Regelungen<br />

keine hinreichenden Daten vorliegen.<br />

6. Welche Untersuchungen wurden hinsichtlich<br />

einer Verringerung des nicht<br />

auszuschließenden Leidens der Tiere<br />

während der Einleitungsphase der<br />

CO2-Betäubung durchgeführt, wie<br />

dies der wissenschaftliche Ausschuss<br />

<strong>für</strong> Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> -wohlbefinden<br />

gefordert hat (vgl. The EFSA<br />

Journal 45 [2004] 1–29: Opinion of<br />

the Scientific Panel on Animal Health<br />

and Welfare on a request from the<br />

Commission related to welfare aspects<br />

of the main systems of stunning<br />

and killing the main commercial<br />

species of animals)?<br />

Am Institut <strong>für</strong> Technologie der B<strong>und</strong>esforschungsanstalt<br />

<strong>für</strong> Ernährung <strong>und</strong> Lebensmittel,<br />

Standort Kulmbach, vormals B<strong>und</strong>esanstalt<br />

<strong>für</strong> Fleischforschung,werden seit<br />

etwa 20 Jahren experimentelle Untersuchungen,<br />

häufig in Kooperation mit<br />

Schlachtbetrieben, durchgeführt, um die<br />

CO2-Betäubung von Schlachtschweinen<br />

nach Tierschutzgesichtspunkten zu verbessern<br />

bzw. brauchbare Alternativen zu finden.<br />

Wichtige Ergebnisse dieser Untersuchungen<br />

finden sich z. B. in folgenden Publikationen:<br />

TROEGER, K., U. MACHOLD, M. MO-<br />

JE <strong>und</strong> M.BEHRSCHMIDT (2003): Betäubung<br />

von Schweinen mit Kohlendioxid,<br />

Argon, Stickstoff-Argon-Gemisch oder Argon/Kohlendioxid<br />

(2-stufig) – Schlachtkörper-<br />

<strong>und</strong> Fleischqualität. Proc. 2. Schlachttechnologie-Workshop<br />

am 8. Mai 2003 in<br />

der BAFF, Kulmbach, S. 27–40.<br />

MACHOLD, U., K. TROEGER <strong>und</strong> M.<br />

MOJE (2003): Gasbetäubung von Schweinen.<br />

Ein Vergleich von Kohlendioxid, Argon,<br />

einer Stickstoff-Argon-Mischung <strong>und</strong><br />

Argon/Kohlendioxid (2-stufig) unter Tierschutzaspekten.<br />

Fleischwirtschaft 83 (10),<br />

S. 109–114.<br />

7. Wie bewertet die B<strong>und</strong>esregierung<br />

die in der Literatur beschriebene Alternative<br />

der Betäubung mit dem<br />

Edelgas Argon bzw. einer Vorbetäubung<br />

mit Argon?<br />

Eine ausreichend tiefe <strong>und</strong> andauernde<br />

Betäubung mit Argon (90 %) erfordert<br />

Tierschutz Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Gasexpositionszeiten von mehr als 180<br />

Sek<strong>und</strong>en. Diese langen Gasexpositionszeiten<br />

schränken die Anwendungsmöglichkeiten<br />

in der Praxis ein.Hauptnachteil<br />

der Verwendung von Argon wie auch einer<br />

Stickstoff-Argo-Mischung anstelle von<br />

CO2 zur Betäubung von Schlachtschweinen<br />

ist jedoch die nachteilige Auswirkung<br />

auf die Schlachtkörper- <strong>und</strong> Fleischbeschaffenheit.<br />

Als gänzlich unakzeptabel<br />

<strong>für</strong> die Praxis erwies sich die Häufigkeit<br />

des Vorkommens von Blutpunkten in der<br />

Muskulatur speziell des Schinkens (ca.<br />

30 % der Schlachtkörper betroffen). Als<br />

Ursache sind die Hypoxie bzw.Anoxie in<br />

Kombination mit den krampfartigen Muskelkontraktionen<br />

der Hintergliedmaßen<br />

in der Exzitationsphase wahrscheinlich.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e stellt die Betäubung<br />

mit Argon gegenwärtig keine Alternative<br />

zur CO2-Betäubung dar.<br />

8. Stellt die B<strong>und</strong>esregierung Überlegungen<br />

an, die Praxis der CO2-Betäubung<br />

unter Tierschutzgesichtspunkten<br />

zu evaluieren <strong>und</strong> ggf. die derzeitige<br />

Praxis zu verbieten?<br />

Soweit sich geeignete Alternativen finden,<br />

beabsichtigt die B<strong>und</strong>esregierung diese zu<br />

prüfen – siehe auch Antwort zu Frage 6. ■<br />

Schlachttier- <strong>und</strong> Fleischuntersuchung in Kleinbetrieben bleibt<br />

tierärztliche Aufgabe<br />

>>> Auch in Zukunft <strong>und</strong> auch in<br />

Kleinbetrieben wird die Schlachttieruntersuchung<br />

Aufgabe des amtlichen<br />

Tierarztes bleiben. Das hat das B<strong>und</strong>esministerium<br />

<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

schriftlich mitgeteilt. Die B<strong>und</strong>estierärztekammer<br />

begrüßt diese<br />

Entscheidung zugunsten des Verbraucherschutzes<br />

<strong>und</strong> informiert wie<br />

folgt über die Entscheidung des<br />

B<strong>und</strong>eslandwirtschaftsministeriums:<br />

Im Ausnahmefall kann die Fleischuntersuchung<br />

bereits heute allein von<br />

amtlichen Fachassistenten, allerdings nur<br />

unter Aufsicht des amtlichen Tierarztes<br />

erfolgen. Ende 2005 hatte eine Projektgruppe<br />

der Länderarbeitsgemeinschaft ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Verbraucherschutz vorgeschlagen,<br />

künftig in Schlachtbetrieben,<br />

die nicht mehr als 20 Großvieheinheiten<br />

pro Woche schlachten, auch die Lebenduntersuchung<br />

allein von amtlichen Fachassistenten<br />

durchführen zu lassen. Begründet<br />

wurde der Vorschlag mit einem<br />

zu erwartenden Mangel an qualifizierten<br />

amtlichen Tierärzten.<br />

Die B<strong>und</strong>estierärztekammer hat sich<br />

gegen dieses Vorhaben gewandt wegen der<br />

erheblichen Risiken <strong>für</strong> den ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Verbraucherschutz, zumal in weiten<br />

Teilen Deutschlands die Mehrheit der<br />

Betriebe betroffen gewesen wäre: Nur die<br />

tierärztliche Qualifikation könne gewährleisten,<br />

dass bei der Vielzahl möglicher<br />

Erkrankungen <strong>und</strong> sonstiger Auffälligkeiten<br />

<strong>für</strong> die Schlachtung nicht geeignete<br />

Tiere sicher erkannt werden.Der Sachverstand<br />

von Hilfspersonal sei da<strong>für</strong> nicht<br />

ausreichend <strong>und</strong> keine geeignete Regelung<br />

<strong>für</strong> eine Durchführung unter Aufsicht<br />

des amtlichen Tierarztes möglich.<br />

Am Protest gegen das Vorhaben der<br />

Länder hat sich der gesamte Berufsstand<br />

beteiligt: B<strong>und</strong>estierärztekammer,Landestierärztekammern<br />

<strong>und</strong> auch andere tierärztliche<br />

Verbände haben wiederholt an<br />

die zuständigen Minister von B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Ländern appelliert, keine unnötigen Risiken<br />

<strong>für</strong> den ges<strong>und</strong>heitlichen Verbraucherschutz<br />

einzugehen. Außerdem haben in<br />

einer Unterschriftenaktion zahlreiche Tierärztinnen<br />

<strong>und</strong> Tierärzte persönlich bei<br />

ihren Länderministern protestiert.<br />

Neben dem breit getragenen Protest<br />

mit f<strong>und</strong>ierten Sachargumenten war <strong>für</strong><br />

die Entscheidung des B<strong>und</strong>esverbraucherministeriums<br />

offenbar das Datenmaterial<br />

ausschlaggebend, das die B<strong>und</strong>estierärztekammer<br />

vorlegen konnte. Danach sind<br />

aktuell r<strong>und</strong> 3800 Tierärztinnen <strong>und</strong> Tierärzte<br />

in der Fleischuntersuchung tätig,<br />

r<strong>und</strong> 5400 haben die vorgeschriebene<br />

Ausbildung <strong>für</strong> amtliche Tierärzte absolviert,<br />

<strong>und</strong> künftige Studienabsolventen<br />

haben automatisch die Berechtigung als<br />

amtlicher Tierarzt. Der von den Ländern<br />

als Argument angeführte drohende Personalmangel<br />

ist damit ausgeschlossen. ■<br />

B<strong>und</strong>estierärztekammer e. V.,<br />

Arbeitsgemeinschaft der Deutschen<br />

Tierärztekammern e.V.,<br />

Oxfordstraße 10, 53111 Bonn.<br />

Tel. (02 28) 7 25 46-0/-70, Fax 7 25 46 66<br />

E-Mail: geschaeftsstelle@btk-bonn.de<br />

www.b<strong>und</strong>estieraertzekammer.de<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 227


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Tierseuchen<br />

Neue Strategien bei der Bekämpfung<br />

der Klassischen Schweinepest (KSP) gefordert<br />

>>> Anlässlich des 2. Nordrhein-<br />

Westfälischen Tierärztetages am<br />

1. September 2006 in Essen beschäftigte<br />

sich ein wissenschaftliches<br />

Symposium mit Fragen der<br />

perspektivischen Weiterentwicklung<br />

der Bekämpfungsstrategien<br />

gegen die Schweinepest.<br />

Als aktueller Bezug galt der Seuchenzug<br />

im Mai/Juni dieses Jahres in den Kreisen<br />

Borken <strong>und</strong> Recklinghausen. Insgesamt<br />

wurden dabei 150 000 Schweine getötet<br />

<strong>und</strong> 260 000 Blutproben untersucht. Allein<br />

die direkten Kosten (Entschädigun-<br />

Gemeinsam mit dem Westfälisch-Lippischen<br />

Landwirtschaftsverband (WLV)<br />

<strong>und</strong> dem Rheinischen Landwirtschaftsverband<br />

(RLV) hat das Düsseldorfer<br />

Landwirtschaftsministerium einen<br />

„Zehn-Punkte-Plan“ zur Schweinepestbekämpfung<br />

erarbeitet:<br />

1. Das tierges<strong>und</strong>heitliche Frühwarnsystem<br />

auf der Basis von Falltierdaten<br />

sowie weiterer objektivierbarer<br />

Kriterien ist fortzuentwickeln;<br />

unerlässlich ist eine noch schnellere<br />

Auswertung der Daten sowie die<br />

Einbeziehung auch des amtstierärztlichen<br />

Dienstes. Darüber hinaus sind<br />

die amtlichen Kommunikationsstrukturen<br />

unter besonderer Berücksichtigung<br />

des b<strong>und</strong>esweiten DV-Systems<br />

„TSN“ auszubauen. Die Entwicklung<br />

des Krisenmoduls in „TSN“ ist<br />

beschleunigt fertig zu stellen.<br />

2. Schaffung einer verlässlichen Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> die unmittelbare Anwendung<br />

eines 72 St<strong>und</strong>en "Stand<br />

still" nach einem Seuchenerstausbruch.<br />

3. Verstärkung des epidemiologischen<br />

Dienstes; die Epidemiologie<br />

im Tierseuchenfall sollte mit „externer“<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Angehörigen<br />

der jeweils betroffenen<br />

Gebietskörperschaft erfolgen.<br />

gen <strong>und</strong> Beihilfen) beliefen sich auf etwa<br />

24 Mio. Euro. Außerdem entstanden immense<br />

Schäden durch massive Handelsbeschränkungen.<br />

Und das alles vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> von acht Pestfällen!<br />

Politiker <strong>und</strong> Experten waren sich einig,<br />

dass sich schleunigst etwas in der Bekämpfung<br />

der KSP ändern muss.<br />

Wie diese alternative Schweinepestbekämpfung<br />

aussehen könnte, erläuterte<br />

Prof. Dr. Werner Zwingmann vom B<strong>und</strong>eslandwirtschaftsministerium:<br />

■ Der Schlüssel zu einer neuen KSP-<br />

Bekämpfung ist das Diagnoseverfahren<br />

Zehn-Punkte-Plan zur Schweinepestbekämpfung<br />

228 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

4. Einführung eines „nordrhein-westfälischen<br />

Modells“ zur Vermeidung<br />

von Marktstützungsmaßnahmen<br />

durch Ankauf <strong>und</strong> Vernichtung<br />

dieser Tiere. Bei künftigen Seuchenfällen<br />

sollte das „belgische Modell“<br />

(Sonderschlachtungen bei Sperren<br />

nach standardisierten Vorgaben)<br />

um Regelungen <strong>für</strong> das Verbringen<br />

von Ferkeln nach Ablauf eines<br />

„Stand still“ innerhalb besonderer<br />

Kontrollzonen erweitert werden<br />

<strong>und</strong> beide Maßnahmen möglichst<br />

zeitnah sowie nach vorgegebenen<br />

Kriterien in Kraft gesetzt werden.<br />

5. Optimierung der Dokumentationssysteme<br />

<strong>und</strong> der Öffentlichkeitsarbeit<br />

insbesondere durch zentrale<br />

Informationsbereitstellung durch<br />

das Land (wie z. B. Gebietskulisse<br />

im Seuchengeschehen, Formulare<br />

etc. [„24 St<strong>und</strong>en-Aktualität“]),<br />

auf die sich alle Beteiligten beziehen<br />

können <strong>und</strong> die verbindlich<br />

ist.<br />

6. Vermehrtes Angebot von Schulungs<strong>und</strong><br />

Trainingsprogrammen <strong>für</strong> verschiedene<br />

Tierseuchen. Die Tierärztekammern<br />

sollen in ihren Berufsordnungen<br />

die Verpflichtung von<br />

Tierärzten zu regelmäßigen Kursen<br />

auf dem Gebiet der Tierseuchenbekämpfung<br />

aufnehmen.<br />

„Realtime-PCR“. Dieses Verfahren ermöglicht<br />

einen direkten Erregernachweis<br />

in kurzer Zeit ohne Virusanzüchtung.<br />

Außerdem lassen sich schutzgeimpfte<br />

Schweine <strong>und</strong> mit KSP-Feldvirus<br />

infizierte Tiere sicher unterscheiden. Eine<br />

„Freiprüfung“ der Bestände ist damit<br />

möglich.<br />

■ Durch konsequente Nutzung der „Realtime-PCR“<br />

könnte bei einem künftigen<br />

KSP-Ausbruch die Zahl der vorsorglich<br />

getöteten, ges<strong>und</strong>en Schweine drastisch<br />

reduziert werden.Natürlich würden nach<br />

wie vor die Seuchenbestände gekeult.<br />

7. Stärkere Betonung der Tierseuchenvorbeugung<br />

unter Mitwirkung<br />

des Tierges<strong>und</strong>heitsdienstes der<br />

Landwirtschaftskammer.<br />

8. Entwicklung von Hygienekonzepten<br />

zur stärkeren Seuchenprävention<br />

auf Basis einzelbetrieblicher Beratungen.<br />

Kategorisierung von Betrieben<br />

anhand von Hygienestandards.<br />

Zusätzlich sollen Anreize <strong>für</strong> die<br />

Teilnahme an diesem Projekt durch<br />

die Staffelung der Tierseuchenkassenbeiträge<br />

geschaffen werden.<br />

Nutzung bestehender Qualitätssicherungssysteme<br />

(QS) bei angeschlossenen<br />

Betrieben zur Vermeidung<br />

zusätzlichen Verwaltungs<strong>und</strong><br />

Kontrollaufwands.<br />

9. Intensivierung des Wildschweinemonitorings<br />

<strong>und</strong> Untersuchung<br />

einer möglichst aussagefähigen<br />

Stichprobengröße von gestreckten<br />

Wildschweinen auf Schweinepest,<br />

weil unerkannt infizierte Wildschweine<br />

immer wieder als Ansteckungsquelle<br />

auffallen.<br />

10. Erarbeitung einer neuen Schweinepest-Bekämpfungsstrategie<br />

mit<br />

dem Ziel, das massenhafte Keulen<br />

ges<strong>und</strong>er Schweine zu verhindern<br />

sowie den Handel mit Schweinefleisch<br />

nicht zu beeinträchtigen.


Die meisten übrigen Kontaktbetriebe<br />

<strong>und</strong> die Bestände im Sperrbezirk würden<br />

aber zunächst mittels PCR überprüft<br />

<strong>und</strong> die Schweine nur dann getötet,<br />

wenn sie sich mit dem Virus infiziert<br />

haben.<br />

■ Alternativ könnte die PCR-Freiprüfstrategie<br />

zudem mit einer regional begrenzten<br />

Schutzimpfung kombiniert werden.<br />

Schließlich wäre eine saubere Unterscheidung<br />

von geimpften <strong>und</strong> tatsächlich<br />

infizierten Tieren möglich.<br />

■ Diese „Gedankenspiele“ haben jedoch<br />

einen entscheidenden „Haken“, so<br />

Zwingmann: Eine alternative Seuchenbekämpfung<br />

inklusive Impfung sei zwar<br />

auch nach derzeitiger Rechtslage gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

möglich. Solange die ungehinderte<br />

Vermarktung von lebenden Schwei-<br />

Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Schweinepest: Massentötungen von Schweinen. Fotos: Asbrand/Studnar<br />

nen <strong>und</strong> Schweinefleisch nicht gesichert<br />

ist, käme dieses Vorgehen aber einer totalen<br />

Entwertung der Schweinebestände<br />

gleich, weil die betroffene Region<br />

bzw. wahrscheinlich das ganze Land mit<br />

einer weit reichenden <strong>und</strong> lang andauernden<br />

Liefersperre belegt würden.<br />

■ Umso wichtiger sei es,auf EU- <strong>und</strong> möglichst<br />

auch auf Welthandelsebene ein<br />

Umdenken herbeizuführen. Allerdings<br />

dürfte das kein leichtes Unterfangen<br />

werden, denn die EU-Behörden reagieren<br />

bislang äußerst zurückhaltend auf<br />

derartige Vorschläge aus Deutschland.<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 229


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Reinigungs- <strong>und</strong> Desinfektionsschleuse<br />

>>> Die operative Tierseuchenbekämpfung<br />

liegt in Deutschland<br />

in der Zuständigkeit der Kreisordnungsbehörden.<br />

Für den Kreis<br />

Borken war die Bekämpfung der<br />

Schweinepest nach Ausbruch am<br />

1. April 2006 ein personeller,<br />

materieller <strong>und</strong> schließlich finanzieller<br />

Kraftakt.<br />

Materialaufwand<br />

Das erforderliche Material zur Seuchenbekämpfung<br />

wurde im Logistikzentrum<br />

des Kreises Borken eingelagert.Als Logistikzentrum<br />

diente uns der Bauhof des<br />

Kreises, der laut Krisenplan in einem<br />

Arbeitstag um- <strong>und</strong> aufgerüstet werden<br />

kann. Gemäß Handbuch Tierseuchenbekämpfung<br />

Niedersachsen/Nordrhein-<br />

Westfalen reicht unser Materialvorrat in<br />

seuchenfreier Zeit <strong>für</strong> 4 Tage Seuchenbekämpfung.<br />

Im Hinblick auf die uns erwartenden<br />

Aufgaben wurde sofort Material<br />

zugekauft. In der Hochphase der KSP<br />

Bekämpfung waren r<strong>und</strong> 200 qm Lagerfläche<br />

erforderlich <strong>für</strong> Einmaloveralls,<br />

Stoffoveralls, Gummistiefel, Schweinefangschlingen,Markierungsstifte,Einmalstiefel,<br />

Blutentnahmeröhrchen usw. Das<br />

Unterstützungsabkommen des Kreises<br />

Borken mit den Nachbarkreisen (NOH,<br />

ST, COE, OS) musste in Bezug auf Materialanforderungen<br />

kaum in Anspruch<br />

genommen werden. Nur bei den Elektrozangen<br />

mussten die Ressourcen aus ganz<br />

Nordrhein-Westfalen (NRW) genutzt werden,<br />

weil wir hier leider großen Verschleiß<br />

hatten.<br />

Nach unseren Erfahrungen mit der<br />

KSP erwarten wir bei der Materiallogistik<br />

Tierseuchen<br />

auch zukünftig keine Engpässe. Problematisch<br />

hätte es im Februar dieses Jahres<br />

nach der Feststellung der Geflügelpest auf<br />

Rügen werden können, als sich die Veterinärämter<br />

in ganz Deutschland mit Sachmitteln<br />

aufgerüstet haben <strong>und</strong> ein Nachkauf<br />

innerhalb der obengenannten 4 Tage-<br />

Frist nicht möglich war. Hier könnten die<br />

geplanten Stand-by Verträge des Landes<br />

NRW hilfreich sein.<br />

Personalbedarf<br />

Deutlich schwieriger war es,den Personalbedarf<br />

sicherzustellen.In der ersten Phase<br />

im März war der Kreis Borken nur mit<br />

einem Beobachtungsgebiet <strong>für</strong> die KSP<br />

Fälle in Recklinghausen beteiligt. Die erforderlichen<br />

Tätigkeiten wurden fast ausschließlich<br />

mit eigenem Personal durchgeführt,d.h.ca.8<br />

verfügbare hauptamtliche<br />

Tierärzte <strong>und</strong> 10 Veterinärverwaltungsmitarbeiter.<br />

Nach den Seuchenausbrüchen im Kreis<br />

Borken reichten jedoch diese Personalkapazitäten<br />

nicht mehr aus. Insbesondere<br />

Tierärzte waren in dieser zweiten Stufe<br />

ein kostbares Gut. Fast 100 amtliche Tierärzte<br />

aus NRW <strong>und</strong> anderen B<strong>und</strong>esländern<br />

mussten mit ca. 300 tierärztlichen<br />

Arbeitstagen Amtshilfe leisten. Das aktivierbare<br />

Amtshilfepotential war damit<br />

nach unseren Erfahrungen vollständig<br />

ausgeschöpft, in der Ferienzeit im April<br />

auch überschritten.<br />

Bei den 188 Betriebskeulungen waren<br />

pro Hof ca. 15 bis 30 Personen im Einsatz:<br />

THW mit 2–8 Personen, 2 Schätzer,<br />

3 Tierärzte, <strong>für</strong> das Feuerwehr-Duschzelt<br />

5 Personen bzw. Bauhof-Mietduschcontainer<br />

mit 2 Personen, 1–2 Gemeindemit-<br />

230 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

Stößt die<br />

Schweinepestbekämpfung<br />

ohne Impfung an<br />

die Grenze des<br />

Machbaren?<br />

Albert GROENEVELD (Borken)<br />

arbeiter, 1 Transportfahrer sowie als zugekaufte<br />

Dienstleistungen je Tötekolonne<br />

6–8 Personen <strong>und</strong> 1 Baggerfahrer.<br />

Innerhalb des sog. Lokalen Krisenzentrums<br />

im Kreis Borken wurden alle unterstützenden<br />

Tätigkeiten von Mitarbeitern<br />

der Kreisverwaltung erbracht. Dazu zählte<br />

der Eigenbetrieb des Logistikzentrums,<br />

die Hotline Besetzung,Internet-Präsentation<br />

bis hin zu Hilfeleistungen wie das Beschriften<br />

von Blutprobenröhrchen. Vom<br />

Logistikzentrum aus wurden alle Keulungsaktionen<br />

(außer am 1.Tag) <strong>und</strong> Felduntersuchungen<br />

gestartet. Kurz gesagt erhielt<br />

der Leiter des Logistikzentrums morgens<br />

seine Aufträge <strong>für</strong> den Tag <strong>und</strong> meldete<br />

abends Vollzug. Die Aufteilung des<br />

Lokalen Krisenzentrums in das eigentliche<br />

Krisenzentrum <strong>und</strong> ein ausgelagertes<br />

kreiseigenes Logistikzentrum hat sich<br />

sehr bewährt.<br />

Alle Planungs-, Kommunikations- <strong>und</strong><br />

Verwaltungsaktivitäten hingegen wurden<br />

in den Räumen des Veterinäramtes durchgeführt.<br />

Der Bereich Lebensmittelüberwachung/<strong>Fleischhygiene</strong><br />

wurde räumlich<br />

stark eingeschränkt. Die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Idee war,dass das Veterinäramt gemäß der<br />

kreiseigenen Geschäftsanweisung „Tierseuchenbekämpfung“<br />

fließend innerhalb<br />

eines Tages in den vorgeplanten Krisenbetrieb<br />

hochfährt. Die zusätzlich erforderlichen<br />

PCs <strong>und</strong> Telefone wurden aufgestellt.Mitarbeiter<br />

aus der gesamten Kreisverwaltung<br />

standen auf Abruf bereit, so<br />

dass die Intensität des Krisenbetriebes jederzeit<br />

stufenlos reguliert werden konnte.<br />

Zwischen April <strong>und</strong> Juni arbeiteten ca.<br />

15 Mitarbeiter aus anderen Fachbereichen<br />

der Kreisverwaltung ganztägig im


Dienst der Seuchenbekämpfung.Während<br />

der Keulungen <strong>und</strong> während der Aufhebungsuntersuchungen<br />

waren es ca. 30<br />

Mitarbeiter, davon 10 im Logistikzentrum.<br />

Überst<strong>und</strong>en fielen zusätzlich an,<br />

denn auf die Einführung eines Schichtbetriebes<br />

wurde zumindest <strong>für</strong> zentrale<br />

Funktionen verzichtet, weil das vorhandene<br />

Fachpersonal nicht <strong>für</strong> einen Zwei-<br />

Schicht-Betrieb ausreichte. Im Gegensatz<br />

zu anderen Großschadensereignissen dauert<br />

das „Veterinärgroßschadensereignis<br />

Tierseuche“ zwar monatelang, aber man<br />

sollte versuchen, die täglichen Einsatzzeiten<br />

auf die Zeit von 6.30 Uhr bis 22.00 Uhr<br />

zu beschränken.<br />

Einsatzleitung <strong>und</strong> Veterinärverwaltung<br />

waren räumlich nicht getrennt, um<br />

zusätzliche Schnittstellen zu vermeiden.<br />

Die Philosophie eines von der Veterinärverwaltung<br />

getrennten Stabsraumes haben<br />

wir nach unserer Geflügelpestübung 2004<br />

aufgegeben.<br />

Der Krisenstab unter Leitung des Landrates<br />

tagte nach Bedarf zweimal täglich<br />

oder auch nur einmal wöchentlich. Die<br />

Einbindung der Landwirtschaft in dieses<br />

Gremium hat sich sehr bewährt <strong>und</strong> uns<br />

eigene Überzeugungsarbeit bei den Landwirten<br />

erspart. Dennoch waren zusätzliche<br />

regelmäßige Informationsveranstaltungen<br />

mit den Entscheidungsträgern der<br />

Landwirtschaft (z. B. Ortsverbandsvorsitzende)<br />

sehr wichtig.<br />

Verwaltungsarbeit <strong>und</strong> Überzeugungsarbeit<br />

ist uns insbesondere dadurch erspart<br />

geblieben, dass das Ministerium <strong>für</strong><br />

Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz,Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

(MUNLV) die EU-Entscheidung<br />

zur Anordnung der Räumung<br />

der Sperrbezirke in eine Landesverordnung<br />

umgesetzt hat <strong>und</strong> wir keine aufwändig<br />

begründeten Einzeltötungsanordnungen<br />

(einschließlich Klagerisiko) erstellen<br />

mussten. Durch eine gut funktionierende<br />

Arbeitsteilung der Behörden kann man<br />

auch verhindern,dass man an die Grenzen<br />

des Machbaren kommt.Überhaupt war das<br />

häufig in Telefonkonferenzen abgestimmte<br />

Vorgehen von Kreisordnungsbehörden,<br />

Bezirksregierung, Latiko, MUNLV sowie<br />

Untersuchungsämtern eine sehr positive<br />

Erfahrung.<br />

Die Arbeitsteilung mit den mitbetroffenen<br />

Nachbarkreisen, die u. a. aus dem<br />

Aufbau des gemeinsamen QM-Systems<br />

resultierten, haben die Belastung auch reduziert:<br />

der eine schrieb die Tierseuchen-<br />

Verordnung, der andere die Verfügung<br />

<strong>und</strong> der dritte das Merkblatt. Natürlich<br />

könnten wir uns hier eine Dienstleistungseinrichtung<br />

des Landes sehr nützlich<br />

vorstellen, so dass die schriftliche Außendarstellung<br />

einschließlich Internetpräsentation<br />

im Seuchenfall noch einheitlicher<br />

ist.<br />

Bei weiteren Ausbrüchen hätten in einer<br />

dritten Stufe auch Dienstleistungen<br />

von praktischen Tierärzten zugekauft werden<br />

müssen. Ob sie dazu noch in der Lage<br />

gewesen wären, weiß ich nicht, denn sie<br />

waren auch durch die vielen Verkaufsuntersuchungen<br />

einer hohen Belastung<br />

ausgesetzt.Weil die Untersuchungen <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsbescheinigungen nur eine kurze<br />

Gültigkeitsdauer hatten, mussten sie in<br />

sehr kurzen Abständen in die Bestände.<br />

Ob das seuchenhygienisch sinnvoll ist,wage<br />

ich zu bezweifeln. Unsere Zusammenarbeit<br />

mit den praktischen Tierärzten war<br />

sehr gut. Man hatte Verständnis <strong>für</strong> die jeweiligen<br />

Zwänge.An dieser Stelle möchte<br />

ich betonen, dass man eine solche Tierseuchenherausforderung<br />

nur bestehen<br />

kann, wenn alle Beteiligten an einem<br />

Strick ziehen.Glücklicherweise ist es zum<br />

Großeinsatz der praktischen Tierärzte in<br />

unterstützender amtlicher Funktion nicht<br />

mehr gekommen.<br />

Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Kosten<br />

Material <strong>und</strong> Personal kosten Geld. Der<br />

Landrat des Kreises Borken hat nie einen<br />

Zweifel daran gelassen, dass die erforderlichen<br />

Gelder bereitgestellt werden,um die<br />

Seuche <strong>für</strong> unsere Landwirte erfolgreich<br />

zu bekämpfen. Natürlich wird von uns in<br />

der Veterinärverwaltung kostenbewusstes<br />

Handeln erwartet. Im Kreisgebiet Borken<br />

mussten im Rahmen von Aufhebungsuntersuchungen<br />

ca. 45 000 Blutproben entnommen<br />

werden. Dabei kalkulieren wir<br />

die Entnahmekosten einer Blutproben, die<br />

von einem Tierarzt in kostenloser Amtshilfe<br />

erbracht wird, mit ca. 0,5 € pro Blutprobe.<br />

Die Blutprobenentnahme durch einen<br />

beauftragten praktischen Tierarzt, der nach<br />

der Gebührenvereinbarung des Landes<br />

NRW mit der Tierärztekammer bezahlt<br />

wurde, müssen wir bei einer Tagesleistung<br />

von ca. 300 Blutproben mit mindestens<br />

2 € kalkulieren. Der Kreis Borken hat im<br />

Interesse der landesweit gesperrten Landwirte<br />

versucht, die Blutentnahmen <strong>für</strong><br />

Aufhebung von Sperrmaßnahmen besonders<br />

schnell durchzuführen.Deshalb wurden<br />

zusätzlich praktische Tierärzte im<br />

Rahmen der oben genannten Gebührenvereinbarung<br />

beauftragt, obwohl die eigenen<br />

<strong>und</strong> Amthilfekapazitäten ausgereicht<br />

hätten. Aus unserer Sicht müsste<br />

zukünftig das Land oder die Tierseuchenkasse<br />

(TSK) diese Zusatzkosten <strong>für</strong> diesen<br />

besonders schnellen Service übernehmen.<br />

Das Bemühen,die jeweils eigenen Kosten<br />

(Kreis/TSK/Land) nicht ausufern zu<br />

lassen, ist zwar die Pflicht eines jeden<br />

Budgetverantwortlichen, aber nicht immer<br />

im Interesse des gesamtvolkswirtschaftlichen<br />

Schadens. Stichwort: Sparen<br />

am falschen Ende. Die Finanzierung der<br />

Bekämpfung einerTierseuche istdringend<br />

reformbedürftig. Die Kosten <strong>für</strong> Dienstleistungen,<br />

insbesondere erhebliche Zu-<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 231


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

satzkosten <strong>für</strong> schnellen Service, müssen<br />

vor Seuchenausbruch geklärt sein.<br />

Nach dem derzeitigen Stand wurden<br />

dem Kreis Borken <strong>für</strong> die Bekämpfung der<br />

Schweinepest Rechnungen in Höhe von<br />

ca. 300000 € <strong>für</strong> Materialkäufe zugeleitet.<br />

Zahlungen <strong>für</strong> eingesetztes Personal (Fahrtkosten,Unterbringungskosten,Lohnersatz<br />

THW-Mitarbeiter) machten ca. 100000 €<br />

aus. Die laufenden Personalkosten des<br />

Kreises Borken bzw. anderer Behörden<br />

(örtliche Ordnungsbehörde,Tierärzte anderer<br />

Kreisordnungsbehörden) <strong>für</strong> Tätigkeiten<br />

im Rahmen der Schweinepest wurden<br />

in dieser Summe nicht berücksichtigt.<br />

Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung<br />

Borken erlebten bei diesem Seuchenzug<br />

ein noch nicht dagewesenes Gefühl der<br />

Solidarität untereinander. Die Landwirte<br />

in der betroffenen Region respektierten,<br />

dass die Seuchenbekämpfer ihnen trotz<br />

dieser extremen Eingriffe in ihr bisheriges<br />

Leben im Gr<strong>und</strong>e helfen wollten, die<br />

Schweinepest so schnell wie möglich zu<br />

beenden.<br />

Verbesserungsvorschläge<br />

In der Rückschau können wir feststellen,<br />

dass wir wenige Fehler gemacht haben,<br />

aber es gibt Möglichkeiten,die vorhandenen<br />

Ressourcen zu schonen.<br />

1.Während eines Seuchenzuges braucht<br />

man unendlich viele Tierärzte. Deshalb<br />

müssen tierärztliche Tätigkeiten auf das<br />

fachlich Erforderliche beschränkt werden.<br />

Dazu gehört m. E. nicht die Schätzung<br />

derTiere.Im Kreis Borken standen<br />

so zwei seuchenerfahrene Tierärzte aus<br />

dem eigenen Amt an jeweils ca. 20 Arbeitstagen<br />

nicht <strong>für</strong> andere Tätigkeiten<br />

zur Verfügung. Eine Verlagerung zur<br />

Landwirtschaftskammer wäre sinnvoll.<br />

2. Epidemiologische Ermittlungen <strong>und</strong><br />

Bewertungen sollten im Seuchenfall von<br />

einer permanent bestehenden Fachgruppe<br />

durchgeführt werden. Dazu sollten<br />

gehören die tierärztlichen Spezialisten<br />

des Friedrich-Loeffler-Instituts<br />

(FLI), ein Tierarzt des Landes <strong>und</strong> ein<br />

ortsk<strong>und</strong>iger Tierarzt des Kreises. Dieses<br />

Vorgehen hat sich im Kreis Borken<br />

im Ansatz bereits bewährt, jedoch wäre<br />

ein ununterbrochener Einsatz der FLI<br />

Fachleute wünschenswert gewesen.<br />

Phasenweise mussten sich wechselnde<br />

Mitarbeiter zeitaufwändig in vorliegende<br />

Ergebnisse <strong>und</strong> Tabellen einarbeiten,<br />

um sinnvoll die weiteren epidemiologischen<br />

Maßnahmen einzuleiten.Auch<br />

bei der Kommunikation der epidemiologischen<br />

Ergebnisse an die Ministerien<br />

gab es Reibungsverluste. Die Epidemiologie<br />

ist wichtig <strong>für</strong> strategische Entscheidungen.<br />

Wenn wir die Epidemiologie<br />

wie vorgeschlagen an eine Landesbehörde<br />

abgeben, werden auch Ent-<br />

Tierseuchen<br />

scheidungskompetenzen(z.B.Tötungsanordnung) von uns wegverlagert. Damit<br />

sind wir einverstanden. Die damit<br />

verb<strong>und</strong>ene Rechtsunsicherheit <strong>und</strong><br />

das Klagerisiko würden wir natürlich im<br />

Paket gratis abgeben.Wir wollen keinen<br />

Kompetenzenstreit, sondern Verteilung<br />

der unendlichen Masse an Arbeit im<br />

Seuchenfall auf die Behördenstufe, die<br />

es am besten leisten kann.<br />

3.Verkaufsbedingungen in den einzelnen<br />

Kompartimenten, Subkompartimenten<br />

<strong>und</strong> sonstigen Zonen müssen nach einem<br />

vor der Seuche festgelegten Eskalationsschema<br />

geregelt werden (z. B.<br />

Stufe B könnte bedeuten: Verkauf von<br />

Zuchttieren verboten, Mastschweineverkauf<br />

nach klinischer Untersuchung<br />

mit 10 % Fieberprävalenz erlaubt). Damit<br />

entfiele während der Seuche das<br />

zeitaufwändige Lesen <strong>und</strong> Interpretieren<br />

von individuell auf NRW zugeschnittenen<br />

EU-Entscheidungen. Die<br />

daran anschließende Schulung der Hotline-Mitarbeiter<br />

wäre nicht erforderlich<br />

<strong>und</strong> man hätte personalaufwändige<br />

Rückfragen von Landwirten <strong>und</strong> Tierärzten<br />

vermieden. Regelungen, die „im<br />

Vorgriff auf zukünftige Rechtsetzungen“<br />

über Nacht praktiziert werden<br />

können, sind zwar sehr k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lich,<br />

aber mit der notwendigen Gesetzestreue<br />

einer Kreisverwaltung nicht<br />

vereinbar.Und wenn dann aufgr<strong>und</strong> der<br />

permanenten Änderungen der Bestimmungen<br />

<strong>und</strong> der Änderung der Interpretationen<br />

der Bestimmungen nicht<br />

einmal die Behörden wissen, welche<br />

Bestimmung ab wann in welchem Gebiet<br />

gelten – dann können sie die Hotline<br />

eigentlich abschalten.<br />

4. Bei Verkaufsuntersuchungen im Kompartiment<br />

sollte die maximale Blutprobenentnahmefrist<br />

vor dem Verkauf auf<br />

10 Tage erhöht werden, um dem Labor<br />

bei Abklärungsuntersuchungen Zeit zu<br />

geben. Diese Regelung wurde in der niederländischen<br />

Pufferzone angewandt.<br />

In NRW hatten wir die 5-Tage-Frist.<br />

Manche Landwirte, deren Proben über<br />

den 4.Tag hinaus in der Abklärung waren,haben<br />

teilweise überTage stündlich<br />

angerufen.<br />

5. Die Verteilung der Sperrverfügungen<br />

durch Boten war zwar sehr effektiv, aber<br />

personalaufwändig. Und am Tag der<br />

Seuchenfeststellung ist Personal sowieso<br />

knapp. Hier müssen intelligente Lösungen<br />

geschaffen werden, ein „Standstill“<br />

schnell umzusetzen. Das MUNLV<br />

hat die rechtliche Prüfung einer elektronischen<br />

Bekanntgabe von Tierseuchen-<br />

Verordnungen zugesagt.<br />

6. Die erfolgreiche Seuchenbekämpfung<br />

vor Ort ist nicht erfolgreich nach Brüssel<br />

kommuniziert worden. Das änderte<br />

232 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

sich erst, als zwei Senior Advisor aus<br />

Brüssel sich bei uns im Lokalen Krisenzentrum<br />

ein Bild von der professionellen<br />

Arbeit machten. Wir sollten zukünftig<br />

häufiger Brüsseler Beobachter<br />

einladen.<br />

7. Für die Kompartimentierung muss ein<br />

nachvollziehbares Konzept erstellt werden,<br />

das mit den Wirtschaftsbeteiligten<br />

vorher abgestimmt wird. Das hätte unsere<br />

Hotline sehr entlastet. Aber dass<br />

die Kompartimentsgrenze 6 km vom<br />

Seuchenherd entfernt durch das Beobachtungsgebiet<br />

verläuft, kann auch die<br />

Hotline keinem Viehhändler,Futtermittelunternehmer,<br />

praktischem Tierarzt<br />

oder sonstigem Betroffenen erklären.<br />

8. Der Einsatz von fahrbaren Duschcontainern<br />

hat sich gegenüber dem Einsatz von<br />

Duschzelten als vorteilhaft erwiesen.<br />

Strategiewahl<br />

Nach dem Ausbruch der Schweinepest im Kreis<br />

Borken am 1.April 2006 hätte man sich auch<br />

in Abstimmung mit der EU <strong>für</strong> eine Impfstrategie<br />

entscheiden können. Maßgeblich <strong>für</strong> die<br />

Entscheidung über die Strategiewahl (Impfen/Keulen)<br />

sind folgende Kriterien:<br />

1. die epidemiologische Bewertung<br />

2. die ethische (gesellschaftliche), tierschutzrechtlichen<br />

Bewertung <strong>und</strong><br />

3. die ökonomische Bewertung<br />

Epidemiologische Bewertung: Bei einem<br />

beherrschten Seuchengeschehen wie in<br />

NRW in diesem Frühjahr mit nur 8 Fällen<br />

spricht sich die jetzige KSP Richtlinie leider<br />

eindeutig gegen eine Impfstrategie aus.<br />

Ethische Bewertung aus Borkener Sicht:<br />

Das Verständnis <strong>für</strong> die Keulung von<br />

94 000 Tieren in 188 Beständen im Kreis<br />

Borken war bei der Bevölkerung wie auch<br />

bei den Borkener Schweinehaltern gering,<br />

zumal nur 3 Bestände positiv waren. In<br />

den Niederlanden gab es 2001 bei Keulungsaktionen<br />

sogar aktiven Widerstand<br />

einiger Landwirte <strong>und</strong> öffentlichen Protest,<br />

z. B. wurde ein totes Schwein medienwirksam<br />

in einen Baum gehängt.<br />

Obwohl es auch bei uns eine deutliche<br />

emotionale Ablehnung gab, wurden die<br />

Keulungstrupps nicht beim Betreten der<br />

Höfe behindert.<br />

Da<strong>für</strong> gab es aus meiner Sicht folgende<br />

Gründe:<br />

Die Tierärzte, die den Landwirten im<br />

Kreisgebiet die Keulung vermitteln mussten,<br />

waren den Landwirten aus den Routinekontakten<br />

mit dem Veterinäramt Borken<br />

in den vergangenen Jahren persönlich<br />

bekannt <strong>und</strong> werden akzeptiert. Die Landwirte<br />

lehnten die Keulung in der Sache ab,<br />

die durchführenden Personen wurden aber


nicht abgelehnt. Das ist aus meiner Sicht<br />

ein großer Vorteil der föderalen-kommunalen<br />

Seuchenbekämpfung.<br />

Zur Vermeidung von Abwehrmaßnahmen<br />

durch Landwirte war es auch entscheidend,<br />

dass der Westfälische Landwirtschaftsverband<br />

(WLV) sich eindeutig<br />

hinter die Keulung der Sperrbezirke gestellt<br />

hat. Nicht aus tiefer Überzeugung,<br />

aber in der Erkenntnis, dass es keine anderen<br />

vorbereiteten Strategien gab. Dieser<br />

Rückhalt hat uns viel Arbeit erspart.<br />

Ich habe den Eindruck,die landwirtschaftlichen<br />

Berufsvertreter arbeiten jetzt mit<br />

Hochdruck an neuen Strategien.<br />

Die Akzeptanz der Keulungen durch<br />

unsere Borkener Landwirte wurde von<br />

den geltenden EU-Bestimmungen finanziell<br />

gefördert. Bei der 100%igen Wertevernichtung<br />

durch Keulung wurden die<br />

Schweine zu 100% ersetzt, bei der Wert<br />

erhaltenden Vermarktung der Schlachtschweine<br />

aus dem Beobachtungsgebiet<br />

nach dem belgischen Modell hingegen<br />

mussten die Landwirte ca. 5% Preiseinbußen<br />

hinnehmen, die von der EU nicht<br />

übernommen wurden. Der Borkener<br />

Schweinemäster hat daraus gelernt: bei<br />

Vermarktung hast du Schäden, bei Keulung<br />

hast du keine Schäden. Der europäische<br />

Steuerzahler hingegen dürfte das<br />

anders sehen.<br />

Die große Akzeptanz des belgischen<br />

Modells zur Vermarktung der Schlachtschweine<br />

hat gezeigt, dass die diskriminierende<br />

Kennzeichnung des Fleisches<br />

von ges<strong>und</strong>en Schlachtschweinen aus Restriktionsgebieten<br />

nicht erforderlich ist.<br />

Der Verbraucher hatte keine Vorbehalte.<br />

Eine zukünftige Vermarktung über regionale<br />

Supermarktketten an den Endverbraucher<br />

könnte hilfreich sein,um Garantien<br />

zu geben, damit das Fleisch Europa<br />

nicht verlässt.<br />

Ökonomische Bewertung: Die gesamtökonomische<br />

Bewertung der Impfstrategie<br />

steht <strong>und</strong> fällt mit der Vermarktungsfähigkeit<br />

geimpfter Tiere bzw. Fleisch<br />

geimpfter Tiere in der EU <strong>und</strong> auch außerhalb<br />

der EU. Leider berücksichtigt die<br />

KSP Richtlinie nicht in ausreichendem<br />

Maße die Möglichkeiten des Einsatzes von<br />

Markerimpfstoffen in Verbindung mir der<br />

RT-PCR Diagnostik.<br />

Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Die Abschätzung des Material- <strong>und</strong><br />

Personalbedarfs des Kreises Borken bei<br />

Anwendung einer Impfstrategie im zurückliegenden<br />

Seuchenzug ist schwierig,<br />

weil die Strategie zurzeit nicht festgelegt<br />

ist. In jedem Fall aber ist die Impfung eines<br />

Betriebes weniger personalaufwändig<br />

als die Keulung eines Betriebes. Personalengpässe<br />

gab es in Borken immer dann,<br />

wenn Keulungen im Sperrberzirk durchgeführt<br />

wurden,gleichzeitig mit Status- oder<br />

Aufhebungsuntersuchung im Beobachtungsgebiet<br />

<strong>und</strong> außerdem im Kompartiment<br />

eine Genehmigungswelle wegen Ablauf<br />

einer Sperrfrist anstand. Eine intelligente<br />

Impfstrategie mit Verlagerung von<br />

Blutentnahmen auf den Schlachthof könnte<br />

die Kreisordnungsbehörde weiter entlasten.Tierschutzprobleme<br />

in Mastställen<br />

bei mehr als einmonatigen Sperren könnten,<br />

wie in Borken praktiziert, durch<br />

Schlachtgenehmigungen nach dem belgischen<br />

Modell gelöst werden. Allerdings<br />

sollten die dann freiwerdenden Maststallkapazitäten<br />

<strong>für</strong> Ferkelerzeuger nutzbar<br />

gemacht werden. Insbesondere Ferkelerzeuger<br />

mit einem hohen Hygienestan-<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 233


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

dard (u.a.eigene Transportfahrzeuge) <strong>und</strong><br />

langjährigen 1:1-Lieferbeziehungen (also<br />

ein de facto geschlossenes System mit 2 Betrieben)<br />

innerhalb derselben Restriktionszone<br />

sollten Möglichkeiten eingeräumt<br />

werden. Auch bei den Ferkelerzeugern<br />

müssen Tierschutzprobleme verhindert<br />

werden. Die geplanten Marktentlastungsankäufe<br />

haben uns nur mit Diskussionsarbeit<br />

belastet, bevor sie gescheitert sind.<br />

Damit möchte ich die Darstellung <strong>und</strong><br />

Bewertung unseres Arbeitsaufwands in<br />

den Seuchenmonaten <strong>und</strong> die hypothetischen<br />

Überlegungen zur Impfstrategie<br />

aus Borkener Sicht beenden.<br />

Eines dürfen wir jedoch niemals vergessen:<br />

der geringste Schaden <strong>und</strong> damit<br />

der geringste Arbeitsaufwand entsteht in<br />

jedem Fall durch eine Vermeidung von<br />

Tierseuchenausbrüchen.<br />

Deshalb sollten folgende Maßnahmen<br />

eingeführt werden:<br />

1.Wir müssen Anreize schaffen <strong>für</strong> Landwirte,<br />

die das seuchenhygienische Risiko<br />

<strong>für</strong> ihren Bestand minimieren. Die<br />

Beiträge zur Tierseuchenkasse könnten<br />

ein Instrumentarium sein. Viele Landwirte<br />

im Kreis Borken mit einem hohen<br />

seuchenhygienischen Betriebsstandard<br />

haben die Gleichbehandlung mit Landwirten<br />

geringerer Standards abgelehnt.<br />

Auf dieser Basis hätten sich einige<br />

Landwirte ein differenziertes Vorgehen<br />

bei der Keulung gewünscht, andere ei-<br />

Krank durch zuviel<br />

Säure in Lebensmitteln?<br />

>>> Können Fleisch, Milch, Eier <strong>und</strong><br />

Brot zur Übersäuerung des Körpers<br />

führen <strong>und</strong> dadurch Krankheiten<br />

verursachen? In Büchern <strong>und</strong> Internetforen<br />

wird dies immer wieder<br />

behauptet.<br />

Der Begründer der Trennkost <strong>und</strong> Heilpraktiker<br />

Howard Hay machte diese Lebensmittel<br />

<strong>für</strong> verschiedene Krankheiten<br />

wie Rheuma,Gicht oder Darmerkrankungen<br />

mitverantwortlich. Zur Vorbeugung<br />

vor chronischer Übersäuerung werden regelmäßige<br />

Messungen des Säuregrades<br />

(pH-Wert) im Urin empfohlen.<br />

Tierseuchen<br />

ne Berücksichtigung der betrieblichen<br />

Hygienestandards bei der Erteilung von<br />

Transportgenehmigungen statt pauschaler<br />

Verbringungsverbote mit pauschalen<br />

Fristen in Restriktionsgebieten.<br />

2.Wir müssen die Jagd <strong>und</strong> insbesondere<br />

Jagdtourismus als Gefahr <strong>für</strong> schweinehaltende<br />

Betriebe insbesondere bei<br />

schulungsresistenten Betriebsinhabern<br />

erkennen <strong>und</strong> bannen. Die Schweinepest<br />

fällt nicht vom Himmel. Irgendwo<br />

muss irgendeiner erheblich gesetzlich<br />

vorgeschriebene Hygieneregeln verletzt<br />

haben.Auch die Verschleppung von Betrieb<br />

zu Betrieb lässt sich verhindern.<br />

Wenn wir die Seucheneinschleppung<br />

nicht vermeiden können,sollten wir einen<br />

Ausbruch auf jeden Fall in der Frühphase<br />

diagnostizieren. Dazu erforderlich:<br />

1.Wir müssen unser nordrhein-westfälisches<br />

Frühwarnsystem, welches Bestände<br />

mit vermehrt toten Tiere entdeckt,<br />

weiter ausbauen.<br />

2. Praktische Tierärzte sollten aufgr<strong>und</strong><br />

der sehr schwierigen klinischen Diagnostik<br />

häufiger von KSP-Ausschlussuntersuchungen<br />

Gebrauch machen <strong>und</strong><br />

auch von den Amtstierärzten dazu ermuntert<br />

werden.<br />

Fazit<br />

Im Kreis Borken haben wir in einer guten<br />

Zusammenarbeit mit vielen Behörden<br />

<strong>und</strong> anderen Organisationen die Schwei-<br />

„Die natürlichen Puffersysteme des<br />

Körpers sowie eine ausgewogene Ernährung<br />

schützen ausreichend vor Übersäuerung“,widerspricht<br />

Gudrun Köster-Sartorius<br />

von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.<br />

Insbesondere nach dem Verzehr eiweißreicher<br />

tierischer Lebensmittel <strong>und</strong><br />

von Getreide entstehen im Stoffwechsel<br />

Säuren. Der Körper scheidet diesen Säureüberschuss<br />

auf verschiedenen Wegen<br />

über die Lunge, den Schweiß <strong>und</strong> die Nieren<br />

aus. Daher schaden diese Lebensmittel<br />

dem Körper in der Regel nicht.<br />

Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse<br />

<strong>und</strong> Obst enthalten reichlich basisch wirkende<br />

Mineralstoffe <strong>und</strong> Spurenelemente,<br />

welche die im Stoffwechsel anfallenden<br />

Säureanteile neutralisieren. Säuren<br />

im Obst wie Zitronen- oder Apfelsäure<br />

sind unproblematisch, da sie im Stoffwechsel<br />

zu Kohlendioxid <strong>und</strong> Wasser abgebaut<br />

werden. Das Kohlendioxid wird<br />

beim Ausatmen abgegeben. Eine regelmäßige<br />

Überprüfung des pH-Wertes im<br />

Harn ist daher aus medizinischer Sicht<br />

nicht notwendig <strong>und</strong> auch nicht sinnvoll,<br />

234 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

nepest erfolgreich mit einer ungeliebten<br />

Strategie bekämpft.<br />

Obwohl das Ende der Pest im Juni <strong>für</strong><br />

uns eine Erlösung war, sind wir nicht an<br />

die Grenzen des Machbaren gekommen.<br />

In Borken werden wir die Zeit nutzen,<br />

die allgemeine Seuchenprophylaxe in Zusammenarbeit<br />

mit den interessierten Betrieben<br />

zu verbessern. Für die wenig interessierten<br />

Betriebe werden wir Lösungen<br />

finden. Erfolgreiche Seuchenvermeidung<br />

ist besser als erfolgreiche Seuchenbekämpfung.<br />

Für zukünftige Seuchenausbrüche fordern<br />

wir aus Borken eine moderne ethisch<br />

vertretbare Seuchenbekämpfungsstrategie.<br />

Das muss als Begründung gegenüber<br />

ökonomischen Bedenken langen.<br />

Wir Tierärzte sollten aber auch einen<br />

eigenen Standpunkt zu dem Thema vertreten.<br />

Ich meine, dass wir bei der KSP<br />

Bekämpfung nach über 100 Jahren veterinärmedizinischer<br />

Forschung intelligentere<br />

Lösungen als Massenkeulungen haben<br />

sollten. Das FLI hat sie bereits.<br />

Es kann doch nicht sein, dass wir<br />

Schweine töten, damit sie nicht krank<br />

werden! ■<br />

Ltd. KVetD Dr. Albert Groeneveld,<br />

Kreis Borken, Fachbereich Tiere <strong>und</strong><br />

Lebensmittel,<br />

Burloer Straße 93, 46325 Borken.<br />

www.kreis-borken.de<br />

so die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale.<br />

Vor einer Übersäuerung des Körpers<br />

durch die Ernährung braucht sich also niemand<br />

zu <strong>für</strong>chten.Wer folgende Tipps beherzigt,<br />

ist auf der sicheren Seite <strong>und</strong><br />

braucht nicht zu basisch wirkenden Nahrungsergänzungsmitteln<br />

in Pulver- oder<br />

Tablettenform zu greifen:<br />

■ Täglich etwa zwei Liter trinken. Geeignete<br />

Getränke sind z.B. Mineralwasser<br />

oder ungesüßte Früchte- <strong>und</strong> Kräutertees.<br />

Dies fördert die Ausscheidung der<br />

im Stoffwechsel anfallenden Säureanteile<br />

über die Nieren.<br />

■ Fünf Portionen Gemüse <strong>und</strong> Obst pro<br />

Tag essen. Diese liefern reichlich basisch<br />

wirkende Mineralstoffe <strong>und</strong> darüber<br />

hinaus eine Vielzahl ges<strong>und</strong>heitsfördernder<br />

Pflanzenstoffe.<br />

■ Mit einem maßvollen Verzehr von ein bis<br />

zwei kleineren Fleischmahlzeiten pro<br />

Woche wird die Säurelast gering gehalten.<br />

■ Regelmäßige Bewegung unterstützt zusätzlich<br />

die Abgabe von Kohlensäure<br />

über die Atmung.<br />

■ VZ SH


Blauzungenkrankheit<br />

in Deutschland<br />

>>> Am 20. August 2006 wurde die<br />

Blauzungenkrankheit nach ersten<br />

Fällen in den Niederlanden <strong>und</strong> Belgien<br />

erstmalig auch in Deutschland<br />

festgestellt. Es handelt sich hierbei<br />

um eine viral bedingte, nicht kontagiöse<br />

Infektionskrankheit, die durch<br />

stechende Insekten übertragen<br />

wird. Erreger ist das Blue-Tongue-<br />

Virus, ein Orbivirus, das in 24 verschiedenen<br />

Serotypen vorkommt.<br />

Das Virus ist <strong>für</strong> Menschen nicht gefährlich.<br />

Fleisch- <strong>und</strong> Milchprodukte<br />

können bedenkenlos konsumiert<br />

werden.<br />

Welche Tiere sind betroffen?<br />

Von der Blauzungenkrankheit sind vor allem<br />

Schafe <strong>und</strong> Rinder, seltener auch Ziegen<br />

betroffen. Auch bei amerikanischen<br />

Wildwiederkäuern wurden Fälle beschrieben.<br />

Über die Anfälligkeit europäischer<br />

Wildwiederkäuer (Rehe, Rothirsche u. a.)<br />

ist bisher kaum etwas bekannt.<br />

Welche Region ist betroffen?<br />

Nach den ersten Fällen in Belgien <strong>und</strong> den<br />

Niederlanden wurden zahlreiche positive<br />

Fälle auch in Deutschland in <strong>und</strong> um Aachen<br />

festgestellt.<br />

Bislang betroffen sind die Stadt Aachen<br />

sowie die Kreise Aachen, Düren, Euskirchen,<br />

Heinsberg <strong>und</strong> der Rhein-Erft-Kreis<br />

(Stand: 25.August 2006).<br />

Die Blauzungenkrankheit zählt zu den<br />

anzeigepflichtigen Tierseuchen <strong>und</strong> wird<br />

mit den Bestimmungen der „Verordnung<br />

zum Schutz gegen die Blauzungenkrank-<br />

heit“ vom 22. März 2002 (BGBl. I Seite<br />

1241) bekämpft.<br />

Um Betriebe mit festgestellten Ausbrüchen<br />

wird ein Beobachtungsgebiet eingerichtet<br />

(150-km-Zone), das derzeit bis<br />

in die angrenzenden B<strong>und</strong>esländer Rheinland-Pfalz,<br />

Hessen <strong>und</strong> Saarland reicht.<br />

Welche Maßnahmen hier zu beachten<br />

sind, erfragen Sie bitte bei Ihrem zuständigen<br />

Veterinäramt.<br />

Wie wird die Blauzungenkrankheit<br />

übertragen?<br />

Sie wird durch Culicoides imicola, einer<br />

1–3 mm großen Mücke aus der Familie der<br />

Gnitzen,aber auch von Stechmücken (Culicidae)<br />

<strong>und</strong> durch Zecken übertragen.<br />

Diese saugenden Insekten nehmen das<br />

im Blut eines bereits infizierten Tieres zirkulierende<br />

Virus während des Saugaktes<br />

auf <strong>und</strong> übertragen es beim nächsten Saugen<br />

auf ein anderesTier. Eine Übertragung<br />

durch Kontaktinfektion unter Tieren ebenso<br />

wie eine generelle Übertragbarkeit auch<br />

auf den Menschen ist nicht bekannt. Eine<br />

weitere Möglichkeit ist die iatrogene Übertragung<br />

mit viruskontaminierten Spritzen<br />

im Rahmen tierärztlicher Tätigkeiten.<br />

Wann tritt die<br />

Blauzungenkrankheit auf?<br />

Die Krankheit tritt überwiegend während<br />

der Sommerregenzeit auf. Diese saisonale<br />

Erscheinungsform der Erkrankung hängt<br />

eng mit der Flugzeit der Culex-Mücken<br />

zusammen. Die Seuchenhöhepunkte sind<br />

daher bei feuchtwarmem Wetter <strong>und</strong> während<br />

der Schwärmperiode. Die Mücken<br />

Tierseuchen Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

fliegen aber noch bei Temperaturen bis etwa<br />

8 °C.<br />

Durch Winde können infizierte Mücken<br />

bis zu 200 Kilometer weit versetzt werden<br />

<strong>und</strong> anschließend am neuen Ort den Erreger<br />

weiterverbreiten.<br />

Die Culicoides-Mücken sind hauptsächlich<br />

zwischen Abend- <strong>und</strong> Morgendämmerung<br />

aktiv <strong>und</strong> befallen vor allem Tiere<br />

im offenen Gelände.<br />

Wie erkenne ich die<br />

Blauzungenkrankheit?<br />

Die Blauzungenkrankheit ist eine zyklisch<br />

verlaufende Allgemeinerkrankung mit einer<br />

Inkubationszeit zwischen1<strong>und</strong> 8Tagen<br />

bei Schafen bzw.5 bis 12 Tagen bei Rindern.<br />

Rinder galten bis zum Auftreten der<br />

Blauzungenkrankheit in Deutschland als<br />

vorwiegend symptomlose Virusträger.<br />

Die bisher in Deutschland positiv getesteten<br />

Rinder wiesen hingegen Flotzmaulläsionen<br />

(Abb.1),Kronsaumschwellungen,<br />

z.T mit unruhigem Gang, sowie Zitzennekrosen<br />

(Abb. 2) auf.<br />

Die Euterhaut verfärbt sich dunkel <strong>und</strong><br />

stirbt schließlich ab. In einigen Fällen<br />

wurde in der Milchleistungsprüfung ein<br />

Rückgang der Leistung bei ungestörtem<br />

Allgemeinbefinden festgestellt. Die Veränderungen<br />

an Flotzmaul <strong>und</strong> Kronsaum verheilen<br />

binnen weniger Tage, die Nekrosen<br />

am Euter bleiben längere Zeit sichtbar.<br />

Gemäß Literatur zeigen eher Schafe<br />

typische Symptome wie Fieber, Apathie,<br />

Schwellungen <strong>und</strong> Zyanose in Maulbereich<br />

<strong>und</strong> Zunge. Der Kronsaum an den<br />

Klauen rötet sich <strong>und</strong> wird schmerzhaft,<br />

Abb. 1 Typische Flotzmaulläsionen beim Rind Abb. 2 Hyperämie, subkutane Blutungen <strong>und</strong> Nekrosen<br />

an den Zitzen<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 235


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Lahmheiten können die Folge sein. Tragende<br />

Tiere können abortieren.<br />

Diese Anzeichen bei Schafen wurden<br />

bislang in Deutschland kaum beobachtet.<br />

Differentialdiagnostisch müssen u. a.<br />

MKS, Schafpocken, Bösartiges Katarrhalfieber,<br />

durch Pflanzenstoffe verursachte<br />

Photosensibilität <strong>und</strong> Vesikuläre Stomatitis<br />

berücksichtigt werden.<br />

Welche Schutzmaßnahmen sollten<br />

getroffen werden?<br />

Die wichtigste Maßnahme ist die Insektenbekämpfung.<br />

Hierbei sollten nicht nur<br />

Adulte bekämpft,sondern möglichst schon<br />

die Larvenentwicklung reduziert werden.<br />

Zur Insektenbekämpfung am Tier sollten<br />

Pyrethroide (z. B. Bayofly ® Pour-On)<br />

verwendet werden.Auf die Einhaltung der<br />

Wartezeiten wird dringend hingewiesen<br />

(Wartezeit von Bayofly ® Pour-On: 0 Tage<br />

auf Milch <strong>und</strong> Fleisch).<br />

Die meisten Culicoides-Arten benötigen<br />

<strong>für</strong> ihre Fortpflanzung Wasser. Die<br />

Weibchen legen ihre Eier bevorzugt in nassen,<br />

mit organischen Stoffen angereicherten<br />

Boden oder Schlamm ab, wo sich auch<br />

die Larven entwickeln (z. B. Flussniederungen,<br />

Pfützen, Silosickersaft).<br />

>>> Die Blauzungenkrankheit breitet<br />

sich in der Europäischen Union<br />

immer weiter aus. Trotz der rasch<br />

ergriffenen Schutzmaßnahmen nach<br />

den ersten Fällen im August <strong>und</strong> der<br />

kühlen Temperaturen stieg die Zahl<br />

der bestätigten Fälle auf 138. Davon<br />

entfielen 65 auf Belgien, 71 auf<br />

Deutschland, 31 auf die Niederlande<br />

<strong>und</strong> zwei auf Frankreich, wo der<br />

Erreger erstmals in der Grenzregion<br />

zu Belgien festgestellt wurde (Stand<br />

September 2006). Sämtliche bestätigten<br />

Fälle wurden bislang aus der<br />

weiteren Umgebung des Seuchenherdes<br />

im niederländischen Kerkrade<br />

gemeldet.<br />

Transport möglich<br />

Die Europäische Kommission lockerte<br />

derweil die Transportbeschränkungen in<br />

den 20-km- <strong>und</strong> 150-km-Zonen. Mit Billigung<br />

des Ständigen EU-Ausschusses <strong>für</strong><br />

die Tierges<strong>und</strong>heit erlaubte die Kommission<br />

die Verbringung von Schafen, Rindern<br />

<strong>und</strong> anderen Wiederkäuern innerhalb der<br />

20-km-Zone oder in die 150-km-Zone zur<br />

unmittelbaren Schlachtung,sofern die zuständige<br />

Behörde dazu grünes Licht gibt.<br />

Tierseuchen<br />

Empfängliche Tiere sollten möglichst<br />

von diesen Gebieten ferngehalten werden,soweit<br />

möglich sind diese Brutstätten<br />

trockenzulegen.<br />

Darüber hinaus sind die Sperrmaßnahmen<br />

strikt einzuhalten <strong>und</strong> jeglicher Verdachtsfall<br />

ist dem zuständigen Veterinäramt<br />

zu melden.<br />

Welche Sperrmaßnahmen müssen<br />

beachtet werden?<br />

Ob <strong>und</strong> in welchem Umfang in Ihrem Gebiet<br />

Sperrmaßnahmen Gültigkeit haben,<br />

erfragen Sie bitte bei Ihrem zuständigen<br />

Veterinäramt.<br />

Aktuelle Informationen erhalten Sie<br />

auch auf der Homepage des Ministeriums<br />

<strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz, Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen: www.munlv.nrw.de<br />

Was ist bei laktierenden Tieren zu<br />

beachten?<br />

Die Molkereien in den betroffenen Gebieten<br />

haben ihr Rückstands-Monitoring<br />

um Insektizide erweitert <strong>und</strong> intensiviert.<br />

Wie üblich sollten unbedingt nur zugelassene<br />

Wirkstoffe eingesetzt werden<br />

Blauzungenkrankheit breitet sich in der EU aus<br />

Die Kommission gestattete ferner unter<br />

bestimmten Bedingungen dieVerbringung<br />

anfälliger Tiere aus der 150-km-Zone.<br />

So müssen die Tiere vor dem Transport<br />

tierärztlich untersucht werden <strong>und</strong> tagsüber<br />

verbracht werden. Das B<strong>und</strong>eslandwirtschaftsministerium<br />

erließ eine Eilverordnung<br />

zur Umsetzung dieser Entscheidung.<br />

Zuvor war es dem zuständigen EU-<br />

Referenzlabor gelungen, das Virus zu isolieren<br />

<strong>und</strong> als Serotyp 8 zu identifizieren.<br />

Diese Erkenntnis ist insofern erstaunlich,<br />

als dieser Serotyp zwar in Afrika, Indien,<br />

Pakistan <strong>und</strong> Südamerika vorkommt,aber<br />

nie zuvor in Europa festgestellt wurde.<br />

W<strong>und</strong>er der Natur<br />

Die Übertragung der Krankheit in der Gemeinschaft<br />

stellt die Wissenschaftler vor<br />

ein Rätsel. Die Mücke, die normalerweise<br />

den Serotyp 8 überträgt – die Culicodes<br />

imicola – ist in Europa nicht heimisch. Der<br />

stellvertretende Generaldirektor des Internationalen<br />

Tierseuchenamts, Jean-Luc<br />

Angot, äußerte die Vermutung, dass der<br />

Vektor oder das Virus mutiert habe. Bei der<br />

Erklärung des Ausbruchs der Blauzungenkrankheit<br />

müssten die Bewegungen von<br />

236 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

<strong>und</strong> deren vorgeschriebene Wartezeiten<br />

eingehalten werden.<br />

Darüber hinaus wird empfohlen, die<br />

Behandlung erst nach dem Melken vorzunehmen.<br />

Wie <strong>und</strong> wo erfolgt die<br />

Untersuchung?<br />

Bei einem Verdacht erfolgt zunächst die<br />

klinische Untersuchung durch das zuständige<br />

Veterinäramt. Falls derVerdacht durch<br />

den Amtsveterinär bestätigt wird,werden<br />

Blutproben bei allen empfänglichen Tieren<br />

des Bestandes entnommen.<br />

Das nationale Referenzlabor <strong>für</strong> die<br />

Blauzungenkrankheit ist das FLI auf der<br />

Insel Riems.Hier werden zentral alle Blutproben<br />

untersucht. Um die großen Probenmengen<br />

bearbeiten zu können, werden<br />

die Proben von je 5 Tieren gepoolt. ■<br />

Quelle: Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz,<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />

Vortrag "Blauzungenkrankheit in NRW",<br />

Referent Dr. Friedhelm Jaeger,<br />

25. August 2006.<br />

Mitteilungsblatt Bayer HealthCare<br />

Tierges<strong>und</strong>heit (Auszug).<br />

Tieren <strong>und</strong> Menschen sowie der Klimawandel<br />

berücksichtigt werden.<br />

1906 erstmals in Südafrika festgestellt,<br />

verbreitet sich die Blauzungenkrankheit<br />

bei Wiederkäuern vornehmlich in feuchtwarmer<br />

Witterung.<br />

Optimismus<br />

In der Kommission ist man dennoch zuversichtlich,<br />

die Krankheit bald in den<br />

Griff zu bekommen. Mit den sinkenden<br />

Temperaturen werde das Übertragungsrisiko<br />

deutlich abnehmen, erklärte ein<br />

Mitarbeiter des EU-Kommissars <strong>für</strong> Verbraucher-<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz,Markos<br />

Kyprianou. Eine Kälteperiode von 60 bis<br />

100 Tagen sei <strong>für</strong> das Virus tödlich.<br />

Unterdessen bestätigte die Kommission<br />

den Zuschnitt der 150-km-Zone. In<br />

Deutschland erstreckt sich diese Zone auf<br />

Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz,<br />

Saarland <strong>und</strong> Hessen. Betroffen<br />

sind ferner der größte Teil der Niederlande,<br />

Gebiete in den französischen<br />

Departments Aisne, Ardennes, Marne,<br />

Meurthe et Moselle, Meuse, Moselle <strong>und</strong><br />

Nord. Belgien <strong>und</strong> Luxemburg befinden<br />

sich mit ihrem gesamten Landesrebiet in<br />

der 150-km-Zone. ■ AgE


Einleitung<br />

Will man die Legehennenhaltung der Zukunft<br />

verstehen, so ist es sinnvoll einen<br />

Blick in die Vergangenheit zu werfen. Unter<br />

den Haltungssystemen unserer Nutztiere<br />

hat sich keine andere Haltung so<br />

dramatisch <strong>und</strong> schnell entwickelt wie die<br />

Legehennenhaltung.Vor 1950 wurde praktisch<br />

der gesamte Geflügelbestand in der<br />

unbegrenzten Auslaufhaltung gehalten.<br />

Die Gruppengröße war meist auf die<br />

Größe des Bedarfs der Familien <strong>und</strong> der<br />

näheren Umgebung zugeschnitten. Das<br />

Risiko von Krankheiten begrenzte den<br />

Ausbau der Geflügelhaltung als selbständigen<br />

Teil der Nutztierhaltung. Die ersten<br />

Schritte zur Intensivierung erfolgten unter<br />

dem hygienischen Druck. Spezielle Programme<br />

zur Ausmerzung von Brucellose<br />

<strong>und</strong> Tuberkulose in Rinderbeständen erforderten<br />

eine strenge Separation von Huhn<br />

<strong>und</strong> Rind. Somit wurde der Auslauf der<br />

Hühner auf einen Bereich um den Stall<br />

begrenzt. Mit der Einschränkung des Bewegungsspielraumes<br />

verstärkte sich der<br />

Infektionsdruck von Darmparasiten, der<br />

durch die Aufnahme von Wurmeiern <strong>und</strong><br />

Kokizidien über den Boden bzw. den Kot<br />

der Tiere bedingt war. Die so genannte<br />

Auslaufmüdigkeit der Hühner war durch<br />

diese Krankheiten bedingt. Hinzu kam,<br />

dass die Tiere im Auslauf zur leichten<br />

Beute von Greifvögeln wurden. Ein Teil<br />

der Probleme konnte durch das Schließen<br />

der Ausläufe <strong>und</strong> die ganzjährige Stallhaltung<br />

gelöst werden. Es blieben jedoch die<br />

Probleme der Kokzidien. Des Weiteren<br />

traten nun neue Probleme in Form von<br />

Ammoniak, Staub, Federpicken <strong>und</strong> Kannibalismus<br />

auf,die durch die hohe Konzentration<br />

der Tiere im Stall bedingt waren.<br />

Mit der Einführung der Käfighaltung, die<br />

sich ab Ende der 60er- bis Anfang der 70er-<br />

Jahre sehr schnell in ganz Europa ausbreitete,<br />

wurden die Probleme der Endoparasiten<br />

sowie von Kannibalismus auf ein<br />

akzeptables Maß reduziert. Nicht lösbar<br />

war allerdings der Widerstand des Tierschutzes<br />

gegen die Einschränkung der<br />

Bewegungsfreiheit <strong>und</strong> die strukturarme<br />

Umgebung der Tiere.Auf Druck des Tierschutzes<br />

wurden schon am Ende der 70er<strong>und</strong><br />

Beginn der 80er- Jahre alternative Haltungssysteme<br />

zur Käfighaltung entwickelt.<br />

Hierzu gehörten die Get-away-Käfige sowie<br />

die Volierenhaltung.Während mit der<br />

Volierenhaltung die altbekannten Pro-<br />

Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Legehennenhaltungssysteme der Zukunft<br />

– wo liegen ihre Stärken <strong>und</strong> Schwächen?<br />

Werner BESSEI (Hohenheim)<br />

bleme aus der Bodenhaltung wieder Einzug<br />

hielten, hoffte man sich von der Haltung<br />

der Tiere in Get-away-Käfigen die<br />

hygienischen Vorteile der Käfighaltung zu<br />

erhalten. In diesem Haltungssystem wurden<br />

30 bis 60 Tiere in Käfigen mit Sandbademöglichkeit,<br />

Nestern sowie Sitzstangen<br />

in verschiedenen Ebenen gehalten.<br />

Allerdings zeigte es sich bald, dass mit der<br />

damaligen Technik die Probleme von verschmutzten<br />

Hennen <strong>und</strong> verschmutzten<br />

Eiern nicht zu lösen waren. Die Idee, die<br />

hygienischen Bedingungen mit denen<br />

vom Tierschutz geforderten Strukturelementen<br />

zu verbinden,war damit zunächst<br />

gescheitert. Zwar wurden immer wieder<br />

Ansätze in diese Richtung gesucht (z. B.<br />

der Edinburgh-Modified-Cage), diese Entwicklung<br />

wurde aber nicht als Erfolg versprechend<br />

angesehen. Erst als mit der<br />

EU-Legehennenrichtlinie 1999 die konventionellen<br />

Käfige verboten wurden,begannen<br />

Industrie <strong>und</strong> Wissenschaft sich<br />

intensiv mit der Weiterentwicklung der<br />

ausgestalteten Käfige oder Kleingruppen<br />

zu befassen. Innerhalb von wenigen Jahren<br />

wurden dann praxisreife Systeme entwickelt.<br />

Entwicklung der ausgestalteten<br />

Käfige oder Kleingruppen<br />

Die ersten Prototypen eines ausgestalteten<br />

oder furnished-cage wurden von<br />

Appelby et al. (1993) vorgestellt. Hier<br />

wurden konventionelle Kleinkäfige mit 4<br />

bis 5 Tieren mit Nestern <strong>und</strong> Sandbädern<br />

ausgestattet. Des Weiteren wurde eine<br />

Sitzstange eingezogen. Bei diesen Prototypen<br />

zeigten sich verschiedene Probleme.<br />

Zum einen nutzten die Tiere das<br />

Sandbad zur Eiablage. Da die Scharr- <strong>und</strong><br />

Sandbadebereiche nicht mit dem Abrollboden<br />

verb<strong>und</strong>en waren, blieben die Eier<br />

dort liegen. Es wurden deshalb häufig<br />

Knick-, Bruch- <strong>und</strong> Schmutzeier gef<strong>und</strong>en.<br />

Teilweise wurden die Eier auch von<br />

den Hennen gefressen.Erst die Integration<br />

des Scharrbereiches in den Eierabrollbereich<br />

konnte dieses Problem beheben.<br />

Allerdings ist somit eine Tiefstreu nicht<br />

möglich. Der Nestbereich, der im Gegensatz<br />

zum Scharrbereich abgedunkelt ist,<br />

wurde von den Hennen gut angenommen.<br />

Wenn die Hennen hier auch übernachteten,<br />

wurden die Nestmatten verschmutzt.<br />

Dies führte zu einer Verschmutzung der<br />

Eier. Bei späteren Prototypen wurde des-<br />

halb versucht,das Problem durch die Kontrolle<br />

des Zugangs zum Nest <strong>und</strong> Sandbad<br />

so zu regeln, dass die Sandbäder nachmittags,<br />

die Nester aber nur vormittags<br />

geöffnet waren. Diese Konstruktion hat<br />

sich jedoch als extrem aufwändig erwiesen.<br />

Sie wird deshalb in der derzeitigen<br />

Kleingruppenhaltung nicht weiter verfolgt.<br />

Durch das Anbringen der Scharrmatten<br />

auf dem Abrollboden sowie der Verbesserung<br />

der Nesteinlagen konnten die anfänglichen<br />

Probleme von Schmutzeiern<br />

sehr stark reduziert werden. Auch in der<br />

Anordnung der Sitzstangen wurden erhebliche<br />

Fortschritte erzielt. Bei nicht<br />

angemessener Konstruktion <strong>und</strong> Positionierung<br />

der Sitzstangen entstanden teilweise<br />

Bereiche auf dem Bodengitter, die<br />

von den Hennen nicht begangen werden<br />

konnten. Die Folge dabei war die Anhäufung<br />

von Kot <strong>und</strong> eine entsprechende<br />

Verschmutzung der Eier, die in diesen<br />

Bereich gelangten. Allgemein hat sich<br />

gezeigt, dass die Anordnung der Strukturelemente<br />

besser gelöst werden konnte,<br />

wenn größere Käfige zur Verfügung standen.<br />

Von der ursprünglichen Idee, eine<br />

möglichst kleine Gruppe von 4 bis 5 Hennen<br />

pro Käfig analog zu der konventionellen<br />

Käfighaltung zu installieren,wurde<br />

abgegangen <strong>und</strong> die Gruppengröße suk-<br />

Tab. 1 Haltungssysteme nach Niekerk (2006)<br />

Käfigsysteme<br />

• Konventionelle Käfige (nicht ausgestaltet)<br />

• Ausgestaltete Käfige (enriched (furnished)<br />

cages)<br />

– Kleine Gruppen (8–10 Tiere) (Kleingruppenhaltung)<br />

– Große Gruppen (10 – 60 Tiere) (Kleinvoliere?)<br />

Nicht-Käfigsysteme<br />

• Bodenhaltung einetagig (single-tiered alternative<br />

system)<br />

• Bodenhaltung mehretagig (multi-tiered alternative<br />

systems)<br />

– Mit integrierten Nestern<br />

– Nester nicht integriert<br />

– Portalsystem<br />

• Auslaufhaltung (Outdoor/free range alternative<br />

systems)<br />

– Wintergarten / Covered verandas<br />

– Grünauslauf (Free range)<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 237


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

zessiv auf 10 bis 60 Tiere erhöht. In einem<br />

weiteren Schritt wurden Sitzstangen in<br />

unterschiedlicher Höhe angebracht.In der<br />

gesamten Entwicklung näherten sich somit<br />

die ausgestalteten Käfige mehr <strong>und</strong><br />

mehr der Boden- bzw. derVolierenhaltung<br />

an.Der Begriff "Kleinvoliere",der im Zuge<br />

der Weiterentwicklung entstand, ist somit<br />

angemessen. Deshalb wurden auch Überlegungen<br />

angestellt, ob man die Eier aus<br />

diesen Systemen nicht als Eier aus Bodenhaltung<br />

vermarkten könne, wenn die Bedingungen<br />

der Bodenhaltung,nämlich 1/3<br />

der Gr<strong>und</strong>fläche als eingestreute Fläche,<br />

erfüllt wäre. Unterschiede bezüglich der<br />

konventionellen Bodenhaltung bestanden<br />

lediglich noch in der Höhe der Kleinvolieren,<br />

bzw. Kleingruppen. Diese ist<br />

jedoch in der EU-Richtlinie nicht geregelt.<br />

Es stellt sich somit die Frage, wie ein<br />

Unterschied zwischen den beiden Haltungssystemen<br />

definiert werden sollte. In<br />

diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen,<br />

die Begehbarkeit durch die Betreuer<br />

als ein Kriterium <strong>für</strong> die Differenzierung<br />

zwischen Boden- <strong>und</strong> Kleingruppenhaltung<br />

heran zu ziehen (Niekerk, 2006).<br />

Dieser Vorschlag wurde ebenso wie die<br />

Intention, Eier aus der Kleingruppenhaltung<br />

als Bodenhaltungseier zu verkaufen,<br />

nicht allgemein akzeptiert.<br />

Die ausgestalteten Käfige im<br />

internationalen Vergleich<br />

Schweden war das erste Land, das die<br />

ausgestalteten Käfige in größerem Umfang<br />

in praktischen Legehennenbetrieben<br />

eingesetzt hat.Dies ist auf die spezielle Situation<br />

der Legehennenhaltung in Schweden<br />

zurückzuführen.Schon zu Beginn der<br />

80er-Jahre wurden die konventionellen<br />

Käfige verboten. Des Weiteren war in<br />

Schweden das Schnabelkupieren als präventive<br />

Maßnahme gegen Federpicken <strong>und</strong><br />

Kannibalismus verboten. Darüber hinaus<br />

musste das Futter zur Reduktion des Risikos<br />

von Salmonellen pelletiert werden.<br />

Unter diesen Bedingungen waren die Resultate<br />

mit derVolierenhaltung, die eigentlich<br />

als Ersatz <strong>für</strong> die Käfighaltung eingeführt<br />

werden sollte, negativ. Zu großen<br />

Schäden durch Kannibalismus <strong>und</strong> schlechtes<br />

Gefieder in derVolierenhaltung kamen<br />

die Probleme mit Staub <strong>und</strong> Ammoniak.<br />

Unter diesen Bedingungen wurde die<br />

Kleingruppenhaltung als das Mittel der<br />

Wahl angesehen. Auch in Deutschland<br />

wurden ab dem Jahr 2000 in einigen größeren<br />

Betrieben ausgestaltete Käfige eingerichtet,<br />

die der Richtlinie der EU entsprechen.<br />

Nach der neusten Version der<br />

deutschen Tierschutz-Nutztierverordnung<br />

wurden die Mindestmasse <strong>für</strong> die ausgestalteten<br />

Käfige oder "Kleinvolieren" gegenüber<br />

den EU-Richtlinien verschärft.Für<br />

Legehennen unter 2 kg Gewicht muss eine<br />

Legehennenhaltung<br />

Fläche von mindestens 800 cm 2 zur Verfügung<br />

stehen (EU-Verordnung 750 cm 2 ).<br />

Bei Legehennen über 2 kg beträgt die<br />

Mindestfläche pro Tier 900 cm 2 . Die lichte<br />

Höhe der Einrichtung muss an der Seite<br />

des Futtertroges mindestens 60 cm betragen<br />

<strong>und</strong> darf an keiner Stelle niedriger als<br />

50 cm sein. Nach der EU-Verordnung ist<br />

die lichte Höhe der Einrichtung auf 45 cm<br />

ausgelegt. Hiervon kann aber über einer<br />

Fläche von 150 cm 2 die Höhe auf 20 cm<br />

reduziert werden. Während in der EU-<br />

Verordnung keine Mindestzahlen <strong>für</strong> den<br />

Einstreubereich festgelegt wurden, wird<br />

in der deutschen Verordnung <strong>für</strong> jedes Abteil<br />

eine Fläche von mindestens 900 cm 2<br />

<strong>für</strong> das Nest <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Einstreufläche<br />

gefordert.Diese Fläche reicht <strong>für</strong> je 10 Hennen<br />

aus. Bei über 30 Hennen pro Käfig<br />

sind <strong>für</strong> jede weitere Legehenne Einstreu<strong>und</strong><br />

Nestbereich um jeweils 90 cm 2 zu vergrößern.<br />

In Frankreich <strong>und</strong> den Mittelmeerländern<br />

hofften die Produzenten, die Einführung<br />

von ausgestalteten Käfigen als Ersatz<br />

<strong>für</strong> die konventionellen Käfige entweder<br />

238 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

Tab. 2 Futterverwertung <strong>und</strong> Eimasse in verschiedenen Haltungssystemen<br />

(Laywel, 2006)<br />

Tab. 3 Anteil an Eiern der Klasse A <strong>und</strong> aussortierte Eier<br />

(nach Laywel, 2006)<br />

hinauszögern oder verhindern zu können.<br />

Deshalb wurden hier nur wenige Untersuchungen<br />

mit diesen Systemen durchgeführt.In<br />

den Niederlanden <strong>und</strong> England<br />

setzte man zunächst hauptsächlich auf die<br />

Bodenhaltung als Alternative zur Käfighaltung.Erst<br />

in den letzten Jahren wurden<br />

in fast allen wichtigen Eier produzierenden<br />

Ländern der EU ausgestaltete Käfige<br />

eingerichtet. Somit existieren in der EU<br />

zurzeit die in Tabelle 1 aufgeführten Systeme.<br />

Abb. 1 Legeleistung <strong>und</strong> Eigewicht in verschiedenen<br />

Haltungssystemen (nach Laywel,<br />

2006)


Abb. 2 Nestnutzung in Kleingruppenhaltung <strong>und</strong><br />

alternativen Systemen in Abhängigkeit von der<br />

Öffnungszeit (nach Laywel, 2006)<br />

Die frühereTrennung zwischen Boden<strong>und</strong><br />

Volierenhaltung wurde nach der<br />

Revision der Eiervermarktungsordnung<br />

aufgehoben. Die frühere Volierenhaltung<br />

wird nun als mehretagige Bodenhaltung<br />

bezeichnet. Eine Besonderheit, die sich<br />

auf diesem Gebiet abzeichnet ist die Entwicklung<br />

des Portalsystems.In diesem befindet<br />

sich ein begehbarer Scharrraum.<br />

Vergleich der Haltungsysteme<br />

In Anbetracht der widersprüchlichen Auffassungen<br />

von der relativen Vorzüglichkeit<br />

der verschiedenen Haltungssysteme<br />

in Europa wurde von der EU eine Studie<br />

veranlasst, die einen umfassenden Vergleich<br />

zum Ziel hatte. Das Projekt Laywel<br />

wurde von 10 wissenschaftlichen Instituten<br />

aus 7 europäischen Ländern durchgeführt.Es<br />

wurden Daten aus den Bereichen<br />

Produktivität, Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong><br />

Verhalten gesammelt <strong>und</strong> zusammengeführt.<br />

Im Folgenden sind auszugsweise<br />

Daten aus dem Bericht wiedergegeben:<br />

In einer ersten Untersuchung wurde<br />

die Leistung von Legehennen in konventionellen<br />

Käfigen mit ausgestalteten Käfigen<br />

<strong>und</strong> Nicht-Käfig-Systemen (Boden<strong>und</strong><br />

Auslaufhaltung) verglichen. Die Daten<br />

stammen aus insgesamt 230 verschiedenen<br />

Herden, wobei bestimmte Herden wiederum<br />

in Untergruppen aufgeteilt waren.<br />

Daten aus den Niederlanden, Dänemark,<br />

Frankreich,Schweden,England,Deutschland<br />

<strong>und</strong> Spanien wurden als Basis herangezogen.<br />

Sie stammten sowohl aus Versuchs-<br />

als auch aus Praxisbetrieben. Die<br />

nachfolgend dargestellten Werte stellen<br />

die Mittelwerte über alle eingegebenen<br />

Datensätze dar. Somit sind hierin die verschiedenen<br />

Länder, Herkünfte <strong>und</strong> Fütterungsbedingungen<br />

enthalten.Wie ausAbbildung<br />

1 hervorgeht, unterscheiden sich<br />

die verschiedenen Systeme im Eigewicht<br />

nur wenig. In der Legeleistung ist die Tendenz<br />

zu erkennen, wonach konventionelle<br />

<strong>und</strong> ausgestaltete Käfige höhere Werte<br />

aufweisen. Ähnliche Unterschiede zwischen<br />

den Haltungssystemen wurden auch in<br />

Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Bezug auf die Eimasse gef<strong>und</strong>en (Tabelle<br />

2). Die Differenz zwischen den Betrieben<br />

betrug jeweils ca. 1 kg Eimasse. Bei der<br />

Futterverwertung hoben sich die Nicht-<br />

Käfig-Systeme deutlich gegen die konventionelle<br />

<strong>und</strong> ausgestaltete Käfighaltung<br />

ab. Mit einem Mittelwert von 2,48 lagen<br />

sie deutlich über den Werten der Käfig-<br />

Abb. 3 Eiablage im Nest in Abhängigkeit vom Nestboden<br />

(nach Laywel, 2006)<br />

systeme mit 2,14.Auch in Bezug auf den<br />

Anteil der Eier der Klasse A waren die<br />

konventionellen Käfige mit 93,3% besser<br />

als die ausgestalteten Käfige mit 92,3 %,<br />

<strong>und</strong> diese wiederum lagen höher als die<br />

Nicht-Käfig-Systeme (Tabelle 3).Die Daten<br />

stimmen im Allgemeinen mit experimentellen<br />

Vergleichen zwischen den Haltungs-<br />

Tab. 4 Legeleistung (Hennentage HT; eingestallte Henne EH) <strong>und</strong> Eigewicht bei verschiedenen<br />

Typen von Käfig- <strong>und</strong> Bodenhaltungssystemen (nach Laywel, 2006)<br />

Tab. 5 A-Eier <strong>und</strong> aussortierte Ware (nach Laywel, 2006)<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 239


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

systemen überein, die vorher in verschiedenen<br />

Ländern durchgeführt worden waren.<br />

So fanden Tauson <strong>und</strong> Holm (2001)<br />

in Schweden eine höhere Legeleistung<br />

<strong>und</strong> bessere Futterverwertung in ausgestalteten<br />

Käfigen gegenüber Nicht-Käfig-<br />

Systemen. In den Untersuchungen von<br />

Leyendecker et al. (2002) in Deutschland<br />

erbrachten Legehennen in ausgestalteten<br />

Käfigen sogar höhere Werte als die in<br />

konventionellen Käfigen sowie in Volieren.Auch<br />

die Futterverwertung war in den<br />

ausgestalteten <strong>und</strong> konventionellen Käfigen<br />

deutlich besser als in Volierensystemen.In<br />

Belgien fand Zoons (2004) höhere<br />

Eizahlen in ausgestalteten Käfigen gegenüber<br />

konventionellen Käfigen <strong>und</strong> Volierenhaltung.<br />

Insgesamt kann also gesagt werden,<br />

dass es eine deutliche Abstufung in der<br />

Legeleistung zwischen Käfig- <strong>und</strong> Nicht-<br />

Käfig-Systemen gibt, wobei die Käfig-<br />

Systeme deutlich höher liegen als die<br />

Nicht-Käfig-Systeme. Innerhalb der Käfig-<br />

Systeme sind keine klaren Tendenzen vorhanden.<br />

In Bezug auf die Futterverwertung<br />

sind deutlicheAbstufungen zwischen<br />

Käfig- <strong>und</strong> Nicht-Käfig-Systemen vorhanden.Dies<br />

ist darauf zurück zu führen,dass<br />

in den Nicht-Käfig-Systemen die durchschnittliche<br />

Stalltemperatur niedriger <strong>und</strong><br />

die Befiederung schlechter war als in den<br />

Käfig-Systemen. Hiermit sind die Energieverluste<br />

über die nicht befiederten Körperteile<br />

höher. Dies wird durch eine höhere<br />

Energie- <strong>und</strong> Futteraufnahme kompensiert.<br />

Die höheren Anteile von Schmutzeiern<br />

in den ausgestalteten Käfigen <strong>und</strong><br />

Nicht-Käfig-Systemen (Tabelle 3) ist auf<br />

das Vorhandensein von Nestern zurückzuführen.Eine<br />

klare Differenzierung zwischen<br />

Nicht-Käfig-Systemen <strong>und</strong> ausgestalteten<br />

Käfigen ist allerdings schwierig,<br />

da dieses Merkmal eher von der Art des<br />

Nestes als von dem Haltungssystem abhängig<br />

ist.<br />

Interessant sind auch die Auswertungen<br />

der Leistungsergebnisse innerhalb der<br />

verschiedenen Käfigsysteme (konventionell,ausgestaltete<br />

Käfige klein,mittel <strong>und</strong><br />

groß, sowie einetagige <strong>und</strong> mehretagige<br />

Bodenhaltungen) (Tabelle 4). Auch hier<br />

zeigt sich, dass die größten Unterschiede<br />

in der Legeleistung, sowohl auf der Basis<br />

Hennentage als auch in der Legeleistung<br />

pro Anfangshenne, zwischen den Käfig<strong>und</strong><br />

Nicht-Käfig-Systemen bestehen. Innerhalb<br />

der Käfig-Systeme ist die Variation<br />

sehr gering. Größere Differenzen<br />

existieren zwischen der einetagigen <strong>und</strong><br />

mehretagigen Bodenhaltung.Hier beträgt<br />

die Differenz ca. 4 Prozentpunkte. Bei Erhebungen<br />

in England (MFU, 2003) wurden<br />

konventionelle Käfige <strong>und</strong> eine einetagige<br />

Bodenhaltung verglichen. Diese Art der<br />

Bodenhaltung ist in England am meisten<br />

Legehennenhaltung<br />

verbreitet.Hier war die Legeleistung ebenfalls<br />

etwas geringer.Im Eigewicht lagen die<br />

konventionellen Käfige <strong>und</strong> die kleinen<br />

ausgestalteten Käfige in der Tendenz höher<br />

als alle anderen Systeme. Der Anteil<br />

der Knickeier war in konventionellen Käfigen<br />

<strong>und</strong> in den mehretagigen Bodenhaltungssystemen<br />

höher als in allen anderen<br />

Systemen. Offensichtlich sind die Eitransportsysteme<br />

verantwortlich <strong>für</strong> die Differenz<br />

in diesem Merkmal.Allerdings zeigt<br />

sich in dem Anteil der aussortieren Ware,<br />

240 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

dass hier die großen ausgestalteten Käfige<br />

sowie die Nicht-Käfig-Systeme fast den<br />

doppelten Anteil aufwiesen wie die konventionellen<br />

Käfige <strong>und</strong> die mittleren <strong>und</strong><br />

kleinen ausgestalteten Käfige (Tabelle 5).<br />

Groß angelegte Systemvergleiche <strong>für</strong> diese<br />

Merkmale existieren bisher nicht. Über<br />

die Ursachen der Unterschiede müssen<br />

weitere Untersuchungen angestellt werden.<br />

Die Nutzung der Nester ist in der<br />

Kleingruppenhaltung oder im ausgestalteten<br />

Käfig ebenso hoch wie in den Bo-<br />

Abb.4 Abwägung des Tierschutzrisikos in verschiedenen Haltungssystemen I+II<br />

a+b (nach Nichol, 2006)<br />

Rot = hohes Risiko <strong>für</strong> das Wohlbefinden der Tiere; Gelb = variables Risiko<br />

<strong>für</strong> das Wohlbefinden der Tiere; Grün = geringes Risiko <strong>für</strong> das<br />

Wohlbefinden der Tiere; Weiß = Risiko <strong>für</strong> das Wohlbefinden der Tiere<br />

unbekannt, da nur unzureichende Informationen vorliegen.


denhaltungssystemen (Abb. 2). Werden<br />

die Nester nur <strong>für</strong> einen bestimmten Teil<br />

der Tageszeit zur Verfügung gestellt,ist die<br />

relative Nutzung höher als bei 24-stündigem<br />

Zugang.Allerdings scheint die Art<br />

des Nestbodens die Nutzung zu beeinflussen.<br />

Systeme, die mit Astroturf ausgestattet<br />

waren, hatten allgemein eine höhere<br />

Nestnutzung als solche mit anderen Bodenarten<br />

(Abb. 3).<br />

Insgesamt kann gesagt werden, dass in<br />

Bezug auf die Leistung <strong>und</strong> den Anteil der<br />

nicht verwertbaren Eier Unterschiede<br />

zwischen den Käfig- <strong>und</strong> Nicht-Käfig-<br />

Systemen bestehen. Dabei schneiden die<br />

Käfig-Systeme insgesamt besser ab als die<br />

Nicht-Käfig-Systeme. Bei der Nutzung<br />

der Nester existieren keine Unterschiede<br />

zwischen den Bodenhaltungssystemen<br />

<strong>und</strong> den ausgestalteten Käfigen.<br />

Bewertung der Systeme in Hinsicht<br />

auf Tierschutz<br />

In Bezug auf Tierschutz ist die Leistung als<br />

isoliertes Merkmal betrachtet kein zuverlässiger<br />

Indikator <strong>für</strong> Wohlbefinden oder<br />

Leiden. Bei hoher Legeleistung kann man<br />

zwar davon ausgehen, dass die meisten<br />

physiologischen Abläufe bei der Legehenne<br />

weitgehend ungestört sind, eine Minderleistung<br />

weist allerdings nicht unbedingt<br />

auf gemindertes oder gestörtes Wohlbefinden<br />

der Tiere hin. Um eine Gesamtübersicht<br />

über die Tierschutzsituation der<br />

Legehenne zu erhalten,müssen neben der<br />

Leistung auch die Ges<strong>und</strong>heit, das Verhalten,<br />

die Physiologie sowie verschiedene<br />

Umweltfaktoren herangezogen werden.<br />

In dem Bericht des EU-Programms wurde<br />

versucht,die Situation in Übersichten darzustellen<br />

(Abb. 4 a–c). In der Mortalität<br />

zeigt sich eine deutliche Überlegenheit<br />

der Käfighaltungssysteme gegenüber den<br />

Nicht-Käfig-Systemen. Dies ist auf die<br />

Belastung der Tiere mit Endo- <strong>und</strong> Ektoparasiten<br />

in den Nicht-Käfig-Haltungen in<br />

Verbindung zu bringen. Des Weiteren ist<br />

in den großen ausgestalteten Käfigen<br />

sowie in den Nicht-Käfig-Systemen mit<br />

höherer Mortalität durch Kannibalismus<br />

zu rechnen. Entsprechend des Krankheitsdruckes<br />

in den Nicht-Käfig-Systemen<br />

ist auch der Medikamenteneinsatz in<br />

diesen Systemen höher. Mortalität durch<br />

Beutegreifer ist fast ausschließlich in der<br />

Auslaufhaltung ein Problem. Osteoporose<br />

tritt überwiegend in konventionellen Käfigen<br />

auf. Sie ist u. a. mit Bewegungsmangel<br />

in Verbindung zu bringen. Allerdings<br />

hat sich gezeigt, dass dies nicht in nennenswerten<br />

Maßen zu Knochenbrüchen führt.<br />

Die Anzahl der Knochenbrüche während<br />

der Legeperiode sind in den Nicht-Käfig-<br />

Systemen relativ hoch.Dies ist auf Unfälle<br />

beim Anfliegen der Nester <strong>und</strong> Sitzstangen<br />

zurückzuführen. In den Käfigsystemen<br />

Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Abb. 4c Abwägung des Tierschutzrisikos in verschiedenen Haltungssystemen III<br />

(nach Nichol, 2006)<br />

dagegen sind höhere Knochenbruchfälle<br />

beim Ausstallen zu verzeichnen. Fußballengeschwüre<br />

treten vor allem bei Systemen<br />

mit Sitzstangen auf. In der konventionellen<br />

Käfighaltung sind sie nicht als<br />

Problem zu vermerken. In Bezug auf die<br />

Leistungsmerkmale sowie Futteraufnahme<br />

sind keine nennenswerten Unterschiede<br />

zwischen den Systemen in Bezug auf<br />

Tierschutz vorhanden. Defizite im Verhalten<br />

treten vor allem in der konventionellen<br />

Käfighaltung auf. Durch das<br />

Fehlen von Scharrmöglichkeiten,Nestern<br />

sowie Sitzstangen werden hier Probleme<br />

im Bereich des Ruhe- <strong>und</strong> Komfortverhaltens<br />

gesehen. Das Sozialverhalten im<br />

konventionellen Käfig wird in der EU-<br />

Studie als ungenügend angesehen, da die<br />

Tiere nur mit wenigen Sozialpartnern<br />

Kontakt aufnehmen können. Allerdings<br />

muss beachtet werden, dass in den alternativen<br />

Haltungssystemen auch der<br />

Spiegel der Aggressivität im Allgemeinen<br />

ansteigt <strong>und</strong> die sozial unterlegenen Hennen<br />

stärkeren Verfolgungen ausgesetzt<br />

sind als in den Käfig-Systemen. Dies wird<br />

in der Studie nicht ausreichend berücksichtigt.Es<br />

wurde festgestellt,dass Hennen<br />

in konventionellen Käfigen eine höhere<br />

Furchtsamkeit <strong>und</strong> höhere Neigung zur<br />

Flucht aufweisen als in anderen Haltungssystemen.<br />

Interessant ist im Vergleich der<br />

Haltungssysteme,dass Federverluste über<br />

alle Systeme in ähnlicher Form auftreten.<br />

Verschmutztes Gefieder wurde in höherem<br />

Maße in Nicht-Käfig-Systemen gef<strong>und</strong>en.Fußballengeschwüre<br />

treten in der<br />

Regel im Zusammenhang mit Sitzstangen<br />

auf. Das heißt, sie sind in erster Linie in<br />

Nicht-Käfig-Systemen <strong>und</strong> in ausgestalteten<br />

Käfigen vorhanden. Es wird allgemein<br />

anerkannt, dass die Belastung mit Staub<br />

<strong>und</strong> Ammoniak in der konventionellen<br />

Käfighaltung am geringsten ist. Bei ausgestalteten<br />

Käfigen führt das Vorhandensein<br />

von Einstreu zu einem Anstieg des Staubgehaltes<br />

in der Luft. Besonders belastet<br />

sind in dieser Beziehung die Bodenhaltungssysteme.<br />

Schlussfolgerung<br />

Die Kleingruppenhaltung hat sich nach<br />

bisherigen Ergebnissen als tragbarer Kompromiss<br />

zwischen der herkömmlichen<br />

Käfighaltung <strong>und</strong> der Bodenhaltung erwiesen.<br />

Zieht man zur Beurteilung der<br />

Tierschutzsituation alle relevanten Aspekte<br />

heran, so ist sie meines Erachtens der<br />

Bodenhaltung überlegen. Die kleine Gruppe<br />

ist in Bezug auf Sozialverhalten <strong>und</strong><br />

Kannibalismus den Haltungen in großen<br />

Gruppen eindeutig zu bevorzugen.Lediglich<br />

in der Bewegungsfreiheit <strong>und</strong> Strukturen<br />

sind hier Kompromisse gefordert. In<br />

Bezug auf Tierges<strong>und</strong>heit, Leistung ist die<br />

Kleingruppenhaltung der Bodenhaltung<br />

überlegen.<br />

Literatur<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Prof. Dr. Werner Bessei,<br />

Universität Hohenheim, Institut <strong>für</strong><br />

Tierhaltung <strong>und</strong> Tierzüchtung,<br />

Fachgebiet Nutztierethologie <strong>und</strong><br />

Kleintierzucht 470 c,<br />

Garbenstraße 17, 70599 Stuttgart<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 241


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Legehennenhaltung<br />

Deutschland:<br />

Die Hennenhaltungsverordnung im Überblick<br />

In der EU-Richtlinie vom 19. Juli 1999<br />

wurden die folgenden Punkte,die auch <strong>für</strong><br />

de neuen Mitgliedstaaten gelten,hinsichtlich<br />

der künftigen Haltungsformen <strong>für</strong> Legehennen<br />

festgeschrieben:<br />

■ Ab 1. Januar 2003 wurde die Mindest-<br />

Käfigfläche pro Henne von 450 cm 2 auf<br />

550 cm 2 heraufgesetzt.Zudem mussten<br />

Krallenabriebflächen in den Käfigen<br />

angebracht werden.<br />

■ Seit 1. Januar 2003 dürfen keine herkömmlichen<br />

Käfige neu errichtet werden.Bei<br />

Neuanlagen sind nur noch ausgestaltete<br />

Käfige erlaubt.Diese müssen<br />

über Nester, Sitzstangen <strong>und</strong> Scharrmöglichkeiten<br />

verfügen <strong>und</strong> pro Tier eine<br />

Fläche von 750 cm 2 bieten.<br />

■ Die Richtlinie war hinsichtlich der Käfig-Regelungen<br />

bis zum 1. Januar 2002<br />

von den Mitgliedstaaten umzusetzen.<br />

Diese sind berechtigt, weiter gehende<br />

Anforderungen zum Schutz der Legehennen<br />

festzulegen.<br />

■ Ab 1. Januar 2012 sind die herkömmlichen<br />

Käfige nicht mehr zugelassen.<br />

■ Für alternative Haltungssysteme wurde<br />

eine Reihe von Detailregelungen<br />

aufgenommen. Die Umsetzung durch<br />

die Mitgliedstaaten war bei Neu-/Umbauten<br />

bis zum 1. Januar 2002 <strong>und</strong> ist<br />

bei bereits bestehenden Anlagen bis<br />

zum 1. Januar 2007 vorzunehmen.<br />

Deutschland hatte von der Option hinsichtlich<br />

strengerer nationaler Regelun-<br />

Kleingruppenhaltung<br />

>>> In der Bekanntmachung der<br />

Neufassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung<br />

vom 22. August<br />

2006 (BGBl. I Seite 2043) sind in §13 b<br />

besondere Anforderungen an die<br />

Kleingruppenhaltung enthalten:<br />

Für jede Legehenne muss jederzeit eine<br />

uneingeschränkt nutzbare Fläche von<br />

gen mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung<br />

vom 28. Februar 2002 Gebrauch<br />

gemacht.<br />

Entscheidend war dabei das Verbot der<br />

herkömmlichen Käfighaltung bereits ab<br />

1. Januar 2007. Zudem wurde die Neueinrichtung<br />

"ausgestalteter" Käfige nicht<br />

erlaubt <strong>und</strong> deren Gebrauch ab 1. Januar<br />

2012 untersagt. Bemühungen der Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esrats, diese <strong>für</strong> die<br />

deutschen Produzenten Existenz bedrohenden<br />

Wettbewerbsnachteile abzumildern,<br />

blieben lange erfolglos.<br />

Die vom B<strong>und</strong>esrat am 7. April 2006<br />

verabschiedete "Zweite Verordnung zur<br />

Änderung der Tierschutz-Nutztierhal-<br />

mindestens 800 Quadratzentimetern zur<br />

Verfügung stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht<br />

der Legehennen in der<br />

Haltungseinrichtung mehr als zwei Kilogramm,<br />

muss abweichend von Satz 1 eine<br />

nutzbare Fläche von mindestens 900<br />

Quadratzentimetern zur Verfügung stehen.Für<br />

die Berechnung der Fläche ist diese<br />

in der Waagerechten zu messen.<br />

Die lichte Höhe einer Haltungseinrichtung<br />

muss<br />

1. an der Seite der Haltungseinrichtung,an<br />

der der Futtertrog angebracht ist, mindestens<br />

60 Zentimeter betragen <strong>und</strong><br />

2. darf im Übrigen an keiner Stelle über<br />

der Fläche nach Absatz 2 niedriger als<br />

50 Zentimeter sein.<br />

Für jeweils bis zu zehn Legehennen<br />

muss jederzeit ein Einstreubereich von<br />

mindestens 900 Quadratzentimetern<br />

242 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

tungsverordnung" hat nun den Weg freigemacht<br />

<strong>für</strong> das System der "Kleinvoliere".<br />

In mehreren Punkten gehen die an<br />

dieses System gestellten Anforderungen<br />

jedoch klar über den künftigen EU-Standard<br />

"Ausgestalteter Käfig" hinaus.<br />

Wesentlichste Abweichungen sind die<br />

pro Henne geforderten 800 cm 2 Nutzfläche<br />

(schwere Tiere 900 cm 2 ) – ggf. plus<br />

Nestfläche – gegenüber 750 cm 2 auf EU-<br />

Ebene <strong>und</strong> die Käfighöhe von 60 cm. Unter<br />

bestimmten Voraussetzungen sind<br />

jetzt Restlaufzeiten <strong>für</strong> herkömmliche<br />

Käfige bis zum 31. Dezember 2008 bzw.<br />

31. Dezember 2009 möglich.<br />

■ ZMP/Werner Böttcher<br />

Fläche <strong>und</strong> ein Gruppennest von mindestens<br />

900 Quadratzentimeter zugänglich<br />

sein. Das Gruppennest muss weniger ausgeleuchtet<br />

sein als die übrige Fläche.<br />

Übersteigt die Gruppengröße 30 Legehennen,<br />

ist <strong>für</strong> jede weitere Legehenne<br />

der Einstreubereich <strong>und</strong> das Gruppennest<br />

um jeweils 90 Quadratzentimeter zu vergrößern.<br />

Jeder Legehenne muss ein uneingeschränkt<br />

nutzbarer Futtertrog mit einer<br />

Kantenlänge von mindestens 12 Zentimetern<br />

<strong>und</strong> eine Sitzstange von mindestens<br />

15 Zentimetern Länge zur Verfügung<br />

stehen. Beträgt das Durchschnittsgewicht<br />

der Legehenne in der Haltungseinrichtung<br />

mehr als zwei Kilogramm, muss der<br />

Futtertrog abweichend von Satz 1 eine<br />

Länge von mindestens 14,5 Zentimetern<br />

je Legehenne aufweisen. Je Haltungsein-


ichtung müssen mindestens zwei Sitzstangen<br />

vorhanden sein, die in unterschiedlicher<br />

Höhe angeordnet sind.<br />

Die Gänge zwischen den Reihen der<br />

Haltungseinrichtungen müssen mindestens<br />

90 Zentimeter breit sein <strong>und</strong> der Abstand<br />

zwischen dem Boden des Gebäudes<br />

<strong>und</strong> der unteren Reihe der Haltungseinrichtungen<br />

muss mindestens 35 Zentimeter<br />

betragen.<br />

Die Form <strong>und</strong> die Größe der Öffnung<br />

der Haltungseinrichtung muss gewährleisten,<br />

dass eine ausgewachsene Legehenne<br />

herausgenommen werden kann,<br />

Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

ohne dass ihr vermeidbare Schmerzen,<br />

Leiden oder Schäden zugefügt werden.<br />

Umbau der Käfige<br />

Jeder Betrieb, der seine Legehennenhaltung<br />

über den 31. Dezember 2006 hinaus<br />

weiterführen möchte, muss nach den im<br />

August in Kraft getretenen gesetzlichen<br />

Änderungen ein Betriebs- <strong>und</strong> Umbaukonzept<br />

beim zuständigen Veterinäramt<br />

vorlegen. Darauf hat NRW-Landwirtschaftsminister<br />

Eckhard Uhlenberg jetzt<br />

hingewiesen. Das Umbaukonzept muss<br />

Angaben zur künftigen Haltungsform<br />

(Kleingruppen oder Bodenhaltung) sowie<br />

zum Zeitplan der Umstellung enthalten.<br />

B<strong>und</strong>esweit wurde dazu auf Vorschlag<br />

Nordrhein-Westfalens ein einfach auszufüllendes<br />

Formular entwickelt, dem ein<br />

formloser Zeitplan beigefügt werden muss.<br />

Wichtig <strong>für</strong> die Hennenhalter: Die Anzeige<br />

muss am 15. Dezember 2006 im zuständigen<br />

Veterinäramt vorliegen. Dabei ist<br />

nicht der Poststempel maßgebend,sondern<br />

der Eingang beim Amt. Ist dies nicht der<br />

Fall, darf der betreffende Landwirt seine<br />

Legehennenhaltung mit alten Käfigen über<br />

den 1. Dezember 2006 nicht fortsetzen. ■<br />

Immer weniger Legehennen in Käfighaltung in Deutschland<br />

Wie das Statistische B<strong>und</strong>esamt mitteilte,<br />

haben im Dezember 2005 Betriebe von<br />

Unternehmen mit mehr als 3000 Hennenhaltungsplätzen<br />

32,2 Millionen Hennen<br />

bei einer gesamten Stallkapazität von<br />

r<strong>und</strong> 39,4 Millionen Haltungsplätzen gehalten.<br />

Hiervon fielen 73,2 % (28,8 Millionen<br />

Plätze) auf die Käfighaltung,14,0%<br />

(5,5 Millionen) auf die Bodenhaltung <strong>und</strong><br />

12,7 % (5,0 Millionen) auf Freilandhaltung.<br />

Die Auslastung der vorhandenen<br />

Stallplätze lag bei 81,9 %.<br />

In den letzten Jahren hat sich ein Strukturwandel<br />

in der Legehennenhaltung<br />

vollzogen: Im Jahr 2000 hatten die Betriebe<br />

noch 35,3 Millionen Hennen die einer<br />

Stallkapazität von 41,1 Millionen<br />

Plätzen gehalten. Damals lag der Anteil<br />

der Käfighaltung noch bei 86,5 % (35,6<br />

Millionen Plätze). Die Bodenhaltung hatte<br />

im Jahr 2000 einen Anteil von 6,7 %<br />

(2,8 Millionen) ebenso wie die Freilandhaltung<br />

(2,8 Millionen).<br />

Die gesamten Stallkapazitäten sind<br />

seit dem Jahr 2000 um 4,4 % gesunken.<br />

Dabei war die Entwicklung in den Haltungsformen<br />

unterschiedlich: Während<br />

die Kapazitäten in der Käfighaltung seit<br />

dem Jahr 2000 um 19,0 % zurückgegangen<br />

sind,stiegen die Haltungsplätze in Bodenhaltung<br />

um 99,4 % <strong>und</strong> in Freilandhaltung<br />

um 80,4 %.Für den starken Rück-<br />

gang der Käfighaltung gelten als wesentliche<br />

Ursache die rechtlich geänderten Rahmenbedingungen.<br />

Die Mehrzahl der Hennen wurde auch<br />

2005 in größeren Betrieben gehalten. So<br />

waren 53,3 % aller Hennen (17,2 Millionen)<br />

<strong>und</strong> 53,6 % aller Hennenhaltungsplätze<br />

(21,1 Millionen) in Betrieben mit<br />

Platz <strong>für</strong> 100 000 <strong>und</strong> mehr Hennen.An<br />

den verfügbaren Stallplätzen <strong>für</strong> Käfighaltung<br />

hatten diese Betriebe einen Anteil<br />

von 60,7 %, bei der Bodenhaltung verfügten<br />

sie über 29,6 % <strong>und</strong> bei der Freilandhaltung<br />

über 38,8 % der Stallkapazitäten.<br />

Deutsche Eier<br />

beherrschen den Markt<br />

2005 waren es erneut überwiegend Eier<br />

deutscher Herkunft, die von den Haushalten<br />

hierzulande erworben wurden: 72%<br />

der Ware kam aus Deutschland, 24 %<br />

stammte aus den Niederlanden, 3% wurde<br />

aus anderen Ländern eingeführt <strong>und</strong><br />

1% war unbekannter Herkunft. Im Vergleich<br />

zu 2004 sank der Anteil deutscher<br />

Eier an der privaten Nachfrage um 2,6 Prozentpunkte,während<br />

die niederländischen<br />

Eier um 2,2 Prozentpunkte zulegten.<br />

Im vergangenen Jahr waren 83,4 % der<br />

an private Haushalte verkauften Eier gekennzeichnet,<br />

dies waren 4 % mehr als im<br />

Jahr zuvor. Von dieser geprinteten Ware<br />

stammten 43 % aus Käfighaltung, 26 %<br />

aus Bodenhaltung, 22 % wurden von freilaufenden<br />

Hennen produziert <strong>und</strong> jeweils<br />

4 % kamen aus biologischer Erzeugung<br />

bzw. waren unbekannter Herkunft. Der<br />

Anteil an Käfigeiern ist im Vergleich zum<br />

Vorjahr um knapp 8 Prozentpunkte gesunken,<br />

da<strong>für</strong> stieg die private Nachfrage<br />

nach Eiern aus Bodenhaltung um r<strong>und</strong> 9<br />

Prozentpunkte. Diese Entwicklung wurde<br />

durch einige Lebensmittelketten begünstigt,<br />

die nicht mehr Käfig-, sondern Bodenhaltungseier<br />

als Standard anbieten.<br />

■ ZMP<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 243


Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

Die Discounter entwickeln sich<br />

in Deutschland zu Marktführern<br />

beim Angebot von Eiern aus<br />

alternativen Haltungssystemen.<br />

Legehennenhaltung<br />

BioBio Produkte<br />

<strong>für</strong> alle<br />

>>> Plus: Ein Ei gleicht nicht immer dem anderen.<br />

Sorgfalt, die man schmeckt.<br />

BioBio Eier aus ökologischer Freilandhaltung unterscheiden sich von<br />

herkömmlichen Eiern durch Geschmack <strong>und</strong> Qualität. Gemäß dem<br />

Bio-Siegel nach der EG-Öko-Verordnung werden die Hennen artgerecht<br />

<strong>und</strong> in der freien Natur gehalten. Ausschließlich mit<br />

ökologischen Futtermitteln gefüttert, fressen, trinken, ruhen <strong>und</strong><br />

staubbaden sie in freiem Auslauf auf Wiesen von mindestens 4 qm<br />

pro Huhn. Um schließlich ungestört das perfekte Frühstücks-Ei zu<br />

legen, gibt es <strong>für</strong> die glücklichen Hühner ein Nest in einem gesonderten<br />

Bereich.<br />

Wo BioBio drauf steht, ist auch Bio drin<br />

>>> Als einer der ersten Discounter Deutschlands ist Plus jetzt <strong>für</strong> sein Bio-<br />

Sortiment auch vom TÜV Nord zertifiziert worden:<br />

„Schließlich haben wir auf diesem Gebiet jede Menge Erfahrung <strong>und</strong> zuverlässige<br />

Partner: Von den Biolandwirten, über die Hersteller, bis hin zum Einkauf ziehen alle an<br />

einem Strang, damit bei BioBio alles im "Grünen Bereich" ist. BioBio Lebensmittel<br />

entsprechen hohen Qualitätsstandards, die von amtlich zugelassenen Sachverständigen<br />

regelmäßig überprüft werden. So können Sie sicher sein, dass auch alle EU-Regeln<br />

eingehalten werden – von der Erzeugung bis hin zum fertigen Produkt im Regal. Da<strong>für</strong><br />

bürgt jetzt neben dem bekannten EG-Bio-Siegel auch das neue TÜV Nord Siegel. Und<br />

da<strong>für</strong>, dass sich BioBio auch jeder leisten kann, sorgen natürlich die kleinen Preise.“<br />

244 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006


Das perfekte Frühstücksei<br />

rückt näher<br />

>>> Britische Firma will die<br />

Kochzeit sichtbar machen<br />

Die ewige Frage, wann das Frühstücksei<br />

fertig ist, könnte sich bald erübrigt<br />

haben: Eine britische Firma <strong>für</strong> Qualitätsmanagement<br />

hat ein Tintenzeichen entwickelt,<br />

das auf Hitze reagiert <strong>und</strong> sichtbar<br />

wird, wenn das Ei eine bestimmte<br />

Kochzeit erreicht hat. „Wir hatten eine<br />

Menge Anfragen von Leuten, die das Interesse<br />

in der Industrie geweckt haben“,<br />

sagte eine Sprecherin der Firma Lion Qua-<br />

Biophotonenanalyse<br />

Qualität von Eiern messen<br />

>>> Ob ein Ei ein echtes Bio-Ei ist,<br />

sieht man ihm nicht an. Auch nicht,<br />

ob es aus Freilandhaltung oder einer<br />

Legebatterie stammt. Genau das will<br />

die Biophotonenanalyse nachweisen.<br />

Entwickelt wurde sie vom Physiker<br />

Fritz-Albert Popp. Die Methode nutzt die<br />

Fähigkeit lebender Zellen, Lichtteilchen<br />

(Photonen) auszustrahlen. Durch Energiezufuhr<br />

(wie Licht) speichern die Moleküle<br />

der Zelle Energie <strong>und</strong> geben sie auf<br />

charakteristische Weise wieder ab. Und<br />

das kann man messen. Eine Studie des<br />

Neusser Instituts <strong>für</strong> Biophysik ergab zum<br />

Legehennenhaltung Lebensmittelqualität/Hygiene<br />

lity Eggs. „Wir haben gesagt: In Ordnung,<br />

das ist ein großes Thema – die Leute können<br />

nicht mal ein Ei kochen.“<br />

Gilly Beaumont von der Firma B and H<br />

Colour Change,die das Tintenzeichen entwickelte,<br />

erklärte in der Zeitung „Daily<br />

Telegraph“, dass sie die Technik „noch<br />

vervollkommnen“ wolle. „Wir sind ganz<br />

begeistert von der Vorstellung,dass wir ein<br />

Problem lösen,mit dem sich die Menschen<br />

seit Jahrzehnten beim Frühstück herumschlagen.“<br />

■ afp<br />

Beispiel, dass Eier von Freilandhühnern<br />

deutlich mehr Licht speicherten als die ihrer<br />

Schwestern aus der Legebatterie – obwohl<br />

die Hühner in Abstammung <strong>und</strong><br />

Alter übereinstimmten <strong>und</strong> gleiches Futter<br />

bekamen.Welche Schlussfolgerungen<br />

daraus zu ziehen sind, ist unter Wissenschaftlern<br />

umstritten, denn in der stofflichen<br />

Zusammensetzung unterscheiden<br />

sich die Eier nicht. Dennoch werben einige<br />

Anbieter mit der Biophotonenanalyse.<br />

Dem Verbraucher bleibt der Glaube: Mit<br />

bloßem Auge ist das Licht nicht zu sehen.<br />

■ Test<br />

Eier von Pinguinen,<br />

Albatrossen <strong>und</strong><br />

Hühnern schmecken<br />

am besten<br />

>>> In einer skurrilen Testreihe<br />

überprüfte Dr. H. B. Cott von der<br />

Universität Cambridge Anfang der<br />

60er-Jahre mit einer Probejury den<br />

Geschmack von r<strong>und</strong> 200 verschiedenen<br />

Vogeleiern.<br />

Jedes Ei wurde verrührt, der Geschmack<br />

anschließend benotet.In der von<br />

zwei bis zehn reichenden Geschmacksscala<br />

schnitten Hühnereier mit der Note<br />

8,7 hervorragend ab. Die Essbarkeit der<br />

Blaumeiseneier lag bei 4,1, der Zaunkönig<br />

schmeckte nicht mehr (Note 2,7)<br />

<strong>und</strong> das kleine Ei der Tannenmeise dürfte<br />

nach dieser wissenschaftlichen Untersuchung<br />

<strong>für</strong> alle von uns abstoßend sein<br />

(Note 2,0).Pinguine <strong>und</strong> Albatrosse scheinen<br />

den Geschmack unserer Hühnereier<br />

zu übertreffen <strong>und</strong> bekamen die Traumnote<br />

9,0. Abgesehen von den exotischen<br />

Ausnahmen ist das Hühnerei also ein geschmacklicher<br />

Volltreffer. Kein W<strong>und</strong>er,<br />

denn durchschnittlich 225 Eier verzehren<br />

wir B<strong>und</strong>esbürger im statistischen Mittel<br />

pro Jahr. ■ WDR-Fernsehen 5/2003<br />

Folkwang-Museum Essen:<br />

Tierhaltungssystem in der Kunst<br />

(Studienarbeit von Marlen Mauermann)<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 245


Lebensmittelüberwachung<br />

Gammelfleisch: Ein Pilzsammler fand die Akten<br />

>>> Nach dem jüngsten Skandal um<br />

Gammelfleisch ist ein heftiger Streit<br />

um die Lebensmittelüberwachung in<br />

Deutschland entbrannt. Im Kontrollsystem<br />

werden immer größere<br />

Lücken bekannt. Kompetenzgerangel<br />

erschwert optimale Lösungen.<br />

Die Behörden im baden-württembergischen<br />

Mannheim teilten zunächst mit,<br />

dass sie die Regierung in Oberbayern bereits<br />

im Februar dieses Jahres über Gammelfleischlieferungen<br />

des hauptverdächtigen<br />

Münchner Großhändlers informiert<br />

hätten. Bei einem Mannheimer Zwischenhändler<br />

sei im Dezember 2005 falsch etikettiertes<br />

Fleisch des Händlers gef<strong>und</strong>en<br />

worden. Untersuchungen hätten ergeben,<br />

dass das Fleisch verdorben war.<br />

Der Schwarzwälder Bote<br />

(Oberndorf) zu Gammelfleisch<br />

Abschreckung tut Not: schärfere,vor allem<br />

aber unangemeldete Kontrollen, drastischere<br />

Strafen <strong>und</strong> die Nennung der Namen<br />

von Betrieben. Das alles wird wieder<br />

einmal versprochen,wohl wissend,dass der<br />

Konsument schon bald an den Fleischtopf<br />

zurückkehren wird.<br />

Das B<strong>und</strong>esverbraucherministerium<br />

warf Bayern Versäumnisse vor. Der Freistaat<br />

habe erst mit Verspätung über den<br />

Gammelfleischskandal informiert. Entdeckt<br />

wurde der Skandal in Niederbayern<br />

nur durch einen Zufall: Ein Pilzsammler<br />

habe an einem Waldweg einen Aktenkoffer<br />

mit belastenden Unterlagen gef<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> der Polizei übergeben, sagte der Leitende<br />

Oberstaatsanwalt.<br />

Fahnder entdeckten in den Räumen des<br />

Hauptverdächtigen, der sich inzwischen<br />

das Leben nahm, weitere 60 Tonnen ungenießbares<br />

Fleisch <strong>und</strong> mehr als 40 Tonnen<br />

verdorbenes Gemüse. Bereits zuvor<br />

waren mehr als 120 Tonnen Fleisch sichergestellt<br />

worden, dessen Verfallsdatum<br />

längst abgelaufen war. Bei der Ware handelte<br />

es sich zum größten Teil um Döner-<br />

Spieße. Die Firma habe 2500 K<strong>und</strong>en<br />

beliefert, 50 davon im Ausland. Nach Angaben<br />

der EU-Kommission könnte verdorbene<br />

Ware aus Bayern nach Österreich,<br />

Tschechien, Dänemark, Frankreich, Belgien,<br />

Italien, die Niederlande <strong>und</strong> Luxemburg<br />

geliefert worden sein.<br />

Das Ausmaß des Skandals sei derzeit<br />

nicht abzuschätzen. Es gebe Hinweise auf<br />

eine "Döner-Mafia", sagte der Leiter der<br />

bayerischen Sonderkommission "Kühlhaus",<br />

Josef Wilfling. Man dürfe jedoch<br />

Fleisch<br />

Dieser Smiley soll dem Verbraucher<br />

signalisieren: dieses Unternehmen ist<br />

sauber. Foto: Anja Tittes<br />

jetzt nicht alle Dönerbuden unter Generalverdacht<br />

stellen. Es handle sich nur um<br />

wenige Kriminelle.<br />

B<strong>und</strong>esverbraucherminister Horst Seehofer<br />

(CSU) drängte darauf, dem B<strong>und</strong><br />

Kompetenzen <strong>für</strong> ein einheitliches Überprüfungssystem<br />

zu übergeben <strong>und</strong> die<br />

Koordination der Lebensmittelkontrollen<br />

beim B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Verbraucherschutz<br />

anzusiedeln. NRW-Verbraucherminister<br />

Eckhard Uhlenberg (CDU) sagte hingegen,<br />

die Kontrollen seien bei den Ländern<br />

am besten aufgehoben. Er kündigte an,<br />

die Zahl der Lebensmittelkontrolleure in<br />

Nordrhein-Westfalen bis 2010 zu verdoppeln:<br />

Die 300 bei den Kommunen tätigen<br />

Kontrolleure sollen um weitere 300 bisher<br />

in der Verwaltung beschäftigte Landesbedienstete<br />

ergänzt werden. Diese sollen <strong>für</strong><br />

Kontrollen eingesetzt werden.Erstmals ist<br />

geplant, Kontrolleure durch die Branche<br />

selbst über Gebühren zu finanzieren.<br />

Gammelfleisch soll teurer werden<br />

Schlagzeilenvorschlag der Berliner taz<br />

über höhere Kosten <strong>für</strong> Lebensmittel,wenn<br />

Kontrollen gebührenpflichtig werden.<br />

Aus einer Analyse der Grünen aufgr<strong>und</strong><br />

von Daten des NRW-Umweltministeriums<br />

geht hervor, dass die Zahl der Lebensmittelkontrolleure<br />

2005 im Vergleich zu 2004<br />

gesunken ist.Danach wurden 2005 knapp<br />

5300 Betriebe weniger kontrolliert <strong>und</strong><br />

1635 weniger Kontrollen durchgeführt.<br />

Grünenumweltexperte Johannes Remmel<br />

nennt die Kontrolllage in den meisten der<br />

54 NRW-Kreise „mangelhaft“ bis „ungenügend.“<br />

Der Vorsitzende der Deutschen Ernährungswirtschaft,<br />

Schinkenhersteller Jürgen<br />

Abraham, kritisierte die staatlichen Kontrollen<br />

scharf: "Der Staat verletzt seine<br />

Aufsichtspflicht <strong>und</strong> verweigert dem<br />

246 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

Bürger die notwendigen Kontrollen der<br />

Warenströme." Er verlangt, die Zahl der<br />

b<strong>und</strong>esweit tätigen 2500 Lebensmittelkontrolleure<br />

zu verdoppeln. Auf einer<br />

Sondersitzung in Berlin verständigten<br />

sich am 7. September 2006 B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Länder, bei der Lebensmittelkontrolle<br />

verstärkt zusammenzuarbeiten.<br />

So sollen die teilweise noch sehr unterschiedlichen<br />

Standards <strong>für</strong> die Kontrollen<br />

vereinheitlicht werden.Die Zuständigkeit<br />

<strong>für</strong> die Erarbeitung dieser Kriterien soll<br />

bei den Ländern verbleiben.Nach den heftigen<br />

Debatten stellte Seehofer klar, dass<br />

er den Ländern keine Kompetenzen entziehen<br />

will.Allerdings wolle er bei der „Koordination“<br />

der Maßnahmen mitwirken.<br />

Die Minister vereinbarten ein Maßnahmenpaket<br />

aus 13 Punkten. So sollen<br />

auf Gr<strong>und</strong>lage von Vorschlägen der Länderarbeitsgemeinschaft<br />

ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

Verbraucherschutz (LAGV) b<strong>und</strong>esweit<br />

einheitliche Standards <strong>für</strong> die Kontrolle<br />

von Fleischbetrieben <strong>und</strong> Kühlhäusern<br />

eingeführt werden. Zugleich sollen auch<br />

die Kontrollbehörden der Länder von unabhängigen<br />

Prüfern unter die Lupe genommen<br />

werden. Das Konzept empfiehlt<br />

bei der Kontrolle ein Vier-Augen-Prinzip<br />

<strong>und</strong> Rotation der Prüfer. Geplant ist ferner,strengere<br />

Zulassungsbedingungen <strong>für</strong><br />

Fleischhändler einzuführen. ■ AgE<br />

Mündige Verbraucher<br />

Briten können auf der Internetseite<br />

einer unabhängigen Organisation die<br />

Namen der Unternehmen nachlesen,<br />

die bei Lebensmittelkontrollen aufgefallen<br />

sind. In Dänemark kleben<br />

Smileys an den Türen von Restaurants:<br />

Zeigen die M<strong>und</strong>winkel nach unten,<br />

gab es schon einmal Probleme mit der<br />

Küche. Und in New York City vergibt<br />

das Department of Health and<br />

Mental Hygiene an Restaurants, die<br />

Kontrollen vorbildlich bestanden<br />

haben, eine Art Siegel: den Golden<br />

Apple Award. Auf einer Internetseite<br />

werden die Kontrollergebnisse aller<br />

Restaurants veröffentlicht. Auch in<br />

NRW wird über die Einführung eines<br />

Smiley-Systems, evtl. mit aufgedrucktem<br />

Datum der Kontrollen,<br />

im Hotel- <strong>und</strong> Gaststättenbereich<br />

nachgedacht. Großes Manko: Die<br />

Teilnahme ist freiwillig. ■ WAZ/BVLK


Vom 9. Juni 2006 bis 9. Juli<br />

2006 fand in Deutschland die FIFA-<br />

Fußballweltmeisterschaft 2006<br />

statt. Die Stadt Leipzig war Austragungsort<br />

<strong>für</strong> fünf Spiele, darunter<br />

auch ein Achtelfinale.<br />

Zu den nicht polizeilichen Sicherungsmaßnahmen<br />

während der Weltmeisterschaft<br />

in Leipzig zählte auch das umfangreiche<br />

Sicherungskonzept <strong>für</strong> Lebensmittel,welches<br />

durch das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt<br />

der Stadt Leipzig realisiert<br />

wurde.<br />

Aufbauend auf die Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Kontrollergebnisse des FIFA-Confederations-Cup<br />

2005 wurden schon lange im<br />

Vorfeld der Weltmeisterschaft Aktivitäten<br />

unternommen, dem eigens entwickelten<br />

Konzept gerecht zu werden.<br />

Dazu fanden Treffen mit Kollegen von<br />

Lebensmittelüberwachungsbehörden anderer<br />

Austragungsorte wie Berlin,München<br />

<strong>und</strong> Frankfurt am Main statt, bei denen Erfahrungen<br />

ausgetauscht <strong>und</strong> die örtlichen<br />

Gegebenheiten besichtigt wurden.<br />

Die Kontaktaufnahme mit diesen Behörden<br />

war dahingehend von Bedeutung,<br />

da die von der FIFA beauftragten Unternehmen<br />

<strong>und</strong> Catering-Firmen <strong>für</strong> die Stadionversorgung<br />

in den drei besuchten Städten<br />

ihre Firmensitze haben. Dadurch war<br />

die Möglichkeit gegeben, im Fall von Problemen<br />

oder Ermittlungen schneller <strong>und</strong><br />

effizienter Informationen auszutauschen.<br />

Während eines Treffens der Amtskollegen<br />

der benachbarten Kreise Leipzigs<br />

wurde das Konzept der Lebensmittelüberwachung<br />

vorgestellt sowie Fakten <strong>und</strong><br />

Daten ausgetauscht sofern an der Versorgung<br />

beteiligte Firmen in deren Zuständigkeitsbereich<br />

fielen.<br />

Die Catering-Unternehmen, die mit der<br />

Versorgung der VIP- <strong>und</strong> Public-Bereiche<br />

des Leipziger Zentralstadions betraut wurden,waren<br />

im Vorfeld gebeten worden,ihr<br />

Versorgungskonzept mittels eines da<strong>für</strong><br />

entwickelten Fragenkatalogs vorzulegen.<br />

So konnten kritische Punkte unter Beachtung<br />

der örtlichen Gegebenheiten erörtert<br />

<strong>und</strong> durch das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt<br />

Leipzig beeinflusst werden.<br />

Eine Kontaktaufnahme sowie eine Zusammenarbeit<br />

mit den Verantwortlichen<br />

des Fan-Festes, der Fan-Meilen sowie des<br />

örtlichen FIFA-Organisationskomitees im<br />

Zentralstadion im Vorfeld der WM erwies<br />

sich als außerordentlich vorteilhaft <strong>für</strong> die<br />

weitere Arbeit während der WM.<br />

Einmalig unter allen Austragungsorten<br />

war, dass das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt<br />

der Stadt Leipzig ein Büro<br />

als Außenstelle im Stadion beziehen <strong>und</strong><br />

von dort die Überwachungstätigkeit koordinieren<br />

konnte.<br />

Die Prüfung der Versorgungsbereitschaft<br />

der Lebensmittelunternehmen im<br />

Hinblick auf lebensmittelhygienische Belange<br />

in den Bereichen der Stadt,in denen<br />

viele Touristen zu erwarten waren, stand<br />

im Mittelpunkt der Kontrolltätigkeit. Diese<br />

Betriebe, vor allem Gaststätten, Hotels,<br />

Pensionen,Imbisseinrichtungen,Eishersteller,<br />

Handelseinrichtungen sowie Marktstände<br />

wurden z. T. einer zusätzlichen<br />

lebensmittelrechtlichen Prüfung unterzogen.<br />

Die ausschließlich <strong>für</strong> dieWM errichteten<br />

Versorgungsobjekte wie die VIP-Versorgungsbereiche<br />

im Stadion sowie die<br />

Stände auf dem Fan-Fest <strong>und</strong> den Fan-<br />

Großveranstaltungen Lebensmittelüberwachung<br />

Lebensmittelsicherheit während der<br />

FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 in Leipzig<br />

– ein Bericht zur Lebensmittelüberwachung durch<br />

das Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamt der Stadt Leipzig<br />

Georg SCHIEFER (Leipzig)<br />

Meilen sind vor der Eröffnung im Rahmen<br />

von 97 Abnahmekontrollen auf bauhygienische<br />

<strong>und</strong> materiell-technische Voraussetzungen<br />

geprüft worden.<br />

Die lebensmittelrechtliche Überwachung<br />

während der WM konzentrierte<br />

sich neben den Routinekontrollen der Lebensmittelbetriebe<br />

im Stadtgebiet Leipzig<br />

auf bestimmte Schwerpunktbereiche<br />

wie das Zentralstadion mit seinen sieben<br />

Catering-Bereichen,das Fan-Fest auf dem<br />

Augustusplatz, die Fan-Meilen zwischen<br />

dem Hauptbahnhof, der Innenstadt <strong>und</strong><br />

dem Stadion, das Fan-Camp, die Soccer-<br />

Freedom-Party sowie auf die Überwachung<br />

der Versorgung der polizeilichen<br />

<strong>und</strong> nicht polizeilichen Einsatzkräfte.<br />

Neben diesen Schwerpunktbereichen<br />

mussten auch 17 die WM begleitende<br />

Sport- <strong>und</strong> Kultur-Events, wie z. B. der<br />

Daniel-Nivel-Cup, die Fußballturniere der<br />

Knabenchöre <strong>und</strong> Schulen, das Event<br />

"Fußballstars kicken <strong>für</strong> krebskranke Kinder"<br />

oder das "Helden 06 Theater-Sport-<br />

Spektakel" lebensmittelrechtlich überwacht<br />

werden.<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 247


Lebensmittelüberwachung<br />

Während der WM waren täglich 28 Mitarbeiter<br />

fast r<strong>und</strong> um die Uhr im Einsatz.<br />

Davon erhielten 10 Mitarbeiter <strong>für</strong> ihren<br />

Einsatz im Zentralstadion eine Akkreditierung.<br />

Insgesamt wurden 2208 Betriebskontrollen<br />

durchgeführt. Dabei sind 31<br />

Veranstaltungen <strong>und</strong> spezielle Überwachungsbereiche<br />

auf die Einhaltung lebensmittelrechtlicher<br />

Bestimmungen geprüft<br />

worden.Verstöße gegen lebensmittelrechtliche<br />

Bestimmungen wurden in 132 Fällen<br />

festgestellt. Das entspricht einer Beanstandungsquote<br />

von 6 %. Diese ist im Vergleich<br />

zu den Beanstandungen der Routinekontrollen<br />

als gering einzuschätzen.<br />

Zwei der insgesamt 18 planmäßig entnommenen<br />

Lebensmittelproben waren in<br />

dieser Zeit durch Gutachten zu beanstanden.<br />

Die bei den Kontrollen festgestellten<br />

Verstöße bezogen sich vorwiegend auf anfängliche<br />

objektive Mängel wie fehlende<br />

Handwaschmöglichkeit, fehlendes fließendes<br />

Wasser, fehlende Kühlmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> nicht abwaschbar gestalteten Fußboden.<br />

Des Weiteren wurde auch fehlende<br />

Hygienekleidung bemängelt.<br />

Während der WM waren drei Bürgerbeschwerden<br />

sowie eine Erkrankungsmeldung<br />

Gegenstand von umfangreichen<br />

Ermittlungen.<br />

Die Probleme in den Kontrollobjekten,<br />

die zu lebensmittelrechtlichen Verstößen<br />

führten, konnten relativ zeitnah geklärt<br />

<strong>und</strong> zufriedenstellend gelöst werden. Die<br />

Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen<br />

vor Ort wird als sehr positiv <strong>und</strong> zielorientiert<br />

eingeschätzt. Die frühzeitige<br />

Kontaktaufnahme im Vorfeld der WM erwies<br />

sich dabei als sehr nützlich.<br />

Darüber hinaus fanden regelmäßige<br />

Besprechungen vor den jeweiligen Spieltagen<br />

mit dem örtlichen Organisationskomitee<br />

des Stadions statt, in denen Kontrollergebnisse<br />

ausgewertet wurden. Die<br />

schnelle Rückinformation über veranlasste<br />

Maßnahmen seitens der Versorgungsunternehmen<br />

war damit gewährleistet.<br />

Diese Zusammenarbeit gestaltete sich<br />

außerordentlich konstruktiv <strong>und</strong> erleichterte<br />

die Überwachungstätigkeit.<br />

Neben den Aktivitäten zur lebensmittelhygienischen<br />

Absicherung der Fußballweltmeisterschaft<br />

ist auch die routinemäßige<br />

Arbeit des Amtes fortgesetzt worden.<br />

So wurden weitere 1295 Plankontrollen<br />

<strong>und</strong> 273 Lebensmittel-Beprobungen vorgenommen.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt<br />

werden, dass in Leipzig auch während der<br />

Fußball-Weltmeisterschaft, die eine besondere<br />

Herausforderung nicht nur <strong>für</strong> die<br />

Lebensmittelüberwachungsbehörde war,<br />

die Lebensmittelsicherheit auf hohem Niveau<br />

gewährleistet war.<br />

Der Gr<strong>und</strong>stein da<strong>für</strong> wurde u.E.in der<br />

sehr zeitigen Vorbereitungsphase gelegt,<br />

in welcher der Kontakt zu den Verantwortlichen<br />

der Veranstalter, des örtlichen<br />

Organisationskomitees im Stadion <strong>und</strong> zu<br />

den Lebensmittelunternehmen selbst hergestellt<br />

wurde.<br />

Hier konnte schon im Vorfeld Einfluss<br />

auf die Einhaltung lebensmittelrechtlicher<br />

Bestimmungen unter den jeweiligen örtlichen<br />

Gegebenheiten durch beratende<br />

Tätigkeit seitens der Überwachungsbehörde<br />

genommen werden.<br />

Des Weiteren machte die ständige Präsenz<br />

der Mitarbeiter in den Schwerpunkt-<br />

Anzeige<br />

Fleisch<br />

RIDASCREEN® Antibiotika Tests<br />

248 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

bereichen während der WM ein schnelles<br />

korrigierendes Eingreifen möglich.<br />

Es zeigte sich wieder, dass präventives<br />

Wirken in der Lebensmittelüberwachung<br />

einen wesentlichen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit<br />

leistet.<br />

Nicht zuletzt war der Umfang der<br />

Überwachungstätigkeit in Leipzig nur mit<br />

dem großen Engagement der Mitarbeiter<br />

des Veterinär- <strong>und</strong> Lebensmittelaufsichtsamtes<br />

zu bewältigen. ■<br />

Prof. Dr. Georg Schiefer<br />

Ltd. Veterinärdirektor<br />

Amtsleiter<br />

R-Biopharm zählt seit Jahren zu den führenden Anbietern von Enzym¬immunoassays zum quantitativen Nachweis von<br />

Antibiotika in Lebensmitteln. Zu dieser Produktlinie gehören die RIDASCREEN® Chloramphenicol-, Nitrofuran- Tetracyclin-,<br />

Streptomycin-, Sulfamethazin- <strong>und</strong> Enro/Cipro Tests.<br />

Auf Chloramphenicol wird im Folgenden mit einer Kurzbeschreibung <strong>und</strong> Darstellung der Einsatzgebiete sowie der Gesetzeslage<br />

im Detail eingegangen, denn auch heute, 16 Jahren nach Veröffentlichung der Gesetzesinitiative, hat diese nichts<br />

an Aktualität eingebüßt. Hinsichtlich der Globalisierung der Märkte <strong>und</strong> internationalen Warenströme ist es dringlicher<br />

denn je diesen Gesetzen im Sinne des Verbraucherschutzes Genüge zu tun.<br />

Chloramphenicol<br />

(Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates vom 26. Juni 1990, Anhang IV)<br />

Chloramphenicol (CAP), ein Breitbandantibiotikum, dessen Wirkungsspektrum gramnegative <strong>und</strong> grampositive Keine<br />

umfaßt, wurde 1947 aus zwei verschiedenen Streptomyces-Stämmen isoliert. Seit 1950 wird CAP ausschließlich vollsynthetisch<br />

hergestellt. Die Metabolisierung erfolgt hauptsächlich über die Leber. Das entstehende Chloramphenicolglucuronid<br />

kann jedoch nach Ausscheidung mit der Galle in den Darm durch bakterielle Glucuronidasen gespalten <strong>und</strong> erneut<br />

resorbiert werden (enterohepatischer Kreislauf). Die hauptsächliche Ausscheidung erfolgt über die tubuläre Sekretion der<br />

Niere.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der hervorragenden antibakteriellen <strong>und</strong> pharmakokinetischen Eigenschaften aber auch der günstigen Produktionskosten,<br />

wurde CAP in der Tierproduktion häufig eingesetzt.<br />

Gesetzeslage<br />

Seit 1994 ist der Einsatz als Tierarzneimittel <strong>für</strong> Lebensmittel liefernde Tiere verboten <strong>und</strong> es gilt gemäß der Ratsverordnung<br />

2377/90 (EWG), Anhang IV, in der europäischen Union eine Null-Toleranz. Der Wirkstoff Chloramphenicol steht im Verdacht<br />

bei therapeutischer Einnahme im mg- <strong>und</strong> g-Bereich, beim Menschen durch Schädigung des Knochenmarks aplastische<br />

Anämien auszulösen. Es ist aber kein Schwellenwert <strong>für</strong> das Auslösen der aplas¬tischen Anämie beim Mensch<br />

bekannt. Genotoxizitätstests <strong>und</strong> Toxizitätsstudien führten bei der Beurteilung von Chloramphenicol dazu, das kein ADI<br />

(Acceptable Daily Intake Value) festgelegt werden konnte <strong>und</strong> die Aufnahme in Anhang IV gemäß Artikel 5 der VO 2377/90<br />

(EWG) erfolgte.<br />

In den letzten Jahren wurde die Überwachung von Lebensmitteln auf Chloramphenicol nach einer Ratsentscheidung vom<br />

19. September 2001 (2001/699/EG) erheblich verstärkt, nachdem wiederholt in südostasiatischen Garnelen CAP-Rückstände<br />

nachgewiesen wurden. Sowohl Aquakulturgarnelen als auch Wildfänge waren betroffen. Neben den erwähnten Garnelen<br />

wurden in aus China importierten Waren, wie Shrimps, Fisch, Fleisch <strong>und</strong> Honig ebenfalls erhöhte Chloramphenicol-<br />

Gehalte festgestellt. In Produkten aus Thailand,Vietnam <strong>und</strong> Indonesien wurden ebenfalls CAP-Rückstände entdeckt.<br />

Analytik: ELISA<br />

Da keine verbindliche analytische Methode zur Bestimmung von<br />

CAP existiert, kommen zur Zeit verschiedene Methoden (HPLC,<br />

GC-MS/NCI, GC-ECD, LC-MS/MS <strong>und</strong> ELISA) zur Anwendung.<br />

Eine Mindestleistungsgrenze von 0,3 μg/kg <strong>für</strong> CAP wurde von<br />

Vertretern der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen eines Ständigen<br />

Veterinärausschusses zur Harmonisierung der CAP- Analytik festgelegt<br />

(2002/657/EG Stellungnahme des BgVV vom 15 Juli 2002,<br />

2003/181/EG, 2004/25/EG). Diese Werte werden in den meisten EU<br />

Ländern <strong>und</strong> vielfach in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern Deutschlands<br />

als Entscheidungsgrenze <strong>für</strong> die Beanstandung eines Produkts<br />

herangezogen, dies geschieht jedoch nicht einheitlich.<br />

R-Biopharm bietet jetzt einen verbesserten Chloramphenicol-Nachweis <strong>für</strong> Milch (§ 64 LFGB Methode) <strong>und</strong> Milchpulver,<br />

Honig-, Shrimps-, Fleisch-, Fischmehl- sowie Eiproben an. Der neue CAP Test weist folgende Neuerungen auf:<br />

• gebrauchsfertige Standardlösungen im Bereich von 0 ppt bis 750 ppt<br />

• Reduzierung der Inkubationszeiten auf 60 min <strong>und</strong> 15 min<br />

• Herabsetzen der Nachweisgrenze von 5 ppt – 25 ppt (Matrixabhängig)<br />

• Milch kann direkt ohne Probenvorbereitung in den Test eingesetzt werden<br />

Mit diesem optimierten Verfahren steht dem Anwender jetzt eine noch sensitivere <strong>und</strong> schnellere Methode (Nachweisgrenze<br />

bis 5 ng/kg (ppt)) zum Nachweis von CAP zur Verfügung.<br />

R-Biopharm AG<br />

Landwehrstraße 54, 64293 Darmstadt<br />

Tel. -49 6151 8102-0<br />

Fax. -49 6151 8102-40<br />

E-Mail: info@r-biopharm.de<br />

Internet: www.r-biopharm.com


19. Deutscher Lebensmittelrechtstag 2006:<br />

>>> Der 19. Deutsche Lebensmittelrechtstag<br />

stand am 16. <strong>und</strong> 17. März<br />

2006 in Wiesbaden unter dem Motto:<br />

„Gute“ <strong>und</strong> „schlechte“ Lebensmittel?<br />

Vorurteile <strong>und</strong> Fakten. Mit Ernährungsverhalten,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Risikobewertung<br />

befassten sich führende<br />

Wissenschaftler <strong>und</strong> Praktiker<br />

in ihren Ausführungen (Auswahl):<br />

Prof. Dr. Peter Stehle, Institut <strong>für</strong><br />

Ernährungs- <strong>und</strong> Lebensmittelwissenschaften<br />

(IEL) – Ernährungsphysiologie –<br />

Universität Bonn:<br />

Das Ernährungsverhalten in<br />

Deutschland – Situationsbeschreibung<br />

<strong>und</strong> Einflussfaktoren<br />

Eine enorme Auswahl an qualitativ hochwertigen,generell<br />

sicheren Lebensmitteln<br />

zu verhältnismäßig niedrigen Preisen – <strong>für</strong><br />

die Verbraucher in Deutschland eine<br />

ideale Voraussetzung zur individuellen<br />

Gestaltung einer schmackhaften Kost,<br />

die die Vorgaben <strong>für</strong> eine Energie- <strong>und</strong><br />

Nährstoff-bilanzierte, ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />

Ernährung erfüllt. Aktuelle wissenschaftliche<br />

Erhebungen belegen jedoch,<br />

dass die Praxis etwas anders aussieht.Auf<br />

der einen Seite nimmt der Anteil an<br />

Übergewichtigen (bei Erwachsenen: BMI<br />

25-30) <strong>und</strong> Adipösen (BMI > 30) in allen<br />

Altersgruppen teilweise rasant zu; bei ca.<br />

80 % der Betroffenen ist das Übergewicht<br />

mit dem sog. Metabolischen Syndrom (u.<br />

a. veränderte Blutlipide, Bluthochdruck,<br />

periphere Insulinresistenz) assoziiert.Auf<br />

der anderen Seite treten bei Seniorinnen<br />

<strong>und</strong> Senioren immer häufiger (z. B. bei ca.<br />

10 % der noch zu Hause lebenden Senioren)<br />

Symptome einer Protein/Energie-<br />

Mangelemährung auf. Zudem wird <strong>für</strong><br />

einzelne Nährstoffe (z. B. <strong>für</strong> Folsäure,<br />

Vitamin D, Calcium, langkettige omega-<br />

3-Fettsäuren) eine im Vergleich zu den<br />

DACH-Referenzwerten zu geringe Aufnahme<br />

beobachtet.<br />

Die Auswertung von Querschnitts- <strong>und</strong><br />

Trendanalysen zum Lebensmittelverzehr<br />

(DGE-Ernährungsbericht auf der Basis<br />

von Agrarstatistik <strong>und</strong> Einkommens- <strong>und</strong><br />

Verbrauchsstichprobe, EVS) zeigt, dass<br />

der Obst- <strong>und</strong> Gemüseverzehr immer<br />

noch (vor allem bei männlichen Personen<br />

Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung Lebensmittelrecht<br />

„Gute“ <strong>und</strong> „schlechte“ Lebensmittel?<br />

– Vorurteile <strong>und</strong> Fakten<br />

in den alten B<strong>und</strong>esländern) zu niedrig<br />

liegt. Angesichts der im Allgemeinen geringen<br />

körperlichen Aktivität ist die Gesamtenergiezufuhr<br />

zu hoch. Durch die<br />

Auswahl von fettreichen <strong>und</strong> damit energiedichten<br />

Lebensmitteln steigt das individuelle<br />

Risiko <strong>für</strong> eine Imbalanz von<br />

Energieverbrauch <strong>und</strong> Energiezufuhr. Das<br />

durch die Referenzwerte vorgegebene<br />

Fettsäurenmuster (Anteil an gesättigten,<br />

einfach ungesättigten <strong>und</strong> mehrfach ungesättigten<br />

Fettsäuren) wird meist nicht<br />

eingehalten. Dies gilt vor allem <strong>für</strong> das<br />

Verhältnis von omega6- zu omega3-Fettsäuren.<br />

Fehlverhalten <strong>und</strong> Mangel im Überfluss:<br />

Kann der Verbraucher mit dem<br />

Lebensmittelangebot nicht richtig umgehen?<br />

Reicht das Wissen bzw. die<br />

Information nicht aus? Oder sind unsere<br />

Lebensmittel nicht mehr an unsere<br />

Lebensweise angepasst?<br />

Ernährungsverhalten –<br />

potentielle Einflussfaktoren<br />

Lebensstil. Unser Alltags- <strong>und</strong> Berufsleben<br />

ist gekennzeichnet durch eine zunehmende<br />

zeitliche Belastung, die wenig<br />

Spielraum lässt <strong>für</strong> das tägliche Essen<br />

(2001/2002: 1 h 43 min). Konsequenterweise<br />

ist die Inanspruchnahme der Außer-<br />

Haus-Verpflegung in den letzten Jahren<br />

deutlich gestiegen: 26 % der Bevölkerung<br />

nehmen diesen Service mindestens einmal<br />

pro Tag in Anspruch. Die Verwendung von<br />

Convenience-Produkten hat neue Spitzenwerte<br />

erreicht.<br />

Der Einzug von EDV <strong>und</strong> lT haben zu<br />

einem stetigen Rückgang der körperlichen<br />

Aktivität (<strong>und</strong> damit im Energiebedarf)<br />

geführt. Bei unverändertem Ernährungsverhalten<br />

(Energiezufuhr) muss dies<br />

zwangsläufig zu Übergewicht führen.<br />

Ernährungswissen. Daten aus der zweiten<br />

Bayerischen Verzehrsstudie belegen<br />

einen (wenn auch geringen) Zusammenhang<br />

zwischen Ernährungswissen <strong>und</strong><br />

Ernährungsverhalten. Besser informierte<br />

Personen wählen signifikant mehr Obst,<br />

Gemüse, Milch <strong>und</strong> Milchprodukte sowie<br />

Käse <strong>und</strong> Quark aus; außerdem sinkt der<br />

Verzehr von fettreichen Fleischwaren.Bei<br />

den anderen Lebensmittelgruppen zeigten<br />

sich keine Unterschiede.<br />

Fernsehen/Werbung. Massenmedien wie<br />

dem Fernsehen werden eine Schlüsselrolle<br />

bei der Vermittlung ernährungsrelevanter<br />

Informationen zugewiesen.Im Rahmen<br />

eines Kommunikationsprojektes der<br />

Universität Erfurt <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esforschungsanstalt<br />

<strong>für</strong> Ernährung <strong>und</strong> Lebensmittel<br />

(BFEL) zeigte sich, dass durch<br />

„Ernährungs“-Elemente in verschiedenen<br />

Fernsehgattungen (Werbung, Magazine,<br />

Serien, Spielfilme, Ratgeber) ein „Fernseh-Bild“<br />

der Ernährung entsteht. Wird<br />

dieses auf Lebensmittelebene quantitativ<br />

mit dem Soll (DGE-Ernährungskreis) verglichen,<br />

zeigen sich erhebliche Unterschiede<br />

(z. B. deutlich höherer Anteil von Süßwaren<br />

<strong>und</strong> alkoholischen Getränken).<br />

Lebensmittel-/Speisenangebot. Die Auswahlmöglichkeiten<br />

<strong>für</strong> große Portionen<br />

(„supersize“) zu unverändertem oder nur<br />

geringfügig erhöhten Preisen sowie Lebensmittel<br />

mit hoher Energiedichte „erleichtern“<br />

es dem Verbraucher, (zu) viel<br />

Energie aufzunehmen. Ein anerkanntes<br />

Problem ist der Konsum von energiereichen<br />

Getränken: Da die Aufnahme<br />

nicht zur Sättigung beiträgt, findet diese<br />

Energiezufuhr meist zusätzlich zum Essen<br />

statt.<br />

Diskutierte Maßnahmen<br />

zur Veränderung des<br />

Ernährungsverhaltens<br />

Unter sinnvoller Verwendung von Massenmedien<br />

(Fernsehen) <strong>und</strong> besonderen<br />

Programmen in den Bildungseinrichtungen<br />

(Schule) sollten die bisherigen Anstrengungen<br />

zur Verbesserung des Ernährungswissens<br />

verstärkt werden.Wenig sinnvoll<br />

ist es allerdings, Lebensmittel bzw. Kostformen<br />

in „Schubladen“ einzuordnen<br />

(„gute“ oder „schlechte“ Lebensmittel,<br />

„unsinnige“ Kostformen). Wichtig ist es,<br />

dem Verbraucher einen offenen Umgang<br />

mit Fragen der Ernährung <strong>und</strong> der Lebensmittelauswahl<br />

ohne „philosophische“ Vorgaben<br />

beizubringen. „Coole Typen“ als<br />

Vorbilder in entsprechenden Fernsehspots<br />

sind möglicherweise erfolgreicher<br />

als ein erhobener Zeigefinger.<br />

Attraktiv vermarktete „neue“ Lebensmittel<br />

mit verminderter Energiedichte<br />

bzw.Speisen mit geringerer Energiedichte<br />

können dazu beitragen, dass der Ver-<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 249


Lebensmittelrecht<br />

braucher sein Auswahlverhalten im Supermarkt<br />

verändert.<br />

Eine Erhöhung des Energieumsatzes<br />

durch verstärkte körperliche Aktivitäten<br />

könnte indirekt ebenfalls das Ernährungsverhalten<br />

beeinflussen: Sportliche Leistungen<br />

lassen sich besser durch eine kohlenhydratbetonte<br />

Ernähmng erbringen.<br />

Zudem wird mehr Energie umgesetzt,was<br />

mehr Spielraum <strong>für</strong> die Gestaltung des<br />

täglichen Speiseplans ermöglicht.<br />

Prof. Dr. Wolfgang Höfling, Universität<br />

Köln, Institut <strong>für</strong> Staatstecht:<br />

Rechtliche Mittel, Maßstäbe <strong>und</strong><br />

Schranken der staatlichen Beeinflussung<br />

des Ernährungsverhaltens<br />

I. Das regulatorische System des deutschen<br />

<strong>und</strong> europäischen Lebensmittelrechts<br />

ist gekennzeichnet durch einen<br />

„Mix“an Instrumenten <strong>und</strong> Zielen wie<br />

– Klassisches imperatives Handeln<br />

mit gesetzlichen wie verordnungsrechtlichen<br />

Geboten <strong>und</strong> Verboten<br />

sowie administrative Überwachungsinstrumente,<br />

ergänzt<br />

durch Sanktionsnormen des Straf<strong>und</strong><br />

Ordnungswidrigkeitsrechts,<br />

– Formen kooperativer Verwaltungstätigkeit,<br />

– abgabenrechtliche Anreizstrukturen<br />

sowie<br />

– ernährungsbezogener Informationsinterventionismus<br />

knüpfen ein überaus dichtes Netz, das<br />

den Bewegungs- <strong>und</strong> Entfaltungsspielraum<br />

von Herstellern <strong>und</strong> Inverkehrbringern,<br />

aber auch der Verbraucher<br />

zunehmend einengt.<br />

II. Die kritische Analyse dieses Ordnungsmodells<br />

sollte sich nicht auf die atomistische<br />

Betrachtung einzelner Ebenen<br />

<strong>und</strong> einzelner Steuerungsansätze beschränken,<br />

muss vielmehr im Hinblick<br />

auf das ganze regulatorische System<br />

nach der „Gesamtfreiheitsbilanz“ fragen.<br />

Darüber hinaus ist zu beachten,<br />

dass gerade multifinal <strong>und</strong> multiinstrumentell<br />

ausgerichtete Regulierungssysteme<br />

wie das Lebensmittelrecht zu<br />

einer problematischen Kombinationsvielfalt<br />

von Zwecken <strong>und</strong> Mitteln tendieren.<br />

III. Besondere Aufmerksamkeit verdient<br />

die lebensmittelrechtliche <strong>und</strong> lebensmittelpolitischeKommunikationssteuerung.<br />

Der informationelle Ernährungsinterventionismus<br />

wirkt gleichsam<br />

durch einen „Zangengriff“ auf die Freiheit<br />

von Unternehmen <strong>und</strong> Verbrauchern<br />

ein, indem er einerseits die gr<strong>und</strong>rechtliche<br />

Freiheit der commercial<br />

speech beschränkt, andererseits aber<br />

in zunehmendem Maße eigene kommunikative<br />

Einflusspotentiale nutzt.<br />

Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung<br />

IV. Der hoheitliche Informationsinterventionismus<br />

in Sachen Ernährung verweist<br />

auf ein mehrschichtiges Gr<strong>und</strong>rechtsproblem<br />

ersten Ranges. Dies gilt<br />

nicht nur <strong>für</strong> die inzwischen ihrerseits<br />

schon „klassischen“ Warnungen <strong>und</strong><br />

ähnlich gezielte Interventionen, sondern<br />

ebenso <strong>für</strong> Produktgruppenempfehlungen<br />

<strong>und</strong> allgemeine Ratschläge<br />

zur „guten“ Ernährung. Derartige Formen<br />

kommunikativer Beeinflussung<br />

des Ernährungsverhaltens sind keineswegs<br />

gr<strong>und</strong>rechtsindifferent.Im Gegenteil:<br />

Gerade die edukatorische Lebensmittelpolitik<br />

beeinträchtigt Gr<strong>und</strong>rechtspositionen<br />

von Herstellern/In-<br />

Verkehr-Bringern <strong>und</strong> Verbrauchern.<br />

1.Gegenüber der neueren Judikatur<br />

des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts ist<br />

insoweit zunächst mit allem Nachdruck<br />

daran festzuhalten, dass hoheitliche<br />

Einflussnahmen auf die<br />

Marktsituation von Unternehmen<br />

nicht dem Gr<strong>und</strong>rechtsschutz vorausliegen;<br />

vielmehr sind derartige<br />

Versuche zur Einflussnahme auf prospektive<br />

Interaktionspartner von<br />

Unternehmen als dem Staat zurechenbare<br />

mittelbare Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe<br />

namentlich in die durch<br />

Art. 12 Abs. 1 geschützte Berufsfreiheit<br />

zu qualifizieren.<br />

2.Edukatorischer Informtionsinterventionismus<br />

im Lebensmittelrecht<br />

kann ferner Gr<strong>und</strong>rechte der Lebensmittelkonsumenten<br />

beeinträchtigen:<br />

a) Zum einen betrifft die informatorische<br />

Intervention unmittelbar die<br />

durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

des Art. 2 Abs. 1 i. V. m.<br />

Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Integrität<br />

individueller Einstellungen<br />

sowie als aufgedrängte Kommunikation<br />

die durch Art. 5 Abs. 1 Satz<br />

1 GG geschützte negative Informationsfreiheit.<br />

b) Zum anderen zielt edukatorische<br />

Lebensmittelpolitik über die individuelle<br />

Einstellungsbeeinflussung<br />

hinaus auf Verhaltenssteuerung mittels<br />

Etablierung sozialmoralischer<br />

Verhaltensregeln. Insoweit handelt<br />

es sich um mittelbare Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe<br />

in die (ggf. spezifisch gewährleistete)<br />

Verhaltensfreiheit.<br />

V. Die Rechtfertigung solcher Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe<br />

setzt u. a. die Verfolgung<br />

eines legitimen öffentlichen<br />

Zwecks voraus.<br />

1. Insofern ist in Erinnerung zu rufen,<br />

dass der hoheitliche Versuch der Steuerung<br />

des Ernährungsverhaltens Verbraucheroptionen<br />

innerhalb des rechtlich<br />

bereits eng abgesteckten Rahmens<br />

betrifft, also Empfehlungen zwischen<br />

„normativ gleichwertigen“ Produkten<br />

250 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

betrifft. Indem der Staat auf diese<br />

Weise die Kompetenz zur Definition<br />

der „guten“ Lebensführung in Anspruch<br />

nimmt,läuft er Gefahr,zurückzufallen<br />

in eine voraufklärerische<br />

Epoche, in der sekurative <strong>und</strong> eudämonistische<br />

Staatszwecke noch nicht<br />

unterschieden wurden.<br />

Damit bewegt er sich auf Kollisionskurs<br />

mit elementaren Gr<strong>und</strong>wertungen<br />

der Verfassung, die mit den Freiheitsrechten<br />

die Beachtlichkeit der Perspektive<br />

<strong>und</strong> der Lebensfühmngskonzepte<br />

der einzelnen Gr<strong>und</strong>rechtsträger gebietet.<br />

2. Selbst wenn man der prinzipiellen<br />

Fragwürdigkeit einer edukatorischen<br />

Lebensmittelpolitik zum Trotz diese<br />

nicht als a limine illegitim qualifizieren<br />

will, kommt sie selbstverständlich<br />

nur unter Beachtung weiterer verfassungsrechtlicher<br />

Voraussetzungen in<br />

Betracht. Hierzu zählt namentlich der<br />

gr<strong>und</strong>rechtliche Gesetzesvorbehalt,<br />

dem indes (derzeit) nicht Genüge<br />

getan ist. Das gilt umso mehr, als auch<br />

die staatlichen Verhaltenserwartungen<br />

sowie die zu deren Realisierung<br />

einzusetzenden Instrumente der gesetzlichen<br />

Ermächtigung bedürfen.<br />

Weder das europäische noch das<br />

deutsche Lebensmittelrecht enthalten<br />

entsprechende Befugnisnormen.<br />

VI. Gesetzgebung, Rechtsprechung <strong>und</strong><br />

Verwaltung in Deutschland <strong>und</strong> Europa<br />

sollten sich selbstkritisch fragen,<br />

ob die eingeschlagene Entwicklungsdynamik<br />

das Lebensmittelrecht nicht<br />

am Ende zu einem (partiellen) Verbrauchererziehungsrecht<br />

werden lässt,<br />

das in rechtsstaatlich verfaßten Gemeinwesen<br />

nur in ganz engem Rahmen<br />

zulässig sein kann.<br />

Prof. Dr. Burckhard Viell, B<strong>und</strong>esinstitut<br />

<strong>für</strong> Risikobewertung, Berlin:<br />

Lebensmittelsicherheit<br />

zwischen „Rückkehr zur Natur“ <strong>und</strong><br />

„Designer-Lebensmittel“<br />

Die Frage nach der Lebensmittelsicherheit<br />

stellt sich nicht erst seit BSE <strong>und</strong> in unseren<br />

Tagen; sie musste die Menschheit<br />

von Anfang an beschäftigen.Ihre korrekte<br />

Beantwortung gehörte zu den entscheidenden<br />

Evolutionsvorteilen. Kenntnisse<br />

darüber, welche Lebensmittel nicht nur<br />

schmecken <strong>und</strong> sattmachen,sondern auch<br />

sicher sind, haben das Überleben gesichert,<br />

haben die Basis geschaffen, neue<br />

Nährstoffquellen zu erschließen <strong>und</strong> die<br />

weitere Entwicklung mit Ackerbau,Vieh<strong>und</strong><br />

Pflanzenzucht voranzutreiben.<br />

Lebensmittelsicherheit konnte in diesen<br />

Zeiten aber nur mit Blick auf die<br />

Versorgungssicherheit „gedacht“ werden.


Es wird die Menschen der zurückliegenden<br />

Jahrh<strong>und</strong>erte wenig gekümmert haben,<br />

ob ihre Ernährung „gute“ oder<br />

„schlechte“ Lebensmittel enthielt, die<br />

ihrer Ges<strong>und</strong>heit förderlich waren oder<br />

die eventuell bei längerem Verzehr zu<br />

Herzinfarkt <strong>und</strong> Krebs im hohen Alter<br />

führten. Solche Gedanken waren erst<br />

möglich <strong>und</strong> dann auch wissenschaftlich<br />

gerechtfertigt, als die Nährstoff-Zufuhr<br />

gesichert war <strong>und</strong> die Lebensumstände<br />

komfortabel („sicher“) genug, um die<br />

allgemeine Lebenserwartung um viele<br />

Jahre ansteigen zu lassen.<br />

Gesellschaftlich relevant wurden Überlegungen<br />

zur Lebensmittelsicherheit insbesondere<br />

dann, als bekannt wurde, dass<br />

tödliche Gifte (z. B. Quecksilber, DDT,<br />

Dioxin) in die Umwelt gelangen <strong>und</strong> Lebensmittel<br />

kontaminieren können. Nicht<br />

nur dies erschütterte den Glauben an die<br />

Sicherheit der Lebensmittel. Der Argwohn<br />

wuchs gegen alles, was als Verfremdung<br />

natürlicher Lebensmittel gedeutet werden<br />

konnte, als Inhaltsstoffe wie Salz, Zucker<br />

oder Fett in statistischen Zusammenhang<br />

mit der Ausbildung so genannter degenerativer<br />

Erkrankungen gebracht werden<br />

konnten, <strong>und</strong> als wahrgenommen wurde,<br />

dass solche Ingredienten vermehrt mit<br />

„produzierten“ Lebensmitteln aufgenommen<br />

werden. Ganz zu schweigen von der<br />

aufkommenden Diskussion um Zusatzstoffe,<br />

die zahlreiche Lebensmittel-Verfremdungen<br />

technologisch erst möglich<br />

machten. Mehr noch, der Öffentlichkeit<br />

wurde bewusst, dass Wissenschaft nicht<br />

frei von Einflüssen argumentiert, ein<br />

Punkt, der letztlich auch die wissenschaftliche<br />

Sicherheitsbewertung im Zuge von<br />

BSE in die Kritik brachte. „Natürlich“<br />

wurde zum Synonym <strong>für</strong> unverfälscht,<br />

ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> sicher – künstlich hergestellte<br />

Lebensmittel stehen <strong>für</strong> „verfremdet“ <strong>und</strong><br />

„unnatürlich“.<br />

Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung Lebensmittelrecht<br />

Nicht nur die Wissenschaft geriet unter<br />

Druck. Deshalb wurde das Konzept zur<br />

Lebensmittelsicherheit am Ende des vorigen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts in Europa überdacht<br />

<strong>und</strong> auf eine neue Basis gestellt. Lebensmittelsicherheit<br />

ist inzwischen definiert,<br />

<strong>und</strong> zwar <strong>für</strong> die EU einheitlich; ihre wissenschaftliche<br />

<strong>und</strong> regulatorische Sicherstellung<br />

gründet auf festgelegten Verfahren.<br />

Dazu gehört die Etablierung einer<br />

Risikoanalyse mit den nun sorgsam getrennten<br />

Teilbereichen Risikobewertung,<br />

Risikomanagement <strong>und</strong> Risikokommunikation.<br />

Außerdem wurden konkrete Verfahren<br />

festgelegt, wie z. B. Schnellwarnung<br />

oder Rückverfolgbarkeit. Vor dem<br />

„Basis-Recht zur Lebensmittelsicherheit“<br />

sind alle Lebensmittel in der EU gleich,die<br />

natürlichen wie die verfremdeten,die herkömmlichen<br />

wie die Designer-Lebensmittel.<br />

Auch bei den wissenschaftlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Ernährung hat sich in den<br />

letzten Jahren eine Entwicklung vollzogen.<br />

Die Bewertung von Lebensmitteln,<br />

sowohl hinsichtlich ihrer ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

als auch ihrer schädlichen Eigenschaften,erfolgt<br />

weniger aufgr<strong>und</strong> der Beratung<br />

durch einzelne Experten, sondern<br />

mehr <strong>und</strong> mehr mit evidenzbasierten<br />

Verfahren.<br />

Gleichwohl gibt es Zulassungsverfahren<br />

<strong>und</strong> darin spezielle Sicherheitsbewertungen,so<br />

z. B.<strong>für</strong> Zusatzstoffe,Pflanzenschutzmittel-Rückstände<br />

oder neuartige<br />

(Nähr-)Stoffe.<br />

Herkömmliche natürliche Lebensmittel<br />

sind solchen Einzelvorschriften nicht<br />

unterworfen. Dies erklärt sich aus der<br />

gesellschaftlichen Einstellung zu diesen<br />

Lebensmitteln, nicht etwa damit, dass<br />

kein wissenschaftliches Erfordernis bestünde.<br />

Es wäre praktisch kaum möglich,<br />

alle Lebensmittel einem Vorprüfungsverfahren<br />

zu unterziehen. Die Strategie,<br />

Sicherheitsüberprüfungen auf neue Stoffe<br />

<strong>und</strong> Verfahren zu konzentrieren, folgt<br />

daher pragmatischen Gesichtspunkten.<br />

Das neue Recht zur Lebensmittelsicherheit<br />

schreibt vor,dass am Anfang der<br />

Sicherheitsüberlegungen, am Anfang der<br />

Risikoanalyse also, eine f<strong>und</strong>ierte Risikobewertung<br />

zu stehen hat, einschließlich<br />

umfassender Informationen <strong>für</strong> die Öffentlichkeit<br />

über Art <strong>und</strong> Umfang des wissenschaftlich<br />

ermittelten Risikos <strong>und</strong> der<br />

dabei zu erkennenden Unsicherheit.Zwei<br />

wichtige Gr<strong>und</strong>gedanken kommen damit<br />

zum Vorschein: Erstens wird dem allgemeinen<br />

Transparenzgebot moderner Gesellschaften<br />

auch <strong>für</strong> den gesamten Prozess<br />

der Sicherheitsbewertung Rechnung<br />

getragen, um gar nicht erst den Verdacht<br />

einer interessengeleiteten Vorgehensweise<br />

der Akteure aufkeimen zu lassen.<br />

Zweitens können sich in allen Fällen, wo<br />

die Risikobewertung unsicher ist, Öffentlichkeit<br />

<strong>und</strong> Stakeholder so weit einbringen,<br />

dass sie daran mitarbeiten, ein Risiko<br />

zu charakterisieren <strong>und</strong> die daraus folgenden<br />

Entscheidungen zu beeinflussen.<br />

Eine partizipative Vorgehensweise dieser<br />

Art entspricht dem demokratischen<br />

Gr<strong>und</strong>verständnis unserer Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> gibt der Risikobewertung Gelegenheit,<br />

ihre wissenschaftliche Integrität zu<br />

wahren <strong>und</strong> ihre Sonderstellung als Quelle<br />

glaubwürdigen Wissens zurückzugewinnen.<br />

Der Kommunikation darüber kommt<br />

große Bedeutung zu. Sie hat da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />

dass diese Gedanken im öffentlichen<br />

Bewusstsein verankert werden <strong>und</strong> dass<br />

diese sich vermehrt mit dem Problem auseinandersetzt,<br />

ob <strong>und</strong> nach welchen Kriterien<br />

natürliche Lebensmittel <strong>für</strong> gesünder,<br />

sicherer oder besser gehalten werden können,<br />

als etwa Designer-Lebensmittel. Der<br />

Wissenschaft,der Risikobewertung sind in<br />

diesem Zusammenhang die <strong>für</strong> die Gesellschaft<br />

relevanten Fragen zu stellen, <strong>und</strong><br />

diese hat ihre Möglichkeiten, Ergebnisse<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 251


Lebensmittelrecht<br />

<strong>und</strong> Grenzen darzulegen. Es muss der Öffentlichkeit<br />

klarer werden als bisher, dass<br />

„Sicherheit“ ein soziologisches Konstrukt,<br />

kein wissenschaftliches Kriterium ist.<br />

Wissenschaft hat <strong>für</strong> die Sicherheitsbewertung<br />

eine instrumentelle,keine legitimatorische<br />

Funktion. Sie hält Prüfverfahren<br />

(in der Regel einen vereinbarten<br />

Set an Tierversuchen, in vitro Experimenten<br />

<strong>und</strong> Hinweisen aus epidemiologischen<br />

Studien oder pharmakolischen Anwendungen)<br />

bereit. Mit ihnen kann nach<br />

aktuellem Erkenntnisstand hinreichend<br />

verläßlich abgeschätzt werden, ob ein<br />

Agens den Menschen schädigen könnte<br />

oder nicht. Aber die Entscheidung darüber,<br />

ob dies der Gesellschaft <strong>für</strong> eine<br />

Sicherheitseinschätzung genügt, wie sie<br />

mit dem in jedem Fall bestehenden<br />

Unsicherheitsgrad umgeht <strong>und</strong> ob sie ein<br />

betroffenes Lebensmittel toleriert, trifft<br />

die Gesellschaft selber, bzw. die dazu<br />

legitimierten Behörden.<br />

Dies zu kommunizieren wird eine der<br />

Hauptaufgaben im zukünftigen Umgang<br />

mit vermeintlichen oder echten, mit gefühlten<br />

oder evidenz-basierten Risiken<br />

sein. Auch da<strong>für</strong> weist das neue Lebensmittelrecht<br />

den Weg, indem es darauf<br />

aufmerksam macht, dass bei der Sicherheitsbewertung<br />

die Informationen zu berücksichtigen<br />

sind, die Verbrauchern zur<br />

Verfügung stehen oder die ihnen zur Verfügung<br />

gestellt werden können.Verbrauchern<br />

selber kommt mehr <strong>und</strong> mehr ein<br />

Teil der Verantwortung in der Beurteilung<br />

der Lebensmittel-Sicherheit zu – so wie es<br />

im Prinzip immer war. Voraussetzung<br />

da<strong>für</strong> ist allerdings, dass Verbraucher fair<br />

<strong>und</strong> umfassend über alle Sicherheitsaspekte<br />

eines Lebensmittels informiert<br />

werden. Die Sicherheitsbewertung eines<br />

Lebensmittels wird damit mehr <strong>und</strong> mehr<br />

zur Bewertung von Informationen zu einem<br />

Lebensmittel.<br />

Ernährungsverhalten <strong>und</strong> Risikobewertung<br />

Dr. Gunter Fricke, Nestlé Deutschland<br />

AG, Frankfurt/Main:<br />

Lebensmittelsicherheit: Neue<br />

Herausforderungen <strong>für</strong> die Praxis<br />

Die Sicherheit <strong>und</strong> Qualität der Lebensmittel<br />

ist seit langer Zeit im Zentrum der<br />

Aktivitäten aller Mitglieder der Lebensmittelkette<br />

verankert.<br />

Ein umfassendes Rechtswerk auf europäischer<br />

<strong>und</strong> nationaler Ebene wurde<br />

dazu in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen.<br />

Mit der Europäischen Basisverordnung<br />

178/2002 <strong>und</strong> dem Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittelgesetzbuch<br />

– LFGB – von 2005<br />

liegen die neuesten <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legenden<br />

Regelungen hierzu vor. Erstmalig werden<br />

dabei die Futtermittel, als wesentliche<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Produktion tierischer Produkte,<br />

auf ein vergleichbares Niveau mit<br />

den Lebensmitteln gestellt.<br />

Umfangreiche Maßnahmen der Lebensmittelwirtschaft<br />

haben sich aus den Zeiten<br />

der Qualitätskontrolle in die Methodik<br />

der Qualitätssicherung gewandelt. Prävention<br />

<strong>und</strong> Fehlervermeidung stehen hier im<br />

Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Das korrekte Funktionieren aller Maßnahmen<br />

über die gesamte Warenkette von<br />

der Urproduktion bis zum Haushalt des<br />

Verbrauchers als Kette der Verantwortungen,<br />

ist der Garant <strong>für</strong> die Sicherheit<br />

unserer Lebensmittel.<br />

Beginnend bei der Agrarwirtschaft <strong>und</strong><br />

der Produktion pflanzlicher <strong>und</strong> tierischer<br />

Rohstoffe <strong>und</strong> der Kenntnis <strong>und</strong> Lenkung<br />

der Anbaubedingungen der Pflanzen<br />

<strong>und</strong> der Rahmenbedingungen der<br />

Tiermast,über die Prozesslenkung bei der<br />

Lebensmittelherstellung, die Einhaltung<br />

der Rahmenbedingungen bei Lagerung<br />

<strong>und</strong> Transport bis hin zur korrekten<br />

Handhabung der Lebensmittel durch den<br />

Verbraucher, ist die gesamte Kette auf das<br />

252 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

Zusammenwirken aller Teile angewiesen.<br />

Jedes Kettenglied hat auf seiner Stufe die<br />

erforderlichen Kriterien einzuhalten <strong>und</strong><br />

die da<strong>für</strong> notwendigen Maßnahmen umzusetzen,<br />

damit der Verbraucher ein sicheres<br />

<strong>und</strong> seinen Qualitätserwartungen entsprechendes<br />

Lebensmittel erhält.<br />

Elemente wie die Gute Herstellpraxis,<br />

die Einhaltung der Prozess- <strong>und</strong> Personal-<br />

Hygieneregeln, das HACCP-Konzept als<br />

Basis der Betrieblichen Eigenkontrollen,<br />

aber auch die Schulung der Personen, die<br />

mit Lebensmitteln umgehen,<strong>und</strong> die Rückverfolgbarkeit<br />

der Produkte, sind hier<br />

zielführend <strong>und</strong> werden auf der Basis der<br />

geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen<br />

umgesetzt.<br />

Trotz der umfangreichen Maßnahmen<br />

in der Lebensmittelwirtschaft kann sich<br />

der Verbraucher manchmal des Eindrucks<br />

nicht erwehren, die Sicherheit der Lebensmittel<br />

sei nicht immer gewährleistet.<br />

Themen wie Dioxin in Futtermitteln,<br />

Acrylamid in Kartoffelchips, Pflanzenschutzmittelrückstände<br />

auf Frischgemüse<br />

oder selbst Tierseuchen führen zur Verunsicherung<br />

der Verbraucher <strong>und</strong> zu einerAbnahme<br />

der Trennschärfe zwischen tatsächlichem<br />

Risiko <strong>und</strong> empf<strong>und</strong>enem Risiko.<br />

Die Herausforderungen <strong>für</strong> die Praxis<br />

bestehen nun darin, in diesem Umfeld zu<br />

agieren <strong>und</strong> die Fragestellungen auf sachlicher<br />

<strong>und</strong> wissenschaftlicher Basis zu thematisieren<br />

.<br />

Die Kenntnis der Lebensmittel, deren<br />

Ursprung <strong>und</strong> Verarbeitung, die erforderlichen<br />

Regeln im Umgang mit den Lebensmitteln<br />

im Haushalt <strong>und</strong> übergeordnet die<br />

<strong>für</strong> den jeweiligen Endverbraucher individuelle<br />

„richtige“ Ernährung <strong>und</strong> deren<br />

Risiken stellen dabei die größte Herausforderung<br />

<strong>für</strong> die Zukunft dar.<br />

Nur durch umfassende Information<br />

<strong>und</strong> individuelle Betrachtung durch den<br />

Verbraucher ist die sinnvolle Einordnung<br />

der diskutierten Themen möglich.<br />

Ein großes Angebot an Informationen<br />

zu Produkten, Herstellung <strong>und</strong> Handhabung<br />

<strong>und</strong> zur Ernährung wird von der<br />

Lebensmittelwirtschaft bereitgestellt.<br />

Die Sicherheit der Lebensmittel war<br />

noch nie so hoch wie heute <strong>und</strong> wird auch<br />

weiterhin auf der Basis neuer Erkenntnisse<br />

kontinuierlich verbessert.<br />

Für die Praxis ergibt sich daraus die<br />

Forderung, die bereits vorhandenen Elemente<br />

umzusetzen, die Toolbox gegebenenfalls<br />

durch neue zu ergänzen <strong>und</strong> stetig<br />

daran weiter zu arbeiten. ■<br />

Veranstaltung der Verlagsgruppe<br />

Deutscher Fachverlag GmbH,<br />

ZLR <strong>und</strong> der WGL Düsseldorf,<br />

Mainzer Landstraße 251,<br />

60264 Frankfurt am Main.


Minijobs: Maximal 18 Euro Zuzahlung bringen "Riester-Rechte"<br />

Teilzeitkraft kann "Lokomotive" <strong>für</strong> selbstständigen Partner sein<br />

>>> Minijobber, Beschäftigte also,<br />

die maximal 400 Euro Monatsverdienst<br />

erzielen, sind zwar selbst von<br />

Sozialabgaben befreit. Das erledigt<br />

der Arbeitgeber mit neuerdings<br />

28 Prozent plus im Regelfall 2 Prozent<br />

Steuerpauschale <strong>für</strong> sie. Doch<br />

eine Zuzahlung der Teilzeitkraft<br />

in Höhe von 4,5 Prozent ihres Verdienstes<br />

(= maximal 18 Euro im<br />

Monat) bringt ihr nicht nur Rentenversicherungspflicht<br />

mit den<br />

daraus resultierenden Vorteilen.<br />

Die „Pflicht“ hat einen weiteren Vorteil:<br />

Die Teilzeitkraft kann einen „Riester-Vertrag“<br />

schließen – mit allen sich daraus<br />

ergebenden Vorteilen. Die Stiftung Warentest<br />

hört nicht auf, zu betonen: Die<br />

Riester-Rente lohnt sich <strong>für</strong> jeden, der sie<br />

kriegen kann. Zu ergänzen ist: ... vor allem<br />

<strong>für</strong> Arbeitnehmer mit geringem Einkommen.Denn<br />

ihnen steuert der Staat besonders<br />

großzügig Anteile bei.<br />

Im Jahr 2006 sind mindestens 3 Prozent<br />

des Vorjahresbruttoverdienstes auf<br />

einen Riester-Vertrag einzuzahlen,um die<br />

höchstmögliche staatliche Förderung kassieren<br />

zu können.Die beträgt 114 Euro <strong>für</strong><br />

die (rentenversicherungspflichtige) Teilzeitkraft<br />

plus 138 Euro <strong>für</strong> jedes Kind. Eine<br />

Mutter mit zwei Kindern kommt somit<br />

auf (114 + 138 + 138 =) 390 Euro Zulage<br />

im Jahr 2006.Aufbringen da<strong>für</strong> muss sie –<br />

einen 400 Euro-Monatsverdienst mit 4,5<br />

Prozent Zuzahlung unterstellt – 134 Euro<br />

im Jahr (= 3 Prozent von 12 x 400 = 4.800<br />

Euro). Da die Zulagen des Finanzministers,in<br />

diesem Beispiel 390 Euro,von dem<br />

selbst aufzubringenden Anteil abgezogen<br />

werden, ergibt sich an sich ein Eigenanteil<br />

von „0“. Das Gesetz sieht jedoch einen<br />

Mindesteigenbeitrag von 60 Euro im Jahr<br />

vor,der von der Teilzeitkraft zu leisten wäre,<br />

um die 390 Euro beigesteuert zu bekommen.Ihr<br />

Riester-Konto 2006 wäre dadurch<br />

mit 450 Euro gefüllt.<br />

Die Riesterei aufgr<strong>und</strong> eines 400-Euro-<br />

Jobs lohnt sich besonders, wenn der Ehepartner<br />

der Teilzeitkraft – nicht rentenversicherungspflichtiger<br />

– Selbstständiger<br />

sein sollte. Denn der dürfte „solo“ keinen<br />

entsprechenden Vertrag abschließen. Ist<br />

der Ehepartner jedoch 400-Euro-Kraft<br />

mit Zuzahlung <strong>und</strong> daraus resultierender<br />

Versicherungspflicht, so kann auch der<br />

selbstständige Gatte die Riester-Vorteile<br />

nutzen. Und das, ohne selbst auch nur<br />

einen Cent auf einen Riester-Vertrag<br />

einzahlen zu müssen. Er kassiert also<br />

„kostenlos“ 114 Euro Gr<strong>und</strong>prämie im<br />

Jahr.<br />

Umgekehrt: Ist der Ehepartner einer<br />

400-Euro-Kraft rentenversicherungspflichtig<br />

tätig,so braucht – wenn nur die Riester-<br />

Zulage voll ausgeschöpft werden soll –<br />

keine Zuzahlung zum Rentenpauschalbetrag<br />

des Arbeitgebers geleistet zu werden.<br />

Denn in diesem Fall ist der rentenversicherungspflichtige<br />

Ehegatte die „Lokomotive“,<br />

die den „Anhänger“ Teilzeitkraft<br />

zur Zulage zieht.<br />

Mini-Jobber vor dem Kadi<br />

Die pauschalen Arbeitgeber-Beiträge<br />

sind verfassungsgemäß – Arbeitgeber<br />

zahlen <strong>für</strong> geringfügige Beschäftigungen<br />

einen Pauschalbeitrag als „Steuer“ an die<br />

gesetzliche Krankenversicherung – vorausgesetzt,<br />

der Mitarbeiter ist gesetzlich<br />

krankenversichert. Bezieht ein Arbeitnehmer<br />

aus seinem Hauptjob ein Entgelt,<br />

das oberhalb der Pflichtversicherungsgrenze<br />

liegt (wodurch er an sich versicherungsfrei<br />

wird; hier war er aber freiwillig<br />

weiterversichert),so muss der Arbeitgeber<br />

dennoch den Pauschalbeitrag abführen.<br />

Diese Regelung gilt <strong>für</strong> alle versicherungsfreien<br />

geringfügigen Beschäftigungen. Es<br />

ist unerheblich,ob der Beschäftigte neben<br />

der Versicherungsfreiheit im 400-Euro-<br />

Job auch schon aus anderen Gründen<br />

versicherungsfrei ist. (B<strong>und</strong>essozialgericht,<br />

B 12 KR 27/04 R)<br />

Für „Freiwillige“ keine doppelten<br />

Beiträge – Freiwillig gesetzlich Krankenversicherte,<br />

die einen 400-Euro-Job ausüben,<br />

brauchen von dem Verdienst aus<br />

dieser Beschäftigung keine Beiträge abzuführen,<br />

da bereits ihr Arbeitgeber 13<br />

Prozent des Lohnes pauschal an die Krankenkasse<br />

überweist.(Die AOK,BEK & Co<br />

hatten vorher den „Freiwilligen“ das Einkommen<br />

aus dem Minijob als „Einnahme<br />

zum Lebensunterhalt“ angerechnet <strong>und</strong><br />

die Beiträge entsprechend heraufgesetzt.)<br />

(B<strong>und</strong>essozialgericht,B 12 KR 25/03 R u.a.)<br />

Nur Arbeitnehmer können „minijobben“<br />

– Nur Arbeitnehmer können im<br />

Rahmen von 400-Euro-Minijobs steuer<strong>und</strong><br />

sozialabgabenfrei Einkünfte erzielen.<br />

Die Vorschrift ist auf geringfügige selbstständige<br />

Tätigkeiten nicht anzuwenden.<br />

(Finanzgericht Hamburg, II 488/01)<br />

Pauschalversteuerung verhindert<br />

„Steuerersparnis“ – Bezieht eine Ehefrau<br />

aus einem 400-Euro-Job pauschal<br />

versteuertes Gehalt, so kann sie keinen<br />

anteiligen Aufwand <strong>für</strong> die (Mit-)Benutzung<br />

eines häuslichen Arbeitszimmers<br />

(das hier überwiegend vom Ehemann genutzt<br />

wird) geltend machen; es fallen keine<br />

steuerrelevanten „Werbungskosten“<br />

an. (B<strong>und</strong>esfinanzhof, XI R 13/04)<br />

Weihnachtsgeld kann elf Monate<br />

zurück wirken – Zahlt ein Arbeitgeber einer<br />

Teilzeitbeschäftigten im Dezember ein<br />

Weihnachtsgeld, so kann damit rückwirkend<br />

<strong>für</strong> das gesamte Jahr das Recht entfallen,den<br />

Lohn der Minijobberin pauschal<br />

zu versteuern – wenn dadurch im Monatsdurchschnitt<br />

mehr als 400 Euro gezahlt<br />

worden sind. Der Arbeitgeber kann nicht<br />

argumentieren, es dürfe das Jahr über kein<br />

„Schwebezustand“ hinsichtlich der endgültigen<br />

Steuerpflicht herrschen. Einmalzahlungen<br />

sind – auch wenn sie erst am<br />

Jahresende gezahlt werden – im Laufe des<br />

Jahres „verdient“ worden. (Baden-Württembergisches<br />

Finanzgericht, 8 K 317/02)<br />

Ohne Nettolohnabrede zahlt der Arbeitnehmer<br />

– Will eine geringfügig Beschäftigte,<br />

dass ihr Arbeitgeber die Pauschalsteuer<br />

(in Höhe von 2 Prozent vom<br />

Arbeitsentgelt) trägt, so muss das im Rahmen<br />

einer „Nettolohnabrede“ zum Ausdruck<br />

kommen. Ist im Arbeitsvertrag lediglich<br />

ein „Tariflohn von zur Zeit 400 Euro<br />

brutto monatlich“ vereinbart worden, so<br />

kann sich die Arbeitnehmerin nicht dagegen<br />

wehren, wenn der Arbeitgeber die<br />

Pauschalsteuer vom Lohn abzieht <strong>und</strong> abführt.<br />

Die zusätzlich vom Arbeitgeber<br />

abzuführenden pauschalen Beiträge zur<br />

Kranken- <strong>und</strong> Rentenversicherung darf er<br />

aber nicht auf die Teilzeitkraft abwälzen.<br />

(B<strong>und</strong>esarbeitsgericht, 5 AZR 628/04) ■<br />

Wolfgang Büser<br />

Recht<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 253


Verbandsnachrichten<br />

>>> B<strong>und</strong>esverband der Fleischkontrolleure<br />

Deutschland<br />

Personalnachrichten<br />

Von links: Veterinärdirektor Dr. Dirk Habermals,<br />

Albert Kappei, Berthold Spieker, Karl Eckhard Pusecker,<br />

Frau Otto <strong>und</strong> Hans Grumbrecht.<br />

Verbandsanschriften<br />

1. Vorsitzender Kassierer<br />

Hermann Hofmann Dieter Gerdes<br />

Römerstraße 1 Glinderstraße 14<br />

61200 Wölfersheim 27432 Ebersdorf<br />

Tel.: (060) 36 50 Tel.: (0 47 65) 81 39<br />

Stellv. Vorsitzender Stellv. Vorsitzender<br />

Andreas Bunzel Josef Schulze-Spüntrup<br />

Polsumer Straße 7 Brink 18<br />

45768 Marl 48653 Coesfeld<br />

Tel.: (0 23 65) 1 70 90 Tel.: (0 25 41) 61 34<br />

>>> Landesverbände<br />

Baden-Württemberg<br />

1. Vorsitzender Kassiererin<br />

Harald Herr Elisabeth Braun<br />

Hauptstraße 7 Ringstraße 13<br />

74861 Neudenau 78606 Seitingen-Oberflacht<br />

Tel.: (0 62 64) 72 70<br />

Bayern<br />

Tel.: ( 0 74 64) 13 88<br />

1. Vorsitzender Kassierer<br />

Johann Standecker Eduard Fertinger<br />

Imstettener Straße 1 Krassolzheim 11<br />

92442 Wackersdorf 91484 Sugenheim<br />

Tel. (0 94 31) 5 04 31<br />

Hessen<br />

Tel. (0 91 65) 794<br />

1. Vorsitzender Kassierer<br />

Hermann Hofmann Gerhard Schneider<br />

Römerstraße 1 Im Mühlfeld 24<br />

61200 Wölfersheim 64342 Seeheim-Jugenheim<br />

Tel. (0 60 36) 36 50<br />

Niedersachsen<br />

Tel. (0 62 57) 8 44 91<br />

1. Vorsitzender Kassierer<br />

August Höne Gerhard Ritterhoff<br />

Telbrake 16 Steinfurt 1<br />

49377 Vechta 27211 Bassum-Neuwohlde<br />

Tel. (0 44 41) 43 65 Tel. (0 42 49) 3 39<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

1. Vorsitzender Kassierer<br />

Andreas Bunzel Josef Schulze-Spüntrup<br />

Polsumer Straße 7 Brink 18<br />

45768 Marl 48653 Coesfeld<br />

Tel. (0 23 65) 1 70 90 Tel. (0 25 41) 61 34<br />

254 <strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006<br />

Landkreis Northeim<br />

Albert Kappei aus dem Dienst als<br />

Fleischkontrolleur verabschiedet<br />

Nach 38 Dienstjahren als Fleischkontrolleur<br />

des Landkreises<br />

Northeim wurde Albert Kappei<br />

aus Kuventhal <strong>und</strong> umliegenden<br />

Dörfern am 30.April dieses<br />

Jahres durch den Leiter des<br />

Veterinäramtes, Herrn Veterinärdirektor<br />

Dr. Dirk Habermals,<br />

sowie Frau Otto vom Büro mit<br />

Dankesworten <strong>und</strong> Entlassungsurk<strong>und</strong>e<br />

sowie Geschenk in<br />

den wohlverdienten Ruhestand<br />

verabschiedet.<br />

Werra-Meißner-Kreis<br />

Versetzung in den wohlverdienten<br />

Ruhestand<br />

Mit Anfang des Jahres 2006<br />

ging Marie-Luise Kisters,<br />

geboren am 27. Januar 1941, in<br />

den wohlverdienten Ruhestand.<br />

Sie war seit mehr als 32 Jahren<br />

als eine der letzten Trichinenschauerinnen<br />

im Labor eines<br />

EG-Schlachtbetriebes tätig.<br />

Diese verantwortungsvolle<br />

Aufgabe hat sie immer gewissenhaft<br />

<strong>und</strong> zuverlässig<br />

wahrgenommen. Ihr Pflichtbewusstsein<br />

<strong>und</strong> ihre Selbstdisziplin<br />

waren immer <strong>für</strong> alle<br />

Mitarbeiter vorbildlich <strong>und</strong><br />

beispielhaft. Bei ihrer Verabschiedung<br />

wurde ihr da<strong>für</strong><br />

ein besonderer Dank ausgesprochen.<br />

Alle Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen<br />

des Werra-Meißner-Kreises<br />

wünschen ihr <strong>für</strong> die Jahre des<br />

Ruhestandes Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Zufriedenheit im Kreise der<br />

Angehörigen.<br />

Der Verein der Fleischkontrolleure<br />

des Kreises Northeim war<br />

durch den 2.Vorsitzenden Karl<br />

Eckhard Pusecker sowie Rechnungsführer<br />

Berthold Spieker<br />

<strong>und</strong> den Kollegen Hans Grumbrecht<br />

vertreten. Sie bedankten<br />

sich bei ihrem Kollegen Albert<br />

Kappei <strong>für</strong> die 38-jährige Treue<br />

zum Verein. Ein besonderer Dank<br />

gilt Kollege Kappei <strong>für</strong> seine in<br />

den letzten 20 Jahren geleistete<br />

Arbeit zum Wohle des Vereins als<br />

1.Vorsitzender. B. Spieker<br />

Mit Ende des Monats August<br />

2006 ging der Fleischkontrolleur<br />

Hans-Kurt Müller, geboren<br />

am 9.August 1941, in den wohlverdienten<br />

Ruhestand.<br />

Fleischkontrolleur Müller hat<br />

dieses Amt seit mehr als 31 Jahren<br />

stets zuverlässig <strong>und</strong> pflichtbewusst<br />

in seinem Beschaubezirk<br />

des Werra-Meißner-Kreises<br />

ausgeübt. Bei seiner Verabschiedung<br />

am 23.August 2006 wurde<br />

seine Leistung in diesem Rahmen<br />

entsprechend gewürdigt <strong>und</strong><br />

ihm unser Dank ausgesprochen.<br />

Dieser Dank galt auch seiner<br />

Ehefrau, die während dieser<br />

Zeit den Telefondienst stets zuverlässig<br />

übernahm.<br />

Die Mitarbeiter/innen <strong>und</strong><br />

Kollegen/innen des Amtes<br />

wünschen Hans-Kurt Müller <strong>für</strong><br />

die Zeit des Ruhestands<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Freude an der<br />

Freizeit mit seiner Familie.<br />

Dr. Helmut Guse


LÖSCHER<br />

UNGEMACH<br />

KROKER<br />

Pharmakotherapie<br />

bei Haus-<br />

<strong>und</strong> Nutztieren<br />

2006, 7., vollständig überarbeitete<br />

<strong>und</strong> erweiterte Auflage,<br />

648 S., 18 Abb., 99 Tab. 79,95 €,<br />

Parey Verlag, Stuttgart.<br />

ISBN 3-8304-4160-6,<br />

Das bewährte Werk ist aufgr<strong>und</strong> der massiven<br />

Veränderungen auf dem Tierarzneimittelmarkt<br />

– ca. 1000 Handelspräparate<br />

haben ihre Zulassung verloren – gr<strong>und</strong>legend<br />

überarbeitet worden <strong>und</strong> berücksichtigt<br />

die aktuellen Änderungen desArzneimittelrechts.<br />

Unverändert werden die veterinärmedizinisch<br />

bedeutsamen Wirkstoffe in Form<br />

von Monographien umfassend beschrieben.<br />

Neu enthalten sind u. a. Ausführungen<br />

zu Euthanasie <strong>und</strong> zu Impfstoffen,<br />

Hilfen zur Handhabung der „Antibiotika-<br />

Leitlinie“. Erweitert wurden ferner Anleitungen<br />

zur Dosisberechnung <strong>und</strong> Auflistungen<br />

von Heimtier- <strong>und</strong> Pferdearzneimitteln.Die<br />

übersichtliche Darstellung<br />

bietet sofortigen Zugang zu den relevanten<br />

Informationen.<br />

Das Buch ist sowohl <strong>für</strong> in der Praxis<br />

wie auch in der Veterinärverwaltung tätige<br />

Tierärzte nicht nur zu empfehlen,sondern<br />

unverzichtbar. ■ Patzelt<br />

Lebensmittelrechts-Handbuch<br />

25. Erg.lief., Stand 4/2006, 300 S.,<br />

37,00 €, Gr<strong>und</strong>werk: 60,00 €,<br />

Verlag Beck, München.<br />

Das Lebensmittelrecht bleibt in Bewegung,<br />

es unterliegt recht kurzfristigen Änderungen<br />

<strong>und</strong> Neuerungen. Dies kommt<br />

u.a. durch 31 neue EG-Richtlinien zum<br />

Ausdruck, auf die in dem entsprechenden<br />

Kapitel dieser Ergänzungslieferung eingegangen<br />

wird.<br />

Der Abschnitt zum Qualitätsmanagement<br />

in der Lebensmittelindustrie wurde<br />

überarbeitet; der Autor geht insbesondere<br />

auf den International Food Standard - IFS<br />

ein.Auch der Abschnitt über die Sorgfaltspflichten<br />

der Lebensmittelunternehmer<br />

wurde überarbeitet.<br />

Die Erläuterungen zu Nährwertangaben,<br />

Nahrungsergänzungsmitteln, Fisch,<br />

Fischerzeugnissen,Tabakerzeugnissen <strong>und</strong><br />

Bedarfsgegenständen sind aktualisiert<br />

worden.<br />

In den Kapiteln zur Lebensmitteluntersuchung<br />

wurden die Ausführungen über<br />

biogene Amine sowie der Rechtsvorschriften<br />

neu gestaltet.<br />

Mit den umfangreichen Erläuterungen<br />

der vielfältigen Themen stellt das Handbuch<br />

wieder einmal seine besondere Bedeutung<br />

als eine zeitnahe <strong>und</strong> praxisorientierte<br />

Informationsquelle unter Beweis.<br />

■ Ruppert<br />

Termin/Ort Thema Info/Kontakt<br />

Buchbesprechungen Termine<br />

MEYER<br />

Lebensmittelrecht – Textsammlung<br />

103. Erg. lief., Stand 5/2006, 730 S.,<br />

28,00 €. Gr<strong>und</strong>werk in 2 Ordnern:<br />

98,00 €. Verlag C.H.Beck, München.<br />

ISBN 3-406-43402-9.<br />

In die Textsammlung wurden folgende<br />

Regelungen aufgenommen: VO (EG) Nr.<br />

2073/2005 über mikrobiologische Kriterien<br />

<strong>für</strong> Lebensmittel, VO (EG) Nr.<br />

2074/2005 mit Durchführungsvorschriften<br />

sowie VO (EG) Nr. 2076/2005 zur<br />

Festlegung von Übergangsregelungen <strong>für</strong><br />

bestimmte Verordnungen des sogenannten<br />

„EU-Hygienepakets“ <strong>und</strong> die VO (EG)<br />

Nr. 2075/2005 mit Vorschriften zur Fleischuntersuchung<br />

auf Trichinen.<br />

Die Ergänzungslieferung enthält außerdem<br />

u.a. die EG-Mykotoxin-KontrollVO,<br />

das neugefasste Lebensmittel- <strong>und</strong> Futtermittel-Gesetzbuch,<br />

die AromenVO, die<br />

EU-UrsprungsbezeichnungenVO.<br />

Des weiteren wurden Änderungen der<br />

Rückstands-HöchstmengenVO, der FuttermittelVO,<br />

der EG-Geflügelfleisch-VermarktungsVO<br />

sowie der WeinVO eingearbeitet<br />

■ Ruppert<br />

2. November 2006 Managementsysteme <strong>für</strong> die TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />

München Lebensmittelsicherheit Westendstraße 199, 80686 München,<br />

Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />

2.–8. November 2006 PraxisForum: Lebensmittelkennzeichnung Behr’s Seminare,<br />

Köln Averhoffstraße 10, 22085 Hamburg,<br />

Tel. (040) 2270080. www.behrs.de<br />

4.–5. November 2006 Ausgewählte Themen im Vollzug der Akademie <strong>für</strong> öffentliches Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />

Hamburg amtlichen Lebensmittelüberwachung Auf’m Hennekamp 70, 40225 Düsseldorf,<br />

Tel. (0211) 310960. www.afoeg-nrw.de<br />

4.–5. November 2006 ANIMAL – Ausstellung <strong>für</strong> Heimtierhaltung, Messe Stuttgart,<br />

Tierges<strong>und</strong>heit mit H<strong>und</strong>e- <strong>und</strong> Katzen- Am Kochenhof 16, 70028 Stuttgart,<br />

ausstellung Tel. (0711) 2589-0. www.messe-stuttgart.de<br />

6. November 2006 Das HACCP-Konzept der Verordnung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />

München (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene Westendstraße 199, 80686 München,<br />

Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />

6.–7. November 2006 Praxis-Forum: Behr’s Seminare,<br />

Köln Lebensmittel-Kennzeichnung Averhoffstraße 10, 22085 Hamburg,<br />

Tel. (040) 2270080. www.behrs.de<br />

<strong>R<strong>und</strong>schau</strong> <strong>für</strong> <strong>Fleischhygiene</strong> <strong>und</strong> Lebensmittelüberwachung 10/2006 255


Termine<br />

Termin/Ort Thema Info/Kontakt<br />

7.–8. November 2006 Überwachung der Vorschriften zu Akademie <strong>für</strong> öffentliches Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />

Hamburg gentechnisch veränderten Organismen Kanzlerstraße 4, 40272 Düsseldorf,<br />

Tel. (0211) 310960. www.afoeg-nrw.de<br />

7.–9. November 2006 Tagung <strong>für</strong> Bäckerei-Technologie Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V.,<br />

Detmold Schützenberg 10, 32756 Detmold,<br />

Tel. (05231) 61664-0. www.agfdt.de<br />

9. November 2006 Sensorik-Workshop arotop food creation GmbH,<br />

Mainz Dekan-Laist-Straße 9, 55129 Mainz,<br />

Tel. (06131) 583800. www.arotop.de<br />

10.–12. November 2006 FORUM VINI – Internat. Weinmesse Messe München GmbH,<br />

München 81823 München,<br />

Tel. (089) 949-0, www.forum-vini.de<br />

11.–12. November 2006 Erfordia - Rassegeflügelschau Messe Erfurt AG,<br />

Erfurt Gothaer Straße 34, 99094 Erfurt,<br />

Tel. (0361) 400-0. www.messe-erfurt.de<br />

13. November 2006 Lebensmittelhygiene-Schulung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />

Frankfurt am Main nach DIN 10514 Westendstraße 199, 80686 München,<br />

Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />

14.–15. November 2006 Praxis-Forum: Sensorik Behr’s Seminare,<br />

Darmstadt Averhoffstraße 10, 22085 Hamburg,<br />

Tel (040) 2270080. www.behrs.de<br />

14.–17. November 2006 EuroTier – Internat. DLG-Fachausstellung Deutsche Messe AG,<br />

Hannover <strong>für</strong> Tierhaltung <strong>und</strong> -management Messegelände, 30521 Hannover,<br />

Tel. (0511) 890. www.eurotier.de<br />

15.–17. November 2006 BRAU Beviale - Internat. Fachmesse NürnbergMesse GmbH,<br />

Nürnberg <strong>für</strong> die Getränkewirtschaft: Rohstoffe, 90471 Nürnberg,<br />

Technologie, Logistik, Marketing Tel. (0911) 86060, www.nuernbergmesse.de<br />

17. November 2006 Lebensmittelhygiene-Schulung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />

Nürnberg nach DIN 10514 Westendstraße 199, 80686 München,<br />

Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />

20. November 2006 HACCP-Konzept: Gr<strong>und</strong>schulung TÜV NORD Akademie,<br />

Berlin Große Bahnstraße 31, 22525 Hamburg,<br />

Tel. (040) 8557-2290. www.tuev-nord.de<br />

21. November 2006 Die Überwachung Akademie <strong>für</strong> öffentliches Ges<strong>und</strong>heitswesen,<br />

Marienheide von Pflanzenschutzmitteln Kanzlerstraße 4, 40272 Düsseldorf,<br />

Tel. (0211) 310960. www.afoeg-nrw.de<br />

24. November 2006 Das HACCP-Konzept der Verordnung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />

Nürnberg (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene Westendstraße 199, 80686 München,<br />

Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />

27. November Grünberger Gemüsebautage Dipl.-Ing. Jochen Winkhoff,<br />

bis1. Dezember 2006 der Fachgruppe Gemüsebau Godesberger Allee 142-148, 53175 Bonn,<br />

Grünberg bei Gießen im B<strong>und</strong>esausschuss Obst <strong>und</strong> Gemüse Tel. (0228) 81002-26. www.gemuesebau.org<br />

5.–7. Dezember 2006 Emissionen der Tierhaltung Kuratorium <strong>für</strong> Technik <strong>und</strong> Bauwesen in der<br />

Bad Staffelstein <strong>und</strong> Nationaler Bewertungsrahmen Landwirtschaft, Bartningstraße 49, 6422889 Darmstadt,<br />

Tierhaltungsverfahren Tel. 06151-7001-0. www.ktbl.de<br />

7. Dezember 2006 Das HACCP-Konzept der Verordnung TÜV SÜD Akademie GmbH,<br />

Dresden (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene Westendstraße 199, 80686 München,<br />

Tel. (089) 5791-0. www.akd.tuev-sued.de<br />

8.–12. Dezember 2006 LIPSIA – europäische Rassegeflügelschau Leipziger Messe GmbH,<br />

Leipzig Messe-Allee 1, 04356 Leipzig,<br />

Tel. (0341) 678-0. www.messe-leipzig.de

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