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Musterlösung zum Fall von Anton und Dragan © HPK ... - hp krings

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Zulassung des Polo<br />

<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Beurteilung öffentlicher Verkehrsraum<br />

Es ist zunächst zu prüfen, ob A <strong>und</strong> D ein KFZ im öff. VR benutzt haben<br />

i.S.d. § 1 I, II StVG. Hier fahren sie zur Diskothek <strong>und</strong> auf dem Rückweg<br />

durch die Gemeinde Reiskirchen. Bei öffentlichem Verkehrsraum handelt<br />

es sich um Verkehrsflächen, die entweder durch einen Verwaltungsakt<br />

dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind, oder tatsächlich öffentlich<br />

genutzt werden. Die Widmung <strong>und</strong> die Eigentumsverhältnisse Der Flächen<br />

sind dabei <strong>von</strong> untergeordneter Bedeutung. Da<strong>von</strong> kann hier ausgegangen<br />

werden, es handelt sich also um öffentlichen Verkehrsraum.<br />

Beurteilung Kraftfahrzeug<br />

Kraftfahrzeuge sind Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft angetrieben<br />

werden <strong>und</strong> nicht an Gleise geb<strong>und</strong>en sind. Bei dem VW-Polo handelt es<br />

sich um ein Kraftfahrzeug. Eine weitere Beurteilung ist wegen der<br />

Deutlichkeit nicht erforderlich.<br />

In Betrieb setzen<br />

Daneben wird durch A der Polo in Betrieb durch Benutzen des Motors in<br />

Betrieb gesetzt. In Betrieb setzen beginnt mit dem Starten des Motors <strong>und</strong><br />

endet mit dem Abstellen des Kfz, auch ggf. erst im nichtöffentliche<br />

Verkehrsraum.<br />

Somit bedarf es gemäß § 1 I StVG einer Erlaubnis für das KFZ durch die<br />

Zulassungsbehörde.<br />

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Rechtsverordnung<br />

<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Die FZV/StVZO sind Rechtsverordnungen, keine Gesetze. Einen Eingriff in<br />

die informelle Selbstbestimmung ist jedoch nur durch ein Gesetz möglich<br />

(vgl. Art. 2 GG). Eine RVO erlangt dann Gesetzescharakter, wenn die RVO<br />

aufgr<strong>und</strong> eines Gesetzes erlassen worden ist, <strong>und</strong> in diesem Gesetz die<br />

Möglichkeit hierzu eröffnet wird. Somit wäre dem Art § 80 GG Rechnung<br />

getragen. Aufgr<strong>und</strong> des § 6 StVG wird der BMV ermächtigt RVO über die<br />

Zulassung <strong>von</strong> Fahrzeugen zu erlassen. Die StVZO kann demnach<br />

angewendet werden.<br />

Gr<strong>und</strong>regel der Zulassung/Besondere Zulassung nach § 3 FZV<br />

Die Gr<strong>und</strong>regel der Zulassung <strong>von</strong> Fahrzeugen nach § 16 StVZO bezieht<br />

sich auf den Gr<strong>und</strong>satz der Verkehrsfreiheit. Das meint, dass <strong>zum</strong> Verkehr<br />

auf öffentlichen Straßen alle Fahrzeuge zugelassen sind, die den<br />

Vorschriften der StVZO <strong>und</strong> StVO entsprechen. Diese Vorschriftsmäßigkeit<br />

eines Fahrzeuges ist <strong>von</strong> der Einhaltung der allgemeinen <strong>und</strong> besonderen<br />

Bau- <strong>und</strong> Betriebsvorschriften der StVZO sowie der Erhaltung eines<br />

verkehrs- <strong>und</strong> betriebssicheren Wartung- <strong>und</strong> Pflegezustands abhängig.<br />

Gemäß § 16 I StVZO dürfen alle vorschriftsmäßigen FZ’e am öff.<br />

Straßenverkehr teilnehmen, sofern kein besonderes Zulassungsverfahren<br />

erforderlich ist. Hier handelt es sich um ein KFZ mit einer bHG <strong>von</strong> mehr<br />

als 6 km/h <strong>und</strong> somit bedarf es eines besonderen Zulassungsverfahrens<br />

i.S.d. § 3 FZV, d.h. es erfordert eine BE <strong>und</strong> die Zuteilung eines amtlichen<br />

KZ vor in Betriebnahme auf öff. Straßen, insbesondere da es sich bei dem<br />

VW Polo um keine Ausnahme <strong>von</strong> dieser Vorschrift handelt.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

<strong>Fall</strong>bezogen ist der Polo vor 8 Monaten außer Betrieb gesetzt worden.<br />

Die Zulassungsbehörde vermerkt die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs<br />

unter Angabe des Datums auf der Zulassungsbescheinigung Teil I <strong>und</strong><br />

händigt die vorgelegten Unterlagen sowie die entstempelten<br />

Kennzeichenschilder wieder aus. Der Halter kann das Kennzeichen <strong>zum</strong><br />

Zwecke der Wiederzulassung befristet reservieren lassen.<br />

So können die bisherigen Nummernschilder behalten <strong>und</strong> bei einer<br />

späteren Wiederinbetriebnahme erneut nutzen. Auch ein neuer<br />

Eigentümer, der das Fahrzeug wieder anmelden möchte (Umschreibung<br />

innerhalb desselben Zulassungsbezirkes), kann so die bisherigen<br />

Kennzeichen wieder nutzen (gilt nur, wenn es EURO-Kennzeichen sind).<br />

Wird das Fahrzeug nicht innerhalb <strong>von</strong> 7 Jahren nach der<br />

Außerbetriebsetzung wieder angemeldet, verliert die<br />

Zulassungsbescheinigung Teil II seine Gültigkeit, ebenso TÜV <strong>und</strong> AU. Das<br />

Fahrzeug kann nun nur noch mit erheblichem Aufwand erneut für den<br />

Straßenverkehr zugelassen werden (TÜV-Vollabnahme, Beantragung<br />

neuer Kfz-Papiere usw.).<br />

Nach der Prüfung des SV ist festzustellen, dass die Betriebserlaubnis aus<br />

diesem Gesichtspunkt noch Bestand hat.<br />

Problem der Betriebserlaubnis <strong>und</strong> Fahrzeugmängel allgemein<br />

Weiterhin kann eine vorübergehende Stilllegung auf Gr<strong>und</strong> <strong>von</strong> Mängeln<br />

erfolgen. Der Defekt am Hauptbremszylinder sowie die abgefahrenen<br />

Reifen stellen hier <strong>zum</strong>indest einen erheblichen Mangel, also einen Mangel<br />

der zu einer Verkehrsgefährdung führen kann, dar. Darüber hinaus kann<br />

gegebenenfalls sogar <strong>von</strong> einer unmittelbaren bevorstehenden<br />

Verkehrsgefährdung durch den Defekt den Bremsen ausgegangen werden.<br />

Demzufolge könnte im vorliegenden <strong>Fall</strong> eine Untersagung zur<br />

Betriebnahme im öffentlichen Verkehr durch die Verwaltungsbehörde<br />

ergehen.<br />

Eine Halterhaftung für die Mängel erfolgt gem. §§ 30, 31 StVZO.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

1. Erlöschen der Betriebserlaubnis<br />

Fraglich ist jedoch, ob die BE erloschen sein könnte aufgr<strong>und</strong> der am KFZ<br />

bestehenden Mängel gemäß § 19 II StVZO. Hier ist das KFZ mit<br />

abgefahrenen Reifen <strong>und</strong> einem defekten Hauptbremszylinder<br />

ausgestattet <strong>und</strong> somit kommt insbesondere § 19 II 2 StVZO die<br />

Gefährdung anderer VT in Betracht. Abgefahrene Reifen <strong>und</strong> defekte<br />

Bremsen können sich sicherlich extrem auf die Fahrsicherheit <strong>und</strong> das<br />

Lenkverhalten auswirken, wodurch eine Gefährdung anderer VT auf jeden<br />

<strong>Fall</strong> angenommen werden kann. Die abgefahrenen Reifen stellen aber<br />

keine wissentliche Änderung i.S.d. § 19 II StVZO dar, da er sie ja nicht<br />

vorsätzlich aufgezogen hat. Ebenso wurden die Bremsen nicht vorsätzlich<br />

verändert, sondern sind baujahrbedingte Verschleißerscheinungen.<br />

Der durchgerostete Endschalldämpfer verursacht sicherlich ein<br />

schlechteres Geräuschverhalten i.S.d. § 19 II 3 StVZO, wurde aber<br />

ebenfalls nicht vorsätzlich verändert.<br />

Nach dieser Erörterung hat die BE noch Bestand.<br />

2. Fahrzeugmängel<br />

Da die BE nach § 19 StVZO noch nicht erloschen ist, muss die Auswirkung<br />

der genannten Mängel geprüft werden.<br />

Bei der rechtlichen Bewertung <strong>von</strong> Mängel ist gr<strong>und</strong>sätzlich der § 30<br />

StVZO als „Auffangtatbestand“ zu beachten. Hier ist zwischen der aktiven<br />

<strong>und</strong> passiven Sicherheit des Fahrzeuges zu unterscheiden.<br />

Fahrzeugherstellen müssen sich daran orientieren <strong>und</strong> die Fahrzeuge so<br />

bauen. Kommt es nun <strong>zum</strong> Verschleiß, können möglicherweise die<br />

Bedingungen der<br />

- Fahrsicherheit<br />

- Konditionssicherheit<br />

- Wahrnehmungssicherheit<br />

- Bedienungssicherheit<br />

Nicht mehr gegeben sein.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Die passive Sicherheit beinhaltet all die Maßnahmen, die geeignet sind,<br />

Unfallfolgen zu vermeiden oder wenigstens zu reduzieren. Der passiven<br />

Sicherheit werden zugeordnet, die<br />

a) äußere Sicherheit, zu ihr zählt insbesondere die Gestaltung der<br />

Fahrzeugkonturen, um Verletzungen anderer Verkehrsteilnehmer<br />

möglichst gering zu halten. (s. auch § 30 c StVZO);<br />

b) innere Sicherheit, sie dient dem Schutz der Fahrzeuginsassen (z.B.<br />

Airback, Sicherheitsgurte, Knautschzone, Kopfstützen).<br />

Durch die angegebenen Mängel ist die Sicherheit nicht mehr<br />

gewährleistet. Dies stellt eine Owi §§ 30, 69 a III 1 StVZO i.V. m. § 24<br />

StVG dar.<br />

Bau-<strong>und</strong> Betriebsvorschriften<br />

Die einzelnen Fahrzeugteile werden in den Bau-<strong>und</strong> Betriebsvorschriften<br />

beschrieben <strong>und</strong> müssen so beschaffen sein, §§ 30 ff StVZO. Dies ist nicht<br />

der <strong>Fall</strong>. Daher ergeben sich die nachfolgenden Owi, die sicherlich als eine<br />

Owi zusammengefasst werden.<br />

Es handelt sich bei den Mängeln um abstrakte Tatsachen. Auf eine<br />

intensive Erörterung wird daher verzichtet.<br />

a) Das Fahren mit abgefahrenen Reifen stellt eine OWI gemäß §§ 36 II<br />

i.V.m. 69 a III 8 StVZO i.V.m. § 24 StVG dar.<br />

b) Das Fahren mit dem defekten Hauptbremszylinder stellt eine OWI<br />

gemäß §§ 41 I i.V.m. 69 a III 13 StVZO i.V.m. § 24 StVG dar.<br />

c) Das Fahren mit dem durchgerosteten Endschalldämpfer stellt eine<br />

OWI gemäß §§ 49 I i.V.m. 69 a III 17 StVZO i.V.m. § 24 StVG dar.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Halterverantwortlichkeit<br />

Viel schwerer wiegt die Verantwortung des Fahrzeughalters (§ 31 Abs. II<br />

StVZO) <strong>und</strong> die des Fahrzeugführers (§ 23 StVO), da sie verpflichtet sind,<br />

die verkehrssichere Beschaffenheit des Fahrzeuges während der Nutzung<br />

zu erhalten. Verändert der Halter eines Fahrzeuges ein Fahrzeugteil, das<br />

der inneren oder äußeren Sicherheit dient, <strong>und</strong> dies nunmehr nicht mehr<br />

gewährleistet ist, liegt auch ein Verstoß gegen § 30 II StVZO vor.<br />

Die Inbetriebnahme des Pkw stellt für <strong>Anton</strong> als Halter wegen dieser<br />

Verschleißerscheinungen eine OWI gemäß §§ 31 II i.V.m. 69 a V 3 StVZO<br />

i.V.m. § 24 StVG dar.<br />

Die Owis durch Benutzen haben <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> gemeinsam begangen.<br />

Weiterhin müsste Erlassgemäß eine Mängelanzeige (§ 5 FZV) ausgestellt<br />

werden.<br />

Zuteilung der amtlichen Kennzeichen<br />

Wie bereits erörtert bedarf es weiterhin der Zuteilung eines amtlichen KZ<br />

gemäß § 3 FZV. Es ist zu erörtern, ob die Zuteilung durch die zuständige<br />

Behörde erfolgt ist.<br />

Hier hat D zwei Kennzeichen <strong>von</strong> einem anderen KFZ vom Schrottplatz<br />

abgeschraubt <strong>und</strong> am VW Polo angebracht. Des weiteren fehlen dem KZ<br />

der Zulassungsstempel <strong>und</strong> sind mit ungültigen HU- <strong>und</strong> AU-Plaketten<br />

versehen. Somit stellt sich die Frage, ob die KZ noch als zugeteilt gelten.<br />

Da sie einem anderen KFZ zugeteilt wurden, welches mittlerweile auf dem<br />

Schrottplatz steht ist dies sicher zu verneinen, insbesondere da die<br />

Kennzeichen nie für den VW Polo ausgegeben wurden.<br />

Es ist daher festzuhalten, dass die BE zwar noch Bestand hat, dem KFZ<br />

aber kein amtliches KZ zugeteilt wurde <strong>und</strong> somit keine Zulassung gemäß<br />

§ 3 FZV für den VW Polo besteht.<br />

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Versicherung<br />

<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass der Vorbesitzer des VW Polo seinen<br />

Versicherungsvertrag spätestens beim Verkauf des KFZ gekündigt hat,<br />

wodurch <strong>zum</strong>indest <strong>von</strong> seiner Seite aus kein solcher Vertrag mehr<br />

besteht.<br />

Da A durch den Kauf des VW Polo <strong>zum</strong> Halter dieses KFZ wurde, welches<br />

er auch gemäß § 1 I StVG im öffentlichen VR in Betrieb nahm, war er<br />

gemäß § 1 PflVG <strong>zum</strong> Abschluss einer Haftpflichtversicherung zur Deckung<br />

eventuell eintretender Schäden verpflichtet. Es müsste eigentlich<br />

alternativ geprüft werden, ob der ehemalige vertrag noch Bestand hat, ich<br />

unterstelle, dass dies nicht der <strong>Fall</strong> ist. Da das KFZ auch nicht unter die<br />

Ausnahmen <strong>von</strong> § 2 PflVG fällt liegt hier ein Vergehen nach § 6 I, II PflVG,<br />

insbesondere da die Versicherung hier im Schadensfalle nicht haften<br />

würde.<br />

Steuer<br />

Der Steuer unterliegen gemäß § 1 I 1-4 KraftStG alle inländischen KFZ,<br />

auch widerrechtlich benutzte KFZ. Das Fahrzeug wird <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Dragan</strong> ohne erforderliche Zulassung in Betrieb gesetzt. Dies stellt aus<br />

steuerlichen Gesichtspunkten eine widerrechtliche Benutzung dar.<br />

Steuerschuldner ist in solchen Fällen der Fahrer. Es wären hier <strong>Anton</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Dragan</strong>. Die Steuerschuld wird in solchen Fällen für 4 Wochen<br />

angenommen. Eine Ausnahme gemäß § 3 KraftStG ist hier nicht zu<br />

erkennen <strong>und</strong> somit begeht <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> ein Vergehen, als Halter,<br />

Führer <strong>und</strong> widerrechtlicher Benutzer des VW Polo <strong>und</strong> somit sind sie auch<br />

Steuerschuldner, strafbar wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Kennzeichenmissbrauch<br />

Durch die Anbringung der entwendeten KZ am VW Polo könnte sich D des<br />

Kennzeichenmissbrauchs gemäß § 22 I 1 StVG strafbar gemacht haben.<br />

Da dem VW Polo kein amtliches KZ gemäß § 18 I StVZO zugeteilt wurde,<br />

wurde bereits erörtert. Bei den entwendeten KZ handelt es sich um<br />

amtliche KZ, welche somit durchaus geeignet sind den Anschein zu<br />

erwecken, hier würde es sich um die rechtmäßig zugeteilten KZ des VW<br />

Polo handeln.<br />

Die rw Absicht bedeutet Eventualvorsatz. Hier wollte D die KZ benutzen<br />

um nicht aufzufallen, d.h. er wusste dass die KZ nicht <strong>zum</strong> VW Polo<br />

gehören <strong>und</strong> wollte sie aber trotzdem benutzen um nicht mit der Polizei in<br />

Konflikt zu geraten. Somit handelte er nicht nur mit Eventualvorsatz,<br />

sondern sogar mit indirektem Vorsatz.<br />

Somit hat sich D des Kennzeichenmissbrauchs gemäß § 22 I 1 StVG<br />

strafbar gemacht.<br />

Durch das Führen des KFZ mit den amtlichen KZ des D könnte sich A<br />

ebenfalls des Kennzeichenmissbrauchs strafbar gemacht haben gemäß §<br />

22 II StVG.<br />

Das Gebrauchen eines KFZ im öff. VR wurde bereits geprüft <strong>und</strong> liegt hier<br />

vor.<br />

Weiterhin wusste A um die Herkunft der KZ <strong>und</strong> wollte diese auch bei<br />

seiner Jungfernfahrt benutzen.<br />

Somit hat sich A des Kennzeichenmissbrauchs gemäß § 22 II StVG<br />

strafbar gemacht.<br />

Urk<strong>und</strong>enfälschung<br />

Fraglich ist, ob sich A <strong>und</strong> D der Urk<strong>und</strong>enfälschung gemäß § 267 StGB<br />

strafbar gemacht haben, indem sie die entwendeten KZ am VW Polo<br />

angebracht haben.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Dann müsste es sich bei der Verbindung <strong>von</strong> KZ <strong>und</strong> KFZ um eine Urk<strong>und</strong>e<br />

handeln, als solche kommt hier eine zusammengesetzte Urk<strong>und</strong>e in<br />

Betracht. Eine solche ist die feste Verbindung <strong>von</strong> Augenscheinobjekt <strong>und</strong><br />

Beweiszeichen, dass gerade aus dieser Verbindung der gedankliche Inhalt<br />

(Perpetuierungsfunktion) folgt.<br />

Hier wurde zwar das KFZ mit den Schildern versehen <strong>und</strong> somit eine<br />

derartige Verbindung begründet, welche den Anschein erwecken sollte<br />

dies wäre ein ordnungsgemäß zugelassenes KFZ, es mangelt aber an der<br />

Garantiefunktion, da die KZ kein Dienstsiegel mehr haben <strong>und</strong> somit<br />

keinen Aussteller erkennen lassen können.<br />

Somit haben sich weder A noch D der Urk<strong>und</strong>enfälschung strafbar<br />

gemacht.<br />

Fahrerlaubnisthematik des <strong>Anton</strong><br />

<strong>Anton</strong> ist nicht im Besitz einer gültigen FE. Diese ist jedoch gem. §2 StVG<br />

erforderlich, um ein KfZ auf öffentlichen Straßen zu führen. Damit könnte<br />

ein Fahren ohne FE gem. § 21 Abs.1 Nr.1, 1. Alt. StVG vorliegen.<br />

<strong>Anton</strong> ist sich durchaus bewusst, dass er die Fahrerlaubnisprüfung noch<br />

nicht abgelegt hat. Die Fahrt mit seinem VW Polo ist darüber hinaus sogar<br />

als zusätzliche Trainingsst<strong>und</strong>e deklariert. Auf eine weitere Prüfung der<br />

FeV wird verzichtet, da aus dem Text zu erkennen ist, dass <strong>Anton</strong> keine<br />

Fahrerlaubnis besitzt.<br />

<strong>Anton</strong> handelt vorsätzlich. Er hat eine Vergehen nach §§ 2, 21 StVG<br />

erfüllt.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Trunkenheitsfahrt / § 24 a StVG <strong>und</strong> § 316 StGB durch <strong>Anton</strong><br />

Laut Sachverhalt tritt <strong>Anton</strong> trotz Alkoholgenuß <strong>von</strong> 1 Liter Bier, sowie<br />

Einnahme <strong>von</strong> 2 Speed-Tabletten mit seinem VW-Polo die Heimfahrt an.<br />

Dadurch könnte <strong>Anton</strong> eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 24a I StVG<br />

begangen haben.<br />

Die Frage des Verkehrsraumes <strong>und</strong> des Kraftfahrzeuges, sowie des<br />

Führens wurde bereits erörtert. Es wird daher auf eine nochmalige Prüfung<br />

verzichtet.<br />

Problem Alkohol, § 24 a StVG<br />

Eine Vorraussetzung wäre, dass <strong>Anton</strong> 0,25 mg/L oder mehr Alkohol in<br />

der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut hat.<br />

Ordnungswidrig i.S.d. § 24a I StVG handelt auch, wer eine Alkoholmenge<br />

im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration<br />

führt.<br />

<strong>Anton</strong> hat laut Sachverhalt 1 Liter Bier getrunken. In einem Liter Bier sind<br />

ca. 40 g Alkohol vorhanden. Nach der Widmark´schen Formel wäre es<br />

möglich, die ungefähre Blutalkoholkonzentration (BAK) zu berechnen.<br />

BAK = Alkohol in g / Körpergewicht (kg) * Reduktionsfaktor (bei Männer<br />

0.75).<br />

Ein Liter Bier ergibt bei einer männlichen Person eine BAK <strong>von</strong> etwa 0,6<br />

Promille. Zu Bedenken ist aber, dass zwischen der Kontrolle <strong>und</strong> dem<br />

letzten Trinken eine gewisse Zeit vergangen ist. IM Verkehrsrecht kann<br />

da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass der stündliche Eliminationswert bei 0,15<br />

Promille/St<strong>und</strong>e liegt. Unter Berücksichtung eines mittleren Zeitfaktores<br />

anzunehmen, dass der Wert unter 0,5 Promille liegt. Auf eine weitere<br />

Prüfung wird daher verzichtet. Für die Verwertbarkeit des Ergebnisses ist<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

bei einer Ordnungswidrigkeit jedoch <strong>zum</strong>indest ein gerichtsverwertbarer<br />

Atemalkoholtest durchzuführen.<br />

Die Ordnungswidrigkeit kann auch fahrlässig gegangen werden, § 24a III<br />

StVG. Dies ist dann der <strong>Fall</strong>, wenn dem Betroffenen vorzuwerfen ist, das<br />

er annehmen konnte <strong>und</strong> musste, den Grenzwert zu erreichen bzw. zu<br />

überschreiten.<br />

Konsum <strong>von</strong> Speed-Tabletten<br />

Fraglich ist, ob <strong>Anton</strong> durch die Einnahme der 2 Speed-Tabletten eine<br />

Ordnungswidrigkeit i.S.d. §24 a II StVG begangen haben könnte.<br />

Das Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr wurde bereits<br />

bejaht.<br />

Ordnungswidrig handelt, wer dies unter Wirkung eines berauschenden<br />

Mittels, wie in der Anlage aufgeführt, tut.<br />

Laut Sachvehalt handelt es sich bei den Speed-Tabletten um Amphetamin.<br />

Diese Substanz ist auch in der Anlage 1 des StVG aufgeführt <strong>und</strong> gilt<br />

somit als berauschendes Mittel i.S.d. § 24a II StVG. Weiterhin müsste die<br />

Wirkung gem. § 24a II S.2 StVG durch die Substanz im Blut nachgewiesen<br />

werden.<br />

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§ 316 StGB des <strong>Anton</strong><br />

<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

<strong>Anton</strong> könnte sich weiterhin gem. §316 StGB der Trunkenheit im<br />

Straßenverkehr strafbar gemacht haben.<br />

<strong>Anton</strong> hat in Disco 4 Bier a 0,25l zu sich genommen. Es ist nicht klar, wie<br />

hoch die Blutalkoholkonzentration bei ihm ist. Bei einem erwachsenen<br />

Mann normaler Größe <strong>und</strong> Gewichts ist jedoch bei der konsumierten<br />

Menge da<strong>von</strong> auszugehen, dass die BAK oder die im Körper vorhandene<br />

Alkoholmenge zu einer BAK <strong>von</strong> über 0,5 Promille führt. Weiterhin wurde<br />

andere berauschende Mittel, hier 2 Speed-Tabletten zu sich genommen.<br />

Eine geringe bis mäßige Alkoholkonzentration führt zu Mangel der<br />

Aufmerksamkeit, zu nachlassende Kritikfähigkeit <strong>und</strong> insbesondere zur<br />

erhöhten Risikobereitschaft, was auf der Heimfahrt <strong>von</strong> der Disco im<br />

Fahrverhalten des <strong>Anton</strong> zu erkennen ist.<br />

Auch Amphetamine, also Speed, führen zu Konzentrationsunfähigkeit,<br />

motorische Unruhe <strong>und</strong> Nervosität. Verkehrsrelevant ist hierbei die<br />

Überschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeit, das Fehleinschätzen<br />

<strong>von</strong> Situationen <strong>und</strong> der Realitätsverlust. Durch das zu schnelle Fahren<br />

<strong>und</strong> darüber hinaus das äußerst risikoreiche Überholmanöver, was mit<br />

einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer einhergeht, ist zu<br />

vermuten, dass <strong>Anton</strong> nicht mehr in der Lage ist, das KfZ sicher zu führen.<br />

Bei dem Verhalten <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> könnte <strong>von</strong> einer relativen Fahrunsicherheit<br />

ausgegangen werden. Diese liegt vor wenn die BAK <strong>zum</strong>indest 0,3<br />

Promille erreicht <strong>und</strong> weitere Beweisanzeichen (Ausfallerscheinungen) für<br />

die Ungeeignetheit des Fahrzeugführers <strong>zum</strong> sicheren Führen eines<br />

Fahrzeuges feststellbar sind.<br />

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Kraftfahrer vielmehr fahrunsicher,<br />

wenn seine Gesamtleistungsfähigkeit, besonders infolge Enthemmung<br />

sowie geistig-seelischer <strong>und</strong> körperlicher (psychophysischer)<br />

Leistungsausfälle, so weit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist,<br />

sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, <strong>und</strong> zwar auch bei<br />

plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern. Neben<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

dem Ausmaß der alkoholbedingten Leistungsminderung <strong>und</strong> der<br />

Beeinträchtigung der Gesamtpersönlichkeit des Fahrzeugführers ist hierbei<br />

auch die Steigerung der <strong>von</strong> ihm dadurch für andere ausgehenden<br />

Gefahren <strong>von</strong> entscheidender Bedeutung.<br />

Zutreffend berücksichtigt diese Begriffsbestimmung auch die<br />

insbesondere durch Alkoholgenuss bewirkte Enthemmung, die<br />

beim Fahrzeugführer zur Veränderung seiner Persönlichkeit führen<br />

kann <strong>und</strong> oft durch den Verlust <strong>von</strong> Umsicht <strong>und</strong> Besonnenheit<br />

infolge Selbstüberschätzung sowie durch Rücksichtslosigkeit,<br />

erhöhte Risikobereitschaft <strong>und</strong> Leichtsinn gekennzeichnet ist. Die<br />

hierauf beruhende Fahrunsicherheit kann sich auch in bewusst<br />

verkehrswidriger Fahrweise offenbaren.<br />

Wer in dem oben geschilderten Sinn nicht in der Lage ist, sein<br />

Fahrzeug sicher zu führen, ist immer „absolut“ fahrunsicher.<br />

Es gibt keine "relative" Fahrunsicherheit in dem Sinne, daß zur<br />

Fahrunsicherheit führende Ausfallerscheinungen etwa durch<br />

besonders vorsichtige Fahrweise oder geringe Geschwindigkeit<br />

ausgeglichen werden könnten. Die nicht sehr glücklich gewählten<br />

Begriffe der „absoluten“ <strong>und</strong> „relativen“ Fahrunsicherheit<br />

unterscheiden vielmehr nur verschiedene Arten des Nachweises<br />

der Fahrunsicherheit.<br />

Bereits eine BAK <strong>von</strong> 0,5 Promille bewirkt eine deutliche Erhöhung<br />

der Risikobereitschaft gegenüber dem Verhalten des nüchternen<br />

Menschen.<br />

Bei einem Kraftfahrer kann daher schon bei 0,5 Promille, vielfach<br />

sogar schon bei 0,3 bis 0,8 Promille Fahrunsicherheit eintreten.<br />

Regelmäßig erlischt die Fahrsicherheit des Kraftfahrers bei einer<br />

BAK zwischen 0,5 <strong>und</strong> 1,09 Promille.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Fahrunsicherheit i. S. d. §§ 315 c, 316 StGB ist demnach ein<br />

unbestimmter Begriff. Es ist vielmehr eine Form des Beweises, ob ein<br />

Verkehrsteilnehmer absolut oder relativ fahruntüchtig ist.<br />

Hierbei sind ungewöhnliche Fahr- <strong>und</strong> Verhaltensfehler des<br />

Fahrzeugführers entscheidend. Dies ist durch das Überholmanöver sicher<br />

gegeben. Ein nicht alkoholisierter Kfz-Führer verhält sich anders.<br />

Gr<strong>und</strong>legend ist zu sagen, dass die Existenz <strong>von</strong> Ausfallerscheinungen<br />

unerheblicher wird, je näher sich die BAK dem absoluten Grenzwert <strong>von</strong><br />

1,1 Promille näher. Hier ist dies nicht genau feststellbar. Weiterhin ist zu<br />

sagen, dass je seltener ein bestimmter Fahrfehler bei nüchternen Fahrern<br />

vorkommt <strong>und</strong> je häufiger er <strong>von</strong> alkoholisierten Fahrern begangen wird,<br />

desto eher ist der Schluss gerechtfertigt, dass er dem Beschuldigten im<br />

nüchternen Zustand nicht unterlaufen wäre, siehe hier das riskante<br />

Überholmanöver <strong>und</strong> die gefahrene Geschwindigkeit. Darüber hinaus<br />

kommt bei <strong>Anton</strong> jedoch der Konsum weiterer berauschender Mittel hinzu,<br />

die die Fahreigenschaft beeinträchtigt. Bei <strong>Anton</strong> ist daher eine relative<br />

Fahruntüchtigkeit anzunehmen.<br />

<strong>Anton</strong> hatte Vorsatz bezüglich des in Betrieb setzten des KfZ nach dem<br />

Discobesuch. Bezüglich der BAK <strong>und</strong> der Wirkung der Drogen reicht ein<br />

fahrlässiges Handeln aus.<br />

<strong>Anton</strong> hat sich der Trunkenheit im Straßenverkehr gem. 316 StGB strafbar<br />

gemacht.<br />

Zur Sicherung des Strafverfahrens ist hier eine Blutentnahme <strong>zum</strong><br />

Nachweis der BAK sowie der sonstigen berauschenden Mittel im Blut als<br />

Beweis <strong>von</strong> Nöten.<br />

Ihm könnte folglich die FE gem. §69 StGB entzogen werden. Das ist hier<br />

allerdings nicht zu beurteilen.<br />

Da er nicht im Besitz einer solchen ist, kann eine Einschränkung <strong>zum</strong><br />

Erlangen der FE gem. §11 FeV ergehen.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Trunkenheitsfahrt / § 315 c StGB des <strong>Anton</strong><br />

<strong>Anton</strong> könnte sich weiterhin einer Gefährdung des Straßenverkehrs nach<br />

§315c StGB schuldig gemacht haben.<br />

Voraussetzung hierfür ist das Führen eines Fahrzeugs infolge des<br />

Genusses <strong>von</strong> alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden<br />

Mitteln (§315c Abs.1 Nr.1a StGB), was im <strong>Fall</strong> des <strong>Anton</strong>s wie vorher<br />

geprüft gegeben ist. Der Gr<strong>und</strong>tatbestand wird <strong>von</strong> mir als erfüllt<br />

angesehen.<br />

Wie bereits erörtert ist <strong>Anton</strong> nicht in der Lage ein Fahrzeug sicher zu<br />

führen. Weiterhin muss für die Erfüllung des Tatbestands eine konkrete<br />

Gefährdung für Leib oder Leben eines anderen Mensches oder einer<br />

fremden Sache <strong>von</strong> bedeutendem Wert vorliegen.<br />

Eine konkrete Gefährdung liegt dann vor, wenn nur der Zufall den<br />

Schadenseintritt verhindert, wobei Zufall die Unbeherrschbarkeit des<br />

Geschehens darstellt. Der bedeutende Wert einer Sache liegt bei einer<br />

Summe <strong>von</strong> über 1000 Euro vor.<br />

Im vorliegenden <strong>Fall</strong> geht <strong>von</strong> der Fahrweise <strong>Anton</strong>s zwar eine abstrakte<br />

Gefährdung aus, dennoch ist der Fahrer des überholten Fahrzeuges in der<br />

Lage, die Situation zu erkennen. Daher bricht er den Abbiegevorgang ab.<br />

Durch die Fahrweise des <strong>Anton</strong> ist sicherlich eine abstrakte Gefährdung<br />

des überholten Pkw-Fahrers <strong>und</strong> dessen Pkw als Sache <strong>von</strong> bedeutendem<br />

Wert anzunehmen. Durch das Verhalten des überholten Pkw-Fahrers ist<br />

das Nichteintreten einer konkreten Gefährdung bei nachträglicher<br />

objektiven Betrachtung abzulehnen. Der Verkehrsvorgang ist<br />

beherrschbar.<br />

Es liegt also nicht am Zufall, dass hier kein Schaden eingetreten ist, d.h.<br />

eine konkrete Gefährdung durch <strong>Anton</strong> liegt eher nicht vor.<br />

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Weiterhin hat <strong>Anton</strong> durch das gefährliche Überholmanöver in einer<br />

unübersichtlichen Linkskurve mit zu hoher Geschwindigkeit auch die<br />

Regelbeispiele des §315c Abs.1 Nr. 2b <strong>und</strong> Nr. 2d <strong>und</strong> Nr. 2e StGB erfüllt.<br />

Dafür müsste <strong>Anton</strong> grob verkehrswidrig gehandelt haben, d.h. er muss<br />

einen besonders schweren Verstoß, der aus den übrigen Verstößen<br />

herausragt, begangen haben. Dies ist durch das oben näher beschriebene<br />

gefährliche Überholmanöver gegeben.<br />

Weiterhin muss <strong>Anton</strong> diesen Verstoß rücksichtslos begangen haben.<br />

Dafür müsste er sich aus eigensüchtigen Gründen über die ihm bewussten<br />

Pflichten hinweg gesetzt haben. Für solche Gründe liegen im Sachverhalt<br />

keine subjektiven Merkmale vor, sie könnten zwar unterstellt werden, zur<br />

Beurteilung der Rücksichtslosigkeit fehlen allerdings entsprechende<br />

Informationen, wie z.B. schnelleres Vorankommen aus persönlichen<br />

Gründen, Imponiergehabe gegenüber der Mitfahrer, usw.<br />

Die <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> o.g. erfüllten Regelbeispiele aus dem<br />

§ 315 c StGB entsprechen den StVO-Verstößen nach §§ 2, 49 Abs.1 Nr.2<br />

StVO i.V.m. §24 StVG (Rechtsfahrgebot an unübersichtlichen Stellen), §§<br />

3, 49 Abs.1 Nr.3 StVO i.V.m. §24 StVG (Geschwindigkeit) sowie §§ 5, 49<br />

Abs.1 Nr.5 StVO i.V.m. §24 StVG (Überholen).<br />

<strong>Anton</strong> hat sich weder nach §315c Abs.1 Nr.1a StGB noch nach §315c<br />

Abs.1 Nr. 2<br />

StGB strafbar gemacht.<br />

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach §315b StGB liegt<br />

nicht vor, da hier insbesondere Gefährdungen des Straßenverkehrs durch<br />

verkehrsfremde Eingriffe erfasst sind.<br />

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Die Verkehrsunfallflucht durch <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong><br />

Dadurch, dass <strong>Anton</strong> den geparkten PKW rammte kurz anhielt <strong>und</strong> dann<br />

einfach mit <strong>Dragan</strong> weiterfuhr, könnte er sich gem. § 142 I Nr. 2 StGB<br />

strafbar gemacht haben.<br />

Eine feststellungsbereite Person ist nicht vor Ort, da niemand außer <strong>Anton</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> da war.<br />

Fraglich ist, ob ein Unfall stattgef<strong>und</strong>en hat.<br />

Ein Unfall ist ein plötzliches Ereignis im öff. Verkehr, das mit dessen<br />

Gefahren in ursächlichem Zusammenhang steht <strong>und</strong> einen nicht<br />

unerheblichen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.<br />

Öff. VKR liegt vor (siehe oben).<br />

Das Rammen des geparkten PKW ist ein plötzliches Ereignis, das mit den<br />

Gefahren des Straßenverkehrs in ursächlichem Zusammenhang steht, da<br />

es ein unerwartetes Ereignis ist, was die direkte Folge eines<br />

Verkehrsvorganges ist. Die Gefahren des Straßenverkehrs haben sich<br />

quasi in diesem Ereignis verwirklicht.<br />

Auch ist laut SV an dem geparkten PKW ein Sachschaden <strong>von</strong> 500 €<br />

entstanden, was kein unerheblicher Sachschaden ist. Dieser liegt nämlich<br />

schon ab einem Schaden <strong>von</strong> 25 € vor.<br />

Somit liegt ein Unfall vor.<br />

<strong>Anton</strong> war gem. § 142 V StGB Unfallbeteiligter da sein Verhalten (zu<br />

schnelles Fahren in einer Kurve) zur Verursachung des VU beigetragen<br />

hat.<br />

<strong>Anton</strong> hat sich auch vom Unfallort entfernt, da er gewollt den Ort, an dem<br />

sich der VU ereignet hat verlassen hat, indem er mit <strong>Dragan</strong> da<strong>von</strong>fuhr.<br />

Fraglich ist, ob <strong>Anton</strong> seine Wartepflicht verletzt hat.<br />

Unter der Wartepflicht versteht man, dass <strong>Anton</strong> eine angemessene Zeit<br />

hätte warten müssen, bis eine feststellungsbereite Person am Unfallort<br />

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einträfe, <strong>und</strong> Feststellungen über <strong>Anton</strong>s Person, des Fahrzeuges sowie<br />

<strong>Anton</strong>s Art der Beteiligung hätte treffen können.<br />

Diese Wartepflicht umfasst einen längeren Zeitraum, dessen Länge <strong>von</strong><br />

den Umständen abhängig ist. Laut SV hat <strong>Anton</strong> kurz angehalten <strong>und</strong><br />

<strong>Dragan</strong> hat den Schaden begutachtet. Dann sind beide da<strong>von</strong>gefahren.<br />

Dies hat schätzungsweise nicht länger als 1 Minute gedauert. Die<br />

Wartepflicht umfasst aber definitiv einen größeren Zeitraum. <strong>Anton</strong> hätte<br />

mindestens mal 45 min warten müssen. Dies hat er nicht getan.<br />

<strong>Anton</strong> wusste dies <strong>und</strong> wollte es auch. Er handelte somit vorsätzlich.<br />

RFG <strong>und</strong> SAG sind nicht ersichtlich. Er handelte demnach auch rewi <strong>und</strong><br />

schuldhaft.<br />

<strong>Anton</strong> hat sich demnach nach § 142 I Nr. 2 StGB strafbar gemacht.<br />

§ 34 StVO Pflichten nach einem Verkehrsunfall<br />

Gem. § 34 I Nr. 2 StVO hätte <strong>Anton</strong> die Unfallstelle sichern müssen. Dies<br />

hat er nicht getan, was eine OWi gem. §§ 34 I Nr. 2, 49 I Nr. 29 i.V.m. §<br />

24 StVG darstellt. Diese ist tatmehrheitlich mit § 142 StGB begangen<br />

worden.<br />

Gem. § 34 I Nr. 5a StVO besteht für <strong>Anton</strong> eine Vorstellungspflicht<br />

(Angabe über Beteiligung am VU). Dies hat er nicht getan, was eine OWi<br />

gem. §§ 34 I Nr.5a, 49 I Nr. 29 StVO i.V.m. § 24 StVG darstellt.<br />

Diese ist tateinheitlich mit § 142 StGB begangen worden.<br />

Gem. § 34 I Nr. 5b StVO muss <strong>Anton</strong> Angaben über seine Person, sein<br />

Fahrzeug, sowie über seine Haftpflichtversicherung machen. Dies hat er<br />

nicht getan, was eine OWi gem. §§ 34 I Nr.5b, 49 I Nr. 29 StVO i.V.m. §<br />

24 StVG darstellt. Diese ist tateinheitlich mit § 142 StGB begangen<br />

worden.<br />

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Gem. § 34 I Nr. 6b StVO hat <strong>Anton</strong> eine Wartepflicht <strong>und</strong><br />

Namenshinterlassungspflicht, wenn keine feststellungsberechtigte Person<br />

am Unfallort ist. Diesen Pflichten ist er nicht nachgekommen, was eine<br />

OWi gem. §§ 34 I Nr.6b, 49 I Nr. 29 StVO i.V.m. § 24 StVG darstellt.<br />

Diese ist tateinheitlich mit § 142 StGB begangen worden.<br />

Dadurch dass <strong>Dragan</strong> den Schaden begutachtet hat <strong>und</strong> der Meinung war,<br />

dass sie niemand beobachtet hat, was er <strong>Anton</strong> wahrscheinlich auch<br />

gesagt hat, könnte er sich gem. §§ 142 I Nr. 2, 26 StGB strafbar gemacht<br />

haben.<br />

Die vorsätzlich begangene rewi Haupttat liegt vor (§ 142 I Nr. 2 StGB<br />

bezüglich <strong>Anton</strong>).<br />

Durch sein Verhalten <strong>und</strong> seine Meinung, dass sie niemand beobachtet<br />

hätte, hat er den <strong>Anton</strong> dazu gebracht, weiterzufahren<br />

(Anstifterhandlung).<br />

<strong>Dragan</strong> wusste dass <strong>Anton</strong> eine VU-Flucht begeht <strong>und</strong> nahm es <strong>zum</strong>indest<br />

billigend in Kauf. Er handelte bezüglich der rewi Haupttat des <strong>Anton</strong><br />

vorsätzlich.<br />

Auch wusste er, dass er <strong>Anton</strong> mit seinem Verhalten dazu bringt, diese<br />

Tat zu begehen <strong>und</strong> er nahm es <strong>zum</strong>indest billigend in Kauf. Er handelt<br />

bezüglich seiner Anstifterhandlung vorsätzlich.<br />

RFG <strong>und</strong> SAG sind nicht ersichtlich. Er handelte somit rewi <strong>und</strong> schuldhaft.<br />

<strong>Dragan</strong> hat sich demnach der Anstiftung zu einer VU-Flucht gem. §§ 142 I<br />

Nr. 2, 26 StGB strafbar gemacht.<br />

Eine Teilnahme zu den OWi´s <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> wird nicht geprüft.<br />

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Die Fahrt des <strong>Dragan</strong> nach dem Verkehrsunfall<br />

Beurteilung der FE <strong>von</strong> <strong>Dragan</strong><br />

Gem. § 2 I StVG wird <strong>zum</strong> Führen eines Kfz auf öff. Straßen eine FE<br />

benötigt, welche durch eine amtliche Bescheinigung nachzuweisen ist<br />

(FS).<br />

<strong>Dragan</strong> hat den Polo als Kfz im öff. VKR geführt (siehe oben).<br />

Gem. § 2 XI Satz 1 StVG genügen der FE-Pflicht auch Fahrzeugführer mit<br />

einer ausländischen FE, die unter bestimmten Voraussetzungen auch <strong>zum</strong><br />

Führen <strong>von</strong> Kfz im B<strong>und</strong>esgebiet berechtigt.<br />

Dies wird durch die auf Gr<strong>und</strong> <strong>von</strong> § 6 I StVG i.V.m. Art. 80 II GG<br />

(Zitiergebot) erlassene FeV <strong>und</strong> IntVO konkretisiert, die dadurch<br />

Gesetzescharakter erlangen.<br />

Da <strong>Dragan</strong> rumänischer Staatsangehöriger ist, <strong>und</strong> Rumänien weder zur<br />

EU gehört <strong>und</strong> auch kein EWR-Staat ist, bleibt sein FE gem. § 4 I Satz 3<br />

IntVO noch 6 Monate bestehen, falls ein fester Wohnsitz gem. § 7 FeV im<br />

Inland gegründet wurde.<br />

Aus dem SV geht hervor, dass <strong>Dragan</strong> seit dem 24.09.2001 in Grünberg<br />

wohnt <strong>und</strong> somit seit diesem Datum dort seinen festen Wohnsitz hat.<br />

Demnach hätte seine FE noch bis <strong>zum</strong> 24.03.2002 Bestand gehabt.<br />

Rumänien gehört aber nunmehr der EU an. Demnach findet § 28 FeV<br />

Anwendung. Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren<br />

ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland haben, im Umfang ihrer Berechtigung<br />

Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen<br />

Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten.<br />

Da nichts Gegenteiliges vorliegt, ist die FE <strong>von</strong> <strong>Dragan</strong> gültig.<br />

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Beurteilung der Straftaten <strong>und</strong> Ordnungswidrigkeiten:<br />

Dadurch, dass <strong>Dragan</strong> mit 1,2 Promille gefahren ist, könnte er sich gem. §<br />

316 I StGB strafbar gemacht haben. Auf die Prüfung der gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

objektiven Merkmale wird auf das bereits geprüfte verwiesen.<br />

Auch hat <strong>Dragan</strong> Alkohol getrunken.<br />

Fraglich ist, ob er deswegen auch fahrunsicher war. Dies ist dann der <strong>Fall</strong>,<br />

wenn er nicht mehr in der Lage war, den Anforderungen im<br />

Straßenverkehr an einen Fahrzeugführer gerecht zu werden.<br />

<strong>Dragan</strong> hat ebenfalls 4 Bier, <strong>und</strong> damit Alkohol getrunken. Die Wirkung<br />

des Alkohols wurd ebereits bei <strong>Anton</strong> behandelt, daher wird auf die<br />

allgemeinde Wiedergabe verzichtet.<br />

Die Rechtsprechung nimmt für eine absolute FU einen Wert <strong>von</strong> 1,1<br />

Promille an, bei dem ein Fahrzeugführer auf keinen <strong>Fall</strong> mehr in der Lage<br />

ist, ein Fzg. sicher zu führen <strong>und</strong> weitere Beweisanzeichen nicht mehr<br />

vorliegen müssen. Dieser Wert liegt eigentlich bei 1,0 Promille, es wurde<br />

jedoch ein Sicherheitszuschlag <strong>von</strong> 0,1 Promille addiert um<br />

Messungenauigkeiten auszugleichen. Ab einem solchen Wert ist es egal,<br />

ob ein Fahrzeugführer Ausfallerscheinungen hat oder nicht.<br />

Laut SV hat <strong>Dragan</strong> eine BAK <strong>von</strong> 1,2 Promille, so dass eine absolute FU<br />

gegeben ist.<br />

Er hat sich demnach nach § 316 I 1. StGB bzw. nach § 316 II StGB<br />

strafbar gemacht.<br />

Damit liegt auch § 24a I StVG vor, da er mehr als 0,5 pro mille Alkohol im<br />

Blut hatte. Die Owi tritt alerdings hinter dem Vergehenstatbestand sub.<br />

Zurück.<br />

Dadurch, dass <strong>Dragan</strong> 2 Speedtabletten eingenommen hat <strong>und</strong> gefahren<br />

ist, könnte er sich noch gem. § 316 I 2. Alt. StGB strafbar gemacht<br />

haben.<br />

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Speed ist als Amphetamin ein berauschendes Mittel (Droge).<br />

Bei Amphetamin wird objektiv die Konzentrations- <strong>und</strong><br />

Wahrnehmungsfähigkeit herabgesetzt, so dass auf jeden <strong>Fall</strong> eine relative<br />

FU angenommen werden kann, da es für eine absolute FU keine<br />

wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierten Werte gibt. Es müssen demzufolge noch<br />

Ausfallerscheinungen (Fahrfehler) hinzukommen, die auf dem Konsum der<br />

Droge beruhen (Kausalität).<br />

Im SV werden zwar viele solcher Fahrfehler erwähnt (Missachtung<br />

Anhaltezeichen, überhöhte Geschwindigkeit, Überfahren <strong>von</strong> Rotlichtern,<br />

etc.), jedoch ist dafür meiner Meinung nach nicht der Drogenkonsum,<br />

sondern vielmehr die Flucht vor der Polizei ursächlich. Es ist auch nicht<br />

genau erwiesen, welche Folgen das Zusammenwirken <strong>von</strong> Speed <strong>und</strong><br />

Alkohol hat. Es kann dahinstehen, ob ein ursächlicher Zusammenhang<br />

zwischen verkehrswidrigem Verhalten <strong>und</strong> der relativen Fahruntüchtigkeit<br />

<strong>und</strong> somit die Verwirklichung des § 316 StGB verneint werden kann, wenn<br />

der Fahrzeugführer aus verkehrsfremden Gründen, etwa wegen zuvor<br />

begangener Straftaten vor der Polizei flieht. Denn dann, wenn der<br />

Kraftfahrer gerade wegen seiner Alkoholisierung vor der Polizei flieht,<br />

gelten insoweit andere Maßstäbe. Hier ist jedenfalls, nach neuerer<br />

Rechtsprechung zu prüfen, ob sich der Kraftfahrzeugführer infolge<br />

alkoholbedingter Enthemmung zur Flucht <strong>und</strong> damit zu den<br />

Verkehrsverstößen hat hinreißen lassen. Da <strong>Dragan</strong> mehr als 1, 1 Promille<br />

BAK hat ist hier eine weitere Erörterung entbehrlich.<br />

Demnach hat sich <strong>Dragan</strong> nicht nach § 316 I 2. Alt. StGB strafbar<br />

gemacht.<br />

Da er jedoch unter Drogeneinfluss gefahren ist, ist <strong>zum</strong>indest § 24a II<br />

StVG erfüllt, da Amphetamin ein berauschendes Mittel gem. der Anlage zu<br />

§ 24a StVG ist.<br />

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Ordnungswidrigkeiten<br />

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Gem. § 17 I StVO müssen bei Dunkelheit die vorgeschriebenen<br />

Beleuchtungseinrichtungen benutzt werden. Dadurch, dass <strong>Dragan</strong> die<br />

Lichter in der Nacht ausschaltete, hat er eine OWi gem. §§ 17 I, 49 I Nr.<br />

17 StVO i.V.m. § 24 StVG begangen.<br />

Gem. § 3 III Nr. 1 StVO beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit<br />

innerhalb geschlossener Ortschaften 50 km/h. Da <strong>Dragan</strong> in Grünberg<br />

diese überschritt, hat er eine OWi gem. §§ 3 III Nr. 1, 49 I Nr. 3 StVO<br />

i.V.m. § 24 StVG begangen.<br />

Gem. § 37 II Nr. 1 StVO muss bei rotem Licht einer LZA an einer<br />

Kreuzung angehalten werden. Da <strong>Dragan</strong> mehrer rote Lichter an LZA`s<br />

überfahren hat, hat er für jede überfahrene LZA eine OWi gem. §§ 37 II<br />

Nr.1, 49 III Nr. 2 StVO i.V.m. § 24 StVG begangen.<br />

Anhalten <strong>von</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>und</strong> <strong>Anton</strong> durch die Polizei:<br />

Da <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> eine VU-Flucht begangen haben, <strong>und</strong> diese eine<br />

Straftat ist, kommt als EGL für das Anhalten § 163 StPO in betracht.<br />

Demnach haben die Polizeibeamten alle erforderlichen <strong>und</strong><br />

unaufschiebbaren Maßnahmen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache<br />

zu verhindern.<br />

Hier wurden <strong>Dragan</strong> <strong>und</strong> <strong>Anton</strong> angehalten, da sie einer VU-Flucht<br />

verdächtigt wurden. Hätte man sie nicht angehalten, dann hätte man wohl<br />

nie ermitteln können, wer den VU verursacht hat <strong>und</strong> der Geschädigte<br />

hätte keinen Schadensersatzpflichtigen.<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

Das Anhalten diente somit der IDF gem. § 163b I StPO <strong>und</strong> der<br />

Blutentnahmen bei <strong>Dragan</strong> <strong>und</strong> <strong>Anton</strong> (§ 81a StPO) <strong>und</strong> war demnach <strong>von</strong><br />

§ 163 StPO gedeckt.<br />

Weiter wäre zu beachten, dass das Anhaltezeichen klar, eindeutig <strong>und</strong><br />

unmissverständlich gegeben werden muss, da es sich hierbei um einen VA<br />

handelt. Dies geschah hier durch die dafür vorgesehene beleuchtete<br />

Anhaltekelle.<br />

Sonder <strong>und</strong> Wegerechte<br />

Da bei der Verfolgungsfahrt <strong>von</strong> beiden Fahrzeugen die zulässigen<br />

Höchstgeschwindigkeiten sowie das Rotlicht mehrerer Lichtzeichenanlagen<br />

nicht beachtet wurden, liegen hier Owis gem. §§ 1 (2), 3 (3) Nr.1, Nr. 2c,<br />

37 (1) Nr.1, 49 (1) Nr.1, Nr.3, (3) Nr.2 StVO i.V.m. § 24 StVG vor.<br />

Allerdings könnte die Begehung der Owis seitens der Beamten durch die<br />

Inanspruchnahme <strong>von</strong> Sonderrechten gem. § 35 StVO gerechtfertigt sein.<br />

Die Polizei ist Adressat des § 35 StVO. Sie darf sich über die<br />

Verhaltensvorschriften der StVO hinwegsetzen, wenn dies zur Erfüllung<br />

hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.<br />

Die Verfolgung <strong>von</strong> Straftaten <strong>und</strong> Owis zählt zur Definition <strong>von</strong><br />

hoheitlichen Aufgaben. Vorliegend geht es bei der Verfolgungsfahrt um<br />

diese hoheitliche Aufgabe (§ 142 StGB).<br />

Dies ist auch dringend geboten, da ohne sofortige Feststellung des<br />

Fahrzeugsführers nicht festgestellt werden kann, wer den Unfall<br />

verursacht hat <strong>und</strong> somit die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten<br />

nicht geschützt werden können <strong>und</strong> in erster Linie auch der<br />

Strafverfolgungsanspruch des Staates außer Kraft gesetzt wäre.<br />

Über die am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ist zwar eine<br />

Halterfeststellung (in diesem <strong>Fall</strong>, durch die vom Schrottplatz geholten<br />

Kennzeichen, nicht) möglich aber der eigentliche Fahrzeugführer ist<br />

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<strong>Musterlösung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Fall</strong> <strong>von</strong> <strong>Anton</strong> <strong>und</strong> <strong>Dragan</strong> <strong>©</strong> <strong>HPK</strong> VFH-Hessen SS 10<br />

entweder gar nicht oder nur schwer zu ermitteln (z.B. wenn das Fahrzeug<br />

gestohlen ist).<br />

Zu beachten ist aber § 35 (8) StVO welcher durch die Voraussetzung „<br />

unter gebührender Berücksichtigung der ö S u. O“ ein Warnpflicht, eine<br />

Überprüfungspflicht sowie die Beachtung der Verhältnismäßigkeit verlangt.<br />

Ihrer Warnpflicht sind die Beamten durch das Einschalten <strong>von</strong> Blaulicht<br />

<strong>und</strong> Martinshorn nachgekommen. Die vor allem an den Kreuzungen nötige<br />

Überprüfungspflicht zur Vermeidung <strong>von</strong> Unfällen unterstelle ich den<br />

Beamten.<br />

Aus dem SV geht auch nichts über eine Gefährdung anderer<br />

Verkehrsteilnehmer hervor. Die Verhältnismäßigkeit ist hier auch gegeben<br />

da kein krasses Missverhältnis zwischen den begangenen Owis der<br />

Beamten <strong>und</strong> dem Strafverfolgungsanspruch des Staates (Verfolgung des<br />

§ 142 StGB) besteht.<br />

Somit sind die o.a. Verstöße über § 35 StVO gerechtfertigt.<br />

§ 35 StVO ist ein personenbezogenes Recht, sodass es nicht <strong>von</strong><br />

eingeschaltetem Blaulicht oder Martinshorn abhängig ist.<br />

Durch die Verwendung <strong>von</strong> Blaulicht <strong>und</strong> Martinshorn nehmen die<br />

Beamten aber das Wegerecht gem. § 38 StVO in Anspruch. Dies gebietet<br />

anderen Verkehrsteilnehmern Platz zu schaffen, sodass sie dafür event.<br />

Owis begehen müssen.<br />

Voraussetzung hierfür ist, das höchste Eile zur Abwehr für Gefahren für<br />

die ö S o. O geboten ist. Dies ist hier der <strong>Fall</strong>, da hier schon eine<br />

<strong>Fall</strong>gruppe der ö S, Verstoß gegen die Rechtsordnung (§ 142 StGB),<br />

gegeben ist <strong>und</strong> durch die Missachtung des Anhaltezeichen sowie die<br />

anschließende Fahrweise der Verdacht der Gefahr zur Begehung weiterer<br />

Straftaten <strong>und</strong> Verursachung weiterer Unfälle besteht.<br />

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