Aureola und der hl. Apollinaris: Ein privater Bildersturm - Hans Jurt
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<strong>Aureola</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>hl</strong>. <strong>Apollinaris</strong>: <strong>Ein</strong> <strong>privater</strong> Bil<strong>der</strong>sturm<br />
Laien nur zur Messe, um diesem Moment beizuwohnen <strong>und</strong> verliessen die Kirche<br />
gleich danach. <strong>Ein</strong>e ähnlich zentrale Rolle wie die Hostienverehrung kam <strong>der</strong> Verehrung<br />
des Kruzifixes zu. Das Kreuz, vielfach mit <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> trauernden Maria<br />
<strong>und</strong> Johannes auf <strong>der</strong> Seite, hatte einen zentralen Platz in <strong>der</strong> Kirche. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
wurde die Elevation durchgeführt. Das Kreuzzeichen wurde durch die ausgestreckten<br />
Arme des Priesters <strong>und</strong> durch das Kreuzgeschmückte Messgewand verstärkt.<br />
Dem Kreuz kam auch im Totenkult eine starke Bedeutung zu. Bei <strong>der</strong> Verleihung des<br />
Sterbesakraments wurde dem Sterbenden ein Kreuz<br />
hingehalten, gleichsam in einem magischen Beschwörungsritual.<br />
<strong>Ein</strong>e an<strong>der</strong>e magisch-religiöse Praktik <strong>der</strong><br />
Schaufrömmigkeit kam in <strong>der</strong> Christopherusverehrung<br />
zum Ausdruck. <strong>Ein</strong> Blick auf dessen Bild sicherte dem<br />
Schauenden Schutz vor einem plötzlichen Tode o<strong>der</strong><br />
garantierte einen Tod versehen mit den Sterbesakramenten.<br />
56 Die Christopherus-Bil<strong>der</strong> wurden wo<strong>hl</strong> gerade<br />
deshalb an den Kirchenfassaden angebracht, damit<br />
je<strong>der</strong>mann täglich die Möglichkeit hatte, nur schon<br />
beim Vorbeigehen sich eines christlichen Todes zu<br />
versichern. In Luzern beispielsweise ist bis heute die<br />
älteste Kirche, die St. Peterskapelle, mit einem Christopherusbild<br />
geschmückt. Bei <strong>der</strong> Franziskanerkirche<br />
ist ein Fragment einer Christopherusdarstellung an<br />
<strong>der</strong> Fassade freigelegt worden.<br />
Die Heiligenverehrung, im Sinne eines Bildkultes,<br />
war weniger in den sakramentalen Gebrauch eingebettet. Bil<strong>der</strong> gehören laut Scribner<br />
in einen Schattenbereich zwischen offiziell approbierter Frömmigkeit <strong>und</strong> inoffizieller,<br />
volksfrommer Praxis. 57 Verehrung von Heiligen sei immer mit einer bildlichen Darstellung<br />
des Heiligen verb<strong>und</strong>en gewesen, da Beten im Allgemeinen als eine bildhafte, ja<br />
sinnliche Handlung aufgefasst worden sei. 58 Abb. 10: Marienverehrung.<br />
<strong>Hans</strong> Holbein d. J.<br />
Die Kritik am Bildkult war somit auch eine<br />
Kritik an <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Sinnlichkeit. <strong>Ein</strong>e Kritik an <strong>der</strong> überbordenden Bil<strong>der</strong>verehrung<br />
ist nicht erst von den Reformatoren formuliert worden, son<strong>der</strong>n kam bereits vorher aus<br />
56 Lentes 2002, S. 209.<br />
57 Scribner 1990, S. 17.<br />
58 Ebd. S. 15.<br />
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