10.01.2013 Aufrufe

12. symposium brückenbau - zeitschrift-brueckenbau Construction ...

12. symposium brückenbau - zeitschrift-brueckenbau Construction ...

12. symposium brückenbau - zeitschrift-brueckenbau Construction ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ausgabe 1/2 . 2012<br />

<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau in Leipzig<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X<br />

1


B r ü c k e n


Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />

Zum (zwölften) Symposium in Leipzig<br />

Kriterien zur Berücksichtigung<br />

von Michael Wiederspahn<br />

Wann und wo sich jemand fortzubilden<br />

versucht und welche Form der Wissensaneignung<br />

oder eben -reicherung er<br />

letztlich bevorzugt, hängt natürlich<br />

von seinen Präferenzen ab, beruht<br />

unter anderem auf manchen durchaus<br />

persönlich eingefärbten Vorlieben für<br />

ganz bestimmte Örtlichkeiten oder<br />

Medien und unterliegt dementsprechend<br />

auch nur höchst selten einem größeren<br />

Wandel. Da die Interessensgebiete eines<br />

Menschen überdies nicht stündlich<br />

wechseln, sie sich in aller Regel ja eher<br />

sukzessive verschieben oder verbreitern,<br />

anstatt urplötzlich umzuschlagen, lässt<br />

sich sein Informationsbedarf trotz einiger<br />

individueller Abweichungen im Grunde<br />

nicht als sprunghaft oder besonders stark<br />

schwankend charakterisieren, vermag<br />

er ihn infolgedessen oft recht genau<br />

abzuschätzen oder bisweilen wenigstens<br />

ein bisschen einzugrenzen.<br />

Überraschungen bleiben ihm dennoch<br />

kaum erspart: Ohne irgendwann oder<br />

irgendwo eine Visitenkarte gezückt<br />

oder gar die Bitte um Benachrichtigung<br />

geäußert zu haben, beginnen Briefkästen<br />

und Mailbox mitunter überzuquellen,<br />

wächst das Spektrum der Einladungen<br />

offenkundig von Woche zu Woche, hat<br />

er nun fast täglich die Möglichkeit, einen<br />

Event mitzuerleben, einem Verband<br />

beizutreten oder aber eine der vielen<br />

neuen bzw. runderneuerten Publikationen<br />

zu erwerben, die ihm als Probeexemplare<br />

immer häufiger ins Haus<br />

flattern. Die Spreu vom Weizen zu<br />

trennen, fällt hier nicht gerade<br />

einfach.<br />

E D I TO R I A L<br />

Empfiehlt es sich zum Beispiel, an einer<br />

der zahllosen Veranstaltungen teilzunehmen,<br />

die seit zwei, drei Jahren wie<br />

Pilze aus dem Boden schießen und deren<br />

Programme einem stets die Vermittlung<br />

vermeintlich endgültiger Wahr- oder<br />

Weisheiten verheißen? Oder sollte er<br />

nicht besser an die Mitgliedschaft in<br />

einem Verein denken, sie früher oder<br />

später doch ansteuern, um auf quasi<br />

kostenneutralem Weg zusätzlich mit<br />

einem mehr oder minder schmalen,<br />

gleichwohl überwiegend periodisch<br />

erscheinenden Heft und diversen<br />

Vergünstigungen versorgt zu werden?<br />

Und was ist mit der dritten Alternative?<br />

Drängt sich das Abonnement einer<br />

Fach<strong>zeitschrift</strong> nicht unweigerlich auf,<br />

wenn einen das Internet primär mit<br />

Kurz- und Testversionen, Randnotizen<br />

und Gemeinplätzen beliefert, einem der<br />

Sinn hingegen nach aktuellen, fundierten<br />

und zudem umfassenden Abhandlungen<br />

und Angaben steht?<br />

Wie kann er sich also entscheiden?<br />

Muss er dazu sämtliche Zusendungen<br />

sichten und studieren, sich etwa der<br />

sogenannten Vernetzung unterwerfen<br />

und sich in die Reihe jener eingliedern,<br />

die beinahe minütlich ihren weltweiten<br />

Social-Network-Account auf- oder<br />

abrufen?<br />

Nein, in den meisten Fällen genügt<br />

neben den eigenen Erfahrungen und<br />

Überzeugungen als unabdingbarer<br />

Orientierungshilfe bereits ein schneller<br />

Blick auf oder in den Ablaufplan, die<br />

Statuten oder das Inhaltsverzeichnis,<br />

damit erkennbar wird, wer einem Qualität<br />

anbietet: Solche »Produkte« benötigen<br />

keine Generalüberholung, legitimieren<br />

sich durch Tradition wie Dauerhaftigkeit<br />

und werden schließlich nicht als<br />

alleinseligmachende Perspektive<br />

angepriesen – wie das inzwischen<br />

zwölfte »Symposium Brückenbau«<br />

in Leipzig und alle Ausgaben des<br />

BRÜCKENBAU mit Nachdruck<br />

beweisen.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

3


Wohnungsbau<br />

heute – morgen – übermorgen<br />

ist der Leitfaden und Gedanke.<br />

Erstes großes Symposium zum Thema »Wohnungsbau«<br />

der<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />

mit<br />

MixedMedia Konzepts<br />

in<br />

Frankfurt am Main<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 |<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de


Editorial<br />

3 Kriterien zur Berücksichtigung<br />

Michael Wiederspahn<br />

<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau in Leipzig<br />

6 Lali-Brücke und Ausbau des Sadr Expressway<br />

Holger Haug, Kornelius Krieger, Peter Walser<br />

14 Verbreiterung der Autobahn A 7 in Hamburg<br />

Karl-Heinz Reintjes<br />

20 Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke<br />

Karl-Heinz Reintjes, Gregor Gebert<br />

24 Neue Kattwykbrücke in Hamburg<br />

Rico Stockmann, Helmut Schmitt<br />

30 Neubau der Rethebrücke in Hamburg<br />

Martin Tenkleve, Henning Schrewe<br />

36 Straßenbrücken aus Holz in Bayern<br />

Karl Goj<br />

40 Planung und Errichtung der Sinntalbrücke<br />

Günther Kleiner, Edwin Seemann<br />

44 Herstellung der neuen Sinntalbrücke<br />

Erhard Garske<br />

50 Das Leitkonzept »Brücke«<br />

Michael Kleiser<br />

54 Neuer Hauptbahnhof in Wien<br />

Judith Engel<br />

59 Neue Beska-Brücke in Serbien<br />

Franz Bergmair<br />

66 Brücke zwischen Luxemburg und Deutschland<br />

Gilles Didier, Andrea De Cillia<br />

70 Solarer Lärmschutz am Berliner Ring<br />

Karl Kleinhanß<br />

73 Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd<br />

Michael Fuchs<br />

80 Überflieger am Autobahnkreuz Neufahrn<br />

Peter Radl<br />

86 Querverschub der Mainbrücke Randersacker<br />

Sven Kimmeskamp<br />

90 Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der Autobahn A 7<br />

Jan Lingemann, Stephan Sonnabend<br />

98 Forschungsverbund »Digitale Baustelle«<br />

Dieter Stumpf<br />

102 Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern<br />

Hermann Weiher, Simon Hoffmann<br />

110 Produkte und Projekte<br />

112 Software und IT<br />

114 Nachrichten und Termine<br />

117 Branchenkompass<br />

119 Impressum<br />

I N H A LT<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

5


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Planung und Ausführung von zwei Bauwerken im Iran<br />

Lali-Brücke und Ausbau des Sadr Expressway<br />

6 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

von Holger Haug, Kornelius Krieger, Peter Walser<br />

Vorgestellt werden in diesem<br />

Beitrag zwei aktuelle Brücken-<br />

bauprojekte im Iran, an denen<br />

Leonhardt, Andrä und Partner<br />

beteiligt war bzw. ist. Bei der Lali-<br />

Brücke handelt es sich um eine<br />

456 m lange Schrägkabelbrücke,<br />

die über einem Wasserreservoir<br />

in einem tief eingeschnittenen<br />

Tal errichtet und bereits 2011<br />

dem Verkehr übergeben wurde.<br />

Erst seit einigen Monaten wird am<br />

Ausbau des Sadr Expressway in<br />

Teheran gearbeitet. Geplant ist,<br />

eine der meistbefahrenen Straßen<br />

der Stadt auf einer Länge von<br />

ca. 5,50 km auf zehn Spuren<br />

auszubauen. Die vorgesehene<br />

Bauzeit hierfür soll nur 18 Monate<br />

betragen.<br />

1 Lali-Brücke<br />

1.1 Projekt und Lage<br />

Im Südwesten der Islamischen Republik<br />

Iran nahe der Stadt Ahwaz wird der<br />

größte Fluss des Landes, der Karoon,<br />

mittels eines 180 m hohen Damms<br />

aufgestaut, um elektrische Energie zu<br />

gewinnen. Das Tal des Karoon ist hier tief<br />

eingeschnitten mit steilen Flanken. Durch<br />

die Aufstauung wird die Umlegung von<br />

kleineren Rohrleitungen aus der Öl- und<br />

Gasgewinnung sowie einer regionalen<br />

zweispurigen Straße, welche die Städte<br />

Massad und Lali verbindet, notwendig.<br />

Die gesamte Baumaßnahme liegt in<br />

einem Gebiet hoher seismischer<br />

Aktivität.<br />

Für die Realisierung der Brücke wurden<br />

landesweit Baufirmen zur Abgabe<br />

detaillierter Entwürfe mitsamt einer<br />

Vorberechnung eingeladen, die dann<br />

unter Mithilfe international ausgerichteter<br />

Ingenieurbüros bewertet<br />

werden sollten. Die Bemessung der<br />

Brücke hatte nach international anerkannten<br />

Normen zu erfolgen, wobei<br />

zwischen der US-amerikanischen<br />

AASTHO LFRD bzw. den Euronormen<br />

EN 199x frei gewählt werden konnte.<br />

Leonhardt, Andrä und Partner (LAP)<br />

wurde durch Hexa Consulting Engineers<br />

(Hexa) eingeladen, bei der Beurteilung<br />

der eingereichten Entwürfe, bei der<br />

statisch-konstruktiven Prüfung des<br />

Siegerentwurfs sowie bei der Bauüberwachung<br />

samt baubegleitenden<br />

Berechnungen als Nachunternehmer<br />

mitzuwirken.<br />

1.2 Wettbewerbsphase<br />

Die Bewertung der eingereichten Entwürfe<br />

geschah in zwei Phasen: In der<br />

ersten im Frühjahr 2007 war es den<br />

Baufirmen freigestellt, mit welchem<br />

Brückentyp sie die Aufgabe lösen wollten.<br />

Insgesamt wurden hierzu sieben Entwürfe<br />

eingereicht, wobei alle mit zwei<br />

Pfeilern im Bereich des Tales aufwarteten.<br />

Es wurden vier Balkenbrücken und drei<br />

Schrägseilbrücken konzipiert, mit Überbauten<br />

als Betonhohlkästen oder als<br />

offene Verbundträger.<br />

Die Beurteilung in der ersten Phase<br />

geschah zweigeteilt: Hexa prüfte, ob die<br />

Entwürfe den iranischen Fachnormen<br />

entsprachen und die Kostenschätzungen<br />

für die gegebene Situation realistisch<br />

waren. LAP beurteilte die technische<br />

Qualität im Einklang mit international<br />

anerkannten Regeln und die Auskömmlichkeit<br />

der angegebenen Massen.<br />

Zudem war LAP dafür verantwortlich,<br />

die vorgeschlagenen Gründungsvarianten<br />

zu untersuchen, wozu das<br />

Büro Smoltczyk & Partner eingeschaltet<br />

wurde. Mit einer Bewertungsmatrix<br />

wurde die Vergleichbarkeit der Entwürfe<br />

1 Längsansicht der Lali-Brücke<br />

© Boland Payhe Engineering<br />

sichergestellt und ein Vergabevorschlag<br />

für eine der Balkenlösungen erarbeitet.<br />

Der Bauherr entschied sich später, die<br />

Maßnahme nochmals auszuschreiben<br />

und dabei nur noch Entwürfe mit seilverspannten<br />

Überbauten zuzulassen.<br />

Die Bewertung der Entwürfe aus der<br />

zweiten Phase erfolgte ausschließlich<br />

durch Hexa, der Vergabevorschlag wurde<br />

für den preisgünstigsten Entwurf an die<br />

Firma Boland Payeh Co. erteilt.<br />

1.3 Entwurf<br />

Der zur Ausführung gewählte Entwurf<br />

sieht eine dreifeldrige Schrägseilbrücke<br />

mit einer Hauptspannweite von 256 m<br />

und Seitenfeldern von jeweils 100 m vor.<br />

Die Pylone stehen in den sehr steilen<br />

Talflanken bei vollem Reservoir bis maximal<br />

ca. 68 m im Wasser. Der Überbau ist<br />

monolithisch mit den Pylonen verbunden<br />

und an den Widerlagern längsverschieblich<br />

gelagert. Elastische Endanschläge<br />

begrenzen die Längsbewegungen im<br />

Erdbebenfall. Die Anordnung der Schrägseile<br />

geschieht als halber Fächer, wobei<br />

der horizontale Abstand der Seilverankerungen<br />

am Überbau 12 m beträgt. Es<br />

kommen Litzenseile mit bis zu 29 Litzen<br />

mit einer Fläche von je 150 mm 2 und<br />

einer Bruchfestigkeit von 1.860 MPa<br />

zum Einsatz. Zur Minimierung der Biegespannungen<br />

in den Litzen sind an den<br />

Seilendpunkten Gummilagerungen<br />

vorgesehen. Die Seile wurden vom chinesischen<br />

Anbieter OVM geliefert und vom<br />

französischen Anbieter Freyssinet<br />

eingebaut.


2 Überbauquerschnitt<br />

© Boland Payhe Engineering<br />

Der insgesamt 19,50 m breite offene<br />

Verbundüberbau nimmt drei Fahrspuren<br />

mit je 3,50 m Breite und beidseitige<br />

Gehwege von 1,40 m Breite auf.<br />

Die Rohrleitungen für Gas und Rohöl<br />

sind jeweils außen auf den 2,60 m langen<br />

Kragarmen angeordnet. Für die Zukunft<br />

ist ebenfalls geplant, die Rohrleitungen<br />

entfallen zu lassen und den Fußgängerverkehr<br />

auf die Kragarme zu verlegen.<br />

Dies bietet die Möglichkeit, insgesamt vier<br />

Fahrspuren auf der Brücke anzuordnen;<br />

sie werden aus Sicherheitsgründen<br />

beleuchtet sein. Der Überbau ist mit einem<br />

Stahl analog einem S355J2+N ausgeführt<br />

worden, wobei sämtliche Baustellenstöße<br />

mit vorgespannten Schrauben der Güte<br />

10.9 verschraubt sind. Die Fahrbahn<br />

besteht aus vorgefertigten Stahlbetonplatten<br />

mit Ortbetonfugenverguss. Zur<br />

Schubsicherung sind nicht die bei uns<br />

üblichen Kopfbolzendübel vorgesehen,<br />

sondern aufgeschweißte, ca. 30 cm<br />

lange C-Profile, bei denen sich die<br />

Betondruckstreben gegen die vergleichsweise<br />

langen Kehlnähte und die Kante<br />

des angeschweißten Flansches des<br />

C-Profils abstützen. Entsprechende<br />

Bemessungsregeln für diese Art der<br />

Schubsicherung sind in der US-amerikanischen<br />

Bemessungsnorm für den<br />

Brückenbau AASHTO enthalten.<br />

Der Überbau ist recht schmal im Vergleich<br />

zu seiner Spannweite und der Querschnitt<br />

zudem aerodynamisch nicht besonders<br />

günstig. Zur Abklärung einer ausreichenden<br />

aerodynamischen Stabilität bzw.<br />

der Vermeidung übermäßig großer<br />

wirbelerregter Schwingungen beauftragte<br />

die Baufirma das Büro Wacker<br />

Ingenieure mit Windkanaluntersuchungen:<br />

In einem Bericht wurden die der<br />

Bemessung zugrunde zu legenden<br />

Windlasten zusammengestellt, eine<br />

ausreichende aerodynamische Stabilität<br />

konnte experimentell nachgewiesen<br />

werden.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Die 147 m hohen Pylone sind jeweils auf<br />

zwei Caissons mit einem Durchmesser<br />

von 10 m und einer Höhe von 20 m gegründet,<br />

deren Wandstärke 1 m beträgt.<br />

Die Bodenplatte ist 3 m dick, und die<br />

Caissons sind über eine 5 m dicke Fundamentplatte<br />

miteinander verbunden. Zur<br />

Verringerung des späteren Auftriebes<br />

im gefluteten Zustand wurden die<br />

Wände mit Öffnungen versehen und die<br />

Hohlräume mit wasserdurchlässigem<br />

Aushubmaterial verfüllt.<br />

Die unteren Pylonbeine werden im<br />

gefluteten Zustand ca. 68 m im Wasser<br />

stehen. Zur Vermeidung eines zu hohen<br />

Auftriebes infolge der hohlen Beine<br />

und auch zu großer Außendrücke auf die<br />

Pylonwände wurden ebenfalls Öffnungen<br />

in den Wänden angeordnet. Die Wasserfüllung<br />

ist für den Erdbebenfall als<br />

Zusatzmasse berücksichtigt. Auf Höhe<br />

des Überbaus gehen die vertikalen Beine<br />

in einen massiven Riegel über, der wegen<br />

der großen Querbiegemomente im Fall<br />

von Querwind bzw. quer gerichtetem<br />

Erdbeben stark vorgespannt ist. Oberhalb<br />

des Überbaus bilden die Pylonbeine ein<br />

A. Die Schrägseile sind in Stahltraversen<br />

verankert, welche wiederum an einen<br />

rechteckigen Stahlkasten verankert sind.<br />

Dieser Stahlkasten liegt mit dem umgebenden<br />

Beton des Pylonkopfes im<br />

Verbund und leitet so die aus den Seilen<br />

aufzunehmenden Vertikalkräfte in die<br />

Pylonbeine.<br />

Seitens des Ausführungsplaners wurden<br />

sämtliche Berichte und Berechnungen in<br />

Farsi, der iranischen Amtssprache, erstellt.<br />

Die Unterlagen wurden von Hexa in<br />

Auszügen ins Englische übersetzt und<br />

standen dann LAP für die Prüfung zur<br />

Verfügung, während alle Ausführungspläne<br />

in Englisch vorlagen. Für die<br />

Bemessung wurde die US-amerikanische<br />

Brückennorm AASHTO gewählt: Basierend<br />

auf ihr, hat LAP anhand der Pläne die<br />

Schnittgrößen unabhängig ermittelt und<br />

die Bemessung überprüft. Die seismischen<br />

Ersatzlasten auf die wassergefüllten<br />

und auch von Wasser umgebenen<br />

Pylone wurden nach EC 1998-2 Anhang F<br />

errechnet. Die Bemessung erfolgte<br />

auf der Annahme einer beschränkten<br />

Duktilität, da eine Reparatur geschädigter<br />

Bereiche lediglich nach der aufwendigen<br />

Entleerung des Wasserreservoirs durchgeführt<br />

werden könnte.<br />

Die Schichtung aus den mächtigen<br />

Sandsteinschichten Typ A7 und dem<br />

massiven Fels Typ A7 streicht stark in<br />

die Flanken ein, ein Resultat der großen<br />

seismischen Aktivität in der Gegend.<br />

Seitens des Bodengutachters wurden<br />

zunächst Felsproben entnommen und<br />

untersucht. Anschließend wurde die<br />

Gleitsicherheit für die steilen Talflanken<br />

im gefluteten Zustand unter Berücksichtigung<br />

einer schnellen Entleerung des<br />

Reservoirs (Porenüberdruck) mittels<br />

detaillierter FEM-Modelle nachgewiesen.<br />

3 FEM-Modell des Bodens<br />

© Prof. Arsalan Ghahramani<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

7


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Dasselbe gilt für den Fall eines Erdbebens,<br />

hier allerdings ohne Berücksichtigung<br />

einer Schnellentleerung, wie sie<br />

zum Beispiel im Falle eines Bruches des<br />

Staudammes auftreten würde. Mittels<br />

des FEM-Modells wurden sowohl die<br />

bodenmechanischen Nachweise erbracht<br />

als auch die auf die Caissons wirkenden<br />

Schnittgrößen ermittelt und der<br />

Bemessung der Caissons zugrunde<br />

gelegt. Diese Berechnungen wurden vom<br />

Büro Smoltczyk & Partner unabhängig<br />

mit geeigneten Berechnungsmethoden<br />

bestätigt.<br />

4 Verlegen der Fertigteilplatten im Seitenfeld<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

5 Beginn der Überbauerrichtung im Hauptfeld<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

8 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

6 Geschlossene Brücke kurz vor der Vollendung<br />

© Ministry of Energy, Iran Water & Powers<br />

1.4 Bauausführung<br />

Die Baustelle liegt in einem sehr steilen<br />

Tal, wodurch aufwendige Behelfsstraßen<br />

erforderlich wurden, über die der<br />

gesamte Materialtransport einschließlich<br />

der Stahlteile für den Überbau im<br />

Bereich des Hauptfeldes erfolgte.<br />

Die Stahlteile der Seitenfelder wurden auf<br />

Hilfsstützen jeweils von den Widerlagern<br />

aus eingeschoben und monolithisch mit<br />

den Pylonen verbunden, anschließend<br />

wurden die vor Ort gefertigten Stahlbetonplatten<br />

mittels Tieflader und<br />

Mobilkran in Vor-Kopf-Montage aufgebracht.<br />

Zur Erreichung eines schnelleren<br />

Bauablaufs legte die Baufirma die Platten<br />

zunächst lediglich nur auf, um sie dann<br />

direkt mit dem Kran zu befahren; der<br />

Verguss der Ortbetonfugen wurde erst<br />

im Nachgang vorgenommen.<br />

Die Stahlteile für das Hauptfeld wurden<br />

am Boden in der Nähe der Pylongründung<br />

zusammengeschraubt und mittels<br />

Schrägzugverfahren unterhalb des<br />

fertiggestellten Überbaukragarms nach<br />

vorne durchgeschwungen und mit Hilfe<br />

eines Derricks in die Endlage gehoben.<br />

Dieses Verfahren ist vom Bau großer<br />

Hängebrücken bekannt, für Schrägseilbrücken<br />

bisher aber nicht angewandt<br />

worden, da dort der Materialtransport<br />

üblicherweise über den bereits realisierten<br />

Überbau erfolgen kann. Im<br />

vorliegenden Fall war das wegen des<br />

fehlenden Verbundes der Fertigteilplatten<br />

mit den Stahlhauptträgern<br />

hingegen nicht möglich.<br />

Der erste Pylon wurde mit einer Gleitschalung<br />

errichtet. In der exponierten<br />

Lage war eine kontinuierliche Anlieferung<br />

des Betons jedoch nicht immer gewährleistet,<br />

und so traten Mängel in der<br />

Betonoberfläche auf, die aufwendig<br />

saniert werden mussten. Der zweite<br />

Pylon wurde deshalb mittels einer<br />

Kletterschalung hergestellt.<br />

Der Aushub der Gründung in dem sehr<br />

steilen Gelände erfolgte über einen am<br />

Bagger montierten Presslufthammer:<br />

Mit Baufortschritt wurden die losen<br />

Gesteinsteile jeweils entfernt und die<br />

Grube mittels Spritzbeton gesichert.<br />

Die Brücke wurde nach rund 20 Monaten<br />

Bauzeit im Sommer 2011 fertiggestellt<br />

und offiziell mit vorübergehenden<br />

Ausfädelungen vor den Tunneln eröffnet.<br />

Wegen Verzögerungen bei den anschließenden<br />

Tunnelbauwerken kann die<br />

endgültige Strecke erst später dem<br />

Verkehr übergeben werden.


1.5 Bauüberwachung<br />

Bei der Bauüberwachung wurde Hexa<br />

durch einen Mitarbeiter von LAP mit<br />

vielfältiger, mehr als 25-jähriger Erfahrung<br />

unterstützt, der rund ein Jahr vor<br />

Ort war. Die Aufgabe im Rahmen der<br />

Bauüberwachung bestand hier hauptsächlich<br />

in der baubegleitenden Prüfung<br />

der Montageberechnung, des Montagehandbuches<br />

sowie der wöchentlichen<br />

unabhängigen Dokumentation des<br />

Baufortschrittes und auftretender<br />

Probleme. Auf Anfrage wurden zudem<br />

die wesentlichen Baubehelfe statischkonstruktiv<br />

überprüft und Verbesserungen<br />

vorgeschlagen.<br />

Bauherr<br />

Ministry of Energy, Iran Water & Powers, Resources<br />

Development Co., Teheran, Iran<br />

Planung<br />

Boland Payeh Engineering, Teheran, Iran (verantwortlich)<br />

Prof. Arsalan Ghahramani, Teheran, Iran (Geotechnik)<br />

Prüfung<br />

Hexa Consulting Engineers, Teheran, Iran (verantwortlich)<br />

Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI,<br />

GmbH, Stuttgart (Hauptbrücke)<br />

Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart (Geotechnik)<br />

Ausführung<br />

Boland Payeh Co., Teheran, Iran (Auftragnehmer)<br />

Liuzhou OVM Machinery Co. Ltd., Gungxi, China<br />

(Litzenseile)<br />

Freyssinet, Velizy, Frankreich (Seileinbau)<br />

Mageba SA, Bülach, Schweiz<br />

(Lager und Übergangskonstruktionen)<br />

Wacker Ingenieure, Birkenfeld (Windkanalversuche)<br />

dsp Ingenieure & Planer AG, Greifensee, Schweiz<br />

(Konstruktionsberatung)<br />

Nicolet Chartrant Knoll Inc., Montreal, Kanada<br />

(Konstruktionsberatung)<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

2 Ausbau des Sadr Expressway<br />

2.1 Projekt und Lage<br />

Die Infrastruktur der 14-Millionen-<br />

Metropole Teheran wird täglich durch<br />

ein sehr hohes Verkehrsaufkommen<br />

beansprucht. Zusätzlich muss die Stadt<br />

täglich den Verkehr von ca. 3.000.000<br />

Pendlern aufnehmen.<br />

Trotz erzielter Fortschritte beim Ausbau<br />

öffentlicher Verkehrsmittel, wie etwa<br />

des U-Bahn-Netzes, können diese bisher<br />

nur zu einem sehr geringen Anteil das<br />

Verkehrsaufkommen bewältigen. Die<br />

Bewohner sind deshalb auf das Auto oder<br />

Busse angewiesen, so dass der Verkehr<br />

praktisch alleine über das städtische<br />

Straßennetz abgewickelt wird, das dafür<br />

jedoch nicht ausgelegt ist und deshalb<br />

entsprechend ausgebaut und erweitert<br />

werden soll. Den Schwerpunkt bildet<br />

zurzeit der kreuzungsfreie Ausbau der<br />

Hauptverbindungsstraßen in und um<br />

Teheran.<br />

Als Beispiele hierfür sind im Nordwesten<br />

der Stadt die Autobahn nach Karaj mit der<br />

Errichtung der Karvansara-Sangi-Brücke<br />

8 9 Karvansara-Sangi-Brücke und Mohamed-Ali-Jennah-Brücke im Bau<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

7 Fertige Brücke mit Ausfädelung der Straße<br />

© Ministry of Energy, Iran Water & Powers<br />

und innerstädtisch die Kreuzung von<br />

Jenah Highway und Seikh Fazlolah Nouri<br />

Highway mit zahlreichen Anschlussbauwerken<br />

genannt. Bei beiden Projekten<br />

werden alle Überbauten in Fertigteil-<br />

Segmentbauweise hergestellt. Die ausführende<br />

Baufirma verfügt über entsprechend<br />

leistungsfähige Werke, die<br />

Transportwege sind nicht zu lang, und so<br />

ist diese Bauweise äußerst wirtschaftlich.<br />

Für die Montage der Fertigteile wird fast<br />

ausschließlich das Freivorbauverfahren<br />

verwendet.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

9


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

10 Lage des Sadr Expressway<br />

© Karane be Karane Pars<br />

Zu den meistbefahrenen innerstädtischen<br />

Straßen in Teheran zählt der Sadr<br />

Expressway, der den Imam Ali Highway<br />

im Osten mit dem Modarres Highway im<br />

Westen verbindet. Im Rahmen des Ausbaus<br />

des Straßennetzes soll er nun auf<br />

insgesamt zehn Spuren verbreitert<br />

werden, gegliedert in die Maßnahmen<br />

für den Anschluss an den Imam Ali<br />

Highway im Osten, in den kreuzungsfreien<br />

Anschluss mit der Gheytarieh-<br />

Straße und der Kaveh-Straße und in die<br />

Maßnahmen für den Anschluss im Westen<br />

an den Modarres Highway; nach Letzterem<br />

wird er in einem Tunnel weitergeführt<br />

und mündet dann in das vorhandene<br />

Straßennetz ein. Die Bebauung<br />

reicht sehr dicht an die Straße heran,<br />

und nur in einzelnen Abschnitten wäre<br />

seine Verbreiterung überhaupt möglich<br />

gewesen. Für vier der insgesamt zehn<br />

Fahrspuren – in den Planungen geht<br />

man von einem Verkehrsaufkommen<br />

bis zu 19.000 Kfz/h aus – ist deshalb<br />

zwischen dem Modarres Highway und<br />

dem Imam Ali Highway eine 5,50 km<br />

lange Hochstraße geplant, die den Hauptbestandteil<br />

des Sadr-Expressway-Ausbaus<br />

bildet.<br />

Mit dem Ausbau des Sadr Expressway<br />

beauftragte die Stadt Teheran die<br />

Baufirma Shahid Rajaeii Special Group.<br />

Der Beauftragung liegt ein sogenannter<br />

EPCF-Vertrag zugrunde, das heißt, die<br />

Baufirma als Auftragnehmer muss neben<br />

der Ausführung auch die Finanzierung<br />

des Projektes sicherstellen. Die Stadt<br />

Teheran selber hat zudem keine Planung<br />

erstellt, sondern nur eine genaue<br />

Beschreibung der Aufgabe, welche die<br />

Bieter bei ihrer Angebotsbearbeitung zu<br />

berücksichtigen hatten. Die vertraglichen<br />

Vereinbarungen sehen deshalb vor,<br />

dass sämtliche erforderlichen Planungsleistungen<br />

durch den Auftragnehmer zu<br />

erbringen sind, was deren unabhängige<br />

10 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Prüfung ebenfalls umfasst. Die Detailplanung<br />

hat die Baufirma an das Büro<br />

Karane be Karane Consulting Engineers<br />

Co. untervergeben sowie mit der unabhängigen<br />

Prüfung der Planung und der<br />

örtlichen Bauüberwachung (Eigenüberwachung<br />

des Unternehmers) das Büro<br />

Hexa Engineering beauftragt. LAP berät<br />

Hexa bei der unabhängigen Prüfung der<br />

Hauptbrücke und unterstützt dieses Büro<br />

bei der Bauüberwachung.<br />

2.2 Planungsbedingungen<br />

Die Planung der Hochstraße sieht je<br />

Fahrtrichtung zwei 3,50 m breite<br />

Fahrspuren vor; einschließlich Standstreifen,<br />

Notgehwege und erforderlicher<br />

Schutzeinrichtungen ergibt sich somit<br />

eine erforderliche Breite von 22,70 m.<br />

Der Ausbau hat unter Verkehr zu erfolgen.<br />

Nur in Zeiten mit geringeren Verkehrsaufkommen<br />

besteht die Möglichkeit,<br />

vorhandene Fahrspuren temporär einzuschränken,<br />

unumgängliche Vollsperrungen<br />

sind lediglich für den Zeitraum von<br />

24–6 Uhr erlaubt.<br />

11 Entwurf der Hauptbrücke<br />

© Karane be Karane Pars<br />

Für die Errichtung der Hochstraße steht<br />

deshalb uneingeschränkt nur ein ca. 7 m<br />

breiter Streifen zwischen den vorhandenen<br />

beiden Fahrtrichtungen zur Verfügung.<br />

Eine Verbreiterung des Baufeldes,<br />

zum Beispiel für die Herstellung von<br />

Fundamenten, wäre grundsätzlich technisch<br />

möglich, ist aber entsprechend<br />

aufwendig. Aus wirtschaftlichen<br />

Gründen war daher bei allen Entwurfsüberlegungen<br />

die geringe Breite des<br />

Baufeldes zu beachten. Diese führt<br />

außerdem dazu, dass der ca. 22 m breite<br />

Überbau nach jeder Seite ca. 7,50 m<br />

hinausragt. Das bedeutet, dass er zu<br />

einem Großteil über fließendem Verkehr<br />

realisiert werden muss. Umfangreiche<br />

Sicherheitsüberlegungen sind also<br />

notwendig, um bei einem geplanten<br />

24-h-Baubetrieb das Risiko für den<br />

untenlaufenden Verkehr so gering wie<br />

möglich zu halten.<br />

Die Hauptbrücke und die Rampenbauwerke<br />

umfassen zusammen eine<br />

Brückenfläche von ca. 145.000 m², für den<br />

gesamten Ausbau des Sadr Expressway<br />

ist aber eine Bauzeit von lediglich 18<br />

Monaten vorgesehen. Eine solch kurze<br />

Bauzeit kann nur eingehalten werden mit<br />

einer Fertigteillösung für die Herstellung<br />

des Überbaus, Fertigungs- und Transportkapazitäten<br />

müssen dementsprechend<br />

ausgelegt werden.<br />

Mit der Realisierung dieses Projekts wird<br />

es zu einer noch stärkeren Verlärmung<br />

der angrenzenden Gebiete kommen.<br />

Erste von uns durchgeführte Berechnungen<br />

lassen erkennen, dass ohne<br />

zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen die<br />

Belastung um ca. 50 % ansteigen wird.<br />

Dabei ist vor allem in den unteren Stockwerken<br />

der umliegenden Bebauung von<br />

einem starken Lärmzuwachs auszugehen,


12 Längsansicht<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

hervorgerufen durch die Überdeckung<br />

der ebenerdigen Fahrspuren mit der<br />

Hochstraße. Lärmschutzmaßnahmen<br />

sind daher geplant, wobei es eine Aufgabe<br />

sein wird, städtebaulich akzeptable<br />

Lösungen zu finden, die noch in die<br />

laufende Planung und die gleichzeitig<br />

beginnende Fertigung integriert werden<br />

können.<br />

2.3 Entwurf der Hauptbrücke<br />

2.3.1 Allgemeines<br />

Die Tragsicherheits- und Gebrauchstauglichkeitsnachweise<br />

sind hier grundsätzlich<br />

auf Basis der Iranischen Vorschriften<br />

zu führen. Für die bemessungsrelevanten<br />

Erdbebennachweise hat der verantwortliche<br />

Planer Karane be Karane Consulting<br />

Engineers Co. jedoch EN 1998-2:2005<br />

(EC 8) gewählt, da sich die darin enthaltenen<br />

Definitionen für Antwortspektren<br />

sowie die Bemessungsregeln für Brücken<br />

mit seismischer Isolation nach seiner<br />

Auffassung besser für dieses Projekt<br />

eignen als entsprechende Regelungen<br />

in der Iranischen Erdbebennorm<br />

Code 463 oder in den US-amerikanischen<br />

Vorschriften AASHTO. Für unsere eigenen<br />

Berechnungen, die wir im Rahmen<br />

unserer Tätigkeit anzustellen hatten,<br />

konnten wir in Abstimmung mit den<br />

Verantwortlichen in Teheran die<br />

DIN-Fachberichte verwenden.<br />

2.3.2 Statisches System<br />

Das statische Gesamtsystem der Hauptbrücke<br />

lässt sich als Einfeldträgerkette<br />

beschreiben. Die Einfeldträger werden<br />

auf bewehrten Elastomerlagern gelagert,<br />

so dass die Überbauten von seismischen<br />

Einwirkungen teilweise isoliert sind,<br />

was die Beanspruchungen für die Unterbauten<br />

reduziert. Um die Anzahl der<br />

Fugen zu verringern, werden fünf Felder<br />

mit sogenannten Federplatten miteinander<br />

verbunden. In den Fugen zwischen<br />

diesen Abschnitten sind handelsübliche<br />

Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />

vorgesehen.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Für die Hochstraße ist eine Regelstützweite<br />

von 44 m geplant. Umgesetzt wird<br />

sie mit zwei Fertigteilen an den Enden<br />

der Träger mit Längen von jeweils 2,50 m<br />

(einschließlich des Abstandes zu den<br />

Pfeilerachsen) und 13 Fertigteilen mit<br />

einer Länge von jeweils 3,00 m. Spannweiten<br />

von 41 m bzw. 47 m und 50 m<br />

sind möglich durch Weglassen eines<br />

Segmentes oder durch Hinzufügen von<br />

bis zu zwei Segmenten. Das Stützenraster<br />

kann somit an vorhandene<br />

Hindernisse angepasst werden, wie<br />

beispielsweise Unterführungen unter<br />

dem Sadr Expressway.<br />

2.3.3 Überbau<br />

Der Überbauquerschnitt wird aus zwei<br />

Hohlkästen gebildet, die in der Mitte<br />

durch einen ca. 0,60 m breiten Ortbetonstreifen<br />

miteinander verbunden werden.<br />

Dadurch ergibt sich für die Fahrbahnplatte<br />

eine Gesamtbreite von ca. 22,00 m.<br />

Die Bauhöhe der Hohlkästen ist 2,50 m,<br />

die Breite der Bodenplatte 4,00 m. Der<br />

Überbau wird mit externen, 19-litzigen<br />

Spanngliedern vorgespannt, für die<br />

Verankerungen in den Endquerträgern<br />

vorgesehen sind: Mit drei Umlenkstellen<br />

im Feld wird eine dem Verlauf der äußeren<br />

Momente angenäherte Spannglied-<br />

14 Externe Vorspannung<br />

© Karane be Karane Pars<br />

13 Regelquerschnitt<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

geometrie erzeugt. Für Spannweiten<br />

≤ 44 m kommen die Fertigteile in einer<br />

Betonfestigkeit anlog einem B 40 zur<br />

Ausführung, bei größeren Spannweiten<br />

wird durch die Wahl einer höheren<br />

Betonfestigkeitsklasse (bis B 50) den<br />

starken Beanspruchungen Rechnung<br />

getragen. Für alle Spannweiten können<br />

die Abmessungen der Fertigteile somit<br />

konstant bleiben, ein Umrüsten der<br />

Schalung ist nicht erforderlich.<br />

Die Überbauten der Rampenbauwerke<br />

werden für jede Richtungsfahrbahn als<br />

unabhängiger Spannbetonhohlkasten<br />

mit den gleichen Abmessungen wie bei<br />

der Hauptbrücke realisiert; geringe<br />

Anpassungen der Schalung sind nur bei<br />

abweichenden Fahrbahnplattenbreiten<br />

notwendig.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

11


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

2.3.4 Pfeiler<br />

Es sind T-förmige Pfeiler geplant, die in<br />

der Regel eine Höhe von ca. 8 m haben.<br />

Da die Hochstraße an mehreren Stellen<br />

vorhandene Überführungsbauwerke<br />

überquert, sind auch Pfeiler mit einer<br />

Höhe von maximal ca. 14 m erforderlich.<br />

Die maximalen äußeren Abmessungen<br />

des massiven Querschnittes betragen<br />

3,00 m x 3,20 m. Bei den Pfeilern der<br />

Hauptbrücke wie bei jenen der Rampen<br />

werden zudem tiefe, vertikale Nuten in<br />

der Mitte der Seitenflächen als gestalterisches<br />

Element gewählt.<br />

Der Quertriegel kragt zu beiden Seiten<br />

ca. 6,50 m aus, damit die beiden Hauptträger<br />

des Überbaus darauf aufgelagert<br />

werden können. Das Lichtraumprofil<br />

reicht praktisch bis an die Pfeilerschäfte<br />

heran und ist mit einer Höhe von 5,60 m<br />

vorgegeben. Für den Querriegel des<br />

Pfeilers ergibt sich daher am Anschnitt<br />

nur eine Bauhöhe von 2,50 m, wobei<br />

sich aber das kuppenförmige Element<br />

zwischen den beiden Hohlkästen auf<br />

die statische Nutzhöhe mit anrechnen<br />

lässt. Die Tiefe des Queriegels beträgt<br />

4,90 m und wird zum einen durch die<br />

einzuhaltenden Überstände für die<br />

Überbauten, die Abmessungen der<br />

Elastomerlager und den erforderlichen<br />

Spalt zwischen den ankommenden<br />

Überbauten bestimmt, zum anderen<br />

durch die Anzahl der Spannglieder in<br />

den Querriegeln.<br />

16 Baustelle zwischen zwei Fahrspuren<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

12 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

15 Errichtung im Freivorbau<br />

© Karane be Karane Pars<br />

Bei der Planung der Pfeiler sind vor allem<br />

nichtsymmetrische Einwirkungen zu<br />

beachten, die sich bei der Montage des<br />

Überbaus und später aus ungleichen<br />

Verkehrslasten ergeben.<br />

2.3.5 Gründungen<br />

Alle Pfeiler der Hauptbrücke werden auf<br />

acht Großbohrpfählen gegründet. Aufgrund<br />

der Breite des Baufeldes können<br />

die Pfahlkopfplatten maximal nur 6,40 m<br />

breit sein, in Querrichtung werden<br />

deshalb zwei und in Längsrichtung<br />

vier Pfähle im Abstand von 3,00 m<br />

angeordnet. Sind höhere Lasten in den<br />

Baugrund einzuleiten, wird ihr Längsabstand<br />

auf 3,75 m vergrößert und die<br />

Dicke der Pfahlkopfplatten in solchen<br />

Fällen von 2,00 m auf 2,30 m erhöht.<br />

Je nach Baugrundverhältnissen werden<br />

Pfähle mit d = 1,20 m oder d = 1,50 m<br />

und Längen bis ca. 35 m hergestellt:<br />

Der größere Durchmesser wird dann<br />

ausgeführt, wenn im oberen Bereich der<br />

Pfähle nur sehr geringe Bettungswerte<br />

angesetzt werden können und hohe<br />

Biegemomente aus Erdbebeneinwirkungen<br />

von den Pfählen aufgenommen<br />

werden müssen.<br />

2.4 Bauablauf und -ausführung<br />

Die Überbauten der Rampenbauwerke<br />

und der Hauptbrücke werden mit<br />

Fertigteilen hergestellt. Das Versetzen<br />

der Fertigteile für die Rampenbauwerke<br />

erfolgt durch eine Kranmontage, die<br />

Fertigteile werden dabei von jedem<br />

Pfeiler aus an das Pfeilerkopfelement<br />

symmetrisch angeschlossen. Spannglieder<br />

im Verbund werden zwischen<br />

jeweils gegenüberliegenden Segmenten<br />

eingebaut und vorgespannt; die Fugen<br />

zwischen den Fertigteilen werden mit<br />

einem Kunstharzmörtel verklebt. Bei<br />

diesem Verfahren lässt sich von jedem<br />

Pfeiler aus pro Woche zweimal eine<br />

halbe Spannweite realisieren. Die<br />

Schlusslücke in Feldmitte ist in Ortbeton<br />

auszuführen, und erst danach können<br />

die durchlaufenden Spannglieder in die<br />

Bodenplatte eingezogen und gespannt<br />

werden, so dass für die Errichtung eines<br />

Feldes auf jeden Fall mehr als eine Woche<br />

zu veranschlagen ist.<br />

17 Herstellung der Pfähle<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH


Bei der Hauptbrücke sorgt die vorgesehene<br />

feldweise Errichtung für eine sehr<br />

viel kürzere Bauzeit. Eine obenlaufende<br />

Vorschubrüstung überbrückt dabei das<br />

herzustellende Feld, wobei sich die<br />

Rüstung auf der einen Seite auf dem<br />

zuletzt realisierten Endquerträger und<br />

auf der anderen Seite auf dem oberen<br />

Riegel des Pfeilers abstützt. Die Segmente<br />

eines Feldes werden an der Vorschubrüstung<br />

aufgehängt und temporär<br />

zusammengespannt, danach werden die<br />

externen Spannglieder eingezogen, der<br />

Träger vorgespannt und anschließend<br />

auf die vorbereiteten Elastomerlager<br />

abgesetzt. Bei diesem Verfahren muss<br />

also die obenlaufende Vorschubrüstung<br />

so ausgelegt sein, dass sie das Gesamtgewicht<br />

eines Feldes aufnehmen kann.<br />

Bei den Planungen für die Hauptbrücke<br />

rechnet man für das Einhängen der<br />

Segmente eines Feldes samt nachfolgendem<br />

Vorspannen mit rund zwei Tagen.<br />

Bei der konzipierten feldweisen Herstellung<br />

sind keine auf dem kritischen Weg<br />

liegenden Ortbetonarbeiten erforderlich,<br />

außerdem lassen sich mit einer externen<br />

Vorspannung die Fugen zwischen den<br />

Fertigteilen »trocken« und damit zeitsparend<br />

ausführen. Im Vergleich zum<br />

Freivorbau ist die feldweise Herstellung<br />

mit einer obenlaufenden Rüstung um das<br />

ca. 2,50fache schneller, was letztendlich<br />

den Ausschlag für das Bauverfahren gab.<br />

Um den Überbau der Hauptbrücke in<br />

dem vorgesehenen Zeitraum von etwa<br />

sieben Monaten realisieren zu können,<br />

ist von jeder Seite aus mit jeweils zwei<br />

Vorschubrüstungen zu arbeiten. Zur<br />

Begrenzung der exzentrischen Belastung<br />

der Pfeiler während der Überbauerrichtung<br />

muss das Versetzen der Fertigteile<br />

für die beiden Längsträger eines Feldes<br />

weitestgehend parallel erfolgen.<br />

Die Überbausegmente der Rampen<br />

werden in einem schon existierenden<br />

Fertigteilwerk hergestellt, für die der<br />

Hauptbrücke wird hingegen ein neues<br />

Werk eingerichtet, das mit 44 Schalungseinheiten<br />

für eine Tageskapazität von<br />

ca. 22 Fertigteilen ausgelegt ist; die<br />

Vorbereitungen hierfür laufen. Der<br />

Transport der Fertigteile zur Baustelle<br />

wird in der Zeit von 1.00 Uhr nachts bis<br />

6.00 Uhr morgens erfolgen, da in dieser<br />

Zeit der Sadr Expressway benutzt und so<br />

der Einbauort ohne Umwege angefahren<br />

werden kann. Nach Fertigstellung der<br />

östlichen und westlichen Rampenbauwerke<br />

ist der Antransport der Fertigteile<br />

auch über die bereits realisierten<br />

Überbauabschnitte möglich.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Die Querriegel der Pfeiler werden<br />

ebenfalls mit Fertigteilen hergestellt:<br />

Nach dem Ausbetonieren des Kopfelements<br />

werden nach jeder Seite drei<br />

ca. 2 m lange massive Fertigteile im<br />

Freivorbau montiert und mit Einzelspanngliedern<br />

temporär befestigt. Anschließend<br />

erfolgen das Einziehen der Litzen<br />

und das Vorspannen des Querriegels.<br />

Im Moment ist die Herstellung der Pfähle<br />

noch in vollem Gange. Im Bereich der<br />

Rampen und in einzelnen Abschnitten<br />

der Hauptbrücke sind schon Pfahlkopfplatten<br />

angeordnet worden, teilweise<br />

wurde bereits mit dem Betonieren der<br />

Pfeiler begonnen. Das schmale Baufeld<br />

für die Hauptbrücke führt dazu, dass<br />

man zwischen zwei Zufahrten die Pfähle<br />

zunächst nur auf einer Seite herstellt,<br />

so dass der daneben verbleibende Platz<br />

als Lagerfläche oder Baustraße genutzt<br />

werden kann. Lediglich ca. 30 % der<br />

Pfähle werden unter Einsatz moderner<br />

Bohrgeräte eingebracht, der größte Teil<br />

wird hingegen von Hand ausgehoben.<br />

Es gibt hierbei keine Sicherung der Bohrlöcher,<br />

zum Beispiel mit Spritzbeton.<br />

Grund für den manuellen Aushub sind die<br />

noch nicht verlegten, frei verlaufenden<br />

Hochspannungsleitungen im Mittelstreifen<br />

des Sadr Expressway.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Holger Haug<br />

Dipl.-Ing. Peter Walser<br />

Dipl.-Ing. Kornelius Krieger<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />

Stuttgart<br />

Bauherr<br />

Technical and Civil Department, Stadt Teheran, Iran<br />

Auftragsverwaltung<br />

Engineering and Civil Organization, Stadt Teheran, Iran<br />

Technical and Consulting Organization, Stadt Teheran, Iran<br />

Planung<br />

Karane be Karane Pars, Consulting Engineers, Teheran, Iran<br />

Prüfung<br />

Hexa Consulting Engineers, Teheran, Iran<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart<br />

Ausführung (EPCF-Contractor)<br />

Gh-E-Khatan Shahid Rajaeii Special Group, Teheran, Iran<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

13


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Autobahnbau in der Stadt: die Bauwerke<br />

Verbreiterung der Autobahn A 7 in Hamburg<br />

von Karl-Heinz Reintjes<br />

Der hier betrachtete Abschnitt<br />

der Bundesautobahn A 7 zwischen<br />

der Landesgrenze von Schleswig-<br />

Holstein und Hamburg und dem<br />

Elbtunnel zählt bundesweit zu<br />

den Autobahnstrecken mit den<br />

höchsten Verkehrsbelastungen<br />

(bis 152.000 Kfz/d in 2009). Die<br />

Kapazität der vorhandenen Querschnitte<br />

ist weit überschritten, was<br />

sich in täglichen Staus und hohen<br />

Unfallzahlen ausdrückt. Die weitere<br />

Erhöhung des Verkehrs ist prognostiziert,<br />

die Verbreiterung der<br />

Autobahn wird daher zwingend<br />

notwendig. Die Planung sieht zu-<br />

sätzliche zwei Fahrstreifen vor, im<br />

zentralen Bereich mit der größten<br />

Verkehrsstärke sogar zusätzliche<br />

vier. Damit ergibt sich hier ein<br />

Querschnitt von zehn Fahrstreifen.<br />

Die Verbreiterung der A 7 in Ham-<br />

burg ist eine Infrastrukturmaß-<br />

nahme in der Stadt von neuer<br />

Größenordnung. Die Aufgabenstellung<br />

ist, für größte Verkehrsbelastungen<br />

auf der Autobahn<br />

in engstem urbanem Umfeld<br />

Lösungen zu finden, die den<br />

Verkehrsteilnehmer der Autobahn,<br />

jenen auf den anbindenden<br />

Stadtstraßen, die Bürgerschaft der<br />

benachbarten Stadtkerne und der<br />

gesamten Stadt überzeugen.<br />

14 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Übersicht der Planungsabschnitte<br />

© DEGES GmbH<br />

1 Autobahn im urbanen Umfeld<br />

Zwischen 1967 und 1974 wurde in Hamburg<br />

die Bundesautobahn (BAB) A 7<br />

gebaut, seinerzeit mit zwei Fahrstreifen<br />

je Richtung in den Regelbereichen. In<br />

kurzer Zeit steigerte sich der Verkehr, und<br />

die A 7 entwickelte sich für den Nord-<br />

Süd-Verkehr im Norden Deutschlands<br />

zur wichtigsten Verkehrsachse, und sie<br />

wurde unverzichtbar für die Abwicklung<br />

der internationalen, der regionalen, aber<br />

auch der städtischen Verkehrsströme in<br />

Hamburg.<br />

Die in der großen Ära des Autobahnbaus<br />

realisierten Trassen hatten als erstes Ziel<br />

die Funktionalität des Straßenverkehrs im<br />

Blickpunkt. Konkurrierende Gesichtspunkte,<br />

wie die Lebensqualität von<br />

Anliegern, die Beibehaltung von städtischen<br />

und wirtschaftlichen Beziehungsgeflechten<br />

oder die Wachstumsförderung<br />

eines kohärenten Stadtgefüges wurden<br />

seinerzeit nicht mit der erforderlichen<br />

Schärfe wahrgenommen. Der Ausbau<br />

der BAB A 7 bietet Gelegenheit, die in<br />

den 1970er Jahren entstandene Zäsur,<br />

wenn nicht vollständig aufzuheben,<br />

dann doch wesentlich zu mildern und<br />

die Belastung der benachbarten Bürgerschaft<br />

nachhaltig zu verringern. Die<br />

hier dargestellte, schon weitgehend<br />

von allen Seiten für gut geheißene<br />

und verfestigte Planung wird treffend<br />

durch die Stichworte »Die Autobahn<br />

macht Platz« oder auch »Gut bedacht«<br />

charakterisiert.<br />

Gegenstand des Ausbaus ist der Abschnitt<br />

der A 7 von der Landesgrenze<br />

Schleswig-Holstein bis zur Anschlussstelle<br />

Othmarschen vor dem Elbtunnel.<br />

Dieser Streckenabschnitt hat eine Länge<br />

von 11,60 km und beinhaltet das Autobahndreieck<br />

Hamburg-Nordwest sowie<br />

sechs Anschlussstellen. Es werden die<br />

städtischen Kernbereiche Schnelsen,<br />

Stellingen und Bahrenfeld/Othmarschen<br />

durchquert.<br />

Der Trassenverlauf der A 7 durch die engbebauten<br />

Stadtteile hat mit der steigenden<br />

Verkehrsbelastung zu einer starken<br />

Verlärmung der gequerten und zerschnittenen<br />

Quartiere geführt. Die Gesetzgebung<br />

und die begleitenden Verordnungen<br />

zum Immissionsschutz geben<br />

bei einem Autobahnausbau vor, dass<br />

enge Grenzwerte einzuhalten sind. Dies<br />

bedingt bei der vorliegenden Situation,<br />

dass umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen<br />

erforderlich werden, die als<br />

Bauwerke dann für Autobahn und Stadt<br />

größte Bedeutung haben.


2 Interdisziplinäre<br />

Aufgabenstellungen und<br />

gesamtheitliche Lösungen<br />

Kapazität und Autobahnquerschnitt,<br />

Schallschutz und Umweltschutz, die<br />

erforderlich werdenden umfangreichen<br />

Bauwerke, die verkehrlichen und<br />

betrieblichen Maßnahmen sowie die<br />

städtebaulichen Konsequenzen müssen<br />

im Zusammenhang gesehen werden,<br />

Lösungen müssen in dem Spannungsfeld<br />

der Anforderungen Bestand haben.<br />

Interdisziplinäre, frühe und enge<br />

Zusammenarbeit der Fachkräfte ist<br />

unabdingbar, und von vornherein ist<br />

davon auszugehen, dass erst iterative<br />

Arbeitsschleifen zum besten Resultat<br />

führen.<br />

Die Untersuchungen zum Autobahnquerschnitt<br />

waren in der ersten Planungsphase<br />

zu realisieren. Für die vorhandene<br />

Situation der Verkehrszahlen und der<br />

engen Folge der Anschlussstellen<br />

beinhaltet das vorhandene Regelwerk<br />

allerdings keine Grundlage. Es wurden<br />

Mikrosimulationen, das heißt die<br />

rechnerische Verfolgung der einzelnen<br />

Fahrzeuge bei der Fahrt zwischen den<br />

Anschlussstellen mit den auftretenden<br />

Verflechtungen, durchgeführt. Ergebnis<br />

war schließlich die erforderliche Fahrstreifenanzahl<br />

für das Erreichen der<br />

nötigen Verkehrsqualität.<br />

Die Untersuchung der erforderlichen und<br />

zweckmäßigen Lärmschutzmaßnahmen<br />

war ein weiterer Schwerpunkt in den<br />

frühen Planungsphasen. Hierzu waren<br />

umfassende und differenzierte Schallberechnungen<br />

zu der Ausgangsbelastung<br />

und der Wirkung verschiedener Alternativen<br />

zu erstellen. Als wesentlicher<br />

Bestandteil der Untersuchung waren<br />

die Bau- und Folgekosten für die Schallschutzbauwerke<br />

in verschiedenster<br />

Ausführungsart zu ermitteln. Das Bundesimmissionsschutzgesetz<br />

mit den begleitenden<br />

Verordnungen weist explizite<br />

Vorgaben zur Einhaltung von Grenzwerten<br />

auf und gibt ebenfalls vor, dass der<br />

Aufwand für die Schutzmaßnahmen in<br />

angemessenem Verhältnis zum Erfolg<br />

stehen muss. Dies ist eine Aufgabenstellung,<br />

die für jede Situation unterschiedlich<br />

bearbeitet und beantwortet<br />

werden muss. Es wurde daher eine<br />

Methode entwickelt, die für den jeweiligen<br />

einzelnen Abschnitt unter den<br />

vielen möglichen Lösungen das Finden<br />

der zweckmäßigen erleichtert und<br />

nachvollziehbar abbildet. Dies geschah,<br />

indem die Effektivität (Nutzen = unterschiedlich<br />

große Summe der Grenzwertüberschreitungen)<br />

und die Effizienz<br />

(Kosten/Nutzen) einzelner Lösungen in<br />

Relation zueinander gesetzt wurden.<br />

2 Ergebnisse der Mikrosimulation<br />

© DEGES GmbH<br />

Ergebnis war die Festlegung, auf<br />

bestimmten Strecken Deckelbauwerke<br />

vorzusehen, auf anderen Strecken mit<br />

Lärmschutzwänden zu planen.<br />

In den Fällen, in denen sich aufgrund der<br />

Immissionsschutzuntersuchung sehr<br />

hohe Lärmschutzwände oder Deckelbauwerke<br />

als erforderlich ergeben, ist<br />

in aller Regel auch eine städtebauliche<br />

Problematik vorhanden. Oft werden<br />

Stadtteile zerschnitten, der soziale und<br />

wirtschaftliche Austausch unterbunden<br />

oder erschwert und das Beziehungsgeflecht<br />

eines natürlich wachsenden<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

3 Effektivität und Effizienz von Lärmschutzwänden<br />

© DEGES GmbH<br />

Stadtgebildes eingeschränkt. Solchen<br />

negativen Einwirkungen auf das Stadtgefüge<br />

kann durch Schallschutzwände<br />

allein weniger entgegengewirkt werden,<br />

aber durch die Anordnung geschlossener<br />

Deckelflächen und die Nutzung jener<br />

Flächen für die Zwecke der Stadtentwicklung<br />

lassen sich Beeinträchtigungen aus<br />

dem Autobahnverkehr weitgehend<br />

vermeiden. Geeignete Nutzungen der<br />

Deckelflächen sind unter anderem<br />

Park- oder Gartenanlagen, Fuß- und<br />

Radwegverbindungen.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

15


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Die BAB A 7 quert auf der Länge der<br />

11,60 km unterschiedliche topographische<br />

Situationen und verschieden<br />

strukturierte Stadtlandschaften. Die<br />

Randbedingungen und Ansprüche<br />

variieren dementsprechend ebenfalls,<br />

und die Ausführungslösungen spiegeln<br />

dies wider. Bestandteile der Planung sind<br />

Lärmschutzwände unterschiedlicher<br />

Höhe und Bauweise, Einhausungen einer<br />

Fahrtrichtung und Deckelbauwerke zur<br />

Überbrückung des gesamten Autobahnquerschnitts.<br />

In Schnelsen ist ein Tunnel von 560 m<br />

Länge geplant, in Stellingen einer von<br />

980 m und in Bahrenfeld-Othmarschen<br />

einer von 1.980 m. Für die Lärmschutzwände<br />

wurde eine Alternative gewählt,<br />

die lärmschutztechnisch effizient ist<br />

und die städtebauliche Akzeptanz nicht<br />

vernachlässigt: In Bereichen höchster<br />

Schallschutzanforderungen werden<br />

auskragende Seitenwände und eine<br />

Mittelwand mit einer Höhe von 9,00 m<br />

errichtet. Außerdem werden größere<br />

Streckenlängen mit einer Straßendecke<br />

aus offenporigem und damit besonders<br />

schallschluckendem Asphalt vorgesehen.<br />

3 Innovativer Ingenieurbau<br />

3.1 Neue Aufgabenstellungen<br />

Infolge der großen Autobahnquerschnitte<br />

und anderer Besonderheiten stellen sich<br />

auch beim Entwurf der Bauwerke Aufgabenstellungen,<br />

die der Entwicklung<br />

innovativer Lösungen bedürfen.<br />

Länge: 960 m; Breite: 49 m; Spannbetondecke; Tiefgründung;<br />

Tunnelüberdeckung: 1,20 m; Abstand der Notausgänge: 60 m<br />

4 Tunnelquerschnitt Stellingen<br />

© DEGES GmbH<br />

16 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

3.2 Tunnelbauwerke<br />

Die Tunnel werden aufgrund ihrer<br />

oberflächennahen Lage als Rahmen<br />

mit flachen Decken ausgeführt, auf<br />

den Decken wird eine ca. 1,20 m hohe<br />

Erdüberschüttung angeordnet.<br />

Aus dem breiten Autobahnquerschnitt<br />

in dem Abschnitt Stellingen resultieren<br />

Spannweiten von 25 m und mehr,<br />

weshalb für die Rahmendecke eine<br />

vorgespannte Konstruktion vorgesehen<br />

ist. Der Brandschutz ist für Tunnel im<br />

Bau- wie im Endzustand ein wesentliches<br />

Thema.<br />

Als Folge des großen Querschnitts,<br />

der großen Belastung und, damit verbunden,<br />

der vorgespannten Konstruktion<br />

ergeben sich besondere Randbedingungen,<br />

die von den bisher realisierten<br />

Tunneln und dem dafür geltenden<br />

Regelwerk abweichen. Es sind zusätzliche<br />

statische Nachweise durchzuführen<br />

und neuartige Bauweisen für den<br />

konstruktiven Brandschutz in Betracht<br />

zu ziehen.<br />

Die Ausstattung der Tunnel mit Beleuchtung,<br />

Belüftung und Sicherheitstechnik<br />

ist ein umfangreiches Aufgabengebiet.<br />

Hier werden neue Lösungswege in<br />

Richtung Energieeffizienz und Wartungsfreundlichkeit<br />

verfolgt. Außerdem wird<br />

für die in Zukunft bestehende Anzahl<br />

von vier benachbarten Tunneln eine<br />

neue Tunnelleitzentrale vorgesehen,<br />

die betriebliche Vorteile besitzt.<br />

3.3 Lärmschutzwände<br />

Die örtliche Situation des Geländes,<br />

die Höhe und Nähe der benachbarten<br />

Bebauung und auch die Geometrie<br />

der Autobahn sind maßgebend für die<br />

Obergrenze einer städtebaulich noch<br />

verträglichen Wandhöhe. Zu beachten<br />

ist zudem, dass bei deren Vergrößerung<br />

über ein lärmschutztechnisch optimales<br />

Maß hinaus die Wirksamkeit der Wand<br />

nachlässt.<br />

Als Basislösung wurden über der Autobahn<br />

einkragende Wände verfolgt. Als<br />

Höhe des vertikalen Wandabschnitts<br />

wurden 7,50 m vorgesehen, und bei<br />

einer Kragweite von 4,00 m wurden als<br />

maximale Höhe des Dachrands 9,00 m<br />

festgelegt. Damit wird ein städtebaulich<br />

akzeptables Maß eingehalten und<br />

gleichzeitig die Anordnung der Autobahnbeschilderung<br />

nicht behindert.<br />

Die Variante der einkragenden Wände<br />

wurde bereits in anderen Fällen gewählt,<br />

allerdings ist der umfangreiche Einsatz<br />

als Rand- und Mittelwand neuartig für<br />

den Autobahnbau, verbunden mit<br />

verschiedenen neu zu lösenden funktionalen<br />

und konstruktiven Aufgabenstellungen;<br />

unter anderem wird ein<br />

umfangreiches Konzept zur Anprallsicherheit<br />

realisiert.


3.4 Kuppelbauwerke<br />

Aus Schallschutzgründen werden über bestimmten<br />

Rampen der Anschlussstellen Kuppeln ausgebildet,<br />

die in einer transparenten Bauweise vorgesehen sind.<br />

Hier wird ein neuartiges Konzept verfolgt, das eine<br />

effektive Berücksichtigung der Brandschutzanforderungen<br />

ermöglicht.<br />

3.5 Brückenbauwerke<br />

Eine größere Anzahl der bestehenden Brücken muss<br />

durch einen Neubau ersetzt werden. Dabei ist in<br />

bestimmten Fällen der Rückbau der vorhandenen<br />

Brücke mit größeren technischen Problemen als<br />

der Neubau verbunden.<br />

Die vorhandene Unterführung Oldesloer Straße muss<br />

aufgrund geometrischer Randbedingungen neu<br />

errichtet werden. Die Brücke ist ein Zweifeldbauwerk<br />

und wurde seinerzeit mit einem einteiligen, längs<br />

und quer vorgespannten Überbau realisiert. Da<br />

der Ausbau der Autobahn in zwei Schritten, jeweils<br />

halbseitig, unter laufendem Verkehr erfolgt, stellt der<br />

Abbruch des einteiligen Überbaus eine besondere<br />

Aufgabe dar. Als geeignete Lösung wird verfolgt,<br />

dass vor dem Rückbau der ersten Überbauhälfte<br />

die Querspannglieder eine Zwischenverankerung<br />

über eine Plombe aus hochfestem Stahlfaserbeton<br />

erhalten.<br />

Die vorhandene Langenfelder Brücke überquert<br />

in Stellingen einen Bahnhof sowie ICE- und S-Bahn-<br />

Gleise. Sie muss neu errichtet werden, da der<br />

verbreiterte Autobahnquerschnitt von dem bestehenden<br />

Tragwerk nicht aufgenommen werden<br />

kann. Ihr Neubau – vorgesehen ist eine im Einschubverfahren<br />

hergestellte Verbundbrücke – begegnet<br />

keinen größeren Schwierigkeiten. Der Rückbau der<br />

bestehenden Brücke ist allerdings mit größeren<br />

Problemen behaftet. Seinerzeit als Spannbetonkasten<br />

auf Traggerüst hergestellt, würde ein Rückbau<br />

mit konventionellen Abbruchmethoden zu nicht<br />

vertretbaren Sperrzeiten des Bahnverkehrs führen.<br />

Als geeignete Lösung wird daher verfolgt, den über<br />

den Durchfahrtsgleisen gelegenen Brückenteil auf<br />

Hilfsstützen aus dem Bahnfeld zu schieben, wofür<br />

aber der Überbau zu verstärken ist.<br />

4 Das Stadtbild<br />

4.1 Treffen von Ingenieurbau und Architektur<br />

Die Ausbaustrecke von 11,60 km Länge durchquert<br />

das westliche Stadtgebiet von Hamburg, und auf fast<br />

ganzer Länge findet sich nahe liegende Bebauung;<br />

in den drei zuvor beschriebenen Abschnitten werden<br />

auch städtische Kerngebiete gequert. Die Maßnahme<br />

der teilweisen Abdeckung der Autobahn mit der<br />

Nutzung der Oberflächen ist für die Stadtentwicklung<br />

von größter Bedeutung.<br />

Darüber hinaus muss allerdings den nicht in Tunneln<br />

liegenden Bereichen der Autobahn genauso Augenmerk<br />

geschenkt werden. Diese Bereiche, die durch<br />

die hohen und langen Schallschutzwände geprägt<br />

werden, sind von den anliegenden Bebauungen<br />

und den querenden Stadtstraßen einsehbar. Die<br />

Gestaltung solcher einsehbaren Bereiche ist für<br />

das Stadtbild, die Akzeptanz durch die Bürger und<br />

für das Wohlfühlen in der Stadt wesentlich.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

www.jakob.ch<br />

Brückensicherheit:<br />

Edelstahl-Auffangnetze<br />

DIBt-Zulassung Nr. Z-14.7-557<br />

1/2 . Jakob GmbH, 73760 Ostfi ldern<br />

Tel. 0711 45 99 98 60<br />

www.jakob-inoxline.de<br />

2012 | BRÜCKENBAU<br />

17


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

6 Konzept für Tunnelportale<br />

© DEGES GmbH<br />

Der Blickwinkel der Fahrer auf der<br />

Autobahn ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen.<br />

Für sie gehört die Innenansicht<br />

der Autobahn zum Stadtbild, und auch<br />

dem sporadischen Besucher von Hamburg<br />

wie dem Transitverkehr sollten<br />

städtebauliche Erkennungsmerkmale<br />

und ansprechend gestaltete Ansichten<br />

geboten werden.<br />

Die Ausbildung von Streckenabschnitten<br />

nach gestalterischen Aspekten ist im<br />

deutschen Autobahnbau fast gebräuchliche<br />

Verfahrensweise. Üblicherweise wird<br />

eine für den jeweiligen Streckenabschnitt<br />

einheitliche Gestaltungsidee entwickelt,<br />

die zum einen zwischen den Polen einer<br />

leicht begreifbaren Charakterisierung<br />

und der Notwendigkeit der Abwechslung<br />

ein Gleichgewicht finden muss, zum<br />

anderen aber mit dem benachbarten<br />

Stadt- oder Landschaftsbild korrespondiert:<br />

Der gestalterischen Bearbeitung<br />

werden die wesentlichen visuell wahrnehmbaren<br />

Objekte unterworfen.<br />

In diesem Fall sind das vorrangig die<br />

Schallschutzwände und die Portale<br />

der Tunnel. Andere Bauwerke, wie die<br />

Über- und Unterführungen, die Verkehrszeichenbrücken,<br />

die Streckenbeleuchtung,<br />

sind ebenfalls in den Gestaltungskanon<br />

aufzunehmen.<br />

18 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

5 Konzept für Lärmschutzwände<br />

© DEGES GmbH<br />

4.2 Schallschutzwände<br />

Die außergewöhnlichen Abmessungen<br />

der Wände in Länge und Höhe bedürfen<br />

einer differenzierten Strukturierung.<br />

Verfolgt wurde das Konzept einer<br />

ausgeprägten räumlichen Gliederung<br />

sowohl in der Vertikalen als auch in der<br />

Horizontalen.<br />

Im Grundriss wird eine fließende Linienführung<br />

angestrebt. Hierzu werden<br />

Lageänderungen der Wände, falls sie<br />

nicht vermieden werden können, auf<br />

größerer Länge verzogen, Höhenänderungen<br />

ausgeglichen und Einbauten<br />

ohne Vor- und Rücksprünge ausgebildet.<br />

4.3 Tunnelportale<br />

Die Tunnelportale eignen sich dafür, im<br />

Verlauf des Streckenabschnittes eine<br />

gezielte Akzentuierung dort vorzunehmen,<br />

wo die Autobahn ein Stadtkerngebiet<br />

durchquert. Hierfür wird<br />

im Portalbereich eine Querscheibe mit<br />

Bogenform ausgebildet, die in eine<br />

geschlossene und eine transparente<br />

Fläche gegliedert ist.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Reintjes<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />

Berlin<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Auftragsverwaltung<br />

Freie Hansestadt Hamburg,<br />

Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation<br />

Projektdurchführung<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin


Zum zweiten Mal lobt die<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />

mit<br />

MixedMedia Konzepts<br />

einen Ideenwettbewerb aus.<br />

Lärmschutzwände<br />

sind diesmal das große Thema.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Ingenieure, Architekten, Planer, Studierende und ausführende<br />

Unternehmen sind aufgerufen, zukunftsweisende Ideen und<br />

Konzepte für Lärmschutzwände zu entwickeln und einzureichen,<br />

die höchste Ansprüche erfüllen – in puncto Ästhetik, Technik,<br />

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.<br />

Im Rahmen unserer Zeitschriften und Symposien engagieren<br />

wir uns seit Jahren für mehr Baukultur bei Ingenieurbauwerken –<br />

und dazu gehören selbstverständlich auch Lärmschutzwände<br />

an Bahnanlagen, Autobahnen, Schnell- und Stadtstraßen.<br />

Mit unserem Ideenwettbewerb wollen wir daher zur<br />

(weiteren) Qualitätsverbesserung im Infrastrukturbereich<br />

beitragen.<br />

Eine unabhängige und hochkarätig besetzte Fachjury wird alle<br />

eingesandten Entwürfe beurteilen.<br />

Die Ausschreibungsunterlagen stehen ab dem 15. April 2012<br />

im Internet unter www.mixedmedia-konzepts.de zum<br />

Download zur Verfügung.<br />

Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 |<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

19


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Maßnahme im Rahmen der Autobahnerweiterung in Hamburg<br />

Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke<br />

von Karl-Heinz Reintjes, Gregor Gebert<br />

Die Bundesautobahn A 7 quert<br />

zwischen den Anschlussstellen<br />

Hamburg-Stellingen und -Volkspark<br />

mit der Langenfelder Brücke das<br />

Gelände des Betriebsbahnhofs<br />

Langenfelde und zahlreiche Gleise<br />

der Fern- und S-Bahn sowie Stadtstraßen<br />

und Wege. Das vorhandene<br />

Bauwerk kann die im Zuge der<br />

Erweiterung der A 7 geplanten<br />

Verkehrsbreiten nicht aufnehmen.<br />

Voruntersuchungen ergaben<br />

zudem, dass sowohl die Über-<br />

bauten als auch die Pfeiler nicht<br />

in der Lage sind, die zusätzlichen<br />

Belastungen aus der erforderlichen<br />

Verbreiterung und den vorzu-<br />

sehenden 7,50 m hohen Lärmschutzwänden<br />

abzutragen. Das<br />

vorhandene Bauwerk wird daher<br />

rückgebaut und durch einen<br />

Neubau ersetzt.<br />

1 Umfeld der Baumaßnahme<br />

Die Autobahntrasse liegt am Bauwerksbeginn<br />

in einer Klothoide und geht dann<br />

in einen konstanten Radius von 600 m<br />

über, das Quergefälle steigt entsprechend<br />

auf bis zu 5 % an. Für die achtstreifige<br />

Erweiterung der Bundesautobahn (BAB)<br />

A 7 wird gemäß den »Richtlinien für<br />

die Anlage von Autobahnen« (RAA) ein<br />

RQ 43,5 B mit einem zusätzlichen Fahrstreifen<br />

je Richtungsfahrbahn vorgesehen.<br />

Unter dem Bauwerk bzw. im Umfeld<br />

befinden sich umfangreiche Anlagen<br />

der Deutschen Bahn, der S-Bahn mit<br />

der Station Hamburg-Stellingen und<br />

des Betriebsbahnhofs Langenfelde. Die<br />

S-Bahn-Station ist mit einem Fußgängertunnel<br />

an den südwestlich der Brücke<br />

gelegenen Busbahnhof angebunden,<br />

der sowohl die Bahnanlagen als auch<br />

das Brückenbauwerk kreuzt. Die S-Bahn-<br />

Station wie der Busbahnhof sind zudem<br />

Hauptumsteigepunkte des öffentlichen<br />

Nahverkehrs für die Erschließung der in<br />

der Nähe situierten Veranstaltungsorte<br />

HSH Nordbank (Hamburger SV) und<br />

Colour-Line-Arena.<br />

20 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Luftbild des Autobahnabschnitts<br />

© www.maps.google.de<br />

Die Baumaßnahme Langenfelder Brücke<br />

berührt damit eine Vielzahl von überregionalen<br />

und innerstädtischen Verkehrsbeziehungen,<br />

die auch während der<br />

Baudurchführung in vollem Umfang zu<br />

gewährleisten sind. Dies betrifft insbesondere<br />

die sechsstreifig befahrene A 7,<br />

welche über das Bauwerk geführt wird,<br />

sowie die unterführten S- und Fernbahnstrecken.<br />

2 Das Bestandsbauwerk<br />

Die vorhandene Brücke wurde 1972 als<br />

siebenfeldriges Spannbetonbauwerk<br />

errichtet. Die getrennten Überbauten<br />

haben Längen von 398,50 m (West) bzw.<br />

385,30 m (Ost), wobei die Stützweiten<br />

zwischen 42,40 m bis maximal 80 m<br />

variieren. Die Überbauten bestehen<br />

aus längs und quer vorgespannten,<br />

einzelligen Hohlkästen mit Bauhöhen<br />

von 2,62 m bzw. 3,15 m. Die Gesamtbreite<br />

beträgt 45,50 m.<br />

3 Betoniertakte des Bestandsüberbaus<br />

© DEGES GmbH<br />

Für die Vorspannung wurden, wie damals<br />

üblich, ausschließlich in Verbund<br />

liegende Spannglieder verwendet.<br />

2 Bestehende Brücke<br />

© DEGES GmbH


Die Herstellung erfolgte auf einem<br />

bodengestützten Lehrgerüst. Als erster<br />

Abschnitt wurde ein sogenannter Tisch<br />

etwa in Bauwerksmitte errichtet, anschließend<br />

wurden beide Überbauten<br />

feldweise zunächst in Richtung des<br />

südlichen und danach in Richtung des<br />

nördlichen Widerlagers vervollständigt.<br />

Die flach gegründeten Pfeiler bestehen<br />

aus rautenförmigen Stahlbetonscheiben<br />

und haben zur Auflagerung der Überbauten<br />

Hammerköpfe, die in Querrichtung<br />

vorgespannt sind. Die Widerlager<br />

sind als hochliegende Konstruktionen<br />

in aufgelöster Struktur ausgeführt und<br />

ebenfalls flach gegründet.<br />

3 Das neue Bauwerk<br />

Das Konzept für den Neubau leitet sich<br />

maßgeblich aus der Minimierung der<br />

Verkehrsbeeinträchtigungen und insofern<br />

aus der Realisierung einer möglichst<br />

kurzen Bauzeit ab. Im Rahmen einer<br />

Vorplanung wurde, davon ausgehend,<br />

eine Stahlverbundkonstruktion als<br />

Vorzugslösung ermittelt.<br />

Das neue Bauwerk ersetzt die vorhandene<br />

Brücke bei weitgehender Beibehaltung<br />

der vorhandenen Trassierung.<br />

Die Pfeilerstandorte im Bahnbereich<br />

wurden dabei so optimiert, dass die<br />

bisherige Anordnung zwischen den<br />

Fernbahngleisen entfällt. Die Anzahl<br />

der Auflagerachsen wird damit gegenüber<br />

der alten Brücke von acht auf<br />

sieben reduziert, was im Resultat ein<br />

sechsfeldriges Bauwerk bedeutet. Die<br />

Gesamtlänge des Neubaus beträgt<br />

400,90 m (West) bzw. 385,40 m (Ost)<br />

bei Stützweiten zwischen 48,60 m<br />

bis maximal 80,60 m. Zwischen den<br />

Lärmschutzwänden weist er eine<br />

Gesamtbreite von 51,10 m auf.<br />

Die Überbauten bestehen jeweils aus<br />

zwei oben offenen, begehbaren Trapezkästen<br />

aus Stahl und einer Fahrbahnplatte<br />

aus Stahlbeton, die aus Halbfertigteilen<br />

mit einer Ortbetonergänzung<br />

konzipiert ist. Bei nahezu horizontaler<br />

Lage der Kastenunterkante ergeben<br />

sich von Ost nach West ansteigende<br />

Konstruktionshöhen zwischen ca. 2,70 m<br />

und 4,30 m. Die Hauptträger werden im<br />

Rasterabstand von ca. n x 4,10 m durch<br />

radial positionierte Querträger miteinander<br />

verbunden, welche die Hauptträger<br />

durchdringen und sich in den Kragarmbereichen<br />

als Konsolen fortsetzen. Das<br />

dadurch gebildete Quersystem dient zum<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

4 5 Ansicht und Schnitt in Achse West<br />

© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />

einen der Auflagerung der Halbfertigteile<br />

und zum anderen der Querverteilung<br />

der Lasten. Die kontinuierliche Anordnung<br />

von Querträgern ermöglicht den<br />

vollständigen Verzicht auf separate<br />

Stützenquerträger.<br />

Die Pfeiler werden aus gestalterischen<br />

und statischen Gründen als schlanke<br />

Verbundstützen realisiert, wobei ihre<br />

Gründung im Unterschied zum Bestandsbauwerk<br />

auf Bohrpfählen erfolgt. Als<br />

Widerlager sind zurückgesetzte Kastenwiderlager<br />

vorgesehen, die flach<br />

gegründet werden.<br />

6 7 Querschnitte: Bestand und Neubau<br />

© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />

Auf dem Überbau wird zur Lärmminderung<br />

eine einlagige, offenporige Asphaltdeckschicht<br />

(OPA) aufgebracht, über<br />

der neuen Brücke werden die seitlichen<br />

Lärmschutzwände der Strecke mit 7,50 m<br />

Höhe weitergeführt.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

21


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

4 Abbruch- und Herstellungskonzept<br />

4.1 Wesentliche Randbedingungen<br />

Die Baudurchführung ordnet sich grundsätzlich<br />

in die Gesamtbaumaßnahme<br />

»Erweiterung der A 7 im Abschnitt<br />

Stellingen» ein und gliedert sich in die<br />

nachfolgend aufgelisteten Bauphasen<br />

Der Verkehr auf der A 7 wird in allen<br />

Phasen mit einer 6+0-Verkehrsführung<br />

über den in Funktion verbleibenden<br />

Bestands- bzw. den dann neu errichteten<br />

Überbau geleitet. Betriebsunterbrechungen<br />

auf den Strecken der S- und<br />

Fernbahn (nördlicher Bereich) sind nur<br />

9<br />

22 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Bauphase Bezeichnung<br />

1.1 Erweiterung östliche RF (Flensburg) - Abbruch BW Ost<br />

1.2 Erweiterung östliche RF (Flensburg) - Neubau BW Ost<br />

2.1 Erweiterung westliche RF (Hannover) - Abbruch BW West<br />

2.2 Erweiterung westliche RF (Hannover) - Neubau BW West<br />

8 Hauptbauphasen der A-7-Erweiterung in Stellingen<br />

© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />

10 Vorgesehener Abbruch der Bestandsüberbauten<br />

© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />

in Ausnahmefällen an bestimmten<br />

Wochenenden möglich. Dementsprechend<br />

sind über diesen Gleisen für<br />

Abbruch und Montage der Überbauten<br />

lediglich Verschubvorgänge vorgesehen,<br />

die innerhalb der zeitlich begrenzten<br />

Sperrpausen realisierbar sind. Die Gleise<br />

des Betriebsbahnhofs (südlicher Bereich)<br />

können in Teilbereichen auch längerfristig<br />

gesperrt werden, da sich jeweils<br />

andere Gleise für eine Umfahrung nutzen<br />

lassen: Hier kann der Abbruch daher mit<br />

konventionellen Geräten von unten<br />

erfolgen.<br />

4.2 Abbruch des Bestandsbauwerks<br />

4.2.1 Unterschiedliche Verfahren<br />

Der Abbruch erfolgt entsprechend<br />

den möglichen Einschränkungen des<br />

Bahnbetriebs mit unterschiedlichen<br />

Verfahren für den südlichen und<br />

nördlichen Teil des Überbaus.<br />

4.2.2 Teilabbruch Süd<br />

(Bereich Betriebsbahnhof)<br />

Der Überbau wird zunächst von oben<br />

geleichtert. Dies umfasst die Demontage<br />

der Geländer und Schutzeinrichtungen,<br />

den Abbruch der Kappen und das Abfräsen<br />

der Beläge. Darüber hinaus erfolgt<br />

mittels Trennschnitten ein Teilrückbau<br />

der Fahrbahnplatte in den Kragbereichen<br />

sowie zwischen den Stegen.<br />

Das Abbruchgut wird über den noch<br />

funktionstüchtigen Überbau in Richtung<br />

Widerlager Süd ausgefahren und dort<br />

zerkleinert, was den erforderlichen<br />

Zeitraum für die Sperrung der Bahnanlagen<br />

auf ein Minimum reduziert.<br />

Der verbleibende Trogquerschnitt,<br />

bestehend aus Stegen und Bodenplatte,<br />

wird anschließend mit schwerem<br />

Abbruchgerät von unten, das heißt von<br />

der Bahnanlage aus, abgebrochen, die<br />

hierfür durch eine Schutzlage (Kies- und<br />

Sandschüttung) gesichert ist. Aufgrund<br />

der Abhängigkeiten bei den Gleissperrungen<br />

erfolgt der Abbruch in<br />

zwei Teilabschnitten.<br />

4.2.3 Teilabbruch Nord<br />

(Bereich S- und Fernbahn)<br />

Im Bereich der Fern- und S-Bahn-Gleise<br />

sind nur kurzzeitige Sperrungen der<br />

Bahnanlage möglich. Es ist daher vorgesehen,<br />

den kompletten Überbau<br />

zunächst in Richtung Norden auszuschieben,<br />

bevor er dann mit schwerem<br />

Abbruchgerät weiter zerkleinert wird.<br />

Für den Verschub ist das Aufstellen von<br />

Hilfsstützen im Abstand von ca. 25 m<br />

erforderlich, da der ursprünglich auf<br />

Lehrgerüst hergestellte Überbau für die<br />

veränderlichen Lagerungsbedingungen<br />

nicht ausgelegt ist. In Abhängigkeit von<br />

den Beanspruchungen ist er zusätzlich<br />

durch externe Vorspannung zu verstärken.<br />

Beim Verschub ist zu beachten,<br />

dass der vordere Bereich des Überbaus<br />

noch in einer Klothoide trassiert ist.<br />

Die Hilfsstützen und Verschublager sind<br />

dementsprechend so zu konzipieren, dass<br />

die auftretenden Querverschiebungen<br />

aufgenommen werden können.


11<br />

12 Geplante Montage des Neubaus<br />

© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />

4.3 Herstellung der neuen Überbauten<br />

Aus Gründen der Eingriffsminimierung<br />

erfolgen die Montage der Stahlkonstruktion<br />

im gesamten Bahnbereich mittels<br />

Taktschiebeverfahren ohne Hilfsstützen,<br />

die Herstellung der Fahrbahnplatte<br />

zudem unter Verwendung von Halbfertigteilen<br />

mit nachträglicher Ortbetonergänzung<br />

ausschließlich von oben.<br />

Durch den hohen Vorfertigungsgrad<br />

wird eine deutliche Reduzierung der<br />

Bauzeit erreicht.<br />

Der Verschub ist von Süden nach Norden<br />

vorgesehen, der Vormontageplatz<br />

befindet sich also hinter dem südlichen<br />

Widerlager. Die Verschubebene liegt<br />

ca. 3–4 m über dem Endniveau, so dass<br />

der Überbau nach dem Verschub entsprechend<br />

abzustapeln ist. Damit sind<br />

zwar relativ aufwendige Hilfskonstruktionen<br />

an den Stützen erforderlich, es<br />

ergibt sich jedoch der Vorteil, dass ein<br />

unnötiger Abtrag des bestehenden<br />

Autobahndamms vermieden wird und<br />

dass Durchbiegungen der Kragarmspitze<br />

zu keinerlei Konflikten mit der Oberleitungsanlage<br />

führen. Das nördliche<br />

Überbauteil wird mittels Kranmontage<br />

von unten hergestellt, da er in der<br />

Klothoide liegt und sein Einschieben<br />

größere Probleme verursachen würde.<br />

Nach beendeter Montage der Stahlkonstruktion<br />

schließt sich das Auslegen der<br />

Betonfertigteile für die Fahrbahnplatte<br />

an. Hierfür ist ein schienengebundener<br />

Portalkran oder Ähnliches vorgesehen,<br />

welcher auf den ausgesteiften Hauptträger-Obergurten<br />

fährt. Danach erfolgt<br />

die Betonage der Ortbetonergänzung<br />

in ca. 2 x 3 Abschnitten fortlaufend,<br />

parallel von beiden Widerlagern aus<br />

zur Brückenmitte.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Reintjes<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />

Berlin<br />

Dipl.-Ing. Gregor Gebert<br />

Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,<br />

Berlin<br />

Die neue Generation<br />

von Ankerschienen.<br />

Kundenservice 0800-888 55 22 | www.hilti.de<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Auftragsverwaltung<br />

Hansestadt Hamburg,<br />

Behörde Wirtschaft, Verkehr, Innovation<br />

Projektdurchführung<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin<br />

Entwurfsplanung und Ausschreibung<br />

Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin<br />

Hilti. Mehr Leistung.<br />

Mehr Zuverlässigkeit.<br />

Hilti – der verlässliche Partner für sichere Verankerungslösungen.<br />

Die V-Form der Hilti Ankerschiene HAC ist die Basis für<br />

leistungsfähige und zuverlässige einbetonierte Befestigung.<br />

• Überragendes Tragverhalten aufgrund der innovativen V-Form.<br />

• Abgedichtetes System mit einer umweltverträglichen<br />

LPDE-Schaumfüllung.<br />

• Einfaches, abgestimmtes System, das mit wenigen<br />

unterschiedlichen Elementen auskommt.<br />

1/2 . • Europäische Technische Zulassung für vorwiegend ruhende<br />

und dynamische Lasten im Brandfall – ETA-11/0006.<br />

2012 | BRÜCKENBAU<br />

23


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Variantenuntersuchung und Entwurf<br />

Neue Kattwykbrücke in Hamburg<br />

von Rico Stockmann, Helmut Schmitt<br />

Durch die Lage im engbebauten<br />

urbanen Raum über einem mit<br />

großen Seeschiffen befahrenen<br />

Gewässer und die Nutzung der<br />

Brücke durch sehr schwere Güterzüge<br />

ergaben sich viele Punkte, die<br />

eine Mitwirkung von Fachleuten für<br />

Stadtplanung, Straßen- und Eisenbahnen,<br />

Nautik, Maschinenbau,<br />

Elektrotechnik, konstruktiven<br />

Ingenieurbau, Geologie, Tiefbau,<br />

Architektur, Umwelt und Naturschutz<br />

sowie Hochwasserschutz<br />

erforderlich machten. Am Ende der<br />

Planung steht ein ca. 2 km langer<br />

Verkehrszug mit mehreren Brücken,<br />

Stützwänden, Betriebsgebäuden,<br />

Hochwasserschutzwänden, einem<br />

neuen Leuchtturm und dem Haupt-<br />

bauwerk, einer 300 m langen,<br />

zweigleisigen Hubbrücke aus Stahl:<br />

der neuen Bahnbrücke Kattwyk.<br />

Über die umfangreiche Variantenuntersuchung,<br />

die Abwägung aller<br />

Alternativen und die Entwurfs-<br />

planung im Detail soll hier<br />

berichtet werden.<br />

1 Allgemeines<br />

Der Hamburger Hafen ist der größte<br />

deutsche Seehafen und gehört darüber<br />

hinaus zu den größten der Welt. Er liegt<br />

als Tidehafen am Unterlauf der Elbe ca.<br />

100 km von der Mündung der Elbe in<br />

die Nordsee entfernt. In Hamburg bildet<br />

die Elbe ein Binnendelta aus und teilt<br />

sich für ca. 15 km in die Hauptarme<br />

der Norder- und Süderelbe, welche die<br />

Elbinsel Wilhelmsburg einschließen.<br />

Innerhalb des Hamburger Hafens kommt<br />

der Anfang der 1970er Jahre errichteten<br />

Kattwykbrücke als Querung über die<br />

Süderelbe eine zentrale Bedeutung zu.<br />

Die bestehende Kattwykbrücke ist eine<br />

Hubbrücke mit einem 96 m breiten und<br />

53 m hohen Lichtraum für die Schifffahrt,<br />

24 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Lage der Brücke im Hamburger Hafen<br />

© Hamburg Port Authority<br />

die als kombiniertes Bauwerk für den<br />

Straßen- und Eisenbahnverkehr ausgelegt<br />

ist. Die Brücke stößt aber absehbar an<br />

die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit:<br />

Untersuchungen zur Restlebensdauer<br />

zeigen auf, dass aufgrund von Materialermüdung<br />

kurz- bis mittelfristig mit<br />

Schäden gerechnet werden muss, die<br />

ihre Tragfähigkeit einschränken. Mit dem<br />

in Parallellage geplanten Neubau soll nun<br />

der gesamte Schienenverkehr auf eine<br />

bewegliche Eisenbahnbrücke verlagert<br />

werden. Dadurch wird die vorhandene<br />

2 Bestehende Straßen- und Eisenbahnbrücke<br />

© Hamburg Port Authority<br />

Kattwykbrücke entlastet und steht dem<br />

Straßenverkehr noch langfristig zur<br />

Verfügung.<br />

Die Hamburg Port Authority hat im<br />

Dezember 2008 die Planung für die<br />

Errichtung eines zweigleisigen Ersatzbauwerkes<br />

aufgenommen. Seit August 2009<br />

wird die Objekt- und Tragwerksplanung<br />

für das Projekt Neue Bahnbrücke Kattwyk<br />

durch die Ingenieurgemeinschaft der<br />

Büros Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Sellhorn Ingenieurgesellschaft und<br />

Ingenieurbüro H. Vössing betrieben.


3 Entscheidungsprozess<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

2 Vorplanung<br />

2.1 Planungsstufen<br />

Die Vorplanung erfolgt in drei wesentlichen<br />

Stufen:<br />

– Planung der Verkehrsanlage<br />

(Variantenuntersuchung der Lage),<br />

– Planung der Ingenieurbauwerke<br />

(Variantenuntersuchung der<br />

Ingenieurbauwerke),<br />

– Ausarbeitung der vollständigen<br />

Vorplanungsunterlagen der Vorzugsvariante.<br />

2.2 Lage des Bauwerks<br />

Durch die urbane Lage des Baufeldes<br />

waren umfangreiche bauliche und<br />

nautische Randbedingungen zu beachten,<br />

wobei sich zwei generelle Möglichkeiten<br />

für die neue Brücke ergaben:<br />

je eine Variante südlich und nördlich<br />

des Bestandsbauwerkes.<br />

4 5 Bauliche und nautische Randbedingungen<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Die südliche Variante ist wegen der<br />

geplanten Bundesautobahn A 252<br />

»Hafenquerspange«, der Nähe zum<br />

geplanten Liegeplatz des Kraftwerkes<br />

Moorburg und der Lage zum Hohe-<br />

Schaar-Hafen ungünstiger. Für den<br />

Straßenverkehr ist sie ebenfalls nachteilig,<br />

da sich Straße und Eisenbahn<br />

an jedem Ufer überwerfen müssen.<br />

Die nördliche Variante ist nautisch für die<br />

Passage großer Schiffe ungünstig, da die<br />

Brücke kurz hinter einer Kursänderung<br />

liegt und somit den Raum zur genauen<br />

Ausrichtung der Schiffe verkürzt.<br />

Zusätzlich muss sie sehr weit im Norden<br />

angeordnet werden, und der Fernwärmedüker<br />

befindet sich dann zwischen<br />

beiden Brückenbauwerken.<br />

Für die Eisenbahn ist zudem ein enger<br />

Radius von 300 m erforderlich, um<br />

vor dem Tanklager die Richtung zu<br />

ändern.<br />

Die Abwägung der beiden Alternativen<br />

führte zum Ergebnis, dass die nördliche<br />

Variante besser geeignet ist, wenn die<br />

sichere Schiffspassage auch mit der<br />

kürzeren Strecke zur Ausrichtung sichergestellt<br />

werden kann. Da diese Frage von<br />

nautischen Fachleuten ebenfalls nicht<br />

klar zu beantworten war, wurde eine<br />

Simulation am Marine Training Center<br />

Hamburg durchgeführt. Dabei wurde<br />

nachgewiesen, dass eine sichere Passage<br />

bei einer leichten Vergrößerung der<br />

Hauptspannweite gewährleistet ist.<br />

Damit ergab sich die nördliche Brückenlage<br />

als klar vorteilhaft.<br />

Die als Resultat der Vorplanung der<br />

Verkehrsanlage gewählte Lage der<br />

Brücke mit der aus nautischen Gründen<br />

definierten Durchfahrtsbreite von 108 m<br />

erfordert eine Hauptstützweite von ca.<br />

130 m. Der Achsabstand zur bestehenden<br />

Kattwykbrücke beträgt 58 m.<br />

6 7 Südliche und nördliche Variante<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

8 Nautische Simulation<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

25


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

10<br />

9 11 Alternativen: Doppel-Drehbrücke, Drehbrücke, Klappbrücke mit Doppelklappe<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

2.3 Wahl des Brückentyps<br />

Ziel war es, im Hinblick auf den exponierten<br />

Standort ein Bauwerk zu entwerfen,<br />

das der Lage auf stadträumlicher Ebene<br />

und der Ensemblewirkung gemeinsam<br />

mit der vorhandenen Brücke gerecht wird<br />

und das sich wirtschaftlich herstellen,<br />

betreiben und unterhalten lässt. Bei<br />

der Ausarbeitung von Lösungsmöglichkeiten<br />

für das Tragwerk wurde daher<br />

eine optische Verträglichkeit der Brücke<br />

im städtebaulichen Gesamtbild unter<br />

Beachtung ihrer Fern- wie der Ensemblewirkung<br />

angestrebt. Dabei wurde<br />

13<br />

26 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

14 Untersuchung von Pylontypen<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

dem Gedanken einer »Brückenfamilie«<br />

gestalterisch große Bedeutung zugesprochen:<br />

Untersucht wurden Varianten,<br />

die sich gestalterisch sehr eng am<br />

Bestand orientieren oder auch eine<br />

eigenständige Form entwickeln.<br />

In einem ersten Schritt wurden die<br />

Alternativen Hub-, Klapp- und Drehbrücke<br />

ausgewählt, die grundsätzlich<br />

für ein Bauwerk dieser Größenordnung<br />

in Frage kommen. Als Ergebnis stellte<br />

sich eine Hubbrücke als geeignetste<br />

Lösung heraus.<br />

In einem weiteren Schritt wurde dann<br />

der Überbau untersucht, für den sich<br />

Fachwerk-, Stabbogen- und Vollwandkonstruktionen<br />

verschiedener Art<br />

anbieten. Fachwerke erwiesen sich<br />

hier als optimal.<br />

Die Form des Fachwerks und der Pylone<br />

wurde wegen der großen ästhetischen<br />

Bedeutung und ihrer Wirkung im Stadtbild<br />

schließlich in einem weiteren Schritt<br />

anhand von Visualisierungen vertiefend<br />

betrachtet.<br />

12 Überbauvarianten für die Hubbrücke<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH


15 16 Gewählte Vorzugsvariante<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

Es zeigte sich, dass als Vorzugsvariante<br />

eine parallelgurtige Fachwerkbrücke mit<br />

konstanter Bauhöhe über drei Felder<br />

ausgeführt werden sollte. Die Pylone<br />

wurden dazu passend entwickelt, wobei<br />

durch die Verbreiterung ihrer Stiele eine<br />

sehr klare, einfache Form erreicht wird,<br />

die gut mit der des Überbaus harmoniert<br />

und zudem eine bequeme Erschließung<br />

der Triebwerksräume ermöglicht. Die<br />

diesem Bauwerksentwurf zugrundeliegende<br />

Konzeption ist im Hinblick auf<br />

Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten<br />

sowie technische Funktionsfähigkeit und<br />

Ästhetik die optimale Lösung.<br />

3 Bauwerksentwurf<br />

3.1 Überbaukonzeption<br />

Der Überbau wird als Einfeldträgerreihe<br />

aus drei parallelgurtigen Fachwerkträgern<br />

hergestellt, die mit Einzelstützweiten<br />

von 75,805 m im Seitenfeld (fest),<br />

130,810 m im Hubfeld und 75,805 m im<br />

Seitenfeld (fest) aufwarten. Die Bauhöhe<br />

des Überbaus beträgt 1,80–1,90 m und<br />

die Konstruktionshöhe 15,00 m. Letztere<br />

wurde gewählt, um ein Optimum für<br />

das Eigengewicht des Hubfeldes zu<br />

erreichen (λ = 131/15 = 8,70); aus<br />

gestalterischen Gründen kommt sie<br />

auch für die Seitenöffnungen zur<br />

Ausführung (λ = 76/15 = 5,10).<br />

Eine Systembreite von 11,30 m aufweisend,<br />

ist das Fachwerk mit geschweißten<br />

Hohlprofilen ausgebildet, wobei die<br />

Dienstgehwege im Inneren der Fachwerkstruktur<br />

liegen. Die Querträgerstützweite<br />

beträgt 11,30 m, die gewählte Konstruktionshöhe<br />

im Hauptfeld 1,33 m (Feldmitte)<br />

bzw. 1,43 m (Widerlager bzw.<br />

Pylon). Damit ergibt sich eine Schlankheit<br />

von λ = 8,30. Die Querträger in den<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Seitenfeldern haben Konstruktionshöhen<br />

von 1,08 m (Feldmitte) bzw. 1,16 m<br />

(Widerlager bzw. Pylon), was eine<br />

Schlankheit von λ = 10,50 bedeutet.<br />

Die Querträger sind als geschweißte<br />

offene Vollwandträger konzipiert, als<br />

Fahrbahn ist eine orthotrope Platte mit<br />

Hohlsteifen vorgesehen. Im Hauptfeld<br />

werden unter den Gleisen zudem Nebenlängsträger<br />

als offene geweißte Profile<br />

mit 750 mm Bauhöhe angebracht.<br />

Der Geh- und Radweg wird über nordseitig<br />

angeordnete Krag- an den Hauptträger<br />

angeschlossen, die Gehbahn<br />

wiederum als orthotrope Platte mit<br />

Hohlsteifen realisiert.<br />

Alle stählernen Bauteile der Überbauten<br />

werden aus Baustahl S355 J2+N hergestellt.<br />

17 18 Regelquerschnitte: Seitenfeld und Hubteil<br />

© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />

3.2 Pylonkonzeption<br />

Die Höhe der Pylone beträgt 81 m über<br />

NN, sie setzt sich aus der Hubhöhe des<br />

Überbaus von 45,70 m, der Konstruktionshöhe<br />

des Überbaus, der Länge<br />

der Seilanschlüsse und der Höhe des<br />

Maschinenhauses zusammen.<br />

Die Pylone bestehen aus je zwei vollwandigen<br />

Kastenstielen mit Abmessungen<br />

von 7,50 m x 2,75 m. Ihre Außenwände<br />

werden über offene Querrahmen<br />

und Längssteifen (Hohlsteifen) gegen<br />

Beulen ausgesteift. Die Pylone sind<br />

biegesteif mit den darunterliegenden<br />

Massivpfeilern verbunden, wobei die<br />

Auflagerung in den vier Eckpunkten jedes<br />

Stiels über eine Mörtelfuge auf Druck<br />

und eine Zugverankerung mittels vorgespannter<br />

Einzelspannglieder ohne<br />

Verbund erfolgt.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

27


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Der Pylon erhält drei Riegel als geschweißte<br />

Hohlprofile von 3,00 m Höhe und 1,10 m<br />

Breite, in seinem Kopfbereich werden<br />

zwischen den Stielen zudem Fachwerke<br />

aus Walzprofilen mit 8 m Konstruktionshöhe<br />

angeordnet. Aus diesen Fachwerken,<br />

den Riegeln und den Stielen entsteht in<br />

Querrichtung ein Vierendeel-Rahmen<br />

über drei Stockwerke.<br />

Die beiden Fachwerkebenen tragen die<br />

Lasten aus dem versteiften stählernen<br />

Pylondach und aus dem ebenfalls<br />

versteiften Bodenblech des Maschinenhauses.<br />

Die Hauptlast aus den Seiltrommeln<br />

wird hingegen über den<br />

obersten Riegel in die Stiele abgeleitet.<br />

Die asymmetrischen Lasten aus dem<br />

Maschinenrahmen, den Getrieben und<br />

E-Motoren werden über den statisch<br />

bestimmt gelagerten Maschinenrahmen<br />

in das versteifte Bodenblech geführt und<br />

über die seitlichen Fachwerke, welche<br />

sich über das Dach und die Bodenplatte<br />

zu einer Torsionsröhre verbinden, in die<br />

Pylonstiele abgeleitet.<br />

Die Herstellung aller stählernen Bauteile<br />

erfolgt wiederum aus Baustahl S355 J2+N.<br />

3.3 Gründung der Strompfeiler<br />

Für die Strompfeiler wurden in Abstimmung<br />

mit dem Bodengutachter Lösungen<br />

für die Gründung untersucht, wie<br />

verschiedene Senkkästen und Pfahlgründungen.<br />

Als wirtschaftlichste Alternative<br />

stellte sich eine Gründung als<br />

einteiliger, geschlossener Senkkasten in<br />

Druckluftbauweise heraus.<br />

Der Senkkasten ist im Grundriss mit<br />

Abmessungen von 29,00 m x 14,00 m<br />

geplant und wird mit einer Absetztiefe<br />

von NN –30,00 m ausgeführt. Zu seiner<br />

Aussteifung werden Segmentwände<br />

angeordnet, so dass sich seitlich jeweils<br />

vier Segmente ergeben, die mit Wasser<br />

und Sand ballastiert werden können.<br />

Das mittlere Segment weist größere<br />

Abmessungen auf, um von hier aus im<br />

Microtunneling-Verfahren einen Düker<br />

zur Verbindung der beiden Pylone zu<br />

realisieren. Für den Absenkvorgang<br />

wird die Unterseite des Senkkastens mit<br />

einer umlaufenden Schneide und einer<br />

19 Antriebsstrang mit Seiltrommel<br />

© Rapsch und Schubert GmbH<br />

28 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

20 Prinzip der Senkkastenherstellung<br />

© Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH<br />

ca. 3,00 m hohen Arbeitskammer versehen,<br />

die nach Erreichen der Endtiefe<br />

mit Magerbeton verfüllt wird, was<br />

konstruktiv einer Flachgründung entspricht.<br />

Prinzipiell ist geplant, den<br />

Bodenaushub in der Arbeitskammer<br />

beim Absenkvorgang mit einem fern-<br />

21 Lage des Antriebs im Pylonkopf<br />

© Rapsch und Schubert GmbH<br />

gesteuerten Gerät durchzuführen. Für<br />

die Demontage der Geräte sowie beim<br />

Auftreten von Hindernissen kann die<br />

Arbeitskammer zu jedem Zeitpunkt<br />

begangen werden: Bei Erreichen der<br />

Absetztiefe und Normaltide sind maximal<br />

ca. 3,20 bar Überdruck zu erwarten.


3.4 Maschinenbau<br />

Zum Heben des Hubfeldes einer Brücke dieser Größe stehen<br />

zunächst folgende grundsätzliche Antriebs-Varianten zur<br />

Verfügung:<br />

– Ritzelantrieb,<br />

– Hydraulikzylinderantrieb,<br />

– Friktionsantrieb (Treibscheibenantrieb),<br />

– Seilwinden- oder Kettenantrieb,<br />

– hydraulischer Flaschenzug.<br />

Ausarbeitung und Bewertung dieser Varianten ergaben<br />

schließlich, dass ein Friktionsantrieb die günstigste Lösung<br />

ist. Angeordnet wird er jeweils im Maschinenhaus und auf<br />

den Pylonspitzen. Der Antrieb des Hubteiles erfolgt damit als<br />

Friktionsantrieb über je zwei Treibtrommeltriebwerke, wobei<br />

das Überbaueigengewicht über Gegengewichte ausgeglichen<br />

wird, die als Stahlkästen mit Schwerbetonfüllung (35 kN/m³<br />

Wichte und 12 Vol.-% Bewehrungsanteil) ausgeführt werden.<br />

Der Überbau ist an insgesamt 48 Seilen mit d = 70 mm<br />

angeschlagen. Die gleitgelagerten Treibtrommeln für je<br />

12 Seile werden über jeweils eine Trommelkupplung und<br />

ein fünfstufiges Stirnradgetriebe von den Hauptmotoren<br />

angetrieben, die Betriebs- und Haltebremsen sind als Außenbackenbremsen<br />

konzipiert. Die Synchronisation der Antriebe<br />

erfolgt zwischen den beiden Antriebssträngen eines Pylons<br />

mechanisch, zwischen beiden Pylonen elektronisch.<br />

4 Weiterer Projektablauf<br />

Die Genehmigung des Brückenneubaus erfolgt über eine<br />

Planfeststellung der Gesamtbaumaßnahme, die im Herbst 2011<br />

eingeleitet wurde. Es ist mit einer Bearbeitungsdauer von<br />

12–15 Monaten bis zum Erreichen des Baurechtes zu rechnen.<br />

Die Ausschreibung wird direkt im Anschluss durchgeführt.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Rico Stockmann<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />

Hamburg<br />

Dr.-Ing. Helmut Schmitt<br />

Hamburg Port Authority AöR<br />

Bauherr<br />

Hamburg Port Authority AöR<br />

Vorentwurf, Entwurf, Ausführungsplanung<br />

Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Hamburg<br />

Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />

Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Hamburg<br />

Entwurfsberatung<br />

PPL Architektur und Stadtplanung GmbH, Hamburg<br />

Projektsteuerung<br />

IMS Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />

Ingenieurbüro Dr. Schippke und Partner, Hannover<br />

Maschinenbau<br />

Ingenieurbüro Rapsch und Schubert GmbH, Würzburg<br />

Elektrotechnik<br />

DriveCon GmbH, Dettelbach<br />

Umweltverträglichkeit<br />

Dipl.-Ing. Peter Mix, Barnstedt<br />

leguan gmbh, Hamburg<br />

Baugrundgutachten<br />

Grundbauingenieure Steinfeld und Partner GbR, Hamburg<br />

Prüfingenieur<br />

Dr.-Ing. Christian Böttcher, Hamburg<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Brückenbau<br />

Projekt Massetabrücke, Eisenbahn-<br />

Neubaustrecke Nürnberg – Erfurt<br />

Engineering Obermeyer,<br />

SSF Ingenieure, Büchting+Streit<br />

Projekt Fußgängerbrücke im Stadthafen<br />

Sassnitz (DEUTSCHER BRÜCKENBAUPREIS 2010)<br />

Engineering schlaich bergermann &<br />

partner<br />

Projekt Paserelle des deux Rives,<br />

Strasbourg – Kehl, Frankreich – Deutschland<br />

Engineering LAP Leonhardt Andrä &<br />

Partner<br />

Projekt Integrale Verbundbrücke, Nordumgehung<br />

Bad Oeynhausen über die A30<br />

Engineering Bockermann Fritze<br />

IngenieurConsult<br />

www.sofi stik.de<br />

1/2 . Bruecke_58x268_D_110121.indd 1 21.01.11 10:07<br />

2012 | BRÜCKENBAU<br />

29


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Konzeption und Herstellung<br />

Neubau der Rethebrücke in Hamburg<br />

von Martin Tenkleve, Henning Schrewe<br />

Die 1934 errichtete Rethe-<br />

Hubbrücke verbindet die Hafengebiete<br />

Neuhof und Hohe Schaar<br />

und liegt im südlichen Gebiet des<br />

Hafens. Für den Hamburger Hafen,<br />

den Straßenverkehr von und nach<br />

Süden sowie den Eisenbahnbetrieb<br />

der hier angesiedelten Ölindustrie<br />

ist sie unverzichtbar, denn bei ihrem<br />

Ausfall sind die Verkehrsträger<br />

Straße, Schiene und Seeschifffahrt<br />

behindert. Die Hamburg Port<br />

Authority investiert in die Infrastruktur<br />

des Hafens und lässt der-<br />

zeit die neue Rethe-Klappbrücke<br />

errichten, die nach ihrer Fertig-<br />

stellung die größte Klappbrücke<br />

Europas sein wird.<br />

1 Vorgeschichte<br />

1.1 Vorhandenes Bauwerk<br />

1934 wurde die heutige Hubbrücke<br />

über die Rethe inmitten des Hamburger<br />

Hafens in Betrieb genommen: eine<br />

kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke<br />

aus Stahl in Fachwerkbauweise.<br />

Ihre Stützweite beträgt ca. 77 m, die<br />

lichte Durchfahrtshöhe für Seeschiffe<br />

bei maximaler Hochlage des Hubteils<br />

befindet sich bei NN + 53 m. Die Fahrwasserbreite<br />

zwischen den Schutzdalben<br />

misst 44 m und limitiert die Schiffsgrößen<br />

für die hinter der Rethe-Hubbrücke<br />

liegenden Hafenumschlagsbetriebe.<br />

Im Norden und Süden queren die Gleise<br />

der Hafenbahn oberflächengleich die<br />

Straßen. Beim Öffnen der Hubbrücke für<br />

eine Schiffspassage auf der Rethe sind<br />

der Straßen- und Bahnverkehr unterbrochen.<br />

30 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1.2 Anlass zum Neubau<br />

Die regelmäßig durchgeführten Bauwerksprüfungen<br />

nach DIN 1076 zeigen<br />

das Ende der technisch-wirtschaftlichen<br />

Lebensdauer an, die rasante ökonomische<br />

Entwicklung des Hamburger Hafens<br />

mit zunehmendem Verkehr und daraus<br />

resultierenden Belastungen auf die<br />

Bauwerke haben ihre Wirkung hinterlassen.<br />

Die notwendigen Instandhaltungen<br />

und -setzungen übersteigen<br />

ein wirtschaftlich vertretbares Maß, und<br />

die dafür notwendigen planmäßigen und<br />

unplanmäßigen Sperrungen verursachen<br />

wachsende Verkehrsprobleme im Hafennetz<br />

und auf allen Verkehrsträgern.<br />

Die hafenwirtschaftliche positive Entwicklung<br />

erfordert zudem größere<br />

Abmessungen und eine höhere Kapazität<br />

des Verkehrsknotens, um das unzweifelhaft<br />

vorhandene Potential für das weitere<br />

Wachstum des Hamburger Hafens und<br />

der Hafenwirtschaft fördern zu können.<br />

Wegen des schlechten Bauwerkszustandes<br />

wurde die zulässige Geschwindigkeit<br />

für den Straßenverkehr auf 30 km/h<br />

herabgesetzt. Die Prüfintervalle für die<br />

Brückeninspektion wurden darüber<br />

hinaus auf einen Rhythmus von drei<br />

Jahren verkürzt, für Sondertransporte<br />

und Lademaßüberschreitungen ist die<br />

Brücke inzwischen gesperrt.<br />

1 Vorhandene Rethe-Hubbrücke<br />

© Hochtief Solutions AG<br />

1.3 Verkehrsknotenpunkt<br />

1.3.1 Bedeutung und Prioritäten<br />

Die Rethequerung wird von drei Verkehrsträgern<br />

frequentiert: Eisenbahn, Straßenverkehr,<br />

See- und Hafenschifffahrt. Bei<br />

jeder Passage von Seeschiffen muss<br />

das Hubteil hochgefahren werden, und<br />

Schienen- wie Straßenverkehr müssen<br />

warten. Vor und hinter der Brücke<br />

kreuzen außerdem mehrere Gleisstränge<br />

die Straßen, so dass bei Zugverkehr zum<br />

und vom Hafenbahnhof Hohe Schaar die<br />

Straßenverkehre ebenfalls angehalten<br />

werden müssen. Somit ergibt sich eine<br />

Verkehrsträger-Priorität mit Vorrang von<br />

Schiffs- vor Bahn- vor Straßenverkehr.<br />

Bei hohem Verkehrsaufkommen oder<br />

Störungen an anderen Stellen im Hafenverkehrsnetz<br />

kommt es daher immer<br />

wieder zu Staubildungen an der<br />

Rethe-Hubbrücke.<br />

1.3.2 Straßenverkehr<br />

Die vorhandene Rethe-Hubbrücke<br />

liegt im südlichen Gebiet des Hafens<br />

und erfüllt eine wichtige Funktion als<br />

Hauptstraßenverbindung von und nach<br />

Süden in Richtung Harburg zur Bundesautobahn<br />

(BAB) A 1 und zur zweiten<br />

Süderelbquerung über die Kattwykbrücke<br />

Richtung BAB A 7. Die Querung hat auch<br />

eine große Bedeutung als Alternative für


Hafenverkehre, die nicht die stark<br />

belastete Köhlbrandbrücke nutzen<br />

können. Im Falle einer Sperrung der<br />

Köhlbrandbrücke bildet derzeit die<br />

Kattwykbrücke die wichtigste Alternative<br />

für Ost-West-Verkehre im Hafen. Ohne die<br />

Rethequerung auf halbem Weg zwischen<br />

diesen wichtigen Süderelbbrücken wäre<br />

eine Ausweichmöglichkeit abgeschnitten,<br />

für die Hafenbetriebe ist sie ebenso<br />

unverzichtbar.<br />

1.3.3 Schienenverkehr<br />

Die heute eingleisige Strecke der<br />

Hamburger Hafenbahn über die Rethe-<br />

Hubbrücke wird derzeit mit ca. 40<br />

Rangierfahrten pro Tag frequentiert,<br />

wobei die am Nordufer der Rethe liegenden<br />

Mineralölbetriebe Hauptnutzer der<br />

Schienenverbindung sind. Dazu kommen<br />

Übergabefahrten der Hafenbahn<br />

zwischen den Hafenbahnhöfen Hamburg-<br />

Süd und Hohe Schaar. Der Bahnverkehr<br />

benötigt dringend eine kreuzungsfreie<br />

Linienführung.<br />

1.3.4 Schiffsverkehr<br />

Aufgrund des Schiffsverkehrs in den<br />

südlichen Reiherstieg wird die Hubbrücke<br />

gegenwärtig ca. 3.000-mal pro Jahr<br />

geöffnet. Die im südlichen Reiherstieg<br />

ansässigen Firmen sind im konventionellen<br />

Stückgutumschlag und im trockenen<br />

Massengutumschlag mit einem Gesamtumschlag<br />

von 1.500.000 t Getreide,<br />

Futter- und Düngemittel tätig (Zahlenwert<br />

von 2007). Somit verkehren zu<br />

diesen Firmen hauptsächlich Massengutschiffe<br />

(bulk carrier) und konventionelle<br />

Stückgutfrachter, die die Brücke passieren<br />

müssen. Eine Fahrrinnenerweiterung<br />

nach Fertigstellung des Neubaus wird<br />

den Verkehr zukünftig erleichtern und<br />

die Passage deutlich größerer Schiffe<br />

ermöglichen.<br />

2 Neubauplanung<br />

2.1 Teilnahmewettbewerb<br />

Bereits 2005 wurden die eigentlichen<br />

Planungen für einen Neubau der Rethebrücke<br />

aufgenommen und über einen<br />

Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben,<br />

bei dem die Beteiligung vergleichsweise<br />

groß und international war. Nach einer<br />

intensiven Auswahlphase wurde die<br />

Ingenieurgemeinschaft aus den Büros<br />

Grassl und Sellhorn als Objekt- und<br />

Tragwerksplaner sowie Prof. Bernhard<br />

Winking als Architekt mit den Planungen<br />

beauftragt. Die besondere Herausforderung<br />

dieses Projektes bestand und<br />

besteht darin, eine Vielzahl von technischen<br />

Spezialgebieten zu koordinieren:<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

2 Lage im Hamburger Hafen<br />

© Hamburg Port Authority AöR<br />

Wasserbau, Spezialtiefbau, Erdbau,<br />

Stahlbau, Maschinenbau, Elektrotechnik,<br />

Eisenbahnbau, Leit- und Sicherungstechnik,<br />

Kampfmittelsondierungen,<br />

Straßenbau, Massiv<strong>brückenbau</strong>, Stahl<strong>brückenbau</strong>,<br />

bewegliche und feste<br />

Brücken.<br />

Die zu beachtenden Randbedingungen<br />

für Planung und Bau sind sehr anspruchsvoll<br />

und umfassen unter anderem<br />

– die ständige Aufrechterhaltung des<br />

Straßen-, Bahn- und Schiffsverkehrs,<br />

– sehr beengte Platzverhältnisse,<br />

– diverse Hindernisse im Baugrund,<br />

– das Arbeiten im Tidebereich,<br />

– sensible Versorgungsleitungen in<br />

geringer Entfernung,<br />

– eine setzungsempfindliche Hubbrücke<br />

in unmittelbarer Nähe,<br />

– die Gewährleistung des Hochwasserschutzes<br />

während der Sturmflutsaison.<br />

3 Ansicht der Klappbrücke<br />

© Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />

2.2 Formfindung<br />

Die hauptsächliche Systemwahl erfolgte<br />

durch eine ausführliche Diskussion über<br />

die Hauptvarianten Hubbrücke oder<br />

Klappbrücke. Dabei fand eine Reihe<br />

von Untervarianten mit ein- und mehrflügeligen<br />

Klappen und möglichen<br />

Kombinationen Berücksichtigung. Am<br />

Ende entschied sich der Bauherr für zwei<br />

zweiflügelige Klappbrücken, je eine für<br />

Bahn- und Straßenverkehr auf gemeinsamen<br />

Widerlagern. Bei der Ausgestaltung<br />

des Entwurfes wurden neben den<br />

technischen Bauanforderungen und den<br />

Herstellungs- sowie Instandhaltungsund<br />

Betriebskosten auch die architektonische<br />

Einbettung in das Umfeld und<br />

die markante Position eines hafenbildprägenden<br />

Bauwerks angemessen<br />

beachtet. Der Entwurf einer eleganten<br />

Stahlfachwerkkonstruktion konnte<br />

schließlich alle beteiligten Ingenieure,<br />

Architekten und Stadtplaner überzeugen.<br />

Eine hohe Verfügbarkeit der beweglichen<br />

Brücke für alle Verkehrsträger war zudem<br />

ein ausschlaggebendes Kriterium.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

31


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Spannweite 104,00 m<br />

Fahrwasserbreite 64,00 m<br />

Durchfahrtshöhe unbegrenzt<br />

Breite Straßenbrücke 14,00 m<br />

Breite Bahnbrücke 10,20 m<br />

Konstruktionsgewicht je Klappe 1.100 t<br />

Zusätzlich zur Querung des Gewässers<br />

ist zur weiteren Entflechtung der Landverkehre<br />

eine Überbrückung des Bahnhofskopfes<br />

Hohe Schaar notwendig,<br />

damit die kreuzenden Bahnverkehre<br />

nicht länger die Straßenverbindungen<br />

blockieren und die Leistungsfähigkeit<br />

des gesamten Knotens deutlich erhöht<br />

werden kann.<br />

Eine technische Besonderheit und damit<br />

für die Ausführung eine Herausforderung<br />

ist die Fingerverriegelung in Bauwerksmitte:<br />

Bei geschlossener Brücke<br />

wird auf eine mechanische Verriegelung<br />

verzichtet. Für jede Lastfallsituation ist<br />

die Konstruktion also quasi selbstschließend<br />

zu dimensionieren.<br />

3 Ausschreibung<br />

3.1 Aufteilung in Lose<br />

Die Baumaßnahmen für die Lose 1 und 2<br />

wurden im Juli 2009 ausgeschrieben,<br />

wobei zur Auswahl geeigneter Bieter<br />

zuvor ein europaweiter öffentlicher Teilnahmewettbewerb<br />

durchgeführt wurde.<br />

Die Vergabe für die Vorlandbrücke (Los 2)<br />

erfolgte Anfang 2010, im Herbst 2010<br />

erhielt die Arbeitsgemeinschaft Rethebrücke<br />

den Auftrag für Los 1. Erteilt<br />

wurde er aufgrund der Vergabekriterien<br />

»Technischer Wert« und »Wirtschaftlichstes<br />

Angebot« auf eine Kombination<br />

aus Hauptangebot und technischen<br />

Nebenangeboten.<br />

3.2 Los 1<br />

Das Los 1 beinhaltet im Wesentlichen den<br />

Bau der Rethe-Klappbrücke. Straße und<br />

Bahn erhalten getrennte Überbauten, die<br />

je Seite auf gemeinsamen Widerlagern<br />

auflagern. Die neue bewegliche Brücke<br />

wird somit als zweiteilige, zweiflügelige<br />

Klappbrücke in Stahlbauweise mit einer<br />

Spannweite von 104,20 m zwischen den<br />

Drehlagern errichtet. Die Gesamtbreite<br />

der Straßenklappbrücke beträgt zwischen<br />

den Geländern 14,00 m, die der Bahnklappbrücke<br />

10,20 m. Der Querschnitt<br />

der Straßenklappbrücke ist geschlossen<br />

(als orthotrope Platte), jener der Bahnklappbrücke<br />

offen ausgebildet. Die<br />

32 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

4 Technische Daten<br />

© Hochtief Solutions AG<br />

Unterbauten werden als Klappenpfeiler<br />

bezeichnet und sind als tiefgegründete<br />

Stahlbetonkonstruktion geplant. Die<br />

Herstellung der zugehörigen Baugrubenwände<br />

geschieht in einem schonenden<br />

Bohrverfahren unter Aufrechterhaltung<br />

des laufenden Schiffs-, Bahn- und<br />

Straßenverkehrs von einer Hubinsel aus.<br />

Feste Vorlandbrücken von ca. 40 m Länge<br />

sorgen für die südliche Anbindung beider<br />

Verkehrswege an das Festland.<br />

3.3 Los 2<br />

Auf einer Gesamtlänge von ca. 196 m,<br />

die sich in Einzelstützweiten von 23 m in<br />

den Rand- und 30 m in den Mittelfeldern<br />

untergliedert, wird im Los 2 im Wesentlichen<br />

die den Bahnverkehr künftig<br />

überquerende Straßenbrücke errichtet.<br />

Sie erstreckt sich vom Widerlager Nord<br />

bis zum Widerlager Süd als tiefgegründete<br />

Verbundbrücke über ein Durchlaufträgersystem<br />

von sieben Feldern.<br />

Nach Fertigstellung der Lose 1 und 2<br />

werden der Rückbau der Rethe-Hubbrücke<br />

sowie die endgültigen bahnund<br />

straßenseitigen Anpassungen<br />

vorgenommen, um schließlich auch die<br />

neue, um 20 m auf 64 m verbreiterte<br />

Fahrrinne realisieren zu können.<br />

4 Bauausführung<br />

4.1 Technische Bearbeitung<br />

Nach Auftragserteilung im Herbst 2010<br />

haben die technischen Büros der an der<br />

Arbeitsgemeinschaft beteiligten Unternehmen<br />

umgehend mit der Ausführungsplanung<br />

begonnen, die konsequent auf<br />

Basis der Maschinenrichtlinie erfolgt. Der<br />

Entwurf des Auftraggebers wird dabei<br />

überprüft und in eine baureife Konstruktion<br />

umgesetzt. Durch den technischen<br />

Federführer der Arbeitsgemeinschaft,<br />

Hochtief Solutions AG, werden die<br />

einzelnen Fachplaner für das Betonbauwerk,<br />

die Stahlbrücke, die Elektrotechnik,<br />

Hydraulik und Steuerung<br />

inklusive Programmierung koordiniert.<br />

Die Planung wird bis zu Übergabe und<br />

Fertigstellung aller Bauteile durch eine<br />

Inbetriebnahme in situ auf Funktionalität<br />

kontrolliert.<br />

4.2 Baufeldvorbereitung<br />

Vor Beginn der eigentlichen Baumaßnahme<br />

wurden Arbeiten für die Baustelleneinrichtung<br />

und zur Beurteilung<br />

der Kampfmittelfreiheit ausgeführt.<br />

Besondere Aufmerksamkeit musste<br />

zudem einem über 30 Jahre bestehenden<br />

Versorgungsdüker der Ölindustrie<br />

geschenkt werden. Eine ebenso alte<br />

Spundwand, die zur Errichtung des<br />

Dükers erforderlich war und damals im<br />

Baugrund verblieb, galt es, schonend<br />

und unter permanenter Beobachtung zu<br />

ziehen, um die erforderliche Baufreiheit<br />

für die südliche Baugrube der Klappbrücke<br />

zu gewährleisten. Mit Hilfe einer<br />

Hubinsel und eines Taucherschiffs wurde<br />

die Spundwand vorbereitet und dann<br />

Bohle für Bohle gezogen. Zur Erstellung<br />

der nördlichen Baugrube wurde darüber<br />

hinaus eine Steinschüttung aus Gleisschotter<br />

eingebracht, während kontaminierte<br />

Materialien, wie Baggergut aus<br />

der Rethe, fachgerecht entsorgt wurden.<br />

4.3 Baugrubenherstellung<br />

Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu<br />

einem Leitungsdüker der Vopak und zur<br />

vorhandenen, setzungsempfindlichen<br />

Rethe-Hubbrücke sind die Baugrubenwände<br />

besonders sorgfältig auszuführen.<br />

Als eine technische Entwicklung der<br />

Arbeitsgemeinschaft wird die Baugrube<br />

als eine Rohrwand mit inneren und<br />

äußeren Füllbohlen hergestellt, wobei<br />

die Hubinsel so gewählt wurde, dass<br />

sie ein 90 t schweres Greiferbohrgerät,<br />

einen 250-t-Raupenkran und die<br />

erforderlichen Aggregate und Ausrüstungen<br />

aufnehmen kann. An das Greiferbohrgerät<br />

ist eine 40 t schwere Verrohrungsmaschine<br />

angeschlossen, mit<br />

der die Mantelrohre (d = 1.800 mm)<br />

schussweise eingebohrt werden: Das<br />

Mantelrohr wird ausgegriffen und das<br />

eigentliche, bis zu 30 m lange Tragrohr<br />

eingestellt und der Ringraum anschließend<br />

mit Kunstboden Doroflow® gefüllt.<br />

Jedes Tragrohr ist in der Werkstatt mit<br />

vier Schlössern, die mit einem Schlossschutz<br />

versehen sind, ausgerüstet. Nach<br />

Verfüllen der Rohre wird das Leerrohr mit<br />

einer Zugkraft bis zu 200 t gezogen. Der<br />

beschriebene Vorgang wird für jedes<br />

Tragrohr wiederholt, die Zwischenräume<br />

werden mit etwas kleineren Mantelrohren<br />

(d = 1.200 mm) in gleicher Weise<br />

geleert und die inneren wie äußeren<br />

Füllbohlen nach Ziehen des Schlossschutzes<br />

mit leichter Vibrationshilfe<br />

eingebracht. Die Vertikalität und das<br />

lagegenaue Absetzen der Konstruktion<br />

sind für die spätere Sicherheit der bis<br />

16 m tiefen Baugrube äußerst wichtig,


5 Baugrube des Widerlagers Nord<br />

© Hochtief Solutions AG<br />

zumal sie bei einem Hochwasser bis zu<br />

NN + 6,50 m mit einem Wasserüberdruck<br />

bis zu 24 m belastet wird.<br />

Um den Schiffsverkehr zu jeder Zeit zu<br />

gewährleisten und zudem die gebotene<br />

Sicherheit für den Versorgungsdüker<br />

zu erreichen, werden bei der südlichen<br />

Baugrube zwei Wände von einer eigens<br />

dafür gefertigten Stahlbrücke errichtet.<br />

Das Bohrgerät arbeitet von der Stahlbrücke<br />

aus und wird dabei von einem<br />

schwimmenden Gerät, dem Ponton »Kiel«<br />

der Hochtief Solutions AG, unterstützt.<br />

Die Ausführung der Arbeiten erfolgt im<br />

24-h-Betrieb, die Rethe-Hubbrücke und<br />

der Vopak-Düker werden baubegleitend<br />

messtechnisch überwacht.<br />

4.4 Widerlager mit Klappenkeller<br />

Nach Fertigstellung der Baugrubenwände<br />

werden die Baugruben ausgehoben,<br />

ausgesteift und mit einer 1,80 m dicken<br />

Unterwasserbetonsohle, in die ca. 600<br />

Auftriebspfähle eingebunden sind,<br />

8 9 Querschnitt und Längsschnitt des Klappenpfeilers<br />

© Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />

6 Baugrube des Widerlagers Süd<br />

© Hochtief Solutions AG<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

gesichert. In der gesicherten Baugrube<br />

werden die Stahlbetonklappenpfeiler<br />

errichtet, die zur Aufnahme des untenliegenden<br />

Gegengewichts dienen. Sie<br />

sind innen hohl und bestehen aus einer<br />

3,00–3,50 m dicken Sohlkonstruktion und<br />

aufgehenden Stahlbetonwänden von<br />

1,50–3,00 m Dicke. In dem Klappenpfeiler<br />

sind die Betriebsräume für Hydraulik,<br />

Steuerung und Elektrotechnik untergebracht.<br />

Sämtliche betrieblichen<br />

Anlagen sind gegen Hochwasser sicher<br />

zu schützen, da der Klappenkeller in<br />

einem solchen Fall (Hochwasser größer<br />

NN + 6,18 m) überflutet wird.<br />

7 Ausführungsprinzip<br />

der Rohrwand<br />

© Hochtief Solutions AG<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

33


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

4.5 Stahlüberbauten<br />

Insgesamt werden vier Stahlüberbauten<br />

hergestellt. Sie bestehen aus Hauptträgern,<br />

welche zunächst kastenförmig<br />

sind und dann im landseitigen Bereich<br />

in eine aufgelöste Fachwerkkonstruktion<br />

überführt werden. Die Klappen haben<br />

ein untenliegendes Gegengewicht, das<br />

mit Stahlbrammen und Schwerbeton<br />

gefüllt wird.<br />

Die Stahlüberbauten werden in Segmenten<br />

in Stahlwerken der MCE vorgefertigt,<br />

anschließend mit Schwerlasttransportern<br />

zu einem wassernahen Vormontageplatz<br />

geliefert, dort komplettiert und danach<br />

mit einem Ponton über Wasser zur Einbaustelle<br />

im Hamburger Hafen gebracht.<br />

Die Vormontage der Stahlbauelemente<br />

erfolgt zeitgleich mit der Herstellung der<br />

Klappenkeller, so dass direkt nach deren<br />

Ausführung mit der Montage begonnen<br />

werden kann. Nach der Vormontage von<br />

technischer Ausrüstung und Antrieben<br />

innerhalb der Klappenkeller werden<br />

die vorgefertigten Brückenteile mittels<br />

schwimmender Einheiten montiert.<br />

Die einzelnen Klappenteile werden<br />

nach Rückbau der Verbauwand über<br />

die entsprechende Auflagerstelle<br />

geschwommen, mit der Konstruktion<br />

der Klappenpfeiler verbunden sowie<br />

mit der vorinstallierten Hydraulik und<br />

Mechanik in die Hochlage befördert<br />

und endmontiert.<br />

34 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

10 Künftige Rethe-Klappbrücke mit Schiffsdurchfahrt<br />

© Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />

5 Ausblick<br />

Seit Januar 2012 sind die Baugrubenwände<br />

ohne Beeinträchtigung der Nachbarbebauung<br />

nahezu fertiggestellt. Die<br />

technische Bearbeitung der Stahlüberbauten<br />

ist abgeschlossen, mit dem<br />

Zuschnitt und der Vormontage der Stahlbrücken<br />

wird in den Werken inzwischen<br />

ebenso wie mit den Rohbauarbeiten vor<br />

Ort begonnen.<br />

Unter der Federführung der Hochtief<br />

Solutions AG Hamburg erfordert die<br />

schlüsselfertige Erstellung der später<br />

größten Klappbrücke Europas für Bahn<br />

und Straße eine intensive Zusammenarbeit<br />

von Auftraggeber und Auftragnehmer<br />

sowie aller Fachgewerke.<br />

Nach Fertigstellung der neuen Rethe-<br />

Klappbrücke muss noch die vorhandene<br />

-Hubbrücke demontiert und die Fahrrinne<br />

verbreitert werden. Im Jahr 2014<br />

wird Hamburg damit über eine verbesserte<br />

Hafeninfrastruktur verfügen und<br />

um ein Highlight der Ingenieurkunst<br />

reicher sein.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Martin Tenkleve<br />

Leitender Baudirektor,<br />

Hamburg Port Authority AöR<br />

Dipl.-Ing. Henning Schrewe<br />

Technischer Leiter Geschäftsstelle Marine Works,<br />

Hochtief Solutions AG,<br />

Hamburg<br />

Bauherr<br />

Hamburg Port Authority AöR<br />

Entwurf<br />

Winking ∙ Froh Architekten BDA, Hamburg<br />

Objekt- und Tragwerksplanung<br />

Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg<br />

Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />

Verkehrsplanung<br />

Ingenieur-Consult für Bahn- und Verkehrstechnik<br />

Hamburg GmbH<br />

Prüfung<br />

WTM Engineers GmbH, Hamburg<br />

Ausführung<br />

Hochtief Solutions AG, Hamburg<br />

F + Z Baugesellschaft mbH, Hamburg<br />

MCE Maschinen- und Maschinenbau GmbH & Co. KG,<br />

Linz, Österreich<br />

Waagner-Biro AG, Wien, Österreich


ENERGY AND INFRASTRUCTURE SOLUTIONS<br />

WIR SCHLAGEN bRüCKEN<br />

MIT KNOW-HOW FüR<br />

ENTSPANNTES REISEN<br />

Neue Verkehrswege bringen sicherer ans Ziel und schonen die Nerven<br />

der Autofahrer. Wir verbinden Menschen mit ganzheitlichen Lösungen.<br />

So entstehen Mehrwerte – nicht nur für unsere Kunden. HOCHTIEF<br />

Solutions Civil Engineering and Marine Works bietet neben seiner Kompetenz<br />

im und am Wasser auch Know-how für Lösungen im konstruktiven<br />

Ingenieurbau. Für Projekte, die die Welt näher zusammenrücken.<br />

Kontaktieren Sie uns:<br />

Tel.: 040 21986-0<br />

marine-works@hochtief.de<br />

www.hochtief-solutions.de/cem<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

35


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Bisherige Pilotprojekte und der aktuelle Neubau<br />

Straßenbrücken aus Holz in Bayern<br />

von Karl Goj<br />

Um die Tauglichkeit des Baustoffs<br />

Holz unter wirtschaftlichen Aspekten<br />

ohne Einschränkungen bei der<br />

Dauerhaftigkeit für Straßenbrücken<br />

nachzuweisen, hat die Bayerische<br />

Straßenbauverwaltung mit dem<br />

Staatlichen Bauamt Passau mehrere<br />

Pilotprojekte durchgeführt, die<br />

nachfolgend beschrieben werden:<br />

vom ersten Bauwerk bei Mapferding<br />

bis hin zu der vor kurzem fertiggestellten<br />

Brücke bei Hengersberg.<br />

1 Allgemeines<br />

Von alters her ist Holz ein wichtiger und<br />

vielseitig einsetzbarer Baustoff. In unserer<br />

Zeit gewinnt er vor allem unter dem<br />

Aspekt der Nachhaltigkeit wieder an<br />

Bedeutung: Holz ist ein nachwachsender<br />

Rohstoff mit einer Vielzahl von Vorteilen<br />

insbesondere unter ökologischen<br />

Aspekten. Im modernen Brückenbau<br />

spielt Holz allerdings nur eine untergeordnete<br />

Rolle. Vor dem Hintergrund<br />

der zunehmenden Beanspruchungen<br />

unserer Brücken durch den stark gestiegenen<br />

Verkehr steht hier primär das<br />

Thema Dauerhaftigkeit im Vordergrund.<br />

3 Holzbrücke über die B 533 bei Mapferding<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

36 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Brückenbestand in Bayern<br />

© Oberste Baubehörde<br />

Um bei Holzbrücken einen dauerhaften<br />

Schutz vor Verwitterung nicht zuletzt<br />

durch das Einwirken von Feuchtigkeit zu<br />

erreichen, wurden bis heute Holzbrücken<br />

vielfach überdacht. Diese Überdachungen<br />

stellen für Holzbrücken zwar einen<br />

optimalen Schutz dar, bringen aber<br />

deutliche Nachteile bei der Wirtschaftlichkeit.<br />

So kommt der Baustoff Holz meist nur<br />

bei weniger beanspruchten Fuß- und<br />

Radwegbrücken zum Einsatz. Zur<br />

Förderung des umweltfreundlichen<br />

Baustoffs Holz forderte der bayerische<br />

Landtag die bayerische Staatsregierung<br />

bereits im Jahre 1991 auf, »dafür Sorge<br />

zu tragen, dass bei allen staatlichen<br />

Bauvorhaben geprüft wird, ob umweltbelastende<br />

Baustoffe insbesondere durch<br />

den umweltfreundlichen Baustoff Holz<br />

ersetzt werden können«.<br />

2 Überdachte Holzbrücke<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

2 Bisherige Pilotprojekte<br />

Um die Tauglichkeit des Baustoffs Holz<br />

unter wirtschaftlichen Aspekten ohne<br />

Einschränkungen bei der Dauerhaftigkeit<br />

auch für Straßenbrücken nachzuweisen,<br />

realisierte die Bayerische Straßenbauverwaltung<br />

mit dem Staatlichen Bauamt<br />

Passau mehrere Pilotprojekte. Bereits im<br />

Jahre 1995 wurde die Überführung eines<br />

öffentlichen Feld- und Waldweges über<br />

die Bundesstraße B 533 bei Mapferding<br />

als Stahlbeton-Holz-Verbund-Brücke mit<br />

30 t Traglast errichtet. Dabei kam als<br />

Tragkonstruktion ein Bogen aus Brettschichtholz<br />

mit einer auf Holzstützen<br />

aufgeständerten Stahlbetonfahrbahnplatte<br />

zu Anwendung.


4 Holzbrücke über die B 85, Ortsumgehung Ruderting<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

Beim Bau der Überführung eines<br />

öffentlichen Feld- und Waldweges<br />

über die Bundesstraße 85 im Zuge der<br />

Ortsumgehung Ruderting wurde dann<br />

1996–1997 mit Ausnahme der Brückenkappe<br />

die gesamte Brücke aus Holz<br />

hergestellt. Als Tragkonstruktion wurde<br />

hier ein Sprengwerk mit V-förmigen<br />

Schrägstielen gewählt. Der Überbau<br />

ist als vierstegiger Plattenbalken aus<br />

Brettschichtholz ausgebildet. Die<br />

Fahrbahntafel und die Längsträger sind<br />

mit eingeleimten Stabdübeln schubfest<br />

verbunden. Als schwieriges Detail stellte<br />

sich insbesondere die Befestigung der<br />

Betonfertigteilkappe auf der Fahrbahntafel<br />

heraus, da die Kappe nach DIN 1052<br />

für eine Anpralllast von 100 kN bemessen<br />

werden musste. Auch hier wird eine<br />

ausreichende Verbindung mit eingeleimten<br />

Stabdübeln erreicht.<br />

Bei der nächsten, in den Jahren 2006–2007<br />

errichteten Brücke über die Bundesstraße<br />

85 im Zuge der Ortsumgehung<br />

Neukirchen vom Wald stand vor allem<br />

die Weiterentwicklung der konstruktiven<br />

Details im Mittelpunkt. Anders als bei<br />

der Brücke bei Ruderting wird hier der<br />

fünfstegige Plattenbalkenquerschnitt aus<br />

Brettschichtholz auf zwei Stahlträgern<br />

HEB 400 gelagert, die ihrerseits von je<br />

zwei senkrechten Holzpfeilern unterstützt<br />

werden. Zwischen den Stahlträgern und<br />

den Pfeilern sind querfeste bzw. allseits<br />

bewegliche Neoprenlager angeordnet.<br />

Die Holzbrücke bei Neukirchen vom<br />

Wald wurde bereits auf eine Traglast<br />

von 60 t bemessen und dabei versucht,<br />

weitgehend die Vorgaben der DIN-Fachberichte<br />

analog anzuwenden. Die Kappe<br />

wurde zum Beispiel mit Tellerankern und<br />

Zuglaschen in der Fahrbahnplatte aus<br />

Brettschichtholz verankert und zudem<br />

die Abdichtung im Kappenbereich<br />

verbessert.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

3 Holzbrücke bei Hengersberg<br />

3.1 Konstruktion<br />

Bei der zuletzt im vorigen Jahr errichteten<br />

Holzbrücke im Zuge der Bundesstraße<br />

553, Ortsumgehung Schwarzach bei<br />

Hengersberg, konnten aus den Erfahrungen<br />

der vorangegangenen Bauwerke<br />

die Konstruktionsdetails weiter verbessert<br />

werden. Geplant und ausgeschrieben<br />

6 Holzbrücke über die B 85, Ortsumgehung Neukirchen vom Wald<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

5 Detail: Überbau und Kappe<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

wurde zunächst ein Bogentragwerk mit<br />

einer aufgeständerten Fahrbahnplatte.<br />

Nachdem aber die Ausschreibung<br />

kein wirtschaftliches Ergebnis brachte,<br />

wurde sie aufgehoben und der weiteren<br />

Planung, wie bei der Brücke bei<br />

Ruderting, eine Tragkonstruktion als<br />

Sprengwerk mit V-förmigen Stützen<br />

zugrunde gelegt.<br />

7 Konstruktion der Brücke bei Hengersberg<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

37


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Die bereits bei den beiden vorangegangenen<br />

Holzbrücken bei Ruderting<br />

und Neukirchen vom Wald bewährte<br />

Überbauform eines mehrstegigen<br />

Plattenbalkens wurde im Prinzip<br />

beibehalten. Auch hier besteht die<br />

rund 25 cm dicke Fahrbahnplatte aus<br />

orthogonal verleimtem Brettschichtholz.<br />

Den Abschluss nach unten bildet eine<br />

Kertoplatte (Brettsperrholzplatte),<br />

nach oben erfolgt die Abdichtung mit<br />

einer 1 cm dicken einlagigen Bitumenschweißbahn.<br />

Die darauf querverlegte<br />

4-cm-Holzlattung zur Unterlüftung und<br />

eine 4 cm dicke BFU-Platte bilden die<br />

Tragkonstruktion für den Fahrbahnbelag.<br />

Dieser besteht aus einer 3,50 cm<br />

dicken Asphaltbetonschutzschicht und<br />

der 3,50 cm dicken Deckschicht aus<br />

gewalztem Asphaltbeton. Zwischen der<br />

BFU-Platte und den Asphaltschichten<br />

befindet sich eine zweite Abdichtung<br />

aus zweilagig verlegten Bitumenschweißbahnen.<br />

Die Längsträger sind mit Blockverleimung<br />

schubfest mit der Fahrbahnplatte verbunden.<br />

Da Brettschichtholzquerschnitte<br />

fertigungsbedingt nur bis zu einer Breite<br />

von 30 cm hergestellt werden können,<br />

wurden zwei 2 x 20 cm breite Träger mit<br />

Blockverleimung zu einem 40 cm breiten<br />

Längsträger verbunden.<br />

8 Querschnittsdetail<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

Eine wesentliche Änderung wurde bei<br />

der Befestigung der Stahlbetonkappen<br />

vorgenommen: In diesem Fall sind sie<br />

auf an den Außenseiten der Randträger<br />

angeschlossenen Stahlkonstruktionen<br />

montiert. So erübrigt sich die Durchdringung<br />

der Abdichtung mit Stahldübeln,<br />

die einen Schwachpunkt darstellt.<br />

Im Bereich der Stahlkonstruktionen<br />

befinden sich zur Stabilisierung der<br />

Konstruktion zwischen den Längsstegen<br />

Stahlquerträger. Außerdem werden<br />

die Trägerkonstruktionen der Kappen<br />

mit einem Zugband aus Stahl verbunden,<br />

das durch die Querlattung verläuft.<br />

38 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

9 Blechverkleidung und Dreischichtplatte<br />

© Staatliches Bauamt Passau/<br />

Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />

3.2 Witterungsschutz<br />

Der Schutz der tragenden Bauteile<br />

aus Holz vor der Witterung erfolgt von<br />

oben durch die Abdichtung und den<br />

Fahrbahnbelag. Die Stützen und die<br />

vier Längsträger bestehen wegen der<br />

höheren Resistenz gegen Verwitterung<br />

aus Lärchenholz. Die Überbauenden im<br />

Bereich der Übergangskonstruktionen<br />

und die beiden äußeren Seiten der<br />

Fahrbahnplatte sind mit Edelstahlblechen<br />

verkleidet, seitlich werden die Fahrbahntafel,<br />

die äußeren Stege der Längsträger<br />

und die Stützen durch auswechselbare<br />

Dreischichtplatten aus Lärchenholz<br />

gegen Schlagregen geschützt. Mit<br />

diesen Schutzmaßnahmen der Holzkonstruktion<br />

gegen Verwitterung und<br />

weiteren Konstruktionsdetails wird ein<br />

dauerhaftes Durchfeuchten der Brücke<br />

vermieden.<br />

11 Montage der Schrägstützen<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

10 Vorbereitung der Blockverleimung<br />

© Staatliches Bauamt Passau/<br />

Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co.KG<br />

3.3 Herstellung im Werk<br />

Der komplette Überbau konnte witterungsunabhängig<br />

im Werk hergestellt<br />

werden. Neben einer kurzen Bauzeit<br />

wurde so auch eine hohe Qualität<br />

erreicht. Damit ist eine Lebensdauer der<br />

Brücke zu erwarten, die der von Stahlbetonbrücken,<br />

Spannbetonbrücken oder<br />

Stahlverbundbrücken entspricht.<br />

3.4 Montage der Brücke<br />

Nach der Herstellung der Widerlager<br />

und Fundamente erfolgte zunächst<br />

die Montage der schräg gestellten<br />

V-förmigen Stützen. Dazu wurden die<br />

schon im Werk aufgebrachten Stützenfüße<br />

aus Stahl in die vorbereiteten<br />

Köcherfundamente eingehoben,<br />

ausgerichtet und vergossen. Bis zum<br />

Abbinden des Betons bzw. der Verbindung<br />

mit dem Überbau wurden die<br />

Stützen mit Hilfskonstruktionen<br />

unterbaut.


Anschließend wurde der Überbau auf<br />

die Baustelle transportiert und mit einem<br />

Kran eingehoben. Durch die ebenfalls<br />

bereits im Werk vorgefertigten und<br />

anmontierten Stützenköpfe aus Stahl<br />

konnten die Stützen ohne große<br />

Probleme mit dem Überbau zu einem<br />

Sprengwerk verbunden werden.<br />

12 Montage des Überbaus<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

Den Abschluss der Brückenerrichtung<br />

bildeten die Abdichtungsarbeiten mit<br />

der zweilagigen Bitumenschweißbahn,<br />

der Einbau der Asphaltbetonschutzschicht<br />

sowie die Montage der Stahlbetonfertigteilkappen<br />

und der Geländer.<br />

Nach dem Baubeginn im Mai 2011 konnte<br />

die 28 m lange und 5 m breite Holzbrücke<br />

bereits Ende des letzten Jahres komplett<br />

fertiggestellt werden. Ihre Baukosten<br />

betrugen rund 400.000 €, was 2.800 €/m²<br />

entspricht. Insgesamt wurden 58 m²<br />

Brettschichtholz und 3 m² Schnittholz<br />

verbaut.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

13 Holzbrücke über die B 553, Ortsumgehung Schwarzach<br />

© Staatliches Bauamt Passau<br />

4 Ausblick<br />

Mit den vier vorgestellten Pilotprojekten<br />

konnte die Bayerische Straßenbauverwaltung<br />

den Nachweis erbringen,<br />

dass der Baustoff Holz grundsätzlich<br />

auch für Straßenbrücken geeignet ist.<br />

Unabhängig davon besteht aber sicher<br />

noch weiterer Forschungsbedarf,<br />

wobei auch die Erkenntnisse aus den<br />

Bayerischen Pilotprojekten einfließen.<br />

Letztlich muss sich aber der Baustoff<br />

Holz beim Brückenbau im Wettbewerb<br />

durchsetzen und dabei alle technischen<br />

Anforderungen vor allem hinsichtlich<br />

der Dauerhaftigkeit erfüllen.<br />

Autor:<br />

Ministerialrat Dipl.-Ing. Karl Goj<br />

Oberste Baubehörde im<br />

Bayerischen Staatsministerium des Innern,<br />

München<br />

Literatur<br />

[1] Jacob-Freitag, S.: Schwerlastbrücke aus Holz bei<br />

Schwarzach. Entwurf, Konstruktion und Montage;<br />

in: Brückenbau, 3. Jg., 2011, Heft 4, S. 18–20.<br />

Bauherr<br />

Freistaat Bayern, vertreten durch:<br />

Oberste Baubehörde im<br />

Bayerischen Staatsministerium des Innern, München<br />

Staatliches Bauamt Passau<br />

Entwurfsplanung<br />

Staatliches Bauamt Passau,<br />

Bauoberrat Konrad Breuherr,<br />

Dipl.-Ing. (FH) Karl-Heinz Sperlein<br />

Hochschule Rosenheim,<br />

Prof. Dr.-Ing. Johann Pravida<br />

Tragwerksplanung und Ausführung<br />

Schaffitzel + Miebach GmbH, Lohmar<br />

Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG,<br />

Schwäbisch Hall<br />

Prüfingenieur<br />

Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter, München<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

39


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Ersatzneubau im Zuge der Bundesautobahn A 7<br />

Planung und Errichtung der Sinntalbrücke<br />

von Günther Kleiner, Edwin Seemann<br />

1 Bestehende Brücke über dem Talraum der Sinn<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

Die Bundesautobahn A 7 führt im<br />

Streckenabschnitt zwischen Fulda<br />

und Würzburg durch den landschaftlich<br />

reizvollen Naturpark<br />

Bayerische Rhön und überquert<br />

bei Bad Brückenau den Talraum<br />

der Sinn. Die im Jahr 1967 unter<br />

Verkehr genommene Stahlbrücke<br />

mit einer Länge von 770 m bietet<br />

mit Stützweiten zwischen 60,00 m<br />

und 110,00 m und einer maximalen<br />

Höhe von ca. 50 m über Talgrund<br />

ein sehr transparentes Erscheinungsbild.<br />

Erhebliche Verkehrszunahmen<br />

haben zu Schäden an<br />

der Konstruktion geführt, so dass<br />

2003 mit einer Neubauplanung<br />

begonnen wurde, über die nachfolgend<br />

berichtet wird.<br />

40 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Bestehendes Bauwerk<br />

1.1 Geometrie und Konstruktion<br />

Die bestehende Sinntalbrücke hat eine<br />

Länge von 770 m und Feldweiten von<br />

60,00 m und 110,00 m. Ihr Stahlüberbau<br />

mit einer Breite von 30,50 m ist als<br />

einteiliger Querschnitt ausgeführt. Die<br />

orthotrope Fahrbahnplatte wird von zwei<br />

vollwandigen, bis 5,00 m hohen Längsträgern<br />

unterstützt. Jeweils zwei schlanke<br />

Rundstützen in den Auflagerachsen<br />

tragen den Überbau. Mit einem Flächengewicht<br />

von nur 264 kg/m² zählt sie zu den<br />

Leichtgewichten des Stahl<strong>brückenbau</strong>s.<br />

1.2 Schadenszunahme<br />

Erhebliche Verkehrszunahmen seit dem<br />

Neubau haben zu Schäden an der Konstruktion<br />

geführt: In diesem Streckenabschnitt<br />

der Bundesautobahn (BAB) A 7<br />

hat sich der durchschnittliche tägliche<br />

Verkehr (DTV) um den Faktor sechs und<br />

der Anteil des Schwerverkehrs sogar um<br />

den Faktor neun erhöht. Dazu kommt<br />

noch der Anstieg der zulässigen Achslasten,<br />

für die das Bauwerk nicht<br />

ausgelegt ist.<br />

Im Laufe der Zeit sind überwiegend<br />

unter den Lkw-Spuren durch Ermüdung<br />

Schweißnähte zwischen Deckblech und<br />

Längssteifen sowie an den Querträgeranschlüssen<br />

aufgerissen. Aufgrund der<br />

Schadenszunahme wurde 1998 ein<br />

Gutachten zur aktuellen Tragfähigkeit<br />

und Gebrauchstauglichkeit in Auftrag<br />

gegeben und als dessen Ergebnis ein<br />

Ende der Nutzungsdauer der Fahrbahnplatte<br />

bis 2010 prognostiziert. Um<br />

die Gebrauchstauglichkeit der Brücke<br />

möglichst lange zu erhalten, mussten<br />

verkehrslenkende Maßnahmen ergriffen<br />

werden. Es wurde daher ein Lkw-Überholverbot<br />

mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung<br />

beschildert und die<br />

Überfahrt genehmigungspflichtiger<br />

Schwertransporte verboten. Zudem<br />

wurden jährliche Bauwerksprüfungen<br />

mit anschließenden Schweißnaht-<br />

Reparaturen angeordnet.<br />

Da durch die veranlassten Maßnahmen<br />

die weitere Schädigung nur verlangsamt,<br />

aber nicht abgestellt wurde, mussten<br />

Überlegungen zur Ertüchtigung des<br />

Bestandsbauwerkes bzw. zum Ersatzneubau<br />

angestellt werden. Das Dauerfestigkeitsproblem<br />

der Fahrbahnplatte<br />

war letztendlich ausschlaggebend für<br />

den Beginn einer Neubauplanung ab<br />

2003.<br />

2 Neubauplanung<br />

2.1 Randbedingungen<br />

Bei der Neubauplanung war eine ganze<br />

Reihe wichtiger Randbedingungen<br />

in Bezug auf Baudurchführung, Umweltverträglichkeit<br />

und Gestaltung zu<br />

berücksichtigen:<br />

– Geringe Beeinträchtigung des<br />

BAB-Verkehrs durch Neubau und<br />

Anbindung,<br />

– angrenzende FFH-Gebiete im Naturpark<br />

Bayerische Rhön,<br />

– Naturschutzgebiet (»13d-Fläche«) im<br />

Baufeld,<br />

– Wasserschutzgebiet,<br />

– Immissionsschutz der angrenzenden<br />

Bebauung,<br />

– Gestaltung aufgrund der exponierten<br />

Lage,<br />

– Wirtschaftlichkeit.


Durch die Hochrechnung des Verkehrs<br />

auf das Jahr 2020 wurde eine Verkehrsbelastung<br />

von 45.000 Kfz/d prognostiziert,<br />

die von einem vierstreifigen<br />

Querschnitt (wie im Bestand) noch<br />

gut abgewickelt werden kann. Unter<br />

Abwägung dieser (hier nicht vollständig<br />

aufgeführten) Bedingungen und Zwänge<br />

wurde eine Vorzugstrasse am Innenbogen<br />

neben der Fahrtrichtung<br />

Würzburg gewählt.<br />

Die neue Brücke lässt sich folglich ohne<br />

Beeinträchtigung des BAB-Verkehrs<br />

errichten. Nur während der Einbindung<br />

der Strecke in die neue Trasse sind verengte<br />

Verkehrsführungen erforderlich.<br />

2.2 Amtsvorschlag<br />

Zur Gestaltung des Bauwerks wurden<br />

sehr intensiv mehrere Varianten untersucht.<br />

Die bestehende Brücke fügt sich<br />

mit ihrer schlanken Bauweise und der<br />

klaren Gliederung optimal in das Sinntal<br />

ein. Das heißt, sie prägt den Talraum,<br />

ohne ihn zu dominieren.<br />

3 Querschnitt beim Amtsvorschlag<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Bei der Ausbildung des neuen Brückenquerschnitts<br />

und der Gestaltung wurde<br />

die vorhandene Situation aufgegriffen,<br />

und es wurden verschiedene konstruktive<br />

Überlegungen vergleichend überprüft.<br />

Wegen der großen Stützweiten<br />

ergaben sich vorzugsweise Stahl- bzw.<br />

Stahlverbundüberbauten mit einem<br />

gemeinsamen oder zwei getrennten<br />

Tragwerken, die mit Einzelstützen oder<br />

Doppelstützen kombiniert wurden.<br />

Dem Bundesministerium für Verkehr, Bau<br />

und Stadtentwicklung (BMVBS) wurden<br />

schließlich ein zweiteiliger Stahlverbundquerschnitt<br />

mit einem begehbaren<br />

Kasten je Überbau, gelagert auf zwei<br />

Pfeilern und einer Unterstützung der<br />

weiten Kragarme durch Druckstreben, zur<br />

Zustimmung vorgelegt. Parallel dazu<br />

wurde der Streckenabschnitt mit der<br />

Brücke zur Planfeststellung eingereicht.<br />

Für die neue Brücke wurden Stützweiten<br />

von 59,00 m + 84,00 m + 103,00 m +<br />

3 x 107,00 m + 105,00 m + 83,00 m =<br />

755,00 m Gesamtlänge und eine Breite<br />

von 30,50 m gewählt.<br />

2 Ergebnis der Variantenuntersuchungen<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

Im Genehmigungsschreiben des BMVBS<br />

Anfang 2008 war vermerkt, dass in der<br />

Ausschreibung der Brücke auch Sondervorschläge<br />

in Beton zuzulassen sind.<br />

Auslöser war der zu diesem Zeitpunkt<br />

enorme Anstieg des Stahlpreises. Unter<br />

den damaligen Marktbedingungen war<br />

die Spannbetonbauweise klar im Vorteil,<br />

und die Ausschreibungsplanung wäre mit<br />

den Möglichkeiten, Spannbetonvarianten<br />

anzubieten, wertlos geworden. Unter<br />

Umständen wäre dann auch ein ergänzendes<br />

Planfeststellungsverfahren<br />

erforderlich geworden, das ungewisse<br />

Zeitverzögerungen nach sich gezogen<br />

hätte. In Nachverhandlungen mit dem<br />

Ministerium hat man sich darauf geeinigt,<br />

dass Sondervorschläge nur in Verbundbauweise<br />

zugelassen werden. Hier war<br />

das grundsätzliche Gestaltungskonzept<br />

der Ausschreibung einzuhalten, jedoch<br />

wurden neben Rundstützen auch Stützen<br />

mit Pfeilerkopfaufweitungen in Querrichtung<br />

zugelassen.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

41


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

2.3 Sondervorschlag<br />

Bei der europaweiten Ausschreibung<br />

reichten insgesamt sechs Bieter bzw.<br />

Bietergemeinschaften sechs Haupt- und<br />

18 Nebenangebote ein. Zur engeren<br />

Wahl standen das günstigste Angebot<br />

für den Amtsentwurf mit Kosten von<br />

ca. 55.000.000 € und zwei Nebenangebote.<br />

Nach einer Vergabenachprüfung<br />

vor der Vergabekammer konnte<br />

mit drei Monaten Zeitverzug der Zuschlag<br />

im Dezember 2008 auf das Nebenangebot<br />

der Bietergemeinschaft Bögl, Bögl<br />

Stahlbau und Plauen Stahl Technologie<br />

erfolgen.<br />

Gegenüber dem Amtsvorschlag sind die<br />

wesentlichen Unterschiede:<br />

– vier torsionssteife Längsträger<br />

(luftdichte Hohlkästen),<br />

– Quersteifen für Windlasten an den<br />

Pfeilern,<br />

– Pfeilerkopfaufweitung für Lagerspreizung,<br />

– Einschub ohne Hilfsstützen.<br />

Wie in der Ausschreibung vorgesehen,<br />

konnte ein aufgelassener Parkplatz hinter<br />

dem Widerlager Würzburg als Montageplatz<br />

für das Taktschiebeverfahren<br />

genutzt werden. Der Verschub erfolgte<br />

vom Widerlager Würzburg nach Norden<br />

zum Widerlager Fulda.<br />

5 Vorbauschnabel mit Hubvorrichtung<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

42 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

3 Bauausführung<br />

Bei der Ausführungsplanung wurden die<br />

exakten Bauteilabmessungen konzipiert.<br />

Die Stränge wurden in Längsrichtung<br />

in jeweils 35 Schüssen mit Längen von<br />

17,80–26,20 m, einer maximalen Höhe<br />

von 4,30 m und einer Breite von 1,80 m<br />

in zwei Stahlwerken gefertigt.<br />

Die Vormontage der beiden Kastenstränge<br />

erfolgte in neun Takten mit 2–5 unterschiedlich<br />

langen Schüssen pro Strang.<br />

In der Taktanlage wurden die Bauteile zu<br />

einem Durchlaufträger als spannungslose<br />

Werkstattform – in der Draufsicht ein<br />

Kreisbogen und in der Ansicht die Feldmitten<br />

(die großen Felder bis zu 40 cm)<br />

überhöht – zusammengeschweißt. Die<br />

angelieferten Bauteile erhielten im Werk<br />

bereits den Korrosionsschutz bis auf die<br />

Deckbeschichtung.<br />

Um beim Verschub der beiden Stränge<br />

ohne Hilfsstützen die Kragmomente zu<br />

reduzieren, wurde an der Spitze ein 40 m<br />

langer Vorbauschnabel montiert. Dessen<br />

Unterkante wäre in den 107-m-Feldern<br />

am nächsten Pfeiler rechnerisch ca.<br />

3,80 m zu tief gegenüber den Verschublagern<br />

angekommen. Deshalb hat man<br />

den Anschluss des Vorbauschnabels an<br />

die Stahlkästen so konstruiert, dass er<br />

schräg nach oben ragt; zusätzlich lässt<br />

sich seine Spitze durch eine hydraulische<br />

Hubanlage anheben. Wenn die<br />

Knickstelle zwischen Vorbauschnabel und<br />

Kastenunterseite über ein Verschublager<br />

geschoben wurde, mussten die Träger<br />

angehoben und ein Ausgleichskeil<br />

eingebaut werden, damit die zulässigen<br />

Pressungen auf den Verschublagern<br />

eingehalten wurden.<br />

6 Verschub- und Haltevorrichtung<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

4 Querschnitt beim Sondervorschlag<br />

© Autobahndirektion Nordbayern<br />

Üblicherweise liegt beim Taktschieben<br />

die Verschubbahn in Höhe der endgültigen<br />

Lager parallel zur Entwurfsgradiente.<br />

Um sich nun zusätzliche Aushubarbeiten<br />

im Taktkeller zu sparen, wurden die<br />

Stahlstränge hinter dem Widerlager<br />

Würzburg in überhöhter Lage montiert<br />

und verschoben. Dazu wurden die Verschublager<br />

auf dem Widerlager Würzburg<br />

um 3,50 m höher, auf den nächsten drei<br />

Pfeilern von 2,80–1,22 m höher hergestellt,<br />

was mit aufwendigen Stahlkonstruktionen<br />

für die Unterstapelung<br />

und die Seitenführungen realisiert<br />

wurde.<br />

Die Längsneigung der Gradiente zum<br />

Widerlager Fulda und die zusätzliche<br />

Überhöhung der Verschubbahn erforderten<br />

in der Verschubanlage Maßnahmen<br />

zum Bremsen, aber auch zum Ziehen der<br />

Stahlstränge während der Montage und


eim Verschub. Die Rückhaltekräfte sind<br />

von Bohrpfählen aufgenommen worden,<br />

die Zugkräfte wurden über Erddruck<br />

abgeleitet. Beim Verschubvorgang wurde<br />

am Taktende eine Traverse montiert,<br />

durch die Spannstahllitzen, jeweils<br />

zum Ziehen und zum Bremsen, geführt<br />

worden sind. Mittels hydraulisch gekoppelter<br />

Pressen wurden die Stahlstränge<br />

zurückgehalten, wenn die Reibungskräfte<br />

auf Verschublagern gering waren, oder<br />

es musste gezogen werden, wenn der<br />

Vorbauschnabel »bergauf« über die<br />

Verschiebelager zu bewegen war.<br />

Im ersten Bauabschnitt wurden die<br />

Kastenträger für die künftige Richtungsfahrbahn<br />

Fulda hergestellt. In Endlage,<br />

nach der Demontage des Vorbauschnabels<br />

erfolgte der Festpunktwechsel<br />

vom Widerlager Würzburg auf die drei<br />

mittleren Pfeiler, auf denen jeweils feste<br />

Kalottenlager eingebaut wurden.<br />

Anschließend wurden die Verschubachsen<br />

am Widerlager Würzburg und an<br />

den drei Pfeilern schrittweise nach einer<br />

Arbeitsanweisung abgestapelt und auf<br />

die endgültigen Lager abgesetzt.<br />

Der zweite Bauabschnitt für die Richtungsfahrbahn<br />

Würzburg wurde dann<br />

in gleicher Weise durchgeführt. Nach<br />

dem Absetzen der beiden Kastenträger<br />

auf den endgültigen Lagern wurde die<br />

Betonfahrbahnplatte abschnittsweise<br />

hergestellt. Im sogenannten Pilgerschrittverfahren,<br />

bei dem zuerst die Verbundplatte<br />

in den Feldern betoniert und<br />

danach im Rückschritt die Lücke über<br />

den Pfeilern geschlossen wird, wächst<br />

der Überbauquerschnitt vom Widerlager<br />

Fulda in Richtung Süden. Nach Abschluss<br />

der Betonarbeiten wird der Korrosionsschutz<br />

mit dem Auftrag der Deckbeschichtung<br />

vervollständigt.<br />

Mit dem Bau der Brücke wurde im März<br />

2009 begonnen. Alle Unterbauten sind<br />

auf Bohrpfählen tiefgegründet. Für<br />

das Widerlager Fulda musste erst eine<br />

Dammverbreiterung geschüttet werden,<br />

bevor es errichtet werden konnte. Die<br />

begehbaren Rundpfeiler wurden mit<br />

entsprechendem Vorlauf errichtet.<br />

Von Juni bis Dezember 2010 wurden<br />

die beiden Stahlkästen des ersten Bauabschnitts<br />

hergestellt und verschoben,<br />

von März bis September 2011 gingen<br />

die Stahlbauarbeiten für die Richtungsfahrbahn<br />

Würzburg vonstatten. Seit Mitte<br />

2011 wird die Fahrbahnplatte im ersten<br />

Bauabschnitt erstellt.<br />

4 Ausblick<br />

Im Frühjahr 2012 beginnen die Erd- und<br />

Deckenbauarbeiten für die Streckenangleichung.<br />

Die beiden neuen Überbauten<br />

werden bis Ende 2012 so weit<br />

fertiggestellt, dass der Verkehr von der<br />

alten Stahlbrücke auf das neue Bauwerk<br />

umgelegt werden kann. Im Folgejahr<br />

werden die Streckenbauarbeiten abgeschlossen<br />

und mit dem Abbruch der<br />

alten Sinntalbrücke begonnen. Mit der<br />

Errichtung von Regenrückhaltebecken<br />

wird dann bis Dezember 2013 die<br />

gesamte Baumaßnahme beendet.<br />

Autoren:<br />

Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Günther Kleiner<br />

Autobahndirektion Nordbayern,<br />

Nürnberg<br />

Dipl.-Ing. Edwin Seemann<br />

Autobahndirektion Nordbayern<br />

Dienststelle Würzburg<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Bauherr<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Kostenträger<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Entwurf und Ausschreibung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

SSF Ingenieure AG, München<br />

Tragwerksplanung<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />

Prüfingenieur<br />

Dr.-Ing. Erhard Garske, München<br />

Bauleitung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg<br />

Sondervorschlag und Ausführung<br />

Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke,<br />

Frankfurt am Main<br />

Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />

Sengenthal<br />

Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG,<br />

Sengenthal<br />

Plauen Stahl Technologie GmbH, Plauen<br />

Wo auch immer Sie bauen,<br />

Wir planen für Sie.<br />

Brückenbau | Ingenieurbau | Tunnelbau/U-Bahnbau<br />

| Tragwerksplanung | Industriebau | Hochbau |<br />

Kraftwerksbau | Gesamtplanung | Bauwerksprüfung |<br />

Baudynamik | Dynamik für Hochgeschwindigkeits-<br />

strecken | Beratung | Studien | IT-Dienstleistungen |<br />

Schulungen.<br />

Kuala Lumpur Monorail,<br />

Malaysia, Nachrechnung und<br />

Bauwerksprüfung nach<br />

DIN 1076<br />

Waldaustraße 13 • D-90441 Nürnberg<br />

Fon: +49-9 11-6 27 93-0<br />

Fax: +49-9 11-6 27 93-10<br />

office@ks-ingenieurconsult.de<br />

www.ks-ingenieurconsult.de<br />

Anzeige_90x127_RZ.indd 1 21.01.12 12:08<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

43


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Prüfung und Überwachung des Taktschiebens<br />

Herstellung der neuen Sinntalbrücke<br />

von Erhard Garske<br />

Wie bereits in dem Beitrag »Planung<br />

und Errichtung der Sinntalbrücke«<br />

von Günther Kleiner und Edwin<br />

Seemann erwähnt, wird der Überbau<br />

dieser Brücke im Taktschiebeverfahren<br />

mit nachlaufendem<br />

Schalwagen errichtet. Dabei galt es<br />

schwierige Randbedingungen und<br />

Problemstellungen zu bewältigen,<br />

die nun nachfolgend thematisiert<br />

werden.<br />

1 Einführung<br />

Bei den gegebenen Randbedingungen<br />

lag es nahe, den Überbau der neuen<br />

Sinntalbrücke im Taktschiebeverfahren<br />

mit nachlaufendem Schalwagen herzustellen.<br />

Zunächst werden die beiden<br />

zusätzlich auch temporär gekoppelten<br />

Stahlkästen des Querschnitts für jede<br />

Richtungsfahrbahn in Position geschoben.<br />

Nach diesem Verschub wird die Fahrbahnplatte<br />

in einem angepassten Pilgerschrittverfahren<br />

auf einer Schalwagenunterstützung<br />

betoniert.<br />

Die statischen und konstruktiven<br />

Herausforderungen beim Verschub lässt<br />

nachstehende Abbildung in prägnanter<br />

Weise erkennen. Die freie Auskragung<br />

bis zu 107 m von Vorbauschnabel und<br />

Stahlkästen erscheint im Foto noch<br />

größer, da ein neuer Pfeiler durch die<br />

alte Brücke verdeckt wird. Das Bild<br />

1 Überbauquerschnitt der Richtungsfahrbahn Ost<br />

© Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke<br />

44 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

2 Verschubzustand Mitte Oktober 2010<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

verdeutlicht so besonders eindrucksvoll<br />

die zu bewältigenden Herausforderungen<br />

der Bauingenieure und Monteure.<br />

Für das Taktschieben werden die Stahlkästen<br />

in transportablen Längen werksmäßig<br />

vorgefertigt und auf der Baustelle<br />

den notwendigen Verschublängen entsprechend<br />

verschweißt. Auf der Südseite<br />

hinter dem Widerlager Achse 90 wurde<br />

dazu der Taktkeller eingerichtet.<br />

Für den Verschub waren schwierige<br />

Randbedingungen und Problemstellungen<br />

zu bewältigen. Insbesondere<br />

in den weit auskragenden Verschubzuständen<br />

(bis zu 107 m) des im Grundriss<br />

gekrümmten Überbaus mit Durchbiegungen<br />

bis zu ca. 3,80 m und großen<br />

Abstapelhöhen wurden Vorbauschnabel,<br />

Stahlkästen und Verschubeinrichtungen<br />

hoch beansprucht.<br />

3 Stahlkastensegment nach der Werkstattfertigung<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

4 Erster Verschubstrang im Taktkeller<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

5 Verschubzustand mit großer Auskragung<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske


6 Litzenheberanlage am Segmentende<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

2 Verschubeinrichtungen<br />

Das eigentliche Verschieben des Stahlüberbaus<br />

erfolgt mit Hilfe eines Litzenhebersystems.<br />

Der Festpunkt für diese<br />

Schub- bzw. Zugvorrichtung wird mittels<br />

einer Stehträgerkonstruktion aus zwei<br />

HEB 700 an der Widerlagerkammerwand<br />

ausgeführt, wobei ihr Fußpunkt auf<br />

Zug verankert und zur Aufnahme der<br />

horizontalen Kräfte ausgekeilt und<br />

vergossen wird. Ausgehend von dem<br />

Festpunkt verlaufen die Zuglitzen zum<br />

Ende des jeweiligen Taktes, wo sie in<br />

den Litzenhebern verankert sind, die<br />

ihrerseits die Litzen spannen, indem sie<br />

sich dabei gegen zwei Querträger mit<br />

zwei Stehträgern am Ende des Verschubsegmentes<br />

abstützen und so beide Stahlkästen<br />

aus dem Taktkeller schieben.<br />

Aufgrund der Neigung des Überbaus in<br />

Brückenlängsrichtung und der Möglichkeit<br />

eines Abfalls der Reibung (bis µ = 0)<br />

wurde ca. 120 m hinter dem Widerlager<br />

eine Bremsanlage mit jeweils zwei Bohrpfählen<br />

(d = 1,20 m, L = 7 m) ausgeführt;<br />

die Lasteinleitung in die Bohrpfähle<br />

8 Verschublager mit Seitenführung<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

erfolgt über einbetonierte Steckträger<br />

HEB 600. Außerhalb der vergleichsweise<br />

kurzen Verschubvorgänge muss der<br />

Überbau in Längsrichtung ebenfalls<br />

gegen horizontale Verschiebungen<br />

arretiert werden. Als entsprechende<br />

Längsfesthaltung dienen ausgesteifte<br />

Blechkonsolen an den Stahlträgeruntergurten,<br />

die über eine Gurtung und<br />

Zugstangen an die Stehträger HEB 1000<br />

der Seitenführung geklemmt werden.<br />

Diese Konsolen werden bei jedem<br />

Verschub wieder entfernt und<br />

umgesetzt.<br />

Die auf den Pfeiler zu montierenden<br />

Verschublager mit Seitenführungen<br />

bilden ein weiteres wichtiges Teilsystem<br />

für den Verschub. Seitenführungskräfte<br />

werden hier über die Stehträger, deren<br />

biegesteifen Anschluss bzw. zwei Verbände<br />

an die Auflagerträger abgegeben,<br />

die ihrerseits durch angeschweißte<br />

Trägerstummel und deren Eingreifen in<br />

zu vergießende Aussparungen mit dem<br />

Pfeilerkopf unverschieblich verbunden<br />

sind.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

7 Steckträger der Bremsanlage<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

3 Vorbauschnabel<br />

Neben den beschriebenen Einrichtungen<br />

zum Verschub bzw. zur Sicherung des<br />

Stahlüberbaus beim Verschub ist der<br />

Vorbauschnabel das wesentliche Bauteil<br />

für das Taktschiebeverfahren. Der hier<br />

eingesetzte 40 m lange Vorbauschnabel<br />

besteht im Wesentlichen aus zwei ausgesteiften<br />

Vollwandträgern im Achsabstand<br />

von 4,37 m, einem Horizontalverband<br />

in der Untergurtebene und<br />

9 Vorbauschnabel in Verschubrichtung<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

vertikalen K-Verbänden. Die beiden<br />

geschweißten Vollwandträger sind in<br />

vier Segmente unterteilt, die über<br />

Kopfplattenanschlüsse mit hochfesten<br />

vorgespannten Schrauben biegesteif<br />

verbunden werden. Mittels Gabelanschlüssen<br />

und Bolzen werden die<br />

aus zusammengesetzten Winkelprofilen<br />

gebildeten Verbandsstäbe zug- und<br />

druckfest an die Quersteifen bzw.<br />

Anschlussbleche an den Untergurten<br />

der Vollwandträger montiert.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

45


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Der Brückenradius im Grundriss wird im<br />

Vorbauschnabel über eine polygonale<br />

Ausrichtung seiner einzelnen Hauptträgersegmente<br />

angenähert, die durch<br />

den Einbau entsprechender Keilplatten<br />

in den Segmentstößen erreicht wird. An<br />

den Überbau wird der Vorbauschnabel<br />

unter einem entsprechenden Anstellwinkel<br />

über eine biegesteife Kopfplattenverbindung<br />

mit hochfesten, vorgespannten<br />

Schrauben angeschlossen.<br />

Die Schnabelspitze ist mit einem verstellbaren<br />

Anlaufträger ausgestattet, der<br />

über einen Hydraulikzylinder (Hub bis<br />

ca. 1.000 mm) gesteuert werden kann.<br />

4 Besonderheiten des Verschubs<br />

Insgesamt rund zehn nachstehend<br />

näher erläuterte Randbedingungen bzw.<br />

Besonderheiten, vor allem im Vergleich<br />

zu den häufiger im Taktschiebeverfahren<br />

hergestellten Spannbetonkastenbrücken,<br />

kennzeichnen den Verschub bzw. den<br />

hier zu verschiebenden Stahlüberbau.<br />

Die ersten fünf sind folgende:<br />

– Es werden zwei gekoppelte Stahlkästen<br />

verschoben.<br />

– Der Überbau ist im Grundriss mit<br />

einem Radius von ca. 1.300 m<br />

gekrümmt.<br />

– Bei einer maximalen Auskragung von<br />

107 m treten große Beanspruchungen<br />

und Verformungen (Durchbiegung<br />

bis zu ca. 3,80 m) auf. Große Abstapelhöhen<br />

werden erforderlich.<br />

– Der Verschub erfolgt nur auf Verschublagern<br />

unter den beiden Innenstegen<br />

der Stahlkästen.<br />

– Es entstehen sehr unterschiedliche<br />

Verschublagerkräfte. Beide Stahlkästen<br />

müssen über temporäre Verbände auch<br />

für Windbeanspruchungen bereichsweise<br />

gekoppelt werden.<br />

46 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Die ersten vier Randbedingungen und<br />

dabei primär die Krümmung des Überbaus<br />

im Grundriss führen zu einem<br />

beachtenswerten statischen Systemverhalten<br />

und in der Konsequenz zur<br />

fünften Besonderheit: Würden die beiden<br />

Stahlkästen und der Vorbauschnabel im<br />

Grundriss geradlinig verlaufen, wären<br />

für den Lastfall Eigengewicht lediglich<br />

Koppelstäbe am oberen und unteren<br />

Flansch in bestimmten Abständen<br />

erforderlich gewesen, um die Torsionsbeanspruchung<br />

aus der exzentrischen<br />

Stützung der Kästen unter den Innenstegen<br />

ohne größere Verdrehungen<br />

aufzunehmen. Für diesen Lastfall hätten<br />

also mit den vorhandenen Querträgern<br />

in den Auflagerachsen nur wenige<br />

zusätzliche Koppelstellen ausgereicht.<br />

Bei der für den Verschub kritischen,<br />

größten Auskragung führt die hier vorhandene<br />

Krümmung des Überbaus im<br />

Grundriss jedoch zu Torsionsbeanspruchungen<br />

beider Kästen, die einen<br />

entscheidenden Einfluss auf die Verteilung<br />

der Auflagerkräfte auf die Verschublager<br />

am Kragarm bzw. die Verdrehung<br />

der Querschnitte haben. Betrachtet man<br />

die Brücke im Grundriss mit Blickrichtung<br />

10 Vorbauschnabel nach Pfeilerauffahrt<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

11 Geradliniger Brückenverlauf im Grundriss:<br />

Horizontale Kopplung der Stahlkästen an den<br />

Verschublagern führt zu kleinen Torsionsmomenten<br />

und Verdrehungen.<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

Norden, bewegen sich die Querschnitte<br />

von einer gedachten Tangente an<br />

die Schwerachse entsprechend der<br />

Krümmung nach Westen, so dass das<br />

Eigengewicht der Kragarme im Auflagerquerschnitt<br />

beider Stahlkästen ein<br />

negatives Torsionsmoment erzeugt.<br />

Die exzentrische vertikale Auflagerkraft<br />

unter dem Innensteg des westlichen<br />

Stahlkastens erzeugt in diesem ebenfalls<br />

ein negatives, hohes Torsionsmoment.<br />

12 Vereinfachtes Grundrissmodell zum weit auskragenden Verschubzustand ohne Kopplung der Kästen<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske


Dagegen ergibt sich für den östlichen<br />

Stahlkasten ein positives Torsionsmoment<br />

aus der Auflagerkraft, da sie wie die<br />

Eigengewichtsresultierende auf der<br />

gleichen Seite, bezogen auf die Trägerschwerachse<br />

(Drehachse), angreift.<br />

Sind beide Stahlkästen über dem<br />

Kragarmauflager lediglich durch die oben<br />

beschriebenen Koppelstäbe in Höhe der<br />

Trägerflansche verbunden, kann über<br />

die Verschublager keine Torsionsbeanspruchung<br />

der Stahlkästen aufgenommen<br />

werden. Unterschiedliche Torsionsbeanspruchungen<br />

beider Kästen gleichen<br />

sich lediglich über die Koppelstäbe aus<br />

und laufen über das anschließende Feld<br />

in den Trägern weiter, bis sie über einen<br />

Querträger als Kräftepaar eine Art<br />

Biegetorsion in dem Gesamtquerschnitt<br />

aus beiden Stahlkästen erzeugen bzw.<br />

über einen Auflagerquerträger die Torsion<br />

als Querbiegemoment in die Pfeiler<br />

übertragen.<br />

13 Gekrümmter Brückenverlauf im Grundriss:<br />

horizontale Kopplung, keine Aufnahme<br />

gleichsinnig drehender Torsionsmomente<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

Bei dem vorhandenen System zeigte<br />

sich, dass an den Verschublagern des<br />

jeweiligen Kragarms in den verschiedenen<br />

Verschubzuständen unbedingt die<br />

Aufnahme eines Torsionsmomentes<br />

ermöglicht werden musste, um die<br />

Verdrehungen beider Kästen insbesondere<br />

für die Verschublager und die<br />

Seitenführungen nicht zu groß werden<br />

zu lassen. In Auflagerachse 20 des<br />

Überbaus – sie liegt bei maximaler<br />

Auskragung lediglich etwa 8 m von den<br />

Verschublagern des Kragarms entfernt –<br />

wurde daher bei dem Überbau der<br />

östlichen Richtungsfahrbahn für den<br />

Verschubzustand ein Verband mit<br />

Diagonalstab anstelle des späteren<br />

Querträgers zwischen beiden Stahlkästen<br />

angeordnet, so dass Querkräfte<br />

übertragbar wurden und sich so<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

unterschiedliche Auflagerkräfte in den<br />

beiden Verschublagern zur Aufnahme<br />

der Torsionsbeanspruchung einstellen<br />

konnten. Dies reduzierte die Verdrehung<br />

der Kästen auf ein verträgliches Maß.<br />

So wurde auch sichergestellt, dass<br />

»rechnerisch gelenkige« Anschlüsse der<br />

zur temporären Kopplung zwischen den<br />

Kästen eingebauten Verbandsstäbe<br />

nicht unverträglichen Verdrehungen<br />

ausgesetzt waren.<br />

Neben den systembedingten erheblichen<br />

Verdrehungen und großen vertikalen<br />

Durchbiegungen der Stahlkästen führte<br />

auch die horizontale Windbeanspruchung<br />

in den kritischen, weit auskragenden<br />

Verschubzuständen zu solchen Verformungen<br />

im Anschlussbereich des Vorbauschnabels,<br />

dass dort ein temporärer<br />

Verband in Höhe der unteren Kastenflansche<br />

den Endquerträger entlasten<br />

musste. Die Vierendeel- bzw. Rahmentragwirkung<br />

zwischen dem Endquerträger<br />

und den Kästen hätte ohne diesen<br />

Verband zu einer Überbeanspruchung<br />

des Querträgers geführt, die Querverformungen<br />

verringerten sich in der Folge<br />

deutlich.<br />

Die weiteren Randbedingungen bzw.<br />

Besonderheiten sind nachstehend<br />

aufgelistet:<br />

– Der Vorbauschnabel schließt mit<br />

seinen beiden Hauptträgern in den<br />

Achsen der Innenstege an. Die<br />

Verbandsstäbe liegen ebenfalls<br />

exzentrisch zu den Schwerachsen<br />

der Stahlkästen.<br />

– Die Geometrie der spannungslosen<br />

Werkstattform ist zu berücksichtigen.<br />

– Über die minimierten Blechdicken der<br />

Innenstege (Feldbereiche) müssen<br />

große Auflagerlasten in die Stahlkästen<br />

eingeleitet werden (Beulgefahr der<br />

Stegbleche).<br />

– Die dünnen Stahlstege erfordern<br />

eine sehr präzise Seitenführung der<br />

Stahlkästen (geringe Toleranzen).<br />

Bei tiefem Sonnenstand treten hohe<br />

Seitenführungskräfte auf.<br />

- Vorbauschnabel und Stahlkästen sind<br />

als zusammenwirkendes System zu<br />

betrachten, wobei eine schubflussgerechte<br />

Kopplung beider Systemteile<br />

zu gewährleisten ist.<br />

14 Gekrümmter Brückenverlauf im Grundriss:<br />

horizontale und diagonale Kopplung,<br />

Übertragung der Torsionsbeanspruchung<br />

der Einzelkästen in die Verschublager bzw.<br />

den Gesamtquerschnitt<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

Da der Vorbauschnabel lediglich an<br />

den zwei Innenstegen der Stahlkästen<br />

angeschlossen wurde und damit deutlich<br />

schmaler als die temporär verbundenen<br />

Kästen ist, waren horizontale Abstützungen<br />

zwischen dem unteren Flansch<br />

der Vollwandträger des Vorbauschnabels<br />

und den Seitenführungen einzubauen<br />

sowie in den statischen Nachweisen die<br />

betreffenden Exzentrizitäten zu berücksichtigen.<br />

Obwohl die Balkentheorie<br />

aufgrund der großen Bauteillängen für<br />

das System auch im Verschubzustand<br />

überwiegend Gültigkeit hat, musste der<br />

Kraftfluss in den Querschnitten gerade<br />

im Bereich der exzentrischen Anschlüsse<br />

genau nachvollzogen werden. Ebenso<br />

war die Lasteinleitung aus den exzentrisch<br />

angeordneten Kopplungen und<br />

Verbänden in die Kastenquerschnitte<br />

nachzuweisen.<br />

Des Weiteren war bei der statischen<br />

Berechnung des gesamten Verschubes zu<br />

beachten, dass die Stahlträger entsprechend<br />

der spannungslosen Werkstattform<br />

deutlich überhöht (bis ca. 40 cm) sind<br />

und in bestimmten Verschubzuständen<br />

die Lager erst bei gegenläufiger Verformung<br />

der Stahlträger wirksam werden.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

47


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

48 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

15 Verschublager unter den Innenstegen<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

Der Einbau der Verschublager und der<br />

Seitenführungen sowie das Verschieben<br />

selbst hatten äußerst präzise zu erfolgen.<br />

Die Dicken der Innenstege der Stahlkästen<br />

variieren und betragen bereichsweise<br />

lediglich 16 mm, die Breite der<br />

Auflagerfläche an den Verschublagern<br />

misst nur ca. 10 cm. Ein seitliches,<br />

unplanmäßiges Verschieben der Stahlkästen<br />

gegenüber der Soll-Lage um<br />

wenige Zentimeter hätte Plattenbiegebeanspruchungen<br />

in Gurten und Stegen<br />

17 Zu geringe Vorspannung in der Seitenführung<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

und als Konsequenz ein Stegbeulen und<br />

damit vermutlich ein Abknicken des<br />

weit auskragenden Verschubstückes<br />

verursacht.<br />

Die Weichheit des Systems aus den<br />

beiden gekoppelten Stahlkästen in den<br />

kritischen, weit auskragenden Verschubzuständen<br />

hatte auch Auswirkungen auf<br />

den Vorbauschnabel. Insbesondere der<br />

erste, den Stahlkästen nächstgelegene<br />

K-Verband wurde durch vertikale und<br />

horizontale Querkräfte beansprucht,<br />

18 Zu kurze Schrauben<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

16 Verstärkung der Gabelanschlüsse am Vorbauschnabel<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

die als Resultat unterschiedlicher Verdrehungen<br />

und Verschiebungen der<br />

Kästen am Überbauanfang bei Achse 10<br />

entstanden. Bis zu diesem ersten K-Verband<br />

traten auch bemessungsrelevante<br />

Querbiegemomente in den Gurten der<br />

Vollwandträger des Vorbauschnabels<br />

auf. Um ein seitliches Ausknicken an den<br />

Gabelanschlusspunkten der Verbände<br />

sicher auszuschließen, wurden Verstärkungsbleche<br />

aufgeschweißt.<br />

19 Zu geringer Gewindeeinstand<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />

20 Zu langer Ankerstab<br />

© Ingenieurbüro Dr. Garske


5 Bauüberwachung<br />

Im Zuge der Bauüberwachung wurden<br />

die Anlagen für den Verschub (Verschublager,<br />

Seitenführungen, Verschub- und<br />

Bremsanlage, Längsfesthaltung, Vorbauschnabel)<br />

und die Arbeitsgerüste auf<br />

den Pfeilern kontrolliert. Neben den<br />

technischen Einrichtungen wurden<br />

ferner die Arbeitsabläufe und mögliche<br />

Katastrophenszenarien geprüft und<br />

eingehend mit den Beteiligten bzw.<br />

den vor Ort Verantwortlichen diskutiert.<br />

Ganz überwiegend wurden die Arbeiten<br />

in den Montage- und Verschubzuständen<br />

von den bauausführenden Firmen Max<br />

Bögl und Stahlbau Plauen sehr sorgfältig<br />

vorbereitet und fachgerecht ausgeführt.<br />

Einige kleinere Montageversehen oder<br />

Mängel wurden im Rahmen der Bauüberwachung<br />

erkannt und vor den<br />

betreffenden Verschubzuständen korrigiert<br />

bzw. beseitigt. Dies waren zum<br />

Beispiel zu geringe Vorspannkräfte in<br />

den Diagonalspanngliedern der Seitenführungen<br />

und vereinzelt festgestellte<br />

zu geringe Schraubenlängen bzw.<br />

Schraubeneinstände. Ein zu lang herausstehender<br />

Ankerstab (Verletzungsgefahr)<br />

wurde entsprechend gekürzt.<br />

Autor:<br />

Dr.-Ing. Erhard Garske<br />

Prüfingenieur für Standsicherheit<br />

Fachrichtungen Massivbau und Metallbau<br />

Arbeitsgemeinschaft Prüfung Sinntalbrücke<br />

Albrecht & Garske, München<br />

Bauherr<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Kostenträger<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Entwurf und Ausschreibung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

SSF Ingenieure AG, München<br />

Tragwerksplanung<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />

Prüfingenieur<br />

Dr.-Ing. Erhard Garske, München<br />

Bauleitung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg<br />

Sondervorschlag und Ausführung<br />

Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke, Frankfurt am Main<br />

Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Sengenthal<br />

Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG, Sengenthal<br />

Plauen Stahl Technologie GmbH, Plauen<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

49


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Gestaltungsinitiative der Asfinag<br />

Das Leitkonzept »Brücke«<br />

von Michael Kleiser<br />

Straßen prägen unseren Lebensraum<br />

– viel stärker, als man auf den<br />

ersten Blick vermuten möchte.<br />

Brücken als wesentliche Bestandteile<br />

des Straßennetzes sind im<br />

Besonderen landschaftsprägende<br />

Elemente, denen eine hohe Bedeutung<br />

für die Baukultur des Landes<br />

Österreich zukommt. Die Asfinag,<br />

der Betreiber der österreichischen<br />

Autobahnen und Schnellstraßen,<br />

hat sich im Rahmen einer übergeordneten<br />

gesamtheitlichen Initiative<br />

zum Ziel gesetzt, das Erscheinungsbild<br />

der Brücken sowohl in<br />

Hinblick auf ihre gestalterische<br />

Qualität als auch auf ihre adäquate<br />

Eingliederung in das Landschaftsbild<br />

zu verbessern. Das Leitkonzept<br />

»Brücke« als Bestandteil der unternehmensintern<br />

verbindlichen<br />

Richtlinie regelt die Gestaltungsprozesse<br />

und beinhaltet Hinweise<br />

und Vorgaben für zielgerechte<br />

ganzheitliche Brückenentwürfe.<br />

50 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

2 Leitplanung für Rastplätze<br />

© Asfinag Bau Management GmbH<br />

1 Gestaltungsinitiative<br />

Die Asfinag betreibt ein über 2.100 km<br />

langes Straßennetz mit ca. 5.000 Brücken,<br />

ca. 300 km Tunneln und vielen Begleitbauwerken<br />

wie Rastplätzen, Autobahnmeistereien<br />

und Lärmschutzbauwerken<br />

unterschiedlichen Typs und Alters. Alle<br />

baulichen Eingriffe formen unseren Landschaftsraum<br />

und unsere Umgebung und<br />

sind daher gestaltungsrelevant. Die<br />

Asfinag nimmt diesen Aspekt aus Verpflichtung<br />

gegenüber der Baukultur sehr<br />

ernst und bemüht sich schon seit Jahren,<br />

durch architektonische Leitplanungen<br />

und Architekturwettbewerbe bei Neu-<br />

1 Lebensraumprägende Straßen<br />

© Asfinag Bau Management GmbH<br />

bauabschnitten gestalterische Akzente<br />

zu setzen und so die Aufmerksamkeit und<br />

das Interesse der Autofahrer zu wecken.<br />

Um verbindliche unternehmensweite<br />

Vorgaben zu schaffen, erfolgte im Jahr<br />

2009 die Erstellung einer übergeordneten<br />

Gestaltungsrichtlinie »Gestaltung von<br />

baulichen Anlagen«, die mit dem<br />

Leitkonzept »Lärmschutz« ergänzt wurde.<br />

Im Herbst 2011 wurde die Gestaltungsinitiative<br />

um die Leitkonzepte »Brücke«,<br />

»Tunnel« und »Hochbau« erweitert und<br />

damit ein umfassendes bauwerksübergreifendes<br />

Regelwerk geschaffen.


3 Gestaltungsgrundlagen der Asfinag<br />

© Asfinag Bau Management GmbH<br />

Im Rahmen der Gestaltungsinitiative<br />

der Asfinag wurde 2010 auch ein Gestaltungsbeirat<br />

eingerichtet, der sich aus<br />

Vertretern der Asfinag sowie externen<br />

Experten aus den Bereichen Architektur,<br />

Landschaftsarchitektur und Raumplanung<br />

zusammensetzt. Zu dessen<br />

Aufgaben gehören die Freigabe von<br />

Leitplanungen, das Formulieren von<br />

Gestaltungszielen, Begleitung von<br />

Projekten und Teilnahmen in Wettbewerbsjurys.<br />

2 Leitkonzept »Brücke«<br />

2.1 Ziel und Kriterien<br />

Das Leitkonzept »Brücke« erweitert das<br />

Spektrum der wirtschaftlichen und<br />

technisch-funktionalen Planungsgrundlagen<br />

für den Brückenbau um den Aspekt<br />

der Ästhetik mit dem Ziel, Bauwerke mit<br />

ganzheitlicher Qualität sicherzustellen, [1]<br />

und zwar unabhängig davon, ob es sich<br />

um Neubauten oder um Eingriffe in<br />

Bestandsobjekte handelt.<br />

4 Brücke über das Gantertal von Christian Menn<br />

© Nicolas Janberg/www.structurae.de<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Wirtschaftlichkeit, Technik und Funktion<br />

sowie Ästhetik stehen nicht zwangsläufig<br />

im Widerspruch zueinander, wie<br />

viele hervorragende Beispiele gebauter<br />

Brücken im Netz und außerhalb des<br />

Netzes der Asfinag zeigen. Um dieses Ziel<br />

zu erreichen, konnten für die Erstellung<br />

des Leitkonzeptes »Brücke« das Ingenieurbüro<br />

PCD-ZT GmbH (ehemals<br />

Ingenieurbüro A. Pauser) aus Wien und<br />

der Architekt Dietmar Feichtinger, Paris<br />

und Wien, als externe fachliche Begleitung<br />

gewonnen werden.<br />

Das Leitkonzept ist vorwiegend prozessorientiert<br />

aufgebaut, es handelt sich also<br />

nicht um eine Gestaltungsanleitung.<br />

Geregelt werden nicht nur der Streckenneubau,<br />

sondern insbesondere die<br />

unterschiedlichsten Maßnahmen an<br />

Bestandsbauwerken, die derzeit einen<br />

beträchtlichen Anteil im Netz der Asfinag<br />

ausmachen und künftig weiter an<br />

Bedeutung gewinnen werden. Das<br />

Leitkonzept ist somit ein praktisches<br />

Handwerkszeug zur Unterstützung der<br />

Projektverantwortlichen in allen Phasen<br />

der Umsetzung bei Bestands- und Neubauten.<br />

Grundsätzlich ist jede Interaktion<br />

im öffentlichen Raum gestaltungsrelevant<br />

und berührt das öffentliche<br />

Interesse. Dennoch muss nicht jeder<br />

bauliche Eingriff gestalterisch gleichwertig<br />

beurteilt werden. Um auch Eingriffe<br />

im Bestandsnetz, wie einfache<br />

wartungsbedingte Instandhaltungsmaßnahmen<br />

bis hin zu Generalinstandsetzungen<br />

mit dem Ziel der Erhöhung der<br />

Tragfähigkeit, richtig erfassen zu können,<br />

wurden Entscheidungsgrundlagen für die<br />

Relevanz eines Eingriffs und die daraus<br />

zu ziehenden Schlüsse entwickelt, die zu<br />

vier Gestaltungsrelevanzklassen GR 0<br />

(untergeordnete Gestaltungsrelevanz)<br />

bis GR 3 (hohe Gestaltungsrelevanz)<br />

führen.<br />

5 Überführung über die A 1 bei Sattledt<br />

© Asfinag Bau Management GmbH<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

51


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Diese werden abhängig von vier Kriterien<br />

des öffentlichen Interesses ermittelt:<br />

– baukulturelle Bedeutung (Akzeptanz<br />

in der Fachwelt, innovative Konstruktionsart,<br />

Bekanntheitsgrad etc.);<br />

– visuelle Wahrnehmung (von welcher<br />

Personenzahl wird das Objekt visuell<br />

wahrgenommen?);<br />

– Dimension (Brückenlänge und<br />

maximale Höhe über dem Gelände);<br />

– Häufigkeit (Anzahl von ähnlichen/<br />

gleichartigen Objekten).<br />

2.2 Ablaufschema<br />

Der Prozess wird anhand eines Ablaufschemas<br />

anschaulich abgebildet, der<br />

vom jeweiligen Asfinag-internen Projektleiter<br />

anzuwenden ist. Zuerst wird der<br />

Gestaltungsbereich der baulichen Maßnahme<br />

definiert, ob es sich z. B. um einen<br />

Neubaustreckenabschnitt oder aber um<br />

eine einfache Instandhaltungsmaßnahme<br />

im Bestandsnetz handelt. Danach wird<br />

über vordefinierte Mindestkriterien am<br />

direkten Weg bzw. über Kriterien des<br />

öffentlichen Interesses anhand eines<br />

Punktesystems die Gestaltungsrelevanz<br />

bestimmt. Aufgrund der Klassifizierung<br />

wird im Leitkonzept die weitere Vorgangsweise<br />

vorgegeben bzw. werden die<br />

Konsequenzen angeführt. Das Spektrum<br />

der Beurteilungsinstanzen reicht dabei<br />

vom Projektleiter selbst (GR 0 und GR 1)<br />

über die erforderliche Beauftragung eines<br />

52 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

6 Generelles Ablaufschema<br />

© Asfinag Bau Management GmbH<br />

externen Gestaltungsexperten (GR 2) bis<br />

hin zur Durchführung eines Gestaltungswettbewerbs<br />

(GR 3). Dabei wird bewusst<br />

freigestellt, ob als externer Gestaltungsexperte<br />

neben einem Architekten auch<br />

ein Ingenieur mit einschlägiger Erfahrung<br />

im Gestalten von Ingenieurbauwerken<br />

herangezogen werden kann. Dies soll<br />

dazu dienen, die Verantwortung des<br />

Tragwerksplaners für das Tragwerk als<br />

gestalterisches Element hervorzuheben<br />

und die Ingenieurbaukunst, die sich<br />

aus dem Gestaltungsprozess infolge<br />

technischer Ansätze entwickelt, insgesamt<br />

zu fördern.<br />

Mit der Gestaltungsrelevanz wird auch<br />

der Prüfablauf geregelt, um den Gestaltungsprozess<br />

während der Planungsbzw.<br />

der Ausführungsphase bis zur<br />

Fertigstellung zu steuern und eine<br />

zielgerechte Umsetzung zu gewährleisten.<br />

Nach der Fertigstellung werden<br />

die Gestaltungsprojekte bzw. -konzepte<br />

in einer Baudatenbank für eine nachträgliche<br />

Evaluierung der Ergebnisse<br />

verwaltet.<br />

2.3 Maßnahmenkatalog<br />

Das Kapitel »Entwurf und Gestaltung«<br />

enthält einen Maßnahmenkatalog, in<br />

dem Einzelmaßnahmen beschrieben<br />

werden, um das Bewusstsein für Gestaltung<br />

bzw. das »gestalterische Auge«<br />

zu schulen. Darin werden anhand<br />

bewährter Grundsätze der Ästhetik im<br />

Brückenbau [1] [2] [3] [4] Hilfestellungen<br />

angeboten, die gerade bei Nichteinschaltung<br />

externer Gestaltungsexperten<br />

dienlich sind. Es werden die Bezugsebenen<br />

zum Ort und zur Strecke dargestellt,<br />

aber auch der Möglichkeit zur<br />

Entwicklung von »Landmarks« Raum<br />

gegeben. Des Weiteren wird auf Kriterien<br />

der konstruktiven Ästhetik wie Proportion,<br />

Transparenz, visuelle Schlankheit<br />

sowie auf einen richtigen Umgang mit<br />

der Brückenausrüstung, Detailausbildung,<br />

Farb-, Material- und Oberflächenbezügen<br />

und objektübergreifenden Schnittstellen<br />

eingegangen.<br />

Wichtig ist vor allem das Ziel einer<br />

Authentizität der Konstruktion, die eine<br />

dem Kraftfluss entsprechende Ausformung<br />

des Tragwerkes anstrebt – im Sinne<br />

von: »Ist der Kraftfluss nicht ablesbar, ist<br />

die Tragwerksform nicht wahrhaftig, wird<br />

gar ein falscher Kraftfluss vorgegaukelt,<br />

ist sie unehrlich, verlogen.« (Jörg Schlaich<br />

in [5]). Dabei werden gelungene und<br />

weniger gelungene Beispiele bildlich<br />

dargestellt.


7 Überführung über die A1 bei Schörfling<br />

© Michael Kleiser<br />

3 Zusammenfassung<br />

Brücken sind zum Teil weit sichtbare<br />

Elemente unserer Straßen und prägen<br />

entscheidend unser Landschaftsbild.<br />

Die Frage der Ästhetik ist daher bei<br />

der Planung von Brücken nicht minder<br />

wichtig und gehört auf gleicher Ebene<br />

wie Kosten und technisch-funktionale<br />

bzw. nachhaltige Aspekte behandelt,<br />

um ganzheitliche, im Sinne der Baukultur<br />

befriedigende Ergebnisse zu<br />

erhalten.<br />

Die Asfinag als Betreiber der österreichischen<br />

Autobahnen und Schnellstraßen<br />

will ihrer Verantwortung gegenüber der<br />

Baukultur im Rahmen einer umfassenden<br />

Gestaltungsinitiative gerecht werden.<br />

Mit Hilfe des Leitkonzepts »Brücke« ist<br />

ein Instrument geschaffen worden, um<br />

alle Brückenneubauten sowie bauliche<br />

Maßnahmen an Bestandsbrücken einem<br />

entsprechenden Gestaltungsprozess zu<br />

unterziehen. Die Asfinag hat sich hier<br />

bewusst eine Reihe von Spielregeln auferlegt<br />

und Kontrollinstanzen geschaffen,<br />

um eine sichere Umsetzung der gesteckten<br />

Ziele im Rahmen der wirtschaftlichen<br />

und technisch sinnvollen Möglichkeiten<br />

zu erreichen.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Michael Kleiser<br />

Technische Fachbereiche und Innovation<br />

Asfinag Bau Management GmbH,<br />

Wien<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Literatur<br />

[1] Pauser, A.: Massivbrücken ganzheitlich betrachtet.<br />

Hrsg. v. Österreichischer Zementindustrie u.<br />

Österreichischem Verein für Beton- und Bautechnik.<br />

Wien 2002.<br />

[2] Leonhardt, F.: Brücken Bridges. Ästhetik und<br />

Gestaltung. 4. A. , Stuttgart 1994.<br />

[3] Menn, C.: Stahlbetonbrücken. 3. akt. u. erw. A.,<br />

Wien 2003.<br />

Die führenDe Technologie<br />

bei sTanDarDisierTen<br />

holzverbinDersysTemen<br />

1.Design<br />

2.Vormontage<br />

...jetzt Online<br />

AusprObieren!<br />

[4] Forschungsgemeinschaft Straße Schiene Verkehr<br />

(FSV): RVS 15.01.11 Qualitätskriterien für die<br />

Planung von Brücken. Wien 2003.<br />

[5] Schlaich, J.: Der Bauingenieur und die Baukultur;<br />

in Tagungsband der Stiftung Bauwesen.<br />

Stuttgart 2003.<br />

neues<br />

vOrbemessungtOOl...<br />

3.Montage<br />

GENIAL EINFACH<br />

EINFACH GENIAL<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

53


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Die Brücken und ihre Bedeutung<br />

Neuer Hauptbahnhof in Wien<br />

von Judith Engel<br />

Auf dem Gelände zwischen dem<br />

ehemaligen Süd- und Ostbahnhof<br />

und dem Südtiroler Platz entsteht<br />

der neue Hauptbahnhof Wien.<br />

Das Gesamtprojekt erstreckt sich<br />

mitten in der Stadt über fünf Wiener<br />

Gemeindebezirke. Der Südbahnhof<br />

als Kopfbahnhof für Süd- und Ost-<br />

bahn wird durch einen leistungsfähigen<br />

Durchgangsbahnhof<br />

ersetzt, der zur Drehscheibe des<br />

internationalen Schienen- und<br />

Reiseverkehrs wird. Neben dem<br />

Bahninfrastrukturprojekt gehören<br />

auch noch das Städtebauprojekt<br />

mit der BahnhofCity und der<br />

Verwertung der freiwerdenden<br />

Flächen sowie die Entwicklung<br />

neuer Straßen der Stadt Wien zum<br />

Gesamtprojekt. Im neuen hochwertigen<br />

Stadtteil werden rund<br />

5.000 Wohnungen, ein Bildungscampus,<br />

eine große Parkanlage<br />

sowie Bürobauten errichtet. Entlang<br />

der Bahn ist eine Gewerbezone<br />

vorgesehen, und die neuen Wohnhäuser<br />

an der Sonnwendgasse<br />

und an der Gudrunstraße schließen<br />

an einen 8 ha großen Park an. Um<br />

die Barrierewirkung der bisherigen<br />

Bahnanlagen zu reduzieren, werden<br />

die vorhandenen Querungs-<br />

möglichkeiten darüber hinaus<br />

umgebaut und erneuert sowie<br />

weitere Brücken errichtet, wie<br />

dieser Beitrag zeigt.<br />

54 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Projektinhalt<br />

Die Genehmigungs- und Detailplanung<br />

des Projekts Wien Hauptbahnhof läuft auf<br />

Basis des städtebaulichen Wettbewerbs<br />

und des daraus entwickelten Masterplans<br />

seit 2005. Die gesamten Planungsarbeiten<br />

(Vorentwurf, Genehmigungsplanung,<br />

Ausschreibungs- und Ausführungsplanung,<br />

Bestandsplanung) wurden in<br />

einem europaweiten Verfahren ausgeschrieben<br />

und Anfang 2006 nach einer<br />

zweistufigen Bewertung vergeben.<br />

Zur Umsetzung der Projektziele wurde im<br />

Jahr 2006 eine Variantenstudie durchgeführt,<br />

die der Optimierung der Anforderungen<br />

aus dem Spannungsfeld Fahrgastanforderungen,<br />

Bedürfnisse des Eisenbahnbetriebs<br />

und Neustrukturierung der<br />

betrieblichen Organisation im Großraum<br />

Wien diente. Als Ergebnis konnte der<br />

weiteren Planung und Ausschreibung<br />

ein Konzept zugrunde gelegt werden,<br />

das den Bahnkunden eine moderne und<br />

attraktive Verkehrsstation bietet und den<br />

Bahnbetrieb bestmöglich integriert.<br />

So wird durch das Projekt Wien Hauptbahnhof<br />

die Anzahl der Service-Standorte<br />

(Reparatur, Wartung, Außen- und<br />

Innenreinigung) im Großraum Wien<br />

reduziert, so dass Verschub- bzw. Lokfahrten<br />

und die daraus resultierende<br />

Umweltbelastung entfallen. Darüber<br />

hinaus werden die bahnbetrieblichen<br />

Funktionen nicht nur auf den letzten<br />

Stand der Technik gebracht, sondern<br />

ermöglichen aufgrund ihrer Anordnung<br />

zugleich das neue und effiziente<br />

Betriebskonzept der »Bandproduktion«:<br />

1 Projektübersicht<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

Die einzelnen Schritte der Zugproduktion<br />

und -wartung erfolgen nicht wie bisher<br />

auf parallel angeordneten Gleisanlagen,<br />

sondern werden hintereinander durchlaufen.<br />

Damit können sowohl Zeit als<br />

auch Betriebskosten eingespart werden,<br />

und das Wagenmaterial wird dem Betrieb<br />

schneller zur Verfügung gestellt.<br />

Folgende wichtige Anlagenteile werden<br />

im Projekt neu realisiert:<br />

– Behandlungsanlagen für Reisezüge<br />

(Ver- und Entsorgung, Außenreinigung)<br />

für eine »Blockzugwartung«;<br />

– Auto-im-Reisezug-Anlage;<br />

– Abstellanlagen für Reisezüge und<br />

Triebfahrzeuge;<br />

– Betriebsgebäude für die Standorte<br />

Traktion, Produktion und Personenverkehr;<br />

– Stellwerk Süd in der Laxenburger<br />

Straße;<br />

– umfassende Erneuerung und<br />

Reorganisation der Bahninfrastruktur<br />

und Gleisanlagen;<br />

– Verkehrsstation »Wien Hauptbahnhof«<br />

mit fünf Inselbahnsteigen.<br />

Die Verkehrsstation wird als Durchgangsbahnhof<br />

geplant und ersetzt die beiden<br />

Kopfbahnhöfe Süd- und Ostbahnhof.<br />

Sie beinhaltet ca. 20.000 m 2 Geschäftsflächen<br />

und wird im zweiten Untergeschoß<br />

ca. 600 Pkw-Stellplätze<br />

anbieten.


2 Standorte der Brückenbauwerke<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

2 Brückenbauwerke<br />

2.1 Geplante Maßnahmen<br />

Die bestehende Eisenbahnanlage stellte<br />

für die städtische Entwicklung stets eine<br />

Barriere dar, die nur an wenigen Orten<br />

überwunden werden konnte. Durch das<br />

Projekt Wien Hauptbahnhof werden nun<br />

die bisherigen Querungsmöglichkeiten<br />

umgebaut und erneuert sowie weitere<br />

Brückentragwerke errichtet.<br />

Die vorhandenen Bahnbrücken stammen<br />

aus den 60er und 70er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts. Sie können die<br />

Lasten der neu angeordneten Gleislage<br />

nicht aufnehmen bzw. entsprechen in<br />

ihren Lage- und Höhenverhältnissen<br />

nicht den neuen Anforderungen. Deshalb<br />

werden diese Tragwerke unter Aufrechterhaltung<br />

des Verkehrs abgebrochen und<br />

in Etappen neu gebaut.<br />

Aufrechtzuerhalten sind nicht nur der<br />

Straßen- und der Bahnverkehr, sondern<br />

auch die Linien des öffentlichen Verkehrs<br />

(Straßenbahn, U-Bahn, unterirdische<br />

Straßenbahn, Buslinien) sowie Fuß- und<br />

Radwegverbindungen. Die Bauwerke<br />

liegen zudem über Haupteinfahrtstraßen<br />

von Süden nach Wien und<br />

bedürfen einer sehr sorgfältigen und<br />

langfristigen Bauablaufplanung, da<br />

Verkehrseinschränkungen überwiegend<br />

nur in den Sommermonaten möglich<br />

sind.<br />

Insgesamt werden zusätzlich zur Verkehrsstation<br />

zehn Brückenbauwerke neu<br />

errichtet oder saniert, die eine Gesamtfläche<br />

von ca. 20.000 m 2 aufweisen; die<br />

Tragwerke in der Verkehrsstation über<br />

dem Geschoß E 0 des Aufnahmegebäudes<br />

sind hier noch nicht berücksichtigt.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

2.2 Bautechnische Details<br />

2.2.1 Längenfeldgasse<br />

Es erfolgt die Sanierung der bestehenden<br />

Bauwerke Nord und Süd mit Tragwerksisolierung<br />

und Instandsetzung der Randbalken.<br />

Die lichte Höhe beträgt hier<br />

mindestens 4,20 m, die lichte Weite des<br />

Einfeldträgers 15,20 m.<br />

2.2.2 Triesterstraße<br />

Folgende Maßnahmen werden durchgeführt:<br />

– Sanierung der vier Bestandsbauwerke<br />

aus Stahlbeton mit Instandsetzung<br />

der Tragwerksisolierung und des<br />

Randbalkens. Ihre lichte Höhe beträgt<br />

mindestens 4,20 m, die lichte Weite<br />

75,60 m (vier Felder);<br />

– Errichtung eines Überwerfungsbauwerks<br />

»Pottendorfer Linie Gleis 1«<br />

aus Stahlbeton mit einer lichte Höhe<br />

von mindestens 4,20 m und einer<br />

lichten Weite von 88,20 m (fünf Felder);<br />

– Errichtung des Tragwerks »Pottendorfer<br />

Linie Gleis 2« aus Stahlbeton<br />

mit einer lichten Höhe von mindestens<br />

4,20 m und einer lichte Weite von<br />

75,60 m (vier Felder).<br />

3 4 Tragwerke über die Triesterstraße: Planung und Bauzustand im Oktober 2010<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

55


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

5 6 Tragwerke über die Landgutgasse: Planung und Bauzustand im August 2011<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

2.2.3 Landgutgasse<br />

Die Brücken über die Landgutgasse<br />

gliedern sich insgesamt in sieben Einzeltragwerke<br />

auf, die neu errichtet werden:<br />

– Tragwerk aus Stahlbeton über die<br />

S-Bahn-Gleise Gleise 6 und 4 mit einer<br />

lichten Höhe von mindestens 4,50 m<br />

und einer lichten Weite von 24,00 m<br />

(drei Felder);<br />

– Tragwerk aus Stahlbeton über das<br />

Südbahngleis mit einer lichten Höhe<br />

von mindestens 4,50 m und einer<br />

lichten Weite von 24,00 m (drei Felder);<br />

– Überwerfungsbauwerk »Pottendorfer<br />

Linie Gleis 1« aus Stahlbeton mit einer<br />

lichten Höhe von 13,80 m und einer<br />

lichten Weite von 26,90 m (ein Feld);<br />

8 Laxenburgerstraße und Busbahnhof: Längsschnitt<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

56 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

– Stahlbetontragwerke 4–6 für die<br />

Ver- und Entsorgungsgleise mit einer<br />

lichten Höhe von mindestens 4,50 m<br />

und einer lichten Weite von 24,00 m<br />

(drei Felder);<br />

– Tragwerk 7 aus Stahlbeton über die<br />

Südbahngleise mit einer lichten Höhe<br />

von mindestens 4,50 m und einer<br />

lichten Weite von 24,00 m (drei Felder).<br />

2.2.4 Überwerfungsbauwerk Süd<br />

Es handelt sich um eine ca. 890 m lange<br />

eingleisige Stahlbetonbrücke mit maximal<br />

7,20 m lichter Höhe über Schienenoberkante<br />

und einer Längsneigung von<br />

25 ‰ bzw. 35 ‰. Ausgeführt wird sie als<br />

Kette von Einfeldträgern mit beidseitigen<br />

7 Überwerfungsbauwerk vor<br />

Fertigstellung im Dezember 2011<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

Kragarmen und mit Stahlbetonrahmen im<br />

Bereich der schleifenden Gleisquerungen<br />

bzw. der Außenreinigungsanlage.<br />

2.2.5 Laxenburgerstraße<br />

und Busbahnhof<br />

Über die Laxenburgerstraße ist die<br />

Errichtung von vier Tragwerksplatten<br />

aus Stahlbeton mit einer lichten Höhe<br />

von mindestens 4,70 m und einer lichten<br />

Weite von 61,00 m (fünf Felder) geplant.<br />

Das gleiche Prinzip kommt beim Busbahnhof<br />

zur Anwendung, allerdings mit<br />

einer lichten Höhe von mindestens 4,30 m<br />

und einer lichten Weite von 70,40 m<br />

(vier Felder).<br />

2.2.6 Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße<br />

Im Bereich der Gleisanlagen wird die<br />

Konstruktion als Zweifeldsystem mit<br />

Stahlbetonrahmen konzipiert, während<br />

über den Bahnsteigen Doppelhohlkastentragwerke<br />

mit einer verbindenden<br />

oberen Platte errichtet werden. Ihre lichte<br />

Höhe beträgt mindestens 4,50 m, die<br />

lichte Weite 27,00 m (zwei Felder).


9<br />

10 Tragwerk über die Gudrunstraße: Grundriss und Bauzustand im Oktober 2010<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

11 Querschnitt der Verkehrsstation<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

2.2.7 Karl-Popper-Straße<br />

Die Ausführung erfolgt analog dem für<br />

die Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße<br />

gewählten Prinzip, die lichte Höhe<br />

beträgt hier allerdings mindestens<br />

4,70 m, die lichte Weite 45,40 m<br />

(drei Felder).<br />

2.2.8 Alfred-Adler-Straße<br />

Jeweils eine lichte Höhe von mindestens<br />

4,20 m aufweisend, sind das östliche wie<br />

das westliche Tragwerk als zweifeldrige<br />

Stahlbetonrahmen mit eingespannten<br />

Mittelstützen geplant, die über lichte<br />

Weiten von 29,10 m (Osten) und 25,60 m<br />

(Westen) verfügen.<br />

2.2.9 Gudrunstraße<br />

Über die Gudrunstraße werden zwei<br />

dreigleisige Stahlbetonrahmentragwerke<br />

mit eingespannter Mittelstütze und einer<br />

lichten Höhe von mindestens 4,88 m<br />

und einer lichten Weite von 29,30 m<br />

(zwei Felder) realisiert.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

2.2.10 Verkehrsstation<br />

Die Maßnahme »Verkehrsstation« umfasst<br />

in Summe drei Tragwerksgruppen, die<br />

sich wiederum in Gleis- und Bahnsteigabschnitte<br />

unterteilen.<br />

– Tragwerksgruppe West: sechs Stahlbeton-Durchlaufplatten<br />

mit mittleren<br />

Stützweiten von 70–96 m (längstes<br />

Feld: 17,00 m) im Gleis- sowie sechs<br />

quer eingehängte Rippendecken im<br />

Bahnsteigbereich;<br />

– Tragwerksgruppe über der Verteilerhalle:<br />

sechs Stahlverbund-Einfeldträger<br />

mit einer Stützweite von ca. 30 m im<br />

Gleis- sowie sechs Stahlbetonhohlbalken<br />

mit Endquerträgern im<br />

Bahnsteigbereich;<br />

– Tragwerksgruppe Ost: sechs Stahlbeton-Durchlaufplatten<br />

mit mittleren<br />

Stützweiten von 54 m (längstes Feld:<br />

20,50 m) im Gleis- sowie sechs<br />

eingehängte bzw. als Kragarme<br />

ausgeführte Rippendecken im<br />

Bahnsteigbereich.<br />

12 Busbahnhof, Laxenburgerstraße und Verkehrsstation:<br />

Bauzustand im November 2011<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

57


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

58 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

13 Arsenalsteg vor Fertigstellung im Dezember 2011<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

2.2.11 Brücken der Stadt Wien<br />

Im Rahmen des Gesamtprojekts werden<br />

auch von der Stadt Wien selbst zwei<br />

Brücken über die Bahnanlage errichtet:<br />

– Arsenalsteg: zweifeldrige Stahlkonstruktion<br />

mit schräg gestellten Bögen<br />

und untenliegender Stahlbetonplatte<br />

für den Fußgänger- und Fahrradverkehr<br />

(lichte Höhe: mindestens 7,20 m),<br />

an die sich Rampenbauwerke<br />

anschließen;<br />

– Südbahnhofbrücke: zweifeldrige<br />

Stahlstruktur mit schräg gestellten<br />

Bögen, untenliegender Stahlbetonplatte<br />

für den Straßenverkehr, seitlicher<br />

Anordnung des Fußgänger- und<br />

Fahrradverkehrs und anschließenden<br />

Rampenbauwerken sowie einer lichten<br />

Höhe von 7,20 m.<br />

Bei den Brücken der Stadt Wien werden<br />

die Pfeiler durch die ÖBB und deren<br />

Auftragnehmer errichtet, die Überbauten<br />

hingegen durch die Stadt Wien und deren<br />

Auftragnehmer.<br />

3 Baudurchführung<br />

Die Baudurchführung des Projekts hat<br />

im November 2009 begonnen. Die<br />

Teilinbetriebnahme der Gleisanlage ist<br />

für Dezember 2012 vorgesehen, die<br />

Vollinbetriebnahme der Verkehrsstation<br />

für Dezember 2014 und die Gesamtfertigstellung<br />

des Gleisprojekts für Dezember<br />

2015.<br />

Die gesamte Baudurchführung verläuft in<br />

einem engen und aufgrund der Erfordernisse<br />

der einzelnen Verkehrsträger verhältnismäßig<br />

unflexiblen Terminplan.<br />

Die Durchführung aller Bauarbeiten<br />

erfolgt bis dato plangemäß.<br />

Autorin:<br />

Dipl.-Ing. Judith Engel MBA<br />

Projektleiterin Wien Hauptbahnhof<br />

ÖBB-Infrastruktur AG,<br />

Wien<br />

14 Pfeiler der Südbahnhofbrücke im Dezember 2011<br />

© ÖBB-Infrastruktur AG<br />

Bauherr<br />

ÖBB-Infrastruktur AG, Wien, Österreich<br />

Gesamtplanung<br />

Arbeitsgemeinschaft »Wiener Team«, bestehend aus:<br />

Werner Consult ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung)<br />

ISP ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung)<br />

Tecton Consult Engineering ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung)<br />

Stoik & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Straßenplanung)<br />

Ingenieurbüro Pistecky, Wien, Österreich (Umweltverträglichkeit)<br />

Albert Wimmer ZT GmbH, Wien, Österreich (Architektur)<br />

Theo Hotz Partner AG, Zürich, Schweiz (Architektur)<br />

Architekt Ernst Hoffmann, Wien, Österreich (Architektur)<br />

Zechner & Zechner ZT GmbH, Wien, Österreich (Architektur)<br />

TB Eipeldauer + Partner GmbH, Baden, Österreich (Elektrotechnik)<br />

TB ZFG-Projekt GmbH, Baden, Österreich (Haustechnik)<br />

Gawaplan Ges.m.b.H, Wien, Österreich (Haustechnik)<br />

Örtliche Bauaufsicht<br />

Arbeitsgemeinschaft »Bauaufsicht«, bestehend aus:<br />

Baumanagement Matz & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich<br />

Tecton Consult Baumanagement ZT GmbH, Wien, Österreich<br />

FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich<br />

BGG Consult Waibel ZT GmbH, Wien, Österreich<br />

ESW Consulting Wruss ZT GmbH, Wien, Österreich<br />

Ausführende von Erd- und Rohbau<br />

Strabag AG, Wien, Österreich<br />

Alpine Bau GmbH, Wien, Österreich<br />

Pittel + Brauswetter GesmbH, Wien, Österreich<br />

Porr Technobau u. Umwelt AG, Wien, Österreich<br />

i+R Schertler – Alge GmbH, Lauterach, Österreich


Besonderheiten der Ausführung<br />

Neue Beska-Brücke in Serbien<br />

von Franz Bergmair<br />

Als Ergänzung für die alte Beska-<br />

Brücke geplant, die 1976 fertiggestellt<br />

worden war und mit einer<br />

Spannweite von 210 m ehedem den<br />

Weltrekord für Spannbetonbrücken<br />

hielt, ist die neue Brücke nicht nur<br />

eine genaue Kopie des Vorgängerbaus,<br />

sondern seit ihrer Errichtung<br />

auch die höchste und zugleich<br />

die längste Donaubrücke. Dieser<br />

Beitrag thematisiert die unter<br />

anderem daraus resultierenden<br />

Besonderheiten bei ihrer Ausführung.<br />

1 Einleitung<br />

Zwischen der serbischen Hauptstadt<br />

Belgrad und Novi Sad, der Hauptstadt<br />

der Autonomen Provinz Vojvodina, führt<br />

die Autobahn E 75 über die Donau. In<br />

unmittelbarer Nähe befindet sich die<br />

Kleinstadt Beska und damit die neue,<br />

2.205 m lange Beska-Brücke, die das<br />

Verbindungselement in Süd-Nord-Richtung<br />

auf der nun zwischen Budapest<br />

und Belgrad durchgehend befahrbaren<br />

Transitroute bildet.<br />

In ihrer Gestalt ist sie die genaue Kopie<br />

der alten Brücke, die 1976 fertiggestellt<br />

worden war: Mit einer Hauptspannweite<br />

von 210 m stellten damals die jugoslawischen<br />

Ingenieure den Weltrekord für<br />

Spannbetonbrücken auf. Der Beska-<br />

Brücke kommt auch deswegen besondere<br />

Bedeutung zu, weil sie am Kreuzungspunkt<br />

zweier europäischer Korridore<br />

liegt, dem Nord-Süd-Korridor 10 (E 75)<br />

und dem Korridor 7, der Schifffahrtsstraße<br />

Donau.<br />

1 Lückenschluss bei der Hauptbrücke<br />

© Alpine Bau AG<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Aufgrund ihrer Wichtigkeit erhielt die<br />

Republik Serbien für diesen Neubau<br />

einen EBRD- und für die dringend erforderliche<br />

Instandsetzung der Altbrücke<br />

einen EIB-Kredit. Es erfolgte eine internationale<br />

Ausschreibung beider Baumaßnahmen,<br />

aus der die Arbeitsgemeinschaft<br />

DSD-Alpine als Bestbieter hervorging.<br />

Für das Sanierungslos wurde ein Vertrag<br />

auf Basis des FIDIC-Red-Book mit vorgegebenem<br />

Leistungsverzeichnis und für<br />

den Neubau ein FIDIC-Yellow-Book-<br />

Vertrag (funktionale Ausschreibung<br />

für Planung und Bauausführung)<br />

vorgesehen.<br />

Der Bau der derzeit längsten und<br />

höchsten Donaubrücke stellte aber in<br />

mehrfacher Hinsicht eine außergewöhnliche<br />

Aufgabe dar:<br />

– Infolge der unmittelbaren Nähe der<br />

neuen zur alten Brücke war auf<br />

Letztere Rücksicht zu nehmen. Ihre<br />

Caisson-Gründung wurde als besonders<br />

setzungsempfindlich eingestuft,<br />

und wie sich erst später herausstellen<br />

sollte, entsprach ihre Ausführungsqualität<br />

nicht heutigem Standard.<br />

Die Art der Gründung der neuen<br />

Beska-Brücke musste daraufhin<br />

entsprechend adaptiert werden.<br />

– Vor der Detailplanung sollte der<br />

Auftraggeber vertragskonform die<br />

erforderlichen hydraulischen Modelluntersuchungen<br />

und die ergänzenden<br />

Baugrunduntersuchungen durchführen,<br />

um dem Auftragnehmer die<br />

entsprechenden Detailplanungen zu<br />

ermöglichen. Daraus ergaben sich<br />

jedoch gravierende neue Erkenntnisse<br />

gegenüber den eher wenig aussagekräftigen<br />

Voruntersuchungen mit der<br />

Folge zusätzlicher Bauaktivitäten.<br />

– Der Neubau war als Zwilling der bestehenden<br />

Brücke auf Einzelpfeilern zu<br />

errichten. Die bei einer Spannweite von<br />

210 m derzeit übliche Ausführung von<br />

Doppelpfeilern kam daher für das<br />

Hauptfeld nicht in Frage.<br />

– Während der Bauzeit kam es zu maßgeblichen<br />

Behinderungen durch<br />

unvorhersehbare Hochwasserereignisse<br />

(zwei 10-jährige und ein<br />

100-jähriges).<br />

– Die Bauzeit war trotz aller Ereignisse<br />

und Zusatzmaßnahmen auf ein<br />

Minimum zu beschränken. Die<br />

Fertigstellung des Projektes erfolgte<br />

daher nach dreieinhalb Jahren.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

59


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

2 Längsschnitt der Hauptbrücke<br />

© Alpine Bau AG<br />

2 Planung<br />

Der 2.205 m lange Neubau gliedert sich<br />

in die fünffeldrige, 540 m lange Hauptbrücke<br />

über die Donau, die Stützweiten<br />

von 60 m + 105 m + 210 m +105 m+ 60 m<br />

aufweist und über einen rechteckigen,<br />

maximal 11 m hohen und mit 100 Vorspannkabeln<br />

ausgestatteten Querschnitt<br />

verfügt, sowie in zwei Vorlandbrücken<br />

von 1.485 m und 180 m Länge.<br />

5 6 Querschnitte der Vorlandbrücken: Pfeilerachse und Feldmitte<br />

© Alpine Bau AG<br />

Der Rechteckquerschnitt hat eine variable<br />

Höhe, die von 11 m über den Hauptpfeilern<br />

auf 6 m in der Mitte des Hauptfeldes<br />

und dann weiter auf 2,50 m in den<br />

Anschlussbereichen der Vorlandbrücken<br />

reduziert wird.<br />

Die nördliche Vorlandbrücke besteht aus<br />

33 Feldern à 45 m Spannweite, was eine<br />

Gesamtlänge von 1.485 m bedeutet,<br />

während die südliche Vorlandbrücke vier<br />

Felder à 45 m und damit eine Gesamt-<br />

60 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

3 4 Querschnitte der Hauptbrücke: Feldmitte und Pfeilerachse<br />

© Alpine Bau AG<br />

länge von 180 m hat. Beide sind mit<br />

einem vorgespannten Trapezquerschnitt<br />

von konstant 2,50 m Höhe geplant,<br />

wobei fallweise nach vier, fünf oder sechs<br />

Feldern die Übergangskonstruktionen<br />

angeordnet werden.<br />

Da wegen der Dringlichkeit der Baumaßnahme<br />

nur wenige geotechnische<br />

Angaben vorlagen, hatte es der Auftraggeber<br />

übernommen, detailliertere<br />

geotechnische und hydraulische Voruntersuchungen<br />

durchzuführen, deren<br />

Ergebnisse dann in die Detailplanung<br />

des Auftragnehmers einfließen sollten.<br />

Im Speziellen wurde hier die Restscherfestigkeit<br />

der Schluff- und Mergelschichten<br />

genauer analysiert, auch<br />

mittels der erstmaligen Verwendung<br />

von Satellitenaufnahmen: Dabei zeigte<br />

sich eine besondere Gefährdung des<br />

Baugrundes für Hangrutschungen.<br />

Weiterhin erfolgten im Hydrauliklabor<br />

3-D-Modelluntersuchungen sowie<br />

Flussbettaufnahmen in regelmäßigen<br />

Zeitabständen bzw. nach markanten<br />

Ereignissen wie Hochwassern.<br />

7 Ergebnis der Satellitenuntersuchung<br />

© Alpine Bau AG<br />

8 Ultraschallaufnahmen mit Flussscanner<br />

© Alpine Bau AG


9 Prinzip der Rutschhangstabilisierung<br />

© Alpine Bau AG<br />

Aus diesen zusätzlichen Untersuchungen<br />

wurden neue Erkenntnisse gewonnen:<br />

– Schlechtere Mantelreibungskennwerte<br />

im Bereich der nördlichen<br />

Vorlandbrücke.<br />

– Im Bereich der südlichen Vorlandbrücke<br />

wurden Restscherwinkel von<br />

nur 8–10° gefunden.<br />

– Im Bereich der Hauptpfeiler im Fluss<br />

bestand eine große Auskolkungsgefahr<br />

in Verbindung mit geringeren<br />

Mantelreibungskennwerten des<br />

Baugrundes.<br />

– Der Bauzustand der Altbrücke wurde<br />

für schlechter befunden als ursprünglich<br />

eingeschätzt.<br />

3 Brückengründungen<br />

Die Pfeiler der nördlichen Vorlandbrücke<br />

wurden generell auf sechs bzw. acht<br />

Bohrpfählen mit d = 1,20 m und darüberliegender<br />

Pfahlkopfplatte gegründet, die<br />

Pfeiler mussten zudem wegen der schlechteren<br />

Mantelreibungswerte im Mittel von<br />

17 m auf ca. 28 m verlängert werden.<br />

Bei der südlichen Vorlandbrücke waren<br />

aufgrund der Voruntersuchungsergebnisse<br />

umfangreiche Maßnahmen zur<br />

Stabilisierung des Rutschhanges zu<br />

tätigen: Als Erstes wurde der Hangfuß<br />

mit einer geogitterbewehrten Erdschüttung<br />

gesichert. Darüber hinaus<br />

erfolgten einerseits die Verlängerung der<br />

Pfahlgründungen für die neuen Pfeiler<br />

sowie andererseits die Anordnung<br />

von zwei zusätzlichen Pfahlrastern,<br />

65 Bohrpfähle und zwei getrennte<br />

Pfahlkopfplatten umfassend.<br />

Besonderes Augenmerk war jedoch auf<br />

die Gründung der beiden Hauptpfeiler<br />

der Flussbrücke zu legen, da sie durch<br />

Auskolkung gefährdet sind, eine der<br />

häufigsten Versagensursachen von<br />

Flussbrücken. Im Fall der Beska-Brücke<br />

war zudem wegen der Nähe und des<br />

schlechten Bauzustandes der Altbrücke<br />

ein Gründungsverfahren zu wählen, das<br />

die sogenannten Mitnahmesetzungen<br />

von vorneherein auf ein absolutes<br />

Minimum beschränkt. Wegen dieser<br />

beiden Faktoren wurde die ursprünglich<br />

vorgesehene Rastergründung zugunsten<br />

einer Topfgründung aufgegeben.<br />

10 Vergleich der Gründungssysteme<br />

© Alpine Bau AG<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Eine solche Topfgründung besteht aus<br />

geschlossenen Außenflächen durch<br />

tangierend angeordnete Pfähle, die<br />

exakt vertikal gebohrt werden müssen<br />

und hier nur eine Abweichung von 0,40 %<br />

von der theoretischen Vertikalen aufweisen<br />

durften: Auf die Weise wird die<br />

Tragfähigkeit des eingeschlossenen<br />

Bodenkörpers mit aktiviert und im<br />

Erdbebenfall ein Verflüssigen und<br />

Austreten des Bodens zwischen den<br />

Pfählen verhindert, auftretende Kolke<br />

können die Gründung zudem nicht<br />

unterspülen.<br />

Eine besondere Herausforderung<br />

bedeutete die Herstellung der temporären<br />

Flussinseln, von welchen aus<br />

die tangierenden Gründungspfähle<br />

ausgeführt wurden. Zur Erreichung der<br />

geforderten Genauigkeit mussten in der<br />

bis zu 16 m tiefen Donau Spundwandinseln<br />

gebaut und für das Einbringen der<br />

Spundwände Vorkehrungen getroffen<br />

werden, um ein exaktes Rammen trotz<br />

möglicher Hochwasser und Eisstöße im<br />

Winter zu gewährleisten. Dazu wurde<br />

ein mehrmals verwendbarer Führungsrahmen<br />

entwickelt, der die Stabilität<br />

des Spundwandkastens in jeder Phase<br />

garantierte und das Risiko eines<br />

Schadens oder seines Verlustes, wie<br />

vor einigen Jahren auf einer anderen<br />

Donau-Brückenbaustelle passiert,<br />

minimierte.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

61


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

11<br />

12 Positionierung des Führungsrahmens<br />

© Alpine Bau AG<br />

Mit Hilfe dieses Führungsrahmens wurden<br />

die Spundwandinseln für jeden der drei<br />

Flusspfeiler auf folgende Weise hergestellt:<br />

Eine Barge brachte den Rahmen<br />

vor Ort, wo er exakt positioniert und<br />

mit Stahlpfählen fixiert wurde. Danach<br />

konnte die Transportbarge herausgezogen<br />

werden und das Rammen der<br />

Spundwand-Doppelbohlen beginnen.<br />

Nach Fertigstellung einer temporären<br />

Insel wurde der Rahmen mit hydraulischen<br />

Pressen angehoben und mit dem<br />

Schiffskran auf die Barge verladen.<br />

Dieser Führungs- und Stützrahmen<br />

erwies sich bei den außergewöhnlichen<br />

Hochwasserereignissen und Eisstößen,<br />

die während der Spundwandarbeiten<br />

auftraten, als wertvoll, weil dank seines<br />

Einsatzes keine Schäden und Bauzeitverluste<br />

auftraten. Somit ließ sich ein Teil<br />

der Zeit, welche durch die aufwendigen<br />

Voruntersuchungen verbraucht wurde,<br />

kompensieren.<br />

62 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Nach Fertigstellung der drei temporären<br />

Inseln wurden in Hinblick auf weitere<br />

Zeiteinsparungen die Bohrpfahlarbeiten<br />

gleichzeitig auf beiden Hauptpfeilerstandorten<br />

mit dem Ziel ausgeführt, noch<br />

vor dem Winter 2009 die Unterwasserbetonsohle<br />

einzubringen und auf beiden<br />

Pfeilern trockene Baugruben zu erhalten.<br />

Im Trockenen konnten dann die Arbeiten<br />

auch während des Winters zügig vorangebracht<br />

werden, so dass vor Eintreffen<br />

der nächsten Hochwasserperiode im<br />

Frühjahr 2010 alle Flusspfeiler bereits<br />

fertiggestellt waren.<br />

4 Pfeiler und Überbau<br />

4.1 Betonherstellung<br />

Der Konstruktionsbeton für Pfeiler und<br />

Überbau wurde in der eigenen Mischanlage<br />

auf der Baustelle produziert,<br />

um bei der erforderlichen Qualität, die<br />

während des ganzen Jahres zu gewährleisten<br />

war, nicht von der Lieferfähigkeit<br />

13 Ausheben und Verladen des Führungsrahmens<br />

© Alpine Bau AG<br />

der lokalen Subunternehmer abhängig<br />

zu sein; der Zement kam aus dem nahe<br />

gelegenen Werk von Lafarge in Beocin.<br />

Die Zuschlagstoffe wurden von einem<br />

Subunternehmer aus Save-Flusskies<br />

erzeugt, der bereit war, alle Auflagen<br />

einschließlich der vollen Implementierung<br />

des Alpine-Qualitätsmanagementsystems<br />

zu akzeptieren, und der auch<br />

einer lückenlosen Kameraüberwachung<br />

zustimmte: Dies war die Basis für die<br />

Herstellung von Qualitätsbetonen mit<br />

sehr geringer Streubreite in den Druckfestigkeiten.<br />

Außerdem wurde auf eine<br />

ausreichende Bevorratung von Zuschlagstoffen<br />

großer Wert gelegt, um Produktionsunterbrechungen<br />

infolge Hochwasser<br />

an der Kiesentnahme oder von<br />

Ausfällen bei der Kiesaufbereitung des<br />

Subunternehmers ausgleichen zu<br />

können.<br />

14 Gründung der Hauptpfeiler im Fluss<br />

© Alpine Bau AG


15 Bohrpfahlarbeiten und Positionierung der Schwimmbrücken<br />

© Alpine Bau AG<br />

Für die Vollpfeiler war ein Beton mit<br />

30 MPa Druckfestigkeit, für die Hohlpfeiler<br />

einer mit 40 MPa und für die<br />

beiden Hauptpfeiler im Fluss einer mit<br />

50 MPa vorgesehen. Die Tragwerke<br />

wurden mit Betonen von 45 MPa für<br />

die Vorlandbrücken und 50 MPa für den<br />

Freivorbau der Hauptbrücke über die<br />

Donau geplant. Wegen der sehr strengen<br />

serbischen Vorschriften, insbesondere die<br />

Salzresistenz betreffend, kamen auch auf<br />

den Pfeilern ausschließlich Betone mit<br />

45 MPa zur Ausführung. Die Zementgehalte<br />

betrugen zwischen 400 kg/m 3<br />

und 420 kg/m 3 , die W/Z-Werte je nach<br />

Betongüte zwischen 0,39 und 0,41.<br />

17 Übersicht über die Bauverfahren<br />

© Alpine Bau AG<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

16 Flusspfeiler im Bau<br />

© Alpine Bau AG<br />

Grundsätzlich wurden ein Plastifizierungsmittel<br />

und im Sommer zusätzlich<br />

ein Verzögerer verwendet. Im Sommer<br />

wurde der Zement je nach Außentemperatur<br />

auf – 5 °C bis – 10 °C gekühlt,<br />

um die Einbautemperaturen unter 30 °C<br />

zu halten, während im Winter die<br />

Zuschlagstoffe und das Anmachwasser<br />

erhitzt wurden, um mindestens 13 °C<br />

Einbautemperatur zu erzielen. Bei den<br />

Betonfestigkeiten betrug das geforderte<br />

Vorhaltemaß mindestens 5 MPa, das<br />

tatsächliche pendelte sich zwischen<br />

10–15 MPa ein. Der für den Freivorbau<br />

berechnete E-Modul war 36 GPa,<br />

erreicht wurden im Mittel 39,20 GPa.<br />

Aus betontechnologischer Sicht war<br />

das Gesamtresultat, im Speziellen beim<br />

schwierigen Freivorbau auf der Hauptbrücke,<br />

äußerst zufriedenstellend.<br />

Das Tragwerk verhielt sich sowohl in den<br />

Bauzuständen als auch im Endzustand<br />

bzw. bei der Belastungsprobe exakt<br />

berechnungskonform.<br />

4.2 Bauverfahren<br />

Die Brückenpfeiler haben eine Höhe von<br />

10–52 m und wurden bis 25 m als Voll-,<br />

darüber als Hohlpfeiler ausgeführt. Für<br />

ihren Bau wurde eine konventionelle<br />

Kletter- statt einer Gleitschalung gewählt,<br />

um unter den lokalen Bedingungen eine<br />

bessere Qualität zu erzielen.<br />

Die Brückentragwerke wurden nach drei<br />

verschiedenen Methoden hergestellt:<br />

– Für den Überbau der nur 180 m langen<br />

südlichen Vorlandbrücke kam eine<br />

konventionelle Rüstung zum Einsatz.<br />

– Das Tragwerk der 540 m langen<br />

Flussbrücke wurde im Freivorbau<br />

errichtet.<br />

– Das 1.485 m lange Tragwerk der<br />

nördlichen Vorlandbrücke wurde<br />

mit einer Vorschubrüstung gebaut.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

63


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

18 100-jähriges Hochwasser im Juli 2010<br />

© Alpine Bau AG<br />

19 Vertiefung der Kolke<br />

© Alpine Bau AG<br />

Die Errichtung der Brücke fiel in eine<br />

Periode mit außergewöhnlichen Hochwassern,<br />

die zwar den Baufortschritt<br />

behinderten, aber dank der realisierten<br />

Vorsorgemaßnahmen außer Verschmutzungen<br />

keinen Schaden verursachten.<br />

So führte vor allem das Hochwasser im<br />

Juli 2010 als ein ca. 100-jähriges zu einer<br />

Flutung von 90 % der gesamten Brückenlänge<br />

und hatte zudem eine weitere<br />

Eintiefung des linken Flussbereiches<br />

zur Folge.<br />

Die Arbeiten an der Vorlandbrücke Nord<br />

wurden unmittelbar nach Abklingen der<br />

Hochwasserwelle wieder aufgenommen:<br />

Im 14-Tage-Takt wurde Segment um<br />

Segment fertiggestellt, so dass das letzte<br />

kurz vor Weihnachten 2010 betoniert<br />

werden konnte.<br />

Die Hauptbrücke über die Donau wurde<br />

im Freivorbau errichtet. Ausgehend vom<br />

Zentralelement über dem Pfeiler, dem<br />

Hammerkopf, wurden zuerst ca. 3 m<br />

lange, dann kontinuierlich längere und<br />

schließlich 5 m lange Einzelsegmente<br />

in beide Richtungen frei, das heißt am<br />

Vorbaurüstwagen hängend, vorgebaut.<br />

Gegenüber anderen Methoden hat er den<br />

Vorteil, dass relativ große Spannweiten<br />

mit geringem Aufwand an Rüstung<br />

und Schalung, dafür aber in nur kurzen<br />

Segmenten von ca. 5 m realisiert werden<br />

können.<br />

64 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Nach Erreichen einer Betonfestigkeit<br />

von ca. 35 MPa wurden die Segmente im<br />

Regelfall mit je vier Vorspannkabeln pro<br />

Doppelsegment zusammengespannt und<br />

damit gesichert. Anschließend wurde<br />

der Freivorbauwagen in Richtung des<br />

nächstfolgenden Segments hydraulisch<br />

vorwärtsbewegt. Danach wurde er exakt<br />

positioniert, wobei die erforderlichen<br />

Kontrollmessungen immer zur gleichen<br />

Tageszeit, am besten frühmorgens<br />

durchgeführt werden mussten, um<br />

Temperatureinflüsse und Sonneneinstrahlung,<br />

die während des Tageslaufes<br />

variierten, möglichst gering zu halten<br />

und so Ungenauigkeiten in der Messung<br />

zu minimieren. Außerdem hatten die<br />

durch den Betoniervorgang erwartete<br />

Absenkung des Wagens und die durch die<br />

Vorspannung verursachte Anhebung des<br />

Segmentes Berücksichtigung zu finden.<br />

All diese Bauzustände wurden in der<br />

statischen Berechnung der Zwischenzustände<br />

ermittelt und waren durch<br />

die Messungen an jedem Segment zu<br />

bestätigen. Bei etwaigen Abweichungen<br />

wurden Korrekturen vorgenommen,<br />

so dass sich im Bogenverlauf jede<br />

Unstetigkeit vermeiden ließ.<br />

Für den Baufortschritt auf der Hauptbrücke<br />

war die um ca. sechs Monate<br />

vorausgehende firmeneigene Arbeitsvorbereitung<br />

von wesentlicher Bedeutung:<br />

Es wurden sämtliche Arbeitsschritte<br />

und die dafür erforderlichen Schal- und<br />

Rüstelemente bis ins Detail geplant und<br />

alle Elemente am Zimmereiplatz vor Ort<br />

zusammengefügt. Von dort wurden die<br />

fertigen Großelemente dann über die<br />

Schwimmbrücken zu den künstlichen<br />

Flussinseln transportiert und mittels<br />

Turmdrehkranen positioniert.<br />

Der Überbau der Hauptbrücke über der<br />

Donau hat einen Rechteckquerschnitt<br />

von 11 m Höhe über dem Pfeiler und 6 m<br />

22<br />

23<br />

24 Herrichten und Anordnung der Schalelemente<br />

© Alpine Bau AG<br />

20 Ausfahren der Vorschubrüstung<br />

© Alpine Bau AG<br />

21 Beginn des Freivorbaus<br />

© Alpine Bau AG<br />

in Feldmitte. Wegen der großen Höhe<br />

wurden für die ersten Doppelsegmente<br />

zwei bis drei Wochen benötigt. Infolge<br />

der immer geringeren Höhe und des<br />

Einarbeitungseffektes konnte die mittlere<br />

Leistung aber relativ bald auf ein Doppelsegment<br />

je Pfeiler und Woche gesteigert<br />

werden. Der gesamte Überbau der 540 m<br />

langen Hauptbrücke einschließlich der<br />

beiden Hammerköpfe wurde mit zwei<br />

Freivorbaugeräten und damit vier Wagen<br />

trotz der Behinderung durch das Extremhochwasser<br />

in rund zwölf Monaten<br />

realisiert.


Mit den restlichen Arbeiten auf den<br />

Vorlandbrücken, wie dem Herstellen<br />

des Randbalkens, dem Aufbringen des<br />

Haftgrundes, der Isolierung und der zwei<br />

Lagen Asphalt sowie der Montage der<br />

Leitschienen und des Brückengeländers,<br />

wurde im Frühjahr 2011 begonnen. Für<br />

diese Arbeiten standen auf der Hauptbrücke<br />

dann aber nurmehr knapp drei<br />

Monate bis zur Eröffnung der Beska-<br />

Brücke am 3. Oktober 2011 zur Verfügung.<br />

5 Schlussbemerkung<br />

Mit dem Bau der alten Beska-Brücke<br />

verwirklichten die Ingenieure in den<br />

1970er Jahren ein großes Ziel, indem<br />

sie die damals weltweit größte Spannbetonbrücke<br />

gebaut haben. Sie sind<br />

an die Grenzen des für sie Machbaren<br />

gegangen. Die Zielsetzung für die neue<br />

Beska-Brücke war jedoch in erster Linie<br />

auf Nachhaltigkeit gerichtet, nämlich<br />

ein Bauwerk mit einer Lebensdauer von<br />

mindestens 100 Jahren zu schaffen.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Franz Bergmair<br />

Alpine Bau AG,<br />

Wien<br />

Fahrbahnübergänge<br />

POLYFLEX ® Advanced PU<br />

Belagsdehnfuge<br />

Fingerübergang TRANSGRIP ®<br />

WSG Mehrprofilige Dehnfuge<br />

mit / ohne lärmmindernde<br />

Sinusplatten<br />

RWSH Matten-Dehnfuge<br />

RW Sollinger Hütte GmbH<br />

Auschnippe 52 · 37170 Uslar<br />

Tel.: +49 (0) 55 71-305-0<br />

Fax: +49 (0) 55 71-305-26<br />

info@rwsh.de<br />

www.rwsh.de<br />

www.reisnerwolff.com<br />

Auftraggeber<br />

Putevi Srbije, Belgrad, Serbien<br />

Generalplanung<br />

Leonhardt, Andrä und Partner,<br />

Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart<br />

Gründungsplanung<br />

Öhlinger + Partner ZT-GmbH, Wien, Österreich<br />

Geotechnik<br />

BGG Consult Dr. Peter Waibel ZT-GmbH, Wien,<br />

Österreich<br />

Gründungsgutachten<br />

Prof. Dr. techn. Heinz Brandl, Wien, Österreich<br />

Prüfung<br />

VCE Vienna Consulting Engineers, Wien, Österreich<br />

Ausführung<br />

Alpine Bau GmbH, Wien, Österreich<br />

DSD Brückenbau GmbH, Saarlouis<br />

26 Brückeneröffnung im Oktober 2011<br />

© Alpine Bau AG<br />

Sava Bridge<br />

Die Sava Bridge ist eine Schrägseilbrücke mit einem einzelnen,<br />

200 m hohen Pylon. Die Überbaubreite beträgt 45 m.<br />

Der Mittelteil (Mainspan) hat eine Länge von 376 m.<br />

Die neue Schrägseilbrücke verbindet die Belgrader Neustadt<br />

über den Fluß Sava hinweg mit der Altstadt.<br />

Die RW Gruppe liefert und montiert die folgenden<br />

Produkte für dieses Projekt:<br />

• RW ® MPE Kalottenlager mit bis zu 107.000 kN<br />

• WSG PLUS Mehrprofilige Dehnfuge<br />

Dehnweg bis 1040 mm<br />

• WSF Einprofilige Dehnfuge<br />

• TRANSGRIP ® Fingerfahrbahnübergang LL-Serie<br />

Dehnweg bis 320 mm<br />

• Offene Fuge Typ II<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

25 Freivorbau kurz vor dem Lückenschluss<br />

© Alpine Bau AG<br />

www.rwsh.de www.reisnerwolff.com<br />

Besuchen Sie unseren Stand beim <strong>12.</strong> Symposium Brückenbau in Leipzig. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.<br />

Brückenlager<br />

RWSH MPE Kalottenlager<br />

mit nachstellbarer, spielfreier<br />

Führung<br />

RWSH MPE Topflager<br />

RWSH Elastomerlager<br />

RWSH Speziallager<br />

Brückengeländer<br />

Brückenbau Cunstruction and Engeneering_Heft 2012-1-2_Anzeige 185 x127.indd 1 19.01.2012 12:27:51


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Ersatzneubau über die Mosel bei Grevenmacher und Wellen<br />

Brücke zwischen Luxemburg und Deutschland<br />

von Gilles Didier, Andrea De Cillia<br />

Die bestehende Spannbetonbrücke,<br />

zwischen 1953 und 1955 erbaut,<br />

verbindet das Zentrum Grevenmachers<br />

mit der Ortschaft Wellen<br />

und ist eine vielgenutzte Verkehrsader.<br />

So ist das Verkehrsaufkommen<br />

in den letzten zehn Jahren um mehr<br />

als 60 % gestiegen und beträgt<br />

heute ca. 15.000 Kfz/d. 2002 wurden<br />

wesentliche Mängel an den Spanngliedern<br />

diagnostiziert, so dass<br />

Überlegungen über zustands-<br />

erhaltende Maßnahmen bzw.<br />

zu ihrer Erneuerung angestellt<br />

werden mussten.<br />

1 Bestehendes Bauwerk<br />

Der bestehende Überbau umfasst fünf<br />

nebeneinanderliegende Spannbetoneinfeldträger,<br />

die mit Ortbeton und<br />

zusätzlicher Quervorspannung miteinander<br />

verbunden wurden. Die Einfeldträger<br />

haben eine Spannweite von 45 m<br />

bzw. 37 m in den Randfeldern. Die Brücke<br />

mit einer Gesamtlänge von ca. 215 m<br />

überquert die Mosel, die B 419 auf<br />

deutscher und die N 10 auf luxemburgischer<br />

Seite. Es handelt sich um<br />

ein funktionales Bauwerk, das unter<br />

zeitlichem und finanziellem Druck<br />

die 1944 zerstörte Brücke ersetzen<br />

musste.<br />

Untersuchungen an den Hüllrohren<br />

ergaben, dass die Injektion der Spannglieder<br />

wie bei vielen Brücken dieser<br />

Zeit sehr mangelhaft war und dass<br />

zahlreiche Spannglieder als Folge<br />

kritischer Chloridgehalte im Injektionsmörtel<br />

Korrosionserscheinungen auf-<br />

66 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Bau der vorherigen Moselbrücke (1882–1944)<br />

© Archiv Ponts et Chaussées Luxembourg<br />

2 Errichtung der heutigen Spannbetonbrücke<br />

© Archiv Ponts et Chaussées Luxembourg<br />

wiesen. Einzelne Spannglieder wurden<br />

auch im spannungslosen Zustand<br />

angetroffen. Um die Größenordnung<br />

aller vorhandenen Schäden näher zu<br />

bestimmen, wurden weitergehende<br />

Untersuchungen durchgeführt, unter<br />

anderem mit dem Impakt-Echo-Verfahren,<br />

welches bestätigte, dass der<br />

Injektionsgrad je nach Träger um die<br />

50 % liegt.<br />

Erwähnenswerte Unterhaltungsmaßnahmen<br />

waren bis dahin:<br />

– Anfang der 1960er Jahre die Sicherung<br />

der Moselpfeiler gegen Schiffsstoß im<br />

Rahmen der Moselkanalisierung,<br />

– 1975 die Sanierung der Fahrbahn und<br />

der Fahrbahnübergänge,<br />

– Sanierungen und Verstärkungen des<br />

Spannbetonträgers auf deutscher<br />

Seite infolge wiederholter Lastwagenkollisionen,<br />

– 2002 die notdürftige Sanierung des<br />

Brückenbelags in Erwartung weitergehender<br />

Maßnahmen mit dem gleichzeitigen<br />

Ziel der Auflastverringerung:<br />

Abschälen des gesamten Brückenbelags<br />

über dem strukturellen Beton und<br />

Aufbringen eines neuen, in der Höhe<br />

stark beschränkten Fahrbahnaufbaus.<br />

Rechnerisch entspricht die Reduzierung<br />

des Gewichts der Brücke ungefähr<br />

dem eines Spannglieds pro Träger.<br />

Zusätzlich wurde auch eine Lastbeschränkung<br />

auf 24 t umgesetzt.


2 Neubauplanung<br />

2.1 Rechtlicher Rahmen<br />

Da nach eingehender Prüfung eine<br />

Erhaltung der vorhandenen Brücke<br />

unter technischen und wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten nicht vertretbar war,<br />

begann die Planung für eine neue<br />

Moselquerung, wobei ein anderer<br />

Standort von vornherein nicht ausgeschlossen<br />

werden sollte. In Betracht der<br />

städtebaulichen und topographischen<br />

Verhältnisse auf deutscher wie luxemburgischer<br />

Seite war dies jedoch nicht<br />

zielführend.<br />

Die Ausarbeitung eines Entwurfs für<br />

eine neue Brücke, deren Planung und<br />

Realisierung historisch bedingt Luxemburg<br />

übernimmt, erfolgte dann in<br />

enger Abstimmung mit den deutschen<br />

Behörden. Das Bauwerk befindet sich<br />

sowohl in den alleinigen Hoheitsgebieten<br />

von Luxemburg und Deutschland als<br />

auch im Kondominium, dem gemeinschaftlichen<br />

Hoheitsgebiet von Luxemburg<br />

und Deutschland. Zwecks Regelung<br />

aller technischen, steuerlichen, rechtlichen<br />

und finanziellen Aspekte, welche<br />

während der Errichtung und der späteren<br />

Erhaltung der neuen Brücke auftreten<br />

werden, wurde ein Abkommen zwischen<br />

dem Großherzogtum Luxemburg und<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

geschlossen.<br />

2.2 Aufgabenstellung<br />

Im Vergleich zur vorhandenen Situation<br />

musste nicht nur das Lichtraumprofil über<br />

der B 419 vergrößert, sondern auch den<br />

gewachsenen Ansprüchen der modernen<br />

Schifffahrt Rechnung getragen werden:<br />

Abriss des mittleren Flusspfeilers, der<br />

die Fahrrinne zweiteilt; Vergrößerung<br />

der lichten Höhe und Aufweitung der<br />

Fahrrinnenbreite am luxemburgischen<br />

Ufer für eine eventuelle zukünftige<br />

Verdopplung der etwa 500 m stromaufwärts<br />

gelegenen Schifffahrtsschleuse.<br />

Die beidseitig der Mosel liegenden Radwegenetze<br />

sollten ebenfalls über die neue<br />

Brücke miteinander verbunden werden.<br />

2.3 Formfindung<br />

In einem Europa der Regionen verschwinden<br />

allmählich die historischen Grenzen,<br />

den politischen Abkommen müssen<br />

aber Taten folgen. Das Abschaffen der<br />

Grenzposten und die Einführung einer<br />

gemeinsamen Währung haben viel dazu<br />

beigetragen, dass in den Köpfen der<br />

Menschen alte Grenzen visuell nicht<br />

mehr wahrnehmbar sind. Der Neubau<br />

der Moselbrücke versteht sich daher<br />

auch als Beitrag des Zusammenwachsens<br />

der Großregion: Sie soll ein markantes<br />

Bindeglied zwischen zwei Staaten sein.<br />

3 Entwurf der neuen Moselquerung<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Täglich wird die Brücke zudem von<br />

Tausenden von Pendlern genutzt, die<br />

in Luxemburg ihrer Erwerbstätigkeit<br />

nachgehen. Die luxemburgische<br />

Wirtschaft ist auf die Unterstützung<br />

dieser Pendler aus der Großregion<br />

angewiesen.<br />

Die Brücke über die Mosel mündet relativ<br />

zentral in die Stadt Grevenmacher. Das<br />

Widerlager auf deutscher Seite befindet<br />

sich außerhalb der Ortschaft Wellen.<br />

Dies ist die erste Ebene, die Verbindungsebene.<br />

Am Ufer der Mosel verlaufen auf<br />

luxemburgischer Seite die Weinstraße<br />

und auf deutscher Seite die B 419.<br />

Zwischen Mosel und Weinstraße wird<br />

zurzeit von der Stadt Grevenmacher<br />

die Promenade in einer Grünzone neu<br />

gestaltet. Der bereits erfolgte Neubau<br />

der Anlegestelle für Moselschiffe unterstreicht<br />

den hier erwünschten Charakter.<br />

Dies ist die zweite Ebene, die rekreative<br />

Ebene.<br />

Es stand sofort fest, dass sich die neue<br />

Brücke um diese zwei Ebenen herum<br />

artikulieren und in ihrer Typologie<br />

ins Gefüge der Stadt Grevenmacher<br />

einpassen soll. Die Proportionen des<br />

5 Uferpromenade auf luxemburgischer Seite<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

Tragwerks haben sich am menschlichen<br />

Maßstab auszurichten, das heißt, die<br />

Spaziergänger an der Promenade dürfen<br />

nicht das Gefühl bekommen, von der<br />

Brücke erdrückt zu werden. Letztlich soll<br />

sie nicht in Konkurrenz treten zu dem<br />

Kern der Stadt, sich in ihrer Struktur<br />

also an den Gebäudehöhen orientieren.<br />

Um den Ansprüchen der modernen<br />

Schifffahrt Rechnung zu tragen, sollte<br />

die Mosel darüber hinaus in einem<br />

Schlag überquert werden.<br />

4 Verbindung zur Stadt Grevenmacher<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

67


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

6 Anordnung des Mittelbogens<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

7 Hindernisfreie Sicht …<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

Aus diesen Randbedingungen entwickelte<br />

sich die Idee einer Bogenbrücke<br />

mit der Fahrbahn auf halber Höhe des<br />

Bogens, wobei der Teil über der Fahrbahn<br />

als Mittelbogen realisiert wird. Unterhalb<br />

der Fahrbahnebene spaltet sich der<br />

Bogen in zwei Standbeine auf, die sich<br />

auf den Uferpfeilern abstützen. Diese<br />

Bewegung wird in Richtung Vorlandbrücke<br />

weitergeführt und somit eine<br />

fließende Bewegung des Tragwerkes<br />

erzielt: In seinem Rhythmus gleicht er<br />

der Flugbahn eines flachen Steins, den<br />

man in spitzem Winkel in der Hoffnung<br />

ins Wasser wirft, er möge so oft wie<br />

möglich von der Oberfläche abprallen<br />

und einen weiteren Bogen beschreiben.<br />

Das verleiht dem Tragwerk eine dynamische<br />

und verspielte Gestalt.<br />

Der Mittelbogen auf Höhe der »Verbindungsebene«<br />

bietet dem Benutzer der<br />

Brücke eine hindernisfreie Sicht auf die<br />

Mosel und das Umland. Eine Anordnung<br />

zweier seitlicher Bögen würde eher<br />

das Gegenteil bewirken, nämlich die<br />

Einschränkung des Blickfeldes.<br />

Das neue Bauwerk, eine Gesamtlänge<br />

von 213 m aufweisend, unterteilt sich in<br />

das 113,80 m lange Hauptfeld über der<br />

Mosel und zwei Vorlandabschnitte an<br />

beiden Brückenenden. Der stählerne<br />

Überbau mit einem Gesamtgewicht<br />

von ca. 1.900 t erhält als Fahrbahn eine<br />

68 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

orthotrope Platte, die im Bogenbereich<br />

als Kragplatte im Zugband eingespannt<br />

wird. Das Herzstück der Brücke ist jedoch<br />

der Knotenpunkt zwischen dem Bogen<br />

und der Aufspreizung der Standbeine,<br />

hier müssen die großen Torsions- und<br />

Zugkräfte des Bogens in die Unterstruktur<br />

aufgenommen und eingeleitet werden.<br />

Der Mittelbogen mit Zugband und die<br />

Standbeine sind dazu als Hohlkasten<br />

konzipiert, dessen Frontfläche leicht<br />

geneigt wird. Die Gliederung der<br />

orthotropen Platte und das primäre<br />

Tragwerk sind von der Promenade aus<br />

klar sichtbar und lassen somit den<br />

Kräftefluss leicht erkennen.<br />

8 Draufsicht<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

9 Längsansicht<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

Die Vorlandbrücken bestehen aus zwei<br />

Hohlkästen mit integrierter orthotroper<br />

Fahrbahn. Die Stahlbrücke des Flussfeldes<br />

stützt sich auf Uferpfeiler aus Stahlbeton<br />

ab, welche die volle Aufpralllast nach<br />

DIN 1055 aufnehmen können. Die vorhandenen<br />

Widerlager wurden in das<br />

Projekt integriert und den neuen<br />

Gegebenheiten angepasst. Um aber<br />

die Materialität der Aufstützelemente<br />

zu vereinheitlichen, werden sie mit<br />

einer Vorsatzschale aus Stahlbeton<br />

versehen.<br />

10 Querschnitt im Mittelbogenbereich<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

11 Querschnitt der Vorlandbrücke<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés


12 Pfeiler aus Stahlbeton<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

3 Bauausführung<br />

Um den Straßenverkehr während des<br />

Baus so lange wie möglich aufrechtzuerhalten,<br />

ist der Abriss der alten<br />

Flussquerung erst vorgesehen, wenn<br />

die neue Brücke auf provisorischen<br />

Hilfsjochen bereits weitgehend fertiggestellt<br />

ist und in ihre endgültige Position<br />

verschoben werden kann. Die Dauer der<br />

gesamten Arbeiten wird auf rund zwei<br />

Jahre geschätzt. Damit die Schifffahrt<br />

durch die Abrissmaßnahmen nicht<br />

beeinträchtigt wird, ist ihre Durch-<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

13 Künftige Brücke zwischen Grevenmacher und Wellen<br />

© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />

führung während der jährlichen Moselschleusensperre<br />

geplant. Mit einem<br />

Beginn der Arbeiten wird kurzfristig<br />

gerechnet.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Gilles Didier<br />

Administration des Ponts et Chaussées<br />

Division des Ouvrages d’art,<br />

Luxemburg<br />

Dipl.-Ing. Andrea De Cillia<br />

Inca Ingénieurs Conseils Associés,<br />

Luxemburg<br />

Bauherren<br />

Großherzogtum Luxemburg<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Planung<br />

Großherzogtum Luxemburg, Ministère du<br />

Développement durable et des Infrastructures,<br />

Administration des Ponts et Chaussées,<br />

Division des Ouvrages d’art<br />

Entwurf<br />

Inca Ingénieurs Conseils Associés, Luxemburg<br />

Angearbeitete Walzträger<br />

Die optimale Lösung<br />

für Ihre Anwendungen<br />

im Brückenbau<br />

Vertrieb<br />

+49 (0)221 57 29 0<br />

sections.deutschland@arcelormittal.com<br />

Anarbeitung<br />

+352 5313 3057<br />

cs.eurostructures@arcelormittal.com<br />

Technische Beratung<br />

+352 5313 3010<br />

sections.tecom@arcelormittal.com<br />

Wir sichern den entscheidenden<br />

Vorteil für unsere Kunden !<br />

www.arcelormittal.com/sections<br />

Umwelt-<br />

Produktdeklaration<br />

EPD-BFS-2010111-D<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

69


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Ein Leuchtturmprojekt im Land Brandenburg<br />

Solarer Lärmschutz am Berliner Ring<br />

von Karl Kleinhanß<br />

Planung, Bau und Erhaltung von<br />

Lärmschutzwänden entlang den<br />

Bundesfernstraßen sind Aufgabe<br />

der Straßenbauverwaltung. Bei<br />

limitierten Haushaltsmitteln liegt<br />

es nahe, durch Einsatz von Photovoltaik<br />

einen Teil der Kosten auf<br />

Dritte, zum Beispiel die Betreiber<br />

von Solaranlagen, zu verlagern. Um<br />

den Investoren eine auskömmliche<br />

Rendite zu bieten, können grundsätzlich<br />

die dadurch bei den<br />

Lärmschutzbauten eingesparten<br />

Kosten in Anrechnung gebracht<br />

werden. Aktiver Lärmschutz ist<br />

also eine erwünschte und rentable<br />

Nebenwirkung von Photovoltaikmodulen.<br />

Da die Straßenbau-<br />

verwaltung grundsätzlich nicht<br />

selbst als Betreiber einer Solar-<br />

anlage agieren kann und will,<br />

besteht ihre Aufgabe in der Entwicklung<br />

solcher Solarprojeke<br />

von der Grundstückssicherung<br />

über die Baurechtschaffung bis<br />

zur Durchführung des Vergabeverfahrens<br />

mit Bindung des Investors.<br />

Mit dem solaren Lärmschutz wird<br />

ein neues Marktsegment zur<br />

Aktivierung der regenerativen<br />

Energie Photovoltaik eröffnet.<br />

70 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Solare Lärmschutzwand als Visualisierung<br />

© Jens Lewerenz/DEGES GmbH<br />

1 Politische Randbedingungen<br />

Die Bundesregierung hat bereits im Jahr<br />

2004 mit der Anhebung der Einspeisevergütung<br />

für Solarstrom aus kombinierten<br />

Lärmschutz- und Photovoltaiklösungen<br />

auf das Niveau von solaren<br />

Dachanlagen einen Anfangsimpuls<br />

gegeben. Allerdings wurden bisher nur<br />

vereinzelt lärmschutzgenutzte Solarkraftwerke<br />

entlang Fernstraßen und<br />

Eisenbahnlinien gebaut, so dass die<br />

bisherige Gesamtleistung weit unter<br />

dem schon vor zwölf Jahren durch die<br />

Schweizer TNC Consulting AG ermittelten<br />

Potential von ca. 400 MWp an deutschen<br />

Autobahnen liegt: Der »Solarboom«<br />

beschränkt sich bis heute im Wesentlichen<br />

auf Dächer und Freianlagen. [1]<br />

Inzwischen wurden die Rahmenbedingungen<br />

verbessert, indem ein 110 m<br />

breiten Streifen entlang Fernstraßen als<br />

neue Förderkategorie im Erneuerbare-<br />

Energien-Gesetz (EEG) aufgenommen<br />

wurde. Damit können Kombinationen aus<br />

solar genutzten Lärmschutzwänden und<br />

Freiflächenanlagen gefördert werden.<br />

Für eine bundesweite Umsetzung wird<br />

demnächst ein vom Bundesverkehrsministerium<br />

angekündigter Leitfaden<br />

der Photovoltaik an Bundesfernstraßen<br />

eine besondere, zukunftsweisende<br />

Bedeutung haben.<br />

2 Projekt »Photovoltaik<br />

Plus Lärmschutz A 10«<br />

Im Zuge der achtspurigen Erweiterung<br />

der Bundesautobahn A 10 »Berliner<br />

Ring« zwischen den Autobahndreiecken<br />

Nuthetal und Potsdam soll das weltweit<br />

größte Modellprojekt für Photovoltaikanlagen<br />

im Fernstraßenbau mit einem<br />

Stromenergievolumen von ca. 9 MWp<br />

verwirklicht werden. Mit einstimmigem<br />

Landtagsbeschluss vom November 2010<br />

wurde die Landesregierung des Landes<br />

Brandenburg beauftragt, »durch den<br />

Einsatz von Photovoltaik den Lärmschutz<br />

zu befördern und zu unterstützen«.


2 Standort des Pilotprojekts<br />

© DEGES GmbH<br />

Eine Projektgruppe unter Leitung des<br />

Landesbetriebs Straßenwesen Brandenburg<br />

und der Projektgesellschaft DEGES<br />

Deutsche Einheit Fernstraßenplanungsund<br />

-bau GmbH hat daraufhin ein detailliertes<br />

Konzept erarbeitet, das mit Hilfe<br />

von Solarmodulen nicht nur dem<br />

gesetzlichen Anspruch der Bürger auf<br />

Lärmschutz gerecht wird, sondern mit<br />

den von einem Investor gebauten und<br />

betriebenen Solaranlagen diesen sogar<br />

verbessert. Das innovative, zur Erschließung<br />

eines vielversprechenden neuen<br />

Marktsegmentes für die Photovoltaikindustrie<br />

geeignete Bauteil ist die<br />

»solare Lärmschutzwand«. Sie besitzt eine<br />

Doppelfunktion als aktiver Lärmschutz<br />

und Stromerzeuger mit Hilfe von<br />

schalldichten und stromerzeugenden<br />

PV-Modulen. Durch die Installation<br />

weiterer Solarmodule auf einem bestehenden<br />

Erdwall bei Wildenbruch wird<br />

eine insgesamt auskömmliche Rentabilität<br />

für den Betreiber der Anlage<br />

angestrebt.<br />

3 Interessenbekundungsverfahren<br />

Um die Chancen und Risiken des Projektkonzepts<br />

abzuklären, hat die DEGES im<br />

ersten Halbjahr 2011 eine europaweite<br />

Marktsondierung durchgeführt. Mehr<br />

als 30 Interessenten aus der Solar- und<br />

Baubranche haben sich daran beteiligt,<br />

darunter auch Investoren und Bauunternehmen.<br />

Mit einer Reihe von ihnen<br />

erfolgten unverbindliche Klärungsgespräche,<br />

wobei sowohl technische<br />

als auch wirtschaftliche Fragen erörtert<br />

wurden. Im Ergebnis wurde die technische<br />

Machbarkeit in Bau und Betrieb<br />

uneingeschränkt bestätigt, so dass die<br />

Planung durch den Projektträger weiter<br />

vertieft und die Ausschreibung des<br />

eigentlichen Vergabeverfahrens vorbereitet<br />

werden konnte.<br />

Inzwischen wurde mit einem detaillierten<br />

Referenzentwurf das Projektkonzept<br />

präzisiert und mit dem Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und<br />

Stadtentwicklung abgestimmt. Die<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Kohlhauer-Br ckenbau-Symposium-02-2012_90x127<br />

Freitag, 13. Januar 2012 15:47:27<br />

Ausschreibung zur Investorengewinnung<br />

wird nun im ersten Halbjahr 2012<br />

beginnen, damit sich bereits 2013 die<br />

ersten Komponenten der Photovoltaikanlage<br />

erstellen und ans Netz bringen<br />

lassen.<br />

4 Ziel: Solare Lärmschutzwand<br />

Im Fokus der Entwurfsplanung stand<br />

die solare Lärmschutzwand, die mit<br />

ca. 5 MWp mehr als 50 % des Stromertrages<br />

liefern soll und wegen ihrer<br />

Doppelfunktion als Lärmschutzmaßnahme<br />

und Energielieferant den<br />

strategischen Kern des Leuchtturmprojektes<br />

bildet.<br />

An den bis zu 10 m hohen Wandelementen<br />

können ab einer durch<br />

die Funktionalität der Schutzwand im<br />

Verkehrsraum bedingten Höhe von 2 m<br />

(Nordseite) bzw. 4 m (Südseite) über der<br />

Fahrbahn Photovoltailkmodule eingebaut<br />

werden, analog zu einer Glaswand<br />

als Lärmschutz dienen. Allerdings müssen<br />

dafür die gängigen Solarmodule bzw.<br />

ihre Verbindungen noch weiterentwickelt<br />

werden: eine echte Herausforderung,<br />

aber auch eine echte Chance für die<br />

Solarbranche.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

100<br />

95<br />

75<br />

25<br />

5<br />

0<br />

71


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

4 Optimierung der Wandgeometrie<br />

© DEGES GmbH<br />

3 Entwurfskriterien der solaren Lärmschutzwand<br />

© DEGES GmbH<br />

Perfektion in Stahl und Glas<br />

www.inkon-gmbh.eu<br />

72 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Um die wirtschaftliche Nutzung der<br />

Sonnenenergie zu optimieren, sollten<br />

die Module zur Sonne hin geneigt<br />

werden: Bei senkrechter Stellung liegt<br />

der spezifische Stromertrag bei lediglich<br />

ca. 70 %. Deshalb erscheint eine Schrägstellung<br />

von 70° optimal, da so der Ertrag<br />

auf 85 % steigt und die Lärmwirkung<br />

nur wenig schlechter ist als bei einer<br />

vertikalen Position.<br />

Gelingt es der Solarbranche, Module<br />

mit verbesserter Lärmschutzwirkung<br />

zu entwickeln oder in hybride Wandelemente<br />

zu integrieren, dürfte die<br />

solare Lärmschutzwand vor allem bei<br />

den in Ost-West-Richtung verlaufenden<br />

Fernstraßen als Beispiel für intelligenten<br />

und nachhaltigen Lärmschutz Zukunft<br />

haben.<br />

INKON GmbH · Grubenstraße 24 · D-56462 Höhn · Telefon +49(0)2661-98800<br />

5 Energieautarke Trasse: eine Vision?<br />

Das Projektkonzept für die A10 geht<br />

von einer solaren Betriebsdauer bis zu<br />

30 Jahren aus. Für die Zeit danach sind<br />

verschiedene Szenarien denkbar, abhängig<br />

unter anderem von der Entwicklung<br />

des Verkehrsaufkommens, der<br />

Antriebsart und nicht zuletzt der Leistung<br />

der solaren Module.<br />

Schreitet die Entwicklung von Elektroantrieben<br />

für Fahrzeuge weiter so voran,<br />

wie es die Bundesregierung mit dem<br />

Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen<br />

bereits im Jahre 2020 vorgibt, entsteht<br />

ein originärer Strombedarf entlang<br />

der Trasse. Es liegt also nahe, den vom<br />

Verkehr selbst benötigten Strom auch<br />

dort zu produzieren, wo er verbraucht<br />

wird, und zwar möglichst regenerativ.<br />

Bereits mit den heutigen Leistungswerten<br />

von Elektrofahrzeugen und<br />

Photovoltaikmodulen könnte die<br />

geplante 9-MWp-Anlage an Sonnentagen<br />

rund ein Viertel der auf 8 km<br />

Streckenlänge verbrauchten Strommenge<br />

»vor Ort« erzeugen. In 30 Jahren dürften<br />

die Module doppelte Leistung liefern und<br />

die Elektrofahrzeuge deutlich weniger<br />

verbrauchen. Dann wäre dieser achtspurige<br />

Abschnitt an Sonnentagen<br />

bereits energieautark! Eine Vision, über<br />

die es sich lohnt, weiter nachzudenken!<br />

Autor:<br />

Dr.-lng. Karl Kleinhanß<br />

DEGES Deutsche Einheit<br />

Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />

Berlin<br />

Literatur<br />

[1] Vom solaren Lärmschutz zur energieautarken<br />

Trasse; in: UmweltMagazin, Juni 2011.<br />

entwickelt<br />

und hergestellt<br />

in Deutschland<br />

Unbenannt-1 1 18.01.12 14:08


Anwendung des Funktionsbauvertrags als Pilotprojekt<br />

Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd<br />

von Michael Fuchs<br />

Die Bundesautobahn A 6 Heilbronn–Nürnberg<br />

ist als Europastraße<br />

E 50 auch Bestandteil des<br />

transeuropäischen Verkehrsnetzes<br />

und hat seit Öff nung der Grenzen<br />

zu Tschechien eine herausragende<br />

Bedeutung für den Verkehr von und<br />

nach Osteuropa erlangt. Im Bedarfsplan<br />

für die Bundesfernstraßen ist<br />

der ca. 18 km lange sechsstreifi ge<br />

Ausbau zwischen der Anschlussstelle<br />

Schwabach-West und dem<br />

Autobahnkreuz Nürnberg-Ost im<br />

vordringlichen Bedarf enthalten.<br />

Der Abschnitt zwischen Roth und<br />

Nürnberg-Süd gehört mit einer<br />

durchschnittlichen Verkehrsbelastung<br />

von 75.000 Kfz/d, die<br />

bis 2020 sogar auf 100.000 Kfz/d<br />

anwachsen wird, zu den Autobahnen<br />

in Bayern mit den häufi gsten<br />

Staus. Zur Verbesserung der<br />

auftretenden Überlastungen wurde<br />

im Autobahnkreuz Nürnberg-Süd<br />

eine direkte Verbindungsrampe<br />

zwischen der A 6 und der A 73<br />

rechtzeitig zur Fußballweltmeisterschaft<br />

2006 fertiggestellt, zwischen<br />

2007 und 2011 folgte dann der<br />

sukzessive sechsstreifi ge Ausbau<br />

der A 6 auf ca. 7 km Länge zwischen<br />

der Anschlussstelle Roth und dem<br />

Autobahnkreuz Nürnberg-Süd.<br />

Um Erfahrungen mit Funktionsbauverträgen<br />

beim Ausbau von<br />

kürzeren Autobahnabschnitten<br />

zu sammeln, wurde vom Freistaat<br />

Bayern hier ein 5,60 km langes<br />

Teilstück als PPP-Pilotprojekt<br />

initiiert.<br />

1 Übersichtsskizze<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

1 Ablaufplanung<br />

Die Bauablaufplanung von Autobahnabschnitten<br />

ist eigentlich ein iterativer<br />

Prozess sowohl in den einzelnen<br />

Planungsphasen als auch zwischen<br />

den einzelnen Fachsparten. Im Vorentwurf<br />

für den Streckenabschnitt wird<br />

die technische Planung durchgeführt<br />

und die Kostenberechnung zusammengestellt.<br />

Für die Ingenieurbauwerke<br />

bedeutet dies, dass die Konstruktionsart<br />

und mögliche Kostenansätze für<br />

die Gestaltung berücksichtigt werden<br />

müssen. Das trifft insbesondere für kurze<br />

Brücken und Lärmschutzanlagen zu, da<br />

für größere Brücken bzw. Ingenieurbauwerke<br />

zusätzlich ein eigener Bauwerksentwurf<br />

erforderlich ist. Im anschließenden<br />

Planfeststellungsverfahren sind der<br />

Flächenumgriff bzw. der Grunderwerb<br />

darzustellen. Infolge der Ablaufplanung<br />

(Streckenbau und Ingenieurbau) werden<br />

unter Umständen weitere Flächen für<br />

Baustraßen, Montageflächen und Behelfsbrücken<br />

etc. benötigt. Daher ist der<br />

Umgriff der Ablaufplanung bereits in<br />

den Planfeststellungsunterlagen zu<br />

berücksichtigen.<br />

2 Ablauf beim Ausbau der A 6<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

Neben der Gestaltung beeinflussen die<br />

Anforderungen aus der Verkehrsführung<br />

und eine zeitlich straffe Ablaufplanung<br />

mit Randbedingungen zusätzlich die<br />

Konstruktion von Ingenieurbauwerken.<br />

Bei den Planungen für den sechsstreifigen<br />

Ausbau der Bundesautobahn (BAB)<br />

A 6 zwischen Roth und dem Autobahnkreuz<br />

Nürnberg-Süd war eine Reihe<br />

von Ingenieurbauwerken unter den<br />

Gesichtspunkten eines streckenbezogenen<br />

Gestaltungskonzeptes, Bauen<br />

unter Verkehr und einer zügigen<br />

Ablaufplanung zu berücksichtigen. Im<br />

Funktionsbauvertrag enthalten sind<br />

vier Unterführungsbauwerke und bis<br />

zu 11 m hohe Lärmschutzanlagen mit<br />

einer Gesamtlänge von ca. 2,70 km. Die<br />

Vorarbeiten zum sechsstreifigen Ausbau,<br />

die Main-Donau-Kanal-Brücke, die<br />

Rednitzbrücke und ein Überführungsbauwerk<br />

wurden außerhalb des Funktionsbauvertrages<br />

im Rahmen eines<br />

konventionellen Bauvertrages realisiert.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

73


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

2 Vorarbeiten<br />

Im August 2007 begannen die Vorarbeiten<br />

zwischen der Anschlussstelle Roth<br />

und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd,<br />

wobei die in 2008 fertiggestellte Überführung<br />

als Spatenstichbauwerk diente.<br />

Während des Baus sollte der Verkehr<br />

so wenig wie möglich beeinträchtigt<br />

werden, weshalb für die Feld- und<br />

Waldwegüberführung mit Stahlverbundfertigteilträgern<br />

geplant und gebaut<br />

wurde. Bei dieser Bauweise können die<br />

Widerlager beidseits der Autobahn ohne<br />

Beeinträchtigung des Verkehrs erstellt<br />

werden. Anschließend werden die<br />

Fertigteilträger des Überbaus mit Kränen<br />

eingehoben, was eine lediglich halbstündige<br />

Sperrung der Autobahn<br />

bedingt: eine geeignete Bauweise<br />

für den Ausbau hochbelasteter<br />

Autobahnen unter Verkehr.<br />

74 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Etwa zeitgleich mit dem Spatenstichbauwerk<br />

und ebenfalls außerhalb des<br />

Funktionsbauvertrages wurde als Vorwegmaßnahme<br />

für eine 4+0-Verkehrsführung<br />

der Standstreifen der nördlichen<br />

Richtungsfahrbahn verbreitert und<br />

verstärkt. Eine ausreichende Fahrbahnbreite<br />

mit 12,50 m ist maßgebend für die<br />

Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit<br />

bei einer solchen Verkehrsführung.<br />

Die Bauabwicklungen der Main-Donau-<br />

Kanal-Brücke und der Abschnitt des<br />

Funktionsbauvertrages wurden hinsichtlich<br />

einer 4+0-Verkehrsführung eng<br />

aneinandergekoppelt. In 2009 erfolgte<br />

der Ausbau der südlichen Richtungsfahrbahn<br />

einschließlich der vier Unterführungen<br />

und des südlichen Überbaus<br />

der Main-Donau-Kanal-Brücke. In 2010<br />

schloss sich die nördliche Richtungsfahrbahn<br />

an, und noch in 2011 wurden<br />

die Lärmschutzanlagen in Kornburg<br />

errichtet. Die Verkehrsfreigabe war<br />

am 19. September 2011, in 2012<br />

werden lediglich noch Restarbeiten<br />

vorgenommen.<br />

3 4 Überführung aus Stahlverbundfertigteilträgern<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

Bauherr<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Tragwerksplanung<br />

SSF Ingenieure AG, München<br />

Prüfstatik<br />

Dr.-Ing. Anil Anwikar, Würzburg<br />

Ausführung<br />

Max Streicher GmbH & Co. KG, Deggendorf


5 6 Längs- und Querschnitt der neuen Main-Donau-Kanal-Brücke<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

3 Main- Donau-Kanal-Brücke<br />

Bedingt durch die Verbreiterung auf<br />

sechs Streifen ist das vorhandene Bauwerk<br />

über den Main-Donau-Kanal zu<br />

schmal und muss daher ersetzt werden.<br />

Die bestehende Dreifeld-Spannbetonbrücke<br />

mit Hohlkastenquerschnitt<br />

(Überbauhöhe: 2,10 m) und einer<br />

Gesamtstützweite von 110,00 m wurde<br />

vor dem Einbau der Kanalabdichtung<br />

fertiggestellt. Die Forderung des<br />

Wasser- und Schifffahrtsamts, wonach<br />

zur Vermeidung von Beschädigungen<br />

der Abdichtung keine neuen Pfeiler im<br />

Kanalbett errichtet werden dürfen, führte<br />

7 Abbruch des alten Spannbetonbauwerks<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

dann schließlich zu einer Lösung als<br />

Einfeldbrücke mit einer Stützweite<br />

von 85,00 m. Zudem erforderten die<br />

festgelegte Lage der Ausbaugradiente<br />

der Autobahn und die lichte Höhe über<br />

dem Kanal von 6,40 m einen schlanken<br />

Überbau.<br />

Eine weitere Randbedingung waren die<br />

kurzen Sperrpausen des Main-Donau-<br />

Kanals. Aufgrund dieser Kriterien wurde<br />

eine Stahlbogenbrücke als »Langerscher<br />

Balken« und damit eine Konstruktion<br />

ausgewählt, die einen schlanken Überbau<br />

von ca. 1,60 m ermöglicht. Die parabelförmig<br />

gekrümmten Bögen mit einer<br />

Stichhöhe von 12,50 m wurden als vertikal<br />

freistehende Kastenquerschnitte<br />

ausgeführt, wobei zur Aufnahme und<br />

Einleitung der Kräfte aus einem eventuellen<br />

Schiffsanprall an den untenliegenden<br />

Stahlträgern mit Leichtbeton gefüllte<br />

Schweißprofile angeschraubt wurden. Die<br />

Fahrbahnplatte wurde als Stahlverbundkonstruktion<br />

realisiert, auf dem nördlichen<br />

Überbau befindet sich eine 5 m<br />

hohe Lärmschutzwand. Der Stahlbau<br />

erlaubte eine Werksfertigung in den<br />

Wintermonaten, die Endmontage erfolgte<br />

dann vor Ort. Die Gesamtkosten betrugen<br />

<strong>12.</strong>800.000 €, fertiggestellt wurde die<br />

Brücke Ende 2010.<br />

Der Abbruch der alten Main-Donau-<br />

Kanal-Brücke wurden in das Zeitfenster<br />

der Revisionsarbeiten für den Kanal<br />

gelegt (zehn Tage Sperrung). Nach der<br />

Leichterung des Spannbetonüberbaus<br />

wurde während der Sperrpause das<br />

mittlere ca. 45 m lange Feld mit einer<br />

Diamantseilsäge herausgeschnitten,<br />

mittels Litzenheber auf schwimmende<br />

Pontons herabgelassen und abtransportiert.<br />

Die Randfelder konnten ohne<br />

Sperrung des Kanals abgebrochen<br />

werden. Im Vergleich dazu hätten<br />

konventionelle Vorgehensweisen eine<br />

vierwöchige Sperrung des Kanals<br />

erfordert.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

75


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Die Stahlteile für die neue Kanalbrücke<br />

wurden jeweils in den Wintermonaten<br />

im Werk vorgefertigt. Die Endmontage<br />

erfolgte jeweils zwischen April und Juli<br />

auf einem 100 m x 30 m großen Baufeld,<br />

für den Einschub war nur eine kurze<br />

Sperrung des Schiffsverkehrs von 24 h<br />

erforderlich.<br />

76 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Bauherr<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Bauwerksentwurf<br />

Schömig-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Kleinostheim<br />

Tragwerksplanung<br />

Meyer + Schubart Konstruktionsbüro GmbH, Wunstorf<br />

KHP Zerna Planungsgesellschaft mbH, Leipzig<br />

Prüfstatik<br />

Prof. Dipl.-Ing. Rolf Sennewald, München<br />

Ausführung<br />

Echterhoff Bau GmbH, Dessau<br />

Glass Ingenieurbau Leipzig GmbH<br />

Stahlturm- und Apparatebau GmbH, Magdeburg<br />

8 9 Neue Brücke im Bau und nach Fertigstellung<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

4 Gestaltungskonzept<br />

Besonders die Überführungen und<br />

Lärmschutzanlagen werden von den<br />

Verkehrsteilnehmern wahrgenommen.<br />

Für den Autofahrer entsteht dadurch<br />

ein Wiedererkennungseffekt, der ganze<br />

Streckenabschnitte prägt. Eine abgestimmte<br />

Gestaltung trägt hier zur<br />

größeren Akzeptanz bei, weshalb<br />

für den Ausbauabschnitt der A 6 ein<br />

streckenbezogenes Gestaltungskonzept<br />

für die Ingenieurbauwerke und die<br />

Landschaftsplanung erarbeitet wurde.<br />

10 11<br />

12 Lärmschutzwand und Gabionenwall mit aufgesetzter Lärmschutzwand<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg


13 14 15 Gestaltung der Unterführungen auf Anliegerseite<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

Die bis zu 11 m hohen Lärmschutzanlagen<br />

waren dabei eine besondere<br />

Herausforderung. Lärmschutzwälle<br />

stellen im Hinblick auf die Gestaltung<br />

und die Einbindung in das Landschaftsbild<br />

zunächst die naheliegendste Lösung<br />

dar. Sofern sich allerdings Zwänge in<br />

Bezug auf Grunderwerb und/oder<br />

bebaute Gebiete ergeben, werden<br />

zunehmend technische Lösungen bis<br />

hin zur reinen Lärmschutzwand erforderlich.<br />

Im Ausbauabschnitt der A 6 wurden<br />

gestaltete Lärmschutzwände und bei<br />

größeren Höhen Gabionenwälle mit<br />

aufgesetzten Lärmschutzwänden im<br />

Rahmen des vereinbarten Konzepts<br />

realisiert.<br />

Ein markanter Bereich ist die Main-Donau-<br />

Kanal-Brücke, insbesondere wegen ihrer<br />

guten Sichtbarkeit von den Orten Greuth,<br />

Katzwang und Penzendorf aus. Der<br />

gewählte blaue Farbton in Verbindung<br />

mit der Bogenkonstruktion ergibt eine<br />

ansprechende Gestaltung, während<br />

die 5 m hohe transparente Lärmschutzwand<br />

auf dem Bauwerk eher unauffällig<br />

erscheinen sollte.<br />

Die vier Unterführungen im Abschnitt des<br />

Funktionsbauvertrages, die neu errichtet<br />

werden müssen, sind kurze Brücken mit<br />

lichten Weiten


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

5 Funktionsbauvertrag<br />

5.1 Umfang und Regelungen<br />

Unter dem Begriff »Public Private<br />

Partnership« (PPP) wird eine vertraglich<br />

geregelte Zusammenarbeit zwischen<br />

öffentlichen und privaten Auftragnehmern<br />

über einen festgelegten<br />

Zeitraum verstanden, der Funktionsbauvertrag<br />

ist hier eine Sonderform<br />

von PPP. Im vorliegenden Fall der A 6<br />

ist der Auftragnehmer für den Bau und<br />

die Erhaltung der Gewerke über einen<br />

Zeitraum von 25 Jahren verantwortlich,<br />

während der Betrieb weiterhin bei der<br />

Straßenbauverwaltung verbleibt.<br />

Leistungsumfang Zuständigkeit<br />

Bau und Erhaltung:<br />

- Oberbau, Erdbau, Entwässerung<br />

- Brückenbau, Lärmschutz, Ausstattung Auftragnehmer<br />

- Landschaftsbau<br />

- bauliche Erhaltung für 25 Jahre<br />

Betrieb: Betriebsdienst, Winterdienst Auftraggeber<br />

16 Regelungen im Funktionsbauvertrag<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

Teil A konventionell B1 funktional B2 funktional C funktional<br />

kreuzende Straßen, Entwässerung, vier Brückenbauwerke bauliche Erhaltung<br />

sonstige Ausstattung, Erdbau, (Unterführungen),<br />

Rückbau bestehender Oberbau, Lärmschutzanlagen<br />

BAB Markierung,<br />

Schutz- und<br />

Leiteinrichtungen,<br />

Landschaftsbau<br />

17 Teile des Bauvertrages<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

18 Anforderungen nach BTV Funktion-ING-A6<br />

© Staatliches Bauamt Würzburg<br />

78 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Folgende Erwartungen sind an den<br />

Funktionsbauvertrag geknüpft:<br />

– Funktionale Leistungsbeschreibung<br />

zur Förderung von Innovationen durch<br />

den Auftragnehmer,<br />

– Termin- und Kostensicherheit durch<br />

einen umfassenden gewerkeübergreifenden<br />

Funktionsbauvertrag,<br />

– Qualitätsverbesserung durch die<br />

Zusammenfassung von Bau und<br />

Erhaltung,<br />

– Optimierung der Wirtschaftlichkeit<br />

durch Abstimmung der Bauweise mit<br />

dem Erhaltungskonzept der einzelnen<br />

Bieter im Rahmen der Angebote,<br />

– Risikoverteilung durch optimale<br />

Aufgabenverteilung mit dem Ziel<br />

eines langfristig wirtschaftlichen und<br />

nachhaltigen Bauens.<br />

Zustandsnote<br />

Schadensmerkmale<br />

Standsicherheit Verkehrssicherheit Dauerhaftigkeit<br />

Abnahme ≤ 1,90 0,00 0,00 ≤ 2,00<br />

Erhaltungszeitraum ≤ 2,90 ≤ 2,00 ≤ 2,00 ≤ 3,00<br />

Abnahme nach<br />

Erhaltungszeitraum ≤ 2,40 ≤ 1,00 ≤ 1,00 ≤ 2,00<br />

Der Bauvertrag für den sechsstreifigen<br />

Ausbau der A 6 besteht aus vier Teilen:<br />

– A: Konventionell mit Einheitspreisen<br />

ausgeschriebene Bauleistungen;<br />

– B1: Funktional mit einem Leistungsprogramm<br />

ausgeschriebene Bauleistungen<br />

der 5,60 km langen Strecke;<br />

– B2: Funktional in einem Leistungsprogramm<br />

ausgeschriebene Bauleistungen<br />

des Ingenieurbaus, vier<br />

Unterführungsbauwerke und 2,70 km<br />

lange und bis zu 11 m hohe Lärmschutzanlagen<br />

umfassend;<br />

– C: Funktional in einem Leistungsprogramm<br />

ausgeschriebene Leistungen<br />

für die Erhaltung der Teile B 1<br />

und B 2 über einen Zeitraum von<br />

25 Jahren.<br />

Den Verdingungsunterlagen der Teile B 1<br />

und B 2 lag eine Referenzplanung mit<br />

definierten Mindestbedingungen bei,<br />

der Bieter konnte also wahlweise die<br />

Referenzplanung übernehmen oder<br />

Alternativen anbieten. Während des<br />

Erhaltungszeitraums von 25 Jahren sind<br />

mehrere Erhaltungsraten vereinbart,<br />

die erste Rate wird nach neun Jahren<br />

und alle anderen im Anschluss daran<br />

nach jeweils drei Jahren fällig. Voraussetzung<br />

für die Zahlungen ist, dass die<br />

funktionalen Anforderungen erfüllt sind.<br />

Für den Betriebs- und den Winterdienst<br />

ist weiterhin die Autobahndirektion<br />

Nordbayern zuständig. Die Auftragssumme<br />

für den Funktionsbauvertrag<br />

betrug ca. 65.000.000 €, unterteilt<br />

in 51.500.000 € für den Bau und<br />

13.500.000 € für die Erhaltung.<br />

5.2 BTV Funktion-ING-A6<br />

Während des Erhaltungszeitraumes<br />

werden funktionale Anforderungen<br />

an die Ingenieurbauwerke festgelegt,<br />

deren Einhaltung vom Auftragnehmer in<br />

regelmäßigen Abständen nachgewiesen<br />

werden müssen. Für das vorliegende<br />

Pilotprojekt des sechsstreifigen Ausbaus<br />

der A 6 wurden die»Besonderen Technischen<br />

Vertragsbedingungen und Richtlinien<br />

für Funktionsbauverträge im<br />

Ingenieurbau« (BTV Funktion-ING-A6)<br />

erarbeitet. Sie behandeln die funktionalen<br />

Anforderungen an die Erhaltung und<br />

die bauwerksartspezifischen Funktionsanforderungen<br />

an die Ingenieurbauwerke<br />

während der Vertragslaufzeit. Mittlerweile<br />

werden vom Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />

die »Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen<br />

und Richtlinien für Funktionsbauverträge<br />

von Ingenieurbauten«<br />

(ZTV Funktion-ING) erarbeitet.


Die Funktionseigenschaften der herzustellenden<br />

sowie zu erhaltenden<br />

Ingenieurbauwerke werden durch die<br />

Zustandsnoten und die Schadensmerkmale<br />

Standsicherheit, Verkehrssicherheit<br />

und Dauerhaftigkeit nach der<br />

RI-EBW-PRÜF beschrieben.<br />

Die Zustandserfassung bei der Abnahme,<br />

während des Erhaltungszeitraums und<br />

bei der Abnahme nach dem Erhaltungszeitraum<br />

erfolgt im Rahmen der nach der<br />

DIN 1076 durchzuführenden Bauwerksprüfungen<br />

(Hauptprüfungen, einfache<br />

Prüfungen etc.).<br />

Bauherr<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Auftragnehmer<br />

Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Neumarkt<br />

Tragwerksplanung<br />

Schuhmann + Vitak, Ingenieurbüro für Bauwesen mbH<br />

& Co. KG, Großweil<br />

Prüfstatik<br />

Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Weiden<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

6 Resümee und Ausblick<br />

Eine zeitnahe und abgestimmte Bauablaufplanung<br />

ermöglicht die Berücksichtigung<br />

des erforderlichen Flächenumgriffs<br />

in den Grunderwerbsplänen von<br />

baurechtlichen Genehmigungsverfahren.<br />

Insbesondere bei den Ingenieurbauwerken<br />

können durch ausgewählte<br />

Bauverfahren straffe Realisierungszeiten<br />

erzielt werden. Ein ausreichender Vorlauf<br />

zwischen der Auftragsvergabe und<br />

dem Baubeginn gewährleistet bei den<br />

Ingenieurbauwerken eine ausgereifte<br />

Ausführungsplanung, die wiederum als<br />

Grundlage für eine gute Bauabwicklung<br />

dient.<br />

Inwieweit die Erwartungen an den<br />

Funktionsbauvertrag im Hinblick auf die<br />

Ingenieurbauwerke erfüllt werden, wird<br />

sich letztendlich während des Erhaltungszeitraums<br />

zeigen. Insgesamt betrachtet,<br />

erfolgte eine termingerechte Bauabwicklung.<br />

Bedingt durch den Erhaltungszeitraum<br />

von 25 Jahren und die Ab-<br />

Echterhoff Bau-Gruppe<br />

Westerkappeln · Osnabrück · Dessau · Hamburg · Berlin · Poznań (Polen)<br />

Brücke über den Main-Donau-Kanal, BAB A6 Heibronn-Nürnberg<br />

Leistungsbereiche der Gruppe<br />

� Ingenieurtief-, Brücken- und Turmbau<br />

� Kanal- und Rohrleitungsbau<br />

� Spezialtiefbau, Rohrvortrieb und Stollenbau<br />

� Industriebau und schlüsselfertiges Bauen<br />

� Stahlbau und Reparatur von Baumaschinen<br />

� Projektentwicklung<br />

Güteschutz<br />

B II Baustellen<br />

Gruppe:<br />

AK1, S21.01, S30.04,<br />

VOD, VMD, VP<br />

Zulassung<br />

W1<br />

nahmekriterien der BTV Funktion-ING-A6<br />

wurde seitens des Auftragnehmers auf<br />

eine gute Qualität der Bauleistungen<br />

geachtet, wobei durch die Referenzplanung<br />

sowohl das Gestaltungskonzept<br />

als auch die technische Konzeption der<br />

Brückenbauwerke festgelegt wurden.<br />

Unter diesen Randbedingungen scheint<br />

eine Angebotsfrist von zehn Wochen<br />

realistisch. Allerdings wurde durch das<br />

vorgegebene Gestaltungskonzept das<br />

Innovationspotential eingeengt. Ein<br />

Verzicht auf Referenzplanungen dürfte<br />

die Bieter zu alternativen Bauweisen<br />

ermuntern, allerdings wären hierfür<br />

auch ausreichende Angebotsfristen<br />

anzusetzen.<br />

Autor:<br />

Baudirektor Dr.-Ing. Michael Fuchs<br />

Staatliches Bauamt Würzburg<br />

Herstellerqualifi kation Klasse E,<br />

Richtlinie 8 04<br />

DIN 18800-7:2008-11<br />

Zertifi ziert durch den<br />

Verein für die Präqualifi kation von<br />

Bauunternehmen e. V.<br />

150 JAHRE<br />

Vorschub auf Vormontagefl äche<br />

Hauptverwaltung<br />

Industriestraße 9<br />

49492 Westerkappeln<br />

Telefon 0 54 56 / 81-0<br />

Telefax 0 54 56 / 81-27<br />

E-Mail info@echterhoff.de<br />

www.echterhoff.de<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

79


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Entwurf, Berechung und Ausführungsplanung<br />

Überflieger am Autobahnkreuz Neufahrn<br />

von Peter Radl<br />

Der »Überflieger« am Autobahnkreuz<br />

Neufahrn nördlich von<br />

München ist das Hauptbauwerk<br />

einer Direktrampe, welches in<br />

einem Schwung die beiden<br />

Bundesautobahnen A 9 und A 92<br />

überspannt. Anstelle der bei den<br />

komplexen betrieblichen Randbedingungen<br />

üblichen Taktschiebe-<br />

bzw. Stahlverbundbauweisen mit<br />

Spannbeton- bzw. Stahlhohlkästen<br />

wurde der Überbau in Spannbetonbauweise<br />

auf Lehrgerüst erstellt.<br />

Die Maßnahme konnte im Rahmen<br />

des damaligen Konjunkturpakets II<br />

in sehr kurzer Planungs- und Bauzeit<br />

mit relativ geringen Herstellungskosten<br />

realisiert werden. Der Ent-<br />

wurf und die Vorbereitung der<br />

Vergabe sowie die Statik und die<br />

Ausführungsplanung wurden dabei<br />

in einem Paket im Auftrag des<br />

Bauherrn erbracht.<br />

2 Luftbild zum Zeitpunkt der fertiggestellten Brücken<br />

© Autobahndirektion Südbayern<br />

80 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Übersicht der Gesamtbaumaßnahme<br />

© Autobahndirektion Südbayern<br />

1 Gesamtbaumaßnahme<br />

Das Autobahnkreuz Neufahrn verknüpft<br />

die Bundesautobahn (BAB) A 9 Nürnberg–München<br />

mit der A 92 München–<br />

Deggendorf nördlich von München.<br />

Aufgrund der prognostizierten steigenden<br />

Verkehrszahlen unter anderem vom<br />

Flughafen München in Richtung Landeshauptstadt<br />

um ca. 52 % bis zum Jahr<br />

2020 wurde für diese Verkehrsbeziehung<br />

eine Direktrampe von der A 92 auf die<br />

A 9 erforderlich. Die Leistungsfähigkeit<br />

der übrigen Fahrbeziehungen wurde<br />

durch eine Anpassung und zum Teil<br />

Verlegung von Rampenfahrbahnen<br />

ebenfalls erhöht.<br />

3 Brückenzug der Direktrampe<br />

© Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG<br />

2 Bauwerkskonzept<br />

Die Direktrampe quert in einer großzügigen<br />

Linkskurve die neue Verbindungsrampe<br />

der Anschlussstelle (AS) Eching<br />

Ost, die BAB A 9, die BAB A 92 und die<br />

Tangentenrampe des Anschlussknotens.<br />

Die Autobahndirektion Südbayern entschied<br />

sich unter anderem aus Gründen<br />

des Unterhalts für eine Abfolge von drei<br />

Einzelbauwerken (Gesamtlänge: 332 m)<br />

mit dazwischengeschalteten bis zu 7,50 m<br />

hohen Böschungsdämmen anstelle eines<br />

über insgesamt 564 m durchlaufenden<br />

Bauwerks.


4 Schematischer Grundriss mit Anordnung der Unterbauten<br />

© Autobahndirektion Südbayern<br />

Im Bereich des 214 m langen zentralen<br />

Überwerfungsbauwerkes, welches mit<br />

vier Feldern die jeweiligen Fahrbahnen<br />

und Verteilerfahrbahnen der beiden<br />

Autobahnen überspannt, beträgt der<br />

Achsradius der Direktrampe konstant<br />

250 m, der Halbmesser der Kuppenausrundung<br />

im gesamten Bauwerksbereich<br />

7.000 m. Der Hochpunkt der Gradiente<br />

liegt bei der letzten Pfeilerachse. Die<br />

anschließenden Längsneigungen betragen<br />

Richtung München 0,70 % und,<br />

von Deggendorf kommend, 4,90 %.<br />

Der 17,50 m breite Überbau hat eine<br />

konstante Querneigung von 6,50 %.<br />

Bei den vorliegenden Randbedingungen<br />

bieten sich im Hinblick auf den starken<br />

Betrieb beider Autobahnen zunächst<br />

Taktschiebeverfahren an. Die schiefwinkelige<br />

Lage der Pfeilerachsen<br />

innerhalb der Mittelstreifen spricht<br />

jedoch gegen diese Bauweise, da bei<br />

einer Anordnung von Stützen unter<br />

den Überbaustegen mit erheblichen<br />

Zwängungsspannungen in allen<br />

Trägerbereichen zu rechnen ist und<br />

bei einer punktuellen Unterstützung<br />

die Lasten des Überbaus in der Mitte<br />

des Hohlkastens abzutragen wären.<br />

Bei der Wahl von Stahlverbundkästen,<br />

welche abschnittsweise eingehoben<br />

werden, sind für das Verschweißen<br />

der Träger in den Mittelstreifen Inselbaustellen<br />

einzurichten, die allerdings<br />

den BAB-Betrieb einschränken. Es wurde<br />

daher ebenfalls die Möglichkeit der<br />

Herstellung eines möglichst schlanken<br />

und herkömmlichen Überbaus in Spannbetonbauweise<br />

auf Lehrgerüst in Betracht<br />

gezogen, der betrieblich kaum Nachteile<br />

gegenüber der aufwendigeren Verbundlösung<br />

aufweist.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Gewählt wurde ein zweistegiger Plattenbalken<br />

mit nur 2,40 m Bauhöhe, was<br />

einer maximalen Überbauschlankheit<br />

von L/H = 25 entspricht. In den Feldern<br />

der im Autobahnkreuz obenliegenden<br />

A 9 wurde eine Herstellung in überhöhter<br />

Lage mit anschließendem Absenken des<br />

5 Regelquerschnitt<br />

© SSF Ingenieure AG<br />

6 Herstellung des zweiten Bauabschnitts<br />

© Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG<br />

Überbaus geplant. Im Bereich der unterführten<br />

BAB A 92 war für das Lehrgerüst<br />

ausreichend Platz vorhanden, die maximalen<br />

Lehrgerüstspannweiten zwischen<br />

den einzelnen Fahrbahnen betrugen<br />

ca. 20 m. Bei den vorliegenden Querschnitten<br />

erlaubten diese Spannweiten<br />

noch den Einsatz von Stahlprofilträgern,<br />

die wesentlich steifer und stabiler sind<br />

als Gitterträger und daher eine rasche<br />

Montage und Demontage innerhalb<br />

relativ kurzer nächtlicher Sperrzeiten<br />

der betroffenen Fahrbahnen ermöglichen.<br />

Recherchen ergaben, dass das<br />

nächtliche Verkehrsaufkommen zwischen<br />

22 und 6 Uhr innerhalb des Knotenpunktes<br />

auf beiden Autobahnen eher<br />

gering ist. Für die Aus- bzw. Umleitung<br />

der jeweils von den Schalungs- und<br />

Lehrgerüstarbeiten betroffenen Fahrbeziehungen<br />

konnten daher nennenswerte<br />

Störungen ausgeschlossen<br />

werden.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

81


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

7 Bauwerksansicht<br />

© SSF Ingenieure AG<br />

Die betrieblichen Einschränkungen des<br />

stark befahrenen Autobahnknotens<br />

wurden als vergleichsweise gering, die<br />

Herstellung trotz der Randbedingungen<br />

aber als gut steuerbar eingestuft, was<br />

den Ausschlag für die Wahl dieser schnellen<br />

und bewährten Bauweise gab. Im<br />

Zusammenspiel mit den beiden kürzeren<br />

Nachbarbauwerken, die ebenfalls als<br />

wirtschaftliche zweistegige Plattenbalken<br />

ausgeführt wurden, ließ sich<br />

eine gestalterische Einheit erzielen.<br />

3 Bauwerksgestaltung<br />

Die gewählte 2,40 m hohe Spannbetonkonstruktion<br />

wird zu einem erheblichen<br />

Teil von einem Gesimsband verblendet.<br />

Die leicht geneigte, 0,90 m hohe und<br />

in der Ansicht helle Kappe steht im<br />

harmonischen Verhältnis zu den im<br />

Schatten liegenden Trägerstegen, was<br />

die Schlankheit des Bauwerks unterstreicht.<br />

Die Entwässerungsleitungen<br />

werden verborgen hinter dem Kappenband<br />

geführt.<br />

8 Herstellung des Überbaus<br />

© SSF Ingenieure AG<br />

82 BRÜCKENBAU | 1/2 . 82<br />

2012<br />

In den Pfeilerachsen wurden zur Unterstützung<br />

der beiden Stege schlanke<br />

achteckige Einzelstützen gewählt, um die<br />

Sicht innerhalb des Autobahnknotens<br />

möglichst wenig zu verbauen. Die Widerlagerwände<br />

wurden jeweils parallel zu<br />

den angrenzenden Fahrbahnen ausgerichtet,<br />

was die Stützweiten des Überbaus<br />

und ihre Ansichtsflächen innerhalb der<br />

begrünten Böschungen minimierte. Die<br />

dabei stark voneinander abweichenden<br />

Stützweiten der einzelnen Längsträger<br />

konnten statisch beherrscht werden.<br />

Das Widerlager in Achse 50 wurde in die<br />

Böschung hochgesetzt, damit es in Höhe<br />

und Geometrie annähernd dem anderen<br />

Widerlager entspricht.<br />

4 Bauwerksentwurf<br />

4.1 Gründung<br />

Die Gründung erfolgt auf bis zu 23 m<br />

langen Großbohrpfählen mit d = 120 cm<br />

in den quartären Kiesschichten. Trotz des<br />

anstehenden Grundwassers in einer Höhe<br />

bis 1 m unter der Fahrbahn der A 92<br />

ließen sich mit der gewählten Bauweise<br />

aufwendige Wasserhaltungsmaßnahmen<br />

vermeiden.<br />

4.2 Unterbauten<br />

Die massiven Widerlager sind für die<br />

Wartung der aufwendigen Übergangskonstruktionen<br />

begehbar ausgeführt.<br />

In den Pfeilerachsen kommen Paare<br />

schlanker achteckiger Einzelstützen,<br />

die über Pfahlkopfplatten in die Pfähle<br />

einspannen, zur Ausführung.


9 Lehrgerüstjoche mit schweren Leiteinrichtungen<br />

© SSF Ingenieure AG<br />

4.3 Überbau, Lager,<br />

Übergangskonstruktion<br />

Der Überbau ist als zweistegiger Spannbetonplattenbalken<br />

längs mit Spanngliedern<br />

in Verbund vorgespannt und<br />

quer schlaff bewehrt. Die Lagerung<br />

erfolgt in allen Achsen auf Kalottenlagern,<br />

das Lagerschema sieht hier<br />

Querfesthaltungen an den Widerlagerachsen<br />

und dem Stützenpaar in Achse 30<br />

vor. Die Längsfesthaltung befindet sich<br />

ebenfalls in Achse 30, wobei hier beide<br />

Lager längsfest ausgebildet werden. In<br />

allen Lagerachsen sind zudem Querträger<br />

vorhanden. Am Übergang zu beiden<br />

Widerlagern werden Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />

mit vier Dichtprofilen mit<br />

einem maximalen Gesamtdehnweg von<br />

237 mm erforderlich.<br />

Stützweiten in BW-Achse im Bogen 53,00 + 59,91 + 46,50 + 55,00 m = 214,41 m<br />

Kleinste lichte Höhe 4,88 m<br />

Kreuzungswinkel 50,8 gon (A 9) / 59,4 gon (A 92)<br />

Breite zwischen den Geländern 17,00 m<br />

Brückenfläche 3.644 m²<br />

Konstruktionshöhe 2,40 m<br />

10 Hauptabmessungen<br />

© SSF Ingenieure AG<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

4.4 Bauablauf<br />

Für die Errichtung der Stützen in den<br />

Achsen 20 und 40 und die Anordnung<br />

einiger Lehrgerüststützen waren<br />

bauzeitliche Verkehrsführungen mit<br />

Verbauten und schweren Leiteinrichtungen<br />

zum Schutz der Arbeiten und<br />

des Traggerüstes innerhalb der Mittelund<br />

Trennstreifen der Autobahnen<br />

erforderlich. Die Machbarkeit und die<br />

Bauausführung unter den beengten<br />

Platzverhältnissen im Bereich der<br />

bestehenden Trennstreifen der Autobahn<br />

mussten bereits im Entwurf bis ins Detail<br />

belegt werden, die daraus resultierenden<br />

Anforderungen an die Baubehelfe<br />

wurden in den Ausschreibungsunterlagen<br />

genau definiert.<br />

Der Überbau wurde in zwei Abschnitten<br />

auf einem Traggerüst hergestellt: Im<br />

ersten wurden die beiden Überbaufelder<br />

zwischen den Achsen 10 und 30 in<br />

überhöhter Lage betoniert und vorgespannt<br />

und nach dem Ausschalen in die<br />

endgültige Lage abgesenkt, um die lichte<br />

Durchfahrtshöhe jederzeit gewährleisten<br />

zu können. Im zweiten Bauabschnitt<br />

wurden nach dem Umsetzen des Traggerüsts<br />

die beiden Überbaufelder<br />

zwischen Achse 30 und Achse 50 in<br />

endgültiger Lage betoniert.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

83


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

11 Fertiggestelltes Bauwerk, Blick Richtung München<br />

© Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG<br />

5 Statische Berechnung<br />

5.1 Unterbauten<br />

Die Unterbauten wurden an separaten<br />

statischen Modellen berechnet, die<br />

kastenförmigen Widerlager mit finiten<br />

Elementen abgebildet. Die Bohrpfähle<br />

waren im System als elastisch gebettete<br />

Stäbe enthalten.<br />

Die bis zu 13,08 m hohen und 2,30 m<br />

dicken Stützen wurden zusammen mit<br />

den Pfahlkopfplatten und den im Erdreich<br />

gebetteten Pfählen als Stabsysteme<br />

berechnet. Die Verteilung der Brems- und<br />

Anfahrlasten erfolgte dabei entsprechend<br />

dem Verhältnis der Horizontalsteifigkeiten<br />

der mitwirkenden Unterbauachsen<br />

unter Berücksichtigung der maximalen<br />

Verformungswiderstände der Kalottenlager.<br />

Trotz des Festpunktes in Achse 30<br />

ergaben sich an dieser Auflagerachse nur<br />

noch 20 % der Brems- und Anfahrlasten.<br />

Aufgrund der Schlankheit der Stützen<br />

wurde neben der Regelbemessung auch<br />

ein Nachweis nach Theorie II. Ordnung im<br />

Grenzzustand der Tragfähigkeit geführt,<br />

der jedoch keine Erhöhungen der<br />

Bewehrungsmengen ergab.<br />

5.2 Überbau<br />

Die statische Berechnung erfolgte an<br />

einem räumlichen Trägerrostsystem.<br />

Die beiden Längsträger wurden hier als<br />

Stäbe mit ihrem Plattenbalkenquerschnitt<br />

mit variablen Plattenbreiten angenommen.<br />

Die Torsionssteifigkeit der vorgespannten<br />

Längsträger wurde nach<br />

DIN-Fachbericht 102 mit 80 % des<br />

theoretischen Werts festgelegt.<br />

Die Fahrbahnplatte wurde aufgrund<br />

der Brückenschiefe und der Krümmung<br />

84 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

im Grundriss mit ebenen finiten Elementen<br />

mit orthotroper Tragwirkung<br />

abgebildet und dabei nur der Querrichtung<br />

der Platte eine Steifigkeit<br />

zugeordnet. Die Querträger an den<br />

Auflagern wurden als zusätzliche<br />

Biegestäbe mit einer auf 50 % des theoretischen<br />

Werts reduzierten Torsionssteifigkeit<br />

eingeführt. Mit Hilfe dieser<br />

Modellbildung ließ sich die kontinuierliche<br />

Tragwirkung der Fahrbahnplatte<br />

im Vergleich zu herkömmlichen Trägerrosten<br />

mit ideellen Querträgern wesentlich<br />

besser ermitteln: Aus der Orthotropie<br />

resultierend, sind die Berechnungsergebnisse<br />

eindeutig in Stabschnittgrößen<br />

für die Längsrichtung und<br />

Plattenschnittgrößen für die Querrichtung<br />

getrennt. Das gemischte System<br />

aus Stäben und finiten Elementen führte<br />

zu einer realistischeren Modellabbildung,<br />

ohne auf die Vorteile einer klassischen<br />

Trägerrostberechnung verzichten zu<br />

müssen.<br />

Die Vorspannung der beiden Längsträger<br />

weicht aufgrund der stark unterschiedlichen<br />

Stützweiten mit Differenzen<br />

bis zu 10 m bei den einzelnen Trägerabschnitten<br />

völlig voneinander ab. Die<br />

aus der Vorspannung dieses Systems<br />

folgenden hohen Zwangsbeanspruchungen<br />

mussten zusätzlich berücksichtigt<br />

werden. Aufgrund der gewählten zwei<br />

Bauabschnitte wurde auch ein zusätzliches<br />

Zwischensystem im Bauzustand<br />

nachgewiesen: ein Zweifeldträger mit<br />

Kragarm. Maßgebend für die Vorspannung<br />

war jedoch der Dekompressionsnachweis<br />

im Endzustand.<br />

Die konstruktive Umsetzung in den<br />

Spann- und Bewehrungsplänen für den<br />

Überbau war wegen der komplexen<br />

Bauwerksgeometrie und der hohen<br />

Bewehrungsgrade sehr anspruchsvoll.<br />

Das heißt, es mussten bis zu drei Lagen<br />

Spannbewehrung und aufgrund der<br />

hohen Torsionsbeanspruchung zusätzlich<br />

ein relativ hohes Maß an schlaffer<br />

Bewehrung im Querschnitt untergebracht<br />

werden. Der Anteil der schlaffen<br />

Bewehrung beträgt 137 kg/m³, jener<br />

der Spannbewehrung 54 kg/m³.<br />

6 Ausführungsplanung in 3-D<br />

Die Schalpläne wurden in 3-D erstellt,<br />

wobei alle Bauteile in einem räumlichen<br />

Modell exakt abgebildet wurden.<br />

Zusätzlich wurde vom Urgelände ein<br />

3-D-Laserscanning des gesamten Umfeldes<br />

durchgeführt. Auf dieser Basis<br />

wurde mit dem Programmsystem NX ein<br />

3-D-Modell des Bauwerks aufgebaut und<br />

daraus alle Ausführungspläne abgeleitet.<br />

Der etwas höhere Arbeitsaufwand zur<br />

Erarbeitung eines solchen Modells wird<br />

dabei durch mehrere Effekte aufgewogen:<br />

Als Nebenprodukt stehen sofort<br />

alle geometrischen Bauteil- und Erdbaumassen<br />

zur Verfügung, und am<br />

räumlichen System werden geometrische<br />

Probleme sofort erkannt, die<br />

konstruktive Detaillierung erleichtert.


Mit geringem Aufwand können beispielsweise<br />

Durchdringungsprobleme mit<br />

vorhandenen Baukörpern und Detailausbildungen<br />

speziell im Bereich der<br />

Unterbauten geklärt werden.<br />

7 Zusammenfassung<br />

Die gewählte, über dem Autobahnbetrieb<br />

eher ungewöhnliche Ortbetonbauweise<br />

auf Lehrgerüst hat sich für den Überflieger<br />

in Neufahrn bestens bewährt.<br />

Die Umsetzung der Planungs- und Bauaufgabe<br />

erfolgte innerhalb kürzester Zeit,<br />

die durch das Konjunkturpaket II zur<br />

Verfügung stehenden Mittel konnten<br />

effektiv eingesetzt werden. Eine konsequente<br />

und reibungslose Realisierung<br />

der in der Ausschreibung vorgegebenen<br />

Randbedingungen ließ sich durch die<br />

kontinuierlich beauftragte Planung aus<br />

SSF_BRCK_L_2012_0036XX 20<strong>12.</strong>01.20 9:39 Uhr Seite 1<br />

einer Hand erzielen. Das Hauptbauwerk<br />

wurde in der Zeitspanne von Februar<br />

2010 bis Juli 2011 errichtet. Die geringe<br />

Bauzeit und die Herstellungskosten<br />

des Bauwerks von rund 5.500.000 €,<br />

entsprechend 1.500 €/m², belegen die<br />

Wirtschaftlichkeit des gewählten<br />

Entwurfs.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Peter Radl<br />

SSF-Ingenieure AG,<br />

München<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Anmerkung<br />

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um die<br />

überarbeitete Fassung der Veröffentlichung »Überflieger<br />

am AK Neufahrn« in: Bauingenieur, Band 87, 2012,<br />

Heft 2.<br />

Funktion und Effizienz in einer Form<br />

Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des laufenden Verkehrs<br />

BAB A9/A92, AK Neufahrn, BW 13/02s Direktrampe<br />

www.ssf-ing.de<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung, Bonn<br />

Auftragsverwaltung<br />

Freistaat Bayern<br />

Oberste Baubehörde im<br />

Bayerischen Staatsministerium des Innern, München<br />

Baubehörde<br />

Autobahndirektion Südbayern, München<br />

Bauüberwachung<br />

Autobahndirektion Südbayern, Dienststelle München,<br />

Maisach<br />

Gesamtplanung<br />

SSF Ingenieure AG, München<br />

Prüfingenieur<br />

Prof. Dr.-Ing. Richard Rojek, Augsburg<br />

Bauausführung<br />

Hentschke Bau GmbH, Bautzen<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

85


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Anlass und Besonderheiten bei der Ausführung<br />

Querverschub der Mainbrücke Randersacker<br />

von Sven Kimmeskamp<br />

Die Mainbrücke Randersacker<br />

bei Würzburg überführt die<br />

Bundesautobahn A 3 mit einem<br />

Verkehrsaufkommen von über<br />

85.000 Kfz/d. Da im ehemaligen<br />

Bestandsbauwerk, erstellt in den<br />

Jahren 1961–1963, der heute als<br />

spannungsrissgefährdet bekannte<br />

Sigma-Spannstahl zur Ausführung<br />

kam und der Überbau zudem<br />

nur ein unzureichendes Bruch-<br />

vorankündigungsverhalten aufwies,<br />

begann ab 2007 im Vorgriff auf den<br />

sechsspurigen Ausbau der A 3 der<br />

Ersatzneubau, wobei Trasse und<br />

Gradiente im Bereich der Brücke<br />

nahezu unverändert blieben.<br />

Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs<br />

musste der erste Überbau in<br />

seitlicher Behelfslage neben der<br />

alten Brücke errichtet werden.<br />

Nach Umlegung des Verkehrs auf<br />

diesen ersten Überbau konnte das<br />

Bestandsbauwerk abgebrochen<br />

und danach die endgültigen<br />

Unterbauten sowie der zweite<br />

Überbau realisiert werden. Nach<br />

nochmaliger Verkehrsumlegung,<br />

nun auf den zweiten Überbau,<br />

und Fertigstellung der Verbindung<br />

von Behelfs- und endgültigen<br />

Unterbauten durch Verschubwände<br />

erfolgte dann Anfang 2011 der<br />

Querverschub des nördlichen<br />

Überbaus von der Behelfs- in<br />

seine endgültige Lage.<br />

2 Überbaulage vor dem Querverschub<br />

© SRP Schneider & Partner<br />

86 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Überbauten kurz vor dem Querverschub<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

1 Neues Brückenbauwerk<br />

Die für beide Richtungsfahrbahnen<br />

getrennten Überbauten weisen eine<br />

Länge von 540 m auf und sind in sieben<br />

Felder unterteilt. Die maximale Stützweite<br />

beträgt 140 m und überspannt<br />

den Main. Ausgebildet sind die Spannbetonhohlkastenquerschnitte<br />

in Mischbauweise<br />

und mit quer vorgespannter<br />

Fahrbahnplatte, ihre Breiten betragen je<br />

Überbau ca. 20 m und nehmen jeweils<br />

drei Fahrspuren und eine Notspur auf.<br />

Sie haben im Scheitel der Mainöffnung<br />

und im Vorlandbereich eine Höhe von<br />

4 m, die über den Strompfeilern parabelförmig<br />

auf 7,50 m anwächst. Die Herstellung<br />

der Überbauten erfolgte über<br />

dem Main in Freivorbau- und im<br />

Vorlandbereich in konventioneller<br />

Traggerüstbauweise.<br />

Die im Grundriss gekrümmten Überbauten<br />

erhielten, dem Querverschub<br />

geschuldet, parallel ausgerichtete Unterbauten,<br />

auch die Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />

und Überbauenden<br />

wurden parallel zur Verschubrichtung<br />

angeordnet. Gelagert sind die Überbauten<br />

auf allseits beweglichen bzw.<br />

querfesten Kalottenlagern, der Längsfestpunkt<br />

befindet sich in Achse 400<br />

und damit etwa in Brückenmitte. Alle<br />

Unterbauten sind auf Großbohrpfählen<br />

gegründet.


3 Regelquerschnitt<br />

© SRP Schneider & Partner<br />

2 Situation vor dem Verschub<br />

Bedingt durch die beschriebenen Bauund<br />

Verkehrsphasen lag der nördliche<br />

Überbau bereits vor dem Querverschub<br />

für eine Dauer von etwa zwei Jahren<br />

unter Verkehr und ruhte somit auf seinen<br />

endgültigen Lagern, Abdichtung und<br />

Fahrbahnbelag waren ebenfalls schon<br />

aufgebracht worden. Aus diesem<br />

Umstand resultierte die Forderung,<br />

den Spannbetonüberbau während des<br />

Querverschubs überdrückt zu lassen<br />

und keine Zugspannungen zu erzeugen:<br />

Die unterschiedlichen Verformungen<br />

benachbarter Auflagerachsen in Brückenquerrichtung<br />

waren daher auf 10 mm<br />

zu begrenzen. Die Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />

waren in Überbau und<br />

Behelfswiderlagern vorhanden, das<br />

Gesamtgewicht der zu verschiebenden<br />

Konstruktion betrug ca. 32.500 t bei<br />

einer Verschubstrecke von exakt<br />

19,635 m.<br />

3 Gleitebene und Lagerung<br />

Statt eines aufwendigen Aus- und<br />

Wiedereinbaus der Lager wurde der<br />

Verschub mit den Lagern durchgeführt<br />

und die Verschub- bzw. Gleitebenen<br />

unter den Lagern angeordnet. Für die<br />

Aufnahme und Übertragung der<br />

Reibungskräfte wurden die querbeweglichen<br />

Lager mit Arretierungen<br />

versehen, die für den Querverschub<br />

aktiviert wurden und die es gestatteten,<br />

sie temporär in querfeste Lager umzufunktionieren.<br />

Entsprechend erhielten die<br />

Lager mit Längsbeweglichkeit Knaggen<br />

an Ober- und Unterteil, um sie durch das<br />

Einlegen von Futterplatten zwischen den<br />

Knaggen in beliebiger Stellung längsfest<br />

arretieren zu können.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Die Gleitebenen zwischen Überbau<br />

und festen Unterbauten wurden aus<br />

poliertem Edelstahl und gefetteten<br />

PTFE-Platten gebildet, wobei ihr Einbau<br />

durch das achsweise Anheben der Spannbetonquerschnitte<br />

erfolgte: Mit dem<br />

Lösen des Festpunktes beim Anheben<br />

von Achse 400 wurde der Überbau in<br />

eine schwimmende Lagerung überführt.<br />

Als Ersatz wurden an seinen Enden<br />

Führungskonstruktionen angeordnet,<br />

die auch während des Verschubes des<br />

Überbaus eine Lagekorrektur in Längsrichtung<br />

erlaubten.<br />

4 Technologie und Vermessung<br />

Für die Durchführung des Querverschubs<br />

mussten die erforderlichen Zugkräfte<br />

auf eine begrenzte und beherrschbare<br />

und damit möglichst geringe Anzahl von<br />

Elementen verteilt werden. Andererseits<br />

war aber auch ein synchroner Verschubvorgang<br />

über die Brückenlänge zu<br />

erzielen, was eine relativ gleichmäßige<br />

Verteilung von Zugelementen über die<br />

Brückenlänge bedeutete.<br />

So fiel die Wahl auf die Verwendung<br />

von insgesamt acht Litzenhebern mit<br />

Anordnung in den Achsen 100, 300, 400,<br />

600 und 800. Für eine symmetrische<br />

Belastung der Pfeiler wurden an den<br />

besagten Pfeilerachsen je zwei Litzenheber<br />

untergebracht, in den Achsen 200,<br />

500 und 700 lief der Überbau passiv<br />

mit, während an den Widerlagerachsen<br />

100 und 800 je ein Litzenheber installiert<br />

wurde. Nach den aus der statischen<br />

Berechnung zu erwartenden Zugkräften<br />

kamen in den Achsen 300 und 400 je<br />

zwei Litzenheber mit einer Kapazität von<br />

300 t zur Ausführung, alle übrigen hatten<br />

eine Kapazität von 200 t.<br />

4 Lager mit temporärer Längsfesthaltung<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

5 Vorbereitete Verschubbahn mit Längsführung<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

87


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

6 Detailausbildung am Pfeiler<br />

© SRP Schneider & Partner<br />

Die Synchronität von Verschubgeschwindigkeit<br />

und zurückgelegter Strecke unter<br />

den einzelnen Achsen zur Vermeidung<br />

von Verformungen im Überbau und von<br />

unzulässigen Zugspannungen infolge<br />

Querbiegung wurden durch elektronische<br />

Kopplung und Steuerung der Litzenheber<br />

sichergestellt. Alle Litzenheber besaßen<br />

eine eigene elektronische Steuerung<br />

und waren mit einem zentralen Steuercomputer<br />

verbunden. Die Litzenheber<br />

konnten dadurch gemeinsam, in<br />

beliebigen Gruppen oder auch einzeln<br />

angesteuert, dabei von jedem einzelnen<br />

von ihnen Informationen wie Weg und<br />

Kraft empfangen werden.<br />

Die ausgegebenen Messwerte bezogen<br />

sich jedoch auf den Durchzug am<br />

Litzenheber und nicht auf den Weg des<br />

Überbaus. Die Differenzen, verursacht<br />

durch die Litzendehnung zwischen<br />

Heber und Überbau, ließen sich durch<br />

ihre Vollbelegung mit 19 bzw. 31 Litzen<br />

reduzieren, so dass die Ausnutzung der<br />

Litzen bei nur ca. 50 % gegenüber der<br />

zulässigen Spannstahlspannung lag.<br />

Zur Einhaltung der zulässigen Toleranzen<br />

war daher eine zusätzliche externe<br />

Wegkontrolle während des Verschubes<br />

zu installieren, die selbst die Achsen<br />

10 Litzenheber und Verankerung<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

88 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

7 Verschubbahn<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

8 9 Litzenverankerung an Überbau und Pfeiler<br />

© SRP Schneider & Partner/© Dywidag Bau GmbH<br />

ohne Litzenheber umfasste. Acht<br />

Rundprismen am Überbau im Bereich<br />

der Achsen 100–800 wurden durch zwei<br />

Tachymeter anvisiert, die auf festen<br />

Messpfeilern aufgestellt waren. Durch<br />

automatische Mehrfachmessung im<br />

stationären Zustand des Überbaus<br />

konnte so eine Genauigkeit von +/-1 mm<br />

erreicht werden. Die Durchführung der<br />

Messungen erfolgte dazu nach jedem<br />

Hub bis zu 42 cm während des Einfahrens<br />

der Zylinder in Vorbereitung für den<br />

nächsten Litzenhub. In der direkten<br />

Auswertung wurden dann die bisherige<br />

wie die verbleibende Verschubstrecke je<br />

Achse sowie die Abweichung in Achse<br />

11 Steuercomputer im Leitstand<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

400, bezogen auf die Brückenlängsrichtung,<br />

angegeben. Die vor dem<br />

Verschub durchgeführte Einmessung<br />

der Prismen erfolgte auf eine fiktive<br />

Verzugachse und diente als Nullmessung.<br />

Gegenüber der rechnerischen Ermittlung<br />

variieren die Zugkräfte in der Realität<br />

unter anderem durch Streuung der<br />

Reibungswerte je Achse, Streuung der<br />

Auflasten je Lagerachse und Streuung in<br />

der Querbiegesteifigkeit des Überbaus<br />

bzw. in den einzelnen Feldern. Änderungen<br />

im Verlauf des Querverschubes<br />

sind als Ursache ebenfalls möglich. Bei<br />

realistischen Reibungswerten zwischen<br />

1 % und 3 % und bei einem Gewicht<br />

von 32.500 t waren in Summe Zugkräfte<br />

zwischen 300 t und 1.000 t zu erwarten,<br />

durch die gewählte Konfiguration und<br />

Anordnung der Litzenheber stand hier<br />

eine Gesamtkapazität von 2.000 t Zugkraft<br />

zur Verfügung. Die tatsächlichen<br />

Zugkräfte lagen hingegen bei ca. 250 t<br />

und waren relativ konstant über den<br />

gesamten Verschubweg, was auf einen<br />

Reibungsbeiwert von etwas weniger als<br />

1 % schließen ließ.<br />

5 Verschubbahnen und Unterbauten<br />

Die Verschubbahnen in den Auflagerachsen<br />

wurden als raue, aber ebene<br />

Betonoberflächen ausgebildet und waren<br />

monolithisch mit den Verschubwänden<br />

sowie den jeweiligen Behelfspfeilern und<br />

endgültigen Pfeilern verbunden. Die<br />

Oberflächen wurden vor dem Verschub<br />

höhenmäßig auf ihre Ebenheit vermessen<br />

und kontrolliert: Die tolerablen<br />

Abweichungen in den Verschubbahnen<br />

betrugen 1 mm je 2 m Länge und konnten<br />

durch ein sehr genaues Verlegen der<br />

Schalung und das Abziehen der frischen<br />

Betonoberfläche erreicht werden.


Diese Ebenheit war wichtig, um gleichmäßige<br />

Pressungen in Lager und in<br />

den mit ca. 20 N/mm² Pressung hoch<br />

ausgenutzten Gleitebenen zwischen<br />

Teflonplatte und Edelstahlblech zu<br />

gewährleisten. Größere Unebenheiten<br />

hätten Spannungsspitzen und damit<br />

womöglich Überbelastungen und in<br />

Folge Beschädigungen in erster Linie<br />

an den Teflonplatten oder in den<br />

Lagern hervorgerufen.<br />

Aus gleichem Grunde war die Setzungsunempfindlichkeit<br />

der Verschubbahn von<br />

Bedeutung, weswegen die Verschubwände<br />

als Scheiben zwischen den<br />

Pfeilern und mit eigenem Fundament<br />

ausgebildet wurden.<br />

6 Abschlussarbeiten<br />

Unmittelbar nach dem erfolgreichen<br />

Querverschub erfolgten der achsweise<br />

Ausbau der Gleitelemente und das<br />

Verschweißen der unteren Lagerplatten<br />

mit den in den -sockeln einbetonierten<br />

Ankerplatten. Die Verschubbahnen und<br />

Behelfsunterbauten wurden zurückgebaut,<br />

die vor dem Querverschub von den<br />

Behelfswiderlagern gelösten Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />

ausgerichtet<br />

und im Widerlager höhengerecht<br />

einbetoniert, so dass seit Mitte 2011<br />

der Verkehr sechsspurig über beide<br />

Überbauten fließen kann.<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Sven Kimmeskamp<br />

Ed. Züblin AG,<br />

Stuttgart<br />

Bauherr<br />

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den<br />

Freistaat Bayern<br />

Entwurf und Ausschreibung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />

Rieger + Brandt, Ingenieurgesellschaft<br />

im Bauwesen mbH, Nürnberg<br />

16 Nördlicher Überbau nach dem Querverschub<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

12 Anordnung der Litzenheber und Litzen<br />

© SRP Schneider & Partner<br />

13 14 Querverschub der Mainbrücke<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

Bauüberwachung<br />

Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg<br />

Technische Bearbeitung<br />

SRP Schneider & Partner, Ingenieur-Consult GmbH,<br />

Kronach<br />

Prüfingenieur<br />

Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />

Bauausführung<br />

Dywidag Bau GmbH, Niederlassung Brückenbau,<br />

Nürnberg<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

17 Rückbau der Behelfsunterbauten<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

15 Hauptfeld und Verschubbahn in Achse 300<br />

© Dywidag Bau GmbH<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

89


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Erstmaliger Rückbau einer Talquerung mit Vorschubrüstung<br />

Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der Autobahn A 7<br />

von Jan Lingemann, Stephan Sonnabend<br />

Die Döllbachtalbrücke liegt auf<br />

der Bundesautobahn A 7 ca. 15 km<br />

südlich von Fulda. Da das Bau-<br />

werk zahlreiche Schäden aufweist,<br />

wurde seitens des Auftraggebers<br />

beschlossen, es abzubrechen und<br />

durch einen Neubau an gleicher<br />

Stelle zu ersetzen. Ein boden-<br />

gestütztes Traggerüst kam aus<br />

verschiedenen Gründen für den<br />

Rückbau nicht in Frage, weshalb<br />

hier erstmals bei einer Talbrücke<br />

das Verfahren »Rückbau mit<br />

Vorschubrüstung« gewählt wurde.<br />

Im folgenden Beitrag werden<br />

ausgewählte Aspekte dieses<br />

Rückbaus beschrieben.<br />

1 Einleitung<br />

Die Döllbachtalbrücke befindet sich<br />

ca. 15 km südlich von Fulda. Auf dem<br />

1966–1968 hergestellten Bauwerk wird<br />

die Bundesautobahn (BAB) A 7 über das<br />

ca. 50 m tiefe Döllbachtal, die Bundesstraße<br />

B 27 und mehrere Wirtschaftswege<br />

geführt. Jede Richtungsfahrbahn liegt auf<br />

einem eigenen Überbau.<br />

In der jüngeren Vergangenheit wurde<br />

festgestellt, dass in Teilbereichen keine<br />

ausreichende Bruchsicherheit und in<br />

zahlreichen Koppelfugen keine ausreichende<br />

Ermüdungssicherheit vorhanden<br />

ist. Zudem sind diverse Quer- und<br />

Längsspannglieder durch die Einwirkung<br />

von chloridhaltigem Wasser stark<br />

geschädigt. [1] Seitens des Auftraggebers<br />

wurde daher beschlossen, die Überbauten<br />

und Unterbauten abzubrechen und<br />

an gleicher Stelle neu zu errichten.<br />

90 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Aufgrund der großen Höhe über dem<br />

Talgrund und des geringen Abstands<br />

zwischen den beiden nebeneinanderliegenden<br />

Bauwerken bedarf es eines<br />

kontrollierten Rückbaus. Weiterhin ist zu<br />

beachten, dass das Döllbachtal bereichsweise<br />

als Landschaftsschutz- bzw.<br />

FFH-Gebiet ausgewiesen ist und daher<br />

geschont werden muss. Ein bodengestütztes<br />

Traggerüst ist gemäß Ausschreibung<br />

ausgeschlossen. Stattdessen<br />

ist der Einsatz eines Vorschubgerüstes<br />

(VSG) vorgesehen. Hiermit sollen die<br />

beim abschnittsweisen Abbruch<br />

entstehenden Auskragungen des<br />

Überbaus unterstützt werden.<br />

1 Ansicht und Grundriss<br />

© Aus [3]<br />

2 Querschnitt<br />

© Aus [3]<br />

2 Bestehendes Bauwerk<br />

2.1 Ursprüngliche Konstruktion<br />

Die Döllbachtalbrücke hat zwei Überbauten<br />

mit jeweils zwölf Feldern, die<br />

Regelstützweite beträgt 46 m und ihre<br />

Gesamtlänge 576 m. Da sich im südlichen<br />

Bereich des Talgrundes zwischen den<br />

Achsen 30 und 40 ein geologischer Verbruch<br />

befindet, wurde hier kein Pfeiler<br />

angeordnet. [2] Das Feld zwischen den<br />

Achsen 30 und 40 hat daher eine Spannweite<br />

von 70-m. Die Richtungsfahrbahnen<br />

liegen auf separaten Überbauten mit<br />

jeweils zweizelligen Hohlkastenquerschnitten.


3 Herstellung des westlichen Überbaus<br />

© Aus [2]<br />

Die Herstellung des westlichen Überbaus<br />

erfolgte abschnittweise auf einem<br />

Vorschubgerüst von Norden nach Süden.<br />

Die Arbeitsfugen liegen jeweils 8,75 m<br />

von den Stützenachsen entfernt. Zur<br />

Errichtung des 70-m-Feldes wurde 46 m<br />

südlich der Achse 40 ein Hilfspfeiler<br />

angeordnet, welcher nach Fertigstellung<br />

des Feldes 20–30 wieder entfernt wurde.<br />

Der östliche Überbau wurde anschließend<br />

auf die gleiche Weise von Süden<br />

nach Norden realisiert, hierbei stand der<br />

Hilfspfeiler 46 m nördlich der Achse 30.<br />

Beide Überbauten sind in Längs- und<br />

Querrichtung beschränkt vorgespannt,<br />

die Stützquerträger sind ebenfalls<br />

vorgespannt. In den Arbeitsfugen sind<br />

jeweils alle Längsspannglieder mit<br />

Koppelankern gestoßen, nur im Bereich<br />

des 70-m-Feldes laufen einige Zulagespannglieder<br />

über die Koppelfugen<br />

hinaus. Für die Vorspannung in Längsund<br />

Querrichtung wurden Spannverfahren<br />

der Firma Polensky & Zöllner<br />

mit gerippten Sigma-oval-Drähten<br />

verwendet.<br />

Die Pfeiler mit Höhen von ca. 50 m über<br />

dem Talgrund wurden als Hohlpfeiler in<br />

Gleitbauweise errichtet, mit 2 m dicken,<br />

massiven Pfeilerköpfen. Darüber sind an<br />

den Außenseiten ca. 3 m hohe massive<br />

Pfeilerkopfverlängerungen angeordnet,<br />

auf welchen die Lagersockel Platz<br />

finden. Beide Überbauten sind an ihren<br />

Enden auf jeweils einem gemeinsamen,<br />

aufgelösten Widerlager abgesetzt.<br />

Diese bestehen aus einem Auflagerbalken,<br />

welcher auf jeweils zwei vertikalen<br />

Scheiben aufgelagert ist. Die<br />

Widerlagerscheiben sind mit tiefliegenden<br />

Flachgründungen gegründet.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

2.2 Besonderheiten<br />

Bereits vor Beginn der Baumaßnahme<br />

war bekannt, dass infolge der Einwirkung<br />

von chloridhaltigem Wasser an mehreren<br />

Stellen im Überbau Spannglieder ausgefallen<br />

sind. Weiterhin ist bekannt, dass<br />

im 70-m-Feld des westlichen Überbaus<br />

ein Längsspannglied unverpresst und<br />

nicht vorgespannt ist.<br />

Die Endverankerungen der Zulagespannglieder<br />

für das 70-m-Feld liegen in den<br />

Feldern 20–30 ca. 9–12 m von der Pfeiler-<br />

4 Einhub der Vorschubgerüst-Hauptträger<br />

© Büchting + Streit AG<br />

achse 30 und im Feld 40–50 ca. 9–12 m<br />

von der Pfeilerachse 40 entfernt. Im<br />

Bereich der Endverankerungen der<br />

Zulagespannglieder sind Risse an der<br />

Oberseite des Überbauquerschnittes<br />

vorhanden. Die Ursache hierfür ist, dass<br />

aufgrund der größeren Stützweite des<br />

Feldes 30–40 in den angrenzenden<br />

Abschnitten hauptsächlich negative<br />

Momente auftreten. Da die durchlaufenden<br />

Regelspannglieder im Verankerungsbereich<br />

der Zulagespannglieder im<br />

Querschnitt bereits weit nach unten<br />

geführt sind, ist an dessen Oberseite<br />

keine ausreichende Vorspannung vorhanden.<br />

In diesen Bereichen ist für die<br />

heutige Verkehrsbeanspruchung daher<br />

keine ausreichende Bruchsicherheit<br />

nachweisbar.<br />

Da die genannten Mängel in beiden<br />

Überbauten auftreten, wurde der östliche<br />

Überbau in Vorbereitung auf das Bauvorhaben<br />

zur Aufnahme des bauzeitlichen<br />

4+0-Verkehrs mit zusätzlichen Längsspanngliedern<br />

sowie CFK-Lamellen<br />

verstärkt.<br />

3 Rückbaukonzept<br />

Der Rückbau der Überbauten erfolgt<br />

kontinuierlich entgegen der Herstellrichtung.<br />

Innerhalb eines Rückbauabschnittes<br />

wird der jeweilige Bauabschnitt<br />

des Überbaus in der Regel bis<br />

an die nächste Koppelfuge zurückgebaut.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

91


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

5 Unterstützung des Überbaus<br />

© Büchting + Streit AG<br />

Im Zuge des Rückbaus kragt der Überbau<br />

nach dem Entfernen des vordersten<br />

Stützquerträgers im Regelbereich bis<br />

zu 46 m aus. Zur Unterstützung dieser<br />

Auskragung ist ein Vorschubgerüst (VSG)<br />

vorgesehen. Während des Verschubes<br />

des VSGs ist der verbleibende Überbau<br />

nicht unterstützt und muss sich somit<br />

selber tragen. Die Verankerung der<br />

Längsspannglieder ist dabei durch die<br />

in den Koppelfugen vorhandenen<br />

Koppelanker sichergestellt. Hinsichtlich<br />

der statischen Nachweise im Verschub-<br />

6<br />

92 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

7 Hilfspfeiler und Querkraftverstärkungen<br />

© Büchting + Streit AG<br />

zustand ist es günstig, dass beim Bau der<br />

Brücke vergleichbare Beanspruchungen<br />

aufgetreten sind und der Überbau hierfür<br />

bemessen wurde.<br />

Für die Ausführung wurde ein VSG mit<br />

zwei Hauptträgern gewählt, die beidseits<br />

der Pfeiler angeordnet sind und an jedem<br />

Pfeiler auf zwei Auflagerquerträgern der<br />

Pfeilerkopfeinrüstung aufliegen.<br />

Die Lasten aus den Auflagerquerträgern<br />

werden durch in Querrichtung geneigte<br />

Aufhängungen zu einem Jochträger<br />

weitergeleitet, der an der Oberseite der<br />

Pfeiler auf dem massiven Pfeilerkopf<br />

aufliegt. Diese Lösung wurde gewählt,<br />

da eine Auflagerung der Auflagerquerträger<br />

im Bereich der Pfeilerschäfte<br />

aufgrund der geringen Wandstärken<br />

der Pfeiler nicht möglich war.<br />

Zwischen den Hauptträgern des VSGs<br />

sind paarweise verbundene Unterstützungsquerträger<br />

gespannt, die durch<br />

Hydraulikpressen gegen den Überbau<br />

gepresst werden können. Auf den<br />

Unterstützungsquerträgern befinden<br />

sich Holzdruckstücke, durch die der<br />

Überbau punktuell im Bereich der Stege<br />

unterstützt wird.<br />

Die Hydraulikpressen auf jeweils einer<br />

Seite des Überbaus lassen sich gruppenweise<br />

in einem Ölkreislauf zusammenschalten,<br />

so dass sie hydraulisch kommunizieren.<br />

Das ist zwingend erforderlich,<br />

um Relativbewegungen zwischen Überbau<br />

und VSG auszugleichen.<br />

Zur Aufnahme des Abbruchgutes ist auf<br />

den Längsträgern des VSGs eine Bühne<br />

angeordnet, die in Längsrichtung bis<br />

zum nächsten Unterstützungsträger<br />

fahrbar ist und beim Abbruch unter dem<br />

Überbau zum Halten kommt. Um die<br />

Bühne weiter unter dem Überbau fahren<br />

zu können, muss der Unterstützungsquerträger<br />

zunächst abgesenkt und die<br />

Holzdruckstücke entfernt werden. Danach<br />

lässt die Bühne sich bis zum nächsten<br />

Querträger bewegen, der Überbau kragt<br />

dabei über den letzten aktiven Unterstützungsquerträger<br />

aus.<br />

Der Rückbau des Überbaus erfolgt mit<br />

einem auf dem Überbau stehenden<br />

Abbruchbagger. Das Abbruchgut wird<br />

mit der Abbruchbühne aufgefangen und<br />

anschließend mit Lkws abtransportiert.<br />

4 Statische Aspekte<br />

4.1 Hilfspfeiler im 70-m-Feld<br />

Beim Abbruch des westlichen Überbaus<br />

wird das 70-m-Feld nach dem Rückbau<br />

der ersten beiden Felder zwangsläufig<br />

zum Endfeld des Durchlaufträgers. In<br />

diesem Zustand tritt am Endauflager in<br />

Achse 30 nur ein sehr geringes Stützmoment,<br />

in Feldmitte jedoch ein großes<br />

Feldmoment auf, das vom vorhandenen<br />

Überbau nicht aufgenommen werden<br />

könnte. Es ist daher zwingend erforderlich,<br />

das 70-m-Feld in diesem Zustand zu<br />

unterstützen. Hierfür ist ein 50 m hoher<br />

Hilfspfeiler vorgesehen, der nicht nur


8 Westlicher Überbau: Rückbauzustände bis zur Achse 35<br />

© Büchting + Streit AG<br />

für den Rückbau des Bestandsüberbaus<br />

eingerichtet, sondern auch für die Herstellung<br />

des neuen Überbaus im Taktschiebeverfahren<br />

verwendet wird. Seine<br />

Anordnung erfolgt entsprechend dem<br />

Ausschreibungsentwurf in der Mitte des<br />

70-m-Feldes.<br />

Der Hilfspfeiler wurde vor Beginn des<br />

Abbruches aktiviert. Dadurch wurden der<br />

vorhandene Durchhang des Überbaus<br />

in Feldmitte um 40 mm verringert und<br />

die Stützmomente in den Achsen 30 und<br />

40 deutlich reduziert: In den gerissenen<br />

Verankerungsbereichen der Zulagespannglieder<br />

konnte nun eine ausreichende<br />

Tragfähigkeit nachgewiesen<br />

werden. Das ist erforderlich, da der<br />

Überbau während des Rückbaus zum<br />

Abtransport des Abbruchgutes von<br />

Lkws befahren wird.<br />

Zur Verbesserung des Bauablaufs wurde<br />

der Hilfspfeiler seitlich neben dem Überbau<br />

hergestellt und anschließend quer<br />

unter den Überbau geschoben. Nach<br />

Abbruch und Neubau des westlichen<br />

Überbaus wird er für den Rückbau und<br />

Neubau in Querrichtung unter den<br />

östlichen Überbau verschoben.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Seine Breite muss jener der Bestandspfeiler<br />

entsprechen, damit das VSG neben<br />

ihm Platz findet. Auf dem Hilfspfeiler<br />

lassen sich die Pressen also nicht unter<br />

den Stegen des vorhandenen Überbaus<br />

anordnen. Der neue Hilfspfeiler steht<br />

zudem nicht an der gleichen Position<br />

wie jener bei der Errichtung der Brücke,<br />

wo bereits ein massiver Querträger im<br />

Überbau existiert. Zur Einleitung der<br />

Auflagerkräfte in die Stege ist in der<br />

Achse 35 daher ein neuer Hilfsquerträger<br />

im Überbau erforderlich, der als massive,<br />

vorgespannte Konstruktion ausgeführt<br />

wird.<br />

In der Mitte des 70-m-Feldes treten<br />

infolge der Unterstützungskraft des<br />

Hilfsträgers Querkraftbeanspruchungen<br />

des Überbaus auf, für welche die vorhandene<br />

Bewehrung nicht ausreichend ist.<br />

Zur Aufnahme der Querkräfte musste<br />

der Überbau deshalb durch vertikale<br />

vorgespannte Bewehrung verstärkt<br />

werden. Dazu wurden an der Ober- und<br />

Unterseite der Stege Doppel-U-Profile<br />

als Jochträger angeordnet, an denen<br />

vertikale Stabspannglieder verankert<br />

sind, die durch Kernbohrungen in der<br />

Fahrbahnplatte und in der Bodenplatte<br />

geführt werden.<br />

9 Abbruchkante im Rückbauzustand 3<br />

© Büchting + Streit AG<br />

4.2 Rückbauzustände<br />

Im ersten Abschnitt wird der Überbau<br />

bis zur Koppelfuge bei Achse 20 zurückgebaut<br />

und das Feld 2 bis 4,00 m vor die<br />

Koppelfuge bei Achse 30 abgebrochen.<br />

Durch die verlängerte Auskragung des<br />

Überbaus wird der Erhalt eines Mindeststützmomentes<br />

bei Achse 30 sichergestellt,<br />

da das Feldmoment im Feld 3.1<br />

bereits kurz hinter der Achse 30 stark<br />

zunimmt. Bei zu starker Reduktion des<br />

Stützmomentes würden im stützennahen<br />

Bereich nördlich der Achse 30 positive<br />

Momente auftreten. Aufgrund der im<br />

Endzustand unter Verkehr negativen<br />

Momente liegen die Spannglieder in<br />

diesem Bereich jedoch im oberen Teil<br />

des Querschnitts, so dass keine ausreichende<br />

Tragsicherheit nachweisbar<br />

wäre.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

93


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

5 Interaktion von VSG und Überbau<br />

5.1 Allgemeines<br />

Während des Rückbaus wird der auskragende<br />

Teil des Überbaus durch die<br />

Querträger des VSGs unterstützt. Infolge<br />

des Rückbaus und der hierdurch stetig<br />

abnehmenden Last ändert sich die<br />

Belastung des VSGs allerdings ständig. In<br />

der Folge treten Interaktionen zwischen<br />

Überbau und VSG auf, welche hinsichtlich<br />

der Beanspruchungen des Überbaus<br />

maßgebend sein können. In der statischen<br />

Berechnung wurde daher der<br />

Rückbau mit allen Zwischenzuständen<br />

simuliert.<br />

Nachfolgend werden verschiedene<br />

Aspekte und Randbedingungen des<br />

Rückbaus betrachtet.<br />

5.2 Rückbau der Auskragung<br />

Zu Beginn des Abbruchs werden zunächst<br />

alle Unterstützungsquerträger<br />

mit geringem Druck aktiviert. Beim<br />

Rückbau bis zur Achse n geht das Stützmoment<br />

in dieser Achse auf null zurück:<br />

Ohne die vorherige Aktivierung würde<br />

in ihrer Nähe bereits so ein großes Feldmoment<br />

auftreten, dass die Tragfähigkeit<br />

des Überbaus nicht mehr nachgewiesen<br />

werden könnte. Die Unterstützung des<br />

Überbaus wurde so gewählt, dass der<br />

Überbau nicht aus den Lagern gehoben<br />

wird.<br />

94 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

10 Unterstützung des Überbaus durch das VSG<br />

© Büchting + Streit AG<br />

5.3 Umlagerung der Auflagerlast<br />

Bevor der Stützquerträger zurückgebaut<br />

wird, werden die Pressendrücke vergrößert,<br />

um die Auflagerkraft des Überbaus<br />

bei der Achse n zu reduzieren. Hierdurch<br />

wird eine schlagartige Lastumlagerung<br />

in das VSG verhindert.<br />

Hinsichtlich der erforderlichen Pressenkräfte<br />

ist zu beachten, dass sich die<br />

Auflagerkraft am Endauflager (Achse n)<br />

des nicht unterstützen Systems aus einem<br />

Anteil aus Eigengewicht und einem Anteil<br />

aus Vorspannung zusammensetzt: Beide<br />

werden mit dem Deaktivieren des Auflagers<br />

in das VSG umgelagert. Die<br />

Resultierende der Pressenkräfte liegt<br />

im Feldbereich des abzubrechenden<br />

Feldes und hat somit einen geringeren<br />

Abstand zur Achse n+1 als die ursprüngliche<br />

Auflagerkraft in Achse n. Bei der<br />

Berechnung zeigt sich, dass das statisch<br />

unbestimmte Moment infolge Vorspannung<br />

bei der Achse n+1 unter Berücksichtigung<br />

der vorhandenen Steifigkeiten des<br />

Überbaus und des VSGs jedoch nahezu<br />

konstant bleibt. Aufgrund des konstanten<br />

Momentes und des geringeren Abstands<br />

zwischen der Achse n+1 und der Resultierenden<br />

der Unterstützungen ist die<br />

erforderliche Unterstützungskraft größer<br />

als die ursprüngliche Auflagerkraft in<br />

Achse n.<br />

11 Biegelinien bei Deaktivierung des Lagers in Achse n<br />

© Büchting + Streit AG<br />

5.4 Berücksichtigung der Verformungen<br />

Nach dem Rückbau des Überbaus bis zur<br />

Achse n sowie dem Rückbau des Stützquerträgers<br />

und der Lager kragt der<br />

Überbau um eine Feldlänge aus, wobei<br />

er durch das VSG unterstützt wird, das im<br />

Gegensatz zum Überbau als Einfeldträger<br />

wirkt. Infolge der unterschiedlichen<br />

statischen Systeme ergeben sich für den<br />

Überbau und das VSG unterschiedliche<br />

Biegelinien, die bei Annahme von starr<br />

an das VSG angeschlossenen Unterstützungsquerträgern<br />

dazu führen, dass<br />

nahezu die gesamte Unterstützungskraft<br />

durch die am nächsten zur Abbruchkante<br />

liegenden Unterstützungsquerträger<br />

aufgenommen wird und sich die übrigen<br />

der Last entziehen.<br />

Dies ist hinsichtlich der lokalen Lasteinleitung<br />

in den Überbau sehr problematisch.<br />

Beim Rückbau werden die für<br />

seine Unterstützung aktivierten Hydraulikpressen<br />

daher hydraulisch kommunizierend<br />

in einen Ölkreislauf geschaltet.<br />

Hierdurch wird sichergestellt, dass alle<br />

aktiven Unterstützungsquerträger des<br />

VSGs die gleiche Last erhalten.


5.5 Beanspruchung des Überbaus<br />

Aufgrund der geringen Bewehrung der<br />

Fahrbahnplatte kann im Bruchzustand<br />

nur ein sehr kleines negatives Moment<br />

im Feldbereich aufgenommen werden.<br />

Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist daher<br />

die Beanspruchung des Überbaus durch<br />

negative Biegemomente im Feldbereich:<br />

Die Unterstützung durch das VSG muss so<br />

erfolgen, dass die negative Momentenbeanspruchung<br />

möglichst gering bleibt.<br />

Würden alle Unterstützungsquerträger<br />

aktiviert werden, so würde zwar eine<br />

nahezu kontinuierliche Unterstützung<br />

des Überbaus vorliegen. Da das Eigengewicht<br />

des Überbaus jedoch ungleich<br />

über die Länge verteilt ist (Anvoutungen<br />

der Stege zur Stützenachse, Gewicht des<br />

Stützquerträgers), treten in diesem Fall<br />

im Feldbereich negative Biegemomente<br />

auf. Wesentlich günstigere Beanspruchungen<br />

ergeben sich, wenn die Unterstützung<br />

nur durch wenige Querträger<br />

in der Nähe der Abbruchkante erfolgt.<br />

Zusätzlich zur ungleichen Verteilung<br />

des Eigengewichts entstehen negative<br />

Biegemomente durch die Auskragung<br />

des Überbaus über den letzten aktiven<br />

Unterstützungsquerträger. Die Auskragung<br />

ergibt sich zwangsläufig, wenn<br />

der vorderste Unterstützungsquerträger<br />

abgesenkt wird und die Abbruchbühne<br />

weiter unter den Überbau gefahren wird.<br />

Würde die Unterstützung durch alle Querträger<br />

erfolgen, so würden die einzelnen<br />

Kräfte relativ klein bleiben, das Kragmoment<br />

aber bis zu dem am weitesten<br />

von der Abbruchkante entfernten Unterstützungsquerträger<br />

ansteigen. Bei einer<br />

Unterstützung durch wenige Querträger<br />

in der Nähe der Abbruchkante werden<br />

zwar größere Pressenkräfte erreicht, die<br />

negativen Biegemomente im Überbau<br />

bleiben jedoch deutlich geringer.<br />

Durch die geeignete Wahl der Aktivierungszeitpunkte<br />

der einzelnen Unterstützungsquerträger<br />

wird das negative<br />

Biegemoment im Überbau so weit<br />

reduziert, dass die rechnerische Biegezugspannung<br />

im Querschnitt deutlich<br />

unterhalb der rechnerischen Zugfestigkeit<br />

des Betons bleibt. Im Bruchzustand<br />

kann das negative Biegemoment mit<br />

ausreichender Sicherheit durch die<br />

vorhandene Bewehrung in der Fahrbahnplatte<br />

aufgenommen werden.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

12 Qualitative Verformungen während des Rückbaus<br />

© Büchting + Streit AG<br />

5.6 Grenzwertbetrachtungen<br />

Zur Festlegung der Kraft, mit welcher<br />

der Überbau während des Rückbaus<br />

unterstützt wird, wird im Folgenden eine<br />

Grenzwertbetrachtung angestellt.<br />

Zunächst wird eine sehr große resultierende<br />

Pressenkraft zur Unterstützung des<br />

Überbaus betrachtet. Bei einer zu starken<br />

Unterstützung wird das Stützmoment an<br />

der Achse n+1 klein, das Feldmoment im<br />

angrenzenden Feld nimmt entsprechend<br />

zu. In diesem Fall treten im angrenzenden<br />

Feld bereits in geringem Abstand von der<br />

Pfeilerachse n+1 große positive Biegemomente<br />

auf, die vom Querschnitt<br />

nicht aufgenommen werden können, da<br />

die Spannglieder noch zu weit an der<br />

Querschnittsoberseite liegen. Um die<br />

Tragfähigkeit im angrenzenden Feld<br />

sicherzustellen, ist während des gesamten<br />

Rückbaus ein Mindeststützmoment an<br />

der Achse n+1 einzuhalten. Anhand des<br />

Mindeststützmomentes lässt sich ein<br />

oberer Grenzwert für die resultierende<br />

Unterstützungskraft ableiten.<br />

In einer entgegengesetzten Grenzwertbetrachtung<br />

wird eine sehr geringe<br />

resultierende Unterstützungskraft angenommen.<br />

Die zu geringen Unterstützungskräfte<br />

haben zur Folge, dass nicht<br />

das gesamte Eigengewicht des Überbaus<br />

im VSG liegt. Es bleibt somit eine Resttragwirkung<br />

des Überbaus erhalten.<br />

Aus dem Eigengewicht des Überbaus<br />

resultieren in dem Fall eine negative<br />

Momentenbeanspruchung im abzubrechenden<br />

Feld und ein größeres<br />

Stützmoment bei der Achse n+1. Im<br />

Stützbereich kann wegen der hier oben<br />

liegenden Spannglieder ein sehr großes<br />

negatives Moment aufgenommen werden.<br />

In den Feldbereichen führt ein zu großes<br />

negatives Moment jedoch zu starker<br />

Rissbildung und ist durch die vorhandene<br />

Bewehrung nicht aufzunehmen. Aus<br />

dieser Grenzwertbetrachtung lässt sich<br />

ein unterer Grenzwert für die resultierende<br />

Unterstützungskraft ableiten.<br />

Während des gesamten Rückbaus ist<br />

sicherzustellen, dass die tatsächliche<br />

Unterstützung des Überbaus zwischen<br />

beiden Grenzwerten liegt. Die Pressenkräfte<br />

verändern sich jedoch während<br />

des Rückbaus allein infolge der sich<br />

ändernden Belastung aus Eigengewicht.<br />

Immer wenn die Abbruchkante einen<br />

Unterstützungsquerträger erreicht, muss<br />

dieser abgesenkt werden, damit die<br />

Abbruchbühne weiter unter den Überbau<br />

fahren kann. Nach dem Absenken dieses<br />

Querträgers kragt der Überbau über den<br />

letzten aktiven Unterstützungsquerträger<br />

aus. Die Pressenkräfte wurden so<br />

gewählt, dass sich der Überbau in einem<br />

solchen Zustand leicht nach unten<br />

verformt. Durch den weiteren Rückbau<br />

bis zum nächsten Unterstützungsquerträger<br />

wird das System entlastet. Infolge<br />

der Rückfederung des VSGs wird der<br />

Überbau nach oben gedrückt, so dass<br />

sich eine leichte Verformung nach oben<br />

einstellt.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

95


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

13 Rückbauphase im August 2011<br />

© Büchting + Streit AG<br />

Da sich die Verformung des Überbaus<br />

und des VSGs sowie die Pressenkräfte<br />

während des Rückbaus permanent<br />

ändern, müssen die Pressenkräfte immer<br />

so eingestellt werden, dass die resultierende<br />

Unterstützungskraft auch bei<br />

Änderungen infolge des fortschreitenden<br />

Abbruches innerhalb der vorher definierten<br />

Grenzwerte bleibt. Um die Einhaltung<br />

der optimalen Pressenkräfte sicherzustellen,<br />

werden die Pressendrücke<br />

während des Rückbaus eines Feldes<br />

regelmäßig mit den rechnerischen<br />

Sollwerten verglichen und angepasst.<br />

Die Verformungsdifferenzen zwischen<br />

Überbau und VSG werden dabei von<br />

den Pressen unter den Querträgerpaaren<br />

ausgeglichen. Die Hydraulikpressen unter<br />

den Querträgern des VSGs müssen dabei<br />

unter Last Verformungsdifferenzen von<br />

ca. 6 cm ausgleichen.<br />

Neben dem hier beschriebenen komplexen<br />

Steuersystem für die Vertikalkräfte<br />

ist auch der Interaktion innerhalb des<br />

bei jedem Rückbauzustand wechselnden<br />

Systems aus Überbau, VSG und Pfeilern<br />

hinsichtlich der Horizontalkräfte Rechnung<br />

zu tragen. Hierbei sind die beim<br />

Rückbau freiwerdenden, eingefrorenen<br />

Vorverformungen und Kräfte infolge von<br />

Überbauverkürzung und Lagerreibung<br />

zu berücksichtigen.<br />

96 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

6 Fazit<br />

Unter Beachtung der beschriebenen<br />

statischen Aspekte wurde der Rückbau<br />

der Döllbachtalbrücke geplant. Inzwischen<br />

ist mehr als die Hälfte des westlichen<br />

Überbaus abgebrochen worden.<br />

Der Rückbau erfordert eine detaillierte<br />

Planung und eine enge Abstimmung<br />

zwischen der Baustelle und den Planern.<br />

Die Umsetzung des erläuterten Konzeptes<br />

stellt außerdem hohe Anforderungen<br />

an die Steuerung der Hydraulik, da nach<br />

dem Abbruch von jeweils maximal 3,50 m<br />

des Überbaus die vorhandenen Pressenkräfte<br />

kontrolliert und Aktivierungen<br />

bzw. Deaktivierungen von einzelnen<br />

Querträgerpaaren durchgeführt werden<br />

müssen. Die auf der Baustelle beobachteten<br />

Pressenkräfte stimmen insgesamt<br />

gut mit den in der Arbeitsanweisung<br />

angegebenen Sollwerten überein.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen,<br />

dass der Rückbau einer Talbrücke dieser<br />

Größenordnung eine anspruchsvolle<br />

Aufgabe sowohl hinsichtlich der Planung<br />

als auch der Umsetzung auf der Baustelle<br />

bedeutet.<br />

Autoren:<br />

Dr.-Ing. Jan Lingemann<br />

Dipl.-Ing. Stephan Sonnabend<br />

Büchting + Streit AG,<br />

München<br />

Literatur<br />

[1] Amt für Straßen- und Verkehrswesen Fulda:<br />

Baubeschreibung. Abbruch und Neubau der<br />

Döllbachtalbrücke. Fulda 2009.<br />

[2] Wittfoht, H.: Brückenbauer aus Leidenschaft.<br />

Düsseldorf 2005.<br />

[3] Wittfoht, H.: Autobahnbrücke über das Döllbachtal<br />

im Zuge der Rhönlinie; in: Beton- und Stahlbetonbau,<br />

Band 64, 1969, Heft 2, S. 25 –31.<br />

Bauherr<br />

Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement,<br />

Amt für Straßen- und Verkehrswesen, Fulda<br />

Tragwerksplanung<br />

Büchting + Streit AG, München (Rückbau und Neubau)<br />

Saul Ingenieure GmbH, Braunschweig (Vorschubgerüst)<br />

Prüfingenieur<br />

Dr.-Ing. Tilmann Zichner, Frankfurt am Main<br />

Bauausführung<br />

Arbeitsgemeinschaft Döllbachtalbrücke<br />

Adam Hörnig GmbH & Co. KG, Aschaffenburg<br />

(Technische Geschäftsführung)<br />

Stutz GmbH, Kirchheim-Kemmerode<br />

(Kaufmännische Geschäftsführung)<br />

Ausführung Vorschubgerüst<br />

ThyssenKrupp Bauservice GmbH,<br />

RöRo Traggerüstsysteme, Wuppertal


SEIT 50 JAHREN KOMPETENZ<br />

IM BRÜCKENBAU UND INGENIEURBAU<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Wir verstehen uns als qualitätsbewussten Dienstleister für technisch anspruchsvollste Aufgaben bei der Planung,<br />

bautechnischen Prüfung und Begutachtung von Bauwerken des konstruktiven Ingenieurbaus. Unsere Stärke sehen<br />

wir in der interdisziplinären Betrachtung bei materialgerechter Kombination von Baustoffen und Bauverfahren<br />

sowie konsequenter Verfolgung der Boden-Bauwerk-Interaktion. Unser Erfolg beruht auf technisch fundierten,<br />

innovativen Lösungsansätzen kombiniert mit jahrzehntelanger Erfahrung. Ganzheitliche Ansätze im Hinblick auf<br />

Ressourcen schonende Lösungen sind für uns als Ingenieure mit Verantwortung eine Selbstverständlichkeit,<br />

ebenso die individuelle Betreuung jeder einzelnen Aufgabe.<br />

Döllbachtalbrücke,<br />

BAB A7, Abbruch und Neubau<br />

Die Scherkondetalbrücke, NBS Erfurt - Leipzig/Halle<br />

Sondervorschlag und Ausführungsplanung<br />

Neubau der Kauppentalbrücke, BAB A3<br />

Bautechnische Prüfung<br />

NACHHALTIGKEIT IST ÜBERLEBENSWICHTIG<br />

WIR STELLEN UNS DER VERANTWORTUNG<br />

B+S SPENDET MINDESTENS 1% SEINES UM-<br />

SATZES FÜR DIE ERHALTUNG DER UMWELT<br />

Neubau EÜ Massetal,<br />

NBS Erfurt - Ebensfeld<br />

Bautechnische Prüfung<br />

Tunnel Deschlberg, Ortsumfahrung Furth im Wald<br />

Bautechnische Prüfung<br />

2. Strelasundquerung<br />

Sondervorschlag und Ausführungsplanung Vorlandbrücken<br />

BÜCHTING + STREIT AG<br />

GUNZENLEHSTRASSE 22<br />

80689 MÜNCHEN<br />

TELEFON 089 / 54 61 50 - 0<br />

TELEFAX 089 / 54 61 50 - 10<br />

info@Buechting-Streit.de<br />

www.Buechting-Streit.de<br />

VORSTÄNDE:<br />

DR.-ING. WALTER STREIT (VORS.)<br />

PRÜFINGENIEUR FÜR STANDSICHERHEIT<br />

Ö.B.U.V. SACHVERSTÄNDIGER<br />

DR.-ING. REINHARD MANG<br />

PRÜFINGENIEUR FÜR STANDSICHERHEIT<br />

MIT NIEDERLASSUNG FRIEDBERG<br />

DIPL.-ING. STEPHAN SONNABEND<br />

DR.-ING. ANDREAS JÄHRING<br />

PROF. DR.-ING. MARTIN MENSINGER<br />

PRÜFINGENIEUR FÜR STANDSICHERHEIT<br />

PROF. DR.-ING. OLIVER FISCHER<br />

PRÜFINGENIEUR FÜR STANDSICHERHEIT<br />

VORSITZENDER DES AUFSICHTSRATS:<br />

DIPL.-ING. FRANK BÜCHTING<br />

Saale-Elster-Talbrücke, NBS Erfurt - Leipzig/Halle<br />

Bautechnische Prüfung<br />

Flughafen BBI<br />

Ausführungsplanung Rohbau Tunnel und Bahnhof sowie<br />

Bautechnische Prüfung Parkhäuser Terminalnahes Parken<br />

> BERATUNG > BAUWERKSUNTERSUCHUNG > BAULEITUNG<br />

> TRAGWERKSPLANUNG > SICHERHEITSANALYSEN > AUSSCHREIBUNG<br />

> OBJEKTPLANUNG > GUTACHTEN > ENTWICKLUNG<br />

> BAUTECHN. PRÜFUNG > INSTANDSETZUNG > SCHWERTRANSPORTE<br />

> BAUÜBERWACHUNG > ERTÜCHTIGUNG > WETTBEWERBE<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

97


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Neue Werkzeuge für die Bauplanung und -abwicklung<br />

Forschungsverbund »Digitale Baustelle«<br />

von Dieter Stumpf<br />

Das Bauwesen unterliegt heute<br />

enormen Anforderungen. Immer<br />

komplexere Bauvorhaben müssen<br />

in immer kürzerer Zeit realisiert<br />

werden, gleichzeitig erzeugt der<br />

starke Wettbewerb in der Branche<br />

einen deutlichen Kostendruck.<br />

Diesen Anforderungen wird die<br />

deutsche Bauindustrie nur durch<br />

eine Steigerung bei der Planung<br />

und Abwicklung von Projekten<br />

begegnen können. Im Augenblick<br />

lässt sich jedoch eher konstatieren,<br />

dass die im Bauwesen erreichte<br />

Prozessqualität, vor allem hinsichtlich<br />

Termintreue und Kostensicherheit,<br />

deutlich hinter der anderer<br />

Branchen zurückbleibt. Genau aus<br />

dem Grund wurde der Forschungsverbund<br />

»Digitale Baustelle« oder<br />

ForBAU initiiert.<br />

1 Geschichte des Bauens<br />

Wir bauen, seit es uns Menschen gibt,<br />

und streben stetig nach einer Verbesserung<br />

unserer Baukünste.<br />

Fortschritte wurden vor allem bei den<br />

verwendeten Baustoffen und Bauverfahren<br />

erzielt, so dass es möglich wurde,<br />

immer kompliziertere Bauwerke zu<br />

erschaffen. Je größer diese wurden, desto<br />

größer wurden auch die zu bewegenden<br />

Massen. Dazu entwickelte der Mensch<br />

Maschinen. Die Erfindung der Dampfmaschine<br />

bedingte ein neues Antriebskonzept,<br />

so dass es Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

den ersten Bagger gab.<br />

Als in den 1980er Jahren Computer<br />

zunehmend erschwinglich wurden, zog<br />

die Informationstechnik in die Bauindustrie<br />

ein. CAD-Programme ersetzten nun<br />

Reißbretter und initiierten damit eine<br />

große Veränderung. Wesentlicher Antrieb<br />

und Grund für den Erfolg der Computereinführung<br />

ist die Steigerung der Effizienz<br />

in den verschiedensten Arbeitsabläufen.<br />

98 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Dies beginnt bei vereinfachter Kommunikation<br />

via E-Mail, reicht weiter über<br />

das präzise Erstellen von Konstruktionszeichnungen<br />

mittels CAD-Programmen<br />

und geht bis hin zur Simulation komplexer<br />

physikalischer Vorgänge.<br />

So, wie die Einführung von CAD-Systemen<br />

ein Evolutionsschritt für die Planung war,<br />

war es die Verfügbarkeit von Mobiltelefonen<br />

für die Bauausführung in den<br />

1990er Jahren. Die mobile Kommunikation<br />

machte viele Wege überflüssig.<br />

2 Aktuelle Situation der Bauindustrie<br />

Doch trotz aller Innovationen kämpft<br />

die Bauindustrie immer noch mit den<br />

gleichen Problemen wie in der Vergangenheit:<br />

Verspätungen bei der Fertigstellung,<br />

Kostenüberschreitungen,<br />

mangelnde Abstimmung zwischen den<br />

Partnern und unzureichende Qualität.<br />

Hinzu kommt eine Reihe neuer Anforderungen,<br />

die auch über die reine Herstellung<br />

hinaus einen Bezug zum Bauwerk<br />

bzw. seinem Nutzen haben: Nachhaltigkeit,<br />

Energieeffizienz oder Lebenszyklusbetrachtungen.<br />

3 Forschungsverbund ForBAU<br />

3.1 Ausgangpunkt und Ziel<br />

Um die alten Probleme zu lösen bzw.<br />

neue Anforderungen erfüllen zu können,<br />

reicht es daher nicht mehr, nur die Bautechniken,<br />

die Baumaschinen oder die<br />

Baustoffe zu verbessern: Der Schlüssel<br />

zum Erfolg liegt in der Optimierung der<br />

Planungs- und Bauprozesse.<br />

3.2 Teilnehmer und Inhalt<br />

Im interdisziplinären Forschungsverbund<br />

ForBAU haben sich Experten aus dem<br />

Bau- und Maschinenbauwesen sowie der<br />

Betriebswirtschaft zusammengefunden,<br />

um gemeinsam der Frage nachzugehen,<br />

wie sich unter den schwierigen Randbedingungen<br />

der Bauindustrie digitale<br />

Methoden und Werkzeuge so einsetzen<br />

lassen, dass Effizienz- und Qualitätssteigerungen<br />

sowohl in der Planung als<br />

auch in der Ausführung erreicht werden<br />

können. Exemplarisch konzentrierte sich<br />

der Forschungsverbund auf die Planung<br />

und Ausführung von Verkehrsinfrastrukturprojekten.<br />

Die Forscher folgten<br />

dabei der Vision der »Digitalen Baustelle«,<br />

einem virtuellen Abbild der realen Bau-<br />

stelle im Computer, das neben dem zu<br />

errichtenden Bauwerk vor allem Informationen<br />

zu den verschiedensten Prozessen<br />

der Bauausführung, der Logistik, des<br />

Betreibens, des Unterhalts, zum Einfluss<br />

auf Umwelt und Umgebung, zur weiteren<br />

Wirtschaftlichkeit durch Umbau und seiner<br />

endgültigen Entsorgung beinhaltet.<br />

Ziel und Inhalt von ForBAU war es,<br />

einen Einblick zu geben in die Problemstellungen<br />

heutiger Projekte im Bereich<br />

des Infrastrukturbaus aus Sicht der<br />

Beteiligten, das heißt der öffentlichen<br />

Auftraggeber, der Planer und der Bauunternehmen.<br />

Gleichzeitig entwirft es<br />

eine Vision, wie Bauen im 21. Jahrhundert<br />

weiterentwickelt werden kann. Nachzulesen<br />

ist das unter anderem auf einer<br />

öffentlich zugänglichen Internetseite<br />

(www.fml.mw.tum.de/forbau), auf der<br />

auch alle Teilnehmer, wie zum Beispiel<br />

SSF Ingenieure AG, und die Initiatoren<br />

namentlich aufgezählt sind.<br />

4 Lösung aktueller Probleme<br />

4.1 Digitale und reale Baustelle<br />

Die digitale Baustelle ist ein virtuelles<br />

Abbild der realen Baustelle. Sie beinhaltet<br />

hochwertige 3-D-Planungsdaten und<br />

ermöglicht, den Bauablauf zunächst<br />

detailliert zu konzipieren, virtuell zu<br />

testen und später das tatsächliche<br />

Baugeschehen zu überwachen.<br />

4.2 Dreidimensionale Modellierung<br />

Mit der Verfügbarkeit der ersten<br />

CAD-Programme zu Beginn der 1980er<br />

Jahre wurden zunehmend Computer<br />

eingesetzt, um 2-D-Pläne digital zu<br />

erstellen. Zwar konnten damit Effizienz<br />

und Präzision bei der Anfertigung von<br />

Konstruktionszeichnungen erhöht<br />

werden, große Teile des Potentials der<br />

Nutzung von Computern für die Planung<br />

blieben jedoch ungenutzt. Schnell<br />

etablierte sich daher die Vision einer<br />

digitalen, dreidimensionalen Modellierung<br />

von Produkten und Bauwerken. Im<br />

Maschinenwesen ist eine wesentliche<br />

Antriebsfeder dabei, dass diese Modelle<br />

zur Steuerung von Fertigungsmaschinen<br />

direkt übergeben werden können: die<br />

CAD-CAM-Anbindung.


Die endgültige Etablierung der 3-D-Modellierung<br />

im Bauwesen wird aber unter<br />

anderem dadurch behindert, dass nach<br />

wie vor 2-D-Pläne zwischen den verschiedenen<br />

an Planung und Ausführung<br />

Beteiligten ausgetauscht werden. Dies<br />

liegt zum einen an der nötigen Rechtsverbindlichkeit,<br />

die mit papierenen Dokumenten<br />

deutlich einfacher herzustellen<br />

ist als mit digitalen Modellen, und zum<br />

anderen daran, dass die Arbeitskräfte<br />

auf der Baustelle einen robusten und<br />

faltbaren Plan für die Ausführung<br />

benötigen.<br />

Der Schlüssel zu einer praxistauglichen<br />

Lösung liegt daher in der Ableitbarkeit<br />

von normengerechten Plänen auf<br />

Basis eines vollständigen, integrierten<br />

3-D-Modells des gesamten Bauvorhabens.<br />

4.3 Zentrale Datenverwaltung<br />

Wesentliche Grundlage für die sinnvolle<br />

Nutzung der großen Menge an digitalen<br />

Informationen, die eine digitale Baustelle<br />

umfasst, ist daher ein geeignetes<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Datenmanagement. Im Maschinen- und<br />

Anlagenbau werden für diese Aufgabe<br />

sogenannte Produktdatenmanagement-,<br />

kurz PDM-Systeme eingesetzt. Sie ermöglichen<br />

eine strukturierte Verwaltung aller<br />

Informationen über ein Produkt von der<br />

frühen Planungsphase bis zum Ende<br />

des Lebenszyklus. Eine offene Frage ist<br />

beispielsweise, wer als Besitzer bzw.<br />

Verwalter eines solchen Datenmanagementsystems<br />

fungiert: das Planungsbüro,<br />

die ausführende Firma, der Bauherr<br />

oder ein dezidierter Datenmanagement-<br />

Dienstleister? Eng verbunden mit dem<br />

Problem der Datenhaltung ist der<br />

Umstand, dass momentan eine vollständige<br />

Transparenz von keinem der an<br />

der Planung und Ausführung Beteiligten<br />

gewünscht wird. Ein Grund hierfür liegt in<br />

der derzeit geübten Praxis des Nachtragsmanagements,<br />

das wesentlich auf dem<br />

Zurückhalten von Informationen beruht.<br />

Eine zentrale Verwaltung der Bauprojektdaten<br />

erschwert derartige Praktiken und<br />

wird deshalb nicht bei allen Beteiligten<br />

auf Zuspruch stoßen: Ganzheitlich<br />

betrachtet, ebnet dieses Vorgehen<br />

jedoch einen Weg zu mehr Fairness und<br />

partnerschaftlicher Zusammenarbeit.<br />

4.4 Prozesssimulation<br />

Bei der Planung von Produktionsstätten<br />

im Maschinenwesen werden heute<br />

digitale Werkzeuge zur Prozesssimulation<br />

eingesetzt. Damit können unter dem<br />

Stichwort der »Virtuellen Inbetriebnahme«<br />

Engpässe im Prozessablauf sowie<br />

gegebenenfalls vorhandene Überkapazitäten<br />

bereits vorab erkannt und behoben<br />

werden. Auch zur Betrachtung von Abläufen<br />

auf einer Baustelle ist der Einsatz<br />

von digitalen Prozesssimulationen<br />

wünschenswert. Ein wesentlicher Unterschied<br />

ist jedoch, dass die stationäre<br />

Industrie mit einem festgelegten Produktionslayout<br />

mehrere 1.000–100.000<br />

Exemplare eines Produkts anfertigt,<br />

während eine Baustelle in der Regel nur<br />

zur Produktion genau eines »Stücks«<br />

eingerichtet wird (Unikatfertigung).<br />

Brückenbau auf höchstem Niveau:<br />

Frankfurt Airport mit neuen Flugverbindungen.<br />

© Bilder: Fraport AG, Frankfurt/Main (oben),<br />

Ingenieurbüro Dr. Binnewies, Hamburg.<br />

Forden Sie den<br />

aktuellen Projektbericht<br />

kostenlos an – Anruf<br />

oder E-Mail genügt!<br />

Die fünf hoch komplexen Rollbahnbrücken auf dem Gelände des<br />

Frankfurter Flughafens sind eine Weltneuheit im Infrastrukturbau und<br />

erfordern umfassendes Know-how der Ingenieure. Eine vollkommen<br />

neue Softwareversion von PONTI betonverbund aus dem Hause RIB<br />

unterstützt Planung und Ausführung in höchster Qualität.<br />

Mehr zu Lösungen für den Brückenbau und die Tragwerksplanung<br />

unter: www.rib-software.com/tragwerksplanung, E-Mail: tragwerksplanung@rib-software.com,<br />

Telefon: +49 711 7873-157.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

99


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

100 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Funktionsprinzip der digitalen Baustelle<br />

© ediundsepp Gestaltungsgesellschaft<br />

Das bedeutet, dass der Aufwand zur<br />

Erstellung einer Simulation viel stärker<br />

mit einem möglichen Produktivitätsgewinn<br />

abgewogen werden muss. Eine<br />

weitere Herausforderung besteht darin,<br />

dass Bauprozesse hinsichtlich ihrer<br />

zeitlichen Reihenfolge viel flexibler<br />

gestaltet sein müssen als jene der<br />

stationären Industrie. Während beispielsweise<br />

in der Fahrzeugindustrie viele<br />

Arbeitsschritte am Fließband ausgeführt<br />

werden und damit streng getaktet sind,<br />

entscheiden Arbeiter am Bau in einem<br />

bestimmten Rahmen weitgehend spontan,<br />

welche der geplanten Arbeitsschritte<br />

sie als nächste in Angriff<br />

nehmen.<br />

4.5 Logistik<br />

Die pünktliche Lieferung von Materialien<br />

und Bauteilen sowie deren sinnvolle<br />

Lagerung sind wesentliche Voraussetzungen<br />

für das reibungslose Funktionieren<br />

einer Baustelle. Die Einbindung<br />

logistischer Prozesse muss daher ein<br />

fester Bestandteil der digitalen Baustelle<br />

sein. In den vergangenen Jahrzehnten<br />

ist der Kostendruck in der Bauindustrie<br />

durch die schwierigen konjunkturellen<br />

Bedingungen immer weiter gestiegen.<br />

Vor diesem Hintergrund ist die Baulogistik<br />

zunehmend in das Interessenfeld<br />

der Bauwirtschaft gerückt. Es wurde<br />

erkannt, dass in der Optimierung der<br />

Logistikprozesse gewaltige Einsparpotentiale<br />

liegen. Durch eine langfristige<br />

Lieferantenbindung ist es möglich,<br />

Logistikkonzepte auch über das eigene<br />

Unternehmen hinaus zu verbessern. Zur<br />

Umsetzung solcher Konzepte bedarf es<br />

aber genauer Informationen und sicherer<br />

Prozesse, auf Baustellen sind jedoch<br />

sowohl Prozesse als auch das Informationsmanagement<br />

wenig standardisiert.<br />

Der Unikatscharakter von Bauprojekten<br />

und die starke Fragmentierung der<br />

Bauindustrie sind sicherlich zwei Gründe<br />

dafür, wenngleich kein Hindernis für<br />

eine Verbesserung. Ziel der Forschungsarbeiten<br />

im Bereich der Logistik war es,<br />

den Mehrwert, den die digitale Baustelle<br />

birgt, für die reale Baustelle nutzbar zu<br />

machen. Zur Steuerung und Kontrolle<br />

einer Baustelle werden Logistikdaten<br />

benötigt. Um sie nun während der Bauausführung<br />

schnell und sicher erfassen<br />

zu können, kommen Identifikationstechnologien<br />

zum Einsatz: eine wesentliche<br />

Komponente der digitalen Baustelle.<br />

Eine Identifikationstechnologie mit<br />

großem Potential ist hier RFID, die<br />

Radio-Frequency Identification.<br />

5 Ausblick<br />

Die vier unter 4.2 bis 4.5 beschriebenen<br />

Teilbereiche bilden die Basis der digitalen<br />

Baustelle. Um die auf ihrer Grundlage<br />

entwickelten Methoden und Verfahren<br />

in der Praxis zu etablieren, bedarf es<br />

der Zusammenarbeit aller beteiligten<br />

Akteure. Diese Kooperation setzt die<br />

Erkenntnis voraus, dass Effizienzsteigerungen<br />

notwendig sind. Die Beteiligten<br />

müssen bereit sein, die technischen<br />

Möglichkeiten zu nutzen und damit<br />

gewohnte Arbeitsweisen zu verändern,<br />

sowie den Willen zeigen, partnerschaftlich<br />

zu agieren. Der wirtschaftliche<br />

Mehrwert, der sich bei der konsequenten<br />

Realisierung der digitalen Baustelle<br />

ergibt, wird von Kennern der Branche auf<br />

20–30 % der Auftragssumme beziffert:<br />

Zahlen, die veranschaulichen, welches<br />

Potential im Konzept der digitalen<br />

Baustelle verborgen liegt.<br />

6 Fazit<br />

Fazit eines Teilnehmers am Forschungsverbund,<br />

eines begeisterten Bauingenieurs:<br />

Neben dem unter »Ausblick«<br />

beschriebenen wirtschaftlichen Vorteil,<br />

den der Verfasser dieses Beitrags zwar<br />

nicht exakt in Zahlen nachweisen, aber<br />

aus 40-jähriger Praxis am Bau ohne<br />

Probleme nachempfinden kann, wird<br />

der Einsatz längst zeitgemäßer Techniken<br />

unseren Beruf und unsere Berufung als<br />

Bauingenieur endlich wieder attraktiv<br />

für unseren intelligenten weiblichen<br />

und männlichen Ingenieur-Nachwuchs<br />

machen (und ihn damit vor dem Aussterben<br />

retten).<br />

Autor:<br />

Dipl.-Ing. Dieter Stumpf<br />

SSF Ingenieure AG,<br />

München


BRÜCKENBAU<br />

<strong>Construction</strong> & Engineering<br />

ISSN 1867-643X<br />

... ist die jüngste Baufach<strong>zeitschrift</strong> der<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN.<br />

Das gesamte Spektrum des Brückenbaus<br />

thematisierend, erscheint sie<br />

seit 2009 viermal pro Jahr.<br />

Lassen Sie sich überraschen von<br />

dieser qualitätvollen Publikation,<br />

die einzigartig ist – und die bisher<br />

noch bestehende Lücke im deutsch-<br />

sprachigen Fach<strong>zeitschrift</strong>enangebot<br />

schließen wird.<br />

Weitere geplante Heftthemen sind<br />

zum Beispiel Autobahnbrücken und<br />

Geh- und Radwegbrücken.<br />

Zögern Sie also nicht und bestellen<br />

Sie ein Probeabonnement zum<br />

Einführungspreis.<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611/98 12 920<br />

Fax: 0611/80 12 52<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.mixedmedia-konzepts.de<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Ja, ich nehme das Angebot an und bestelle ein Probeabonnement:<br />

drei Ausgaben der Zeitschrift BRÜCKENBAU zum Preis von<br />

e 42,00 inkl. Porto und MwSt.<br />

Firma/Büro<br />

Name/Vorname<br />

Straße/Hausnummer<br />

Postleitzahl/Stadt<br />

E-Mail/Telefon<br />

Datum Unterschrift<br />

Wenn Sie den BRÜCKENBAU nach Ablauf des Probeabonnements nicht weiterbeziehen<br />

möchten, genügt eine formlose schriftliche Mitteilung an den Verlag innerhalb von<br />

14 Tagen nach Erhalt der letzten Ausgabe. Andernfalls erhalten Sie diese Zeitschrift<br />

weiter zum günstigen Abonnementpreis bis auf Widerruf. Bezugsbedingungen und<br />

Abonnementpreis sind verbindlich im Impressum jeder Ausgabe aufgeführt.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

101


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

Einsatzmöglichkeiten und Leistungsmerkmale<br />

Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern<br />

von Hermann Weiher, Simon Hoffmann<br />

Ultrahochfester Beton kann für<br />

vorwiegend druckbelastete Bauteile<br />

korrosionsempfindlichen, schweren,<br />

aufwendig zu bearbeitenden Stahl<br />

ersetzen. Im Ingenieurbau bietet<br />

sich seine Verwendung bei der<br />

konzentrierten Lastein- oder<br />

-weiterleitung enormer Kräfte an,<br />

wie etwa bei Spanngliedern oder<br />

Brückenlagern. Bei Zuggliedverankerungen<br />

werden sehr hohe Kräfte<br />

über eine kleine Fläche (Ankerkopf)<br />

in das »schwache« Bauwerk<br />

eingeleitet, was bis dato gewöhnlich<br />

mit massiven Stahlplatten<br />

oder Gussverankerungen und<br />

Umschnürungsbewehrung erfolgt.<br />

Bei der »Hybridanker«-Technologie<br />

ersetzt ultrahochfester Beton mit<br />

Ringumschnürung aus Stahl oder<br />

Carbon diese reinen Stahlteile.<br />

Bei Brückenlagern, bei denen sich<br />

das gesamte Brückengewicht<br />

mit Verkehr über wenige kleine<br />

»Punkte« auf Pfeiler und Widerlager<br />

abstützt, bietet sich das Kalottenlager<br />

für den Einsatz von ultrahochfestem<br />

Beton an. Die Kalotte ist<br />

durch ihre konvexe Form einer<br />

mehraxialen Druckbeanspruchung<br />

ausgesetzt. Das konkave Gegenstück<br />

kann durch eine Hybrid-<br />

verankerung für ballige Veran-<br />

kerungen, wie Kugelbundmuttern,<br />

mit Umschnürung ausgebildet<br />

werden.<br />

102 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

1 Werkstoff für hochbelastete<br />

Produkte<br />

Ultrahochfester Beton, gegebenenfalls<br />

faserbewehrt, weist mechanische<br />

Eigenschaften auf, die weit über das<br />

Spektrum der üblichen Betone, zum<br />

Beispiel C30/37 nach DIN 1045, hinausgehen.<br />

Insbesondere sind die Festigkeiten<br />

um ein Vielfaches höher und<br />

erreichen zumindest bei der Druckfestigkeit<br />

die Eigenschaften von schwerem und<br />

teurem elastischem Stahl, zum Beispiel<br />

S235JR nach EN 10025-2. Natürlich<br />

können nicht alle Kennwerte von Stahl<br />

wie etwa Zugfestigkeit, E-Modul oder<br />

zeitabhängiges Verhalten erzielt werden.<br />

Nichtsdestotrotz bieten sich Einsatzmöglichkeiten<br />

für den hochfesten Beton bei<br />

vorwiegend druckbeanspruchten<br />

Bauteilen an.<br />

Ein wesentlicher Vorteil des ultrahochfesten<br />

Betons ist die sehr freie Formgebung,<br />

die im Gegensatz zu Stahlguss<br />

schon bei geringen Stückzahlen oder<br />

großer Produktdiversifizierung äußerst<br />

wirtschaftlich sein kann.<br />

Im Bauwesen gibt es einige gute<br />

Verwendungsmöglichkeiten, die folgende<br />

Voraussetzungen erfüllen:<br />

– vorwiegend beansprucht auf Druck,<br />

– komplexe Geometrie,<br />

– große Produktdiversifizierung<br />

(viele unterschiedliche Größen),<br />

– nennenswerte Gesamtstückzahlen,<br />

– Mindestgröße.<br />

Dies trifft beispielsweise auf folgende<br />

Produkte zu:<br />

– Ankerbereiche von Spannverfahren,<br />

Verpressankern und Seilen,<br />

– Brückenlager.<br />

1 2 Hybridankerplatten für Spannstahlstäbe mit Kugelbundmutter<br />

und für Lochscheiben bzw. gerade Muttern<br />

© matrics engineering GmbH<br />

2 Ankerbereiche<br />

2.1 Hybridverankerung<br />

Hybridankerplatten sind Fertigbauteile<br />

mit einer Füllung aus ultrahochfestem<br />

Beton und einer Umschnürung aus<br />

Stahl oder Faserverbundwerkstoffen.<br />

Als vorgefertigte externe Ankerzone<br />

ersetzen sie in hochbelasteten Lasteinleitungsabschnitten<br />

bisher verwendete<br />

Stahlplatten oder ganze Ankerbereiche<br />

inklusive Stahlgussankerkörper und<br />

Umschnürungsbewehrung. Je nach<br />

Anwendung können zahlreiche Vorteile<br />

wie Gewichtsersparnis, erhöhter<br />

Korrosionsschutz, kostenneutrale Zusatzleistungen<br />

sowie reduzierte Auflagerfläche,<br />

Achs- und Randabstände realisiert<br />

werden. [1]<br />

Durch die Entwicklungsarbeit bei hochfesten<br />

Betonen in den letzten Jahren<br />

ist es mit geeigneter Nachbehandlung<br />

technisch und wirtschaftlich möglich,<br />

Betondruckfestigkeiten über 200 N/mm²<br />

zuverlässig zu erlangen. Neben der<br />

hohen Druckfestigkeit zeichnet sich<br />

UHPC durch ein vergleichsweise geringes<br />

spezifisches Gewicht, flexible Formbarkeit<br />

und hervorragende Langzeiteigenschaften<br />

hinsichtlich Korrosion und Ermüdung<br />

aus.


In Spannverfahren und Geotechnik leiten<br />

hochfeste Stahlzugglieder in Form von<br />

Drähten, Litzen und Stäben große Lasten<br />

in das Bauwerk bzw. den Untergrund ein.<br />

Die Wirkungsweise des Hybridankers<br />

nutzt die hohe Druckfestigkeit des UHPC<br />

in Verbindung mit der Zugfestigkeit des<br />

umschnürenden Ringmaterials optimal<br />

aus. Hybridankerplatten bilden einen<br />

eigenen externen und vorgefertigten<br />

Lasteinleitungsbereich aus, der die<br />

Verankerungskomponente (Mutter,<br />

Lochscheibe, Grundkörper) direkt oder<br />

über zwischengeschaltete Unterlegscheiben<br />

zur Lastverteilung aufnimmt.<br />

Das Wirkprinzip ist dabei für alle Varianten<br />

gleich: Über das Verankerungselement<br />

wird die Kraft auf den UHPC übertragen,<br />

der über Druck die Last nach außen<br />

ausbreitet. Die entstehenden Spaltzugkräfte<br />

werden durch elastische Dehnung,<br />

gegebenenfalls Mikrorissbildung im<br />

UHPC und die damit verbundene Ausdehnung<br />

in tangentialer Richtung auf<br />

den umschnürenden Ring (Stahl, Faserverbundwerkstoff)<br />

übertragen. In<br />

vertikaler Richtung erfolgt der Lastabtrag<br />

über UHPC und Zugring in den Untergrund.<br />

Durch den mehraxialen Spannungszustand<br />

aus der Lasteinleitung und dem<br />

umschnürenden Ring kann die Festigkeit<br />

des UHPC noch einmal deutlich im Vergleich<br />

zur einaxialen Druckfestigkeit<br />

erhöht werden. Der umschnürende Ring<br />

und der im Vergleich zu konventionellen<br />

Stahlplatten erhöhte Aufbau bedingen<br />

eine höhere Steifigkeit und ermöglichen<br />

so geringe Auflagerflächen der Hybridankerplatte.<br />

Alternativ lassen sich durch<br />

die große Steifigkeit bei flächengleicher<br />

Auflagerung kleinere Achs- und Randabstände<br />

als bei der Verwendung einer<br />

Stahlplatte erzielen, zum Beispiel für den<br />

Einsatz bei Verstärkungsmaßnahmen im<br />

Brückenbau oder für Daueranker.<br />

Bei einbetonierten Verankerungen kann<br />

der Umschnürungsring auch durch herkömmliche<br />

Spaltzugbewehrung (Wendel,<br />

Bügel) ersetzt werden.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

3 4 5 Externer bzw. nachträglich aufgesetzter Hybridanker mit Carbonumschnürung<br />

in geneigter Ausführung für Gewindestäbe und<br />

Ausführung mit geradem Ankerkopf für externes Drahtspannverfahren<br />

© matrics engineering GmbH<br />

2.2 Vorgefertigte, aufgesetzte Platte<br />

2.2.1 Einsatzvarianten und<br />

Leistungsmerkmale<br />

Hybridankerplatten mit integrierter<br />

Ringumschnürung bieten sich besonders<br />

als vorgefertigte, nachträglich aufgesetzte<br />

Ankerzone an bei<br />

– externen Spanngliedern bei<br />

Verstärkungen auf Altbeton,<br />

– Verpressankern mit Auflagerung auf<br />

Beton ohne Zusatzbewehrung.<br />

Hierbei wird aufgrund eines vereinfachten<br />

Bauablaufs oder einer vereinfachten<br />

Konstruktion gänzlich auf Umschnürungsbewehrung<br />

wie Wendel oder Bügel<br />

verzichtet.<br />

Spannverfahren Suspa-Draht EX für externe Vorspannung nach<br />

DIN-Fachbericht 102<br />

Spannstahl Drähte mit d = 7 mm und Festigkeit St 1470/1670<br />

Spanngliedgröße EX-66 (66 Drähte)<br />

Nennbruchkraft Fpk 4.244 kN<br />

Maximale Vorspannkraft P0,max 3.144 kN<br />

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 40 MPa<br />

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) keine<br />

Durchmesser der Aussparung bzw. Kernbohrung ≤ 200 mm<br />

Durchmesser der Hybridankerplatte 495 mm<br />

Achsabstand a x /a y<br />

Randabstand r x /r y<br />

540 mm<br />

290 mm<br />

6 Technische Daten: Ankerzone Draht EX 66 auf Altbeton 40 MPa<br />

© matrics engineering GmbH<br />

2.2.2 Externes Spannverfahren mit<br />

Verankerung auf Altbeton<br />

Bei der Verankerung von externen<br />

Spanngliedern werden der Achs- und<br />

Randabstand minimiert und ist eine<br />

relativ massive und steife Ankerplatte<br />

erforderlich.<br />

Für ein in Deutschland gängiges Spannverfahren<br />

ergeben sich auf Basis von<br />

ETAG 013 die nachfolgend angeführten<br />

Randbedingungen. Die Hybridankerlösung<br />

kann für alle in Deutschland<br />

zugelassenen externen Litzenspannverfahren<br />

verwendet werden.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

103


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

2.2.3 Verpressanker ohne<br />

Zusatzbewehrung<br />

Bei Verpressankern hingegen werden<br />

aufgrund ausreichend großer Ankerabstände<br />

die Plattenabmessungen<br />

minimiert. Für in Deutschland gängige<br />

Stabspannverfahren ergeben sich auf<br />

Basis von ETAG 013 die nebenstehend<br />

angeführten Randbedingungen. Die<br />

Hybridankerlösung kann ebenfalls für<br />

die in Deutschland zugelassenen Litzenankersysteme<br />

verwendet werden.<br />

104 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

8<br />

9<br />

10 Betonankerkörper (intern mit Umschnürungsbewehrung), Draufsicht im<br />

einbetonierten Zustand und Muster für 19-Litzen-Spannglied<br />

© matrics engineering GmbH<br />

2.3 Einbetonierter Ankerkörper<br />

2.3.1 Einsatzvarianten und<br />

Leistungsmerkmale<br />

Bei einbetonierten Betonankerkörpern<br />

ersetzt man den umschnürenden Ring<br />

durch Wendel oder Bügelbewehrung<br />

(Zusatzbewehrung). Ihre Anwendung<br />

bietet sich vor allem bei variierenden<br />

Aussparungsöffnungen und zum Ersatz<br />

massiver Stahlplatten oder unflexibler<br />

Gusskörper an:<br />

– Spannglieder (intern, extern) im<br />

Neubau,<br />

– Verpressanker.<br />

Spannverfahren SAH- bzw. DSI-Stabspannverfahren<br />

Spannstahl Stäbe mit Festigkeit St 950/1050<br />

Spanngliedgröße 32 mm 36 mm 40 mm<br />

Nennbruchkraft F pk 844 kN 1.069 kN 1.319 kN<br />

Maximale Vorspannkraft P 0,max 676 kN 856 kN 1.056 kN<br />

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 25 MPa<br />

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) Keine<br />

Durchmesser der Aussparung bzw. Bohrung ≤ 80 mm ≤ 80 mm ≤ 100 mm<br />

Durchmesser der Hybridankerplatte 168 mm 191 mm 216 mm<br />

Achsabstand a x /a y 340 mm 380 mm 430 mm<br />

Randabstand r x /r y 190 mm 210 mm 235 mm<br />

7 Technische Daten: Ankerzone Stab WR auf unbewehrtem Beton 25 MPa<br />

© matrics engineering GmbH<br />

2.3.2 Spannverfahren<br />

Für ein in Deutschland gängiges<br />

Spannverfahren ergeben sich auf Basis<br />

von ETAG 013 die nachfolgend ange-<br />

11 Technische Daten: Ankerzone BBV L19 auf Beton 33 MPa<br />

© matrics engineering GmbH<br />

führten Randbedingungen. Die Betonankerkörperlösung<br />

kann natürlich für alle<br />

weiteren in Deutschland zugelassenen<br />

Spannverfahren verwendet werden.<br />

Spannverfahren BBV Litzenspannverfahren<br />

Spannstahl Litzen 0,62’’ mit Festigkeit St 1660/1860<br />

Spanngliedgröße L19 (19 Litzen)<br />

Nennbruchkraft Fpk 5.301 kN<br />

Maximale Vorspannkraft P0,max 4.104 kN<br />

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 33 MPa<br />

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) BSt 500 S<br />

Durchmesser von Trompete bzw. Hüllrohr ≤ 163 mm bzw. 110 mm<br />

Durchmesser der Betonankerkörper 310 mm<br />

Achsabstand a x /a y<br />

Randabstand r x /r y<br />

440 mm<br />

240 mm


2.3.3 Verpressanker mit<br />

Zusatzbewehrung<br />

Für ein in Deutschland gängiges Ankerkopfsystem<br />

ergeben sich auf Basis von<br />

ETAG 013 die nebenstehend angeführten<br />

Randbedingungen. Die Betonankerkörperlösung<br />

kann natürlich für alle<br />

weiteren in Deutschland zugelassenen<br />

Spannverfahren verwendet werden.<br />

2.4 Qualität und Dauerhaftigkeit<br />

Für nationale und europäische Zulassungen<br />

von Spannverfahren werden<br />

experimentelle Prüfungen nach der<br />

europäischen Prüfrichtlinie für die<br />

Zulassung von Spannverfahren ETAG 013<br />

zugrunde gelegt. Die darin enthaltenen<br />

Kriterien sollen auch für Spannverfahren<br />

mit Verankerungen aus ultrahochfestem<br />

Beton angewendet werden.<br />

Die wesentlichen Untersuchungen sind:<br />

– Nachweis der Lastübertragung auf das<br />

Tragwerk durch Druckschwellversuch,<br />

– Nachweis der statischen Tragfähigkeit<br />

durch statischen Zugversuch mit<br />

Standzeit,<br />

– Nachweis der Ermüdungstragfähigkeit<br />

durch dynamischen Zugversuch mit<br />

zwei Millionen Zyklen.<br />

Da die Verankerungen aus ultrahochfestem<br />

Beton bei den genannten Prüfungen<br />

nicht bis zum Bruch belastet werden,<br />

werden ferner statische Kapazitätsdruckprüfungen<br />

auf Stahluntergrund mit<br />

Hüllrohröffnung durchgeführt.<br />

Im Gegensatz zu Stahl ist Beton ein<br />

Material mit zeitabhängigen mechanischen<br />

Eigenschaften. Zur Berücksichtigung<br />

dieser Tatsache werden die Prüfungen<br />

mit einer im Vergleich zum<br />

späteren Einsatz reduzierten Druckfestigkeit<br />

vorgenommen, wobei im Unterschied<br />

zu Normalbeton die Abminderung<br />

der Druckfestigkeit bei Dauerlast durch<br />

das dichte Gefüge und das reduzierte<br />

Kriechen geringer ist.<br />

Dynamische Beanspruchungen der<br />

Verankerungen von Spanngliedern<br />

beeinträchtigen nicht die Tragfähigkeit<br />

von Hybridankerplatten. Im Rahmen<br />

einer experimentellen Untersuchung am<br />

Materialprüfungsamt der Technischen<br />

Universität München wurde die Kapazität<br />

von zwei identischen Körpern geprüft,<br />

von denen nur einer vorab mit zwei<br />

Millionen Lastzyklen bei einer Schwingbreite<br />

von 100 MPa, bezogen auf das<br />

Zugglied, beaufschlagt wurde.<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Spannverfahren Bauer Ankerkopf<br />

Spannstahl Litzen 0,60 ’’ mit Festigkeit St 1570/1770<br />

Spanngliedgröße 11 x 0,60 ’’ (11 Litzen)<br />

Nennbruchkraft Fpk 2.726 kN<br />

Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 25 MPa<br />

Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) BSt 500 S<br />

Durchmesser des Bohrlochs ≤ 200 mm<br />

Durchmesser des Betonankerkörpers 300 mm<br />

Achsabstand a x/a y<br />

Randabstand r x/r y<br />

12 Technische Daten: Ankerzone Bauer 11 x 0,60 ’’ auf Beton 25 MPa<br />

© matrics engineering GmbH<br />

Im Rahmen der für Spannverfahren<br />

üblichen Beanspruchungsdauer und<br />

Intensität ist bei Beachtung der Konstruktionsgrundsätze<br />

mit keiner Abnahme<br />

der Tragfähigkeit im Laufe der Nutzungs-<br />

13<br />

14 Ermüdungsversuch und Kapazitätsversuch<br />

© matrics engineering GmbH<br />

400 mm<br />

220 mm<br />

15 Last-Verformungs-Diagramm: Kapazitätsversuch mit Hybridanker<br />

© matrics engineering GmbH<br />

dauer zu rechnen. Es ist durch die Nacherhärtung<br />

des ultrahochfesten Betons<br />

eher von einer höheren Kapazität<br />

auszugehen.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

105


19<br />

<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

16 17<br />

Derzeit gibt es ein Spannverfahren mit<br />

europäischer technischer Zulassung (ETA),<br />

bei dem bereits der Werkstoff UHPC in<br />

Kombination mit einem Stahlgussteil als<br />

einbetonierter Ankerkörper mit Zusatzbewehrung<br />

(Wendel, Bügel) verwendet<br />

wird. Obwohl der Einsatz eines solchen<br />

Spannverfahrens in Deutschland aktuell<br />

nicht bauaufsichtlich zugelassen ist,<br />

so kann man doch davon ausgehen, dass<br />

sich die wesentlichen Anforderungen<br />

aus ETAG 013 bei diesem Bauprodukt<br />

erfüllen und die positiven mechanischen<br />

Eigenschaften des UHPC bei einem<br />

ähnlichen Produkt bestätigen lassen.<br />

2.5 Ersteinsatz für Litzenanker<br />

Das Drempelbauwerk der Schleuse<br />

Iffezheim bei Baden-Baden wies im<br />

Revisionszustand eine stark wasserführende<br />

Fuge mit teils abgerissenen<br />

Bewehrungsstäben auf, und das Wasserund<br />

Schifffahrtsamt Freiburg plante<br />

gemeinsam mit der Bundesanstalt für<br />

Wasserbau Karlsruhe (Prüfingenieur:<br />

106 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

18 Ankerkörper mit Stahlgusselement und UHPC-Verguss nach ETA 06/0006<br />

© Aus [3]<br />

20 Schleusendrempel mit Litzenanker und Schleuse Iffezheim<br />

© matrics engineering GmbH<br />

Dr. I. Retzepis, Karlsruhe) eine Verstärkung<br />

zur Sicherstellung der Tragsicherheit<br />

mit insgesamt 14 Dauerlitzenankern<br />

des Typs Suspa-Kompaktanker mit sechs<br />

Litzen (0,62 ’’, St1660/1860). [4]<br />

Aufgrund der beengten Verhältnisse im<br />

Kontrollgang wurde auf die im Vergleich<br />

zur herkömmlichen Stahllösung leichte<br />

und kompakte Hybridankerlösung<br />

zurückgegriffen, die zudem wesentliche<br />

Vorteile im Korrosionsschutz aufweist,<br />

wobei eine vollflächige Auflagerung<br />

auf unbewehrtem Altbeton mit einem<br />

maximalen Lochdurchmesser von<br />

150 mm erfolgte.<br />

Für den Anschluss des Dauerankers an<br />

den Ankerkopf wurde ein PE-Rohr statt<br />

eines, wie bei Stahlplatten üblich, Stahlrohres<br />

gewählt. Lediglich der Stahlring ist<br />

durch Feuerverzinken und Beschichtung<br />

vor Korrosion zu schützen. Für die aufgesetzten<br />

Verankerungskomponenten<br />

bzw., sofern vorgesehen, für installierte<br />

Kraftmessdosen wurden passgenaue<br />

Zentriernuten geschalt. Der Nachweis<br />

der Eignung erfolgte im Einzelfall<br />

experimentell für den Hybridanker selbst<br />

und für das darunterliegende Bauwerk<br />

nach der europäischen Prüfrichtlinie<br />

für die Zulassung von Spannverfahren<br />

ETAG 013 auf einem Betonprisma mit<br />

passender Aussparung für das Bohrloch.<br />

Die Untersuchungen wurden am<br />

Materialprüfungsamt der Technischen<br />

Universität München durchgeführt.<br />

3 Kalottenlager<br />

3.1 Entwicklung<br />

Bereits in den 1960er Jahren haben<br />

Fritz Leonhardt, Wolfhard Andrä und Willi<br />

Bauer [5] die Grundlagen der modernen<br />

Gleitlager geschaffen, welche noch heute<br />

in vielen Details Gültigkeit besitzen.<br />

So fand schon in diesen Lagern mit<br />

Silikonfett geschmiertes reines PTFE<br />

Anwendung, wie es in aktuellen Normen,<br />

zum Beispiel EN 1337-2 [6], bis dato<br />

geregelt ist.


21 22 23<br />

Es brauchte ungefähr 50 Jahre, um<br />

neue Gleitmaterialien einzuführen und<br />

zu etablieren, wie das in einigen Europäischen<br />

Zulassungen [7] geregelte<br />

UHMWPE (Ultrahochmolekulargewichtiges<br />

Polyethylen). Mit dieser Neuerung wurde<br />

nicht nur ein Anschub im sehr konservativen<br />

Segment der Brückenlager initiiert,<br />

sondern auch weitere Anforderungen<br />

formuliert. Die Leistungsfähigkeit des<br />

Gleitmaterials mit sehr viel höherer<br />

Verschleißfestigkeit und kleineren<br />

Abmessungen stellt zudem die Dauerhaftigkeit<br />

und Leistungsfähigkeit der<br />

anderen Komponenten in Frage. Der<br />

Suche nach neuen leistungsfähigeren<br />

und gegebenenfalls sogar kostengünstigeren<br />

Materialien und konstruktiven<br />

Details wurde damit die Tür geöffnet.<br />

3.2 Konzept<br />

Ausgehend vom Namen ist offensichtlich,<br />

dass eine Hauptkomponente von<br />

Kalottenlagern die Kalotte darstellt.<br />

Sie wird in der Regel aus normalem Baustahl<br />

gefertigt, der mit einer Hartchromschicht<br />

überzogen wird. Bei der Fertigung<br />

solcher Kalotten sind zwei Punkte<br />

auffällig. Zum einen wird für die mechanische<br />

Bearbeitung der Kalotten aus<br />

einem runden Brennzuschnitt ein<br />

erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich<br />

mit einem hohen Anteil an zerspantem<br />

Material, so dass es naheliegend<br />

erscheint, die notwendige Form in<br />

einem Gießverfahren zu erzeugen.<br />

Zum anderen ist der Vorgang des Hartverchromens<br />

sehr zeitintensiv und<br />

fehleranfällig. Poren in der Chromschicht<br />

können erst nach Abschluss des<br />

Vorganges wirksam und sicher durch<br />

einen Ferroxyltest erkannt werden.<br />

Im Vorfeld kaum auszuschließende<br />

Verunreinigungen im Stahl führen dabei<br />

häufig zu gut nachweisbaren Fehlstellen,<br />

die sich nur mit großem Aufwand und<br />

1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

24 Modell Ankerkopf, Vorbereitung für den Einbau, Spannvorgang, eingebauter Ankerkopf ohne Haube<br />

© matrics engineering GmbH/mageba S.A.<br />

oft durch neues Verchromen ausbessern<br />

lassen. Für die Funktionstüchtigkeit des<br />

Lagers bleiben diese Ausbesserungen<br />

ohne Folge, für die Prozessplanung<br />

bedeuten derart schwer kalkulierbare<br />

Nacharbeiten aber eine große Belastung.<br />

Es drängt sich daher auf, Alternativen<br />

zum Gleitpartner Hartchrom zu suchen.<br />

Das hier vorgestellte Konzept greift<br />

beides auf. Wie bereits beschrieben,<br />

bietet UHPC die Möglichkeit, mit geringem<br />

Aufwand weitgehend frei definierte<br />

Formen und Oberflächenstrukturen<br />

oder -güten zu realisieren. Offensichtlich<br />

ist, dass sich Beton nicht zum Hartverchromen<br />

eignet, da er nicht ferritisch<br />

oder elektrisch leitend ist, was eine<br />

Beschichtung notwendig macht. Als<br />

Grundlage der Beschichtung verbleibt<br />

eine ausreichend glatte Betonoberfläche,<br />

die besondere Ansprüche an die<br />

Schalung der Bauteile stellt. Auch gilt es,<br />

die Herausforderungen bei der Beschichtung<br />

von Beton zu beachten. Beides<br />

wurde erfolgreich gelöst, so dass eine<br />

funktionstüchtige und geometrisch sehr<br />

präzise Kalotte aus UHPC gefertigt<br />

werden konnte.<br />

Mit Blick auf Dauerhaftigkeit und weitere<br />

Vorteile wurde abweichend von den<br />

bereits vorgestellten Hybridankern mit<br />

Stahl- oder Kohlefaserring von einer<br />

außenliegenden Umschnürung abgesehen<br />

und angestrebt, lediglich UHPC an<br />

der Außenfläche zuzulassen, um jegliche<br />

Probleme hinsichtlich des Korrosionsverhaltens<br />

der Kalotte auszuklammern.<br />

Ferner erlaubt die unbeschichtete Fläche<br />

außerhalb der Gleitfläche, vor allem an<br />

den gut einzusehenden Seitenflächen<br />

der Kalotte, eine stets komplette und<br />

dauerhafte Überprüfung der Integrität<br />

dieses Bauteils. Selbst kleinste Schäden<br />

werden, wie im gut konstruierten Betonbau<br />

üblich, frühzeitig durch unschädliche<br />

Risse angekündigt.<br />

3.3 Gleitversuche<br />

Eine Grundforderung moderner Gleitlager<br />

ist ein möglichst geringer Reibbeiwert.<br />

Die beschriebene Beschichtung muss<br />

diese Anforderung im selben Maße<br />

erfüllen wie herkömmliche Gleitlager<br />

mit PTFE und solche mit besonderen<br />

Gleitwerkstoffen gegen austenitische<br />

Stahlbleche oder Hartverchromung<br />

als Gleitpartner. Die geringen Reibbeiwerte<br />

wurden in einem genormten<br />

Testprogramm nachgewiesen: In<br />

Anlehnung an die europäische technische<br />

Zulassung für Kalottenlager mit<br />

besonderem Gleitwerkstoff [7] wurde<br />

für die Versuche eine Pressung berücksichtigt,<br />

die der doppelten der für<br />

den Nachweis von PTFE verwendeten<br />

entspricht. Damit bieten sie die Basis,<br />

die geometrischen Vorteile und gegenüber<br />

PTFE verringerten Reibbeiwerte<br />

auch für Lager unter Verwendung von<br />

UHPC auszunutzen.<br />

Im Vorfeld der Versuche wurden zudem<br />

mehrere Schalungsvarianten untersucht<br />

sowie verschiedene Details und Vorgehensweisen<br />

in der Aufbringung der<br />

Beschichtung auf den UHPC.<br />

25<br />

26 Robo®Slide-Gleitwerkstoff und<br />

beschichtete UHPC-Probe nach Gleitversuch<br />

© mageba S.A.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

107


<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />

3.4 Belastungsversuche<br />

Sämtliche Belastungsversuche erfolgten<br />

am Materialprüfungsamt der Technischen<br />

Universität München, in der Säulendruckprüfmaschinen<br />

mit 5 MN und 10 MN<br />

Maximallast zur Verfügung standen.<br />

Die letzten Versuche einer mehrteiligen<br />

Serie wurden zusätzlich von einem<br />

Spezialisten auf dem Gebiet der Gleitlager<br />

der Materialprüfanstalt Stuttgart<br />

begleitet, um die positiven Ergebnisse<br />

zu bestätigen.<br />

Sämtliche Versuche wurden ausschließlich<br />

mit Kalotten aus UHPC durchgeführt,<br />

während alle anderen tragenden Bauteile<br />

der Lager aus üblichem Stahl der Qualität<br />

S355J2+N gefertigt waren. Die Abmessungen<br />

dieser Stahlbauteile entsprachen<br />

dabei exakt einem regulären Kalottenlager<br />

mit besonderem Gleitwerkstoff<br />

unter maximaler Auslastung und<br />

minimaler Abmessung des Lagers.<br />

Ebenso wurden keine Anpassungen am<br />

Gleitwerkstoff vorgenommen, wenn man<br />

von der Beschichtung des UHPC anstelle<br />

der sonst üblichen Hartverchromung<br />

absieht. Die Kalotte selbst benötigte nur<br />

geringe Anpassungen in der Geometrie,<br />

die im Wesentlichen eine um wenige<br />

Millimeter größere Höhe betrafen.<br />

Es wurden hier umfangreiche Messwerte<br />

am Lager während der gesamten<br />

Belastung aufgenommen sowie weitere<br />

108 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

27 Robo®Slide-Lager mit<br />

UHPC-Kalotte im Versuchsstand<br />

© mageba S.A.<br />

Kennwerte bezüglich des eingesetzten<br />

UHPC bestimmt; die Untersuchungen<br />

umfassten insbesondere:<br />

– Festigkeitsentwicklung des<br />

eingesetzten UHPC,<br />

– Druckfestigkeit des UHPC (maximal<br />

1h vor Beginn des Belastungsversuchs<br />

des Lagers),<br />

– aufgebrachte Last,<br />

– Durchbiegungen an mehreren Stellen<br />

des Lagers,<br />

– Querdehnung der Kalotte,<br />

– Risse inklusive deren Breite, Länge<br />

und Lage.<br />

Einzelne Versuche der Serien wurden auf<br />

verschiedenen Laststufen für mindestens<br />

eine Stunde und mehr unter konstanter<br />

Last gehalten, um die Stabilität des<br />

Systems zu ermitteln. Andere Versuche<br />

wurden auf variierenden Lastniveaus<br />

abgebrochen, um die beschichtete<br />

Gleitfläche der UHPC-Kalotte inspizieren<br />

zu können und deren Integrität und<br />

Gebrauchstauglichkeit zu bestätigen.<br />

3.5 Tragverhalten<br />

Das Tragverhalten der UHPC-Kalotten<br />

und der Einfluss einzelner Parameter<br />

wurden im Detail in mehreren Versuchen<br />

verschiedener Serien analysiert. Am Ende<br />

der Analyse konnte für unterschiedliche<br />

Größen gezielt eine Tragfähigkeit erreicht<br />

werden, welche der theoretischen Trag-<br />

28 Gesamtverformung des Robo®Slide-Kalottenlagers über die gleitwerkstofferreichte Pressung<br />

© mageba S.A.<br />

last des Lagers und des Gleitwerkstoffes<br />

entspricht. Diese Variabilität erlaubt es,<br />

ein gewünschtes Sicherheitsniveau mit<br />

geringer Streuung einzustellen und<br />

gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der<br />

Kalotte zu optimieren. Nachfolgende<br />

Abbildung zeigt eine Last-Verformungs-<br />

Kurve eines der getesteten Lager. Gut<br />

zu erkennen ist, wie das Lager bzw. die<br />

am Ende versagende UHPC-Kalotte<br />

sehr gutmütig die maximale theoretische<br />

Pressung des Gleitwerkstoffes<br />

von 180 N/mm² erreicht. Auch nach<br />

dem Erreichen der Maximallast ist kein<br />

schlagartiges Versagen zu erkennen,<br />

wie es für hochfeste Baustoffe oftmals<br />

zu erwarten ist.<br />

4 Fazit<br />

Ultrahochfester Beton eignet sich für den<br />

dauerhaften Einsatz bei vorwiegend<br />

druckbeanspruchten, hochbelasteten<br />

Bauprodukten wie Spanngliedverankerungen<br />

und Kalottenlagern. Die gewünschten<br />

Eigenschaften können durch<br />

Werksfertigung und kontrollierte Nachbehandlung<br />

sehr zuverlässig erreicht<br />

werden. Umfangreiche Prüfungen auf<br />

Basis der aktuellen europäischen<br />

Prüfrichtlinien bestätigen die Eignung<br />

für den dauerhaften Einsatz in der Praxis<br />

auch bei Ermüdungsbeanspruchung.<br />

Die werksgefertigte Hybridankerlösung<br />

wurde im Juli vergangenen Jahres erstmals<br />

für die Verstärkung eines Schleusendrempels<br />

mit Litzendauerankern in der<br />

Verwaltung des Wasser- und Schifffahrtsamtes<br />

Freiburg erfolgreich eingesetzt.<br />

Autoren:<br />

Dr. Hermann Weiher<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

matrics engineering GmbH,<br />

München<br />

Dr. Simon Hoffmann<br />

Leiter Technik<br />

mageba S.A.,<br />

Bülach, Schweiz<br />

Literatur<br />

[1] Weiher, H.; Hock, S.: Einsatz neuer Materialien<br />

für die Lastverteilung bei Spannverfahren; in:<br />

Schriftenreihe der Österreichischen Vereinigung<br />

für Beton- und Bautechnik. Innsbruck, 2011.<br />

[2] European Organization for Technical Approval<br />

(Hrsg.): Guideline for European technical approval<br />

of post-tensioning kits for prestressing of<br />

structures. Brüssel, 2010.<br />

[3] Service d’études techniques des routes et<br />

autoroutes (Hrsg.): European Technical Approval<br />

No ETA-06/0006, VSL Post-Tensioning System.<br />

Bagneux Cedex, 2006.<br />

[4] Becker, H.; Reschke, T.: Schadensfall Oberhauptdrempel<br />

Iffezheim; in: Tagungsband BAW-Kolloquium<br />

»Instandsetzung von Verkehrswasserwerken«.<br />

Karlsruhe, 2011.<br />

[5] Andrä, W.; Leonhardt, F.: Neue Entwicklungen für<br />

Lager von Bauwerken. Gummi- und Gummitopflager;<br />

in: Bautechnik 39, 1962, Heft 2, S. 37–50.<br />

[6] EN 1337-2:2004: Lager im Bauwesen, Teil 2<br />

Gleitteile.<br />

[7] European Technical Approval ETA-08/0115:<br />

mageba Robo®Slide L2 Kalottenlager. Kalottenlager<br />

mit besonderen Gleitwerkstoffen, erteilt 2008.


1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />

Wohnungsbau<br />

heute – morgen – übermorgen<br />

ist der Leitfaden und Gedanke.<br />

Erstes großes Symposium zum Thema »Wohnungsbau«<br />

der<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />

mit<br />

MixedMedia Konzepts<br />

in<br />

Frankfurt am Main<br />

Metropolen wie Wien, Zürich, Berlin, Frankfurt werden hier von den verantwortlichen<br />

Amtsleitern in ihrem Bemühen, ausreichend bezahlbaren Wohnraum, der auch den<br />

Anforderungen an die neuen »Green-Standards« erfüllt, präsentiert. Dabei werden<br />

vor allem Fragen der Umnutzung, des Rückbaus und der Nachverdichtung<br />

Berücksichtigung � nden.<br />

Bekannte Wohnungsbaugesellschaften und renomierte Architekten erläutern dazu<br />

ihre gerade fertiggestellten bzw. in Planung be� ndlichen Projekte.<br />

Welche Probleme dabei auf die jeweiligen Standorte zukommen, geht aus<br />

einer Studie hervor, die besagt, dass die Bevölkerungszahl in Wien von derzeit<br />

1,70 Millionen Einwohnern auf rund 2,00 Millionen im Jahr 2035, also in gut 15 Jahren,<br />

anwachsen wird.<br />

Zuwanderung, Integration, Quartiersmanagement und das Eingliedern verschiedener<br />

Altersgruppen und Kulturen sind weitere Aspekte, die im Rahmen dieses Symposiums<br />

diskutiert werden.<br />

Wir freuen uns, wenn Sie dabei sein werden.<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 |<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

109


PRODUKTE UND PROJEKTE<br />

Multifunktionale Kalottenlager von Maurer Söhne<br />

Neubau der Talbrücke Randersacker<br />

Die große Herausforderung beim Neubau<br />

der Talbrücke Randersacker waren die<br />

wechselnden Lastzustände über mehrere<br />

Jahre, da die Brücke in Abschnitten<br />

errichtet und ihre Überbauten dann<br />

querverschoben wurden. Bereits 2006<br />

diskutierte Maurer Söhne mit der ausführenden<br />

Firma die Lagercharakteristika:<br />

Die Brücke ist deshalb eine besondere<br />

Ingenieurleistung und ebenso ein<br />

Musterbeispiel an langjähriger und<br />

vorausschauender Zusammenarbeit<br />

verschiedener Partner.<br />

Zum Einsatz kamen MSM-Kalottenlager,<br />

denn nur sie sind in der Lage, die wechselnden<br />

Lastfälle gleichermaßen gut<br />

auszugleichen. Das beginnt schon mit<br />

dem Freivorbau, bei dem sich der Festpunkt<br />

mehrmals ändert, so dass die Lager<br />

arretierbar sein mussten und erst später<br />

freigegeben wurden. Für den Querverschub<br />

waren alle Lager wiederum so<br />

konstruiert, dass sie arretiert werden<br />

konnten, um unter ihnen die (eigentlichen)<br />

Verschublager anzuordnen.<br />

Außerdem hatten hier die Belastungen<br />

während der Arretierungsphase Berücksichtigung<br />

zu finden, und zwar insbesondere<br />

die Horizontalkräfte quer zur<br />

Brückenachse zu Beginn des Verschubs.<br />

Fluchttunnel-Schalung von Paschal<br />

Neuer Hauptbahnhof in Wien<br />

Im Zuge des Großprojekts »Hauptbahnhof<br />

Wien« erhielt der Schalungsspezialist<br />

Paschal aus Steinach einen Zuschlag für<br />

den Bau der Fluchttunnel im Abschnitt<br />

»Lainzer Tunnel«: Geliefert wurden 375 m²<br />

Trapezträger-Rundschalung mit Stahlschalhaut<br />

(TTS), für den Liftschacht<br />

kamen zudem 158 m² Logo-Wand-<br />

Arbeiten am Lichtschacht<br />

© Paschal-Werk G. Maier GmbH<br />

110 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Und: Im Endzustand übertragen die<br />

32 Lager über 1.000.000 kN Auflast aus<br />

Verkehr und dem Eigengewicht der<br />

beiden Überbauten, wobei das größte<br />

von ihnen mit d = 1,50 m 72.000 kN<br />

aufnimmt und die höchsten Horizontalkräfte<br />

in der Festpunktachse mit 5.000 kN<br />

wirken. Dazu kommen bis zu 570 mm<br />

Verschiebung und 5 ‰ Verdrehungen.<br />

Grundsätzlich sind solche Kräfte und<br />

Bewegungen lediglich in Differentialbauweise<br />

zu beherrschen. Der Gleitwerkstoff<br />

MSM in den Kalottenlagern gewährleistet<br />

jedoch, dass sie alle mit maximal 2 %<br />

Reibung sicher und definiert in die Pfeiler<br />

und Widerlager übertragen werden.<br />

Die Lager haben eine Lebensdauer von<br />

50 Jahren und sind generell wartungsfrei.<br />

Darüber hinaus werden die Bauwerksbewegungen<br />

durch innere Messstellen<br />

auf Jahrzehnte überprüft. Falls sich<br />

später also unterschiedliche Setzungen<br />

einstellen sollten, sind die MSM-Kalottenlager<br />

auch so konstruiert, dass sich zum<br />

Höhenausgleich nachträglich Futterplatten<br />

integrieren lassen.<br />

www.maurer-soehne.de<br />

schalung zur Ausführung, da die Innenschale<br />

der Sicherheitstunnel und der<br />

Lichtschacht zusammen hochgezogen<br />

werden mussten. »Die Firma Paschal<br />

konnte uns dafür ein System liefern, das<br />

genau diesen Anforderungen gerecht<br />

wurde«, sagt Albin Matschek, Bauführer<br />

des Projekts. Die drei Schächte mit Höhen<br />

Planung und Lieferung nach Vorgabe<br />

© Paschal-Werk G. Maier GmbH<br />

Einbau eines MSM-Kalottenlagers<br />

© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Arretierung am Widerlager<br />

© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Position nach dem Querverschub<br />

© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

von 45 m, 75 m und 54 m Höhe wurden<br />

von oben nach unten auf einem Durchmesser<br />

von 9 m aufgeweitet, anschließend<br />

erfolgte das Aufsetzen der Rundschalung<br />

in Viertel-Elemente, wobei<br />

einige anspruchsvolle Faktoren eine Rolle<br />

spielten. »Daher mussten wir behutsam<br />

vorgehen. Ausgegossen wurde dann<br />

jeweils komplett«, so Albin Matschek.<br />

Doch nicht nur ein einwandfreies Material<br />

ist verantwortlich für ein gutes Ergebnis,<br />

sondern auch eine perfekte Planung.<br />

Und dafür ist Paschal ebenfalls bekannt:<br />

Gemäß den Berechnungen und zeitlichen<br />

Vorgaben der Verantwortlichen übernahm<br />

Paschal die Kommissionierung<br />

des Materials sowie die Abwicklung des<br />

logistischen Parts, weshalb es keinerlei<br />

Verzögerung auf der Baustelle gab. »Die<br />

Schalung wurde komplett geliefert und<br />

es fehlte nicht einmal eine Schraube«,<br />

zeigt sich Albin Matschek zufrieden.<br />

www.paschal.de


Glänzende »Hülle« von GKD Gebr. Kufferath<br />

Pasarela del Arganzuela in Madrid<br />

Vor zwei Jahren feierte Madrid die Eröffnung<br />

des sogenannten Centro Deportivo<br />

Multifuncional del Manzanares mit der<br />

spektakulären Caja Magica – der jetzt die<br />

250 m lange Arganzuela-Brücke folgte:<br />

ein Überweg für Fußgänger und Radfahrer<br />

und ein weiteres Wahrzeichen für<br />

den Manzanares-Park.<br />

Seinen unverwechselbaren Charakter<br />

bezieht dieses Bauwerk nicht zuletzt<br />

aus der helixartigen Anmutung der<br />

»Außenhaut«, die, von Dominique<br />

Perrault entworfen, aus einem semitransparenten<br />

Gewebe der GKD<br />

Gebr. Kufferath AG und damit der<br />

weltweit führenden Metallweberei<br />

besteht. Das heißt, es kamen insgesamt<br />

ca. 4.500 m² zum Einsatz, die als dreieckige,<br />

individuell geformte Zuschnitte<br />

auf einer Unterkonstruktion montiert<br />

wurden, wobei die vielfach bewährte<br />

Befestigungstechnik mit Augenschrauben<br />

Anwendung fand.<br />

Das gewählte Material vom Typ Escale<br />

trotzt extremen Wetterbedingungen,<br />

dient hier als Hülle, die Sonnen- und<br />

teilweise auch Regenschutz bieten soll,<br />

und ist dennoch durchlässig genug, um<br />

den notwendigen Einfall von Tageslicht<br />

Neuentwicklung von Leipziger Leuchten<br />

Helligkeit im städtischen Raum<br />

Mit der aktuellen Neuentwicklung bietet<br />

Leipziger Leuchten, einer der traditionsreichsten<br />

deutschen Hersteller, eine<br />

dynamisch wirkende und designstarke<br />

Lösung für den städtischen Raum an.<br />

Bestimmendes Merkmal von Pascal ist<br />

der leicht gebogene Vierkantmast aus<br />

einem Edelstahl- oder Aluminiumprofil<br />

mit 6,55 m oder 3,90 m Länge, den es in<br />

einer ein- oder zweiarmigen Version gibt.<br />

Die Abdeckung der energiesparenden<br />

Kompaktleuchtstofflampen besteht aus<br />

schlagfestem, opalem Polycarbonat,<br />

wobei der Lichtaustritt pro Seite über<br />

eine Länge von 1.270 mm (Pascal I) oder<br />

600 mm (Pascal III) erfolgt und für eine<br />

angenehm weiche und blendfreie<br />

»Helligkeit« auf Brücken, Geh- und<br />

Brücke als Wahrzeichen<br />

© GKD Gebr. Kufferath AG/Arteuno Welt SL<br />

und Regen für die unter der Brücke<br />

liegende Landschaft zu gewährleisten.<br />

Darüber hinaus verfügt es über die<br />

werkstoffimmanenten Vorzüge von<br />

Edelstahl und ist daher robust, pflegeleicht<br />

und beständig gegen Witterungsoder<br />

Umwelteinflüsse, ja letztlich sogar<br />

von einer nahezu unbegrenzten Lebensdauer.<br />

www.gkd.de<br />

Radwegen, Plätzen, Boulevards und<br />

Parkanlagen sorgt. Jeder Leuchtenkopf<br />

verfügt über einen Elektroeinsatz mit<br />

eingebautem Vorschaltgerät und einer<br />

Tür zum einfachen Lampenwechsel,<br />

während die Bodenverankerung mittels<br />

einer Flanschplatte realisiert wird, die<br />

sich überpflastern lässt.<br />

www.leipziger-leuchten.com<br />

P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />

Semitransparentes Material<br />

© GKD Gebr. Kufferath AG/Arteuno Welt SL<br />

Mastleuchte (auch) für Brücken<br />

© Leipziger Leuchten GmbH<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

111


SOFT WARE UND IT<br />

Aktuelle Lösungen und Erweiterungen von RIB<br />

Neu- und Nachrechnung von Straßenbrücken<br />

Spannbetonbrücken, die vor 1980 gebaut<br />

wurden, weisen bereits heute erhebliche<br />

Mängel auf, unter anderem wegen der<br />

überproportionalen Zunahme des<br />

Schwerverkehrs, hohen Verschleißes,<br />

Korrosion und Schädigung der Materialien<br />

durch mechanische Beanspruchungen<br />

und Umwelteinflüsse. Bei älteren<br />

Bauwerken wurden zudem Temperatureinwirkungen<br />

nicht berücksichtigt und<br />

generell zu geringe Querkraftbewehrungen<br />

eingelegt sowie bei Koppelfugen<br />

keine Ermüdungsnachweise geführt: alles<br />

in allem Erkenntnisse, die jetzt in einer<br />

mehrstufigen Nachrechnungsrichtlinie<br />

Berücksichtigung finden, die im vergangenen<br />

Jahr veröffentlicht wurde.<br />

Neue Version von mair pro<br />

Controlling mit Vereinfachungen<br />

Das neue Jahr hat kaum begonnen, da<br />

präsentiert das bayerische Unternehmen<br />

mair pro GmbH die neueste Version<br />

seiner Administrationssoftware für<br />

Architekten und Ingenieure: ProjektPro,<br />

deren grundlegende Vorzüge bereits<br />

in Ausgabe 4·2011 des BRÜCKENBAU<br />

beschrieben worden sind. Als vorausschauende<br />

und dynamische Controllinglösung<br />

für Windowsnutzer wie für<br />

Mac-Enthusiasten geeignet, sorgt sie<br />

»überall« für eine gelungene Performance,<br />

wobei ProjektPro ’12 einen Brückenschlag<br />

zwischen hoher Komplexität und komfortabler<br />

Bedienung schafft. Kostenverfolgung<br />

und Kalkulation lassen sich jetzt<br />

also noch präziser auf das einzelne Büro<br />

zuschneiden, was auch die Berücksichtigung<br />

individueller Arbeitszeitmodelle<br />

einschließt. Mit dieser Option bietet<br />

ProjektPro ’12 letztlich ein differenziertes<br />

Werkzeug, um Aufträge und Stundensätze<br />

exakt zu berechnen.<br />

112 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

»Aufgrund der hohen Kundennachfrage<br />

haben wir unser Softwaresystem ›Ponti‹<br />

an die neuen Anforderungen angepasst<br />

und können bereits jetzt für die Stufen 1<br />

und 2 die Restsicherheit und die Restnutzungsdauer<br />

bestimmen«, wie Wilfried<br />

Zmyslony, Geschäftsführer der RIB<br />

Engineering GmbH erklärt. »In verschiedenen<br />

Pilotprojekten hat sich gezeigt,<br />

dass ältere Brücken im Bestand damit<br />

effizient nachgerechnet werden können.<br />

Unser Ziel ist, diese Lösung noch auszubauen<br />

und für eine Schadensanalyse<br />

weiter zu perfektionieren.«<br />

»Dank der vertrauensvollen und engen<br />

Zusammenarbeit mit unseren Kunden,<br />

Partnern und einer genauen Analyse<br />

der veränderten Marktbedingungen<br />

konnten wir mit ProjektPro ’12 abermals<br />

die Usability und den Funktionsumfang<br />

unserer Software verbessern. Die Nutzer<br />

Lösung für alle …<br />

© mair pro GmbH<br />

RIB hat inzwischen nahezu sein gesamtes<br />

Softwareportfolio für die Euronormen<br />

mit den Nationalen Anwendungsdokumenten<br />

(NAD) für Deutschland, Österreich,<br />

Tschechien und Großbritannien<br />

angepasst, denn das neue »Normenpaket«<br />

wird Anfang Juli bauaufsichtlich<br />

eingeführt. Diese Umstellung bedeutet<br />

zwar keinen Paradigmenwechsel, bedingt<br />

aber einige Änderungen gegenüber dem<br />

derzeitigen Normenstand, die sich auf die<br />

Tragwerksplanung teilweise erheblich<br />

auswirken. Beispielsweise können Verformungsberechnungen<br />

im Zustand II die<br />

Wirtschaftlichkeit einer Ingenieurlösung<br />

in Zukunft grundlegend beeinflussen.<br />

www.rib-software.com<br />

profitieren von mehr Effizienz und Ruhe<br />

in ihren Abläufen«, so Harald Mair,<br />

Geschäftsführer von mair pro.<br />

www.projektpro.de<br />

www.mairpro.de


Architekten und Ingenieure lesen die [Umrisse].<br />

Herausgegeben von der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN,<br />

ist die Zeitschrift für Baukultur unabhängig von Verbänden und<br />

anderen Interessenvertretungen.<br />

Jede Ausgabe verfügt über ein bis zwei thematische Schwerpunkte<br />

aus den Bereichen Architektur und Ingenieurbau, wie zum Beispiel<br />

»LeseRäume«, »Sport + Erleben«, »Bauen mit Textilien«, »Ruhender<br />

Verkehr«, »DachLandschaften«, »WeinBauWelten«, »Synagogen«,<br />

»Flughäfen: Neubau und Ausbau«, »Bauen im Gebirge«, »Fassaden«,<br />

»Sicherheitstechnik«, »Innenausbau« und »Befestigungstechnik«<br />

in den beiden vergangenen Jahren.<br />

Detaillierte Produktinformationen, wichtige Branchennachrichten,<br />

ein fundierter Bautechnik-Teil, umfassende Beiträge zum »Bau- und<br />

Immobilienrecht« sowie ein ausgesuchtes »Special«, oft in Kooperation<br />

mit entsprechenden Fachmessen, runden das redaktionelle Profi l<br />

eines jeden Heftes ab.<br />

Wollen Sie ein Probeexemplar bestellen – oder gleich abonnieren?<br />

Das geht am besten und schnellsten unter www.umrisse.de,<br />

denn die [Umrisse] fi ndet man natürlich auch im Internet.<br />

SOFT WARE UND IT<br />

[Umrisse]<br />

Zeitschrift für Baukultur<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

65187 Wiesbaden<br />

Tel.: 0611/84 65 15<br />

Fax: 0611/80 12 52<br />

kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

www.mixedmedia-konzepts.de<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

113


NACHRICHTEN UND TERMINE<br />

Gründer von Obermeyer Planen + Beraten<br />

Leonhard Obermeyer verstorben<br />

Am 28. Dezember 2011 ist Dr.-Ing. h. c.<br />

Leonhard Obermeyer im Alter von 87<br />

Jahren verstorben. 1924 im oberbayerischen<br />

Großmehring geboren, hat er nach<br />

der Lehre zum Maurer, der Ausbildung<br />

zum Bauingenieur und dem anschließenden<br />

Studium des Bauingenieurwesens<br />

an der Technischen Hochschule in<br />

München am 1. Juli 1958 das Ingenieurbüro<br />

Obermeyer in Krailling gegründet,<br />

aus dem später die (jetzige) Firmengruppe<br />

hervorging. Zu seinen wichtigsten<br />

Projekten gehören unter anderem das<br />

Verkehrsbauwerk Karlsplatz-Stachus und<br />

große Teile des U-Bahn-Baus in München,<br />

insgesamt sieben Brücken über die<br />

Donau sowie die Donnersberger Brücke<br />

und die sogenannte Candid-Hangauffahrt<br />

in München.<br />

Zäsur bei der Ingenieurgruppe Bauen<br />

Ältester Büropartner im Ruhestand<br />

Josef Steiner hat zum 31. Dezember 2011<br />

seine aktive Laufbahn als ältester Partner<br />

der Ingenieurgruppe Bauen beendet,<br />

was eine Zäsur in deren Bürogeschichte<br />

markiert. Seit 1968 und damit noch<br />

von den Gründungspartnern Wippel,<br />

Weckesser, Stiglat und Buchholz eingestellt,<br />

war Josef Steiner für die Ingenieurgruppe<br />

Bauen tätig – also insgesamt<br />

43 Jahre. Seine offizielle Verabschiedung<br />

findet dementsprechend auch in einem<br />

angemessenen, feierlichen Rahmen<br />

statt: im Mannheimer Schloss, und zwar<br />

am 16. März.<br />

Umbenennung mit Neuorganisation in Hessen<br />

Verkehrsverwaltung mit zentraler Steuerung<br />

»Die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung<br />

(HSVV) wechselt zum<br />

1. Januar 2012 den Namen und heißt<br />

künftig ›Hessen Mobil – Straßen- und<br />

Verkehrsmanagement‹. Die HSVV steht<br />

seit vielen Jahrzehnten hessenweit für<br />

Qualität und innovative Lösungen in<br />

Planung, Bau und Betrieb von Straßen mit<br />

dem Ziel einer intelligenten Verkehrssteuerung.<br />

Die Organisationsreform stellt<br />

sicher, dass sie ihre Aufgaben auch in<br />

Zukunft in gewohnter Qualität erfüllen<br />

kann und in der Fläche präsent ist«, so<br />

114 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

Bereits Anfang der 1970er Jahre hatte er<br />

die Idee, Gesamtplanungen anzubieten,<br />

also nicht mehr nur Teilleistungen<br />

erbringen, sondern Großprojekte fortan<br />

aus einer Hand und über alle Gewerke<br />

hinweg konzipieren zu wollen: Leitgedanke<br />

und Basis von Obermeyer Planen +<br />

Beraten GmbH, des heutigen Unternehmens<br />

mit 1.300 Mitarbeitern, Stammsitz<br />

in München sowie Niederlassungen und<br />

Tochtergesellschaften in 18 Ländern.<br />

Leonhard Obermeyer sind im Laufe seines<br />

Lebens zahlreiche Würdigungen zuteilgeworden,<br />

wie zum Beispiel die Konrad-<br />

Zuse-Medaille, das Ehrenzeichen des<br />

Vereins Deutscher Ingenieure, die Ehrendoktorwürde<br />

der Universität Leipzig,<br />

eine Honorarprofessur der Technischen<br />

Die Ingenieurgruppe Bauen wurde 1965<br />

von den Partnern Dr.-Ing. Ernst Buchholz,<br />

Dr.-Ing. Klaus Stiglat, Dipl.-Ing. Horst<br />

Weckesser und Dipl.-Ing. Herbert Wippel<br />

in Karlsruhe gegründet. 1978 eröffnete<br />

die erste Niederlassung in Mannheim,<br />

1991 folgte Berlin und 2008 Freiburg,<br />

so dass heute vier Standorte existieren,<br />

an denen ca. 130 Mitarbeiter Projekte<br />

im In- und Ausland planen.<br />

www.ingenieurgruppe-bauen.de<br />

Hessens Verkehrsminister Dieter Posch<br />

anlässlich dieser Umbenennung.<br />

Als »Nachfolgeeinrichtung« der HSVV<br />

plant, baut, unterhält und managt Hessen<br />

Mobil also das gesamte hessische außerörtliche<br />

Straßennetz und ist somit für<br />

insgesamt ca. 17.000 km Verkehrswege<br />

zuständig. Darüber hinaus ist sie (jetzt)<br />

Obere Landesbehörde mit einer Zentralisierung<br />

in Wiesbaden und der Untergliederung<br />

in die vier Abteilungen<br />

Planung, Bau, Betrieb und Verkehr sowie<br />

zwölf weiteren Standorten in Hessen, in<br />

Leonhard Obermeyer<br />

© Obermeyer Planen + Beraten GmbH<br />

Universität Moskau und der Titel eines<br />

Ehrensenators der Technischen Universität<br />

München.<br />

www.opb.de<br />

Josef Steiner<br />

© Ingenieurgruppe Bauen<br />

denen diese Abteilungen durch Dezernate<br />

vertreten sind: Die neue Struktur soll<br />

eine gleichmäßigere Arbeitsauslastung<br />

und damit den Ausgleich schwankender<br />

Bau- und Planungsvolumina, aber auch<br />

kurzfristiger Arbeitsspitzen ermöglichen<br />

sowie die einheitliche Anwendung von<br />

Standards und Vorgaben gewährleisten.<br />

www.mobil.hessen.de


Zweite Veranstaltung in Bad Wörishofen<br />

Internationale Holzbrückentage 2012<br />

Am 19. und 20. April 2012 finden die zweiten Internationalen<br />

Holzbrückentage (IHB 2012) in Bad Wörishofen statt, und zwar<br />

mit folgenden Schwerpunkten, die in jeweils eigenen Vortragsblöcken<br />

thematisiert werden:<br />

– Verkehr von heute auf Brücken von gestern<br />

– Überwachung und Qualitätssicherung<br />

– neue konstruktive und statische Möglichkeiten Media-<br />

– Fahrbahnbeläge und Leiteinrichtungen<br />

– Bau und Entwicklung im Bereich von Grünbrücken<br />

Voraussetzung für dauerhaft gelungene Brückenbauwerke<br />

aus Holz ist bekanntermaßen das optimale Zusammenspiel<br />

von Planung, Durchführung und laufendem Unterhalt.<br />

Materialgerechtes Konstruieren und holzbaugerechte Detailausbildung<br />

sind aber nur mit Fachwissen und den notwendigen<br />

(Detail-)Kenntnissen möglich – die diese zweitägige Veranstaltung<br />

vermittelt: Ausgewiesene Experten aus Wissenschaft<br />

und Praxis referieren hier über die unterschiedlichsten Aspekte<br />

wie Lösungsansätze, diskutieren mit den Teilnehmern im kleinen<br />

wie größeren Kreis und bieten derart einen ebenso kompetenten<br />

wie aktuellen Überblick.<br />

Abgerundet werden die IHB 2012 durch eine begleitende Fachausstellung,<br />

in deren Rahmen sich Produkte und Neuentwicklungen<br />

rund um den Holz<strong>brückenbau</strong> begutachten lassen.<br />

www.forum-holzbau.com<br />

Princeton Bridge of Dreams, Kanada<br />

© Fast + Epp<br />

Symposien<br />

NACHRICHTEN UND TERMINE<br />

MixedMedia<br />

Konzepts<br />

Symposien<br />

Symposien<br />

Symposien<br />

MixedMedia<br />

MixedMedia<br />

Konzepts<br />

MixedMedia<br />

Konzepts<br />

MixedMedia Konzepts<br />

Events<br />

Konzepts<br />

Konzepts<br />

Veranstaltungen<br />

Veranstaltungen Media- Veranstaltungen<br />

Media- planung<br />

Veranstaltungen<br />

Mediaplanung<br />

planung<br />

planung<br />

MixedMedia<br />

MixedMedia MixedMedia<br />

Veranstaltungen der<br />

Veranstaltungen VERLAGSGRUPPE der WIEDERSPAHN<br />

Veranstaltungen der VERLAGSGRUPPE mit Veranstaltungen ihrem Event-Offi der WIEDERSPAHN<br />

ce MixedMedia Konzepts<br />

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit VERLAGSGRUPPE ihrem Event-Offi WIEDERSPAHN<br />

ce MixedMedia Konzepts<br />

mit ihrem Event-Offi ce MixedMedia mit ihrem Event-Offi Konzepts ce MixedMedia Konzepts<br />

<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau<br />

<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau<br />

<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau 1. 2. <strong>12.</strong> Symposium Symposium Wohnungsbau<br />

Flughafenbau Brückenbau<br />

2. Symposium Flughafenbau<br />

2. Symposium Flughafenbau 4. 2. Symposium Sportstättenbau<br />

Flughafenbau<br />

4. (Bauen Symposium für Olympia Sportstättenbau und die WM)<br />

4. Symposium Sportstättenbau (Bauen 4. Symposium für Olympia Sportstättenbau und die WM)<br />

(Bauen für Olympia und die WM) Parkhausbau (Bauen für Olympia als Fachveranstaltung:<br />

und die WM)<br />

Parkhausbau Hier werden Tiefgaragen, als Fachveranstaltung: Parkhäuser sowie<br />

Parkhausbau als Fachveranstaltung: Hier deren Parkhausbau werden Erhaltung Tiefgaragen, als und Fachveranstaltung:<br />

Renovierung Parkhäuser thematisiert. sowie<br />

Hier werden Tiefgaragen, Parkhäuser deren<br />

Weiterhin<br />

Hier werden Erhaltung sowie<br />

werden<br />

Tiefgaragen, und<br />

erörtert:<br />

Renovierung Parkhäuser thematisiert. sowie<br />

deren Erhaltung und Renovierung<br />

Weiterhin Bau<br />

deren<br />

von<br />

thematisiert. Erhaltung<br />

Tank- werden und<br />

und<br />

erörtert: Rastanlagen<br />

Renovierung<br />

einschließlich<br />

thematisiert.<br />

Weiterhin werden erörtert: Bau neuer Weiterhin von Lkw-Rastplätze Tank- werden und erörtert: Rastanlagen mit den erforderlichen einschließlich<br />

Bau von Tank- und Rastanlagen neuer Telematik-Einrichtungen.<br />

Bau einschließlich<br />

von Lkw-Rastplätze Tank- und Rastanlagen mit den erforderlichen einschließlich<br />

neuer Lkw-Rastplätze mit den Telematik-Einrichtungen.<br />

neuer erforderlichen Lkw-Rastplätze mit den erforderlichen<br />

Telematik-Einrichtungen. Telematik-Einrichtungen.<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

Events<br />

Events<br />

Events<br />

Informieren Sie sich doch einfach auf<br />

Informieren unserer Website Sie sich www.mixedmedia-konzepts.de<br />

doch einfach auf<br />

unserer oder, noch Website besser, www.mixedmedia-konzepts.de<br />

rufen Sie uns an.<br />

Informieren Sie sich doch einfach<br />

oder, Wir<br />

Informieren auf<br />

stehen noch besser, unter<br />

Sie sich<br />

06 rufen 11/98<br />

doch<br />

Sie 12<br />

einfach<br />

uns 92-0 an. gerne<br />

auf<br />

Rede und Antwort.<br />

unserer Website www.mixedmedia-konzepts.de<br />

unserer Website www.mixedmedia-konzepts.de<br />

oder, noch besser, rufen Sie uns an. Wir stehen unter 06 11/98 12 92-0 gerne Rede und Antwort.<br />

MixedMedia oder, noch besser, Konzepts rufen Sie uns an.<br />

Wir stehen unter 06 11/98 12 92-0 Wir gerne stehen Rede unter und Antwort. 06 11/98 12 92-0 gerne Rede und Antwort.<br />

MixedMedia Konzepts<br />

MixedMedia Konzepts MixedMedia Konzepts<br />

115


NACHRICHTEN UND TERMINE<br />

Veröff entlichung des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins<br />

(Aktuelles) Gutachten zur Brückenertüchtigung<br />

Das Gutachten »Brückenertüchtigung<br />

jetzt. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherung<br />

der Mobilität auf Bundesfernstraßen«<br />

empfiehlt sich zur Lektüre, hebt es doch<br />

hervor, welche Bedeutung eine leistungsstarke<br />

Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort<br />

Deutschland hat.<br />

Von Ministerialdirektor a. D. Dipl.-Ing.<br />

Joachim Naumann erarbeitet, wartet es<br />

mit zahlreichen Fakten zum Zustand der<br />

deutschen Brücken auf: Naumann hat<br />

zunächst die aktuelle Situation analysiert<br />

und danach beschrieben, welche Handlungsoptionen<br />

sich eröffnen, wenn die<br />

Leistungsfähigkeit der Brücken wiederhergestellt<br />

bzw. weiterhin erhalten<br />

Vorstellung durch Bundesverkehrsminister<br />

Investitionsrahmenplan für Verkehrsprojekte<br />

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer<br />

hat Mitte Dezember den Entwurf des<br />

Investitionsrahmenplans (IRP) für die<br />

Verkehrsinfrastruktur des Bundes für den<br />

Zeitraum 2011–2015 vorgelegt, der ein<br />

Volumen von ca. 41.000.000.000 €<br />

aufweist: Er umfasst sämtliche Projekte,<br />

die zwischen 2011 und 2015 abgeschlossen,<br />

weitergeführt oder neu begonnen<br />

werden, und zwar bis zu deren Fertigstellung,<br />

die gegebenenfalls erst nach<br />

2015 erfolgt. Erhalt rangiert im neuen<br />

IRP im Übrigen deutlich vor Neubau,<br />

was sich auch in der Verteilung der<br />

Gesamtsumme ausdrückt, die mit einer<br />

entsprechenden »Relation« von 2:1<br />

keinerlei Missverständnisse aufkommen<br />

lässt.<br />

Wo werben?<br />

116 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />

bleiben soll, wobei er auch oder insbesondere<br />

den Bedarf für die dringend<br />

notwendigen Sanierungsmaßnahmen<br />

benennt und Lösungsmöglichkeiten<br />

durch ein Ertüchtigungsprogramm<br />

aufzeigt. Ihren konsequenten Abschluss<br />

finden diese Ausführungen infolgedessen<br />

in und mit der »Vision 2025/2050« zur<br />

Sicherung der Mobilität auf Bundesfernstraßen.<br />

Das Gutachten ist als Heft 22 des<br />

Deutschen Beton- und Bautechnik-<br />

Vereins e.V. (DBV) erschienen und zum<br />

Preis von 10 € zu erwerben.<br />

www.betonverein.de<br />

Peter Ramsauer: »Mit dem neuen<br />

Investitionsrahmenplan sorgen wir<br />

für Ehrlichkeit und Transparenz beim<br />

Verkehrswegebau. Wir setzen klare<br />

Prioritäten und richten die Planung am<br />

Bedarf und den zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln aus. Unser Verkehrsnetz ist<br />

ein zentraler Standortvorteil, den wir<br />

erhalten müssen. Wir sorgen dafür,<br />

dass die hohe Qualität der Schienen-,<br />

Straßen- und Wasserstraßennetze<br />

erhalten bleibt.«<br />

www.bmvbs.de<br />

Bestandsaufnahme und Handlungsanleitung<br />

© Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V.<br />

(Künftige) Leitlinie im Entwurf<br />

© Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung<br />

Ganz einfach!<br />

Unsere Mediadaten<br />

können Sie als PDF unter<br />

www.<strong>zeitschrift</strong>-<strong>brueckenbau</strong>.de<br />

downloaden.


AUTOMATISCHE SYSTEME<br />

Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH<br />

Plautstraße 80<br />

04179 Leipzig<br />

Tel.: +49/341/22 573 10<br />

www.seilroboter.de<br />

www.alpintechnik.de<br />

BOLZENSCHWEISSGERÄTE<br />

Köster & Co. GmbH<br />

Spreeler Weg 32<br />

58256 Ennepetal<br />

Tel.: +49/23 33/83 06-0<br />

Fax: +49/23 33/83 06-38<br />

Mail: info@koeco.net<br />

www.koeco.net<br />

B R A N C H E N KO M PA S S<br />

KOPFBOLZEN<br />

Köster & Co. GmbH<br />

Spreeler Weg 32<br />

58256 Ennepetal<br />

Tel.: +49/23 33/83 06-0<br />

Fax: +49/23 33/83 06-38<br />

Mail: info@koeco.net<br />

www.koeco.net<br />

LÄRMSCHUTZWÄNDE<br />

R. Kohlhauer GmbH<br />

Draisstr. 2<br />

76571 Gaggenau<br />

Tel.: 0 72 25/97 57-0<br />

Fax: 0 72 25/97 57-26<br />

E-Mail: info@kohlhauer-com<br />

www.kohlhauer.com<br />

1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />

117


BRANCHENKOMPASS<br />

wir sind Ihre zuverlässigen und erfahrenen Partner, wenn es um die Ausrichtung von<br />

Pressekonferenzen,<br />

Vortragsveranstaltungen<br />

Fachexkursionen<br />

Firmenbesichtigungen<br />

oder die<br />

Vorstellung neuer Produkte und Verfahren<br />

geht.<br />

Ob auf einer Messe, in Ihrem Unternehmen oder in einer ausgewählten Location,<br />

wir sind mit Freude, Erfahrung und Engagement für Sie im Einsatz.<br />

Ihre Wünsche und Ansprüche werden umgesetzt und Geschäftspartner,<br />

Mitarbeiter, Freunde und Besucher überzeugt und begeistert.<br />

Unser Bestreben gilt Ihrem Erfolg.<br />

Lassen Sie sich überraschen und fordern Sie uns heraus.<br />

Konzepts . Biebricher Allee 11b . 65187 Wiesbaden<br />

www.mixedmedia-konzepts.de . email: info@mixedmedia-konzepts.de<br />

118 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012


BRÜCKENBAU<br />

ISSN 1867-643X<br />

4. Jahrgang<br />

Ausgabe 1/2.2012<br />

www.<strong>zeitschrift</strong>-<strong>brueckenbau</strong>.de<br />

Herausgeber und Chefredaktion<br />

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />

mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Verlag<br />

V E R L A G S G R U P P E<br />

W I E D E R S P A H N<br />

Biebricher Allee 11 b<br />

D-65187 Wiesbaden<br />

Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15<br />

Fax: +49 (0)6 11/80 12 52<br />

www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />

Anzeigen<br />

Ulla Leitner<br />

Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2011.<br />

Satz und Layout<br />

Christina Neuner<br />

mit MixedMedia Konzepts<br />

Druck<br />

Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />

Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg<br />

Erscheinungsweise und Bezugspreise<br />

Einzelheft: 14 Euro<br />

Doppelheft: 28 Euro<br />

Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro<br />

Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro<br />

Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens<br />

ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr,<br />

wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraums<br />

schriftlich gekündigt wird.<br />

Copyright<br />

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und<br />

Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde<br />

Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne<br />

schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form<br />

reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />

Sprache übertragen werden.<br />

Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine<br />

Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar.<br />

Beilagen<br />

Die Gesamtauflage von Ausgabe 1/2∙2012 enthält zwei Beilagen:<br />

Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau HSB, Biel,<br />

Bayerische Ingenieurekammer-Bau, München<br />

I M P R E S S U M


Good Vibrations<br />

Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />

Frankfurter Ring 193, 80807 München<br />

Telefon (089)32394–0<br />

Telefax (089)32394–306<br />

ba@maurer-soehne.de<br />

www.maurer-soehne.de<br />

SPS – Schutz<br />

vor Erdbeben!<br />

MAURER<br />

Erdbebenschutzsysteme<br />

MSTU Shocktransmitter<br />

MSTL Shocktransmitter mit<br />

max. Lastbegrenzung<br />

MHD Hydraulikdämpfer zur<br />

Energiedissipation<br />

MLRB Bleikernlager<br />

MHDRB<br />

hochdämpfende Elastomerlager<br />

SIP Gleitpendellager<br />

Erdbebenschutzsysteme von Maurer<br />

Söhne dienen dazu, bauliche Anlagen<br />

aller Art vor den zerstörerischen<br />

Ein wirkungen schwerer Erdbeben zu<br />

schützen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!