12. symposium brückenbau - zeitschrift-brueckenbau Construction ...
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Ausgabe 1/2 . 2012<br />
<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau in Leipzig<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X<br />
1
B r ü c k e n
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
Zum (zwölften) Symposium in Leipzig<br />
Kriterien zur Berücksichtigung<br />
von Michael Wiederspahn<br />
Wann und wo sich jemand fortzubilden<br />
versucht und welche Form der Wissensaneignung<br />
oder eben -reicherung er<br />
letztlich bevorzugt, hängt natürlich<br />
von seinen Präferenzen ab, beruht<br />
unter anderem auf manchen durchaus<br />
persönlich eingefärbten Vorlieben für<br />
ganz bestimmte Örtlichkeiten oder<br />
Medien und unterliegt dementsprechend<br />
auch nur höchst selten einem größeren<br />
Wandel. Da die Interessensgebiete eines<br />
Menschen überdies nicht stündlich<br />
wechseln, sie sich in aller Regel ja eher<br />
sukzessive verschieben oder verbreitern,<br />
anstatt urplötzlich umzuschlagen, lässt<br />
sich sein Informationsbedarf trotz einiger<br />
individueller Abweichungen im Grunde<br />
nicht als sprunghaft oder besonders stark<br />
schwankend charakterisieren, vermag<br />
er ihn infolgedessen oft recht genau<br />
abzuschätzen oder bisweilen wenigstens<br />
ein bisschen einzugrenzen.<br />
Überraschungen bleiben ihm dennoch<br />
kaum erspart: Ohne irgendwann oder<br />
irgendwo eine Visitenkarte gezückt<br />
oder gar die Bitte um Benachrichtigung<br />
geäußert zu haben, beginnen Briefkästen<br />
und Mailbox mitunter überzuquellen,<br />
wächst das Spektrum der Einladungen<br />
offenkundig von Woche zu Woche, hat<br />
er nun fast täglich die Möglichkeit, einen<br />
Event mitzuerleben, einem Verband<br />
beizutreten oder aber eine der vielen<br />
neuen bzw. runderneuerten Publikationen<br />
zu erwerben, die ihm als Probeexemplare<br />
immer häufiger ins Haus<br />
flattern. Die Spreu vom Weizen zu<br />
trennen, fällt hier nicht gerade<br />
einfach.<br />
E D I TO R I A L<br />
Empfiehlt es sich zum Beispiel, an einer<br />
der zahllosen Veranstaltungen teilzunehmen,<br />
die seit zwei, drei Jahren wie<br />
Pilze aus dem Boden schießen und deren<br />
Programme einem stets die Vermittlung<br />
vermeintlich endgültiger Wahr- oder<br />
Weisheiten verheißen? Oder sollte er<br />
nicht besser an die Mitgliedschaft in<br />
einem Verein denken, sie früher oder<br />
später doch ansteuern, um auf quasi<br />
kostenneutralem Weg zusätzlich mit<br />
einem mehr oder minder schmalen,<br />
gleichwohl überwiegend periodisch<br />
erscheinenden Heft und diversen<br />
Vergünstigungen versorgt zu werden?<br />
Und was ist mit der dritten Alternative?<br />
Drängt sich das Abonnement einer<br />
Fach<strong>zeitschrift</strong> nicht unweigerlich auf,<br />
wenn einen das Internet primär mit<br />
Kurz- und Testversionen, Randnotizen<br />
und Gemeinplätzen beliefert, einem der<br />
Sinn hingegen nach aktuellen, fundierten<br />
und zudem umfassenden Abhandlungen<br />
und Angaben steht?<br />
Wie kann er sich also entscheiden?<br />
Muss er dazu sämtliche Zusendungen<br />
sichten und studieren, sich etwa der<br />
sogenannten Vernetzung unterwerfen<br />
und sich in die Reihe jener eingliedern,<br />
die beinahe minütlich ihren weltweiten<br />
Social-Network-Account auf- oder<br />
abrufen?<br />
Nein, in den meisten Fällen genügt<br />
neben den eigenen Erfahrungen und<br />
Überzeugungen als unabdingbarer<br />
Orientierungshilfe bereits ein schneller<br />
Blick auf oder in den Ablaufplan, die<br />
Statuten oder das Inhaltsverzeichnis,<br />
damit erkennbar wird, wer einem Qualität<br />
anbietet: Solche »Produkte« benötigen<br />
keine Generalüberholung, legitimieren<br />
sich durch Tradition wie Dauerhaftigkeit<br />
und werden schließlich nicht als<br />
alleinseligmachende Perspektive<br />
angepriesen – wie das inzwischen<br />
zwölfte »Symposium Brückenbau«<br />
in Leipzig und alle Ausgaben des<br />
BRÜCKENBAU mit Nachdruck<br />
beweisen.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
3
Wohnungsbau<br />
heute – morgen – übermorgen<br />
ist der Leitfaden und Gedanke.<br />
Erstes großes Symposium zum Thema »Wohnungsbau«<br />
der<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />
mit<br />
MixedMedia Konzepts<br />
in<br />
Frankfurt am Main<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 |<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de
Editorial<br />
3 Kriterien zur Berücksichtigung<br />
Michael Wiederspahn<br />
<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau in Leipzig<br />
6 Lali-Brücke und Ausbau des Sadr Expressway<br />
Holger Haug, Kornelius Krieger, Peter Walser<br />
14 Verbreiterung der Autobahn A 7 in Hamburg<br />
Karl-Heinz Reintjes<br />
20 Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke<br />
Karl-Heinz Reintjes, Gregor Gebert<br />
24 Neue Kattwykbrücke in Hamburg<br />
Rico Stockmann, Helmut Schmitt<br />
30 Neubau der Rethebrücke in Hamburg<br />
Martin Tenkleve, Henning Schrewe<br />
36 Straßenbrücken aus Holz in Bayern<br />
Karl Goj<br />
40 Planung und Errichtung der Sinntalbrücke<br />
Günther Kleiner, Edwin Seemann<br />
44 Herstellung der neuen Sinntalbrücke<br />
Erhard Garske<br />
50 Das Leitkonzept »Brücke«<br />
Michael Kleiser<br />
54 Neuer Hauptbahnhof in Wien<br />
Judith Engel<br />
59 Neue Beska-Brücke in Serbien<br />
Franz Bergmair<br />
66 Brücke zwischen Luxemburg und Deutschland<br />
Gilles Didier, Andrea De Cillia<br />
70 Solarer Lärmschutz am Berliner Ring<br />
Karl Kleinhanß<br />
73 Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd<br />
Michael Fuchs<br />
80 Überflieger am Autobahnkreuz Neufahrn<br />
Peter Radl<br />
86 Querverschub der Mainbrücke Randersacker<br />
Sven Kimmeskamp<br />
90 Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der Autobahn A 7<br />
Jan Lingemann, Stephan Sonnabend<br />
98 Forschungsverbund »Digitale Baustelle«<br />
Dieter Stumpf<br />
102 Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern<br />
Hermann Weiher, Simon Hoffmann<br />
110 Produkte und Projekte<br />
112 Software und IT<br />
114 Nachrichten und Termine<br />
117 Branchenkompass<br />
119 Impressum<br />
I N H A LT<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
5
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Planung und Ausführung von zwei Bauwerken im Iran<br />
Lali-Brücke und Ausbau des Sadr Expressway<br />
6 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
von Holger Haug, Kornelius Krieger, Peter Walser<br />
Vorgestellt werden in diesem<br />
Beitrag zwei aktuelle Brücken-<br />
bauprojekte im Iran, an denen<br />
Leonhardt, Andrä und Partner<br />
beteiligt war bzw. ist. Bei der Lali-<br />
Brücke handelt es sich um eine<br />
456 m lange Schrägkabelbrücke,<br />
die über einem Wasserreservoir<br />
in einem tief eingeschnittenen<br />
Tal errichtet und bereits 2011<br />
dem Verkehr übergeben wurde.<br />
Erst seit einigen Monaten wird am<br />
Ausbau des Sadr Expressway in<br />
Teheran gearbeitet. Geplant ist,<br />
eine der meistbefahrenen Straßen<br />
der Stadt auf einer Länge von<br />
ca. 5,50 km auf zehn Spuren<br />
auszubauen. Die vorgesehene<br />
Bauzeit hierfür soll nur 18 Monate<br />
betragen.<br />
1 Lali-Brücke<br />
1.1 Projekt und Lage<br />
Im Südwesten der Islamischen Republik<br />
Iran nahe der Stadt Ahwaz wird der<br />
größte Fluss des Landes, der Karoon,<br />
mittels eines 180 m hohen Damms<br />
aufgestaut, um elektrische Energie zu<br />
gewinnen. Das Tal des Karoon ist hier tief<br />
eingeschnitten mit steilen Flanken. Durch<br />
die Aufstauung wird die Umlegung von<br />
kleineren Rohrleitungen aus der Öl- und<br />
Gasgewinnung sowie einer regionalen<br />
zweispurigen Straße, welche die Städte<br />
Massad und Lali verbindet, notwendig.<br />
Die gesamte Baumaßnahme liegt in<br />
einem Gebiet hoher seismischer<br />
Aktivität.<br />
Für die Realisierung der Brücke wurden<br />
landesweit Baufirmen zur Abgabe<br />
detaillierter Entwürfe mitsamt einer<br />
Vorberechnung eingeladen, die dann<br />
unter Mithilfe international ausgerichteter<br />
Ingenieurbüros bewertet<br />
werden sollten. Die Bemessung der<br />
Brücke hatte nach international anerkannten<br />
Normen zu erfolgen, wobei<br />
zwischen der US-amerikanischen<br />
AASTHO LFRD bzw. den Euronormen<br />
EN 199x frei gewählt werden konnte.<br />
Leonhardt, Andrä und Partner (LAP)<br />
wurde durch Hexa Consulting Engineers<br />
(Hexa) eingeladen, bei der Beurteilung<br />
der eingereichten Entwürfe, bei der<br />
statisch-konstruktiven Prüfung des<br />
Siegerentwurfs sowie bei der Bauüberwachung<br />
samt baubegleitenden<br />
Berechnungen als Nachunternehmer<br />
mitzuwirken.<br />
1.2 Wettbewerbsphase<br />
Die Bewertung der eingereichten Entwürfe<br />
geschah in zwei Phasen: In der<br />
ersten im Frühjahr 2007 war es den<br />
Baufirmen freigestellt, mit welchem<br />
Brückentyp sie die Aufgabe lösen wollten.<br />
Insgesamt wurden hierzu sieben Entwürfe<br />
eingereicht, wobei alle mit zwei<br />
Pfeilern im Bereich des Tales aufwarteten.<br />
Es wurden vier Balkenbrücken und drei<br />
Schrägseilbrücken konzipiert, mit Überbauten<br />
als Betonhohlkästen oder als<br />
offene Verbundträger.<br />
Die Beurteilung in der ersten Phase<br />
geschah zweigeteilt: Hexa prüfte, ob die<br />
Entwürfe den iranischen Fachnormen<br />
entsprachen und die Kostenschätzungen<br />
für die gegebene Situation realistisch<br />
waren. LAP beurteilte die technische<br />
Qualität im Einklang mit international<br />
anerkannten Regeln und die Auskömmlichkeit<br />
der angegebenen Massen.<br />
Zudem war LAP dafür verantwortlich,<br />
die vorgeschlagenen Gründungsvarianten<br />
zu untersuchen, wozu das<br />
Büro Smoltczyk & Partner eingeschaltet<br />
wurde. Mit einer Bewertungsmatrix<br />
wurde die Vergleichbarkeit der Entwürfe<br />
1 Längsansicht der Lali-Brücke<br />
© Boland Payhe Engineering<br />
sichergestellt und ein Vergabevorschlag<br />
für eine der Balkenlösungen erarbeitet.<br />
Der Bauherr entschied sich später, die<br />
Maßnahme nochmals auszuschreiben<br />
und dabei nur noch Entwürfe mit seilverspannten<br />
Überbauten zuzulassen.<br />
Die Bewertung der Entwürfe aus der<br />
zweiten Phase erfolgte ausschließlich<br />
durch Hexa, der Vergabevorschlag wurde<br />
für den preisgünstigsten Entwurf an die<br />
Firma Boland Payeh Co. erteilt.<br />
1.3 Entwurf<br />
Der zur Ausführung gewählte Entwurf<br />
sieht eine dreifeldrige Schrägseilbrücke<br />
mit einer Hauptspannweite von 256 m<br />
und Seitenfeldern von jeweils 100 m vor.<br />
Die Pylone stehen in den sehr steilen<br />
Talflanken bei vollem Reservoir bis maximal<br />
ca. 68 m im Wasser. Der Überbau ist<br />
monolithisch mit den Pylonen verbunden<br />
und an den Widerlagern längsverschieblich<br />
gelagert. Elastische Endanschläge<br />
begrenzen die Längsbewegungen im<br />
Erdbebenfall. Die Anordnung der Schrägseile<br />
geschieht als halber Fächer, wobei<br />
der horizontale Abstand der Seilverankerungen<br />
am Überbau 12 m beträgt. Es<br />
kommen Litzenseile mit bis zu 29 Litzen<br />
mit einer Fläche von je 150 mm 2 und<br />
einer Bruchfestigkeit von 1.860 MPa<br />
zum Einsatz. Zur Minimierung der Biegespannungen<br />
in den Litzen sind an den<br />
Seilendpunkten Gummilagerungen<br />
vorgesehen. Die Seile wurden vom chinesischen<br />
Anbieter OVM geliefert und vom<br />
französischen Anbieter Freyssinet<br />
eingebaut.
2 Überbauquerschnitt<br />
© Boland Payhe Engineering<br />
Der insgesamt 19,50 m breite offene<br />
Verbundüberbau nimmt drei Fahrspuren<br />
mit je 3,50 m Breite und beidseitige<br />
Gehwege von 1,40 m Breite auf.<br />
Die Rohrleitungen für Gas und Rohöl<br />
sind jeweils außen auf den 2,60 m langen<br />
Kragarmen angeordnet. Für die Zukunft<br />
ist ebenfalls geplant, die Rohrleitungen<br />
entfallen zu lassen und den Fußgängerverkehr<br />
auf die Kragarme zu verlegen.<br />
Dies bietet die Möglichkeit, insgesamt vier<br />
Fahrspuren auf der Brücke anzuordnen;<br />
sie werden aus Sicherheitsgründen<br />
beleuchtet sein. Der Überbau ist mit einem<br />
Stahl analog einem S355J2+N ausgeführt<br />
worden, wobei sämtliche Baustellenstöße<br />
mit vorgespannten Schrauben der Güte<br />
10.9 verschraubt sind. Die Fahrbahn<br />
besteht aus vorgefertigten Stahlbetonplatten<br />
mit Ortbetonfugenverguss. Zur<br />
Schubsicherung sind nicht die bei uns<br />
üblichen Kopfbolzendübel vorgesehen,<br />
sondern aufgeschweißte, ca. 30 cm<br />
lange C-Profile, bei denen sich die<br />
Betondruckstreben gegen die vergleichsweise<br />
langen Kehlnähte und die Kante<br />
des angeschweißten Flansches des<br />
C-Profils abstützen. Entsprechende<br />
Bemessungsregeln für diese Art der<br />
Schubsicherung sind in der US-amerikanischen<br />
Bemessungsnorm für den<br />
Brückenbau AASHTO enthalten.<br />
Der Überbau ist recht schmal im Vergleich<br />
zu seiner Spannweite und der Querschnitt<br />
zudem aerodynamisch nicht besonders<br />
günstig. Zur Abklärung einer ausreichenden<br />
aerodynamischen Stabilität bzw.<br />
der Vermeidung übermäßig großer<br />
wirbelerregter Schwingungen beauftragte<br />
die Baufirma das Büro Wacker<br />
Ingenieure mit Windkanaluntersuchungen:<br />
In einem Bericht wurden die der<br />
Bemessung zugrunde zu legenden<br />
Windlasten zusammengestellt, eine<br />
ausreichende aerodynamische Stabilität<br />
konnte experimentell nachgewiesen<br />
werden.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Die 147 m hohen Pylone sind jeweils auf<br />
zwei Caissons mit einem Durchmesser<br />
von 10 m und einer Höhe von 20 m gegründet,<br />
deren Wandstärke 1 m beträgt.<br />
Die Bodenplatte ist 3 m dick, und die<br />
Caissons sind über eine 5 m dicke Fundamentplatte<br />
miteinander verbunden. Zur<br />
Verringerung des späteren Auftriebes<br />
im gefluteten Zustand wurden die<br />
Wände mit Öffnungen versehen und die<br />
Hohlräume mit wasserdurchlässigem<br />
Aushubmaterial verfüllt.<br />
Die unteren Pylonbeine werden im<br />
gefluteten Zustand ca. 68 m im Wasser<br />
stehen. Zur Vermeidung eines zu hohen<br />
Auftriebes infolge der hohlen Beine<br />
und auch zu großer Außendrücke auf die<br />
Pylonwände wurden ebenfalls Öffnungen<br />
in den Wänden angeordnet. Die Wasserfüllung<br />
ist für den Erdbebenfall als<br />
Zusatzmasse berücksichtigt. Auf Höhe<br />
des Überbaus gehen die vertikalen Beine<br />
in einen massiven Riegel über, der wegen<br />
der großen Querbiegemomente im Fall<br />
von Querwind bzw. quer gerichtetem<br />
Erdbeben stark vorgespannt ist. Oberhalb<br />
des Überbaus bilden die Pylonbeine ein<br />
A. Die Schrägseile sind in Stahltraversen<br />
verankert, welche wiederum an einen<br />
rechteckigen Stahlkasten verankert sind.<br />
Dieser Stahlkasten liegt mit dem umgebenden<br />
Beton des Pylonkopfes im<br />
Verbund und leitet so die aus den Seilen<br />
aufzunehmenden Vertikalkräfte in die<br />
Pylonbeine.<br />
Seitens des Ausführungsplaners wurden<br />
sämtliche Berichte und Berechnungen in<br />
Farsi, der iranischen Amtssprache, erstellt.<br />
Die Unterlagen wurden von Hexa in<br />
Auszügen ins Englische übersetzt und<br />
standen dann LAP für die Prüfung zur<br />
Verfügung, während alle Ausführungspläne<br />
in Englisch vorlagen. Für die<br />
Bemessung wurde die US-amerikanische<br />
Brückennorm AASHTO gewählt: Basierend<br />
auf ihr, hat LAP anhand der Pläne die<br />
Schnittgrößen unabhängig ermittelt und<br />
die Bemessung überprüft. Die seismischen<br />
Ersatzlasten auf die wassergefüllten<br />
und auch von Wasser umgebenen<br />
Pylone wurden nach EC 1998-2 Anhang F<br />
errechnet. Die Bemessung erfolgte<br />
auf der Annahme einer beschränkten<br />
Duktilität, da eine Reparatur geschädigter<br />
Bereiche lediglich nach der aufwendigen<br />
Entleerung des Wasserreservoirs durchgeführt<br />
werden könnte.<br />
Die Schichtung aus den mächtigen<br />
Sandsteinschichten Typ A7 und dem<br />
massiven Fels Typ A7 streicht stark in<br />
die Flanken ein, ein Resultat der großen<br />
seismischen Aktivität in der Gegend.<br />
Seitens des Bodengutachters wurden<br />
zunächst Felsproben entnommen und<br />
untersucht. Anschließend wurde die<br />
Gleitsicherheit für die steilen Talflanken<br />
im gefluteten Zustand unter Berücksichtigung<br />
einer schnellen Entleerung des<br />
Reservoirs (Porenüberdruck) mittels<br />
detaillierter FEM-Modelle nachgewiesen.<br />
3 FEM-Modell des Bodens<br />
© Prof. Arsalan Ghahramani<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
7
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Dasselbe gilt für den Fall eines Erdbebens,<br />
hier allerdings ohne Berücksichtigung<br />
einer Schnellentleerung, wie sie<br />
zum Beispiel im Falle eines Bruches des<br />
Staudammes auftreten würde. Mittels<br />
des FEM-Modells wurden sowohl die<br />
bodenmechanischen Nachweise erbracht<br />
als auch die auf die Caissons wirkenden<br />
Schnittgrößen ermittelt und der<br />
Bemessung der Caissons zugrunde<br />
gelegt. Diese Berechnungen wurden vom<br />
Büro Smoltczyk & Partner unabhängig<br />
mit geeigneten Berechnungsmethoden<br />
bestätigt.<br />
4 Verlegen der Fertigteilplatten im Seitenfeld<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
5 Beginn der Überbauerrichtung im Hauptfeld<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
8 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
6 Geschlossene Brücke kurz vor der Vollendung<br />
© Ministry of Energy, Iran Water & Powers<br />
1.4 Bauausführung<br />
Die Baustelle liegt in einem sehr steilen<br />
Tal, wodurch aufwendige Behelfsstraßen<br />
erforderlich wurden, über die der<br />
gesamte Materialtransport einschließlich<br />
der Stahlteile für den Überbau im<br />
Bereich des Hauptfeldes erfolgte.<br />
Die Stahlteile der Seitenfelder wurden auf<br />
Hilfsstützen jeweils von den Widerlagern<br />
aus eingeschoben und monolithisch mit<br />
den Pylonen verbunden, anschließend<br />
wurden die vor Ort gefertigten Stahlbetonplatten<br />
mittels Tieflader und<br />
Mobilkran in Vor-Kopf-Montage aufgebracht.<br />
Zur Erreichung eines schnelleren<br />
Bauablaufs legte die Baufirma die Platten<br />
zunächst lediglich nur auf, um sie dann<br />
direkt mit dem Kran zu befahren; der<br />
Verguss der Ortbetonfugen wurde erst<br />
im Nachgang vorgenommen.<br />
Die Stahlteile für das Hauptfeld wurden<br />
am Boden in der Nähe der Pylongründung<br />
zusammengeschraubt und mittels<br />
Schrägzugverfahren unterhalb des<br />
fertiggestellten Überbaukragarms nach<br />
vorne durchgeschwungen und mit Hilfe<br />
eines Derricks in die Endlage gehoben.<br />
Dieses Verfahren ist vom Bau großer<br />
Hängebrücken bekannt, für Schrägseilbrücken<br />
bisher aber nicht angewandt<br />
worden, da dort der Materialtransport<br />
üblicherweise über den bereits realisierten<br />
Überbau erfolgen kann. Im<br />
vorliegenden Fall war das wegen des<br />
fehlenden Verbundes der Fertigteilplatten<br />
mit den Stahlhauptträgern<br />
hingegen nicht möglich.<br />
Der erste Pylon wurde mit einer Gleitschalung<br />
errichtet. In der exponierten<br />
Lage war eine kontinuierliche Anlieferung<br />
des Betons jedoch nicht immer gewährleistet,<br />
und so traten Mängel in der<br />
Betonoberfläche auf, die aufwendig<br />
saniert werden mussten. Der zweite<br />
Pylon wurde deshalb mittels einer<br />
Kletterschalung hergestellt.<br />
Der Aushub der Gründung in dem sehr<br />
steilen Gelände erfolgte über einen am<br />
Bagger montierten Presslufthammer:<br />
Mit Baufortschritt wurden die losen<br />
Gesteinsteile jeweils entfernt und die<br />
Grube mittels Spritzbeton gesichert.<br />
Die Brücke wurde nach rund 20 Monaten<br />
Bauzeit im Sommer 2011 fertiggestellt<br />
und offiziell mit vorübergehenden<br />
Ausfädelungen vor den Tunneln eröffnet.<br />
Wegen Verzögerungen bei den anschließenden<br />
Tunnelbauwerken kann die<br />
endgültige Strecke erst später dem<br />
Verkehr übergeben werden.
1.5 Bauüberwachung<br />
Bei der Bauüberwachung wurde Hexa<br />
durch einen Mitarbeiter von LAP mit<br />
vielfältiger, mehr als 25-jähriger Erfahrung<br />
unterstützt, der rund ein Jahr vor<br />
Ort war. Die Aufgabe im Rahmen der<br />
Bauüberwachung bestand hier hauptsächlich<br />
in der baubegleitenden Prüfung<br />
der Montageberechnung, des Montagehandbuches<br />
sowie der wöchentlichen<br />
unabhängigen Dokumentation des<br />
Baufortschrittes und auftretender<br />
Probleme. Auf Anfrage wurden zudem<br />
die wesentlichen Baubehelfe statischkonstruktiv<br />
überprüft und Verbesserungen<br />
vorgeschlagen.<br />
Bauherr<br />
Ministry of Energy, Iran Water & Powers, Resources<br />
Development Co., Teheran, Iran<br />
Planung<br />
Boland Payeh Engineering, Teheran, Iran (verantwortlich)<br />
Prof. Arsalan Ghahramani, Teheran, Iran (Geotechnik)<br />
Prüfung<br />
Hexa Consulting Engineers, Teheran, Iran (verantwortlich)<br />
Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI,<br />
GmbH, Stuttgart (Hauptbrücke)<br />
Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart (Geotechnik)<br />
Ausführung<br />
Boland Payeh Co., Teheran, Iran (Auftragnehmer)<br />
Liuzhou OVM Machinery Co. Ltd., Gungxi, China<br />
(Litzenseile)<br />
Freyssinet, Velizy, Frankreich (Seileinbau)<br />
Mageba SA, Bülach, Schweiz<br />
(Lager und Übergangskonstruktionen)<br />
Wacker Ingenieure, Birkenfeld (Windkanalversuche)<br />
dsp Ingenieure & Planer AG, Greifensee, Schweiz<br />
(Konstruktionsberatung)<br />
Nicolet Chartrant Knoll Inc., Montreal, Kanada<br />
(Konstruktionsberatung)<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
2 Ausbau des Sadr Expressway<br />
2.1 Projekt und Lage<br />
Die Infrastruktur der 14-Millionen-<br />
Metropole Teheran wird täglich durch<br />
ein sehr hohes Verkehrsaufkommen<br />
beansprucht. Zusätzlich muss die Stadt<br />
täglich den Verkehr von ca. 3.000.000<br />
Pendlern aufnehmen.<br />
Trotz erzielter Fortschritte beim Ausbau<br />
öffentlicher Verkehrsmittel, wie etwa<br />
des U-Bahn-Netzes, können diese bisher<br />
nur zu einem sehr geringen Anteil das<br />
Verkehrsaufkommen bewältigen. Die<br />
Bewohner sind deshalb auf das Auto oder<br />
Busse angewiesen, so dass der Verkehr<br />
praktisch alleine über das städtische<br />
Straßennetz abgewickelt wird, das dafür<br />
jedoch nicht ausgelegt ist und deshalb<br />
entsprechend ausgebaut und erweitert<br />
werden soll. Den Schwerpunkt bildet<br />
zurzeit der kreuzungsfreie Ausbau der<br />
Hauptverbindungsstraßen in und um<br />
Teheran.<br />
Als Beispiele hierfür sind im Nordwesten<br />
der Stadt die Autobahn nach Karaj mit der<br />
Errichtung der Karvansara-Sangi-Brücke<br />
8 9 Karvansara-Sangi-Brücke und Mohamed-Ali-Jennah-Brücke im Bau<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
7 Fertige Brücke mit Ausfädelung der Straße<br />
© Ministry of Energy, Iran Water & Powers<br />
und innerstädtisch die Kreuzung von<br />
Jenah Highway und Seikh Fazlolah Nouri<br />
Highway mit zahlreichen Anschlussbauwerken<br />
genannt. Bei beiden Projekten<br />
werden alle Überbauten in Fertigteil-<br />
Segmentbauweise hergestellt. Die ausführende<br />
Baufirma verfügt über entsprechend<br />
leistungsfähige Werke, die<br />
Transportwege sind nicht zu lang, und so<br />
ist diese Bauweise äußerst wirtschaftlich.<br />
Für die Montage der Fertigteile wird fast<br />
ausschließlich das Freivorbauverfahren<br />
verwendet.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
9
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
10 Lage des Sadr Expressway<br />
© Karane be Karane Pars<br />
Zu den meistbefahrenen innerstädtischen<br />
Straßen in Teheran zählt der Sadr<br />
Expressway, der den Imam Ali Highway<br />
im Osten mit dem Modarres Highway im<br />
Westen verbindet. Im Rahmen des Ausbaus<br />
des Straßennetzes soll er nun auf<br />
insgesamt zehn Spuren verbreitert<br />
werden, gegliedert in die Maßnahmen<br />
für den Anschluss an den Imam Ali<br />
Highway im Osten, in den kreuzungsfreien<br />
Anschluss mit der Gheytarieh-<br />
Straße und der Kaveh-Straße und in die<br />
Maßnahmen für den Anschluss im Westen<br />
an den Modarres Highway; nach Letzterem<br />
wird er in einem Tunnel weitergeführt<br />
und mündet dann in das vorhandene<br />
Straßennetz ein. Die Bebauung<br />
reicht sehr dicht an die Straße heran,<br />
und nur in einzelnen Abschnitten wäre<br />
seine Verbreiterung überhaupt möglich<br />
gewesen. Für vier der insgesamt zehn<br />
Fahrspuren – in den Planungen geht<br />
man von einem Verkehrsaufkommen<br />
bis zu 19.000 Kfz/h aus – ist deshalb<br />
zwischen dem Modarres Highway und<br />
dem Imam Ali Highway eine 5,50 km<br />
lange Hochstraße geplant, die den Hauptbestandteil<br />
des Sadr-Expressway-Ausbaus<br />
bildet.<br />
Mit dem Ausbau des Sadr Expressway<br />
beauftragte die Stadt Teheran die<br />
Baufirma Shahid Rajaeii Special Group.<br />
Der Beauftragung liegt ein sogenannter<br />
EPCF-Vertrag zugrunde, das heißt, die<br />
Baufirma als Auftragnehmer muss neben<br />
der Ausführung auch die Finanzierung<br />
des Projektes sicherstellen. Die Stadt<br />
Teheran selber hat zudem keine Planung<br />
erstellt, sondern nur eine genaue<br />
Beschreibung der Aufgabe, welche die<br />
Bieter bei ihrer Angebotsbearbeitung zu<br />
berücksichtigen hatten. Die vertraglichen<br />
Vereinbarungen sehen deshalb vor,<br />
dass sämtliche erforderlichen Planungsleistungen<br />
durch den Auftragnehmer zu<br />
erbringen sind, was deren unabhängige<br />
10 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Prüfung ebenfalls umfasst. Die Detailplanung<br />
hat die Baufirma an das Büro<br />
Karane be Karane Consulting Engineers<br />
Co. untervergeben sowie mit der unabhängigen<br />
Prüfung der Planung und der<br />
örtlichen Bauüberwachung (Eigenüberwachung<br />
des Unternehmers) das Büro<br />
Hexa Engineering beauftragt. LAP berät<br />
Hexa bei der unabhängigen Prüfung der<br />
Hauptbrücke und unterstützt dieses Büro<br />
bei der Bauüberwachung.<br />
2.2 Planungsbedingungen<br />
Die Planung der Hochstraße sieht je<br />
Fahrtrichtung zwei 3,50 m breite<br />
Fahrspuren vor; einschließlich Standstreifen,<br />
Notgehwege und erforderlicher<br />
Schutzeinrichtungen ergibt sich somit<br />
eine erforderliche Breite von 22,70 m.<br />
Der Ausbau hat unter Verkehr zu erfolgen.<br />
Nur in Zeiten mit geringeren Verkehrsaufkommen<br />
besteht die Möglichkeit,<br />
vorhandene Fahrspuren temporär einzuschränken,<br />
unumgängliche Vollsperrungen<br />
sind lediglich für den Zeitraum von<br />
24–6 Uhr erlaubt.<br />
11 Entwurf der Hauptbrücke<br />
© Karane be Karane Pars<br />
Für die Errichtung der Hochstraße steht<br />
deshalb uneingeschränkt nur ein ca. 7 m<br />
breiter Streifen zwischen den vorhandenen<br />
beiden Fahrtrichtungen zur Verfügung.<br />
Eine Verbreiterung des Baufeldes,<br />
zum Beispiel für die Herstellung von<br />
Fundamenten, wäre grundsätzlich technisch<br />
möglich, ist aber entsprechend<br />
aufwendig. Aus wirtschaftlichen<br />
Gründen war daher bei allen Entwurfsüberlegungen<br />
die geringe Breite des<br />
Baufeldes zu beachten. Diese führt<br />
außerdem dazu, dass der ca. 22 m breite<br />
Überbau nach jeder Seite ca. 7,50 m<br />
hinausragt. Das bedeutet, dass er zu<br />
einem Großteil über fließendem Verkehr<br />
realisiert werden muss. Umfangreiche<br />
Sicherheitsüberlegungen sind also<br />
notwendig, um bei einem geplanten<br />
24-h-Baubetrieb das Risiko für den<br />
untenlaufenden Verkehr so gering wie<br />
möglich zu halten.<br />
Die Hauptbrücke und die Rampenbauwerke<br />
umfassen zusammen eine<br />
Brückenfläche von ca. 145.000 m², für den<br />
gesamten Ausbau des Sadr Expressway<br />
ist aber eine Bauzeit von lediglich 18<br />
Monaten vorgesehen. Eine solch kurze<br />
Bauzeit kann nur eingehalten werden mit<br />
einer Fertigteillösung für die Herstellung<br />
des Überbaus, Fertigungs- und Transportkapazitäten<br />
müssen dementsprechend<br />
ausgelegt werden.<br />
Mit der Realisierung dieses Projekts wird<br />
es zu einer noch stärkeren Verlärmung<br />
der angrenzenden Gebiete kommen.<br />
Erste von uns durchgeführte Berechnungen<br />
lassen erkennen, dass ohne<br />
zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen die<br />
Belastung um ca. 50 % ansteigen wird.<br />
Dabei ist vor allem in den unteren Stockwerken<br />
der umliegenden Bebauung von<br />
einem starken Lärmzuwachs auszugehen,
12 Längsansicht<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
hervorgerufen durch die Überdeckung<br />
der ebenerdigen Fahrspuren mit der<br />
Hochstraße. Lärmschutzmaßnahmen<br />
sind daher geplant, wobei es eine Aufgabe<br />
sein wird, städtebaulich akzeptable<br />
Lösungen zu finden, die noch in die<br />
laufende Planung und die gleichzeitig<br />
beginnende Fertigung integriert werden<br />
können.<br />
2.3 Entwurf der Hauptbrücke<br />
2.3.1 Allgemeines<br />
Die Tragsicherheits- und Gebrauchstauglichkeitsnachweise<br />
sind hier grundsätzlich<br />
auf Basis der Iranischen Vorschriften<br />
zu führen. Für die bemessungsrelevanten<br />
Erdbebennachweise hat der verantwortliche<br />
Planer Karane be Karane Consulting<br />
Engineers Co. jedoch EN 1998-2:2005<br />
(EC 8) gewählt, da sich die darin enthaltenen<br />
Definitionen für Antwortspektren<br />
sowie die Bemessungsregeln für Brücken<br />
mit seismischer Isolation nach seiner<br />
Auffassung besser für dieses Projekt<br />
eignen als entsprechende Regelungen<br />
in der Iranischen Erdbebennorm<br />
Code 463 oder in den US-amerikanischen<br />
Vorschriften AASHTO. Für unsere eigenen<br />
Berechnungen, die wir im Rahmen<br />
unserer Tätigkeit anzustellen hatten,<br />
konnten wir in Abstimmung mit den<br />
Verantwortlichen in Teheran die<br />
DIN-Fachberichte verwenden.<br />
2.3.2 Statisches System<br />
Das statische Gesamtsystem der Hauptbrücke<br />
lässt sich als Einfeldträgerkette<br />
beschreiben. Die Einfeldträger werden<br />
auf bewehrten Elastomerlagern gelagert,<br />
so dass die Überbauten von seismischen<br />
Einwirkungen teilweise isoliert sind,<br />
was die Beanspruchungen für die Unterbauten<br />
reduziert. Um die Anzahl der<br />
Fugen zu verringern, werden fünf Felder<br />
mit sogenannten Federplatten miteinander<br />
verbunden. In den Fugen zwischen<br />
diesen Abschnitten sind handelsübliche<br />
Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />
vorgesehen.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Für die Hochstraße ist eine Regelstützweite<br />
von 44 m geplant. Umgesetzt wird<br />
sie mit zwei Fertigteilen an den Enden<br />
der Träger mit Längen von jeweils 2,50 m<br />
(einschließlich des Abstandes zu den<br />
Pfeilerachsen) und 13 Fertigteilen mit<br />
einer Länge von jeweils 3,00 m. Spannweiten<br />
von 41 m bzw. 47 m und 50 m<br />
sind möglich durch Weglassen eines<br />
Segmentes oder durch Hinzufügen von<br />
bis zu zwei Segmenten. Das Stützenraster<br />
kann somit an vorhandene<br />
Hindernisse angepasst werden, wie<br />
beispielsweise Unterführungen unter<br />
dem Sadr Expressway.<br />
2.3.3 Überbau<br />
Der Überbauquerschnitt wird aus zwei<br />
Hohlkästen gebildet, die in der Mitte<br />
durch einen ca. 0,60 m breiten Ortbetonstreifen<br />
miteinander verbunden werden.<br />
Dadurch ergibt sich für die Fahrbahnplatte<br />
eine Gesamtbreite von ca. 22,00 m.<br />
Die Bauhöhe der Hohlkästen ist 2,50 m,<br />
die Breite der Bodenplatte 4,00 m. Der<br />
Überbau wird mit externen, 19-litzigen<br />
Spanngliedern vorgespannt, für die<br />
Verankerungen in den Endquerträgern<br />
vorgesehen sind: Mit drei Umlenkstellen<br />
im Feld wird eine dem Verlauf der äußeren<br />
Momente angenäherte Spannglied-<br />
14 Externe Vorspannung<br />
© Karane be Karane Pars<br />
13 Regelquerschnitt<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
geometrie erzeugt. Für Spannweiten<br />
≤ 44 m kommen die Fertigteile in einer<br />
Betonfestigkeit anlog einem B 40 zur<br />
Ausführung, bei größeren Spannweiten<br />
wird durch die Wahl einer höheren<br />
Betonfestigkeitsklasse (bis B 50) den<br />
starken Beanspruchungen Rechnung<br />
getragen. Für alle Spannweiten können<br />
die Abmessungen der Fertigteile somit<br />
konstant bleiben, ein Umrüsten der<br />
Schalung ist nicht erforderlich.<br />
Die Überbauten der Rampenbauwerke<br />
werden für jede Richtungsfahrbahn als<br />
unabhängiger Spannbetonhohlkasten<br />
mit den gleichen Abmessungen wie bei<br />
der Hauptbrücke realisiert; geringe<br />
Anpassungen der Schalung sind nur bei<br />
abweichenden Fahrbahnplattenbreiten<br />
notwendig.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
11
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
2.3.4 Pfeiler<br />
Es sind T-förmige Pfeiler geplant, die in<br />
der Regel eine Höhe von ca. 8 m haben.<br />
Da die Hochstraße an mehreren Stellen<br />
vorhandene Überführungsbauwerke<br />
überquert, sind auch Pfeiler mit einer<br />
Höhe von maximal ca. 14 m erforderlich.<br />
Die maximalen äußeren Abmessungen<br />
des massiven Querschnittes betragen<br />
3,00 m x 3,20 m. Bei den Pfeilern der<br />
Hauptbrücke wie bei jenen der Rampen<br />
werden zudem tiefe, vertikale Nuten in<br />
der Mitte der Seitenflächen als gestalterisches<br />
Element gewählt.<br />
Der Quertriegel kragt zu beiden Seiten<br />
ca. 6,50 m aus, damit die beiden Hauptträger<br />
des Überbaus darauf aufgelagert<br />
werden können. Das Lichtraumprofil<br />
reicht praktisch bis an die Pfeilerschäfte<br />
heran und ist mit einer Höhe von 5,60 m<br />
vorgegeben. Für den Querriegel des<br />
Pfeilers ergibt sich daher am Anschnitt<br />
nur eine Bauhöhe von 2,50 m, wobei<br />
sich aber das kuppenförmige Element<br />
zwischen den beiden Hohlkästen auf<br />
die statische Nutzhöhe mit anrechnen<br />
lässt. Die Tiefe des Queriegels beträgt<br />
4,90 m und wird zum einen durch die<br />
einzuhaltenden Überstände für die<br />
Überbauten, die Abmessungen der<br />
Elastomerlager und den erforderlichen<br />
Spalt zwischen den ankommenden<br />
Überbauten bestimmt, zum anderen<br />
durch die Anzahl der Spannglieder in<br />
den Querriegeln.<br />
16 Baustelle zwischen zwei Fahrspuren<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
12 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
15 Errichtung im Freivorbau<br />
© Karane be Karane Pars<br />
Bei der Planung der Pfeiler sind vor allem<br />
nichtsymmetrische Einwirkungen zu<br />
beachten, die sich bei der Montage des<br />
Überbaus und später aus ungleichen<br />
Verkehrslasten ergeben.<br />
2.3.5 Gründungen<br />
Alle Pfeiler der Hauptbrücke werden auf<br />
acht Großbohrpfählen gegründet. Aufgrund<br />
der Breite des Baufeldes können<br />
die Pfahlkopfplatten maximal nur 6,40 m<br />
breit sein, in Querrichtung werden<br />
deshalb zwei und in Längsrichtung<br />
vier Pfähle im Abstand von 3,00 m<br />
angeordnet. Sind höhere Lasten in den<br />
Baugrund einzuleiten, wird ihr Längsabstand<br />
auf 3,75 m vergrößert und die<br />
Dicke der Pfahlkopfplatten in solchen<br />
Fällen von 2,00 m auf 2,30 m erhöht.<br />
Je nach Baugrundverhältnissen werden<br />
Pfähle mit d = 1,20 m oder d = 1,50 m<br />
und Längen bis ca. 35 m hergestellt:<br />
Der größere Durchmesser wird dann<br />
ausgeführt, wenn im oberen Bereich der<br />
Pfähle nur sehr geringe Bettungswerte<br />
angesetzt werden können und hohe<br />
Biegemomente aus Erdbebeneinwirkungen<br />
von den Pfählen aufgenommen<br />
werden müssen.<br />
2.4 Bauablauf und -ausführung<br />
Die Überbauten der Rampenbauwerke<br />
und der Hauptbrücke werden mit<br />
Fertigteilen hergestellt. Das Versetzen<br />
der Fertigteile für die Rampenbauwerke<br />
erfolgt durch eine Kranmontage, die<br />
Fertigteile werden dabei von jedem<br />
Pfeiler aus an das Pfeilerkopfelement<br />
symmetrisch angeschlossen. Spannglieder<br />
im Verbund werden zwischen<br />
jeweils gegenüberliegenden Segmenten<br />
eingebaut und vorgespannt; die Fugen<br />
zwischen den Fertigteilen werden mit<br />
einem Kunstharzmörtel verklebt. Bei<br />
diesem Verfahren lässt sich von jedem<br />
Pfeiler aus pro Woche zweimal eine<br />
halbe Spannweite realisieren. Die<br />
Schlusslücke in Feldmitte ist in Ortbeton<br />
auszuführen, und erst danach können<br />
die durchlaufenden Spannglieder in die<br />
Bodenplatte eingezogen und gespannt<br />
werden, so dass für die Errichtung eines<br />
Feldes auf jeden Fall mehr als eine Woche<br />
zu veranschlagen ist.<br />
17 Herstellung der Pfähle<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH
Bei der Hauptbrücke sorgt die vorgesehene<br />
feldweise Errichtung für eine sehr<br />
viel kürzere Bauzeit. Eine obenlaufende<br />
Vorschubrüstung überbrückt dabei das<br />
herzustellende Feld, wobei sich die<br />
Rüstung auf der einen Seite auf dem<br />
zuletzt realisierten Endquerträger und<br />
auf der anderen Seite auf dem oberen<br />
Riegel des Pfeilers abstützt. Die Segmente<br />
eines Feldes werden an der Vorschubrüstung<br />
aufgehängt und temporär<br />
zusammengespannt, danach werden die<br />
externen Spannglieder eingezogen, der<br />
Träger vorgespannt und anschließend<br />
auf die vorbereiteten Elastomerlager<br />
abgesetzt. Bei diesem Verfahren muss<br />
also die obenlaufende Vorschubrüstung<br />
so ausgelegt sein, dass sie das Gesamtgewicht<br />
eines Feldes aufnehmen kann.<br />
Bei den Planungen für die Hauptbrücke<br />
rechnet man für das Einhängen der<br />
Segmente eines Feldes samt nachfolgendem<br />
Vorspannen mit rund zwei Tagen.<br />
Bei der konzipierten feldweisen Herstellung<br />
sind keine auf dem kritischen Weg<br />
liegenden Ortbetonarbeiten erforderlich,<br />
außerdem lassen sich mit einer externen<br />
Vorspannung die Fugen zwischen den<br />
Fertigteilen »trocken« und damit zeitsparend<br />
ausführen. Im Vergleich zum<br />
Freivorbau ist die feldweise Herstellung<br />
mit einer obenlaufenden Rüstung um das<br />
ca. 2,50fache schneller, was letztendlich<br />
den Ausschlag für das Bauverfahren gab.<br />
Um den Überbau der Hauptbrücke in<br />
dem vorgesehenen Zeitraum von etwa<br />
sieben Monaten realisieren zu können,<br />
ist von jeder Seite aus mit jeweils zwei<br />
Vorschubrüstungen zu arbeiten. Zur<br />
Begrenzung der exzentrischen Belastung<br />
der Pfeiler während der Überbauerrichtung<br />
muss das Versetzen der Fertigteile<br />
für die beiden Längsträger eines Feldes<br />
weitestgehend parallel erfolgen.<br />
Die Überbausegmente der Rampen<br />
werden in einem schon existierenden<br />
Fertigteilwerk hergestellt, für die der<br />
Hauptbrücke wird hingegen ein neues<br />
Werk eingerichtet, das mit 44 Schalungseinheiten<br />
für eine Tageskapazität von<br />
ca. 22 Fertigteilen ausgelegt ist; die<br />
Vorbereitungen hierfür laufen. Der<br />
Transport der Fertigteile zur Baustelle<br />
wird in der Zeit von 1.00 Uhr nachts bis<br />
6.00 Uhr morgens erfolgen, da in dieser<br />
Zeit der Sadr Expressway benutzt und so<br />
der Einbauort ohne Umwege angefahren<br />
werden kann. Nach Fertigstellung der<br />
östlichen und westlichen Rampenbauwerke<br />
ist der Antransport der Fertigteile<br />
auch über die bereits realisierten<br />
Überbauabschnitte möglich.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Die Querriegel der Pfeiler werden<br />
ebenfalls mit Fertigteilen hergestellt:<br />
Nach dem Ausbetonieren des Kopfelements<br />
werden nach jeder Seite drei<br />
ca. 2 m lange massive Fertigteile im<br />
Freivorbau montiert und mit Einzelspanngliedern<br />
temporär befestigt. Anschließend<br />
erfolgen das Einziehen der Litzen<br />
und das Vorspannen des Querriegels.<br />
Im Moment ist die Herstellung der Pfähle<br />
noch in vollem Gange. Im Bereich der<br />
Rampen und in einzelnen Abschnitten<br />
der Hauptbrücke sind schon Pfahlkopfplatten<br />
angeordnet worden, teilweise<br />
wurde bereits mit dem Betonieren der<br />
Pfeiler begonnen. Das schmale Baufeld<br />
für die Hauptbrücke führt dazu, dass<br />
man zwischen zwei Zufahrten die Pfähle<br />
zunächst nur auf einer Seite herstellt,<br />
so dass der daneben verbleibende Platz<br />
als Lagerfläche oder Baustraße genutzt<br />
werden kann. Lediglich ca. 30 % der<br />
Pfähle werden unter Einsatz moderner<br />
Bohrgeräte eingebracht, der größte Teil<br />
wird hingegen von Hand ausgehoben.<br />
Es gibt hierbei keine Sicherung der Bohrlöcher,<br />
zum Beispiel mit Spritzbeton.<br />
Grund für den manuellen Aushub sind die<br />
noch nicht verlegten, frei verlaufenden<br />
Hochspannungsleitungen im Mittelstreifen<br />
des Sadr Expressway.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Holger Haug<br />
Dipl.-Ing. Peter Walser<br />
Dipl.-Ing. Kornelius Krieger<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />
Stuttgart<br />
Bauherr<br />
Technical and Civil Department, Stadt Teheran, Iran<br />
Auftragsverwaltung<br />
Engineering and Civil Organization, Stadt Teheran, Iran<br />
Technical and Consulting Organization, Stadt Teheran, Iran<br />
Planung<br />
Karane be Karane Pars, Consulting Engineers, Teheran, Iran<br />
Prüfung<br />
Hexa Consulting Engineers, Teheran, Iran<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart<br />
Ausführung (EPCF-Contractor)<br />
Gh-E-Khatan Shahid Rajaeii Special Group, Teheran, Iran<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
13
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Autobahnbau in der Stadt: die Bauwerke<br />
Verbreiterung der Autobahn A 7 in Hamburg<br />
von Karl-Heinz Reintjes<br />
Der hier betrachtete Abschnitt<br />
der Bundesautobahn A 7 zwischen<br />
der Landesgrenze von Schleswig-<br />
Holstein und Hamburg und dem<br />
Elbtunnel zählt bundesweit zu<br />
den Autobahnstrecken mit den<br />
höchsten Verkehrsbelastungen<br />
(bis 152.000 Kfz/d in 2009). Die<br />
Kapazität der vorhandenen Querschnitte<br />
ist weit überschritten, was<br />
sich in täglichen Staus und hohen<br />
Unfallzahlen ausdrückt. Die weitere<br />
Erhöhung des Verkehrs ist prognostiziert,<br />
die Verbreiterung der<br />
Autobahn wird daher zwingend<br />
notwendig. Die Planung sieht zu-<br />
sätzliche zwei Fahrstreifen vor, im<br />
zentralen Bereich mit der größten<br />
Verkehrsstärke sogar zusätzliche<br />
vier. Damit ergibt sich hier ein<br />
Querschnitt von zehn Fahrstreifen.<br />
Die Verbreiterung der A 7 in Ham-<br />
burg ist eine Infrastrukturmaß-<br />
nahme in der Stadt von neuer<br />
Größenordnung. Die Aufgabenstellung<br />
ist, für größte Verkehrsbelastungen<br />
auf der Autobahn<br />
in engstem urbanem Umfeld<br />
Lösungen zu finden, die den<br />
Verkehrsteilnehmer der Autobahn,<br />
jenen auf den anbindenden<br />
Stadtstraßen, die Bürgerschaft der<br />
benachbarten Stadtkerne und der<br />
gesamten Stadt überzeugen.<br />
14 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Übersicht der Planungsabschnitte<br />
© DEGES GmbH<br />
1 Autobahn im urbanen Umfeld<br />
Zwischen 1967 und 1974 wurde in Hamburg<br />
die Bundesautobahn (BAB) A 7<br />
gebaut, seinerzeit mit zwei Fahrstreifen<br />
je Richtung in den Regelbereichen. In<br />
kurzer Zeit steigerte sich der Verkehr, und<br />
die A 7 entwickelte sich für den Nord-<br />
Süd-Verkehr im Norden Deutschlands<br />
zur wichtigsten Verkehrsachse, und sie<br />
wurde unverzichtbar für die Abwicklung<br />
der internationalen, der regionalen, aber<br />
auch der städtischen Verkehrsströme in<br />
Hamburg.<br />
Die in der großen Ära des Autobahnbaus<br />
realisierten Trassen hatten als erstes Ziel<br />
die Funktionalität des Straßenverkehrs im<br />
Blickpunkt. Konkurrierende Gesichtspunkte,<br />
wie die Lebensqualität von<br />
Anliegern, die Beibehaltung von städtischen<br />
und wirtschaftlichen Beziehungsgeflechten<br />
oder die Wachstumsförderung<br />
eines kohärenten Stadtgefüges wurden<br />
seinerzeit nicht mit der erforderlichen<br />
Schärfe wahrgenommen. Der Ausbau<br />
der BAB A 7 bietet Gelegenheit, die in<br />
den 1970er Jahren entstandene Zäsur,<br />
wenn nicht vollständig aufzuheben,<br />
dann doch wesentlich zu mildern und<br />
die Belastung der benachbarten Bürgerschaft<br />
nachhaltig zu verringern. Die<br />
hier dargestellte, schon weitgehend<br />
von allen Seiten für gut geheißene<br />
und verfestigte Planung wird treffend<br />
durch die Stichworte »Die Autobahn<br />
macht Platz« oder auch »Gut bedacht«<br />
charakterisiert.<br />
Gegenstand des Ausbaus ist der Abschnitt<br />
der A 7 von der Landesgrenze<br />
Schleswig-Holstein bis zur Anschlussstelle<br />
Othmarschen vor dem Elbtunnel.<br />
Dieser Streckenabschnitt hat eine Länge<br />
von 11,60 km und beinhaltet das Autobahndreieck<br />
Hamburg-Nordwest sowie<br />
sechs Anschlussstellen. Es werden die<br />
städtischen Kernbereiche Schnelsen,<br />
Stellingen und Bahrenfeld/Othmarschen<br />
durchquert.<br />
Der Trassenverlauf der A 7 durch die engbebauten<br />
Stadtteile hat mit der steigenden<br />
Verkehrsbelastung zu einer starken<br />
Verlärmung der gequerten und zerschnittenen<br />
Quartiere geführt. Die Gesetzgebung<br />
und die begleitenden Verordnungen<br />
zum Immissionsschutz geben<br />
bei einem Autobahnausbau vor, dass<br />
enge Grenzwerte einzuhalten sind. Dies<br />
bedingt bei der vorliegenden Situation,<br />
dass umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen<br />
erforderlich werden, die als<br />
Bauwerke dann für Autobahn und Stadt<br />
größte Bedeutung haben.
2 Interdisziplinäre<br />
Aufgabenstellungen und<br />
gesamtheitliche Lösungen<br />
Kapazität und Autobahnquerschnitt,<br />
Schallschutz und Umweltschutz, die<br />
erforderlich werdenden umfangreichen<br />
Bauwerke, die verkehrlichen und<br />
betrieblichen Maßnahmen sowie die<br />
städtebaulichen Konsequenzen müssen<br />
im Zusammenhang gesehen werden,<br />
Lösungen müssen in dem Spannungsfeld<br />
der Anforderungen Bestand haben.<br />
Interdisziplinäre, frühe und enge<br />
Zusammenarbeit der Fachkräfte ist<br />
unabdingbar, und von vornherein ist<br />
davon auszugehen, dass erst iterative<br />
Arbeitsschleifen zum besten Resultat<br />
führen.<br />
Die Untersuchungen zum Autobahnquerschnitt<br />
waren in der ersten Planungsphase<br />
zu realisieren. Für die vorhandene<br />
Situation der Verkehrszahlen und der<br />
engen Folge der Anschlussstellen<br />
beinhaltet das vorhandene Regelwerk<br />
allerdings keine Grundlage. Es wurden<br />
Mikrosimulationen, das heißt die<br />
rechnerische Verfolgung der einzelnen<br />
Fahrzeuge bei der Fahrt zwischen den<br />
Anschlussstellen mit den auftretenden<br />
Verflechtungen, durchgeführt. Ergebnis<br />
war schließlich die erforderliche Fahrstreifenanzahl<br />
für das Erreichen der<br />
nötigen Verkehrsqualität.<br />
Die Untersuchung der erforderlichen und<br />
zweckmäßigen Lärmschutzmaßnahmen<br />
war ein weiterer Schwerpunkt in den<br />
frühen Planungsphasen. Hierzu waren<br />
umfassende und differenzierte Schallberechnungen<br />
zu der Ausgangsbelastung<br />
und der Wirkung verschiedener Alternativen<br />
zu erstellen. Als wesentlicher<br />
Bestandteil der Untersuchung waren<br />
die Bau- und Folgekosten für die Schallschutzbauwerke<br />
in verschiedenster<br />
Ausführungsart zu ermitteln. Das Bundesimmissionsschutzgesetz<br />
mit den begleitenden<br />
Verordnungen weist explizite<br />
Vorgaben zur Einhaltung von Grenzwerten<br />
auf und gibt ebenfalls vor, dass der<br />
Aufwand für die Schutzmaßnahmen in<br />
angemessenem Verhältnis zum Erfolg<br />
stehen muss. Dies ist eine Aufgabenstellung,<br />
die für jede Situation unterschiedlich<br />
bearbeitet und beantwortet<br />
werden muss. Es wurde daher eine<br />
Methode entwickelt, die für den jeweiligen<br />
einzelnen Abschnitt unter den<br />
vielen möglichen Lösungen das Finden<br />
der zweckmäßigen erleichtert und<br />
nachvollziehbar abbildet. Dies geschah,<br />
indem die Effektivität (Nutzen = unterschiedlich<br />
große Summe der Grenzwertüberschreitungen)<br />
und die Effizienz<br />
(Kosten/Nutzen) einzelner Lösungen in<br />
Relation zueinander gesetzt wurden.<br />
2 Ergebnisse der Mikrosimulation<br />
© DEGES GmbH<br />
Ergebnis war die Festlegung, auf<br />
bestimmten Strecken Deckelbauwerke<br />
vorzusehen, auf anderen Strecken mit<br />
Lärmschutzwänden zu planen.<br />
In den Fällen, in denen sich aufgrund der<br />
Immissionsschutzuntersuchung sehr<br />
hohe Lärmschutzwände oder Deckelbauwerke<br />
als erforderlich ergeben, ist<br />
in aller Regel auch eine städtebauliche<br />
Problematik vorhanden. Oft werden<br />
Stadtteile zerschnitten, der soziale und<br />
wirtschaftliche Austausch unterbunden<br />
oder erschwert und das Beziehungsgeflecht<br />
eines natürlich wachsenden<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
3 Effektivität und Effizienz von Lärmschutzwänden<br />
© DEGES GmbH<br />
Stadtgebildes eingeschränkt. Solchen<br />
negativen Einwirkungen auf das Stadtgefüge<br />
kann durch Schallschutzwände<br />
allein weniger entgegengewirkt werden,<br />
aber durch die Anordnung geschlossener<br />
Deckelflächen und die Nutzung jener<br />
Flächen für die Zwecke der Stadtentwicklung<br />
lassen sich Beeinträchtigungen aus<br />
dem Autobahnverkehr weitgehend<br />
vermeiden. Geeignete Nutzungen der<br />
Deckelflächen sind unter anderem<br />
Park- oder Gartenanlagen, Fuß- und<br />
Radwegverbindungen.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
15
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Die BAB A 7 quert auf der Länge der<br />
11,60 km unterschiedliche topographische<br />
Situationen und verschieden<br />
strukturierte Stadtlandschaften. Die<br />
Randbedingungen und Ansprüche<br />
variieren dementsprechend ebenfalls,<br />
und die Ausführungslösungen spiegeln<br />
dies wider. Bestandteile der Planung sind<br />
Lärmschutzwände unterschiedlicher<br />
Höhe und Bauweise, Einhausungen einer<br />
Fahrtrichtung und Deckelbauwerke zur<br />
Überbrückung des gesamten Autobahnquerschnitts.<br />
In Schnelsen ist ein Tunnel von 560 m<br />
Länge geplant, in Stellingen einer von<br />
980 m und in Bahrenfeld-Othmarschen<br />
einer von 1.980 m. Für die Lärmschutzwände<br />
wurde eine Alternative gewählt,<br />
die lärmschutztechnisch effizient ist<br />
und die städtebauliche Akzeptanz nicht<br />
vernachlässigt: In Bereichen höchster<br />
Schallschutzanforderungen werden<br />
auskragende Seitenwände und eine<br />
Mittelwand mit einer Höhe von 9,00 m<br />
errichtet. Außerdem werden größere<br />
Streckenlängen mit einer Straßendecke<br />
aus offenporigem und damit besonders<br />
schallschluckendem Asphalt vorgesehen.<br />
3 Innovativer Ingenieurbau<br />
3.1 Neue Aufgabenstellungen<br />
Infolge der großen Autobahnquerschnitte<br />
und anderer Besonderheiten stellen sich<br />
auch beim Entwurf der Bauwerke Aufgabenstellungen,<br />
die der Entwicklung<br />
innovativer Lösungen bedürfen.<br />
Länge: 960 m; Breite: 49 m; Spannbetondecke; Tiefgründung;<br />
Tunnelüberdeckung: 1,20 m; Abstand der Notausgänge: 60 m<br />
4 Tunnelquerschnitt Stellingen<br />
© DEGES GmbH<br />
16 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
3.2 Tunnelbauwerke<br />
Die Tunnel werden aufgrund ihrer<br />
oberflächennahen Lage als Rahmen<br />
mit flachen Decken ausgeführt, auf<br />
den Decken wird eine ca. 1,20 m hohe<br />
Erdüberschüttung angeordnet.<br />
Aus dem breiten Autobahnquerschnitt<br />
in dem Abschnitt Stellingen resultieren<br />
Spannweiten von 25 m und mehr,<br />
weshalb für die Rahmendecke eine<br />
vorgespannte Konstruktion vorgesehen<br />
ist. Der Brandschutz ist für Tunnel im<br />
Bau- wie im Endzustand ein wesentliches<br />
Thema.<br />
Als Folge des großen Querschnitts,<br />
der großen Belastung und, damit verbunden,<br />
der vorgespannten Konstruktion<br />
ergeben sich besondere Randbedingungen,<br />
die von den bisher realisierten<br />
Tunneln und dem dafür geltenden<br />
Regelwerk abweichen. Es sind zusätzliche<br />
statische Nachweise durchzuführen<br />
und neuartige Bauweisen für den<br />
konstruktiven Brandschutz in Betracht<br />
zu ziehen.<br />
Die Ausstattung der Tunnel mit Beleuchtung,<br />
Belüftung und Sicherheitstechnik<br />
ist ein umfangreiches Aufgabengebiet.<br />
Hier werden neue Lösungswege in<br />
Richtung Energieeffizienz und Wartungsfreundlichkeit<br />
verfolgt. Außerdem wird<br />
für die in Zukunft bestehende Anzahl<br />
von vier benachbarten Tunneln eine<br />
neue Tunnelleitzentrale vorgesehen,<br />
die betriebliche Vorteile besitzt.<br />
3.3 Lärmschutzwände<br />
Die örtliche Situation des Geländes,<br />
die Höhe und Nähe der benachbarten<br />
Bebauung und auch die Geometrie<br />
der Autobahn sind maßgebend für die<br />
Obergrenze einer städtebaulich noch<br />
verträglichen Wandhöhe. Zu beachten<br />
ist zudem, dass bei deren Vergrößerung<br />
über ein lärmschutztechnisch optimales<br />
Maß hinaus die Wirksamkeit der Wand<br />
nachlässt.<br />
Als Basislösung wurden über der Autobahn<br />
einkragende Wände verfolgt. Als<br />
Höhe des vertikalen Wandabschnitts<br />
wurden 7,50 m vorgesehen, und bei<br />
einer Kragweite von 4,00 m wurden als<br />
maximale Höhe des Dachrands 9,00 m<br />
festgelegt. Damit wird ein städtebaulich<br />
akzeptables Maß eingehalten und<br />
gleichzeitig die Anordnung der Autobahnbeschilderung<br />
nicht behindert.<br />
Die Variante der einkragenden Wände<br />
wurde bereits in anderen Fällen gewählt,<br />
allerdings ist der umfangreiche Einsatz<br />
als Rand- und Mittelwand neuartig für<br />
den Autobahnbau, verbunden mit<br />
verschiedenen neu zu lösenden funktionalen<br />
und konstruktiven Aufgabenstellungen;<br />
unter anderem wird ein<br />
umfangreiches Konzept zur Anprallsicherheit<br />
realisiert.
3.4 Kuppelbauwerke<br />
Aus Schallschutzgründen werden über bestimmten<br />
Rampen der Anschlussstellen Kuppeln ausgebildet,<br />
die in einer transparenten Bauweise vorgesehen sind.<br />
Hier wird ein neuartiges Konzept verfolgt, das eine<br />
effektive Berücksichtigung der Brandschutzanforderungen<br />
ermöglicht.<br />
3.5 Brückenbauwerke<br />
Eine größere Anzahl der bestehenden Brücken muss<br />
durch einen Neubau ersetzt werden. Dabei ist in<br />
bestimmten Fällen der Rückbau der vorhandenen<br />
Brücke mit größeren technischen Problemen als<br />
der Neubau verbunden.<br />
Die vorhandene Unterführung Oldesloer Straße muss<br />
aufgrund geometrischer Randbedingungen neu<br />
errichtet werden. Die Brücke ist ein Zweifeldbauwerk<br />
und wurde seinerzeit mit einem einteiligen, längs<br />
und quer vorgespannten Überbau realisiert. Da<br />
der Ausbau der Autobahn in zwei Schritten, jeweils<br />
halbseitig, unter laufendem Verkehr erfolgt, stellt der<br />
Abbruch des einteiligen Überbaus eine besondere<br />
Aufgabe dar. Als geeignete Lösung wird verfolgt,<br />
dass vor dem Rückbau der ersten Überbauhälfte<br />
die Querspannglieder eine Zwischenverankerung<br />
über eine Plombe aus hochfestem Stahlfaserbeton<br />
erhalten.<br />
Die vorhandene Langenfelder Brücke überquert<br />
in Stellingen einen Bahnhof sowie ICE- und S-Bahn-<br />
Gleise. Sie muss neu errichtet werden, da der<br />
verbreiterte Autobahnquerschnitt von dem bestehenden<br />
Tragwerk nicht aufgenommen werden<br />
kann. Ihr Neubau – vorgesehen ist eine im Einschubverfahren<br />
hergestellte Verbundbrücke – begegnet<br />
keinen größeren Schwierigkeiten. Der Rückbau der<br />
bestehenden Brücke ist allerdings mit größeren<br />
Problemen behaftet. Seinerzeit als Spannbetonkasten<br />
auf Traggerüst hergestellt, würde ein Rückbau<br />
mit konventionellen Abbruchmethoden zu nicht<br />
vertretbaren Sperrzeiten des Bahnverkehrs führen.<br />
Als geeignete Lösung wird daher verfolgt, den über<br />
den Durchfahrtsgleisen gelegenen Brückenteil auf<br />
Hilfsstützen aus dem Bahnfeld zu schieben, wofür<br />
aber der Überbau zu verstärken ist.<br />
4 Das Stadtbild<br />
4.1 Treffen von Ingenieurbau und Architektur<br />
Die Ausbaustrecke von 11,60 km Länge durchquert<br />
das westliche Stadtgebiet von Hamburg, und auf fast<br />
ganzer Länge findet sich nahe liegende Bebauung;<br />
in den drei zuvor beschriebenen Abschnitten werden<br />
auch städtische Kerngebiete gequert. Die Maßnahme<br />
der teilweisen Abdeckung der Autobahn mit der<br />
Nutzung der Oberflächen ist für die Stadtentwicklung<br />
von größter Bedeutung.<br />
Darüber hinaus muss allerdings den nicht in Tunneln<br />
liegenden Bereichen der Autobahn genauso Augenmerk<br />
geschenkt werden. Diese Bereiche, die durch<br />
die hohen und langen Schallschutzwände geprägt<br />
werden, sind von den anliegenden Bebauungen<br />
und den querenden Stadtstraßen einsehbar. Die<br />
Gestaltung solcher einsehbaren Bereiche ist für<br />
das Stadtbild, die Akzeptanz durch die Bürger und<br />
für das Wohlfühlen in der Stadt wesentlich.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
www.jakob.ch<br />
Brückensicherheit:<br />
Edelstahl-Auffangnetze<br />
DIBt-Zulassung Nr. Z-14.7-557<br />
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2012 | BRÜCKENBAU<br />
17
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
6 Konzept für Tunnelportale<br />
© DEGES GmbH<br />
Der Blickwinkel der Fahrer auf der<br />
Autobahn ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen.<br />
Für sie gehört die Innenansicht<br />
der Autobahn zum Stadtbild, und auch<br />
dem sporadischen Besucher von Hamburg<br />
wie dem Transitverkehr sollten<br />
städtebauliche Erkennungsmerkmale<br />
und ansprechend gestaltete Ansichten<br />
geboten werden.<br />
Die Ausbildung von Streckenabschnitten<br />
nach gestalterischen Aspekten ist im<br />
deutschen Autobahnbau fast gebräuchliche<br />
Verfahrensweise. Üblicherweise wird<br />
eine für den jeweiligen Streckenabschnitt<br />
einheitliche Gestaltungsidee entwickelt,<br />
die zum einen zwischen den Polen einer<br />
leicht begreifbaren Charakterisierung<br />
und der Notwendigkeit der Abwechslung<br />
ein Gleichgewicht finden muss, zum<br />
anderen aber mit dem benachbarten<br />
Stadt- oder Landschaftsbild korrespondiert:<br />
Der gestalterischen Bearbeitung<br />
werden die wesentlichen visuell wahrnehmbaren<br />
Objekte unterworfen.<br />
In diesem Fall sind das vorrangig die<br />
Schallschutzwände und die Portale<br />
der Tunnel. Andere Bauwerke, wie die<br />
Über- und Unterführungen, die Verkehrszeichenbrücken,<br />
die Streckenbeleuchtung,<br />
sind ebenfalls in den Gestaltungskanon<br />
aufzunehmen.<br />
18 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
5 Konzept für Lärmschutzwände<br />
© DEGES GmbH<br />
4.2 Schallschutzwände<br />
Die außergewöhnlichen Abmessungen<br />
der Wände in Länge und Höhe bedürfen<br />
einer differenzierten Strukturierung.<br />
Verfolgt wurde das Konzept einer<br />
ausgeprägten räumlichen Gliederung<br />
sowohl in der Vertikalen als auch in der<br />
Horizontalen.<br />
Im Grundriss wird eine fließende Linienführung<br />
angestrebt. Hierzu werden<br />
Lageänderungen der Wände, falls sie<br />
nicht vermieden werden können, auf<br />
größerer Länge verzogen, Höhenänderungen<br />
ausgeglichen und Einbauten<br />
ohne Vor- und Rücksprünge ausgebildet.<br />
4.3 Tunnelportale<br />
Die Tunnelportale eignen sich dafür, im<br />
Verlauf des Streckenabschnittes eine<br />
gezielte Akzentuierung dort vorzunehmen,<br />
wo die Autobahn ein Stadtkerngebiet<br />
durchquert. Hierfür wird<br />
im Portalbereich eine Querscheibe mit<br />
Bogenform ausgebildet, die in eine<br />
geschlossene und eine transparente<br />
Fläche gegliedert ist.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Reintjes<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berlin<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Auftragsverwaltung<br />
Freie Hansestadt Hamburg,<br />
Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation<br />
Projektdurchführung<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin
Zum zweiten Mal lobt die<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />
mit<br />
MixedMedia Konzepts<br />
einen Ideenwettbewerb aus.<br />
Lärmschutzwände<br />
sind diesmal das große Thema.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Ingenieure, Architekten, Planer, Studierende und ausführende<br />
Unternehmen sind aufgerufen, zukunftsweisende Ideen und<br />
Konzepte für Lärmschutzwände zu entwickeln und einzureichen,<br />
die höchste Ansprüche erfüllen – in puncto Ästhetik, Technik,<br />
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.<br />
Im Rahmen unserer Zeitschriften und Symposien engagieren<br />
wir uns seit Jahren für mehr Baukultur bei Ingenieurbauwerken –<br />
und dazu gehören selbstverständlich auch Lärmschutzwände<br />
an Bahnanlagen, Autobahnen, Schnell- und Stadtstraßen.<br />
Mit unserem Ideenwettbewerb wollen wir daher zur<br />
(weiteren) Qualitätsverbesserung im Infrastrukturbereich<br />
beitragen.<br />
Eine unabhängige und hochkarätig besetzte Fachjury wird alle<br />
eingesandten Entwürfe beurteilen.<br />
Die Ausschreibungsunterlagen stehen ab dem 15. April 2012<br />
im Internet unter www.mixedmedia-konzepts.de zum<br />
Download zur Verfügung.<br />
Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 |<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
19
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Maßnahme im Rahmen der Autobahnerweiterung in Hamburg<br />
Abbruch und Neubau der Langenfelder Brücke<br />
von Karl-Heinz Reintjes, Gregor Gebert<br />
Die Bundesautobahn A 7 quert<br />
zwischen den Anschlussstellen<br />
Hamburg-Stellingen und -Volkspark<br />
mit der Langenfelder Brücke das<br />
Gelände des Betriebsbahnhofs<br />
Langenfelde und zahlreiche Gleise<br />
der Fern- und S-Bahn sowie Stadtstraßen<br />
und Wege. Das vorhandene<br />
Bauwerk kann die im Zuge der<br />
Erweiterung der A 7 geplanten<br />
Verkehrsbreiten nicht aufnehmen.<br />
Voruntersuchungen ergaben<br />
zudem, dass sowohl die Über-<br />
bauten als auch die Pfeiler nicht<br />
in der Lage sind, die zusätzlichen<br />
Belastungen aus der erforderlichen<br />
Verbreiterung und den vorzu-<br />
sehenden 7,50 m hohen Lärmschutzwänden<br />
abzutragen. Das<br />
vorhandene Bauwerk wird daher<br />
rückgebaut und durch einen<br />
Neubau ersetzt.<br />
1 Umfeld der Baumaßnahme<br />
Die Autobahntrasse liegt am Bauwerksbeginn<br />
in einer Klothoide und geht dann<br />
in einen konstanten Radius von 600 m<br />
über, das Quergefälle steigt entsprechend<br />
auf bis zu 5 % an. Für die achtstreifige<br />
Erweiterung der Bundesautobahn (BAB)<br />
A 7 wird gemäß den »Richtlinien für<br />
die Anlage von Autobahnen« (RAA) ein<br />
RQ 43,5 B mit einem zusätzlichen Fahrstreifen<br />
je Richtungsfahrbahn vorgesehen.<br />
Unter dem Bauwerk bzw. im Umfeld<br />
befinden sich umfangreiche Anlagen<br />
der Deutschen Bahn, der S-Bahn mit<br />
der Station Hamburg-Stellingen und<br />
des Betriebsbahnhofs Langenfelde. Die<br />
S-Bahn-Station ist mit einem Fußgängertunnel<br />
an den südwestlich der Brücke<br />
gelegenen Busbahnhof angebunden,<br />
der sowohl die Bahnanlagen als auch<br />
das Brückenbauwerk kreuzt. Die S-Bahn-<br />
Station wie der Busbahnhof sind zudem<br />
Hauptumsteigepunkte des öffentlichen<br />
Nahverkehrs für die Erschließung der in<br />
der Nähe situierten Veranstaltungsorte<br />
HSH Nordbank (Hamburger SV) und<br />
Colour-Line-Arena.<br />
20 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Luftbild des Autobahnabschnitts<br />
© www.maps.google.de<br />
Die Baumaßnahme Langenfelder Brücke<br />
berührt damit eine Vielzahl von überregionalen<br />
und innerstädtischen Verkehrsbeziehungen,<br />
die auch während der<br />
Baudurchführung in vollem Umfang zu<br />
gewährleisten sind. Dies betrifft insbesondere<br />
die sechsstreifig befahrene A 7,<br />
welche über das Bauwerk geführt wird,<br />
sowie die unterführten S- und Fernbahnstrecken.<br />
2 Das Bestandsbauwerk<br />
Die vorhandene Brücke wurde 1972 als<br />
siebenfeldriges Spannbetonbauwerk<br />
errichtet. Die getrennten Überbauten<br />
haben Längen von 398,50 m (West) bzw.<br />
385,30 m (Ost), wobei die Stützweiten<br />
zwischen 42,40 m bis maximal 80 m<br />
variieren. Die Überbauten bestehen<br />
aus längs und quer vorgespannten,<br />
einzelligen Hohlkästen mit Bauhöhen<br />
von 2,62 m bzw. 3,15 m. Die Gesamtbreite<br />
beträgt 45,50 m.<br />
3 Betoniertakte des Bestandsüberbaus<br />
© DEGES GmbH<br />
Für die Vorspannung wurden, wie damals<br />
üblich, ausschließlich in Verbund<br />
liegende Spannglieder verwendet.<br />
2 Bestehende Brücke<br />
© DEGES GmbH
Die Herstellung erfolgte auf einem<br />
bodengestützten Lehrgerüst. Als erster<br />
Abschnitt wurde ein sogenannter Tisch<br />
etwa in Bauwerksmitte errichtet, anschließend<br />
wurden beide Überbauten<br />
feldweise zunächst in Richtung des<br />
südlichen und danach in Richtung des<br />
nördlichen Widerlagers vervollständigt.<br />
Die flach gegründeten Pfeiler bestehen<br />
aus rautenförmigen Stahlbetonscheiben<br />
und haben zur Auflagerung der Überbauten<br />
Hammerköpfe, die in Querrichtung<br />
vorgespannt sind. Die Widerlager<br />
sind als hochliegende Konstruktionen<br />
in aufgelöster Struktur ausgeführt und<br />
ebenfalls flach gegründet.<br />
3 Das neue Bauwerk<br />
Das Konzept für den Neubau leitet sich<br />
maßgeblich aus der Minimierung der<br />
Verkehrsbeeinträchtigungen und insofern<br />
aus der Realisierung einer möglichst<br />
kurzen Bauzeit ab. Im Rahmen einer<br />
Vorplanung wurde, davon ausgehend,<br />
eine Stahlverbundkonstruktion als<br />
Vorzugslösung ermittelt.<br />
Das neue Bauwerk ersetzt die vorhandene<br />
Brücke bei weitgehender Beibehaltung<br />
der vorhandenen Trassierung.<br />
Die Pfeilerstandorte im Bahnbereich<br />
wurden dabei so optimiert, dass die<br />
bisherige Anordnung zwischen den<br />
Fernbahngleisen entfällt. Die Anzahl<br />
der Auflagerachsen wird damit gegenüber<br />
der alten Brücke von acht auf<br />
sieben reduziert, was im Resultat ein<br />
sechsfeldriges Bauwerk bedeutet. Die<br />
Gesamtlänge des Neubaus beträgt<br />
400,90 m (West) bzw. 385,40 m (Ost)<br />
bei Stützweiten zwischen 48,60 m<br />
bis maximal 80,60 m. Zwischen den<br />
Lärmschutzwänden weist er eine<br />
Gesamtbreite von 51,10 m auf.<br />
Die Überbauten bestehen jeweils aus<br />
zwei oben offenen, begehbaren Trapezkästen<br />
aus Stahl und einer Fahrbahnplatte<br />
aus Stahlbeton, die aus Halbfertigteilen<br />
mit einer Ortbetonergänzung<br />
konzipiert ist. Bei nahezu horizontaler<br />
Lage der Kastenunterkante ergeben<br />
sich von Ost nach West ansteigende<br />
Konstruktionshöhen zwischen ca. 2,70 m<br />
und 4,30 m. Die Hauptträger werden im<br />
Rasterabstand von ca. n x 4,10 m durch<br />
radial positionierte Querträger miteinander<br />
verbunden, welche die Hauptträger<br />
durchdringen und sich in den Kragarmbereichen<br />
als Konsolen fortsetzen. Das<br />
dadurch gebildete Quersystem dient zum<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
4 5 Ansicht und Schnitt in Achse West<br />
© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />
einen der Auflagerung der Halbfertigteile<br />
und zum anderen der Querverteilung<br />
der Lasten. Die kontinuierliche Anordnung<br />
von Querträgern ermöglicht den<br />
vollständigen Verzicht auf separate<br />
Stützenquerträger.<br />
Die Pfeiler werden aus gestalterischen<br />
und statischen Gründen als schlanke<br />
Verbundstützen realisiert, wobei ihre<br />
Gründung im Unterschied zum Bestandsbauwerk<br />
auf Bohrpfählen erfolgt. Als<br />
Widerlager sind zurückgesetzte Kastenwiderlager<br />
vorgesehen, die flach<br />
gegründet werden.<br />
6 7 Querschnitte: Bestand und Neubau<br />
© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />
Auf dem Überbau wird zur Lärmminderung<br />
eine einlagige, offenporige Asphaltdeckschicht<br />
(OPA) aufgebracht, über<br />
der neuen Brücke werden die seitlichen<br />
Lärmschutzwände der Strecke mit 7,50 m<br />
Höhe weitergeführt.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
21
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
4 Abbruch- und Herstellungskonzept<br />
4.1 Wesentliche Randbedingungen<br />
Die Baudurchführung ordnet sich grundsätzlich<br />
in die Gesamtbaumaßnahme<br />
»Erweiterung der A 7 im Abschnitt<br />
Stellingen» ein und gliedert sich in die<br />
nachfolgend aufgelisteten Bauphasen<br />
Der Verkehr auf der A 7 wird in allen<br />
Phasen mit einer 6+0-Verkehrsführung<br />
über den in Funktion verbleibenden<br />
Bestands- bzw. den dann neu errichteten<br />
Überbau geleitet. Betriebsunterbrechungen<br />
auf den Strecken der S- und<br />
Fernbahn (nördlicher Bereich) sind nur<br />
9<br />
22 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Bauphase Bezeichnung<br />
1.1 Erweiterung östliche RF (Flensburg) - Abbruch BW Ost<br />
1.2 Erweiterung östliche RF (Flensburg) - Neubau BW Ost<br />
2.1 Erweiterung westliche RF (Hannover) - Abbruch BW West<br />
2.2 Erweiterung westliche RF (Hannover) - Neubau BW West<br />
8 Hauptbauphasen der A-7-Erweiterung in Stellingen<br />
© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />
10 Vorgesehener Abbruch der Bestandsüberbauten<br />
© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />
in Ausnahmefällen an bestimmten<br />
Wochenenden möglich. Dementsprechend<br />
sind über diesen Gleisen für<br />
Abbruch und Montage der Überbauten<br />
lediglich Verschubvorgänge vorgesehen,<br />
die innerhalb der zeitlich begrenzten<br />
Sperrpausen realisierbar sind. Die Gleise<br />
des Betriebsbahnhofs (südlicher Bereich)<br />
können in Teilbereichen auch längerfristig<br />
gesperrt werden, da sich jeweils<br />
andere Gleise für eine Umfahrung nutzen<br />
lassen: Hier kann der Abbruch daher mit<br />
konventionellen Geräten von unten<br />
erfolgen.<br />
4.2 Abbruch des Bestandsbauwerks<br />
4.2.1 Unterschiedliche Verfahren<br />
Der Abbruch erfolgt entsprechend<br />
den möglichen Einschränkungen des<br />
Bahnbetriebs mit unterschiedlichen<br />
Verfahren für den südlichen und<br />
nördlichen Teil des Überbaus.<br />
4.2.2 Teilabbruch Süd<br />
(Bereich Betriebsbahnhof)<br />
Der Überbau wird zunächst von oben<br />
geleichtert. Dies umfasst die Demontage<br />
der Geländer und Schutzeinrichtungen,<br />
den Abbruch der Kappen und das Abfräsen<br />
der Beläge. Darüber hinaus erfolgt<br />
mittels Trennschnitten ein Teilrückbau<br />
der Fahrbahnplatte in den Kragbereichen<br />
sowie zwischen den Stegen.<br />
Das Abbruchgut wird über den noch<br />
funktionstüchtigen Überbau in Richtung<br />
Widerlager Süd ausgefahren und dort<br />
zerkleinert, was den erforderlichen<br />
Zeitraum für die Sperrung der Bahnanlagen<br />
auf ein Minimum reduziert.<br />
Der verbleibende Trogquerschnitt,<br />
bestehend aus Stegen und Bodenplatte,<br />
wird anschließend mit schwerem<br />
Abbruchgerät von unten, das heißt von<br />
der Bahnanlage aus, abgebrochen, die<br />
hierfür durch eine Schutzlage (Kies- und<br />
Sandschüttung) gesichert ist. Aufgrund<br />
der Abhängigkeiten bei den Gleissperrungen<br />
erfolgt der Abbruch in<br />
zwei Teilabschnitten.<br />
4.2.3 Teilabbruch Nord<br />
(Bereich S- und Fernbahn)<br />
Im Bereich der Fern- und S-Bahn-Gleise<br />
sind nur kurzzeitige Sperrungen der<br />
Bahnanlage möglich. Es ist daher vorgesehen,<br />
den kompletten Überbau<br />
zunächst in Richtung Norden auszuschieben,<br />
bevor er dann mit schwerem<br />
Abbruchgerät weiter zerkleinert wird.<br />
Für den Verschub ist das Aufstellen von<br />
Hilfsstützen im Abstand von ca. 25 m<br />
erforderlich, da der ursprünglich auf<br />
Lehrgerüst hergestellte Überbau für die<br />
veränderlichen Lagerungsbedingungen<br />
nicht ausgelegt ist. In Abhängigkeit von<br />
den Beanspruchungen ist er zusätzlich<br />
durch externe Vorspannung zu verstärken.<br />
Beim Verschub ist zu beachten,<br />
dass der vordere Bereich des Überbaus<br />
noch in einer Klothoide trassiert ist.<br />
Die Hilfsstützen und Verschublager sind<br />
dementsprechend so zu konzipieren, dass<br />
die auftretenden Querverschiebungen<br />
aufgenommen werden können.
11<br />
12 Geplante Montage des Neubaus<br />
© DEGES GmbH/Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH<br />
4.3 Herstellung der neuen Überbauten<br />
Aus Gründen der Eingriffsminimierung<br />
erfolgen die Montage der Stahlkonstruktion<br />
im gesamten Bahnbereich mittels<br />
Taktschiebeverfahren ohne Hilfsstützen,<br />
die Herstellung der Fahrbahnplatte<br />
zudem unter Verwendung von Halbfertigteilen<br />
mit nachträglicher Ortbetonergänzung<br />
ausschließlich von oben.<br />
Durch den hohen Vorfertigungsgrad<br />
wird eine deutliche Reduzierung der<br />
Bauzeit erreicht.<br />
Der Verschub ist von Süden nach Norden<br />
vorgesehen, der Vormontageplatz<br />
befindet sich also hinter dem südlichen<br />
Widerlager. Die Verschubebene liegt<br />
ca. 3–4 m über dem Endniveau, so dass<br />
der Überbau nach dem Verschub entsprechend<br />
abzustapeln ist. Damit sind<br />
zwar relativ aufwendige Hilfskonstruktionen<br />
an den Stützen erforderlich, es<br />
ergibt sich jedoch der Vorteil, dass ein<br />
unnötiger Abtrag des bestehenden<br />
Autobahndamms vermieden wird und<br />
dass Durchbiegungen der Kragarmspitze<br />
zu keinerlei Konflikten mit der Oberleitungsanlage<br />
führen. Das nördliche<br />
Überbauteil wird mittels Kranmontage<br />
von unten hergestellt, da er in der<br />
Klothoide liegt und sein Einschieben<br />
größere Probleme verursachen würde.<br />
Nach beendeter Montage der Stahlkonstruktion<br />
schließt sich das Auslegen der<br />
Betonfertigteile für die Fahrbahnplatte<br />
an. Hierfür ist ein schienengebundener<br />
Portalkran oder Ähnliches vorgesehen,<br />
welcher auf den ausgesteiften Hauptträger-Obergurten<br />
fährt. Danach erfolgt<br />
die Betonage der Ortbetonergänzung<br />
in ca. 2 x 3 Abschnitten fortlaufend,<br />
parallel von beiden Widerlagern aus<br />
zur Brückenmitte.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Reintjes<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berlin<br />
Dipl.-Ing. Gregor Gebert<br />
Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH,<br />
Berlin<br />
Die neue Generation<br />
von Ankerschienen.<br />
Kundenservice 0800-888 55 22 | www.hilti.de<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Auftragsverwaltung<br />
Hansestadt Hamburg,<br />
Behörde Wirtschaft, Verkehr, Innovation<br />
Projektdurchführung<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, Berlin<br />
Entwurfsplanung und Ausschreibung<br />
Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin<br />
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Hilti – der verlässliche Partner für sichere Verankerungslösungen.<br />
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unterschiedlichen Elementen auskommt.<br />
1/2 . • Europäische Technische Zulassung für vorwiegend ruhende<br />
und dynamische Lasten im Brandfall – ETA-11/0006.<br />
2012 | BRÜCKENBAU<br />
23
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Variantenuntersuchung und Entwurf<br />
Neue Kattwykbrücke in Hamburg<br />
von Rico Stockmann, Helmut Schmitt<br />
Durch die Lage im engbebauten<br />
urbanen Raum über einem mit<br />
großen Seeschiffen befahrenen<br />
Gewässer und die Nutzung der<br />
Brücke durch sehr schwere Güterzüge<br />
ergaben sich viele Punkte, die<br />
eine Mitwirkung von Fachleuten für<br />
Stadtplanung, Straßen- und Eisenbahnen,<br />
Nautik, Maschinenbau,<br />
Elektrotechnik, konstruktiven<br />
Ingenieurbau, Geologie, Tiefbau,<br />
Architektur, Umwelt und Naturschutz<br />
sowie Hochwasserschutz<br />
erforderlich machten. Am Ende der<br />
Planung steht ein ca. 2 km langer<br />
Verkehrszug mit mehreren Brücken,<br />
Stützwänden, Betriebsgebäuden,<br />
Hochwasserschutzwänden, einem<br />
neuen Leuchtturm und dem Haupt-<br />
bauwerk, einer 300 m langen,<br />
zweigleisigen Hubbrücke aus Stahl:<br />
der neuen Bahnbrücke Kattwyk.<br />
Über die umfangreiche Variantenuntersuchung,<br />
die Abwägung aller<br />
Alternativen und die Entwurfs-<br />
planung im Detail soll hier<br />
berichtet werden.<br />
1 Allgemeines<br />
Der Hamburger Hafen ist der größte<br />
deutsche Seehafen und gehört darüber<br />
hinaus zu den größten der Welt. Er liegt<br />
als Tidehafen am Unterlauf der Elbe ca.<br />
100 km von der Mündung der Elbe in<br />
die Nordsee entfernt. In Hamburg bildet<br />
die Elbe ein Binnendelta aus und teilt<br />
sich für ca. 15 km in die Hauptarme<br />
der Norder- und Süderelbe, welche die<br />
Elbinsel Wilhelmsburg einschließen.<br />
Innerhalb des Hamburger Hafens kommt<br />
der Anfang der 1970er Jahre errichteten<br />
Kattwykbrücke als Querung über die<br />
Süderelbe eine zentrale Bedeutung zu.<br />
Die bestehende Kattwykbrücke ist eine<br />
Hubbrücke mit einem 96 m breiten und<br />
53 m hohen Lichtraum für die Schifffahrt,<br />
24 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Lage der Brücke im Hamburger Hafen<br />
© Hamburg Port Authority<br />
die als kombiniertes Bauwerk für den<br />
Straßen- und Eisenbahnverkehr ausgelegt<br />
ist. Die Brücke stößt aber absehbar an<br />
die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit:<br />
Untersuchungen zur Restlebensdauer<br />
zeigen auf, dass aufgrund von Materialermüdung<br />
kurz- bis mittelfristig mit<br />
Schäden gerechnet werden muss, die<br />
ihre Tragfähigkeit einschränken. Mit dem<br />
in Parallellage geplanten Neubau soll nun<br />
der gesamte Schienenverkehr auf eine<br />
bewegliche Eisenbahnbrücke verlagert<br />
werden. Dadurch wird die vorhandene<br />
2 Bestehende Straßen- und Eisenbahnbrücke<br />
© Hamburg Port Authority<br />
Kattwykbrücke entlastet und steht dem<br />
Straßenverkehr noch langfristig zur<br />
Verfügung.<br />
Die Hamburg Port Authority hat im<br />
Dezember 2008 die Planung für die<br />
Errichtung eines zweigleisigen Ersatzbauwerkes<br />
aufgenommen. Seit August 2009<br />
wird die Objekt- und Tragwerksplanung<br />
für das Projekt Neue Bahnbrücke Kattwyk<br />
durch die Ingenieurgemeinschaft der<br />
Büros Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Sellhorn Ingenieurgesellschaft und<br />
Ingenieurbüro H. Vössing betrieben.
3 Entscheidungsprozess<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
2 Vorplanung<br />
2.1 Planungsstufen<br />
Die Vorplanung erfolgt in drei wesentlichen<br />
Stufen:<br />
– Planung der Verkehrsanlage<br />
(Variantenuntersuchung der Lage),<br />
– Planung der Ingenieurbauwerke<br />
(Variantenuntersuchung der<br />
Ingenieurbauwerke),<br />
– Ausarbeitung der vollständigen<br />
Vorplanungsunterlagen der Vorzugsvariante.<br />
2.2 Lage des Bauwerks<br />
Durch die urbane Lage des Baufeldes<br />
waren umfangreiche bauliche und<br />
nautische Randbedingungen zu beachten,<br />
wobei sich zwei generelle Möglichkeiten<br />
für die neue Brücke ergaben:<br />
je eine Variante südlich und nördlich<br />
des Bestandsbauwerkes.<br />
4 5 Bauliche und nautische Randbedingungen<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Die südliche Variante ist wegen der<br />
geplanten Bundesautobahn A 252<br />
»Hafenquerspange«, der Nähe zum<br />
geplanten Liegeplatz des Kraftwerkes<br />
Moorburg und der Lage zum Hohe-<br />
Schaar-Hafen ungünstiger. Für den<br />
Straßenverkehr ist sie ebenfalls nachteilig,<br />
da sich Straße und Eisenbahn<br />
an jedem Ufer überwerfen müssen.<br />
Die nördliche Variante ist nautisch für die<br />
Passage großer Schiffe ungünstig, da die<br />
Brücke kurz hinter einer Kursänderung<br />
liegt und somit den Raum zur genauen<br />
Ausrichtung der Schiffe verkürzt.<br />
Zusätzlich muss sie sehr weit im Norden<br />
angeordnet werden, und der Fernwärmedüker<br />
befindet sich dann zwischen<br />
beiden Brückenbauwerken.<br />
Für die Eisenbahn ist zudem ein enger<br />
Radius von 300 m erforderlich, um<br />
vor dem Tanklager die Richtung zu<br />
ändern.<br />
Die Abwägung der beiden Alternativen<br />
führte zum Ergebnis, dass die nördliche<br />
Variante besser geeignet ist, wenn die<br />
sichere Schiffspassage auch mit der<br />
kürzeren Strecke zur Ausrichtung sichergestellt<br />
werden kann. Da diese Frage von<br />
nautischen Fachleuten ebenfalls nicht<br />
klar zu beantworten war, wurde eine<br />
Simulation am Marine Training Center<br />
Hamburg durchgeführt. Dabei wurde<br />
nachgewiesen, dass eine sichere Passage<br />
bei einer leichten Vergrößerung der<br />
Hauptspannweite gewährleistet ist.<br />
Damit ergab sich die nördliche Brückenlage<br />
als klar vorteilhaft.<br />
Die als Resultat der Vorplanung der<br />
Verkehrsanlage gewählte Lage der<br />
Brücke mit der aus nautischen Gründen<br />
definierten Durchfahrtsbreite von 108 m<br />
erfordert eine Hauptstützweite von ca.<br />
130 m. Der Achsabstand zur bestehenden<br />
Kattwykbrücke beträgt 58 m.<br />
6 7 Südliche und nördliche Variante<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
8 Nautische Simulation<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
25
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
10<br />
9 11 Alternativen: Doppel-Drehbrücke, Drehbrücke, Klappbrücke mit Doppelklappe<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
2.3 Wahl des Brückentyps<br />
Ziel war es, im Hinblick auf den exponierten<br />
Standort ein Bauwerk zu entwerfen,<br />
das der Lage auf stadträumlicher Ebene<br />
und der Ensemblewirkung gemeinsam<br />
mit der vorhandenen Brücke gerecht wird<br />
und das sich wirtschaftlich herstellen,<br />
betreiben und unterhalten lässt. Bei<br />
der Ausarbeitung von Lösungsmöglichkeiten<br />
für das Tragwerk wurde daher<br />
eine optische Verträglichkeit der Brücke<br />
im städtebaulichen Gesamtbild unter<br />
Beachtung ihrer Fern- wie der Ensemblewirkung<br />
angestrebt. Dabei wurde<br />
13<br />
26 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
14 Untersuchung von Pylontypen<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
dem Gedanken einer »Brückenfamilie«<br />
gestalterisch große Bedeutung zugesprochen:<br />
Untersucht wurden Varianten,<br />
die sich gestalterisch sehr eng am<br />
Bestand orientieren oder auch eine<br />
eigenständige Form entwickeln.<br />
In einem ersten Schritt wurden die<br />
Alternativen Hub-, Klapp- und Drehbrücke<br />
ausgewählt, die grundsätzlich<br />
für ein Bauwerk dieser Größenordnung<br />
in Frage kommen. Als Ergebnis stellte<br />
sich eine Hubbrücke als geeignetste<br />
Lösung heraus.<br />
In einem weiteren Schritt wurde dann<br />
der Überbau untersucht, für den sich<br />
Fachwerk-, Stabbogen- und Vollwandkonstruktionen<br />
verschiedener Art<br />
anbieten. Fachwerke erwiesen sich<br />
hier als optimal.<br />
Die Form des Fachwerks und der Pylone<br />
wurde wegen der großen ästhetischen<br />
Bedeutung und ihrer Wirkung im Stadtbild<br />
schließlich in einem weiteren Schritt<br />
anhand von Visualisierungen vertiefend<br />
betrachtet.<br />
12 Überbauvarianten für die Hubbrücke<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH
15 16 Gewählte Vorzugsvariante<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Es zeigte sich, dass als Vorzugsvariante<br />
eine parallelgurtige Fachwerkbrücke mit<br />
konstanter Bauhöhe über drei Felder<br />
ausgeführt werden sollte. Die Pylone<br />
wurden dazu passend entwickelt, wobei<br />
durch die Verbreiterung ihrer Stiele eine<br />
sehr klare, einfache Form erreicht wird,<br />
die gut mit der des Überbaus harmoniert<br />
und zudem eine bequeme Erschließung<br />
der Triebwerksräume ermöglicht. Die<br />
diesem Bauwerksentwurf zugrundeliegende<br />
Konzeption ist im Hinblick auf<br />
Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten<br />
sowie technische Funktionsfähigkeit und<br />
Ästhetik die optimale Lösung.<br />
3 Bauwerksentwurf<br />
3.1 Überbaukonzeption<br />
Der Überbau wird als Einfeldträgerreihe<br />
aus drei parallelgurtigen Fachwerkträgern<br />
hergestellt, die mit Einzelstützweiten<br />
von 75,805 m im Seitenfeld (fest),<br />
130,810 m im Hubfeld und 75,805 m im<br />
Seitenfeld (fest) aufwarten. Die Bauhöhe<br />
des Überbaus beträgt 1,80–1,90 m und<br />
die Konstruktionshöhe 15,00 m. Letztere<br />
wurde gewählt, um ein Optimum für<br />
das Eigengewicht des Hubfeldes zu<br />
erreichen (λ = 131/15 = 8,70); aus<br />
gestalterischen Gründen kommt sie<br />
auch für die Seitenöffnungen zur<br />
Ausführung (λ = 76/15 = 5,10).<br />
Eine Systembreite von 11,30 m aufweisend,<br />
ist das Fachwerk mit geschweißten<br />
Hohlprofilen ausgebildet, wobei die<br />
Dienstgehwege im Inneren der Fachwerkstruktur<br />
liegen. Die Querträgerstützweite<br />
beträgt 11,30 m, die gewählte Konstruktionshöhe<br />
im Hauptfeld 1,33 m (Feldmitte)<br />
bzw. 1,43 m (Widerlager bzw.<br />
Pylon). Damit ergibt sich eine Schlankheit<br />
von λ = 8,30. Die Querträger in den<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Seitenfeldern haben Konstruktionshöhen<br />
von 1,08 m (Feldmitte) bzw. 1,16 m<br />
(Widerlager bzw. Pylon), was eine<br />
Schlankheit von λ = 10,50 bedeutet.<br />
Die Querträger sind als geschweißte<br />
offene Vollwandträger konzipiert, als<br />
Fahrbahn ist eine orthotrope Platte mit<br />
Hohlsteifen vorgesehen. Im Hauptfeld<br />
werden unter den Gleisen zudem Nebenlängsträger<br />
als offene geweißte Profile<br />
mit 750 mm Bauhöhe angebracht.<br />
Der Geh- und Radweg wird über nordseitig<br />
angeordnete Krag- an den Hauptträger<br />
angeschlossen, die Gehbahn<br />
wiederum als orthotrope Platte mit<br />
Hohlsteifen realisiert.<br />
Alle stählernen Bauteile der Überbauten<br />
werden aus Baustahl S355 J2+N hergestellt.<br />
17 18 Regelquerschnitte: Seitenfeld und Hubteil<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
3.2 Pylonkonzeption<br />
Die Höhe der Pylone beträgt 81 m über<br />
NN, sie setzt sich aus der Hubhöhe des<br />
Überbaus von 45,70 m, der Konstruktionshöhe<br />
des Überbaus, der Länge<br />
der Seilanschlüsse und der Höhe des<br />
Maschinenhauses zusammen.<br />
Die Pylone bestehen aus je zwei vollwandigen<br />
Kastenstielen mit Abmessungen<br />
von 7,50 m x 2,75 m. Ihre Außenwände<br />
werden über offene Querrahmen<br />
und Längssteifen (Hohlsteifen) gegen<br />
Beulen ausgesteift. Die Pylone sind<br />
biegesteif mit den darunterliegenden<br />
Massivpfeilern verbunden, wobei die<br />
Auflagerung in den vier Eckpunkten jedes<br />
Stiels über eine Mörtelfuge auf Druck<br />
und eine Zugverankerung mittels vorgespannter<br />
Einzelspannglieder ohne<br />
Verbund erfolgt.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
27
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Der Pylon erhält drei Riegel als geschweißte<br />
Hohlprofile von 3,00 m Höhe und 1,10 m<br />
Breite, in seinem Kopfbereich werden<br />
zwischen den Stielen zudem Fachwerke<br />
aus Walzprofilen mit 8 m Konstruktionshöhe<br />
angeordnet. Aus diesen Fachwerken,<br />
den Riegeln und den Stielen entsteht in<br />
Querrichtung ein Vierendeel-Rahmen<br />
über drei Stockwerke.<br />
Die beiden Fachwerkebenen tragen die<br />
Lasten aus dem versteiften stählernen<br />
Pylondach und aus dem ebenfalls<br />
versteiften Bodenblech des Maschinenhauses.<br />
Die Hauptlast aus den Seiltrommeln<br />
wird hingegen über den<br />
obersten Riegel in die Stiele abgeleitet.<br />
Die asymmetrischen Lasten aus dem<br />
Maschinenrahmen, den Getrieben und<br />
E-Motoren werden über den statisch<br />
bestimmt gelagerten Maschinenrahmen<br />
in das versteifte Bodenblech geführt und<br />
über die seitlichen Fachwerke, welche<br />
sich über das Dach und die Bodenplatte<br />
zu einer Torsionsröhre verbinden, in die<br />
Pylonstiele abgeleitet.<br />
Die Herstellung aller stählernen Bauteile<br />
erfolgt wiederum aus Baustahl S355 J2+N.<br />
3.3 Gründung der Strompfeiler<br />
Für die Strompfeiler wurden in Abstimmung<br />
mit dem Bodengutachter Lösungen<br />
für die Gründung untersucht, wie<br />
verschiedene Senkkästen und Pfahlgründungen.<br />
Als wirtschaftlichste Alternative<br />
stellte sich eine Gründung als<br />
einteiliger, geschlossener Senkkasten in<br />
Druckluftbauweise heraus.<br />
Der Senkkasten ist im Grundriss mit<br />
Abmessungen von 29,00 m x 14,00 m<br />
geplant und wird mit einer Absetztiefe<br />
von NN –30,00 m ausgeführt. Zu seiner<br />
Aussteifung werden Segmentwände<br />
angeordnet, so dass sich seitlich jeweils<br />
vier Segmente ergeben, die mit Wasser<br />
und Sand ballastiert werden können.<br />
Das mittlere Segment weist größere<br />
Abmessungen auf, um von hier aus im<br />
Microtunneling-Verfahren einen Düker<br />
zur Verbindung der beiden Pylone zu<br />
realisieren. Für den Absenkvorgang<br />
wird die Unterseite des Senkkastens mit<br />
einer umlaufenden Schneide und einer<br />
19 Antriebsstrang mit Seiltrommel<br />
© Rapsch und Schubert GmbH<br />
28 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
20 Prinzip der Senkkastenherstellung<br />
© Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH<br />
ca. 3,00 m hohen Arbeitskammer versehen,<br />
die nach Erreichen der Endtiefe<br />
mit Magerbeton verfüllt wird, was<br />
konstruktiv einer Flachgründung entspricht.<br />
Prinzipiell ist geplant, den<br />
Bodenaushub in der Arbeitskammer<br />
beim Absenkvorgang mit einem fern-<br />
21 Lage des Antriebs im Pylonkopf<br />
© Rapsch und Schubert GmbH<br />
gesteuerten Gerät durchzuführen. Für<br />
die Demontage der Geräte sowie beim<br />
Auftreten von Hindernissen kann die<br />
Arbeitskammer zu jedem Zeitpunkt<br />
begangen werden: Bei Erreichen der<br />
Absetztiefe und Normaltide sind maximal<br />
ca. 3,20 bar Überdruck zu erwarten.
3.4 Maschinenbau<br />
Zum Heben des Hubfeldes einer Brücke dieser Größe stehen<br />
zunächst folgende grundsätzliche Antriebs-Varianten zur<br />
Verfügung:<br />
– Ritzelantrieb,<br />
– Hydraulikzylinderantrieb,<br />
– Friktionsantrieb (Treibscheibenantrieb),<br />
– Seilwinden- oder Kettenantrieb,<br />
– hydraulischer Flaschenzug.<br />
Ausarbeitung und Bewertung dieser Varianten ergaben<br />
schließlich, dass ein Friktionsantrieb die günstigste Lösung<br />
ist. Angeordnet wird er jeweils im Maschinenhaus und auf<br />
den Pylonspitzen. Der Antrieb des Hubteiles erfolgt damit als<br />
Friktionsantrieb über je zwei Treibtrommeltriebwerke, wobei<br />
das Überbaueigengewicht über Gegengewichte ausgeglichen<br />
wird, die als Stahlkästen mit Schwerbetonfüllung (35 kN/m³<br />
Wichte und 12 Vol.-% Bewehrungsanteil) ausgeführt werden.<br />
Der Überbau ist an insgesamt 48 Seilen mit d = 70 mm<br />
angeschlagen. Die gleitgelagerten Treibtrommeln für je<br />
12 Seile werden über jeweils eine Trommelkupplung und<br />
ein fünfstufiges Stirnradgetriebe von den Hauptmotoren<br />
angetrieben, die Betriebs- und Haltebremsen sind als Außenbackenbremsen<br />
konzipiert. Die Synchronisation der Antriebe<br />
erfolgt zwischen den beiden Antriebssträngen eines Pylons<br />
mechanisch, zwischen beiden Pylonen elektronisch.<br />
4 Weiterer Projektablauf<br />
Die Genehmigung des Brückenneubaus erfolgt über eine<br />
Planfeststellung der Gesamtbaumaßnahme, die im Herbst 2011<br />
eingeleitet wurde. Es ist mit einer Bearbeitungsdauer von<br />
12–15 Monaten bis zum Erreichen des Baurechtes zu rechnen.<br />
Die Ausschreibung wird direkt im Anschluss durchgeführt.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Rico Stockmann<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />
Hamburg<br />
Dr.-Ing. Helmut Schmitt<br />
Hamburg Port Authority AöR<br />
Bauherr<br />
Hamburg Port Authority AöR<br />
Vorentwurf, Entwurf, Ausführungsplanung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Hamburg<br />
Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />
Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H. Vössing GmbH, Hamburg<br />
Entwurfsberatung<br />
PPL Architektur und Stadtplanung GmbH, Hamburg<br />
Projektsteuerung<br />
IMS Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />
Ingenieurbüro Dr. Schippke und Partner, Hannover<br />
Maschinenbau<br />
Ingenieurbüro Rapsch und Schubert GmbH, Würzburg<br />
Elektrotechnik<br />
DriveCon GmbH, Dettelbach<br />
Umweltverträglichkeit<br />
Dipl.-Ing. Peter Mix, Barnstedt<br />
leguan gmbh, Hamburg<br />
Baugrundgutachten<br />
Grundbauingenieure Steinfeld und Partner GbR, Hamburg<br />
Prüfingenieur<br />
Dr.-Ing. Christian Böttcher, Hamburg<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Brückenbau<br />
Projekt Massetabrücke, Eisenbahn-<br />
Neubaustrecke Nürnberg – Erfurt<br />
Engineering Obermeyer,<br />
SSF Ingenieure, Büchting+Streit<br />
Projekt Fußgängerbrücke im Stadthafen<br />
Sassnitz (DEUTSCHER BRÜCKENBAUPREIS 2010)<br />
Engineering schlaich bergermann &<br />
partner<br />
Projekt Paserelle des deux Rives,<br />
Strasbourg – Kehl, Frankreich – Deutschland<br />
Engineering LAP Leonhardt Andrä &<br />
Partner<br />
Projekt Integrale Verbundbrücke, Nordumgehung<br />
Bad Oeynhausen über die A30<br />
Engineering Bockermann Fritze<br />
IngenieurConsult<br />
www.sofi stik.de<br />
1/2 . Bruecke_58x268_D_110121.indd 1 21.01.11 10:07<br />
2012 | BRÜCKENBAU<br />
29
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Konzeption und Herstellung<br />
Neubau der Rethebrücke in Hamburg<br />
von Martin Tenkleve, Henning Schrewe<br />
Die 1934 errichtete Rethe-<br />
Hubbrücke verbindet die Hafengebiete<br />
Neuhof und Hohe Schaar<br />
und liegt im südlichen Gebiet des<br />
Hafens. Für den Hamburger Hafen,<br />
den Straßenverkehr von und nach<br />
Süden sowie den Eisenbahnbetrieb<br />
der hier angesiedelten Ölindustrie<br />
ist sie unverzichtbar, denn bei ihrem<br />
Ausfall sind die Verkehrsträger<br />
Straße, Schiene und Seeschifffahrt<br />
behindert. Die Hamburg Port<br />
Authority investiert in die Infrastruktur<br />
des Hafens und lässt der-<br />
zeit die neue Rethe-Klappbrücke<br />
errichten, die nach ihrer Fertig-<br />
stellung die größte Klappbrücke<br />
Europas sein wird.<br />
1 Vorgeschichte<br />
1.1 Vorhandenes Bauwerk<br />
1934 wurde die heutige Hubbrücke<br />
über die Rethe inmitten des Hamburger<br />
Hafens in Betrieb genommen: eine<br />
kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke<br />
aus Stahl in Fachwerkbauweise.<br />
Ihre Stützweite beträgt ca. 77 m, die<br />
lichte Durchfahrtshöhe für Seeschiffe<br />
bei maximaler Hochlage des Hubteils<br />
befindet sich bei NN + 53 m. Die Fahrwasserbreite<br />
zwischen den Schutzdalben<br />
misst 44 m und limitiert die Schiffsgrößen<br />
für die hinter der Rethe-Hubbrücke<br />
liegenden Hafenumschlagsbetriebe.<br />
Im Norden und Süden queren die Gleise<br />
der Hafenbahn oberflächengleich die<br />
Straßen. Beim Öffnen der Hubbrücke für<br />
eine Schiffspassage auf der Rethe sind<br />
der Straßen- und Bahnverkehr unterbrochen.<br />
30 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1.2 Anlass zum Neubau<br />
Die regelmäßig durchgeführten Bauwerksprüfungen<br />
nach DIN 1076 zeigen<br />
das Ende der technisch-wirtschaftlichen<br />
Lebensdauer an, die rasante ökonomische<br />
Entwicklung des Hamburger Hafens<br />
mit zunehmendem Verkehr und daraus<br />
resultierenden Belastungen auf die<br />
Bauwerke haben ihre Wirkung hinterlassen.<br />
Die notwendigen Instandhaltungen<br />
und -setzungen übersteigen<br />
ein wirtschaftlich vertretbares Maß, und<br />
die dafür notwendigen planmäßigen und<br />
unplanmäßigen Sperrungen verursachen<br />
wachsende Verkehrsprobleme im Hafennetz<br />
und auf allen Verkehrsträgern.<br />
Die hafenwirtschaftliche positive Entwicklung<br />
erfordert zudem größere<br />
Abmessungen und eine höhere Kapazität<br />
des Verkehrsknotens, um das unzweifelhaft<br />
vorhandene Potential für das weitere<br />
Wachstum des Hamburger Hafens und<br />
der Hafenwirtschaft fördern zu können.<br />
Wegen des schlechten Bauwerkszustandes<br />
wurde die zulässige Geschwindigkeit<br />
für den Straßenverkehr auf 30 km/h<br />
herabgesetzt. Die Prüfintervalle für die<br />
Brückeninspektion wurden darüber<br />
hinaus auf einen Rhythmus von drei<br />
Jahren verkürzt, für Sondertransporte<br />
und Lademaßüberschreitungen ist die<br />
Brücke inzwischen gesperrt.<br />
1 Vorhandene Rethe-Hubbrücke<br />
© Hochtief Solutions AG<br />
1.3 Verkehrsknotenpunkt<br />
1.3.1 Bedeutung und Prioritäten<br />
Die Rethequerung wird von drei Verkehrsträgern<br />
frequentiert: Eisenbahn, Straßenverkehr,<br />
See- und Hafenschifffahrt. Bei<br />
jeder Passage von Seeschiffen muss<br />
das Hubteil hochgefahren werden, und<br />
Schienen- wie Straßenverkehr müssen<br />
warten. Vor und hinter der Brücke<br />
kreuzen außerdem mehrere Gleisstränge<br />
die Straßen, so dass bei Zugverkehr zum<br />
und vom Hafenbahnhof Hohe Schaar die<br />
Straßenverkehre ebenfalls angehalten<br />
werden müssen. Somit ergibt sich eine<br />
Verkehrsträger-Priorität mit Vorrang von<br />
Schiffs- vor Bahn- vor Straßenverkehr.<br />
Bei hohem Verkehrsaufkommen oder<br />
Störungen an anderen Stellen im Hafenverkehrsnetz<br />
kommt es daher immer<br />
wieder zu Staubildungen an der<br />
Rethe-Hubbrücke.<br />
1.3.2 Straßenverkehr<br />
Die vorhandene Rethe-Hubbrücke<br />
liegt im südlichen Gebiet des Hafens<br />
und erfüllt eine wichtige Funktion als<br />
Hauptstraßenverbindung von und nach<br />
Süden in Richtung Harburg zur Bundesautobahn<br />
(BAB) A 1 und zur zweiten<br />
Süderelbquerung über die Kattwykbrücke<br />
Richtung BAB A 7. Die Querung hat auch<br />
eine große Bedeutung als Alternative für
Hafenverkehre, die nicht die stark<br />
belastete Köhlbrandbrücke nutzen<br />
können. Im Falle einer Sperrung der<br />
Köhlbrandbrücke bildet derzeit die<br />
Kattwykbrücke die wichtigste Alternative<br />
für Ost-West-Verkehre im Hafen. Ohne die<br />
Rethequerung auf halbem Weg zwischen<br />
diesen wichtigen Süderelbbrücken wäre<br />
eine Ausweichmöglichkeit abgeschnitten,<br />
für die Hafenbetriebe ist sie ebenso<br />
unverzichtbar.<br />
1.3.3 Schienenverkehr<br />
Die heute eingleisige Strecke der<br />
Hamburger Hafenbahn über die Rethe-<br />
Hubbrücke wird derzeit mit ca. 40<br />
Rangierfahrten pro Tag frequentiert,<br />
wobei die am Nordufer der Rethe liegenden<br />
Mineralölbetriebe Hauptnutzer der<br />
Schienenverbindung sind. Dazu kommen<br />
Übergabefahrten der Hafenbahn<br />
zwischen den Hafenbahnhöfen Hamburg-<br />
Süd und Hohe Schaar. Der Bahnverkehr<br />
benötigt dringend eine kreuzungsfreie<br />
Linienführung.<br />
1.3.4 Schiffsverkehr<br />
Aufgrund des Schiffsverkehrs in den<br />
südlichen Reiherstieg wird die Hubbrücke<br />
gegenwärtig ca. 3.000-mal pro Jahr<br />
geöffnet. Die im südlichen Reiherstieg<br />
ansässigen Firmen sind im konventionellen<br />
Stückgutumschlag und im trockenen<br />
Massengutumschlag mit einem Gesamtumschlag<br />
von 1.500.000 t Getreide,<br />
Futter- und Düngemittel tätig (Zahlenwert<br />
von 2007). Somit verkehren zu<br />
diesen Firmen hauptsächlich Massengutschiffe<br />
(bulk carrier) und konventionelle<br />
Stückgutfrachter, die die Brücke passieren<br />
müssen. Eine Fahrrinnenerweiterung<br />
nach Fertigstellung des Neubaus wird<br />
den Verkehr zukünftig erleichtern und<br />
die Passage deutlich größerer Schiffe<br />
ermöglichen.<br />
2 Neubauplanung<br />
2.1 Teilnahmewettbewerb<br />
Bereits 2005 wurden die eigentlichen<br />
Planungen für einen Neubau der Rethebrücke<br />
aufgenommen und über einen<br />
Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben,<br />
bei dem die Beteiligung vergleichsweise<br />
groß und international war. Nach einer<br />
intensiven Auswahlphase wurde die<br />
Ingenieurgemeinschaft aus den Büros<br />
Grassl und Sellhorn als Objekt- und<br />
Tragwerksplaner sowie Prof. Bernhard<br />
Winking als Architekt mit den Planungen<br />
beauftragt. Die besondere Herausforderung<br />
dieses Projektes bestand und<br />
besteht darin, eine Vielzahl von technischen<br />
Spezialgebieten zu koordinieren:<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
2 Lage im Hamburger Hafen<br />
© Hamburg Port Authority AöR<br />
Wasserbau, Spezialtiefbau, Erdbau,<br />
Stahlbau, Maschinenbau, Elektrotechnik,<br />
Eisenbahnbau, Leit- und Sicherungstechnik,<br />
Kampfmittelsondierungen,<br />
Straßenbau, Massiv<strong>brückenbau</strong>, Stahl<strong>brückenbau</strong>,<br />
bewegliche und feste<br />
Brücken.<br />
Die zu beachtenden Randbedingungen<br />
für Planung und Bau sind sehr anspruchsvoll<br />
und umfassen unter anderem<br />
– die ständige Aufrechterhaltung des<br />
Straßen-, Bahn- und Schiffsverkehrs,<br />
– sehr beengte Platzverhältnisse,<br />
– diverse Hindernisse im Baugrund,<br />
– das Arbeiten im Tidebereich,<br />
– sensible Versorgungsleitungen in<br />
geringer Entfernung,<br />
– eine setzungsempfindliche Hubbrücke<br />
in unmittelbarer Nähe,<br />
– die Gewährleistung des Hochwasserschutzes<br />
während der Sturmflutsaison.<br />
3 Ansicht der Klappbrücke<br />
© Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />
2.2 Formfindung<br />
Die hauptsächliche Systemwahl erfolgte<br />
durch eine ausführliche Diskussion über<br />
die Hauptvarianten Hubbrücke oder<br />
Klappbrücke. Dabei fand eine Reihe<br />
von Untervarianten mit ein- und mehrflügeligen<br />
Klappen und möglichen<br />
Kombinationen Berücksichtigung. Am<br />
Ende entschied sich der Bauherr für zwei<br />
zweiflügelige Klappbrücken, je eine für<br />
Bahn- und Straßenverkehr auf gemeinsamen<br />
Widerlagern. Bei der Ausgestaltung<br />
des Entwurfes wurden neben den<br />
technischen Bauanforderungen und den<br />
Herstellungs- sowie Instandhaltungsund<br />
Betriebskosten auch die architektonische<br />
Einbettung in das Umfeld und<br />
die markante Position eines hafenbildprägenden<br />
Bauwerks angemessen<br />
beachtet. Der Entwurf einer eleganten<br />
Stahlfachwerkkonstruktion konnte<br />
schließlich alle beteiligten Ingenieure,<br />
Architekten und Stadtplaner überzeugen.<br />
Eine hohe Verfügbarkeit der beweglichen<br />
Brücke für alle Verkehrsträger war zudem<br />
ein ausschlaggebendes Kriterium.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
31
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Spannweite 104,00 m<br />
Fahrwasserbreite 64,00 m<br />
Durchfahrtshöhe unbegrenzt<br />
Breite Straßenbrücke 14,00 m<br />
Breite Bahnbrücke 10,20 m<br />
Konstruktionsgewicht je Klappe 1.100 t<br />
Zusätzlich zur Querung des Gewässers<br />
ist zur weiteren Entflechtung der Landverkehre<br />
eine Überbrückung des Bahnhofskopfes<br />
Hohe Schaar notwendig,<br />
damit die kreuzenden Bahnverkehre<br />
nicht länger die Straßenverbindungen<br />
blockieren und die Leistungsfähigkeit<br />
des gesamten Knotens deutlich erhöht<br />
werden kann.<br />
Eine technische Besonderheit und damit<br />
für die Ausführung eine Herausforderung<br />
ist die Fingerverriegelung in Bauwerksmitte:<br />
Bei geschlossener Brücke<br />
wird auf eine mechanische Verriegelung<br />
verzichtet. Für jede Lastfallsituation ist<br />
die Konstruktion also quasi selbstschließend<br />
zu dimensionieren.<br />
3 Ausschreibung<br />
3.1 Aufteilung in Lose<br />
Die Baumaßnahmen für die Lose 1 und 2<br />
wurden im Juli 2009 ausgeschrieben,<br />
wobei zur Auswahl geeigneter Bieter<br />
zuvor ein europaweiter öffentlicher Teilnahmewettbewerb<br />
durchgeführt wurde.<br />
Die Vergabe für die Vorlandbrücke (Los 2)<br />
erfolgte Anfang 2010, im Herbst 2010<br />
erhielt die Arbeitsgemeinschaft Rethebrücke<br />
den Auftrag für Los 1. Erteilt<br />
wurde er aufgrund der Vergabekriterien<br />
»Technischer Wert« und »Wirtschaftlichstes<br />
Angebot« auf eine Kombination<br />
aus Hauptangebot und technischen<br />
Nebenangeboten.<br />
3.2 Los 1<br />
Das Los 1 beinhaltet im Wesentlichen den<br />
Bau der Rethe-Klappbrücke. Straße und<br />
Bahn erhalten getrennte Überbauten, die<br />
je Seite auf gemeinsamen Widerlagern<br />
auflagern. Die neue bewegliche Brücke<br />
wird somit als zweiteilige, zweiflügelige<br />
Klappbrücke in Stahlbauweise mit einer<br />
Spannweite von 104,20 m zwischen den<br />
Drehlagern errichtet. Die Gesamtbreite<br />
der Straßenklappbrücke beträgt zwischen<br />
den Geländern 14,00 m, die der Bahnklappbrücke<br />
10,20 m. Der Querschnitt<br />
der Straßenklappbrücke ist geschlossen<br />
(als orthotrope Platte), jener der Bahnklappbrücke<br />
offen ausgebildet. Die<br />
32 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
4 Technische Daten<br />
© Hochtief Solutions AG<br />
Unterbauten werden als Klappenpfeiler<br />
bezeichnet und sind als tiefgegründete<br />
Stahlbetonkonstruktion geplant. Die<br />
Herstellung der zugehörigen Baugrubenwände<br />
geschieht in einem schonenden<br />
Bohrverfahren unter Aufrechterhaltung<br />
des laufenden Schiffs-, Bahn- und<br />
Straßenverkehrs von einer Hubinsel aus.<br />
Feste Vorlandbrücken von ca. 40 m Länge<br />
sorgen für die südliche Anbindung beider<br />
Verkehrswege an das Festland.<br />
3.3 Los 2<br />
Auf einer Gesamtlänge von ca. 196 m,<br />
die sich in Einzelstützweiten von 23 m in<br />
den Rand- und 30 m in den Mittelfeldern<br />
untergliedert, wird im Los 2 im Wesentlichen<br />
die den Bahnverkehr künftig<br />
überquerende Straßenbrücke errichtet.<br />
Sie erstreckt sich vom Widerlager Nord<br />
bis zum Widerlager Süd als tiefgegründete<br />
Verbundbrücke über ein Durchlaufträgersystem<br />
von sieben Feldern.<br />
Nach Fertigstellung der Lose 1 und 2<br />
werden der Rückbau der Rethe-Hubbrücke<br />
sowie die endgültigen bahnund<br />
straßenseitigen Anpassungen<br />
vorgenommen, um schließlich auch die<br />
neue, um 20 m auf 64 m verbreiterte<br />
Fahrrinne realisieren zu können.<br />
4 Bauausführung<br />
4.1 Technische Bearbeitung<br />
Nach Auftragserteilung im Herbst 2010<br />
haben die technischen Büros der an der<br />
Arbeitsgemeinschaft beteiligten Unternehmen<br />
umgehend mit der Ausführungsplanung<br />
begonnen, die konsequent auf<br />
Basis der Maschinenrichtlinie erfolgt. Der<br />
Entwurf des Auftraggebers wird dabei<br />
überprüft und in eine baureife Konstruktion<br />
umgesetzt. Durch den technischen<br />
Federführer der Arbeitsgemeinschaft,<br />
Hochtief Solutions AG, werden die<br />
einzelnen Fachplaner für das Betonbauwerk,<br />
die Stahlbrücke, die Elektrotechnik,<br />
Hydraulik und Steuerung<br />
inklusive Programmierung koordiniert.<br />
Die Planung wird bis zu Übergabe und<br />
Fertigstellung aller Bauteile durch eine<br />
Inbetriebnahme in situ auf Funktionalität<br />
kontrolliert.<br />
4.2 Baufeldvorbereitung<br />
Vor Beginn der eigentlichen Baumaßnahme<br />
wurden Arbeiten für die Baustelleneinrichtung<br />
und zur Beurteilung<br />
der Kampfmittelfreiheit ausgeführt.<br />
Besondere Aufmerksamkeit musste<br />
zudem einem über 30 Jahre bestehenden<br />
Versorgungsdüker der Ölindustrie<br />
geschenkt werden. Eine ebenso alte<br />
Spundwand, die zur Errichtung des<br />
Dükers erforderlich war und damals im<br />
Baugrund verblieb, galt es, schonend<br />
und unter permanenter Beobachtung zu<br />
ziehen, um die erforderliche Baufreiheit<br />
für die südliche Baugrube der Klappbrücke<br />
zu gewährleisten. Mit Hilfe einer<br />
Hubinsel und eines Taucherschiffs wurde<br />
die Spundwand vorbereitet und dann<br />
Bohle für Bohle gezogen. Zur Erstellung<br />
der nördlichen Baugrube wurde darüber<br />
hinaus eine Steinschüttung aus Gleisschotter<br />
eingebracht, während kontaminierte<br />
Materialien, wie Baggergut aus<br />
der Rethe, fachgerecht entsorgt wurden.<br />
4.3 Baugrubenherstellung<br />
Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu<br />
einem Leitungsdüker der Vopak und zur<br />
vorhandenen, setzungsempfindlichen<br />
Rethe-Hubbrücke sind die Baugrubenwände<br />
besonders sorgfältig auszuführen.<br />
Als eine technische Entwicklung der<br />
Arbeitsgemeinschaft wird die Baugrube<br />
als eine Rohrwand mit inneren und<br />
äußeren Füllbohlen hergestellt, wobei<br />
die Hubinsel so gewählt wurde, dass<br />
sie ein 90 t schweres Greiferbohrgerät,<br />
einen 250-t-Raupenkran und die<br />
erforderlichen Aggregate und Ausrüstungen<br />
aufnehmen kann. An das Greiferbohrgerät<br />
ist eine 40 t schwere Verrohrungsmaschine<br />
angeschlossen, mit<br />
der die Mantelrohre (d = 1.800 mm)<br />
schussweise eingebohrt werden: Das<br />
Mantelrohr wird ausgegriffen und das<br />
eigentliche, bis zu 30 m lange Tragrohr<br />
eingestellt und der Ringraum anschließend<br />
mit Kunstboden Doroflow® gefüllt.<br />
Jedes Tragrohr ist in der Werkstatt mit<br />
vier Schlössern, die mit einem Schlossschutz<br />
versehen sind, ausgerüstet. Nach<br />
Verfüllen der Rohre wird das Leerrohr mit<br />
einer Zugkraft bis zu 200 t gezogen. Der<br />
beschriebene Vorgang wird für jedes<br />
Tragrohr wiederholt, die Zwischenräume<br />
werden mit etwas kleineren Mantelrohren<br />
(d = 1.200 mm) in gleicher Weise<br />
geleert und die inneren wie äußeren<br />
Füllbohlen nach Ziehen des Schlossschutzes<br />
mit leichter Vibrationshilfe<br />
eingebracht. Die Vertikalität und das<br />
lagegenaue Absetzen der Konstruktion<br />
sind für die spätere Sicherheit der bis<br />
16 m tiefen Baugrube äußerst wichtig,
5 Baugrube des Widerlagers Nord<br />
© Hochtief Solutions AG<br />
zumal sie bei einem Hochwasser bis zu<br />
NN + 6,50 m mit einem Wasserüberdruck<br />
bis zu 24 m belastet wird.<br />
Um den Schiffsverkehr zu jeder Zeit zu<br />
gewährleisten und zudem die gebotene<br />
Sicherheit für den Versorgungsdüker<br />
zu erreichen, werden bei der südlichen<br />
Baugrube zwei Wände von einer eigens<br />
dafür gefertigten Stahlbrücke errichtet.<br />
Das Bohrgerät arbeitet von der Stahlbrücke<br />
aus und wird dabei von einem<br />
schwimmenden Gerät, dem Ponton »Kiel«<br />
der Hochtief Solutions AG, unterstützt.<br />
Die Ausführung der Arbeiten erfolgt im<br />
24-h-Betrieb, die Rethe-Hubbrücke und<br />
der Vopak-Düker werden baubegleitend<br />
messtechnisch überwacht.<br />
4.4 Widerlager mit Klappenkeller<br />
Nach Fertigstellung der Baugrubenwände<br />
werden die Baugruben ausgehoben,<br />
ausgesteift und mit einer 1,80 m dicken<br />
Unterwasserbetonsohle, in die ca. 600<br />
Auftriebspfähle eingebunden sind,<br />
8 9 Querschnitt und Längsschnitt des Klappenpfeilers<br />
© Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />
6 Baugrube des Widerlagers Süd<br />
© Hochtief Solutions AG<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
gesichert. In der gesicherten Baugrube<br />
werden die Stahlbetonklappenpfeiler<br />
errichtet, die zur Aufnahme des untenliegenden<br />
Gegengewichts dienen. Sie<br />
sind innen hohl und bestehen aus einer<br />
3,00–3,50 m dicken Sohlkonstruktion und<br />
aufgehenden Stahlbetonwänden von<br />
1,50–3,00 m Dicke. In dem Klappenpfeiler<br />
sind die Betriebsräume für Hydraulik,<br />
Steuerung und Elektrotechnik untergebracht.<br />
Sämtliche betrieblichen<br />
Anlagen sind gegen Hochwasser sicher<br />
zu schützen, da der Klappenkeller in<br />
einem solchen Fall (Hochwasser größer<br />
NN + 6,18 m) überflutet wird.<br />
7 Ausführungsprinzip<br />
der Rohrwand<br />
© Hochtief Solutions AG<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
33
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
4.5 Stahlüberbauten<br />
Insgesamt werden vier Stahlüberbauten<br />
hergestellt. Sie bestehen aus Hauptträgern,<br />
welche zunächst kastenförmig<br />
sind und dann im landseitigen Bereich<br />
in eine aufgelöste Fachwerkkonstruktion<br />
überführt werden. Die Klappen haben<br />
ein untenliegendes Gegengewicht, das<br />
mit Stahlbrammen und Schwerbeton<br />
gefüllt wird.<br />
Die Stahlüberbauten werden in Segmenten<br />
in Stahlwerken der MCE vorgefertigt,<br />
anschließend mit Schwerlasttransportern<br />
zu einem wassernahen Vormontageplatz<br />
geliefert, dort komplettiert und danach<br />
mit einem Ponton über Wasser zur Einbaustelle<br />
im Hamburger Hafen gebracht.<br />
Die Vormontage der Stahlbauelemente<br />
erfolgt zeitgleich mit der Herstellung der<br />
Klappenkeller, so dass direkt nach deren<br />
Ausführung mit der Montage begonnen<br />
werden kann. Nach der Vormontage von<br />
technischer Ausrüstung und Antrieben<br />
innerhalb der Klappenkeller werden<br />
die vorgefertigten Brückenteile mittels<br />
schwimmender Einheiten montiert.<br />
Die einzelnen Klappenteile werden<br />
nach Rückbau der Verbauwand über<br />
die entsprechende Auflagerstelle<br />
geschwommen, mit der Konstruktion<br />
der Klappenpfeiler verbunden sowie<br />
mit der vorinstallierten Hydraulik und<br />
Mechanik in die Hochlage befördert<br />
und endmontiert.<br />
34 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
10 Künftige Rethe-Klappbrücke mit Schiffsdurchfahrt<br />
© Ingenieurbüro Grassl GmbH<br />
5 Ausblick<br />
Seit Januar 2012 sind die Baugrubenwände<br />
ohne Beeinträchtigung der Nachbarbebauung<br />
nahezu fertiggestellt. Die<br />
technische Bearbeitung der Stahlüberbauten<br />
ist abgeschlossen, mit dem<br />
Zuschnitt und der Vormontage der Stahlbrücken<br />
wird in den Werken inzwischen<br />
ebenso wie mit den Rohbauarbeiten vor<br />
Ort begonnen.<br />
Unter der Federführung der Hochtief<br />
Solutions AG Hamburg erfordert die<br />
schlüsselfertige Erstellung der später<br />
größten Klappbrücke Europas für Bahn<br />
und Straße eine intensive Zusammenarbeit<br />
von Auftraggeber und Auftragnehmer<br />
sowie aller Fachgewerke.<br />
Nach Fertigstellung der neuen Rethe-<br />
Klappbrücke muss noch die vorhandene<br />
-Hubbrücke demontiert und die Fahrrinne<br />
verbreitert werden. Im Jahr 2014<br />
wird Hamburg damit über eine verbesserte<br />
Hafeninfrastruktur verfügen und<br />
um ein Highlight der Ingenieurkunst<br />
reicher sein.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Martin Tenkleve<br />
Leitender Baudirektor,<br />
Hamburg Port Authority AöR<br />
Dipl.-Ing. Henning Schrewe<br />
Technischer Leiter Geschäftsstelle Marine Works,<br />
Hochtief Solutions AG,<br />
Hamburg<br />
Bauherr<br />
Hamburg Port Authority AöR<br />
Entwurf<br />
Winking ∙ Froh Architekten BDA, Hamburg<br />
Objekt- und Tragwerksplanung<br />
Ingenieurbüro Grassl GmbH, Hamburg<br />
Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg<br />
Verkehrsplanung<br />
Ingenieur-Consult für Bahn- und Verkehrstechnik<br />
Hamburg GmbH<br />
Prüfung<br />
WTM Engineers GmbH, Hamburg<br />
Ausführung<br />
Hochtief Solutions AG, Hamburg<br />
F + Z Baugesellschaft mbH, Hamburg<br />
MCE Maschinen- und Maschinenbau GmbH & Co. KG,<br />
Linz, Österreich<br />
Waagner-Biro AG, Wien, Österreich
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1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
35
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Bisherige Pilotprojekte und der aktuelle Neubau<br />
Straßenbrücken aus Holz in Bayern<br />
von Karl Goj<br />
Um die Tauglichkeit des Baustoffs<br />
Holz unter wirtschaftlichen Aspekten<br />
ohne Einschränkungen bei der<br />
Dauerhaftigkeit für Straßenbrücken<br />
nachzuweisen, hat die Bayerische<br />
Straßenbauverwaltung mit dem<br />
Staatlichen Bauamt Passau mehrere<br />
Pilotprojekte durchgeführt, die<br />
nachfolgend beschrieben werden:<br />
vom ersten Bauwerk bei Mapferding<br />
bis hin zu der vor kurzem fertiggestellten<br />
Brücke bei Hengersberg.<br />
1 Allgemeines<br />
Von alters her ist Holz ein wichtiger und<br />
vielseitig einsetzbarer Baustoff. In unserer<br />
Zeit gewinnt er vor allem unter dem<br />
Aspekt der Nachhaltigkeit wieder an<br />
Bedeutung: Holz ist ein nachwachsender<br />
Rohstoff mit einer Vielzahl von Vorteilen<br />
insbesondere unter ökologischen<br />
Aspekten. Im modernen Brückenbau<br />
spielt Holz allerdings nur eine untergeordnete<br />
Rolle. Vor dem Hintergrund<br />
der zunehmenden Beanspruchungen<br />
unserer Brücken durch den stark gestiegenen<br />
Verkehr steht hier primär das<br />
Thema Dauerhaftigkeit im Vordergrund.<br />
3 Holzbrücke über die B 533 bei Mapferding<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
36 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Brückenbestand in Bayern<br />
© Oberste Baubehörde<br />
Um bei Holzbrücken einen dauerhaften<br />
Schutz vor Verwitterung nicht zuletzt<br />
durch das Einwirken von Feuchtigkeit zu<br />
erreichen, wurden bis heute Holzbrücken<br />
vielfach überdacht. Diese Überdachungen<br />
stellen für Holzbrücken zwar einen<br />
optimalen Schutz dar, bringen aber<br />
deutliche Nachteile bei der Wirtschaftlichkeit.<br />
So kommt der Baustoff Holz meist nur<br />
bei weniger beanspruchten Fuß- und<br />
Radwegbrücken zum Einsatz. Zur<br />
Förderung des umweltfreundlichen<br />
Baustoffs Holz forderte der bayerische<br />
Landtag die bayerische Staatsregierung<br />
bereits im Jahre 1991 auf, »dafür Sorge<br />
zu tragen, dass bei allen staatlichen<br />
Bauvorhaben geprüft wird, ob umweltbelastende<br />
Baustoffe insbesondere durch<br />
den umweltfreundlichen Baustoff Holz<br />
ersetzt werden können«.<br />
2 Überdachte Holzbrücke<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
2 Bisherige Pilotprojekte<br />
Um die Tauglichkeit des Baustoffs Holz<br />
unter wirtschaftlichen Aspekten ohne<br />
Einschränkungen bei der Dauerhaftigkeit<br />
auch für Straßenbrücken nachzuweisen,<br />
realisierte die Bayerische Straßenbauverwaltung<br />
mit dem Staatlichen Bauamt<br />
Passau mehrere Pilotprojekte. Bereits im<br />
Jahre 1995 wurde die Überführung eines<br />
öffentlichen Feld- und Waldweges über<br />
die Bundesstraße B 533 bei Mapferding<br />
als Stahlbeton-Holz-Verbund-Brücke mit<br />
30 t Traglast errichtet. Dabei kam als<br />
Tragkonstruktion ein Bogen aus Brettschichtholz<br />
mit einer auf Holzstützen<br />
aufgeständerten Stahlbetonfahrbahnplatte<br />
zu Anwendung.
4 Holzbrücke über die B 85, Ortsumgehung Ruderting<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
Beim Bau der Überführung eines<br />
öffentlichen Feld- und Waldweges<br />
über die Bundesstraße 85 im Zuge der<br />
Ortsumgehung Ruderting wurde dann<br />
1996–1997 mit Ausnahme der Brückenkappe<br />
die gesamte Brücke aus Holz<br />
hergestellt. Als Tragkonstruktion wurde<br />
hier ein Sprengwerk mit V-förmigen<br />
Schrägstielen gewählt. Der Überbau<br />
ist als vierstegiger Plattenbalken aus<br />
Brettschichtholz ausgebildet. Die<br />
Fahrbahntafel und die Längsträger sind<br />
mit eingeleimten Stabdübeln schubfest<br />
verbunden. Als schwieriges Detail stellte<br />
sich insbesondere die Befestigung der<br />
Betonfertigteilkappe auf der Fahrbahntafel<br />
heraus, da die Kappe nach DIN 1052<br />
für eine Anpralllast von 100 kN bemessen<br />
werden musste. Auch hier wird eine<br />
ausreichende Verbindung mit eingeleimten<br />
Stabdübeln erreicht.<br />
Bei der nächsten, in den Jahren 2006–2007<br />
errichteten Brücke über die Bundesstraße<br />
85 im Zuge der Ortsumgehung<br />
Neukirchen vom Wald stand vor allem<br />
die Weiterentwicklung der konstruktiven<br />
Details im Mittelpunkt. Anders als bei<br />
der Brücke bei Ruderting wird hier der<br />
fünfstegige Plattenbalkenquerschnitt aus<br />
Brettschichtholz auf zwei Stahlträgern<br />
HEB 400 gelagert, die ihrerseits von je<br />
zwei senkrechten Holzpfeilern unterstützt<br />
werden. Zwischen den Stahlträgern und<br />
den Pfeilern sind querfeste bzw. allseits<br />
bewegliche Neoprenlager angeordnet.<br />
Die Holzbrücke bei Neukirchen vom<br />
Wald wurde bereits auf eine Traglast<br />
von 60 t bemessen und dabei versucht,<br />
weitgehend die Vorgaben der DIN-Fachberichte<br />
analog anzuwenden. Die Kappe<br />
wurde zum Beispiel mit Tellerankern und<br />
Zuglaschen in der Fahrbahnplatte aus<br />
Brettschichtholz verankert und zudem<br />
die Abdichtung im Kappenbereich<br />
verbessert.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
3 Holzbrücke bei Hengersberg<br />
3.1 Konstruktion<br />
Bei der zuletzt im vorigen Jahr errichteten<br />
Holzbrücke im Zuge der Bundesstraße<br />
553, Ortsumgehung Schwarzach bei<br />
Hengersberg, konnten aus den Erfahrungen<br />
der vorangegangenen Bauwerke<br />
die Konstruktionsdetails weiter verbessert<br />
werden. Geplant und ausgeschrieben<br />
6 Holzbrücke über die B 85, Ortsumgehung Neukirchen vom Wald<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
5 Detail: Überbau und Kappe<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
wurde zunächst ein Bogentragwerk mit<br />
einer aufgeständerten Fahrbahnplatte.<br />
Nachdem aber die Ausschreibung<br />
kein wirtschaftliches Ergebnis brachte,<br />
wurde sie aufgehoben und der weiteren<br />
Planung, wie bei der Brücke bei<br />
Ruderting, eine Tragkonstruktion als<br />
Sprengwerk mit V-förmigen Stützen<br />
zugrunde gelegt.<br />
7 Konstruktion der Brücke bei Hengersberg<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
37
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Die bereits bei den beiden vorangegangenen<br />
Holzbrücken bei Ruderting<br />
und Neukirchen vom Wald bewährte<br />
Überbauform eines mehrstegigen<br />
Plattenbalkens wurde im Prinzip<br />
beibehalten. Auch hier besteht die<br />
rund 25 cm dicke Fahrbahnplatte aus<br />
orthogonal verleimtem Brettschichtholz.<br />
Den Abschluss nach unten bildet eine<br />
Kertoplatte (Brettsperrholzplatte),<br />
nach oben erfolgt die Abdichtung mit<br />
einer 1 cm dicken einlagigen Bitumenschweißbahn.<br />
Die darauf querverlegte<br />
4-cm-Holzlattung zur Unterlüftung und<br />
eine 4 cm dicke BFU-Platte bilden die<br />
Tragkonstruktion für den Fahrbahnbelag.<br />
Dieser besteht aus einer 3,50 cm<br />
dicken Asphaltbetonschutzschicht und<br />
der 3,50 cm dicken Deckschicht aus<br />
gewalztem Asphaltbeton. Zwischen der<br />
BFU-Platte und den Asphaltschichten<br />
befindet sich eine zweite Abdichtung<br />
aus zweilagig verlegten Bitumenschweißbahnen.<br />
Die Längsträger sind mit Blockverleimung<br />
schubfest mit der Fahrbahnplatte verbunden.<br />
Da Brettschichtholzquerschnitte<br />
fertigungsbedingt nur bis zu einer Breite<br />
von 30 cm hergestellt werden können,<br />
wurden zwei 2 x 20 cm breite Träger mit<br />
Blockverleimung zu einem 40 cm breiten<br />
Längsträger verbunden.<br />
8 Querschnittsdetail<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
Eine wesentliche Änderung wurde bei<br />
der Befestigung der Stahlbetonkappen<br />
vorgenommen: In diesem Fall sind sie<br />
auf an den Außenseiten der Randträger<br />
angeschlossenen Stahlkonstruktionen<br />
montiert. So erübrigt sich die Durchdringung<br />
der Abdichtung mit Stahldübeln,<br />
die einen Schwachpunkt darstellt.<br />
Im Bereich der Stahlkonstruktionen<br />
befinden sich zur Stabilisierung der<br />
Konstruktion zwischen den Längsstegen<br />
Stahlquerträger. Außerdem werden<br />
die Trägerkonstruktionen der Kappen<br />
mit einem Zugband aus Stahl verbunden,<br />
das durch die Querlattung verläuft.<br />
38 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
9 Blechverkleidung und Dreischichtplatte<br />
© Staatliches Bauamt Passau/<br />
Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
3.2 Witterungsschutz<br />
Der Schutz der tragenden Bauteile<br />
aus Holz vor der Witterung erfolgt von<br />
oben durch die Abdichtung und den<br />
Fahrbahnbelag. Die Stützen und die<br />
vier Längsträger bestehen wegen der<br />
höheren Resistenz gegen Verwitterung<br />
aus Lärchenholz. Die Überbauenden im<br />
Bereich der Übergangskonstruktionen<br />
und die beiden äußeren Seiten der<br />
Fahrbahnplatte sind mit Edelstahlblechen<br />
verkleidet, seitlich werden die Fahrbahntafel,<br />
die äußeren Stege der Längsträger<br />
und die Stützen durch auswechselbare<br />
Dreischichtplatten aus Lärchenholz<br />
gegen Schlagregen geschützt. Mit<br />
diesen Schutzmaßnahmen der Holzkonstruktion<br />
gegen Verwitterung und<br />
weiteren Konstruktionsdetails wird ein<br />
dauerhaftes Durchfeuchten der Brücke<br />
vermieden.<br />
11 Montage der Schrägstützen<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
10 Vorbereitung der Blockverleimung<br />
© Staatliches Bauamt Passau/<br />
Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co.KG<br />
3.3 Herstellung im Werk<br />
Der komplette Überbau konnte witterungsunabhängig<br />
im Werk hergestellt<br />
werden. Neben einer kurzen Bauzeit<br />
wurde so auch eine hohe Qualität<br />
erreicht. Damit ist eine Lebensdauer der<br />
Brücke zu erwarten, die der von Stahlbetonbrücken,<br />
Spannbetonbrücken oder<br />
Stahlverbundbrücken entspricht.<br />
3.4 Montage der Brücke<br />
Nach der Herstellung der Widerlager<br />
und Fundamente erfolgte zunächst<br />
die Montage der schräg gestellten<br />
V-förmigen Stützen. Dazu wurden die<br />
schon im Werk aufgebrachten Stützenfüße<br />
aus Stahl in die vorbereiteten<br />
Köcherfundamente eingehoben,<br />
ausgerichtet und vergossen. Bis zum<br />
Abbinden des Betons bzw. der Verbindung<br />
mit dem Überbau wurden die<br />
Stützen mit Hilfskonstruktionen<br />
unterbaut.
Anschließend wurde der Überbau auf<br />
die Baustelle transportiert und mit einem<br />
Kran eingehoben. Durch die ebenfalls<br />
bereits im Werk vorgefertigten und<br />
anmontierten Stützenköpfe aus Stahl<br />
konnten die Stützen ohne große<br />
Probleme mit dem Überbau zu einem<br />
Sprengwerk verbunden werden.<br />
12 Montage des Überbaus<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
Den Abschluss der Brückenerrichtung<br />
bildeten die Abdichtungsarbeiten mit<br />
der zweilagigen Bitumenschweißbahn,<br />
der Einbau der Asphaltbetonschutzschicht<br />
sowie die Montage der Stahlbetonfertigteilkappen<br />
und der Geländer.<br />
Nach dem Baubeginn im Mai 2011 konnte<br />
die 28 m lange und 5 m breite Holzbrücke<br />
bereits Ende des letzten Jahres komplett<br />
fertiggestellt werden. Ihre Baukosten<br />
betrugen rund 400.000 €, was 2.800 €/m²<br />
entspricht. Insgesamt wurden 58 m²<br />
Brettschichtholz und 3 m² Schnittholz<br />
verbaut.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
13 Holzbrücke über die B 553, Ortsumgehung Schwarzach<br />
© Staatliches Bauamt Passau<br />
4 Ausblick<br />
Mit den vier vorgestellten Pilotprojekten<br />
konnte die Bayerische Straßenbauverwaltung<br />
den Nachweis erbringen,<br />
dass der Baustoff Holz grundsätzlich<br />
auch für Straßenbrücken geeignet ist.<br />
Unabhängig davon besteht aber sicher<br />
noch weiterer Forschungsbedarf,<br />
wobei auch die Erkenntnisse aus den<br />
Bayerischen Pilotprojekten einfließen.<br />
Letztlich muss sich aber der Baustoff<br />
Holz beim Brückenbau im Wettbewerb<br />
durchsetzen und dabei alle technischen<br />
Anforderungen vor allem hinsichtlich<br />
der Dauerhaftigkeit erfüllen.<br />
Autor:<br />
Ministerialrat Dipl.-Ing. Karl Goj<br />
Oberste Baubehörde im<br />
Bayerischen Staatsministerium des Innern,<br />
München<br />
Literatur<br />
[1] Jacob-Freitag, S.: Schwerlastbrücke aus Holz bei<br />
Schwarzach. Entwurf, Konstruktion und Montage;<br />
in: Brückenbau, 3. Jg., 2011, Heft 4, S. 18–20.<br />
Bauherr<br />
Freistaat Bayern, vertreten durch:<br />
Oberste Baubehörde im<br />
Bayerischen Staatsministerium des Innern, München<br />
Staatliches Bauamt Passau<br />
Entwurfsplanung<br />
Staatliches Bauamt Passau,<br />
Bauoberrat Konrad Breuherr,<br />
Dipl.-Ing. (FH) Karl-Heinz Sperlein<br />
Hochschule Rosenheim,<br />
Prof. Dr.-Ing. Johann Pravida<br />
Tragwerksplanung und Ausführung<br />
Schaffitzel + Miebach GmbH, Lohmar<br />
Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG,<br />
Schwäbisch Hall<br />
Prüfingenieur<br />
Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter, München<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
39
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Ersatzneubau im Zuge der Bundesautobahn A 7<br />
Planung und Errichtung der Sinntalbrücke<br />
von Günther Kleiner, Edwin Seemann<br />
1 Bestehende Brücke über dem Talraum der Sinn<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
Die Bundesautobahn A 7 führt im<br />
Streckenabschnitt zwischen Fulda<br />
und Würzburg durch den landschaftlich<br />
reizvollen Naturpark<br />
Bayerische Rhön und überquert<br />
bei Bad Brückenau den Talraum<br />
der Sinn. Die im Jahr 1967 unter<br />
Verkehr genommene Stahlbrücke<br />
mit einer Länge von 770 m bietet<br />
mit Stützweiten zwischen 60,00 m<br />
und 110,00 m und einer maximalen<br />
Höhe von ca. 50 m über Talgrund<br />
ein sehr transparentes Erscheinungsbild.<br />
Erhebliche Verkehrszunahmen<br />
haben zu Schäden an<br />
der Konstruktion geführt, so dass<br />
2003 mit einer Neubauplanung<br />
begonnen wurde, über die nachfolgend<br />
berichtet wird.<br />
40 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Bestehendes Bauwerk<br />
1.1 Geometrie und Konstruktion<br />
Die bestehende Sinntalbrücke hat eine<br />
Länge von 770 m und Feldweiten von<br />
60,00 m und 110,00 m. Ihr Stahlüberbau<br />
mit einer Breite von 30,50 m ist als<br />
einteiliger Querschnitt ausgeführt. Die<br />
orthotrope Fahrbahnplatte wird von zwei<br />
vollwandigen, bis 5,00 m hohen Längsträgern<br />
unterstützt. Jeweils zwei schlanke<br />
Rundstützen in den Auflagerachsen<br />
tragen den Überbau. Mit einem Flächengewicht<br />
von nur 264 kg/m² zählt sie zu den<br />
Leichtgewichten des Stahl<strong>brückenbau</strong>s.<br />
1.2 Schadenszunahme<br />
Erhebliche Verkehrszunahmen seit dem<br />
Neubau haben zu Schäden an der Konstruktion<br />
geführt: In diesem Streckenabschnitt<br />
der Bundesautobahn (BAB) A 7<br />
hat sich der durchschnittliche tägliche<br />
Verkehr (DTV) um den Faktor sechs und<br />
der Anteil des Schwerverkehrs sogar um<br />
den Faktor neun erhöht. Dazu kommt<br />
noch der Anstieg der zulässigen Achslasten,<br />
für die das Bauwerk nicht<br />
ausgelegt ist.<br />
Im Laufe der Zeit sind überwiegend<br />
unter den Lkw-Spuren durch Ermüdung<br />
Schweißnähte zwischen Deckblech und<br />
Längssteifen sowie an den Querträgeranschlüssen<br />
aufgerissen. Aufgrund der<br />
Schadenszunahme wurde 1998 ein<br />
Gutachten zur aktuellen Tragfähigkeit<br />
und Gebrauchstauglichkeit in Auftrag<br />
gegeben und als dessen Ergebnis ein<br />
Ende der Nutzungsdauer der Fahrbahnplatte<br />
bis 2010 prognostiziert. Um<br />
die Gebrauchstauglichkeit der Brücke<br />
möglichst lange zu erhalten, mussten<br />
verkehrslenkende Maßnahmen ergriffen<br />
werden. Es wurde daher ein Lkw-Überholverbot<br />
mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung<br />
beschildert und die<br />
Überfahrt genehmigungspflichtiger<br />
Schwertransporte verboten. Zudem<br />
wurden jährliche Bauwerksprüfungen<br />
mit anschließenden Schweißnaht-<br />
Reparaturen angeordnet.<br />
Da durch die veranlassten Maßnahmen<br />
die weitere Schädigung nur verlangsamt,<br />
aber nicht abgestellt wurde, mussten<br />
Überlegungen zur Ertüchtigung des<br />
Bestandsbauwerkes bzw. zum Ersatzneubau<br />
angestellt werden. Das Dauerfestigkeitsproblem<br />
der Fahrbahnplatte<br />
war letztendlich ausschlaggebend für<br />
den Beginn einer Neubauplanung ab<br />
2003.<br />
2 Neubauplanung<br />
2.1 Randbedingungen<br />
Bei der Neubauplanung war eine ganze<br />
Reihe wichtiger Randbedingungen<br />
in Bezug auf Baudurchführung, Umweltverträglichkeit<br />
und Gestaltung zu<br />
berücksichtigen:<br />
– Geringe Beeinträchtigung des<br />
BAB-Verkehrs durch Neubau und<br />
Anbindung,<br />
– angrenzende FFH-Gebiete im Naturpark<br />
Bayerische Rhön,<br />
– Naturschutzgebiet (»13d-Fläche«) im<br />
Baufeld,<br />
– Wasserschutzgebiet,<br />
– Immissionsschutz der angrenzenden<br />
Bebauung,<br />
– Gestaltung aufgrund der exponierten<br />
Lage,<br />
– Wirtschaftlichkeit.
Durch die Hochrechnung des Verkehrs<br />
auf das Jahr 2020 wurde eine Verkehrsbelastung<br />
von 45.000 Kfz/d prognostiziert,<br />
die von einem vierstreifigen<br />
Querschnitt (wie im Bestand) noch<br />
gut abgewickelt werden kann. Unter<br />
Abwägung dieser (hier nicht vollständig<br />
aufgeführten) Bedingungen und Zwänge<br />
wurde eine Vorzugstrasse am Innenbogen<br />
neben der Fahrtrichtung<br />
Würzburg gewählt.<br />
Die neue Brücke lässt sich folglich ohne<br />
Beeinträchtigung des BAB-Verkehrs<br />
errichten. Nur während der Einbindung<br />
der Strecke in die neue Trasse sind verengte<br />
Verkehrsführungen erforderlich.<br />
2.2 Amtsvorschlag<br />
Zur Gestaltung des Bauwerks wurden<br />
sehr intensiv mehrere Varianten untersucht.<br />
Die bestehende Brücke fügt sich<br />
mit ihrer schlanken Bauweise und der<br />
klaren Gliederung optimal in das Sinntal<br />
ein. Das heißt, sie prägt den Talraum,<br />
ohne ihn zu dominieren.<br />
3 Querschnitt beim Amtsvorschlag<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Bei der Ausbildung des neuen Brückenquerschnitts<br />
und der Gestaltung wurde<br />
die vorhandene Situation aufgegriffen,<br />
und es wurden verschiedene konstruktive<br />
Überlegungen vergleichend überprüft.<br />
Wegen der großen Stützweiten<br />
ergaben sich vorzugsweise Stahl- bzw.<br />
Stahlverbundüberbauten mit einem<br />
gemeinsamen oder zwei getrennten<br />
Tragwerken, die mit Einzelstützen oder<br />
Doppelstützen kombiniert wurden.<br />
Dem Bundesministerium für Verkehr, Bau<br />
und Stadtentwicklung (BMVBS) wurden<br />
schließlich ein zweiteiliger Stahlverbundquerschnitt<br />
mit einem begehbaren<br />
Kasten je Überbau, gelagert auf zwei<br />
Pfeilern und einer Unterstützung der<br />
weiten Kragarme durch Druckstreben, zur<br />
Zustimmung vorgelegt. Parallel dazu<br />
wurde der Streckenabschnitt mit der<br />
Brücke zur Planfeststellung eingereicht.<br />
Für die neue Brücke wurden Stützweiten<br />
von 59,00 m + 84,00 m + 103,00 m +<br />
3 x 107,00 m + 105,00 m + 83,00 m =<br />
755,00 m Gesamtlänge und eine Breite<br />
von 30,50 m gewählt.<br />
2 Ergebnis der Variantenuntersuchungen<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
Im Genehmigungsschreiben des BMVBS<br />
Anfang 2008 war vermerkt, dass in der<br />
Ausschreibung der Brücke auch Sondervorschläge<br />
in Beton zuzulassen sind.<br />
Auslöser war der zu diesem Zeitpunkt<br />
enorme Anstieg des Stahlpreises. Unter<br />
den damaligen Marktbedingungen war<br />
die Spannbetonbauweise klar im Vorteil,<br />
und die Ausschreibungsplanung wäre mit<br />
den Möglichkeiten, Spannbetonvarianten<br />
anzubieten, wertlos geworden. Unter<br />
Umständen wäre dann auch ein ergänzendes<br />
Planfeststellungsverfahren<br />
erforderlich geworden, das ungewisse<br />
Zeitverzögerungen nach sich gezogen<br />
hätte. In Nachverhandlungen mit dem<br />
Ministerium hat man sich darauf geeinigt,<br />
dass Sondervorschläge nur in Verbundbauweise<br />
zugelassen werden. Hier war<br />
das grundsätzliche Gestaltungskonzept<br />
der Ausschreibung einzuhalten, jedoch<br />
wurden neben Rundstützen auch Stützen<br />
mit Pfeilerkopfaufweitungen in Querrichtung<br />
zugelassen.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
41
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
2.3 Sondervorschlag<br />
Bei der europaweiten Ausschreibung<br />
reichten insgesamt sechs Bieter bzw.<br />
Bietergemeinschaften sechs Haupt- und<br />
18 Nebenangebote ein. Zur engeren<br />
Wahl standen das günstigste Angebot<br />
für den Amtsentwurf mit Kosten von<br />
ca. 55.000.000 € und zwei Nebenangebote.<br />
Nach einer Vergabenachprüfung<br />
vor der Vergabekammer konnte<br />
mit drei Monaten Zeitverzug der Zuschlag<br />
im Dezember 2008 auf das Nebenangebot<br />
der Bietergemeinschaft Bögl, Bögl<br />
Stahlbau und Plauen Stahl Technologie<br />
erfolgen.<br />
Gegenüber dem Amtsvorschlag sind die<br />
wesentlichen Unterschiede:<br />
– vier torsionssteife Längsträger<br />
(luftdichte Hohlkästen),<br />
– Quersteifen für Windlasten an den<br />
Pfeilern,<br />
– Pfeilerkopfaufweitung für Lagerspreizung,<br />
– Einschub ohne Hilfsstützen.<br />
Wie in der Ausschreibung vorgesehen,<br />
konnte ein aufgelassener Parkplatz hinter<br />
dem Widerlager Würzburg als Montageplatz<br />
für das Taktschiebeverfahren<br />
genutzt werden. Der Verschub erfolgte<br />
vom Widerlager Würzburg nach Norden<br />
zum Widerlager Fulda.<br />
5 Vorbauschnabel mit Hubvorrichtung<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
42 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
3 Bauausführung<br />
Bei der Ausführungsplanung wurden die<br />
exakten Bauteilabmessungen konzipiert.<br />
Die Stränge wurden in Längsrichtung<br />
in jeweils 35 Schüssen mit Längen von<br />
17,80–26,20 m, einer maximalen Höhe<br />
von 4,30 m und einer Breite von 1,80 m<br />
in zwei Stahlwerken gefertigt.<br />
Die Vormontage der beiden Kastenstränge<br />
erfolgte in neun Takten mit 2–5 unterschiedlich<br />
langen Schüssen pro Strang.<br />
In der Taktanlage wurden die Bauteile zu<br />
einem Durchlaufträger als spannungslose<br />
Werkstattform – in der Draufsicht ein<br />
Kreisbogen und in der Ansicht die Feldmitten<br />
(die großen Felder bis zu 40 cm)<br />
überhöht – zusammengeschweißt. Die<br />
angelieferten Bauteile erhielten im Werk<br />
bereits den Korrosionsschutz bis auf die<br />
Deckbeschichtung.<br />
Um beim Verschub der beiden Stränge<br />
ohne Hilfsstützen die Kragmomente zu<br />
reduzieren, wurde an der Spitze ein 40 m<br />
langer Vorbauschnabel montiert. Dessen<br />
Unterkante wäre in den 107-m-Feldern<br />
am nächsten Pfeiler rechnerisch ca.<br />
3,80 m zu tief gegenüber den Verschublagern<br />
angekommen. Deshalb hat man<br />
den Anschluss des Vorbauschnabels an<br />
die Stahlkästen so konstruiert, dass er<br />
schräg nach oben ragt; zusätzlich lässt<br />
sich seine Spitze durch eine hydraulische<br />
Hubanlage anheben. Wenn die<br />
Knickstelle zwischen Vorbauschnabel und<br />
Kastenunterseite über ein Verschublager<br />
geschoben wurde, mussten die Träger<br />
angehoben und ein Ausgleichskeil<br />
eingebaut werden, damit die zulässigen<br />
Pressungen auf den Verschublagern<br />
eingehalten wurden.<br />
6 Verschub- und Haltevorrichtung<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
4 Querschnitt beim Sondervorschlag<br />
© Autobahndirektion Nordbayern<br />
Üblicherweise liegt beim Taktschieben<br />
die Verschubbahn in Höhe der endgültigen<br />
Lager parallel zur Entwurfsgradiente.<br />
Um sich nun zusätzliche Aushubarbeiten<br />
im Taktkeller zu sparen, wurden die<br />
Stahlstränge hinter dem Widerlager<br />
Würzburg in überhöhter Lage montiert<br />
und verschoben. Dazu wurden die Verschublager<br />
auf dem Widerlager Würzburg<br />
um 3,50 m höher, auf den nächsten drei<br />
Pfeilern von 2,80–1,22 m höher hergestellt,<br />
was mit aufwendigen Stahlkonstruktionen<br />
für die Unterstapelung<br />
und die Seitenführungen realisiert<br />
wurde.<br />
Die Längsneigung der Gradiente zum<br />
Widerlager Fulda und die zusätzliche<br />
Überhöhung der Verschubbahn erforderten<br />
in der Verschubanlage Maßnahmen<br />
zum Bremsen, aber auch zum Ziehen der<br />
Stahlstränge während der Montage und
eim Verschub. Die Rückhaltekräfte sind<br />
von Bohrpfählen aufgenommen worden,<br />
die Zugkräfte wurden über Erddruck<br />
abgeleitet. Beim Verschubvorgang wurde<br />
am Taktende eine Traverse montiert,<br />
durch die Spannstahllitzen, jeweils<br />
zum Ziehen und zum Bremsen, geführt<br />
worden sind. Mittels hydraulisch gekoppelter<br />
Pressen wurden die Stahlstränge<br />
zurückgehalten, wenn die Reibungskräfte<br />
auf Verschublagern gering waren, oder<br />
es musste gezogen werden, wenn der<br />
Vorbauschnabel »bergauf« über die<br />
Verschiebelager zu bewegen war.<br />
Im ersten Bauabschnitt wurden die<br />
Kastenträger für die künftige Richtungsfahrbahn<br />
Fulda hergestellt. In Endlage,<br />
nach der Demontage des Vorbauschnabels<br />
erfolgte der Festpunktwechsel<br />
vom Widerlager Würzburg auf die drei<br />
mittleren Pfeiler, auf denen jeweils feste<br />
Kalottenlager eingebaut wurden.<br />
Anschließend wurden die Verschubachsen<br />
am Widerlager Würzburg und an<br />
den drei Pfeilern schrittweise nach einer<br />
Arbeitsanweisung abgestapelt und auf<br />
die endgültigen Lager abgesetzt.<br />
Der zweite Bauabschnitt für die Richtungsfahrbahn<br />
Würzburg wurde dann<br />
in gleicher Weise durchgeführt. Nach<br />
dem Absetzen der beiden Kastenträger<br />
auf den endgültigen Lagern wurde die<br />
Betonfahrbahnplatte abschnittsweise<br />
hergestellt. Im sogenannten Pilgerschrittverfahren,<br />
bei dem zuerst die Verbundplatte<br />
in den Feldern betoniert und<br />
danach im Rückschritt die Lücke über<br />
den Pfeilern geschlossen wird, wächst<br />
der Überbauquerschnitt vom Widerlager<br />
Fulda in Richtung Süden. Nach Abschluss<br />
der Betonarbeiten wird der Korrosionsschutz<br />
mit dem Auftrag der Deckbeschichtung<br />
vervollständigt.<br />
Mit dem Bau der Brücke wurde im März<br />
2009 begonnen. Alle Unterbauten sind<br />
auf Bohrpfählen tiefgegründet. Für<br />
das Widerlager Fulda musste erst eine<br />
Dammverbreiterung geschüttet werden,<br />
bevor es errichtet werden konnte. Die<br />
begehbaren Rundpfeiler wurden mit<br />
entsprechendem Vorlauf errichtet.<br />
Von Juni bis Dezember 2010 wurden<br />
die beiden Stahlkästen des ersten Bauabschnitts<br />
hergestellt und verschoben,<br />
von März bis September 2011 gingen<br />
die Stahlbauarbeiten für die Richtungsfahrbahn<br />
Würzburg vonstatten. Seit Mitte<br />
2011 wird die Fahrbahnplatte im ersten<br />
Bauabschnitt erstellt.<br />
4 Ausblick<br />
Im Frühjahr 2012 beginnen die Erd- und<br />
Deckenbauarbeiten für die Streckenangleichung.<br />
Die beiden neuen Überbauten<br />
werden bis Ende 2012 so weit<br />
fertiggestellt, dass der Verkehr von der<br />
alten Stahlbrücke auf das neue Bauwerk<br />
umgelegt werden kann. Im Folgejahr<br />
werden die Streckenbauarbeiten abgeschlossen<br />
und mit dem Abbruch der<br />
alten Sinntalbrücke begonnen. Mit der<br />
Errichtung von Regenrückhaltebecken<br />
wird dann bis Dezember 2013 die<br />
gesamte Baumaßnahme beendet.<br />
Autoren:<br />
Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Günther Kleiner<br />
Autobahndirektion Nordbayern,<br />
Nürnberg<br />
Dipl.-Ing. Edwin Seemann<br />
Autobahndirektion Nordbayern<br />
Dienststelle Würzburg<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Bauherr<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Kostenträger<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Entwurf und Ausschreibung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
SSF Ingenieure AG, München<br />
Tragwerksplanung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />
Prüfingenieur<br />
Dr.-Ing. Erhard Garske, München<br />
Bauleitung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg<br />
Sondervorschlag und Ausführung<br />
Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke,<br />
Frankfurt am Main<br />
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />
Sengenthal<br />
Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG,<br />
Sengenthal<br />
Plauen Stahl Technologie GmbH, Plauen<br />
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1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
43
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Prüfung und Überwachung des Taktschiebens<br />
Herstellung der neuen Sinntalbrücke<br />
von Erhard Garske<br />
Wie bereits in dem Beitrag »Planung<br />
und Errichtung der Sinntalbrücke«<br />
von Günther Kleiner und Edwin<br />
Seemann erwähnt, wird der Überbau<br />
dieser Brücke im Taktschiebeverfahren<br />
mit nachlaufendem<br />
Schalwagen errichtet. Dabei galt es<br />
schwierige Randbedingungen und<br />
Problemstellungen zu bewältigen,<br />
die nun nachfolgend thematisiert<br />
werden.<br />
1 Einführung<br />
Bei den gegebenen Randbedingungen<br />
lag es nahe, den Überbau der neuen<br />
Sinntalbrücke im Taktschiebeverfahren<br />
mit nachlaufendem Schalwagen herzustellen.<br />
Zunächst werden die beiden<br />
zusätzlich auch temporär gekoppelten<br />
Stahlkästen des Querschnitts für jede<br />
Richtungsfahrbahn in Position geschoben.<br />
Nach diesem Verschub wird die Fahrbahnplatte<br />
in einem angepassten Pilgerschrittverfahren<br />
auf einer Schalwagenunterstützung<br />
betoniert.<br />
Die statischen und konstruktiven<br />
Herausforderungen beim Verschub lässt<br />
nachstehende Abbildung in prägnanter<br />
Weise erkennen. Die freie Auskragung<br />
bis zu 107 m von Vorbauschnabel und<br />
Stahlkästen erscheint im Foto noch<br />
größer, da ein neuer Pfeiler durch die<br />
alte Brücke verdeckt wird. Das Bild<br />
1 Überbauquerschnitt der Richtungsfahrbahn Ost<br />
© Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke<br />
44 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
2 Verschubzustand Mitte Oktober 2010<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
verdeutlicht so besonders eindrucksvoll<br />
die zu bewältigenden Herausforderungen<br />
der Bauingenieure und Monteure.<br />
Für das Taktschieben werden die Stahlkästen<br />
in transportablen Längen werksmäßig<br />
vorgefertigt und auf der Baustelle<br />
den notwendigen Verschublängen entsprechend<br />
verschweißt. Auf der Südseite<br />
hinter dem Widerlager Achse 90 wurde<br />
dazu der Taktkeller eingerichtet.<br />
Für den Verschub waren schwierige<br />
Randbedingungen und Problemstellungen<br />
zu bewältigen. Insbesondere<br />
in den weit auskragenden Verschubzuständen<br />
(bis zu 107 m) des im Grundriss<br />
gekrümmten Überbaus mit Durchbiegungen<br />
bis zu ca. 3,80 m und großen<br />
Abstapelhöhen wurden Vorbauschnabel,<br />
Stahlkästen und Verschubeinrichtungen<br />
hoch beansprucht.<br />
3 Stahlkastensegment nach der Werkstattfertigung<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
4 Erster Verschubstrang im Taktkeller<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
5 Verschubzustand mit großer Auskragung<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske
6 Litzenheberanlage am Segmentende<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
2 Verschubeinrichtungen<br />
Das eigentliche Verschieben des Stahlüberbaus<br />
erfolgt mit Hilfe eines Litzenhebersystems.<br />
Der Festpunkt für diese<br />
Schub- bzw. Zugvorrichtung wird mittels<br />
einer Stehträgerkonstruktion aus zwei<br />
HEB 700 an der Widerlagerkammerwand<br />
ausgeführt, wobei ihr Fußpunkt auf<br />
Zug verankert und zur Aufnahme der<br />
horizontalen Kräfte ausgekeilt und<br />
vergossen wird. Ausgehend von dem<br />
Festpunkt verlaufen die Zuglitzen zum<br />
Ende des jeweiligen Taktes, wo sie in<br />
den Litzenhebern verankert sind, die<br />
ihrerseits die Litzen spannen, indem sie<br />
sich dabei gegen zwei Querträger mit<br />
zwei Stehträgern am Ende des Verschubsegmentes<br />
abstützen und so beide Stahlkästen<br />
aus dem Taktkeller schieben.<br />
Aufgrund der Neigung des Überbaus in<br />
Brückenlängsrichtung und der Möglichkeit<br />
eines Abfalls der Reibung (bis µ = 0)<br />
wurde ca. 120 m hinter dem Widerlager<br />
eine Bremsanlage mit jeweils zwei Bohrpfählen<br />
(d = 1,20 m, L = 7 m) ausgeführt;<br />
die Lasteinleitung in die Bohrpfähle<br />
8 Verschublager mit Seitenführung<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
erfolgt über einbetonierte Steckträger<br />
HEB 600. Außerhalb der vergleichsweise<br />
kurzen Verschubvorgänge muss der<br />
Überbau in Längsrichtung ebenfalls<br />
gegen horizontale Verschiebungen<br />
arretiert werden. Als entsprechende<br />
Längsfesthaltung dienen ausgesteifte<br />
Blechkonsolen an den Stahlträgeruntergurten,<br />
die über eine Gurtung und<br />
Zugstangen an die Stehträger HEB 1000<br />
der Seitenführung geklemmt werden.<br />
Diese Konsolen werden bei jedem<br />
Verschub wieder entfernt und<br />
umgesetzt.<br />
Die auf den Pfeiler zu montierenden<br />
Verschublager mit Seitenführungen<br />
bilden ein weiteres wichtiges Teilsystem<br />
für den Verschub. Seitenführungskräfte<br />
werden hier über die Stehträger, deren<br />
biegesteifen Anschluss bzw. zwei Verbände<br />
an die Auflagerträger abgegeben,<br />
die ihrerseits durch angeschweißte<br />
Trägerstummel und deren Eingreifen in<br />
zu vergießende Aussparungen mit dem<br />
Pfeilerkopf unverschieblich verbunden<br />
sind.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
7 Steckträger der Bremsanlage<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
3 Vorbauschnabel<br />
Neben den beschriebenen Einrichtungen<br />
zum Verschub bzw. zur Sicherung des<br />
Stahlüberbaus beim Verschub ist der<br />
Vorbauschnabel das wesentliche Bauteil<br />
für das Taktschiebeverfahren. Der hier<br />
eingesetzte 40 m lange Vorbauschnabel<br />
besteht im Wesentlichen aus zwei ausgesteiften<br />
Vollwandträgern im Achsabstand<br />
von 4,37 m, einem Horizontalverband<br />
in der Untergurtebene und<br />
9 Vorbauschnabel in Verschubrichtung<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
vertikalen K-Verbänden. Die beiden<br />
geschweißten Vollwandträger sind in<br />
vier Segmente unterteilt, die über<br />
Kopfplattenanschlüsse mit hochfesten<br />
vorgespannten Schrauben biegesteif<br />
verbunden werden. Mittels Gabelanschlüssen<br />
und Bolzen werden die<br />
aus zusammengesetzten Winkelprofilen<br />
gebildeten Verbandsstäbe zug- und<br />
druckfest an die Quersteifen bzw.<br />
Anschlussbleche an den Untergurten<br />
der Vollwandträger montiert.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
45
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Der Brückenradius im Grundriss wird im<br />
Vorbauschnabel über eine polygonale<br />
Ausrichtung seiner einzelnen Hauptträgersegmente<br />
angenähert, die durch<br />
den Einbau entsprechender Keilplatten<br />
in den Segmentstößen erreicht wird. An<br />
den Überbau wird der Vorbauschnabel<br />
unter einem entsprechenden Anstellwinkel<br />
über eine biegesteife Kopfplattenverbindung<br />
mit hochfesten, vorgespannten<br />
Schrauben angeschlossen.<br />
Die Schnabelspitze ist mit einem verstellbaren<br />
Anlaufträger ausgestattet, der<br />
über einen Hydraulikzylinder (Hub bis<br />
ca. 1.000 mm) gesteuert werden kann.<br />
4 Besonderheiten des Verschubs<br />
Insgesamt rund zehn nachstehend<br />
näher erläuterte Randbedingungen bzw.<br />
Besonderheiten, vor allem im Vergleich<br />
zu den häufiger im Taktschiebeverfahren<br />
hergestellten Spannbetonkastenbrücken,<br />
kennzeichnen den Verschub bzw. den<br />
hier zu verschiebenden Stahlüberbau.<br />
Die ersten fünf sind folgende:<br />
– Es werden zwei gekoppelte Stahlkästen<br />
verschoben.<br />
– Der Überbau ist im Grundriss mit<br />
einem Radius von ca. 1.300 m<br />
gekrümmt.<br />
– Bei einer maximalen Auskragung von<br />
107 m treten große Beanspruchungen<br />
und Verformungen (Durchbiegung<br />
bis zu ca. 3,80 m) auf. Große Abstapelhöhen<br />
werden erforderlich.<br />
– Der Verschub erfolgt nur auf Verschublagern<br />
unter den beiden Innenstegen<br />
der Stahlkästen.<br />
– Es entstehen sehr unterschiedliche<br />
Verschublagerkräfte. Beide Stahlkästen<br />
müssen über temporäre Verbände auch<br />
für Windbeanspruchungen bereichsweise<br />
gekoppelt werden.<br />
46 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Die ersten vier Randbedingungen und<br />
dabei primär die Krümmung des Überbaus<br />
im Grundriss führen zu einem<br />
beachtenswerten statischen Systemverhalten<br />
und in der Konsequenz zur<br />
fünften Besonderheit: Würden die beiden<br />
Stahlkästen und der Vorbauschnabel im<br />
Grundriss geradlinig verlaufen, wären<br />
für den Lastfall Eigengewicht lediglich<br />
Koppelstäbe am oberen und unteren<br />
Flansch in bestimmten Abständen<br />
erforderlich gewesen, um die Torsionsbeanspruchung<br />
aus der exzentrischen<br />
Stützung der Kästen unter den Innenstegen<br />
ohne größere Verdrehungen<br />
aufzunehmen. Für diesen Lastfall hätten<br />
also mit den vorhandenen Querträgern<br />
in den Auflagerachsen nur wenige<br />
zusätzliche Koppelstellen ausgereicht.<br />
Bei der für den Verschub kritischen,<br />
größten Auskragung führt die hier vorhandene<br />
Krümmung des Überbaus im<br />
Grundriss jedoch zu Torsionsbeanspruchungen<br />
beider Kästen, die einen<br />
entscheidenden Einfluss auf die Verteilung<br />
der Auflagerkräfte auf die Verschublager<br />
am Kragarm bzw. die Verdrehung<br />
der Querschnitte haben. Betrachtet man<br />
die Brücke im Grundriss mit Blickrichtung<br />
10 Vorbauschnabel nach Pfeilerauffahrt<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
11 Geradliniger Brückenverlauf im Grundriss:<br />
Horizontale Kopplung der Stahlkästen an den<br />
Verschublagern führt zu kleinen Torsionsmomenten<br />
und Verdrehungen.<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
Norden, bewegen sich die Querschnitte<br />
von einer gedachten Tangente an<br />
die Schwerachse entsprechend der<br />
Krümmung nach Westen, so dass das<br />
Eigengewicht der Kragarme im Auflagerquerschnitt<br />
beider Stahlkästen ein<br />
negatives Torsionsmoment erzeugt.<br />
Die exzentrische vertikale Auflagerkraft<br />
unter dem Innensteg des westlichen<br />
Stahlkastens erzeugt in diesem ebenfalls<br />
ein negatives, hohes Torsionsmoment.<br />
12 Vereinfachtes Grundrissmodell zum weit auskragenden Verschubzustand ohne Kopplung der Kästen<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske
Dagegen ergibt sich für den östlichen<br />
Stahlkasten ein positives Torsionsmoment<br />
aus der Auflagerkraft, da sie wie die<br />
Eigengewichtsresultierende auf der<br />
gleichen Seite, bezogen auf die Trägerschwerachse<br />
(Drehachse), angreift.<br />
Sind beide Stahlkästen über dem<br />
Kragarmauflager lediglich durch die oben<br />
beschriebenen Koppelstäbe in Höhe der<br />
Trägerflansche verbunden, kann über<br />
die Verschublager keine Torsionsbeanspruchung<br />
der Stahlkästen aufgenommen<br />
werden. Unterschiedliche Torsionsbeanspruchungen<br />
beider Kästen gleichen<br />
sich lediglich über die Koppelstäbe aus<br />
und laufen über das anschließende Feld<br />
in den Trägern weiter, bis sie über einen<br />
Querträger als Kräftepaar eine Art<br />
Biegetorsion in dem Gesamtquerschnitt<br />
aus beiden Stahlkästen erzeugen bzw.<br />
über einen Auflagerquerträger die Torsion<br />
als Querbiegemoment in die Pfeiler<br />
übertragen.<br />
13 Gekrümmter Brückenverlauf im Grundriss:<br />
horizontale Kopplung, keine Aufnahme<br />
gleichsinnig drehender Torsionsmomente<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
Bei dem vorhandenen System zeigte<br />
sich, dass an den Verschublagern des<br />
jeweiligen Kragarms in den verschiedenen<br />
Verschubzuständen unbedingt die<br />
Aufnahme eines Torsionsmomentes<br />
ermöglicht werden musste, um die<br />
Verdrehungen beider Kästen insbesondere<br />
für die Verschublager und die<br />
Seitenführungen nicht zu groß werden<br />
zu lassen. In Auflagerachse 20 des<br />
Überbaus – sie liegt bei maximaler<br />
Auskragung lediglich etwa 8 m von den<br />
Verschublagern des Kragarms entfernt –<br />
wurde daher bei dem Überbau der<br />
östlichen Richtungsfahrbahn für den<br />
Verschubzustand ein Verband mit<br />
Diagonalstab anstelle des späteren<br />
Querträgers zwischen beiden Stahlkästen<br />
angeordnet, so dass Querkräfte<br />
übertragbar wurden und sich so<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
unterschiedliche Auflagerkräfte in den<br />
beiden Verschublagern zur Aufnahme<br />
der Torsionsbeanspruchung einstellen<br />
konnten. Dies reduzierte die Verdrehung<br />
der Kästen auf ein verträgliches Maß.<br />
So wurde auch sichergestellt, dass<br />
»rechnerisch gelenkige« Anschlüsse der<br />
zur temporären Kopplung zwischen den<br />
Kästen eingebauten Verbandsstäbe<br />
nicht unverträglichen Verdrehungen<br />
ausgesetzt waren.<br />
Neben den systembedingten erheblichen<br />
Verdrehungen und großen vertikalen<br />
Durchbiegungen der Stahlkästen führte<br />
auch die horizontale Windbeanspruchung<br />
in den kritischen, weit auskragenden<br />
Verschubzuständen zu solchen Verformungen<br />
im Anschlussbereich des Vorbauschnabels,<br />
dass dort ein temporärer<br />
Verband in Höhe der unteren Kastenflansche<br />
den Endquerträger entlasten<br />
musste. Die Vierendeel- bzw. Rahmentragwirkung<br />
zwischen dem Endquerträger<br />
und den Kästen hätte ohne diesen<br />
Verband zu einer Überbeanspruchung<br />
des Querträgers geführt, die Querverformungen<br />
verringerten sich in der Folge<br />
deutlich.<br />
Die weiteren Randbedingungen bzw.<br />
Besonderheiten sind nachstehend<br />
aufgelistet:<br />
– Der Vorbauschnabel schließt mit<br />
seinen beiden Hauptträgern in den<br />
Achsen der Innenstege an. Die<br />
Verbandsstäbe liegen ebenfalls<br />
exzentrisch zu den Schwerachsen<br />
der Stahlkästen.<br />
– Die Geometrie der spannungslosen<br />
Werkstattform ist zu berücksichtigen.<br />
– Über die minimierten Blechdicken der<br />
Innenstege (Feldbereiche) müssen<br />
große Auflagerlasten in die Stahlkästen<br />
eingeleitet werden (Beulgefahr der<br />
Stegbleche).<br />
– Die dünnen Stahlstege erfordern<br />
eine sehr präzise Seitenführung der<br />
Stahlkästen (geringe Toleranzen).<br />
Bei tiefem Sonnenstand treten hohe<br />
Seitenführungskräfte auf.<br />
- Vorbauschnabel und Stahlkästen sind<br />
als zusammenwirkendes System zu<br />
betrachten, wobei eine schubflussgerechte<br />
Kopplung beider Systemteile<br />
zu gewährleisten ist.<br />
14 Gekrümmter Brückenverlauf im Grundriss:<br />
horizontale und diagonale Kopplung,<br />
Übertragung der Torsionsbeanspruchung<br />
der Einzelkästen in die Verschublager bzw.<br />
den Gesamtquerschnitt<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
Da der Vorbauschnabel lediglich an<br />
den zwei Innenstegen der Stahlkästen<br />
angeschlossen wurde und damit deutlich<br />
schmaler als die temporär verbundenen<br />
Kästen ist, waren horizontale Abstützungen<br />
zwischen dem unteren Flansch<br />
der Vollwandträger des Vorbauschnabels<br />
und den Seitenführungen einzubauen<br />
sowie in den statischen Nachweisen die<br />
betreffenden Exzentrizitäten zu berücksichtigen.<br />
Obwohl die Balkentheorie<br />
aufgrund der großen Bauteillängen für<br />
das System auch im Verschubzustand<br />
überwiegend Gültigkeit hat, musste der<br />
Kraftfluss in den Querschnitten gerade<br />
im Bereich der exzentrischen Anschlüsse<br />
genau nachvollzogen werden. Ebenso<br />
war die Lasteinleitung aus den exzentrisch<br />
angeordneten Kopplungen und<br />
Verbänden in die Kastenquerschnitte<br />
nachzuweisen.<br />
Des Weiteren war bei der statischen<br />
Berechnung des gesamten Verschubes zu<br />
beachten, dass die Stahlträger entsprechend<br />
der spannungslosen Werkstattform<br />
deutlich überhöht (bis ca. 40 cm) sind<br />
und in bestimmten Verschubzuständen<br />
die Lager erst bei gegenläufiger Verformung<br />
der Stahlträger wirksam werden.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
47
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
48 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
15 Verschublager unter den Innenstegen<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
Der Einbau der Verschublager und der<br />
Seitenführungen sowie das Verschieben<br />
selbst hatten äußerst präzise zu erfolgen.<br />
Die Dicken der Innenstege der Stahlkästen<br />
variieren und betragen bereichsweise<br />
lediglich 16 mm, die Breite der<br />
Auflagerfläche an den Verschublagern<br />
misst nur ca. 10 cm. Ein seitliches,<br />
unplanmäßiges Verschieben der Stahlkästen<br />
gegenüber der Soll-Lage um<br />
wenige Zentimeter hätte Plattenbiegebeanspruchungen<br />
in Gurten und Stegen<br />
17 Zu geringe Vorspannung in der Seitenführung<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
und als Konsequenz ein Stegbeulen und<br />
damit vermutlich ein Abknicken des<br />
weit auskragenden Verschubstückes<br />
verursacht.<br />
Die Weichheit des Systems aus den<br />
beiden gekoppelten Stahlkästen in den<br />
kritischen, weit auskragenden Verschubzuständen<br />
hatte auch Auswirkungen auf<br />
den Vorbauschnabel. Insbesondere der<br />
erste, den Stahlkästen nächstgelegene<br />
K-Verband wurde durch vertikale und<br />
horizontale Querkräfte beansprucht,<br />
18 Zu kurze Schrauben<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
16 Verstärkung der Gabelanschlüsse am Vorbauschnabel<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
die als Resultat unterschiedlicher Verdrehungen<br />
und Verschiebungen der<br />
Kästen am Überbauanfang bei Achse 10<br />
entstanden. Bis zu diesem ersten K-Verband<br />
traten auch bemessungsrelevante<br />
Querbiegemomente in den Gurten der<br />
Vollwandträger des Vorbauschnabels<br />
auf. Um ein seitliches Ausknicken an den<br />
Gabelanschlusspunkten der Verbände<br />
sicher auszuschließen, wurden Verstärkungsbleche<br />
aufgeschweißt.<br />
19 Zu geringer Gewindeeinstand<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske<br />
20 Zu langer Ankerstab<br />
© Ingenieurbüro Dr. Garske
5 Bauüberwachung<br />
Im Zuge der Bauüberwachung wurden<br />
die Anlagen für den Verschub (Verschublager,<br />
Seitenführungen, Verschub- und<br />
Bremsanlage, Längsfesthaltung, Vorbauschnabel)<br />
und die Arbeitsgerüste auf<br />
den Pfeilern kontrolliert. Neben den<br />
technischen Einrichtungen wurden<br />
ferner die Arbeitsabläufe und mögliche<br />
Katastrophenszenarien geprüft und<br />
eingehend mit den Beteiligten bzw.<br />
den vor Ort Verantwortlichen diskutiert.<br />
Ganz überwiegend wurden die Arbeiten<br />
in den Montage- und Verschubzuständen<br />
von den bauausführenden Firmen Max<br />
Bögl und Stahlbau Plauen sehr sorgfältig<br />
vorbereitet und fachgerecht ausgeführt.<br />
Einige kleinere Montageversehen oder<br />
Mängel wurden im Rahmen der Bauüberwachung<br />
erkannt und vor den<br />
betreffenden Verschubzuständen korrigiert<br />
bzw. beseitigt. Dies waren zum<br />
Beispiel zu geringe Vorspannkräfte in<br />
den Diagonalspanngliedern der Seitenführungen<br />
und vereinzelt festgestellte<br />
zu geringe Schraubenlängen bzw.<br />
Schraubeneinstände. Ein zu lang herausstehender<br />
Ankerstab (Verletzungsgefahr)<br />
wurde entsprechend gekürzt.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Erhard Garske<br />
Prüfingenieur für Standsicherheit<br />
Fachrichtungen Massivbau und Metallbau<br />
Arbeitsgemeinschaft Prüfung Sinntalbrücke<br />
Albrecht & Garske, München<br />
Bauherr<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Kostenträger<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Entwurf und Ausschreibung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
SSF Ingenieure AG, München<br />
Tragwerksplanung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />
Prüfingenieur<br />
Dr.-Ing. Erhard Garske, München<br />
Bauleitung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg<br />
Sondervorschlag und Ausführung<br />
Dach-Arbeitsgemeinschaft Sinntalbrücke, Frankfurt am Main<br />
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Sengenthal<br />
Max Bögl Stahl- und Anlagenbau GmbH & Co. KG, Sengenthal<br />
Plauen Stahl Technologie GmbH, Plauen<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
49
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Gestaltungsinitiative der Asfinag<br />
Das Leitkonzept »Brücke«<br />
von Michael Kleiser<br />
Straßen prägen unseren Lebensraum<br />
– viel stärker, als man auf den<br />
ersten Blick vermuten möchte.<br />
Brücken als wesentliche Bestandteile<br />
des Straßennetzes sind im<br />
Besonderen landschaftsprägende<br />
Elemente, denen eine hohe Bedeutung<br />
für die Baukultur des Landes<br />
Österreich zukommt. Die Asfinag,<br />
der Betreiber der österreichischen<br />
Autobahnen und Schnellstraßen,<br />
hat sich im Rahmen einer übergeordneten<br />
gesamtheitlichen Initiative<br />
zum Ziel gesetzt, das Erscheinungsbild<br />
der Brücken sowohl in<br />
Hinblick auf ihre gestalterische<br />
Qualität als auch auf ihre adäquate<br />
Eingliederung in das Landschaftsbild<br />
zu verbessern. Das Leitkonzept<br />
»Brücke« als Bestandteil der unternehmensintern<br />
verbindlichen<br />
Richtlinie regelt die Gestaltungsprozesse<br />
und beinhaltet Hinweise<br />
und Vorgaben für zielgerechte<br />
ganzheitliche Brückenentwürfe.<br />
50 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
2 Leitplanung für Rastplätze<br />
© Asfinag Bau Management GmbH<br />
1 Gestaltungsinitiative<br />
Die Asfinag betreibt ein über 2.100 km<br />
langes Straßennetz mit ca. 5.000 Brücken,<br />
ca. 300 km Tunneln und vielen Begleitbauwerken<br />
wie Rastplätzen, Autobahnmeistereien<br />
und Lärmschutzbauwerken<br />
unterschiedlichen Typs und Alters. Alle<br />
baulichen Eingriffe formen unseren Landschaftsraum<br />
und unsere Umgebung und<br />
sind daher gestaltungsrelevant. Die<br />
Asfinag nimmt diesen Aspekt aus Verpflichtung<br />
gegenüber der Baukultur sehr<br />
ernst und bemüht sich schon seit Jahren,<br />
durch architektonische Leitplanungen<br />
und Architekturwettbewerbe bei Neu-<br />
1 Lebensraumprägende Straßen<br />
© Asfinag Bau Management GmbH<br />
bauabschnitten gestalterische Akzente<br />
zu setzen und so die Aufmerksamkeit und<br />
das Interesse der Autofahrer zu wecken.<br />
Um verbindliche unternehmensweite<br />
Vorgaben zu schaffen, erfolgte im Jahr<br />
2009 die Erstellung einer übergeordneten<br />
Gestaltungsrichtlinie »Gestaltung von<br />
baulichen Anlagen«, die mit dem<br />
Leitkonzept »Lärmschutz« ergänzt wurde.<br />
Im Herbst 2011 wurde die Gestaltungsinitiative<br />
um die Leitkonzepte »Brücke«,<br />
»Tunnel« und »Hochbau« erweitert und<br />
damit ein umfassendes bauwerksübergreifendes<br />
Regelwerk geschaffen.
3 Gestaltungsgrundlagen der Asfinag<br />
© Asfinag Bau Management GmbH<br />
Im Rahmen der Gestaltungsinitiative<br />
der Asfinag wurde 2010 auch ein Gestaltungsbeirat<br />
eingerichtet, der sich aus<br />
Vertretern der Asfinag sowie externen<br />
Experten aus den Bereichen Architektur,<br />
Landschaftsarchitektur und Raumplanung<br />
zusammensetzt. Zu dessen<br />
Aufgaben gehören die Freigabe von<br />
Leitplanungen, das Formulieren von<br />
Gestaltungszielen, Begleitung von<br />
Projekten und Teilnahmen in Wettbewerbsjurys.<br />
2 Leitkonzept »Brücke«<br />
2.1 Ziel und Kriterien<br />
Das Leitkonzept »Brücke« erweitert das<br />
Spektrum der wirtschaftlichen und<br />
technisch-funktionalen Planungsgrundlagen<br />
für den Brückenbau um den Aspekt<br />
der Ästhetik mit dem Ziel, Bauwerke mit<br />
ganzheitlicher Qualität sicherzustellen, [1]<br />
und zwar unabhängig davon, ob es sich<br />
um Neubauten oder um Eingriffe in<br />
Bestandsobjekte handelt.<br />
4 Brücke über das Gantertal von Christian Menn<br />
© Nicolas Janberg/www.structurae.de<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Wirtschaftlichkeit, Technik und Funktion<br />
sowie Ästhetik stehen nicht zwangsläufig<br />
im Widerspruch zueinander, wie<br />
viele hervorragende Beispiele gebauter<br />
Brücken im Netz und außerhalb des<br />
Netzes der Asfinag zeigen. Um dieses Ziel<br />
zu erreichen, konnten für die Erstellung<br />
des Leitkonzeptes »Brücke« das Ingenieurbüro<br />
PCD-ZT GmbH (ehemals<br />
Ingenieurbüro A. Pauser) aus Wien und<br />
der Architekt Dietmar Feichtinger, Paris<br />
und Wien, als externe fachliche Begleitung<br />
gewonnen werden.<br />
Das Leitkonzept ist vorwiegend prozessorientiert<br />
aufgebaut, es handelt sich also<br />
nicht um eine Gestaltungsanleitung.<br />
Geregelt werden nicht nur der Streckenneubau,<br />
sondern insbesondere die<br />
unterschiedlichsten Maßnahmen an<br />
Bestandsbauwerken, die derzeit einen<br />
beträchtlichen Anteil im Netz der Asfinag<br />
ausmachen und künftig weiter an<br />
Bedeutung gewinnen werden. Das<br />
Leitkonzept ist somit ein praktisches<br />
Handwerkszeug zur Unterstützung der<br />
Projektverantwortlichen in allen Phasen<br />
der Umsetzung bei Bestands- und Neubauten.<br />
Grundsätzlich ist jede Interaktion<br />
im öffentlichen Raum gestaltungsrelevant<br />
und berührt das öffentliche<br />
Interesse. Dennoch muss nicht jeder<br />
bauliche Eingriff gestalterisch gleichwertig<br />
beurteilt werden. Um auch Eingriffe<br />
im Bestandsnetz, wie einfache<br />
wartungsbedingte Instandhaltungsmaßnahmen<br />
bis hin zu Generalinstandsetzungen<br />
mit dem Ziel der Erhöhung der<br />
Tragfähigkeit, richtig erfassen zu können,<br />
wurden Entscheidungsgrundlagen für die<br />
Relevanz eines Eingriffs und die daraus<br />
zu ziehenden Schlüsse entwickelt, die zu<br />
vier Gestaltungsrelevanzklassen GR 0<br />
(untergeordnete Gestaltungsrelevanz)<br />
bis GR 3 (hohe Gestaltungsrelevanz)<br />
führen.<br />
5 Überführung über die A 1 bei Sattledt<br />
© Asfinag Bau Management GmbH<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
51
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Diese werden abhängig von vier Kriterien<br />
des öffentlichen Interesses ermittelt:<br />
– baukulturelle Bedeutung (Akzeptanz<br />
in der Fachwelt, innovative Konstruktionsart,<br />
Bekanntheitsgrad etc.);<br />
– visuelle Wahrnehmung (von welcher<br />
Personenzahl wird das Objekt visuell<br />
wahrgenommen?);<br />
– Dimension (Brückenlänge und<br />
maximale Höhe über dem Gelände);<br />
– Häufigkeit (Anzahl von ähnlichen/<br />
gleichartigen Objekten).<br />
2.2 Ablaufschema<br />
Der Prozess wird anhand eines Ablaufschemas<br />
anschaulich abgebildet, der<br />
vom jeweiligen Asfinag-internen Projektleiter<br />
anzuwenden ist. Zuerst wird der<br />
Gestaltungsbereich der baulichen Maßnahme<br />
definiert, ob es sich z. B. um einen<br />
Neubaustreckenabschnitt oder aber um<br />
eine einfache Instandhaltungsmaßnahme<br />
im Bestandsnetz handelt. Danach wird<br />
über vordefinierte Mindestkriterien am<br />
direkten Weg bzw. über Kriterien des<br />
öffentlichen Interesses anhand eines<br />
Punktesystems die Gestaltungsrelevanz<br />
bestimmt. Aufgrund der Klassifizierung<br />
wird im Leitkonzept die weitere Vorgangsweise<br />
vorgegeben bzw. werden die<br />
Konsequenzen angeführt. Das Spektrum<br />
der Beurteilungsinstanzen reicht dabei<br />
vom Projektleiter selbst (GR 0 und GR 1)<br />
über die erforderliche Beauftragung eines<br />
52 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
6 Generelles Ablaufschema<br />
© Asfinag Bau Management GmbH<br />
externen Gestaltungsexperten (GR 2) bis<br />
hin zur Durchführung eines Gestaltungswettbewerbs<br />
(GR 3). Dabei wird bewusst<br />
freigestellt, ob als externer Gestaltungsexperte<br />
neben einem Architekten auch<br />
ein Ingenieur mit einschlägiger Erfahrung<br />
im Gestalten von Ingenieurbauwerken<br />
herangezogen werden kann. Dies soll<br />
dazu dienen, die Verantwortung des<br />
Tragwerksplaners für das Tragwerk als<br />
gestalterisches Element hervorzuheben<br />
und die Ingenieurbaukunst, die sich<br />
aus dem Gestaltungsprozess infolge<br />
technischer Ansätze entwickelt, insgesamt<br />
zu fördern.<br />
Mit der Gestaltungsrelevanz wird auch<br />
der Prüfablauf geregelt, um den Gestaltungsprozess<br />
während der Planungsbzw.<br />
der Ausführungsphase bis zur<br />
Fertigstellung zu steuern und eine<br />
zielgerechte Umsetzung zu gewährleisten.<br />
Nach der Fertigstellung werden<br />
die Gestaltungsprojekte bzw. -konzepte<br />
in einer Baudatenbank für eine nachträgliche<br />
Evaluierung der Ergebnisse<br />
verwaltet.<br />
2.3 Maßnahmenkatalog<br />
Das Kapitel »Entwurf und Gestaltung«<br />
enthält einen Maßnahmenkatalog, in<br />
dem Einzelmaßnahmen beschrieben<br />
werden, um das Bewusstsein für Gestaltung<br />
bzw. das »gestalterische Auge«<br />
zu schulen. Darin werden anhand<br />
bewährter Grundsätze der Ästhetik im<br />
Brückenbau [1] [2] [3] [4] Hilfestellungen<br />
angeboten, die gerade bei Nichteinschaltung<br />
externer Gestaltungsexperten<br />
dienlich sind. Es werden die Bezugsebenen<br />
zum Ort und zur Strecke dargestellt,<br />
aber auch der Möglichkeit zur<br />
Entwicklung von »Landmarks« Raum<br />
gegeben. Des Weiteren wird auf Kriterien<br />
der konstruktiven Ästhetik wie Proportion,<br />
Transparenz, visuelle Schlankheit<br />
sowie auf einen richtigen Umgang mit<br />
der Brückenausrüstung, Detailausbildung,<br />
Farb-, Material- und Oberflächenbezügen<br />
und objektübergreifenden Schnittstellen<br />
eingegangen.<br />
Wichtig ist vor allem das Ziel einer<br />
Authentizität der Konstruktion, die eine<br />
dem Kraftfluss entsprechende Ausformung<br />
des Tragwerkes anstrebt – im Sinne<br />
von: »Ist der Kraftfluss nicht ablesbar, ist<br />
die Tragwerksform nicht wahrhaftig, wird<br />
gar ein falscher Kraftfluss vorgegaukelt,<br />
ist sie unehrlich, verlogen.« (Jörg Schlaich<br />
in [5]). Dabei werden gelungene und<br />
weniger gelungene Beispiele bildlich<br />
dargestellt.
7 Überführung über die A1 bei Schörfling<br />
© Michael Kleiser<br />
3 Zusammenfassung<br />
Brücken sind zum Teil weit sichtbare<br />
Elemente unserer Straßen und prägen<br />
entscheidend unser Landschaftsbild.<br />
Die Frage der Ästhetik ist daher bei<br />
der Planung von Brücken nicht minder<br />
wichtig und gehört auf gleicher Ebene<br />
wie Kosten und technisch-funktionale<br />
bzw. nachhaltige Aspekte behandelt,<br />
um ganzheitliche, im Sinne der Baukultur<br />
befriedigende Ergebnisse zu<br />
erhalten.<br />
Die Asfinag als Betreiber der österreichischen<br />
Autobahnen und Schnellstraßen<br />
will ihrer Verantwortung gegenüber der<br />
Baukultur im Rahmen einer umfassenden<br />
Gestaltungsinitiative gerecht werden.<br />
Mit Hilfe des Leitkonzepts »Brücke« ist<br />
ein Instrument geschaffen worden, um<br />
alle Brückenneubauten sowie bauliche<br />
Maßnahmen an Bestandsbrücken einem<br />
entsprechenden Gestaltungsprozess zu<br />
unterziehen. Die Asfinag hat sich hier<br />
bewusst eine Reihe von Spielregeln auferlegt<br />
und Kontrollinstanzen geschaffen,<br />
um eine sichere Umsetzung der gesteckten<br />
Ziele im Rahmen der wirtschaftlichen<br />
und technisch sinnvollen Möglichkeiten<br />
zu erreichen.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Michael Kleiser<br />
Technische Fachbereiche und Innovation<br />
Asfinag Bau Management GmbH,<br />
Wien<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Literatur<br />
[1] Pauser, A.: Massivbrücken ganzheitlich betrachtet.<br />
Hrsg. v. Österreichischer Zementindustrie u.<br />
Österreichischem Verein für Beton- und Bautechnik.<br />
Wien 2002.<br />
[2] Leonhardt, F.: Brücken Bridges. Ästhetik und<br />
Gestaltung. 4. A. , Stuttgart 1994.<br />
[3] Menn, C.: Stahlbetonbrücken. 3. akt. u. erw. A.,<br />
Wien 2003.<br />
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[4] Forschungsgemeinschaft Straße Schiene Verkehr<br />
(FSV): RVS 15.01.11 Qualitätskriterien für die<br />
Planung von Brücken. Wien 2003.<br />
[5] Schlaich, J.: Der Bauingenieur und die Baukultur;<br />
in Tagungsband der Stiftung Bauwesen.<br />
Stuttgart 2003.<br />
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1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
53
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Die Brücken und ihre Bedeutung<br />
Neuer Hauptbahnhof in Wien<br />
von Judith Engel<br />
Auf dem Gelände zwischen dem<br />
ehemaligen Süd- und Ostbahnhof<br />
und dem Südtiroler Platz entsteht<br />
der neue Hauptbahnhof Wien.<br />
Das Gesamtprojekt erstreckt sich<br />
mitten in der Stadt über fünf Wiener<br />
Gemeindebezirke. Der Südbahnhof<br />
als Kopfbahnhof für Süd- und Ost-<br />
bahn wird durch einen leistungsfähigen<br />
Durchgangsbahnhof<br />
ersetzt, der zur Drehscheibe des<br />
internationalen Schienen- und<br />
Reiseverkehrs wird. Neben dem<br />
Bahninfrastrukturprojekt gehören<br />
auch noch das Städtebauprojekt<br />
mit der BahnhofCity und der<br />
Verwertung der freiwerdenden<br />
Flächen sowie die Entwicklung<br />
neuer Straßen der Stadt Wien zum<br />
Gesamtprojekt. Im neuen hochwertigen<br />
Stadtteil werden rund<br />
5.000 Wohnungen, ein Bildungscampus,<br />
eine große Parkanlage<br />
sowie Bürobauten errichtet. Entlang<br />
der Bahn ist eine Gewerbezone<br />
vorgesehen, und die neuen Wohnhäuser<br />
an der Sonnwendgasse<br />
und an der Gudrunstraße schließen<br />
an einen 8 ha großen Park an. Um<br />
die Barrierewirkung der bisherigen<br />
Bahnanlagen zu reduzieren, werden<br />
die vorhandenen Querungs-<br />
möglichkeiten darüber hinaus<br />
umgebaut und erneuert sowie<br />
weitere Brücken errichtet, wie<br />
dieser Beitrag zeigt.<br />
54 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Projektinhalt<br />
Die Genehmigungs- und Detailplanung<br />
des Projekts Wien Hauptbahnhof läuft auf<br />
Basis des städtebaulichen Wettbewerbs<br />
und des daraus entwickelten Masterplans<br />
seit 2005. Die gesamten Planungsarbeiten<br />
(Vorentwurf, Genehmigungsplanung,<br />
Ausschreibungs- und Ausführungsplanung,<br />
Bestandsplanung) wurden in<br />
einem europaweiten Verfahren ausgeschrieben<br />
und Anfang 2006 nach einer<br />
zweistufigen Bewertung vergeben.<br />
Zur Umsetzung der Projektziele wurde im<br />
Jahr 2006 eine Variantenstudie durchgeführt,<br />
die der Optimierung der Anforderungen<br />
aus dem Spannungsfeld Fahrgastanforderungen,<br />
Bedürfnisse des Eisenbahnbetriebs<br />
und Neustrukturierung der<br />
betrieblichen Organisation im Großraum<br />
Wien diente. Als Ergebnis konnte der<br />
weiteren Planung und Ausschreibung<br />
ein Konzept zugrunde gelegt werden,<br />
das den Bahnkunden eine moderne und<br />
attraktive Verkehrsstation bietet und den<br />
Bahnbetrieb bestmöglich integriert.<br />
So wird durch das Projekt Wien Hauptbahnhof<br />
die Anzahl der Service-Standorte<br />
(Reparatur, Wartung, Außen- und<br />
Innenreinigung) im Großraum Wien<br />
reduziert, so dass Verschub- bzw. Lokfahrten<br />
und die daraus resultierende<br />
Umweltbelastung entfallen. Darüber<br />
hinaus werden die bahnbetrieblichen<br />
Funktionen nicht nur auf den letzten<br />
Stand der Technik gebracht, sondern<br />
ermöglichen aufgrund ihrer Anordnung<br />
zugleich das neue und effiziente<br />
Betriebskonzept der »Bandproduktion«:<br />
1 Projektübersicht<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
Die einzelnen Schritte der Zugproduktion<br />
und -wartung erfolgen nicht wie bisher<br />
auf parallel angeordneten Gleisanlagen,<br />
sondern werden hintereinander durchlaufen.<br />
Damit können sowohl Zeit als<br />
auch Betriebskosten eingespart werden,<br />
und das Wagenmaterial wird dem Betrieb<br />
schneller zur Verfügung gestellt.<br />
Folgende wichtige Anlagenteile werden<br />
im Projekt neu realisiert:<br />
– Behandlungsanlagen für Reisezüge<br />
(Ver- und Entsorgung, Außenreinigung)<br />
für eine »Blockzugwartung«;<br />
– Auto-im-Reisezug-Anlage;<br />
– Abstellanlagen für Reisezüge und<br />
Triebfahrzeuge;<br />
– Betriebsgebäude für die Standorte<br />
Traktion, Produktion und Personenverkehr;<br />
– Stellwerk Süd in der Laxenburger<br />
Straße;<br />
– umfassende Erneuerung und<br />
Reorganisation der Bahninfrastruktur<br />
und Gleisanlagen;<br />
– Verkehrsstation »Wien Hauptbahnhof«<br />
mit fünf Inselbahnsteigen.<br />
Die Verkehrsstation wird als Durchgangsbahnhof<br />
geplant und ersetzt die beiden<br />
Kopfbahnhöfe Süd- und Ostbahnhof.<br />
Sie beinhaltet ca. 20.000 m 2 Geschäftsflächen<br />
und wird im zweiten Untergeschoß<br />
ca. 600 Pkw-Stellplätze<br />
anbieten.
2 Standorte der Brückenbauwerke<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
2 Brückenbauwerke<br />
2.1 Geplante Maßnahmen<br />
Die bestehende Eisenbahnanlage stellte<br />
für die städtische Entwicklung stets eine<br />
Barriere dar, die nur an wenigen Orten<br />
überwunden werden konnte. Durch das<br />
Projekt Wien Hauptbahnhof werden nun<br />
die bisherigen Querungsmöglichkeiten<br />
umgebaut und erneuert sowie weitere<br />
Brückentragwerke errichtet.<br />
Die vorhandenen Bahnbrücken stammen<br />
aus den 60er und 70er Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts. Sie können die<br />
Lasten der neu angeordneten Gleislage<br />
nicht aufnehmen bzw. entsprechen in<br />
ihren Lage- und Höhenverhältnissen<br />
nicht den neuen Anforderungen. Deshalb<br />
werden diese Tragwerke unter Aufrechterhaltung<br />
des Verkehrs abgebrochen und<br />
in Etappen neu gebaut.<br />
Aufrechtzuerhalten sind nicht nur der<br />
Straßen- und der Bahnverkehr, sondern<br />
auch die Linien des öffentlichen Verkehrs<br />
(Straßenbahn, U-Bahn, unterirdische<br />
Straßenbahn, Buslinien) sowie Fuß- und<br />
Radwegverbindungen. Die Bauwerke<br />
liegen zudem über Haupteinfahrtstraßen<br />
von Süden nach Wien und<br />
bedürfen einer sehr sorgfältigen und<br />
langfristigen Bauablaufplanung, da<br />
Verkehrseinschränkungen überwiegend<br />
nur in den Sommermonaten möglich<br />
sind.<br />
Insgesamt werden zusätzlich zur Verkehrsstation<br />
zehn Brückenbauwerke neu<br />
errichtet oder saniert, die eine Gesamtfläche<br />
von ca. 20.000 m 2 aufweisen; die<br />
Tragwerke in der Verkehrsstation über<br />
dem Geschoß E 0 des Aufnahmegebäudes<br />
sind hier noch nicht berücksichtigt.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
2.2 Bautechnische Details<br />
2.2.1 Längenfeldgasse<br />
Es erfolgt die Sanierung der bestehenden<br />
Bauwerke Nord und Süd mit Tragwerksisolierung<br />
und Instandsetzung der Randbalken.<br />
Die lichte Höhe beträgt hier<br />
mindestens 4,20 m, die lichte Weite des<br />
Einfeldträgers 15,20 m.<br />
2.2.2 Triesterstraße<br />
Folgende Maßnahmen werden durchgeführt:<br />
– Sanierung der vier Bestandsbauwerke<br />
aus Stahlbeton mit Instandsetzung<br />
der Tragwerksisolierung und des<br />
Randbalkens. Ihre lichte Höhe beträgt<br />
mindestens 4,20 m, die lichte Weite<br />
75,60 m (vier Felder);<br />
– Errichtung eines Überwerfungsbauwerks<br />
»Pottendorfer Linie Gleis 1«<br />
aus Stahlbeton mit einer lichte Höhe<br />
von mindestens 4,20 m und einer<br />
lichten Weite von 88,20 m (fünf Felder);<br />
– Errichtung des Tragwerks »Pottendorfer<br />
Linie Gleis 2« aus Stahlbeton<br />
mit einer lichten Höhe von mindestens<br />
4,20 m und einer lichte Weite von<br />
75,60 m (vier Felder).<br />
3 4 Tragwerke über die Triesterstraße: Planung und Bauzustand im Oktober 2010<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
55
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
5 6 Tragwerke über die Landgutgasse: Planung und Bauzustand im August 2011<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
2.2.3 Landgutgasse<br />
Die Brücken über die Landgutgasse<br />
gliedern sich insgesamt in sieben Einzeltragwerke<br />
auf, die neu errichtet werden:<br />
– Tragwerk aus Stahlbeton über die<br />
S-Bahn-Gleise Gleise 6 und 4 mit einer<br />
lichten Höhe von mindestens 4,50 m<br />
und einer lichten Weite von 24,00 m<br />
(drei Felder);<br />
– Tragwerk aus Stahlbeton über das<br />
Südbahngleis mit einer lichten Höhe<br />
von mindestens 4,50 m und einer<br />
lichten Weite von 24,00 m (drei Felder);<br />
– Überwerfungsbauwerk »Pottendorfer<br />
Linie Gleis 1« aus Stahlbeton mit einer<br />
lichten Höhe von 13,80 m und einer<br />
lichten Weite von 26,90 m (ein Feld);<br />
8 Laxenburgerstraße und Busbahnhof: Längsschnitt<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
56 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
– Stahlbetontragwerke 4–6 für die<br />
Ver- und Entsorgungsgleise mit einer<br />
lichten Höhe von mindestens 4,50 m<br />
und einer lichten Weite von 24,00 m<br />
(drei Felder);<br />
– Tragwerk 7 aus Stahlbeton über die<br />
Südbahngleise mit einer lichten Höhe<br />
von mindestens 4,50 m und einer<br />
lichten Weite von 24,00 m (drei Felder).<br />
2.2.4 Überwerfungsbauwerk Süd<br />
Es handelt sich um eine ca. 890 m lange<br />
eingleisige Stahlbetonbrücke mit maximal<br />
7,20 m lichter Höhe über Schienenoberkante<br />
und einer Längsneigung von<br />
25 ‰ bzw. 35 ‰. Ausgeführt wird sie als<br />
Kette von Einfeldträgern mit beidseitigen<br />
7 Überwerfungsbauwerk vor<br />
Fertigstellung im Dezember 2011<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
Kragarmen und mit Stahlbetonrahmen im<br />
Bereich der schleifenden Gleisquerungen<br />
bzw. der Außenreinigungsanlage.<br />
2.2.5 Laxenburgerstraße<br />
und Busbahnhof<br />
Über die Laxenburgerstraße ist die<br />
Errichtung von vier Tragwerksplatten<br />
aus Stahlbeton mit einer lichten Höhe<br />
von mindestens 4,70 m und einer lichten<br />
Weite von 61,00 m (fünf Felder) geplant.<br />
Das gleiche Prinzip kommt beim Busbahnhof<br />
zur Anwendung, allerdings mit<br />
einer lichten Höhe von mindestens 4,30 m<br />
und einer lichten Weite von 70,40 m<br />
(vier Felder).<br />
2.2.6 Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße<br />
Im Bereich der Gleisanlagen wird die<br />
Konstruktion als Zweifeldsystem mit<br />
Stahlbetonrahmen konzipiert, während<br />
über den Bahnsteigen Doppelhohlkastentragwerke<br />
mit einer verbindenden<br />
oberen Platte errichtet werden. Ihre lichte<br />
Höhe beträgt mindestens 4,50 m, die<br />
lichte Weite 27,00 m (zwei Felder).
9<br />
10 Tragwerk über die Gudrunstraße: Grundriss und Bauzustand im Oktober 2010<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
11 Querschnitt der Verkehrsstation<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
2.2.7 Karl-Popper-Straße<br />
Die Ausführung erfolgt analog dem für<br />
die Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße<br />
gewählten Prinzip, die lichte Höhe<br />
beträgt hier allerdings mindestens<br />
4,70 m, die lichte Weite 45,40 m<br />
(drei Felder).<br />
2.2.8 Alfred-Adler-Straße<br />
Jeweils eine lichte Höhe von mindestens<br />
4,20 m aufweisend, sind das östliche wie<br />
das westliche Tragwerk als zweifeldrige<br />
Stahlbetonrahmen mit eingespannten<br />
Mittelstützen geplant, die über lichte<br />
Weiten von 29,10 m (Osten) und 25,60 m<br />
(Westen) verfügen.<br />
2.2.9 Gudrunstraße<br />
Über die Gudrunstraße werden zwei<br />
dreigleisige Stahlbetonrahmentragwerke<br />
mit eingespannter Mittelstütze und einer<br />
lichten Höhe von mindestens 4,88 m<br />
und einer lichten Weite von 29,30 m<br />
(zwei Felder) realisiert.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
2.2.10 Verkehrsstation<br />
Die Maßnahme »Verkehrsstation« umfasst<br />
in Summe drei Tragwerksgruppen, die<br />
sich wiederum in Gleis- und Bahnsteigabschnitte<br />
unterteilen.<br />
– Tragwerksgruppe West: sechs Stahlbeton-Durchlaufplatten<br />
mit mittleren<br />
Stützweiten von 70–96 m (längstes<br />
Feld: 17,00 m) im Gleis- sowie sechs<br />
quer eingehängte Rippendecken im<br />
Bahnsteigbereich;<br />
– Tragwerksgruppe über der Verteilerhalle:<br />
sechs Stahlverbund-Einfeldträger<br />
mit einer Stützweite von ca. 30 m im<br />
Gleis- sowie sechs Stahlbetonhohlbalken<br />
mit Endquerträgern im<br />
Bahnsteigbereich;<br />
– Tragwerksgruppe Ost: sechs Stahlbeton-Durchlaufplatten<br />
mit mittleren<br />
Stützweiten von 54 m (längstes Feld:<br />
20,50 m) im Gleis- sowie sechs<br />
eingehängte bzw. als Kragarme<br />
ausgeführte Rippendecken im<br />
Bahnsteigbereich.<br />
12 Busbahnhof, Laxenburgerstraße und Verkehrsstation:<br />
Bauzustand im November 2011<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
57
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
58 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
13 Arsenalsteg vor Fertigstellung im Dezember 2011<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
2.2.11 Brücken der Stadt Wien<br />
Im Rahmen des Gesamtprojekts werden<br />
auch von der Stadt Wien selbst zwei<br />
Brücken über die Bahnanlage errichtet:<br />
– Arsenalsteg: zweifeldrige Stahlkonstruktion<br />
mit schräg gestellten Bögen<br />
und untenliegender Stahlbetonplatte<br />
für den Fußgänger- und Fahrradverkehr<br />
(lichte Höhe: mindestens 7,20 m),<br />
an die sich Rampenbauwerke<br />
anschließen;<br />
– Südbahnhofbrücke: zweifeldrige<br />
Stahlstruktur mit schräg gestellten<br />
Bögen, untenliegender Stahlbetonplatte<br />
für den Straßenverkehr, seitlicher<br />
Anordnung des Fußgänger- und<br />
Fahrradverkehrs und anschließenden<br />
Rampenbauwerken sowie einer lichten<br />
Höhe von 7,20 m.<br />
Bei den Brücken der Stadt Wien werden<br />
die Pfeiler durch die ÖBB und deren<br />
Auftragnehmer errichtet, die Überbauten<br />
hingegen durch die Stadt Wien und deren<br />
Auftragnehmer.<br />
3 Baudurchführung<br />
Die Baudurchführung des Projekts hat<br />
im November 2009 begonnen. Die<br />
Teilinbetriebnahme der Gleisanlage ist<br />
für Dezember 2012 vorgesehen, die<br />
Vollinbetriebnahme der Verkehrsstation<br />
für Dezember 2014 und die Gesamtfertigstellung<br />
des Gleisprojekts für Dezember<br />
2015.<br />
Die gesamte Baudurchführung verläuft in<br />
einem engen und aufgrund der Erfordernisse<br />
der einzelnen Verkehrsträger verhältnismäßig<br />
unflexiblen Terminplan.<br />
Die Durchführung aller Bauarbeiten<br />
erfolgt bis dato plangemäß.<br />
Autorin:<br />
Dipl.-Ing. Judith Engel MBA<br />
Projektleiterin Wien Hauptbahnhof<br />
ÖBB-Infrastruktur AG,<br />
Wien<br />
14 Pfeiler der Südbahnhofbrücke im Dezember 2011<br />
© ÖBB-Infrastruktur AG<br />
Bauherr<br />
ÖBB-Infrastruktur AG, Wien, Österreich<br />
Gesamtplanung<br />
Arbeitsgemeinschaft »Wiener Team«, bestehend aus:<br />
Werner Consult ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung)<br />
ISP ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung)<br />
Tecton Consult Engineering ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Tragwerksplanung)<br />
Stoik & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich (Verkehrs- und Straßenplanung)<br />
Ingenieurbüro Pistecky, Wien, Österreich (Umweltverträglichkeit)<br />
Albert Wimmer ZT GmbH, Wien, Österreich (Architektur)<br />
Theo Hotz Partner AG, Zürich, Schweiz (Architektur)<br />
Architekt Ernst Hoffmann, Wien, Österreich (Architektur)<br />
Zechner & Zechner ZT GmbH, Wien, Österreich (Architektur)<br />
TB Eipeldauer + Partner GmbH, Baden, Österreich (Elektrotechnik)<br />
TB ZFG-Projekt GmbH, Baden, Österreich (Haustechnik)<br />
Gawaplan Ges.m.b.H, Wien, Österreich (Haustechnik)<br />
Örtliche Bauaufsicht<br />
Arbeitsgemeinschaft »Bauaufsicht«, bestehend aus:<br />
Baumanagement Matz & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich<br />
Tecton Consult Baumanagement ZT GmbH, Wien, Österreich<br />
FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH, Wien, Österreich<br />
BGG Consult Waibel ZT GmbH, Wien, Österreich<br />
ESW Consulting Wruss ZT GmbH, Wien, Österreich<br />
Ausführende von Erd- und Rohbau<br />
Strabag AG, Wien, Österreich<br />
Alpine Bau GmbH, Wien, Österreich<br />
Pittel + Brauswetter GesmbH, Wien, Österreich<br />
Porr Technobau u. Umwelt AG, Wien, Österreich<br />
i+R Schertler – Alge GmbH, Lauterach, Österreich
Besonderheiten der Ausführung<br />
Neue Beska-Brücke in Serbien<br />
von Franz Bergmair<br />
Als Ergänzung für die alte Beska-<br />
Brücke geplant, die 1976 fertiggestellt<br />
worden war und mit einer<br />
Spannweite von 210 m ehedem den<br />
Weltrekord für Spannbetonbrücken<br />
hielt, ist die neue Brücke nicht nur<br />
eine genaue Kopie des Vorgängerbaus,<br />
sondern seit ihrer Errichtung<br />
auch die höchste und zugleich<br />
die längste Donaubrücke. Dieser<br />
Beitrag thematisiert die unter<br />
anderem daraus resultierenden<br />
Besonderheiten bei ihrer Ausführung.<br />
1 Einleitung<br />
Zwischen der serbischen Hauptstadt<br />
Belgrad und Novi Sad, der Hauptstadt<br />
der Autonomen Provinz Vojvodina, führt<br />
die Autobahn E 75 über die Donau. In<br />
unmittelbarer Nähe befindet sich die<br />
Kleinstadt Beska und damit die neue,<br />
2.205 m lange Beska-Brücke, die das<br />
Verbindungselement in Süd-Nord-Richtung<br />
auf der nun zwischen Budapest<br />
und Belgrad durchgehend befahrbaren<br />
Transitroute bildet.<br />
In ihrer Gestalt ist sie die genaue Kopie<br />
der alten Brücke, die 1976 fertiggestellt<br />
worden war: Mit einer Hauptspannweite<br />
von 210 m stellten damals die jugoslawischen<br />
Ingenieure den Weltrekord für<br />
Spannbetonbrücken auf. Der Beska-<br />
Brücke kommt auch deswegen besondere<br />
Bedeutung zu, weil sie am Kreuzungspunkt<br />
zweier europäischer Korridore<br />
liegt, dem Nord-Süd-Korridor 10 (E 75)<br />
und dem Korridor 7, der Schifffahrtsstraße<br />
Donau.<br />
1 Lückenschluss bei der Hauptbrücke<br />
© Alpine Bau AG<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Aufgrund ihrer Wichtigkeit erhielt die<br />
Republik Serbien für diesen Neubau<br />
einen EBRD- und für die dringend erforderliche<br />
Instandsetzung der Altbrücke<br />
einen EIB-Kredit. Es erfolgte eine internationale<br />
Ausschreibung beider Baumaßnahmen,<br />
aus der die Arbeitsgemeinschaft<br />
DSD-Alpine als Bestbieter hervorging.<br />
Für das Sanierungslos wurde ein Vertrag<br />
auf Basis des FIDIC-Red-Book mit vorgegebenem<br />
Leistungsverzeichnis und für<br />
den Neubau ein FIDIC-Yellow-Book-<br />
Vertrag (funktionale Ausschreibung<br />
für Planung und Bauausführung)<br />
vorgesehen.<br />
Der Bau der derzeit längsten und<br />
höchsten Donaubrücke stellte aber in<br />
mehrfacher Hinsicht eine außergewöhnliche<br />
Aufgabe dar:<br />
– Infolge der unmittelbaren Nähe der<br />
neuen zur alten Brücke war auf<br />
Letztere Rücksicht zu nehmen. Ihre<br />
Caisson-Gründung wurde als besonders<br />
setzungsempfindlich eingestuft,<br />
und wie sich erst später herausstellen<br />
sollte, entsprach ihre Ausführungsqualität<br />
nicht heutigem Standard.<br />
Die Art der Gründung der neuen<br />
Beska-Brücke musste daraufhin<br />
entsprechend adaptiert werden.<br />
– Vor der Detailplanung sollte der<br />
Auftraggeber vertragskonform die<br />
erforderlichen hydraulischen Modelluntersuchungen<br />
und die ergänzenden<br />
Baugrunduntersuchungen durchführen,<br />
um dem Auftragnehmer die<br />
entsprechenden Detailplanungen zu<br />
ermöglichen. Daraus ergaben sich<br />
jedoch gravierende neue Erkenntnisse<br />
gegenüber den eher wenig aussagekräftigen<br />
Voruntersuchungen mit der<br />
Folge zusätzlicher Bauaktivitäten.<br />
– Der Neubau war als Zwilling der bestehenden<br />
Brücke auf Einzelpfeilern zu<br />
errichten. Die bei einer Spannweite von<br />
210 m derzeit übliche Ausführung von<br />
Doppelpfeilern kam daher für das<br />
Hauptfeld nicht in Frage.<br />
– Während der Bauzeit kam es zu maßgeblichen<br />
Behinderungen durch<br />
unvorhersehbare Hochwasserereignisse<br />
(zwei 10-jährige und ein<br />
100-jähriges).<br />
– Die Bauzeit war trotz aller Ereignisse<br />
und Zusatzmaßnahmen auf ein<br />
Minimum zu beschränken. Die<br />
Fertigstellung des Projektes erfolgte<br />
daher nach dreieinhalb Jahren.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
59
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
2 Längsschnitt der Hauptbrücke<br />
© Alpine Bau AG<br />
2 Planung<br />
Der 2.205 m lange Neubau gliedert sich<br />
in die fünffeldrige, 540 m lange Hauptbrücke<br />
über die Donau, die Stützweiten<br />
von 60 m + 105 m + 210 m +105 m+ 60 m<br />
aufweist und über einen rechteckigen,<br />
maximal 11 m hohen und mit 100 Vorspannkabeln<br />
ausgestatteten Querschnitt<br />
verfügt, sowie in zwei Vorlandbrücken<br />
von 1.485 m und 180 m Länge.<br />
5 6 Querschnitte der Vorlandbrücken: Pfeilerachse und Feldmitte<br />
© Alpine Bau AG<br />
Der Rechteckquerschnitt hat eine variable<br />
Höhe, die von 11 m über den Hauptpfeilern<br />
auf 6 m in der Mitte des Hauptfeldes<br />
und dann weiter auf 2,50 m in den<br />
Anschlussbereichen der Vorlandbrücken<br />
reduziert wird.<br />
Die nördliche Vorlandbrücke besteht aus<br />
33 Feldern à 45 m Spannweite, was eine<br />
Gesamtlänge von 1.485 m bedeutet,<br />
während die südliche Vorlandbrücke vier<br />
Felder à 45 m und damit eine Gesamt-<br />
60 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
3 4 Querschnitte der Hauptbrücke: Feldmitte und Pfeilerachse<br />
© Alpine Bau AG<br />
länge von 180 m hat. Beide sind mit<br />
einem vorgespannten Trapezquerschnitt<br />
von konstant 2,50 m Höhe geplant,<br />
wobei fallweise nach vier, fünf oder sechs<br />
Feldern die Übergangskonstruktionen<br />
angeordnet werden.<br />
Da wegen der Dringlichkeit der Baumaßnahme<br />
nur wenige geotechnische<br />
Angaben vorlagen, hatte es der Auftraggeber<br />
übernommen, detailliertere<br />
geotechnische und hydraulische Voruntersuchungen<br />
durchzuführen, deren<br />
Ergebnisse dann in die Detailplanung<br />
des Auftragnehmers einfließen sollten.<br />
Im Speziellen wurde hier die Restscherfestigkeit<br />
der Schluff- und Mergelschichten<br />
genauer analysiert, auch<br />
mittels der erstmaligen Verwendung<br />
von Satellitenaufnahmen: Dabei zeigte<br />
sich eine besondere Gefährdung des<br />
Baugrundes für Hangrutschungen.<br />
Weiterhin erfolgten im Hydrauliklabor<br />
3-D-Modelluntersuchungen sowie<br />
Flussbettaufnahmen in regelmäßigen<br />
Zeitabständen bzw. nach markanten<br />
Ereignissen wie Hochwassern.<br />
7 Ergebnis der Satellitenuntersuchung<br />
© Alpine Bau AG<br />
8 Ultraschallaufnahmen mit Flussscanner<br />
© Alpine Bau AG
9 Prinzip der Rutschhangstabilisierung<br />
© Alpine Bau AG<br />
Aus diesen zusätzlichen Untersuchungen<br />
wurden neue Erkenntnisse gewonnen:<br />
– Schlechtere Mantelreibungskennwerte<br />
im Bereich der nördlichen<br />
Vorlandbrücke.<br />
– Im Bereich der südlichen Vorlandbrücke<br />
wurden Restscherwinkel von<br />
nur 8–10° gefunden.<br />
– Im Bereich der Hauptpfeiler im Fluss<br />
bestand eine große Auskolkungsgefahr<br />
in Verbindung mit geringeren<br />
Mantelreibungskennwerten des<br />
Baugrundes.<br />
– Der Bauzustand der Altbrücke wurde<br />
für schlechter befunden als ursprünglich<br />
eingeschätzt.<br />
3 Brückengründungen<br />
Die Pfeiler der nördlichen Vorlandbrücke<br />
wurden generell auf sechs bzw. acht<br />
Bohrpfählen mit d = 1,20 m und darüberliegender<br />
Pfahlkopfplatte gegründet, die<br />
Pfeiler mussten zudem wegen der schlechteren<br />
Mantelreibungswerte im Mittel von<br />
17 m auf ca. 28 m verlängert werden.<br />
Bei der südlichen Vorlandbrücke waren<br />
aufgrund der Voruntersuchungsergebnisse<br />
umfangreiche Maßnahmen zur<br />
Stabilisierung des Rutschhanges zu<br />
tätigen: Als Erstes wurde der Hangfuß<br />
mit einer geogitterbewehrten Erdschüttung<br />
gesichert. Darüber hinaus<br />
erfolgten einerseits die Verlängerung der<br />
Pfahlgründungen für die neuen Pfeiler<br />
sowie andererseits die Anordnung<br />
von zwei zusätzlichen Pfahlrastern,<br />
65 Bohrpfähle und zwei getrennte<br />
Pfahlkopfplatten umfassend.<br />
Besonderes Augenmerk war jedoch auf<br />
die Gründung der beiden Hauptpfeiler<br />
der Flussbrücke zu legen, da sie durch<br />
Auskolkung gefährdet sind, eine der<br />
häufigsten Versagensursachen von<br />
Flussbrücken. Im Fall der Beska-Brücke<br />
war zudem wegen der Nähe und des<br />
schlechten Bauzustandes der Altbrücke<br />
ein Gründungsverfahren zu wählen, das<br />
die sogenannten Mitnahmesetzungen<br />
von vorneherein auf ein absolutes<br />
Minimum beschränkt. Wegen dieser<br />
beiden Faktoren wurde die ursprünglich<br />
vorgesehene Rastergründung zugunsten<br />
einer Topfgründung aufgegeben.<br />
10 Vergleich der Gründungssysteme<br />
© Alpine Bau AG<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Eine solche Topfgründung besteht aus<br />
geschlossenen Außenflächen durch<br />
tangierend angeordnete Pfähle, die<br />
exakt vertikal gebohrt werden müssen<br />
und hier nur eine Abweichung von 0,40 %<br />
von der theoretischen Vertikalen aufweisen<br />
durften: Auf die Weise wird die<br />
Tragfähigkeit des eingeschlossenen<br />
Bodenkörpers mit aktiviert und im<br />
Erdbebenfall ein Verflüssigen und<br />
Austreten des Bodens zwischen den<br />
Pfählen verhindert, auftretende Kolke<br />
können die Gründung zudem nicht<br />
unterspülen.<br />
Eine besondere Herausforderung<br />
bedeutete die Herstellung der temporären<br />
Flussinseln, von welchen aus<br />
die tangierenden Gründungspfähle<br />
ausgeführt wurden. Zur Erreichung der<br />
geforderten Genauigkeit mussten in der<br />
bis zu 16 m tiefen Donau Spundwandinseln<br />
gebaut und für das Einbringen der<br />
Spundwände Vorkehrungen getroffen<br />
werden, um ein exaktes Rammen trotz<br />
möglicher Hochwasser und Eisstöße im<br />
Winter zu gewährleisten. Dazu wurde<br />
ein mehrmals verwendbarer Führungsrahmen<br />
entwickelt, der die Stabilität<br />
des Spundwandkastens in jeder Phase<br />
garantierte und das Risiko eines<br />
Schadens oder seines Verlustes, wie<br />
vor einigen Jahren auf einer anderen<br />
Donau-Brückenbaustelle passiert,<br />
minimierte.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
61
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
11<br />
12 Positionierung des Führungsrahmens<br />
© Alpine Bau AG<br />
Mit Hilfe dieses Führungsrahmens wurden<br />
die Spundwandinseln für jeden der drei<br />
Flusspfeiler auf folgende Weise hergestellt:<br />
Eine Barge brachte den Rahmen<br />
vor Ort, wo er exakt positioniert und<br />
mit Stahlpfählen fixiert wurde. Danach<br />
konnte die Transportbarge herausgezogen<br />
werden und das Rammen der<br />
Spundwand-Doppelbohlen beginnen.<br />
Nach Fertigstellung einer temporären<br />
Insel wurde der Rahmen mit hydraulischen<br />
Pressen angehoben und mit dem<br />
Schiffskran auf die Barge verladen.<br />
Dieser Führungs- und Stützrahmen<br />
erwies sich bei den außergewöhnlichen<br />
Hochwasserereignissen und Eisstößen,<br />
die während der Spundwandarbeiten<br />
auftraten, als wertvoll, weil dank seines<br />
Einsatzes keine Schäden und Bauzeitverluste<br />
auftraten. Somit ließ sich ein Teil<br />
der Zeit, welche durch die aufwendigen<br />
Voruntersuchungen verbraucht wurde,<br />
kompensieren.<br />
62 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Nach Fertigstellung der drei temporären<br />
Inseln wurden in Hinblick auf weitere<br />
Zeiteinsparungen die Bohrpfahlarbeiten<br />
gleichzeitig auf beiden Hauptpfeilerstandorten<br />
mit dem Ziel ausgeführt, noch<br />
vor dem Winter 2009 die Unterwasserbetonsohle<br />
einzubringen und auf beiden<br />
Pfeilern trockene Baugruben zu erhalten.<br />
Im Trockenen konnten dann die Arbeiten<br />
auch während des Winters zügig vorangebracht<br />
werden, so dass vor Eintreffen<br />
der nächsten Hochwasserperiode im<br />
Frühjahr 2010 alle Flusspfeiler bereits<br />
fertiggestellt waren.<br />
4 Pfeiler und Überbau<br />
4.1 Betonherstellung<br />
Der Konstruktionsbeton für Pfeiler und<br />
Überbau wurde in der eigenen Mischanlage<br />
auf der Baustelle produziert,<br />
um bei der erforderlichen Qualität, die<br />
während des ganzen Jahres zu gewährleisten<br />
war, nicht von der Lieferfähigkeit<br />
13 Ausheben und Verladen des Führungsrahmens<br />
© Alpine Bau AG<br />
der lokalen Subunternehmer abhängig<br />
zu sein; der Zement kam aus dem nahe<br />
gelegenen Werk von Lafarge in Beocin.<br />
Die Zuschlagstoffe wurden von einem<br />
Subunternehmer aus Save-Flusskies<br />
erzeugt, der bereit war, alle Auflagen<br />
einschließlich der vollen Implementierung<br />
des Alpine-Qualitätsmanagementsystems<br />
zu akzeptieren, und der auch<br />
einer lückenlosen Kameraüberwachung<br />
zustimmte: Dies war die Basis für die<br />
Herstellung von Qualitätsbetonen mit<br />
sehr geringer Streubreite in den Druckfestigkeiten.<br />
Außerdem wurde auf eine<br />
ausreichende Bevorratung von Zuschlagstoffen<br />
großer Wert gelegt, um Produktionsunterbrechungen<br />
infolge Hochwasser<br />
an der Kiesentnahme oder von<br />
Ausfällen bei der Kiesaufbereitung des<br />
Subunternehmers ausgleichen zu<br />
können.<br />
14 Gründung der Hauptpfeiler im Fluss<br />
© Alpine Bau AG
15 Bohrpfahlarbeiten und Positionierung der Schwimmbrücken<br />
© Alpine Bau AG<br />
Für die Vollpfeiler war ein Beton mit<br />
30 MPa Druckfestigkeit, für die Hohlpfeiler<br />
einer mit 40 MPa und für die<br />
beiden Hauptpfeiler im Fluss einer mit<br />
50 MPa vorgesehen. Die Tragwerke<br />
wurden mit Betonen von 45 MPa für<br />
die Vorlandbrücken und 50 MPa für den<br />
Freivorbau der Hauptbrücke über die<br />
Donau geplant. Wegen der sehr strengen<br />
serbischen Vorschriften, insbesondere die<br />
Salzresistenz betreffend, kamen auch auf<br />
den Pfeilern ausschließlich Betone mit<br />
45 MPa zur Ausführung. Die Zementgehalte<br />
betrugen zwischen 400 kg/m 3<br />
und 420 kg/m 3 , die W/Z-Werte je nach<br />
Betongüte zwischen 0,39 und 0,41.<br />
17 Übersicht über die Bauverfahren<br />
© Alpine Bau AG<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
16 Flusspfeiler im Bau<br />
© Alpine Bau AG<br />
Grundsätzlich wurden ein Plastifizierungsmittel<br />
und im Sommer zusätzlich<br />
ein Verzögerer verwendet. Im Sommer<br />
wurde der Zement je nach Außentemperatur<br />
auf – 5 °C bis – 10 °C gekühlt,<br />
um die Einbautemperaturen unter 30 °C<br />
zu halten, während im Winter die<br />
Zuschlagstoffe und das Anmachwasser<br />
erhitzt wurden, um mindestens 13 °C<br />
Einbautemperatur zu erzielen. Bei den<br />
Betonfestigkeiten betrug das geforderte<br />
Vorhaltemaß mindestens 5 MPa, das<br />
tatsächliche pendelte sich zwischen<br />
10–15 MPa ein. Der für den Freivorbau<br />
berechnete E-Modul war 36 GPa,<br />
erreicht wurden im Mittel 39,20 GPa.<br />
Aus betontechnologischer Sicht war<br />
das Gesamtresultat, im Speziellen beim<br />
schwierigen Freivorbau auf der Hauptbrücke,<br />
äußerst zufriedenstellend.<br />
Das Tragwerk verhielt sich sowohl in den<br />
Bauzuständen als auch im Endzustand<br />
bzw. bei der Belastungsprobe exakt<br />
berechnungskonform.<br />
4.2 Bauverfahren<br />
Die Brückenpfeiler haben eine Höhe von<br />
10–52 m und wurden bis 25 m als Voll-,<br />
darüber als Hohlpfeiler ausgeführt. Für<br />
ihren Bau wurde eine konventionelle<br />
Kletter- statt einer Gleitschalung gewählt,<br />
um unter den lokalen Bedingungen eine<br />
bessere Qualität zu erzielen.<br />
Die Brückentragwerke wurden nach drei<br />
verschiedenen Methoden hergestellt:<br />
– Für den Überbau der nur 180 m langen<br />
südlichen Vorlandbrücke kam eine<br />
konventionelle Rüstung zum Einsatz.<br />
– Das Tragwerk der 540 m langen<br />
Flussbrücke wurde im Freivorbau<br />
errichtet.<br />
– Das 1.485 m lange Tragwerk der<br />
nördlichen Vorlandbrücke wurde<br />
mit einer Vorschubrüstung gebaut.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
63
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
18 100-jähriges Hochwasser im Juli 2010<br />
© Alpine Bau AG<br />
19 Vertiefung der Kolke<br />
© Alpine Bau AG<br />
Die Errichtung der Brücke fiel in eine<br />
Periode mit außergewöhnlichen Hochwassern,<br />
die zwar den Baufortschritt<br />
behinderten, aber dank der realisierten<br />
Vorsorgemaßnahmen außer Verschmutzungen<br />
keinen Schaden verursachten.<br />
So führte vor allem das Hochwasser im<br />
Juli 2010 als ein ca. 100-jähriges zu einer<br />
Flutung von 90 % der gesamten Brückenlänge<br />
und hatte zudem eine weitere<br />
Eintiefung des linken Flussbereiches<br />
zur Folge.<br />
Die Arbeiten an der Vorlandbrücke Nord<br />
wurden unmittelbar nach Abklingen der<br />
Hochwasserwelle wieder aufgenommen:<br />
Im 14-Tage-Takt wurde Segment um<br />
Segment fertiggestellt, so dass das letzte<br />
kurz vor Weihnachten 2010 betoniert<br />
werden konnte.<br />
Die Hauptbrücke über die Donau wurde<br />
im Freivorbau errichtet. Ausgehend vom<br />
Zentralelement über dem Pfeiler, dem<br />
Hammerkopf, wurden zuerst ca. 3 m<br />
lange, dann kontinuierlich längere und<br />
schließlich 5 m lange Einzelsegmente<br />
in beide Richtungen frei, das heißt am<br />
Vorbaurüstwagen hängend, vorgebaut.<br />
Gegenüber anderen Methoden hat er den<br />
Vorteil, dass relativ große Spannweiten<br />
mit geringem Aufwand an Rüstung<br />
und Schalung, dafür aber in nur kurzen<br />
Segmenten von ca. 5 m realisiert werden<br />
können.<br />
64 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Nach Erreichen einer Betonfestigkeit<br />
von ca. 35 MPa wurden die Segmente im<br />
Regelfall mit je vier Vorspannkabeln pro<br />
Doppelsegment zusammengespannt und<br />
damit gesichert. Anschließend wurde<br />
der Freivorbauwagen in Richtung des<br />
nächstfolgenden Segments hydraulisch<br />
vorwärtsbewegt. Danach wurde er exakt<br />
positioniert, wobei die erforderlichen<br />
Kontrollmessungen immer zur gleichen<br />
Tageszeit, am besten frühmorgens<br />
durchgeführt werden mussten, um<br />
Temperatureinflüsse und Sonneneinstrahlung,<br />
die während des Tageslaufes<br />
variierten, möglichst gering zu halten<br />
und so Ungenauigkeiten in der Messung<br />
zu minimieren. Außerdem hatten die<br />
durch den Betoniervorgang erwartete<br />
Absenkung des Wagens und die durch die<br />
Vorspannung verursachte Anhebung des<br />
Segmentes Berücksichtigung zu finden.<br />
All diese Bauzustände wurden in der<br />
statischen Berechnung der Zwischenzustände<br />
ermittelt und waren durch<br />
die Messungen an jedem Segment zu<br />
bestätigen. Bei etwaigen Abweichungen<br />
wurden Korrekturen vorgenommen,<br />
so dass sich im Bogenverlauf jede<br />
Unstetigkeit vermeiden ließ.<br />
Für den Baufortschritt auf der Hauptbrücke<br />
war die um ca. sechs Monate<br />
vorausgehende firmeneigene Arbeitsvorbereitung<br />
von wesentlicher Bedeutung:<br />
Es wurden sämtliche Arbeitsschritte<br />
und die dafür erforderlichen Schal- und<br />
Rüstelemente bis ins Detail geplant und<br />
alle Elemente am Zimmereiplatz vor Ort<br />
zusammengefügt. Von dort wurden die<br />
fertigen Großelemente dann über die<br />
Schwimmbrücken zu den künstlichen<br />
Flussinseln transportiert und mittels<br />
Turmdrehkranen positioniert.<br />
Der Überbau der Hauptbrücke über der<br />
Donau hat einen Rechteckquerschnitt<br />
von 11 m Höhe über dem Pfeiler und 6 m<br />
22<br />
23<br />
24 Herrichten und Anordnung der Schalelemente<br />
© Alpine Bau AG<br />
20 Ausfahren der Vorschubrüstung<br />
© Alpine Bau AG<br />
21 Beginn des Freivorbaus<br />
© Alpine Bau AG<br />
in Feldmitte. Wegen der großen Höhe<br />
wurden für die ersten Doppelsegmente<br />
zwei bis drei Wochen benötigt. Infolge<br />
der immer geringeren Höhe und des<br />
Einarbeitungseffektes konnte die mittlere<br />
Leistung aber relativ bald auf ein Doppelsegment<br />
je Pfeiler und Woche gesteigert<br />
werden. Der gesamte Überbau der 540 m<br />
langen Hauptbrücke einschließlich der<br />
beiden Hammerköpfe wurde mit zwei<br />
Freivorbaugeräten und damit vier Wagen<br />
trotz der Behinderung durch das Extremhochwasser<br />
in rund zwölf Monaten<br />
realisiert.
Mit den restlichen Arbeiten auf den<br />
Vorlandbrücken, wie dem Herstellen<br />
des Randbalkens, dem Aufbringen des<br />
Haftgrundes, der Isolierung und der zwei<br />
Lagen Asphalt sowie der Montage der<br />
Leitschienen und des Brückengeländers,<br />
wurde im Frühjahr 2011 begonnen. Für<br />
diese Arbeiten standen auf der Hauptbrücke<br />
dann aber nurmehr knapp drei<br />
Monate bis zur Eröffnung der Beska-<br />
Brücke am 3. Oktober 2011 zur Verfügung.<br />
5 Schlussbemerkung<br />
Mit dem Bau der alten Beska-Brücke<br />
verwirklichten die Ingenieure in den<br />
1970er Jahren ein großes Ziel, indem<br />
sie die damals weltweit größte Spannbetonbrücke<br />
gebaut haben. Sie sind<br />
an die Grenzen des für sie Machbaren<br />
gegangen. Die Zielsetzung für die neue<br />
Beska-Brücke war jedoch in erster Linie<br />
auf Nachhaltigkeit gerichtet, nämlich<br />
ein Bauwerk mit einer Lebensdauer von<br />
mindestens 100 Jahren zu schaffen.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Franz Bergmair<br />
Alpine Bau AG,<br />
Wien<br />
Fahrbahnübergänge<br />
POLYFLEX ® Advanced PU<br />
Belagsdehnfuge<br />
Fingerübergang TRANSGRIP ®<br />
WSG Mehrprofilige Dehnfuge<br />
mit / ohne lärmmindernde<br />
Sinusplatten<br />
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RW Sollinger Hütte GmbH<br />
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Auftraggeber<br />
Putevi Srbije, Belgrad, Serbien<br />
Generalplanung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart<br />
Gründungsplanung<br />
Öhlinger + Partner ZT-GmbH, Wien, Österreich<br />
Geotechnik<br />
BGG Consult Dr. Peter Waibel ZT-GmbH, Wien,<br />
Österreich<br />
Gründungsgutachten<br />
Prof. Dr. techn. Heinz Brandl, Wien, Österreich<br />
Prüfung<br />
VCE Vienna Consulting Engineers, Wien, Österreich<br />
Ausführung<br />
Alpine Bau GmbH, Wien, Österreich<br />
DSD Brückenbau GmbH, Saarlouis<br />
26 Brückeneröffnung im Oktober 2011<br />
© Alpine Bau AG<br />
Sava Bridge<br />
Die Sava Bridge ist eine Schrägseilbrücke mit einem einzelnen,<br />
200 m hohen Pylon. Die Überbaubreite beträgt 45 m.<br />
Der Mittelteil (Mainspan) hat eine Länge von 376 m.<br />
Die neue Schrägseilbrücke verbindet die Belgrader Neustadt<br />
über den Fluß Sava hinweg mit der Altstadt.<br />
Die RW Gruppe liefert und montiert die folgenden<br />
Produkte für dieses Projekt:<br />
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• WSG PLUS Mehrprofilige Dehnfuge<br />
Dehnweg bis 1040 mm<br />
• WSF Einprofilige Dehnfuge<br />
• TRANSGRIP ® Fingerfahrbahnübergang LL-Serie<br />
Dehnweg bis 320 mm<br />
• Offene Fuge Typ II<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
25 Freivorbau kurz vor dem Lückenschluss<br />
© Alpine Bau AG<br />
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<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Ersatzneubau über die Mosel bei Grevenmacher und Wellen<br />
Brücke zwischen Luxemburg und Deutschland<br />
von Gilles Didier, Andrea De Cillia<br />
Die bestehende Spannbetonbrücke,<br />
zwischen 1953 und 1955 erbaut,<br />
verbindet das Zentrum Grevenmachers<br />
mit der Ortschaft Wellen<br />
und ist eine vielgenutzte Verkehrsader.<br />
So ist das Verkehrsaufkommen<br />
in den letzten zehn Jahren um mehr<br />
als 60 % gestiegen und beträgt<br />
heute ca. 15.000 Kfz/d. 2002 wurden<br />
wesentliche Mängel an den Spanngliedern<br />
diagnostiziert, so dass<br />
Überlegungen über zustands-<br />
erhaltende Maßnahmen bzw.<br />
zu ihrer Erneuerung angestellt<br />
werden mussten.<br />
1 Bestehendes Bauwerk<br />
Der bestehende Überbau umfasst fünf<br />
nebeneinanderliegende Spannbetoneinfeldträger,<br />
die mit Ortbeton und<br />
zusätzlicher Quervorspannung miteinander<br />
verbunden wurden. Die Einfeldträger<br />
haben eine Spannweite von 45 m<br />
bzw. 37 m in den Randfeldern. Die Brücke<br />
mit einer Gesamtlänge von ca. 215 m<br />
überquert die Mosel, die B 419 auf<br />
deutscher und die N 10 auf luxemburgischer<br />
Seite. Es handelt sich um<br />
ein funktionales Bauwerk, das unter<br />
zeitlichem und finanziellem Druck<br />
die 1944 zerstörte Brücke ersetzen<br />
musste.<br />
Untersuchungen an den Hüllrohren<br />
ergaben, dass die Injektion der Spannglieder<br />
wie bei vielen Brücken dieser<br />
Zeit sehr mangelhaft war und dass<br />
zahlreiche Spannglieder als Folge<br />
kritischer Chloridgehalte im Injektionsmörtel<br />
Korrosionserscheinungen auf-<br />
66 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Bau der vorherigen Moselbrücke (1882–1944)<br />
© Archiv Ponts et Chaussées Luxembourg<br />
2 Errichtung der heutigen Spannbetonbrücke<br />
© Archiv Ponts et Chaussées Luxembourg<br />
wiesen. Einzelne Spannglieder wurden<br />
auch im spannungslosen Zustand<br />
angetroffen. Um die Größenordnung<br />
aller vorhandenen Schäden näher zu<br />
bestimmen, wurden weitergehende<br />
Untersuchungen durchgeführt, unter<br />
anderem mit dem Impakt-Echo-Verfahren,<br />
welches bestätigte, dass der<br />
Injektionsgrad je nach Träger um die<br />
50 % liegt.<br />
Erwähnenswerte Unterhaltungsmaßnahmen<br />
waren bis dahin:<br />
– Anfang der 1960er Jahre die Sicherung<br />
der Moselpfeiler gegen Schiffsstoß im<br />
Rahmen der Moselkanalisierung,<br />
– 1975 die Sanierung der Fahrbahn und<br />
der Fahrbahnübergänge,<br />
– Sanierungen und Verstärkungen des<br />
Spannbetonträgers auf deutscher<br />
Seite infolge wiederholter Lastwagenkollisionen,<br />
– 2002 die notdürftige Sanierung des<br />
Brückenbelags in Erwartung weitergehender<br />
Maßnahmen mit dem gleichzeitigen<br />
Ziel der Auflastverringerung:<br />
Abschälen des gesamten Brückenbelags<br />
über dem strukturellen Beton und<br />
Aufbringen eines neuen, in der Höhe<br />
stark beschränkten Fahrbahnaufbaus.<br />
Rechnerisch entspricht die Reduzierung<br />
des Gewichts der Brücke ungefähr<br />
dem eines Spannglieds pro Träger.<br />
Zusätzlich wurde auch eine Lastbeschränkung<br />
auf 24 t umgesetzt.
2 Neubauplanung<br />
2.1 Rechtlicher Rahmen<br />
Da nach eingehender Prüfung eine<br />
Erhaltung der vorhandenen Brücke<br />
unter technischen und wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten nicht vertretbar war,<br />
begann die Planung für eine neue<br />
Moselquerung, wobei ein anderer<br />
Standort von vornherein nicht ausgeschlossen<br />
werden sollte. In Betracht der<br />
städtebaulichen und topographischen<br />
Verhältnisse auf deutscher wie luxemburgischer<br />
Seite war dies jedoch nicht<br />
zielführend.<br />
Die Ausarbeitung eines Entwurfs für<br />
eine neue Brücke, deren Planung und<br />
Realisierung historisch bedingt Luxemburg<br />
übernimmt, erfolgte dann in<br />
enger Abstimmung mit den deutschen<br />
Behörden. Das Bauwerk befindet sich<br />
sowohl in den alleinigen Hoheitsgebieten<br />
von Luxemburg und Deutschland als<br />
auch im Kondominium, dem gemeinschaftlichen<br />
Hoheitsgebiet von Luxemburg<br />
und Deutschland. Zwecks Regelung<br />
aller technischen, steuerlichen, rechtlichen<br />
und finanziellen Aspekte, welche<br />
während der Errichtung und der späteren<br />
Erhaltung der neuen Brücke auftreten<br />
werden, wurde ein Abkommen zwischen<br />
dem Großherzogtum Luxemburg und<br />
der Bundesrepublik Deutschland<br />
geschlossen.<br />
2.2 Aufgabenstellung<br />
Im Vergleich zur vorhandenen Situation<br />
musste nicht nur das Lichtraumprofil über<br />
der B 419 vergrößert, sondern auch den<br />
gewachsenen Ansprüchen der modernen<br />
Schifffahrt Rechnung getragen werden:<br />
Abriss des mittleren Flusspfeilers, der<br />
die Fahrrinne zweiteilt; Vergrößerung<br />
der lichten Höhe und Aufweitung der<br />
Fahrrinnenbreite am luxemburgischen<br />
Ufer für eine eventuelle zukünftige<br />
Verdopplung der etwa 500 m stromaufwärts<br />
gelegenen Schifffahrtsschleuse.<br />
Die beidseitig der Mosel liegenden Radwegenetze<br />
sollten ebenfalls über die neue<br />
Brücke miteinander verbunden werden.<br />
2.3 Formfindung<br />
In einem Europa der Regionen verschwinden<br />
allmählich die historischen Grenzen,<br />
den politischen Abkommen müssen<br />
aber Taten folgen. Das Abschaffen der<br />
Grenzposten und die Einführung einer<br />
gemeinsamen Währung haben viel dazu<br />
beigetragen, dass in den Köpfen der<br />
Menschen alte Grenzen visuell nicht<br />
mehr wahrnehmbar sind. Der Neubau<br />
der Moselbrücke versteht sich daher<br />
auch als Beitrag des Zusammenwachsens<br />
der Großregion: Sie soll ein markantes<br />
Bindeglied zwischen zwei Staaten sein.<br />
3 Entwurf der neuen Moselquerung<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Täglich wird die Brücke zudem von<br />
Tausenden von Pendlern genutzt, die<br />
in Luxemburg ihrer Erwerbstätigkeit<br />
nachgehen. Die luxemburgische<br />
Wirtschaft ist auf die Unterstützung<br />
dieser Pendler aus der Großregion<br />
angewiesen.<br />
Die Brücke über die Mosel mündet relativ<br />
zentral in die Stadt Grevenmacher. Das<br />
Widerlager auf deutscher Seite befindet<br />
sich außerhalb der Ortschaft Wellen.<br />
Dies ist die erste Ebene, die Verbindungsebene.<br />
Am Ufer der Mosel verlaufen auf<br />
luxemburgischer Seite die Weinstraße<br />
und auf deutscher Seite die B 419.<br />
Zwischen Mosel und Weinstraße wird<br />
zurzeit von der Stadt Grevenmacher<br />
die Promenade in einer Grünzone neu<br />
gestaltet. Der bereits erfolgte Neubau<br />
der Anlegestelle für Moselschiffe unterstreicht<br />
den hier erwünschten Charakter.<br />
Dies ist die zweite Ebene, die rekreative<br />
Ebene.<br />
Es stand sofort fest, dass sich die neue<br />
Brücke um diese zwei Ebenen herum<br />
artikulieren und in ihrer Typologie<br />
ins Gefüge der Stadt Grevenmacher<br />
einpassen soll. Die Proportionen des<br />
5 Uferpromenade auf luxemburgischer Seite<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
Tragwerks haben sich am menschlichen<br />
Maßstab auszurichten, das heißt, die<br />
Spaziergänger an der Promenade dürfen<br />
nicht das Gefühl bekommen, von der<br />
Brücke erdrückt zu werden. Letztlich soll<br />
sie nicht in Konkurrenz treten zu dem<br />
Kern der Stadt, sich in ihrer Struktur<br />
also an den Gebäudehöhen orientieren.<br />
Um den Ansprüchen der modernen<br />
Schifffahrt Rechnung zu tragen, sollte<br />
die Mosel darüber hinaus in einem<br />
Schlag überquert werden.<br />
4 Verbindung zur Stadt Grevenmacher<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
67
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
6 Anordnung des Mittelbogens<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
7 Hindernisfreie Sicht …<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
Aus diesen Randbedingungen entwickelte<br />
sich die Idee einer Bogenbrücke<br />
mit der Fahrbahn auf halber Höhe des<br />
Bogens, wobei der Teil über der Fahrbahn<br />
als Mittelbogen realisiert wird. Unterhalb<br />
der Fahrbahnebene spaltet sich der<br />
Bogen in zwei Standbeine auf, die sich<br />
auf den Uferpfeilern abstützen. Diese<br />
Bewegung wird in Richtung Vorlandbrücke<br />
weitergeführt und somit eine<br />
fließende Bewegung des Tragwerkes<br />
erzielt: In seinem Rhythmus gleicht er<br />
der Flugbahn eines flachen Steins, den<br />
man in spitzem Winkel in der Hoffnung<br />
ins Wasser wirft, er möge so oft wie<br />
möglich von der Oberfläche abprallen<br />
und einen weiteren Bogen beschreiben.<br />
Das verleiht dem Tragwerk eine dynamische<br />
und verspielte Gestalt.<br />
Der Mittelbogen auf Höhe der »Verbindungsebene«<br />
bietet dem Benutzer der<br />
Brücke eine hindernisfreie Sicht auf die<br />
Mosel und das Umland. Eine Anordnung<br />
zweier seitlicher Bögen würde eher<br />
das Gegenteil bewirken, nämlich die<br />
Einschränkung des Blickfeldes.<br />
Das neue Bauwerk, eine Gesamtlänge<br />
von 213 m aufweisend, unterteilt sich in<br />
das 113,80 m lange Hauptfeld über der<br />
Mosel und zwei Vorlandabschnitte an<br />
beiden Brückenenden. Der stählerne<br />
Überbau mit einem Gesamtgewicht<br />
von ca. 1.900 t erhält als Fahrbahn eine<br />
68 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
orthotrope Platte, die im Bogenbereich<br />
als Kragplatte im Zugband eingespannt<br />
wird. Das Herzstück der Brücke ist jedoch<br />
der Knotenpunkt zwischen dem Bogen<br />
und der Aufspreizung der Standbeine,<br />
hier müssen die großen Torsions- und<br />
Zugkräfte des Bogens in die Unterstruktur<br />
aufgenommen und eingeleitet werden.<br />
Der Mittelbogen mit Zugband und die<br />
Standbeine sind dazu als Hohlkasten<br />
konzipiert, dessen Frontfläche leicht<br />
geneigt wird. Die Gliederung der<br />
orthotropen Platte und das primäre<br />
Tragwerk sind von der Promenade aus<br />
klar sichtbar und lassen somit den<br />
Kräftefluss leicht erkennen.<br />
8 Draufsicht<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
9 Längsansicht<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
Die Vorlandbrücken bestehen aus zwei<br />
Hohlkästen mit integrierter orthotroper<br />
Fahrbahn. Die Stahlbrücke des Flussfeldes<br />
stützt sich auf Uferpfeiler aus Stahlbeton<br />
ab, welche die volle Aufpralllast nach<br />
DIN 1055 aufnehmen können. Die vorhandenen<br />
Widerlager wurden in das<br />
Projekt integriert und den neuen<br />
Gegebenheiten angepasst. Um aber<br />
die Materialität der Aufstützelemente<br />
zu vereinheitlichen, werden sie mit<br />
einer Vorsatzschale aus Stahlbeton<br />
versehen.<br />
10 Querschnitt im Mittelbogenbereich<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
11 Querschnitt der Vorlandbrücke<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés
12 Pfeiler aus Stahlbeton<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
3 Bauausführung<br />
Um den Straßenverkehr während des<br />
Baus so lange wie möglich aufrechtzuerhalten,<br />
ist der Abriss der alten<br />
Flussquerung erst vorgesehen, wenn<br />
die neue Brücke auf provisorischen<br />
Hilfsjochen bereits weitgehend fertiggestellt<br />
ist und in ihre endgültige Position<br />
verschoben werden kann. Die Dauer der<br />
gesamten Arbeiten wird auf rund zwei<br />
Jahre geschätzt. Damit die Schifffahrt<br />
durch die Abrissmaßnahmen nicht<br />
beeinträchtigt wird, ist ihre Durch-<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
13 Künftige Brücke zwischen Grevenmacher und Wellen<br />
© Inca Ingénieurs Conseils Associés<br />
führung während der jährlichen Moselschleusensperre<br />
geplant. Mit einem<br />
Beginn der Arbeiten wird kurzfristig<br />
gerechnet.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Gilles Didier<br />
Administration des Ponts et Chaussées<br />
Division des Ouvrages d’art,<br />
Luxemburg<br />
Dipl.-Ing. Andrea De Cillia<br />
Inca Ingénieurs Conseils Associés,<br />
Luxemburg<br />
Bauherren<br />
Großherzogtum Luxemburg<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Planung<br />
Großherzogtum Luxemburg, Ministère du<br />
Développement durable et des Infrastructures,<br />
Administration des Ponts et Chaussées,<br />
Division des Ouvrages d’art<br />
Entwurf<br />
Inca Ingénieurs Conseils Associés, Luxemburg<br />
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1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
69
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Ein Leuchtturmprojekt im Land Brandenburg<br />
Solarer Lärmschutz am Berliner Ring<br />
von Karl Kleinhanß<br />
Planung, Bau und Erhaltung von<br />
Lärmschutzwänden entlang den<br />
Bundesfernstraßen sind Aufgabe<br />
der Straßenbauverwaltung. Bei<br />
limitierten Haushaltsmitteln liegt<br />
es nahe, durch Einsatz von Photovoltaik<br />
einen Teil der Kosten auf<br />
Dritte, zum Beispiel die Betreiber<br />
von Solaranlagen, zu verlagern. Um<br />
den Investoren eine auskömmliche<br />
Rendite zu bieten, können grundsätzlich<br />
die dadurch bei den<br />
Lärmschutzbauten eingesparten<br />
Kosten in Anrechnung gebracht<br />
werden. Aktiver Lärmschutz ist<br />
also eine erwünschte und rentable<br />
Nebenwirkung von Photovoltaikmodulen.<br />
Da die Straßenbau-<br />
verwaltung grundsätzlich nicht<br />
selbst als Betreiber einer Solar-<br />
anlage agieren kann und will,<br />
besteht ihre Aufgabe in der Entwicklung<br />
solcher Solarprojeke<br />
von der Grundstückssicherung<br />
über die Baurechtschaffung bis<br />
zur Durchführung des Vergabeverfahrens<br />
mit Bindung des Investors.<br />
Mit dem solaren Lärmschutz wird<br />
ein neues Marktsegment zur<br />
Aktivierung der regenerativen<br />
Energie Photovoltaik eröffnet.<br />
70 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Solare Lärmschutzwand als Visualisierung<br />
© Jens Lewerenz/DEGES GmbH<br />
1 Politische Randbedingungen<br />
Die Bundesregierung hat bereits im Jahr<br />
2004 mit der Anhebung der Einspeisevergütung<br />
für Solarstrom aus kombinierten<br />
Lärmschutz- und Photovoltaiklösungen<br />
auf das Niveau von solaren<br />
Dachanlagen einen Anfangsimpuls<br />
gegeben. Allerdings wurden bisher nur<br />
vereinzelt lärmschutzgenutzte Solarkraftwerke<br />
entlang Fernstraßen und<br />
Eisenbahnlinien gebaut, so dass die<br />
bisherige Gesamtleistung weit unter<br />
dem schon vor zwölf Jahren durch die<br />
Schweizer TNC Consulting AG ermittelten<br />
Potential von ca. 400 MWp an deutschen<br />
Autobahnen liegt: Der »Solarboom«<br />
beschränkt sich bis heute im Wesentlichen<br />
auf Dächer und Freianlagen. [1]<br />
Inzwischen wurden die Rahmenbedingungen<br />
verbessert, indem ein 110 m<br />
breiten Streifen entlang Fernstraßen als<br />
neue Förderkategorie im Erneuerbare-<br />
Energien-Gesetz (EEG) aufgenommen<br />
wurde. Damit können Kombinationen aus<br />
solar genutzten Lärmschutzwänden und<br />
Freiflächenanlagen gefördert werden.<br />
Für eine bundesweite Umsetzung wird<br />
demnächst ein vom Bundesverkehrsministerium<br />
angekündigter Leitfaden<br />
der Photovoltaik an Bundesfernstraßen<br />
eine besondere, zukunftsweisende<br />
Bedeutung haben.<br />
2 Projekt »Photovoltaik<br />
Plus Lärmschutz A 10«<br />
Im Zuge der achtspurigen Erweiterung<br />
der Bundesautobahn A 10 »Berliner<br />
Ring« zwischen den Autobahndreiecken<br />
Nuthetal und Potsdam soll das weltweit<br />
größte Modellprojekt für Photovoltaikanlagen<br />
im Fernstraßenbau mit einem<br />
Stromenergievolumen von ca. 9 MWp<br />
verwirklicht werden. Mit einstimmigem<br />
Landtagsbeschluss vom November 2010<br />
wurde die Landesregierung des Landes<br />
Brandenburg beauftragt, »durch den<br />
Einsatz von Photovoltaik den Lärmschutz<br />
zu befördern und zu unterstützen«.
2 Standort des Pilotprojekts<br />
© DEGES GmbH<br />
Eine Projektgruppe unter Leitung des<br />
Landesbetriebs Straßenwesen Brandenburg<br />
und der Projektgesellschaft DEGES<br />
Deutsche Einheit Fernstraßenplanungsund<br />
-bau GmbH hat daraufhin ein detailliertes<br />
Konzept erarbeitet, das mit Hilfe<br />
von Solarmodulen nicht nur dem<br />
gesetzlichen Anspruch der Bürger auf<br />
Lärmschutz gerecht wird, sondern mit<br />
den von einem Investor gebauten und<br />
betriebenen Solaranlagen diesen sogar<br />
verbessert. Das innovative, zur Erschließung<br />
eines vielversprechenden neuen<br />
Marktsegmentes für die Photovoltaikindustrie<br />
geeignete Bauteil ist die<br />
»solare Lärmschutzwand«. Sie besitzt eine<br />
Doppelfunktion als aktiver Lärmschutz<br />
und Stromerzeuger mit Hilfe von<br />
schalldichten und stromerzeugenden<br />
PV-Modulen. Durch die Installation<br />
weiterer Solarmodule auf einem bestehenden<br />
Erdwall bei Wildenbruch wird<br />
eine insgesamt auskömmliche Rentabilität<br />
für den Betreiber der Anlage<br />
angestrebt.<br />
3 Interessenbekundungsverfahren<br />
Um die Chancen und Risiken des Projektkonzepts<br />
abzuklären, hat die DEGES im<br />
ersten Halbjahr 2011 eine europaweite<br />
Marktsondierung durchgeführt. Mehr<br />
als 30 Interessenten aus der Solar- und<br />
Baubranche haben sich daran beteiligt,<br />
darunter auch Investoren und Bauunternehmen.<br />
Mit einer Reihe von ihnen<br />
erfolgten unverbindliche Klärungsgespräche,<br />
wobei sowohl technische<br />
als auch wirtschaftliche Fragen erörtert<br />
wurden. Im Ergebnis wurde die technische<br />
Machbarkeit in Bau und Betrieb<br />
uneingeschränkt bestätigt, so dass die<br />
Planung durch den Projektträger weiter<br />
vertieft und die Ausschreibung des<br />
eigentlichen Vergabeverfahrens vorbereitet<br />
werden konnte.<br />
Inzwischen wurde mit einem detaillierten<br />
Referenzentwurf das Projektkonzept<br />
präzisiert und mit dem Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau und<br />
Stadtentwicklung abgestimmt. Die<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Kohlhauer-Br ckenbau-Symposium-02-2012_90x127<br />
Freitag, 13. Januar 2012 15:47:27<br />
Ausschreibung zur Investorengewinnung<br />
wird nun im ersten Halbjahr 2012<br />
beginnen, damit sich bereits 2013 die<br />
ersten Komponenten der Photovoltaikanlage<br />
erstellen und ans Netz bringen<br />
lassen.<br />
4 Ziel: Solare Lärmschutzwand<br />
Im Fokus der Entwurfsplanung stand<br />
die solare Lärmschutzwand, die mit<br />
ca. 5 MWp mehr als 50 % des Stromertrages<br />
liefern soll und wegen ihrer<br />
Doppelfunktion als Lärmschutzmaßnahme<br />
und Energielieferant den<br />
strategischen Kern des Leuchtturmprojektes<br />
bildet.<br />
An den bis zu 10 m hohen Wandelementen<br />
können ab einer durch<br />
die Funktionalität der Schutzwand im<br />
Verkehrsraum bedingten Höhe von 2 m<br />
(Nordseite) bzw. 4 m (Südseite) über der<br />
Fahrbahn Photovoltailkmodule eingebaut<br />
werden, analog zu einer Glaswand<br />
als Lärmschutz dienen. Allerdings müssen<br />
dafür die gängigen Solarmodule bzw.<br />
ihre Verbindungen noch weiterentwickelt<br />
werden: eine echte Herausforderung,<br />
aber auch eine echte Chance für die<br />
Solarbranche.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
100<br />
95<br />
75<br />
25<br />
5<br />
0<br />
71
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
4 Optimierung der Wandgeometrie<br />
© DEGES GmbH<br />
3 Entwurfskriterien der solaren Lärmschutzwand<br />
© DEGES GmbH<br />
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72 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Um die wirtschaftliche Nutzung der<br />
Sonnenenergie zu optimieren, sollten<br />
die Module zur Sonne hin geneigt<br />
werden: Bei senkrechter Stellung liegt<br />
der spezifische Stromertrag bei lediglich<br />
ca. 70 %. Deshalb erscheint eine Schrägstellung<br />
von 70° optimal, da so der Ertrag<br />
auf 85 % steigt und die Lärmwirkung<br />
nur wenig schlechter ist als bei einer<br />
vertikalen Position.<br />
Gelingt es der Solarbranche, Module<br />
mit verbesserter Lärmschutzwirkung<br />
zu entwickeln oder in hybride Wandelemente<br />
zu integrieren, dürfte die<br />
solare Lärmschutzwand vor allem bei<br />
den in Ost-West-Richtung verlaufenden<br />
Fernstraßen als Beispiel für intelligenten<br />
und nachhaltigen Lärmschutz Zukunft<br />
haben.<br />
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5 Energieautarke Trasse: eine Vision?<br />
Das Projektkonzept für die A10 geht<br />
von einer solaren Betriebsdauer bis zu<br />
30 Jahren aus. Für die Zeit danach sind<br />
verschiedene Szenarien denkbar, abhängig<br />
unter anderem von der Entwicklung<br />
des Verkehrsaufkommens, der<br />
Antriebsart und nicht zuletzt der Leistung<br />
der solaren Module.<br />
Schreitet die Entwicklung von Elektroantrieben<br />
für Fahrzeuge weiter so voran,<br />
wie es die Bundesregierung mit dem<br />
Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen<br />
bereits im Jahre 2020 vorgibt, entsteht<br />
ein originärer Strombedarf entlang<br />
der Trasse. Es liegt also nahe, den vom<br />
Verkehr selbst benötigten Strom auch<br />
dort zu produzieren, wo er verbraucht<br />
wird, und zwar möglichst regenerativ.<br />
Bereits mit den heutigen Leistungswerten<br />
von Elektrofahrzeugen und<br />
Photovoltaikmodulen könnte die<br />
geplante 9-MWp-Anlage an Sonnentagen<br />
rund ein Viertel der auf 8 km<br />
Streckenlänge verbrauchten Strommenge<br />
»vor Ort« erzeugen. In 30 Jahren dürften<br />
die Module doppelte Leistung liefern und<br />
die Elektrofahrzeuge deutlich weniger<br />
verbrauchen. Dann wäre dieser achtspurige<br />
Abschnitt an Sonnentagen<br />
bereits energieautark! Eine Vision, über<br />
die es sich lohnt, weiter nachzudenken!<br />
Autor:<br />
Dr.-lng. Karl Kleinhanß<br />
DEGES Deutsche Einheit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berlin<br />
Literatur<br />
[1] Vom solaren Lärmschutz zur energieautarken<br />
Trasse; in: UmweltMagazin, Juni 2011.<br />
entwickelt<br />
und hergestellt<br />
in Deutschland<br />
Unbenannt-1 1 18.01.12 14:08
Anwendung des Funktionsbauvertrags als Pilotprojekt<br />
Ausbau der A 6 zwischen Roth und Nürnberg-Süd<br />
von Michael Fuchs<br />
Die Bundesautobahn A 6 Heilbronn–Nürnberg<br />
ist als Europastraße<br />
E 50 auch Bestandteil des<br />
transeuropäischen Verkehrsnetzes<br />
und hat seit Öff nung der Grenzen<br />
zu Tschechien eine herausragende<br />
Bedeutung für den Verkehr von und<br />
nach Osteuropa erlangt. Im Bedarfsplan<br />
für die Bundesfernstraßen ist<br />
der ca. 18 km lange sechsstreifi ge<br />
Ausbau zwischen der Anschlussstelle<br />
Schwabach-West und dem<br />
Autobahnkreuz Nürnberg-Ost im<br />
vordringlichen Bedarf enthalten.<br />
Der Abschnitt zwischen Roth und<br />
Nürnberg-Süd gehört mit einer<br />
durchschnittlichen Verkehrsbelastung<br />
von 75.000 Kfz/d, die<br />
bis 2020 sogar auf 100.000 Kfz/d<br />
anwachsen wird, zu den Autobahnen<br />
in Bayern mit den häufi gsten<br />
Staus. Zur Verbesserung der<br />
auftretenden Überlastungen wurde<br />
im Autobahnkreuz Nürnberg-Süd<br />
eine direkte Verbindungsrampe<br />
zwischen der A 6 und der A 73<br />
rechtzeitig zur Fußballweltmeisterschaft<br />
2006 fertiggestellt, zwischen<br />
2007 und 2011 folgte dann der<br />
sukzessive sechsstreifi ge Ausbau<br />
der A 6 auf ca. 7 km Länge zwischen<br />
der Anschlussstelle Roth und dem<br />
Autobahnkreuz Nürnberg-Süd.<br />
Um Erfahrungen mit Funktionsbauverträgen<br />
beim Ausbau von<br />
kürzeren Autobahnabschnitten<br />
zu sammeln, wurde vom Freistaat<br />
Bayern hier ein 5,60 km langes<br />
Teilstück als PPP-Pilotprojekt<br />
initiiert.<br />
1 Übersichtsskizze<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
1 Ablaufplanung<br />
Die Bauablaufplanung von Autobahnabschnitten<br />
ist eigentlich ein iterativer<br />
Prozess sowohl in den einzelnen<br />
Planungsphasen als auch zwischen<br />
den einzelnen Fachsparten. Im Vorentwurf<br />
für den Streckenabschnitt wird<br />
die technische Planung durchgeführt<br />
und die Kostenberechnung zusammengestellt.<br />
Für die Ingenieurbauwerke<br />
bedeutet dies, dass die Konstruktionsart<br />
und mögliche Kostenansätze für<br />
die Gestaltung berücksichtigt werden<br />
müssen. Das trifft insbesondere für kurze<br />
Brücken und Lärmschutzanlagen zu, da<br />
für größere Brücken bzw. Ingenieurbauwerke<br />
zusätzlich ein eigener Bauwerksentwurf<br />
erforderlich ist. Im anschließenden<br />
Planfeststellungsverfahren sind der<br />
Flächenumgriff bzw. der Grunderwerb<br />
darzustellen. Infolge der Ablaufplanung<br />
(Streckenbau und Ingenieurbau) werden<br />
unter Umständen weitere Flächen für<br />
Baustraßen, Montageflächen und Behelfsbrücken<br />
etc. benötigt. Daher ist der<br />
Umgriff der Ablaufplanung bereits in<br />
den Planfeststellungsunterlagen zu<br />
berücksichtigen.<br />
2 Ablauf beim Ausbau der A 6<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
Neben der Gestaltung beeinflussen die<br />
Anforderungen aus der Verkehrsführung<br />
und eine zeitlich straffe Ablaufplanung<br />
mit Randbedingungen zusätzlich die<br />
Konstruktion von Ingenieurbauwerken.<br />
Bei den Planungen für den sechsstreifigen<br />
Ausbau der Bundesautobahn (BAB)<br />
A 6 zwischen Roth und dem Autobahnkreuz<br />
Nürnberg-Süd war eine Reihe<br />
von Ingenieurbauwerken unter den<br />
Gesichtspunkten eines streckenbezogenen<br />
Gestaltungskonzeptes, Bauen<br />
unter Verkehr und einer zügigen<br />
Ablaufplanung zu berücksichtigen. Im<br />
Funktionsbauvertrag enthalten sind<br />
vier Unterführungsbauwerke und bis<br />
zu 11 m hohe Lärmschutzanlagen mit<br />
einer Gesamtlänge von ca. 2,70 km. Die<br />
Vorarbeiten zum sechsstreifigen Ausbau,<br />
die Main-Donau-Kanal-Brücke, die<br />
Rednitzbrücke und ein Überführungsbauwerk<br />
wurden außerhalb des Funktionsbauvertrages<br />
im Rahmen eines<br />
konventionellen Bauvertrages realisiert.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
73
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
2 Vorarbeiten<br />
Im August 2007 begannen die Vorarbeiten<br />
zwischen der Anschlussstelle Roth<br />
und dem Autobahnkreuz Nürnberg-Süd,<br />
wobei die in 2008 fertiggestellte Überführung<br />
als Spatenstichbauwerk diente.<br />
Während des Baus sollte der Verkehr<br />
so wenig wie möglich beeinträchtigt<br />
werden, weshalb für die Feld- und<br />
Waldwegüberführung mit Stahlverbundfertigteilträgern<br />
geplant und gebaut<br />
wurde. Bei dieser Bauweise können die<br />
Widerlager beidseits der Autobahn ohne<br />
Beeinträchtigung des Verkehrs erstellt<br />
werden. Anschließend werden die<br />
Fertigteilträger des Überbaus mit Kränen<br />
eingehoben, was eine lediglich halbstündige<br />
Sperrung der Autobahn<br />
bedingt: eine geeignete Bauweise<br />
für den Ausbau hochbelasteter<br />
Autobahnen unter Verkehr.<br />
74 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Etwa zeitgleich mit dem Spatenstichbauwerk<br />
und ebenfalls außerhalb des<br />
Funktionsbauvertrages wurde als Vorwegmaßnahme<br />
für eine 4+0-Verkehrsführung<br />
der Standstreifen der nördlichen<br />
Richtungsfahrbahn verbreitert und<br />
verstärkt. Eine ausreichende Fahrbahnbreite<br />
mit 12,50 m ist maßgebend für die<br />
Verkehrssicherheit und Leistungsfähigkeit<br />
bei einer solchen Verkehrsführung.<br />
Die Bauabwicklungen der Main-Donau-<br />
Kanal-Brücke und der Abschnitt des<br />
Funktionsbauvertrages wurden hinsichtlich<br />
einer 4+0-Verkehrsführung eng<br />
aneinandergekoppelt. In 2009 erfolgte<br />
der Ausbau der südlichen Richtungsfahrbahn<br />
einschließlich der vier Unterführungen<br />
und des südlichen Überbaus<br />
der Main-Donau-Kanal-Brücke. In 2010<br />
schloss sich die nördliche Richtungsfahrbahn<br />
an, und noch in 2011 wurden<br />
die Lärmschutzanlagen in Kornburg<br />
errichtet. Die Verkehrsfreigabe war<br />
am 19. September 2011, in 2012<br />
werden lediglich noch Restarbeiten<br />
vorgenommen.<br />
3 4 Überführung aus Stahlverbundfertigteilträgern<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
Bauherr<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Tragwerksplanung<br />
SSF Ingenieure AG, München<br />
Prüfstatik<br />
Dr.-Ing. Anil Anwikar, Würzburg<br />
Ausführung<br />
Max Streicher GmbH & Co. KG, Deggendorf
5 6 Längs- und Querschnitt der neuen Main-Donau-Kanal-Brücke<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
3 Main- Donau-Kanal-Brücke<br />
Bedingt durch die Verbreiterung auf<br />
sechs Streifen ist das vorhandene Bauwerk<br />
über den Main-Donau-Kanal zu<br />
schmal und muss daher ersetzt werden.<br />
Die bestehende Dreifeld-Spannbetonbrücke<br />
mit Hohlkastenquerschnitt<br />
(Überbauhöhe: 2,10 m) und einer<br />
Gesamtstützweite von 110,00 m wurde<br />
vor dem Einbau der Kanalabdichtung<br />
fertiggestellt. Die Forderung des<br />
Wasser- und Schifffahrtsamts, wonach<br />
zur Vermeidung von Beschädigungen<br />
der Abdichtung keine neuen Pfeiler im<br />
Kanalbett errichtet werden dürfen, führte<br />
7 Abbruch des alten Spannbetonbauwerks<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
dann schließlich zu einer Lösung als<br />
Einfeldbrücke mit einer Stützweite<br />
von 85,00 m. Zudem erforderten die<br />
festgelegte Lage der Ausbaugradiente<br />
der Autobahn und die lichte Höhe über<br />
dem Kanal von 6,40 m einen schlanken<br />
Überbau.<br />
Eine weitere Randbedingung waren die<br />
kurzen Sperrpausen des Main-Donau-<br />
Kanals. Aufgrund dieser Kriterien wurde<br />
eine Stahlbogenbrücke als »Langerscher<br />
Balken« und damit eine Konstruktion<br />
ausgewählt, die einen schlanken Überbau<br />
von ca. 1,60 m ermöglicht. Die parabelförmig<br />
gekrümmten Bögen mit einer<br />
Stichhöhe von 12,50 m wurden als vertikal<br />
freistehende Kastenquerschnitte<br />
ausgeführt, wobei zur Aufnahme und<br />
Einleitung der Kräfte aus einem eventuellen<br />
Schiffsanprall an den untenliegenden<br />
Stahlträgern mit Leichtbeton gefüllte<br />
Schweißprofile angeschraubt wurden. Die<br />
Fahrbahnplatte wurde als Stahlverbundkonstruktion<br />
realisiert, auf dem nördlichen<br />
Überbau befindet sich eine 5 m<br />
hohe Lärmschutzwand. Der Stahlbau<br />
erlaubte eine Werksfertigung in den<br />
Wintermonaten, die Endmontage erfolgte<br />
dann vor Ort. Die Gesamtkosten betrugen<br />
<strong>12.</strong>800.000 €, fertiggestellt wurde die<br />
Brücke Ende 2010.<br />
Der Abbruch der alten Main-Donau-<br />
Kanal-Brücke wurden in das Zeitfenster<br />
der Revisionsarbeiten für den Kanal<br />
gelegt (zehn Tage Sperrung). Nach der<br />
Leichterung des Spannbetonüberbaus<br />
wurde während der Sperrpause das<br />
mittlere ca. 45 m lange Feld mit einer<br />
Diamantseilsäge herausgeschnitten,<br />
mittels Litzenheber auf schwimmende<br />
Pontons herabgelassen und abtransportiert.<br />
Die Randfelder konnten ohne<br />
Sperrung des Kanals abgebrochen<br />
werden. Im Vergleich dazu hätten<br />
konventionelle Vorgehensweisen eine<br />
vierwöchige Sperrung des Kanals<br />
erfordert.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
75
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Die Stahlteile für die neue Kanalbrücke<br />
wurden jeweils in den Wintermonaten<br />
im Werk vorgefertigt. Die Endmontage<br />
erfolgte jeweils zwischen April und Juli<br />
auf einem 100 m x 30 m großen Baufeld,<br />
für den Einschub war nur eine kurze<br />
Sperrung des Schiffsverkehrs von 24 h<br />
erforderlich.<br />
76 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Bauherr<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Bauwerksentwurf<br />
Schömig-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Kleinostheim<br />
Tragwerksplanung<br />
Meyer + Schubart Konstruktionsbüro GmbH, Wunstorf<br />
KHP Zerna Planungsgesellschaft mbH, Leipzig<br />
Prüfstatik<br />
Prof. Dipl.-Ing. Rolf Sennewald, München<br />
Ausführung<br />
Echterhoff Bau GmbH, Dessau<br />
Glass Ingenieurbau Leipzig GmbH<br />
Stahlturm- und Apparatebau GmbH, Magdeburg<br />
8 9 Neue Brücke im Bau und nach Fertigstellung<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
4 Gestaltungskonzept<br />
Besonders die Überführungen und<br />
Lärmschutzanlagen werden von den<br />
Verkehrsteilnehmern wahrgenommen.<br />
Für den Autofahrer entsteht dadurch<br />
ein Wiedererkennungseffekt, der ganze<br />
Streckenabschnitte prägt. Eine abgestimmte<br />
Gestaltung trägt hier zur<br />
größeren Akzeptanz bei, weshalb<br />
für den Ausbauabschnitt der A 6 ein<br />
streckenbezogenes Gestaltungskonzept<br />
für die Ingenieurbauwerke und die<br />
Landschaftsplanung erarbeitet wurde.<br />
10 11<br />
12 Lärmschutzwand und Gabionenwall mit aufgesetzter Lärmschutzwand<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg
13 14 15 Gestaltung der Unterführungen auf Anliegerseite<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
Die bis zu 11 m hohen Lärmschutzanlagen<br />
waren dabei eine besondere<br />
Herausforderung. Lärmschutzwälle<br />
stellen im Hinblick auf die Gestaltung<br />
und die Einbindung in das Landschaftsbild<br />
zunächst die naheliegendste Lösung<br />
dar. Sofern sich allerdings Zwänge in<br />
Bezug auf Grunderwerb und/oder<br />
bebaute Gebiete ergeben, werden<br />
zunehmend technische Lösungen bis<br />
hin zur reinen Lärmschutzwand erforderlich.<br />
Im Ausbauabschnitt der A 6 wurden<br />
gestaltete Lärmschutzwände und bei<br />
größeren Höhen Gabionenwälle mit<br />
aufgesetzten Lärmschutzwänden im<br />
Rahmen des vereinbarten Konzepts<br />
realisiert.<br />
Ein markanter Bereich ist die Main-Donau-<br />
Kanal-Brücke, insbesondere wegen ihrer<br />
guten Sichtbarkeit von den Orten Greuth,<br />
Katzwang und Penzendorf aus. Der<br />
gewählte blaue Farbton in Verbindung<br />
mit der Bogenkonstruktion ergibt eine<br />
ansprechende Gestaltung, während<br />
die 5 m hohe transparente Lärmschutzwand<br />
auf dem Bauwerk eher unauffällig<br />
erscheinen sollte.<br />
Die vier Unterführungen im Abschnitt des<br />
Funktionsbauvertrages, die neu errichtet<br />
werden müssen, sind kurze Brücken mit<br />
lichten Weiten
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
5 Funktionsbauvertrag<br />
5.1 Umfang und Regelungen<br />
Unter dem Begriff »Public Private<br />
Partnership« (PPP) wird eine vertraglich<br />
geregelte Zusammenarbeit zwischen<br />
öffentlichen und privaten Auftragnehmern<br />
über einen festgelegten<br />
Zeitraum verstanden, der Funktionsbauvertrag<br />
ist hier eine Sonderform<br />
von PPP. Im vorliegenden Fall der A 6<br />
ist der Auftragnehmer für den Bau und<br />
die Erhaltung der Gewerke über einen<br />
Zeitraum von 25 Jahren verantwortlich,<br />
während der Betrieb weiterhin bei der<br />
Straßenbauverwaltung verbleibt.<br />
Leistungsumfang Zuständigkeit<br />
Bau und Erhaltung:<br />
- Oberbau, Erdbau, Entwässerung<br />
- Brückenbau, Lärmschutz, Ausstattung Auftragnehmer<br />
- Landschaftsbau<br />
- bauliche Erhaltung für 25 Jahre<br />
Betrieb: Betriebsdienst, Winterdienst Auftraggeber<br />
16 Regelungen im Funktionsbauvertrag<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
Teil A konventionell B1 funktional B2 funktional C funktional<br />
kreuzende Straßen, Entwässerung, vier Brückenbauwerke bauliche Erhaltung<br />
sonstige Ausstattung, Erdbau, (Unterführungen),<br />
Rückbau bestehender Oberbau, Lärmschutzanlagen<br />
BAB Markierung,<br />
Schutz- und<br />
Leiteinrichtungen,<br />
Landschaftsbau<br />
17 Teile des Bauvertrages<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
18 Anforderungen nach BTV Funktion-ING-A6<br />
© Staatliches Bauamt Würzburg<br />
78 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Folgende Erwartungen sind an den<br />
Funktionsbauvertrag geknüpft:<br />
– Funktionale Leistungsbeschreibung<br />
zur Förderung von Innovationen durch<br />
den Auftragnehmer,<br />
– Termin- und Kostensicherheit durch<br />
einen umfassenden gewerkeübergreifenden<br />
Funktionsbauvertrag,<br />
– Qualitätsverbesserung durch die<br />
Zusammenfassung von Bau und<br />
Erhaltung,<br />
– Optimierung der Wirtschaftlichkeit<br />
durch Abstimmung der Bauweise mit<br />
dem Erhaltungskonzept der einzelnen<br />
Bieter im Rahmen der Angebote,<br />
– Risikoverteilung durch optimale<br />
Aufgabenverteilung mit dem Ziel<br />
eines langfristig wirtschaftlichen und<br />
nachhaltigen Bauens.<br />
Zustandsnote<br />
Schadensmerkmale<br />
Standsicherheit Verkehrssicherheit Dauerhaftigkeit<br />
Abnahme ≤ 1,90 0,00 0,00 ≤ 2,00<br />
Erhaltungszeitraum ≤ 2,90 ≤ 2,00 ≤ 2,00 ≤ 3,00<br />
Abnahme nach<br />
Erhaltungszeitraum ≤ 2,40 ≤ 1,00 ≤ 1,00 ≤ 2,00<br />
Der Bauvertrag für den sechsstreifigen<br />
Ausbau der A 6 besteht aus vier Teilen:<br />
– A: Konventionell mit Einheitspreisen<br />
ausgeschriebene Bauleistungen;<br />
– B1: Funktional mit einem Leistungsprogramm<br />
ausgeschriebene Bauleistungen<br />
der 5,60 km langen Strecke;<br />
– B2: Funktional in einem Leistungsprogramm<br />
ausgeschriebene Bauleistungen<br />
des Ingenieurbaus, vier<br />
Unterführungsbauwerke und 2,70 km<br />
lange und bis zu 11 m hohe Lärmschutzanlagen<br />
umfassend;<br />
– C: Funktional in einem Leistungsprogramm<br />
ausgeschriebene Leistungen<br />
für die Erhaltung der Teile B 1<br />
und B 2 über einen Zeitraum von<br />
25 Jahren.<br />
Den Verdingungsunterlagen der Teile B 1<br />
und B 2 lag eine Referenzplanung mit<br />
definierten Mindestbedingungen bei,<br />
der Bieter konnte also wahlweise die<br />
Referenzplanung übernehmen oder<br />
Alternativen anbieten. Während des<br />
Erhaltungszeitraums von 25 Jahren sind<br />
mehrere Erhaltungsraten vereinbart,<br />
die erste Rate wird nach neun Jahren<br />
und alle anderen im Anschluss daran<br />
nach jeweils drei Jahren fällig. Voraussetzung<br />
für die Zahlungen ist, dass die<br />
funktionalen Anforderungen erfüllt sind.<br />
Für den Betriebs- und den Winterdienst<br />
ist weiterhin die Autobahndirektion<br />
Nordbayern zuständig. Die Auftragssumme<br />
für den Funktionsbauvertrag<br />
betrug ca. 65.000.000 €, unterteilt<br />
in 51.500.000 € für den Bau und<br />
13.500.000 € für die Erhaltung.<br />
5.2 BTV Funktion-ING-A6<br />
Während des Erhaltungszeitraumes<br />
werden funktionale Anforderungen<br />
an die Ingenieurbauwerke festgelegt,<br />
deren Einhaltung vom Auftragnehmer in<br />
regelmäßigen Abständen nachgewiesen<br />
werden müssen. Für das vorliegende<br />
Pilotprojekt des sechsstreifigen Ausbaus<br />
der A 6 wurden die»Besonderen Technischen<br />
Vertragsbedingungen und Richtlinien<br />
für Funktionsbauverträge im<br />
Ingenieurbau« (BTV Funktion-ING-A6)<br />
erarbeitet. Sie behandeln die funktionalen<br />
Anforderungen an die Erhaltung und<br />
die bauwerksartspezifischen Funktionsanforderungen<br />
an die Ingenieurbauwerke<br />
während der Vertragslaufzeit. Mittlerweile<br />
werden vom Bundesministerium<br />
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
die »Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen<br />
und Richtlinien für Funktionsbauverträge<br />
von Ingenieurbauten«<br />
(ZTV Funktion-ING) erarbeitet.
Die Funktionseigenschaften der herzustellenden<br />
sowie zu erhaltenden<br />
Ingenieurbauwerke werden durch die<br />
Zustandsnoten und die Schadensmerkmale<br />
Standsicherheit, Verkehrssicherheit<br />
und Dauerhaftigkeit nach der<br />
RI-EBW-PRÜF beschrieben.<br />
Die Zustandserfassung bei der Abnahme,<br />
während des Erhaltungszeitraums und<br />
bei der Abnahme nach dem Erhaltungszeitraum<br />
erfolgt im Rahmen der nach der<br />
DIN 1076 durchzuführenden Bauwerksprüfungen<br />
(Hauptprüfungen, einfache<br />
Prüfungen etc.).<br />
Bauherr<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Auftragnehmer<br />
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG, Neumarkt<br />
Tragwerksplanung<br />
Schuhmann + Vitak, Ingenieurbüro für Bauwesen mbH<br />
& Co. KG, Großweil<br />
Prüfstatik<br />
Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Weiden<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
6 Resümee und Ausblick<br />
Eine zeitnahe und abgestimmte Bauablaufplanung<br />
ermöglicht die Berücksichtigung<br />
des erforderlichen Flächenumgriffs<br />
in den Grunderwerbsplänen von<br />
baurechtlichen Genehmigungsverfahren.<br />
Insbesondere bei den Ingenieurbauwerken<br />
können durch ausgewählte<br />
Bauverfahren straffe Realisierungszeiten<br />
erzielt werden. Ein ausreichender Vorlauf<br />
zwischen der Auftragsvergabe und<br />
dem Baubeginn gewährleistet bei den<br />
Ingenieurbauwerken eine ausgereifte<br />
Ausführungsplanung, die wiederum als<br />
Grundlage für eine gute Bauabwicklung<br />
dient.<br />
Inwieweit die Erwartungen an den<br />
Funktionsbauvertrag im Hinblick auf die<br />
Ingenieurbauwerke erfüllt werden, wird<br />
sich letztendlich während des Erhaltungszeitraums<br />
zeigen. Insgesamt betrachtet,<br />
erfolgte eine termingerechte Bauabwicklung.<br />
Bedingt durch den Erhaltungszeitraum<br />
von 25 Jahren und die Ab-<br />
Echterhoff Bau-Gruppe<br />
Westerkappeln · Osnabrück · Dessau · Hamburg · Berlin · Poznań (Polen)<br />
Brücke über den Main-Donau-Kanal, BAB A6 Heibronn-Nürnberg<br />
Leistungsbereiche der Gruppe<br />
� Ingenieurtief-, Brücken- und Turmbau<br />
� Kanal- und Rohrleitungsbau<br />
� Spezialtiefbau, Rohrvortrieb und Stollenbau<br />
� Industriebau und schlüsselfertiges Bauen<br />
� Stahlbau und Reparatur von Baumaschinen<br />
� Projektentwicklung<br />
Güteschutz<br />
B II Baustellen<br />
Gruppe:<br />
AK1, S21.01, S30.04,<br />
VOD, VMD, VP<br />
Zulassung<br />
W1<br />
nahmekriterien der BTV Funktion-ING-A6<br />
wurde seitens des Auftragnehmers auf<br />
eine gute Qualität der Bauleistungen<br />
geachtet, wobei durch die Referenzplanung<br />
sowohl das Gestaltungskonzept<br />
als auch die technische Konzeption der<br />
Brückenbauwerke festgelegt wurden.<br />
Unter diesen Randbedingungen scheint<br />
eine Angebotsfrist von zehn Wochen<br />
realistisch. Allerdings wurde durch das<br />
vorgegebene Gestaltungskonzept das<br />
Innovationspotential eingeengt. Ein<br />
Verzicht auf Referenzplanungen dürfte<br />
die Bieter zu alternativen Bauweisen<br />
ermuntern, allerdings wären hierfür<br />
auch ausreichende Angebotsfristen<br />
anzusetzen.<br />
Autor:<br />
Baudirektor Dr.-Ing. Michael Fuchs<br />
Staatliches Bauamt Würzburg<br />
Herstellerqualifi kation Klasse E,<br />
Richtlinie 8 04<br />
DIN 18800-7:2008-11<br />
Zertifi ziert durch den<br />
Verein für die Präqualifi kation von<br />
Bauunternehmen e. V.<br />
150 JAHRE<br />
Vorschub auf Vormontagefl äche<br />
Hauptverwaltung<br />
Industriestraße 9<br />
49492 Westerkappeln<br />
Telefon 0 54 56 / 81-0<br />
Telefax 0 54 56 / 81-27<br />
E-Mail info@echterhoff.de<br />
www.echterhoff.de<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
79
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Entwurf, Berechung und Ausführungsplanung<br />
Überflieger am Autobahnkreuz Neufahrn<br />
von Peter Radl<br />
Der »Überflieger« am Autobahnkreuz<br />
Neufahrn nördlich von<br />
München ist das Hauptbauwerk<br />
einer Direktrampe, welches in<br />
einem Schwung die beiden<br />
Bundesautobahnen A 9 und A 92<br />
überspannt. Anstelle der bei den<br />
komplexen betrieblichen Randbedingungen<br />
üblichen Taktschiebe-<br />
bzw. Stahlverbundbauweisen mit<br />
Spannbeton- bzw. Stahlhohlkästen<br />
wurde der Überbau in Spannbetonbauweise<br />
auf Lehrgerüst erstellt.<br />
Die Maßnahme konnte im Rahmen<br />
des damaligen Konjunkturpakets II<br />
in sehr kurzer Planungs- und Bauzeit<br />
mit relativ geringen Herstellungskosten<br />
realisiert werden. Der Ent-<br />
wurf und die Vorbereitung der<br />
Vergabe sowie die Statik und die<br />
Ausführungsplanung wurden dabei<br />
in einem Paket im Auftrag des<br />
Bauherrn erbracht.<br />
2 Luftbild zum Zeitpunkt der fertiggestellten Brücken<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
80 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Übersicht der Gesamtbaumaßnahme<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
1 Gesamtbaumaßnahme<br />
Das Autobahnkreuz Neufahrn verknüpft<br />
die Bundesautobahn (BAB) A 9 Nürnberg–München<br />
mit der A 92 München–<br />
Deggendorf nördlich von München.<br />
Aufgrund der prognostizierten steigenden<br />
Verkehrszahlen unter anderem vom<br />
Flughafen München in Richtung Landeshauptstadt<br />
um ca. 52 % bis zum Jahr<br />
2020 wurde für diese Verkehrsbeziehung<br />
eine Direktrampe von der A 92 auf die<br />
A 9 erforderlich. Die Leistungsfähigkeit<br />
der übrigen Fahrbeziehungen wurde<br />
durch eine Anpassung und zum Teil<br />
Verlegung von Rampenfahrbahnen<br />
ebenfalls erhöht.<br />
3 Brückenzug der Direktrampe<br />
© Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG<br />
2 Bauwerkskonzept<br />
Die Direktrampe quert in einer großzügigen<br />
Linkskurve die neue Verbindungsrampe<br />
der Anschlussstelle (AS) Eching<br />
Ost, die BAB A 9, die BAB A 92 und die<br />
Tangentenrampe des Anschlussknotens.<br />
Die Autobahndirektion Südbayern entschied<br />
sich unter anderem aus Gründen<br />
des Unterhalts für eine Abfolge von drei<br />
Einzelbauwerken (Gesamtlänge: 332 m)<br />
mit dazwischengeschalteten bis zu 7,50 m<br />
hohen Böschungsdämmen anstelle eines<br />
über insgesamt 564 m durchlaufenden<br />
Bauwerks.
4 Schematischer Grundriss mit Anordnung der Unterbauten<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
Im Bereich des 214 m langen zentralen<br />
Überwerfungsbauwerkes, welches mit<br />
vier Feldern die jeweiligen Fahrbahnen<br />
und Verteilerfahrbahnen der beiden<br />
Autobahnen überspannt, beträgt der<br />
Achsradius der Direktrampe konstant<br />
250 m, der Halbmesser der Kuppenausrundung<br />
im gesamten Bauwerksbereich<br />
7.000 m. Der Hochpunkt der Gradiente<br />
liegt bei der letzten Pfeilerachse. Die<br />
anschließenden Längsneigungen betragen<br />
Richtung München 0,70 % und,<br />
von Deggendorf kommend, 4,90 %.<br />
Der 17,50 m breite Überbau hat eine<br />
konstante Querneigung von 6,50 %.<br />
Bei den vorliegenden Randbedingungen<br />
bieten sich im Hinblick auf den starken<br />
Betrieb beider Autobahnen zunächst<br />
Taktschiebeverfahren an. Die schiefwinkelige<br />
Lage der Pfeilerachsen<br />
innerhalb der Mittelstreifen spricht<br />
jedoch gegen diese Bauweise, da bei<br />
einer Anordnung von Stützen unter<br />
den Überbaustegen mit erheblichen<br />
Zwängungsspannungen in allen<br />
Trägerbereichen zu rechnen ist und<br />
bei einer punktuellen Unterstützung<br />
die Lasten des Überbaus in der Mitte<br />
des Hohlkastens abzutragen wären.<br />
Bei der Wahl von Stahlverbundkästen,<br />
welche abschnittsweise eingehoben<br />
werden, sind für das Verschweißen<br />
der Träger in den Mittelstreifen Inselbaustellen<br />
einzurichten, die allerdings<br />
den BAB-Betrieb einschränken. Es wurde<br />
daher ebenfalls die Möglichkeit der<br />
Herstellung eines möglichst schlanken<br />
und herkömmlichen Überbaus in Spannbetonbauweise<br />
auf Lehrgerüst in Betracht<br />
gezogen, der betrieblich kaum Nachteile<br />
gegenüber der aufwendigeren Verbundlösung<br />
aufweist.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Gewählt wurde ein zweistegiger Plattenbalken<br />
mit nur 2,40 m Bauhöhe, was<br />
einer maximalen Überbauschlankheit<br />
von L/H = 25 entspricht. In den Feldern<br />
der im Autobahnkreuz obenliegenden<br />
A 9 wurde eine Herstellung in überhöhter<br />
Lage mit anschließendem Absenken des<br />
5 Regelquerschnitt<br />
© SSF Ingenieure AG<br />
6 Herstellung des zweiten Bauabschnitts<br />
© Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG<br />
Überbaus geplant. Im Bereich der unterführten<br />
BAB A 92 war für das Lehrgerüst<br />
ausreichend Platz vorhanden, die maximalen<br />
Lehrgerüstspannweiten zwischen<br />
den einzelnen Fahrbahnen betrugen<br />
ca. 20 m. Bei den vorliegenden Querschnitten<br />
erlaubten diese Spannweiten<br />
noch den Einsatz von Stahlprofilträgern,<br />
die wesentlich steifer und stabiler sind<br />
als Gitterträger und daher eine rasche<br />
Montage und Demontage innerhalb<br />
relativ kurzer nächtlicher Sperrzeiten<br />
der betroffenen Fahrbahnen ermöglichen.<br />
Recherchen ergaben, dass das<br />
nächtliche Verkehrsaufkommen zwischen<br />
22 und 6 Uhr innerhalb des Knotenpunktes<br />
auf beiden Autobahnen eher<br />
gering ist. Für die Aus- bzw. Umleitung<br />
der jeweils von den Schalungs- und<br />
Lehrgerüstarbeiten betroffenen Fahrbeziehungen<br />
konnten daher nennenswerte<br />
Störungen ausgeschlossen<br />
werden.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
81
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
7 Bauwerksansicht<br />
© SSF Ingenieure AG<br />
Die betrieblichen Einschränkungen des<br />
stark befahrenen Autobahnknotens<br />
wurden als vergleichsweise gering, die<br />
Herstellung trotz der Randbedingungen<br />
aber als gut steuerbar eingestuft, was<br />
den Ausschlag für die Wahl dieser schnellen<br />
und bewährten Bauweise gab. Im<br />
Zusammenspiel mit den beiden kürzeren<br />
Nachbarbauwerken, die ebenfalls als<br />
wirtschaftliche zweistegige Plattenbalken<br />
ausgeführt wurden, ließ sich<br />
eine gestalterische Einheit erzielen.<br />
3 Bauwerksgestaltung<br />
Die gewählte 2,40 m hohe Spannbetonkonstruktion<br />
wird zu einem erheblichen<br />
Teil von einem Gesimsband verblendet.<br />
Die leicht geneigte, 0,90 m hohe und<br />
in der Ansicht helle Kappe steht im<br />
harmonischen Verhältnis zu den im<br />
Schatten liegenden Trägerstegen, was<br />
die Schlankheit des Bauwerks unterstreicht.<br />
Die Entwässerungsleitungen<br />
werden verborgen hinter dem Kappenband<br />
geführt.<br />
8 Herstellung des Überbaus<br />
© SSF Ingenieure AG<br />
82 BRÜCKENBAU | 1/2 . 82<br />
2012<br />
In den Pfeilerachsen wurden zur Unterstützung<br />
der beiden Stege schlanke<br />
achteckige Einzelstützen gewählt, um die<br />
Sicht innerhalb des Autobahnknotens<br />
möglichst wenig zu verbauen. Die Widerlagerwände<br />
wurden jeweils parallel zu<br />
den angrenzenden Fahrbahnen ausgerichtet,<br />
was die Stützweiten des Überbaus<br />
und ihre Ansichtsflächen innerhalb der<br />
begrünten Böschungen minimierte. Die<br />
dabei stark voneinander abweichenden<br />
Stützweiten der einzelnen Längsträger<br />
konnten statisch beherrscht werden.<br />
Das Widerlager in Achse 50 wurde in die<br />
Böschung hochgesetzt, damit es in Höhe<br />
und Geometrie annähernd dem anderen<br />
Widerlager entspricht.<br />
4 Bauwerksentwurf<br />
4.1 Gründung<br />
Die Gründung erfolgt auf bis zu 23 m<br />
langen Großbohrpfählen mit d = 120 cm<br />
in den quartären Kiesschichten. Trotz des<br />
anstehenden Grundwassers in einer Höhe<br />
bis 1 m unter der Fahrbahn der A 92<br />
ließen sich mit der gewählten Bauweise<br />
aufwendige Wasserhaltungsmaßnahmen<br />
vermeiden.<br />
4.2 Unterbauten<br />
Die massiven Widerlager sind für die<br />
Wartung der aufwendigen Übergangskonstruktionen<br />
begehbar ausgeführt.<br />
In den Pfeilerachsen kommen Paare<br />
schlanker achteckiger Einzelstützen,<br />
die über Pfahlkopfplatten in die Pfähle<br />
einspannen, zur Ausführung.
9 Lehrgerüstjoche mit schweren Leiteinrichtungen<br />
© SSF Ingenieure AG<br />
4.3 Überbau, Lager,<br />
Übergangskonstruktion<br />
Der Überbau ist als zweistegiger Spannbetonplattenbalken<br />
längs mit Spanngliedern<br />
in Verbund vorgespannt und<br />
quer schlaff bewehrt. Die Lagerung<br />
erfolgt in allen Achsen auf Kalottenlagern,<br />
das Lagerschema sieht hier<br />
Querfesthaltungen an den Widerlagerachsen<br />
und dem Stützenpaar in Achse 30<br />
vor. Die Längsfesthaltung befindet sich<br />
ebenfalls in Achse 30, wobei hier beide<br />
Lager längsfest ausgebildet werden. In<br />
allen Lagerachsen sind zudem Querträger<br />
vorhanden. Am Übergang zu beiden<br />
Widerlagern werden Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />
mit vier Dichtprofilen mit<br />
einem maximalen Gesamtdehnweg von<br />
237 mm erforderlich.<br />
Stützweiten in BW-Achse im Bogen 53,00 + 59,91 + 46,50 + 55,00 m = 214,41 m<br />
Kleinste lichte Höhe 4,88 m<br />
Kreuzungswinkel 50,8 gon (A 9) / 59,4 gon (A 92)<br />
Breite zwischen den Geländern 17,00 m<br />
Brückenfläche 3.644 m²<br />
Konstruktionshöhe 2,40 m<br />
10 Hauptabmessungen<br />
© SSF Ingenieure AG<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
4.4 Bauablauf<br />
Für die Errichtung der Stützen in den<br />
Achsen 20 und 40 und die Anordnung<br />
einiger Lehrgerüststützen waren<br />
bauzeitliche Verkehrsführungen mit<br />
Verbauten und schweren Leiteinrichtungen<br />
zum Schutz der Arbeiten und<br />
des Traggerüstes innerhalb der Mittelund<br />
Trennstreifen der Autobahnen<br />
erforderlich. Die Machbarkeit und die<br />
Bauausführung unter den beengten<br />
Platzverhältnissen im Bereich der<br />
bestehenden Trennstreifen der Autobahn<br />
mussten bereits im Entwurf bis ins Detail<br />
belegt werden, die daraus resultierenden<br />
Anforderungen an die Baubehelfe<br />
wurden in den Ausschreibungsunterlagen<br />
genau definiert.<br />
Der Überbau wurde in zwei Abschnitten<br />
auf einem Traggerüst hergestellt: Im<br />
ersten wurden die beiden Überbaufelder<br />
zwischen den Achsen 10 und 30 in<br />
überhöhter Lage betoniert und vorgespannt<br />
und nach dem Ausschalen in die<br />
endgültige Lage abgesenkt, um die lichte<br />
Durchfahrtshöhe jederzeit gewährleisten<br />
zu können. Im zweiten Bauabschnitt<br />
wurden nach dem Umsetzen des Traggerüsts<br />
die beiden Überbaufelder<br />
zwischen Achse 30 und Achse 50 in<br />
endgültiger Lage betoniert.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
83
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
11 Fertiggestelltes Bauwerk, Blick Richtung München<br />
© Florian Schreiber/SSF Ingenieure AG<br />
5 Statische Berechnung<br />
5.1 Unterbauten<br />
Die Unterbauten wurden an separaten<br />
statischen Modellen berechnet, die<br />
kastenförmigen Widerlager mit finiten<br />
Elementen abgebildet. Die Bohrpfähle<br />
waren im System als elastisch gebettete<br />
Stäbe enthalten.<br />
Die bis zu 13,08 m hohen und 2,30 m<br />
dicken Stützen wurden zusammen mit<br />
den Pfahlkopfplatten und den im Erdreich<br />
gebetteten Pfählen als Stabsysteme<br />
berechnet. Die Verteilung der Brems- und<br />
Anfahrlasten erfolgte dabei entsprechend<br />
dem Verhältnis der Horizontalsteifigkeiten<br />
der mitwirkenden Unterbauachsen<br />
unter Berücksichtigung der maximalen<br />
Verformungswiderstände der Kalottenlager.<br />
Trotz des Festpunktes in Achse 30<br />
ergaben sich an dieser Auflagerachse nur<br />
noch 20 % der Brems- und Anfahrlasten.<br />
Aufgrund der Schlankheit der Stützen<br />
wurde neben der Regelbemessung auch<br />
ein Nachweis nach Theorie II. Ordnung im<br />
Grenzzustand der Tragfähigkeit geführt,<br />
der jedoch keine Erhöhungen der<br />
Bewehrungsmengen ergab.<br />
5.2 Überbau<br />
Die statische Berechnung erfolgte an<br />
einem räumlichen Trägerrostsystem.<br />
Die beiden Längsträger wurden hier als<br />
Stäbe mit ihrem Plattenbalkenquerschnitt<br />
mit variablen Plattenbreiten angenommen.<br />
Die Torsionssteifigkeit der vorgespannten<br />
Längsträger wurde nach<br />
DIN-Fachbericht 102 mit 80 % des<br />
theoretischen Werts festgelegt.<br />
Die Fahrbahnplatte wurde aufgrund<br />
der Brückenschiefe und der Krümmung<br />
84 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
im Grundriss mit ebenen finiten Elementen<br />
mit orthotroper Tragwirkung<br />
abgebildet und dabei nur der Querrichtung<br />
der Platte eine Steifigkeit<br />
zugeordnet. Die Querträger an den<br />
Auflagern wurden als zusätzliche<br />
Biegestäbe mit einer auf 50 % des theoretischen<br />
Werts reduzierten Torsionssteifigkeit<br />
eingeführt. Mit Hilfe dieser<br />
Modellbildung ließ sich die kontinuierliche<br />
Tragwirkung der Fahrbahnplatte<br />
im Vergleich zu herkömmlichen Trägerrosten<br />
mit ideellen Querträgern wesentlich<br />
besser ermitteln: Aus der Orthotropie<br />
resultierend, sind die Berechnungsergebnisse<br />
eindeutig in Stabschnittgrößen<br />
für die Längsrichtung und<br />
Plattenschnittgrößen für die Querrichtung<br />
getrennt. Das gemischte System<br />
aus Stäben und finiten Elementen führte<br />
zu einer realistischeren Modellabbildung,<br />
ohne auf die Vorteile einer klassischen<br />
Trägerrostberechnung verzichten zu<br />
müssen.<br />
Die Vorspannung der beiden Längsträger<br />
weicht aufgrund der stark unterschiedlichen<br />
Stützweiten mit Differenzen<br />
bis zu 10 m bei den einzelnen Trägerabschnitten<br />
völlig voneinander ab. Die<br />
aus der Vorspannung dieses Systems<br />
folgenden hohen Zwangsbeanspruchungen<br />
mussten zusätzlich berücksichtigt<br />
werden. Aufgrund der gewählten zwei<br />
Bauabschnitte wurde auch ein zusätzliches<br />
Zwischensystem im Bauzustand<br />
nachgewiesen: ein Zweifeldträger mit<br />
Kragarm. Maßgebend für die Vorspannung<br />
war jedoch der Dekompressionsnachweis<br />
im Endzustand.<br />
Die konstruktive Umsetzung in den<br />
Spann- und Bewehrungsplänen für den<br />
Überbau war wegen der komplexen<br />
Bauwerksgeometrie und der hohen<br />
Bewehrungsgrade sehr anspruchsvoll.<br />
Das heißt, es mussten bis zu drei Lagen<br />
Spannbewehrung und aufgrund der<br />
hohen Torsionsbeanspruchung zusätzlich<br />
ein relativ hohes Maß an schlaffer<br />
Bewehrung im Querschnitt untergebracht<br />
werden. Der Anteil der schlaffen<br />
Bewehrung beträgt 137 kg/m³, jener<br />
der Spannbewehrung 54 kg/m³.<br />
6 Ausführungsplanung in 3-D<br />
Die Schalpläne wurden in 3-D erstellt,<br />
wobei alle Bauteile in einem räumlichen<br />
Modell exakt abgebildet wurden.<br />
Zusätzlich wurde vom Urgelände ein<br />
3-D-Laserscanning des gesamten Umfeldes<br />
durchgeführt. Auf dieser Basis<br />
wurde mit dem Programmsystem NX ein<br />
3-D-Modell des Bauwerks aufgebaut und<br />
daraus alle Ausführungspläne abgeleitet.<br />
Der etwas höhere Arbeitsaufwand zur<br />
Erarbeitung eines solchen Modells wird<br />
dabei durch mehrere Effekte aufgewogen:<br />
Als Nebenprodukt stehen sofort<br />
alle geometrischen Bauteil- und Erdbaumassen<br />
zur Verfügung, und am<br />
räumlichen System werden geometrische<br />
Probleme sofort erkannt, die<br />
konstruktive Detaillierung erleichtert.
Mit geringem Aufwand können beispielsweise<br />
Durchdringungsprobleme mit<br />
vorhandenen Baukörpern und Detailausbildungen<br />
speziell im Bereich der<br />
Unterbauten geklärt werden.<br />
7 Zusammenfassung<br />
Die gewählte, über dem Autobahnbetrieb<br />
eher ungewöhnliche Ortbetonbauweise<br />
auf Lehrgerüst hat sich für den Überflieger<br />
in Neufahrn bestens bewährt.<br />
Die Umsetzung der Planungs- und Bauaufgabe<br />
erfolgte innerhalb kürzester Zeit,<br />
die durch das Konjunkturpaket II zur<br />
Verfügung stehenden Mittel konnten<br />
effektiv eingesetzt werden. Eine konsequente<br />
und reibungslose Realisierung<br />
der in der Ausschreibung vorgegebenen<br />
Randbedingungen ließ sich durch die<br />
kontinuierlich beauftragte Planung aus<br />
SSF_BRCK_L_2012_0036XX 20<strong>12.</strong>01.20 9:39 Uhr Seite 1<br />
einer Hand erzielen. Das Hauptbauwerk<br />
wurde in der Zeitspanne von Februar<br />
2010 bis Juli 2011 errichtet. Die geringe<br />
Bauzeit und die Herstellungskosten<br />
des Bauwerks von rund 5.500.000 €,<br />
entsprechend 1.500 €/m², belegen die<br />
Wirtschaftlichkeit des gewählten<br />
Entwurfs.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Peter Radl<br />
SSF-Ingenieure AG,<br />
München<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Anmerkung<br />
Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um die<br />
überarbeitete Fassung der Veröffentlichung »Überflieger<br />
am AK Neufahrn« in: Bauingenieur, Band 87, 2012,<br />
Heft 2.<br />
Funktion und Effizienz in einer Form<br />
Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des laufenden Verkehrs<br />
BAB A9/A92, AK Neufahrn, BW 13/02s Direktrampe<br />
www.ssf-ing.de<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung, Bonn<br />
Auftragsverwaltung<br />
Freistaat Bayern<br />
Oberste Baubehörde im<br />
Bayerischen Staatsministerium des Innern, München<br />
Baubehörde<br />
Autobahndirektion Südbayern, München<br />
Bauüberwachung<br />
Autobahndirektion Südbayern, Dienststelle München,<br />
Maisach<br />
Gesamtplanung<br />
SSF Ingenieure AG, München<br />
Prüfingenieur<br />
Prof. Dr.-Ing. Richard Rojek, Augsburg<br />
Bauausführung<br />
Hentschke Bau GmbH, Bautzen<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
85
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Anlass und Besonderheiten bei der Ausführung<br />
Querverschub der Mainbrücke Randersacker<br />
von Sven Kimmeskamp<br />
Die Mainbrücke Randersacker<br />
bei Würzburg überführt die<br />
Bundesautobahn A 3 mit einem<br />
Verkehrsaufkommen von über<br />
85.000 Kfz/d. Da im ehemaligen<br />
Bestandsbauwerk, erstellt in den<br />
Jahren 1961–1963, der heute als<br />
spannungsrissgefährdet bekannte<br />
Sigma-Spannstahl zur Ausführung<br />
kam und der Überbau zudem<br />
nur ein unzureichendes Bruch-<br />
vorankündigungsverhalten aufwies,<br />
begann ab 2007 im Vorgriff auf den<br />
sechsspurigen Ausbau der A 3 der<br />
Ersatzneubau, wobei Trasse und<br />
Gradiente im Bereich der Brücke<br />
nahezu unverändert blieben.<br />
Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs<br />
musste der erste Überbau in<br />
seitlicher Behelfslage neben der<br />
alten Brücke errichtet werden.<br />
Nach Umlegung des Verkehrs auf<br />
diesen ersten Überbau konnte das<br />
Bestandsbauwerk abgebrochen<br />
und danach die endgültigen<br />
Unterbauten sowie der zweite<br />
Überbau realisiert werden. Nach<br />
nochmaliger Verkehrsumlegung,<br />
nun auf den zweiten Überbau,<br />
und Fertigstellung der Verbindung<br />
von Behelfs- und endgültigen<br />
Unterbauten durch Verschubwände<br />
erfolgte dann Anfang 2011 der<br />
Querverschub des nördlichen<br />
Überbaus von der Behelfs- in<br />
seine endgültige Lage.<br />
2 Überbaulage vor dem Querverschub<br />
© SRP Schneider & Partner<br />
86 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Überbauten kurz vor dem Querverschub<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
1 Neues Brückenbauwerk<br />
Die für beide Richtungsfahrbahnen<br />
getrennten Überbauten weisen eine<br />
Länge von 540 m auf und sind in sieben<br />
Felder unterteilt. Die maximale Stützweite<br />
beträgt 140 m und überspannt<br />
den Main. Ausgebildet sind die Spannbetonhohlkastenquerschnitte<br />
in Mischbauweise<br />
und mit quer vorgespannter<br />
Fahrbahnplatte, ihre Breiten betragen je<br />
Überbau ca. 20 m und nehmen jeweils<br />
drei Fahrspuren und eine Notspur auf.<br />
Sie haben im Scheitel der Mainöffnung<br />
und im Vorlandbereich eine Höhe von<br />
4 m, die über den Strompfeilern parabelförmig<br />
auf 7,50 m anwächst. Die Herstellung<br />
der Überbauten erfolgte über<br />
dem Main in Freivorbau- und im<br />
Vorlandbereich in konventioneller<br />
Traggerüstbauweise.<br />
Die im Grundriss gekrümmten Überbauten<br />
erhielten, dem Querverschub<br />
geschuldet, parallel ausgerichtete Unterbauten,<br />
auch die Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />
und Überbauenden<br />
wurden parallel zur Verschubrichtung<br />
angeordnet. Gelagert sind die Überbauten<br />
auf allseits beweglichen bzw.<br />
querfesten Kalottenlagern, der Längsfestpunkt<br />
befindet sich in Achse 400<br />
und damit etwa in Brückenmitte. Alle<br />
Unterbauten sind auf Großbohrpfählen<br />
gegründet.
3 Regelquerschnitt<br />
© SRP Schneider & Partner<br />
2 Situation vor dem Verschub<br />
Bedingt durch die beschriebenen Bauund<br />
Verkehrsphasen lag der nördliche<br />
Überbau bereits vor dem Querverschub<br />
für eine Dauer von etwa zwei Jahren<br />
unter Verkehr und ruhte somit auf seinen<br />
endgültigen Lagern, Abdichtung und<br />
Fahrbahnbelag waren ebenfalls schon<br />
aufgebracht worden. Aus diesem<br />
Umstand resultierte die Forderung,<br />
den Spannbetonüberbau während des<br />
Querverschubs überdrückt zu lassen<br />
und keine Zugspannungen zu erzeugen:<br />
Die unterschiedlichen Verformungen<br />
benachbarter Auflagerachsen in Brückenquerrichtung<br />
waren daher auf 10 mm<br />
zu begrenzen. Die Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />
waren in Überbau und<br />
Behelfswiderlagern vorhanden, das<br />
Gesamtgewicht der zu verschiebenden<br />
Konstruktion betrug ca. 32.500 t bei<br />
einer Verschubstrecke von exakt<br />
19,635 m.<br />
3 Gleitebene und Lagerung<br />
Statt eines aufwendigen Aus- und<br />
Wiedereinbaus der Lager wurde der<br />
Verschub mit den Lagern durchgeführt<br />
und die Verschub- bzw. Gleitebenen<br />
unter den Lagern angeordnet. Für die<br />
Aufnahme und Übertragung der<br />
Reibungskräfte wurden die querbeweglichen<br />
Lager mit Arretierungen<br />
versehen, die für den Querverschub<br />
aktiviert wurden und die es gestatteten,<br />
sie temporär in querfeste Lager umzufunktionieren.<br />
Entsprechend erhielten die<br />
Lager mit Längsbeweglichkeit Knaggen<br />
an Ober- und Unterteil, um sie durch das<br />
Einlegen von Futterplatten zwischen den<br />
Knaggen in beliebiger Stellung längsfest<br />
arretieren zu können.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Die Gleitebenen zwischen Überbau<br />
und festen Unterbauten wurden aus<br />
poliertem Edelstahl und gefetteten<br />
PTFE-Platten gebildet, wobei ihr Einbau<br />
durch das achsweise Anheben der Spannbetonquerschnitte<br />
erfolgte: Mit dem<br />
Lösen des Festpunktes beim Anheben<br />
von Achse 400 wurde der Überbau in<br />
eine schwimmende Lagerung überführt.<br />
Als Ersatz wurden an seinen Enden<br />
Führungskonstruktionen angeordnet,<br />
die auch während des Verschubes des<br />
Überbaus eine Lagekorrektur in Längsrichtung<br />
erlaubten.<br />
4 Technologie und Vermessung<br />
Für die Durchführung des Querverschubs<br />
mussten die erforderlichen Zugkräfte<br />
auf eine begrenzte und beherrschbare<br />
und damit möglichst geringe Anzahl von<br />
Elementen verteilt werden. Andererseits<br />
war aber auch ein synchroner Verschubvorgang<br />
über die Brückenlänge zu<br />
erzielen, was eine relativ gleichmäßige<br />
Verteilung von Zugelementen über die<br />
Brückenlänge bedeutete.<br />
So fiel die Wahl auf die Verwendung<br />
von insgesamt acht Litzenhebern mit<br />
Anordnung in den Achsen 100, 300, 400,<br />
600 und 800. Für eine symmetrische<br />
Belastung der Pfeiler wurden an den<br />
besagten Pfeilerachsen je zwei Litzenheber<br />
untergebracht, in den Achsen 200,<br />
500 und 700 lief der Überbau passiv<br />
mit, während an den Widerlagerachsen<br />
100 und 800 je ein Litzenheber installiert<br />
wurde. Nach den aus der statischen<br />
Berechnung zu erwartenden Zugkräften<br />
kamen in den Achsen 300 und 400 je<br />
zwei Litzenheber mit einer Kapazität von<br />
300 t zur Ausführung, alle übrigen hatten<br />
eine Kapazität von 200 t.<br />
4 Lager mit temporärer Längsfesthaltung<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
5 Vorbereitete Verschubbahn mit Längsführung<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
87
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
6 Detailausbildung am Pfeiler<br />
© SRP Schneider & Partner<br />
Die Synchronität von Verschubgeschwindigkeit<br />
und zurückgelegter Strecke unter<br />
den einzelnen Achsen zur Vermeidung<br />
von Verformungen im Überbau und von<br />
unzulässigen Zugspannungen infolge<br />
Querbiegung wurden durch elektronische<br />
Kopplung und Steuerung der Litzenheber<br />
sichergestellt. Alle Litzenheber besaßen<br />
eine eigene elektronische Steuerung<br />
und waren mit einem zentralen Steuercomputer<br />
verbunden. Die Litzenheber<br />
konnten dadurch gemeinsam, in<br />
beliebigen Gruppen oder auch einzeln<br />
angesteuert, dabei von jedem einzelnen<br />
von ihnen Informationen wie Weg und<br />
Kraft empfangen werden.<br />
Die ausgegebenen Messwerte bezogen<br />
sich jedoch auf den Durchzug am<br />
Litzenheber und nicht auf den Weg des<br />
Überbaus. Die Differenzen, verursacht<br />
durch die Litzendehnung zwischen<br />
Heber und Überbau, ließen sich durch<br />
ihre Vollbelegung mit 19 bzw. 31 Litzen<br />
reduzieren, so dass die Ausnutzung der<br />
Litzen bei nur ca. 50 % gegenüber der<br />
zulässigen Spannstahlspannung lag.<br />
Zur Einhaltung der zulässigen Toleranzen<br />
war daher eine zusätzliche externe<br />
Wegkontrolle während des Verschubes<br />
zu installieren, die selbst die Achsen<br />
10 Litzenheber und Verankerung<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
88 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
7 Verschubbahn<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
8 9 Litzenverankerung an Überbau und Pfeiler<br />
© SRP Schneider & Partner/© Dywidag Bau GmbH<br />
ohne Litzenheber umfasste. Acht<br />
Rundprismen am Überbau im Bereich<br />
der Achsen 100–800 wurden durch zwei<br />
Tachymeter anvisiert, die auf festen<br />
Messpfeilern aufgestellt waren. Durch<br />
automatische Mehrfachmessung im<br />
stationären Zustand des Überbaus<br />
konnte so eine Genauigkeit von +/-1 mm<br />
erreicht werden. Die Durchführung der<br />
Messungen erfolgte dazu nach jedem<br />
Hub bis zu 42 cm während des Einfahrens<br />
der Zylinder in Vorbereitung für den<br />
nächsten Litzenhub. In der direkten<br />
Auswertung wurden dann die bisherige<br />
wie die verbleibende Verschubstrecke je<br />
Achse sowie die Abweichung in Achse<br />
11 Steuercomputer im Leitstand<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
400, bezogen auf die Brückenlängsrichtung,<br />
angegeben. Die vor dem<br />
Verschub durchgeführte Einmessung<br />
der Prismen erfolgte auf eine fiktive<br />
Verzugachse und diente als Nullmessung.<br />
Gegenüber der rechnerischen Ermittlung<br />
variieren die Zugkräfte in der Realität<br />
unter anderem durch Streuung der<br />
Reibungswerte je Achse, Streuung der<br />
Auflasten je Lagerachse und Streuung in<br />
der Querbiegesteifigkeit des Überbaus<br />
bzw. in den einzelnen Feldern. Änderungen<br />
im Verlauf des Querverschubes<br />
sind als Ursache ebenfalls möglich. Bei<br />
realistischen Reibungswerten zwischen<br />
1 % und 3 % und bei einem Gewicht<br />
von 32.500 t waren in Summe Zugkräfte<br />
zwischen 300 t und 1.000 t zu erwarten,<br />
durch die gewählte Konfiguration und<br />
Anordnung der Litzenheber stand hier<br />
eine Gesamtkapazität von 2.000 t Zugkraft<br />
zur Verfügung. Die tatsächlichen<br />
Zugkräfte lagen hingegen bei ca. 250 t<br />
und waren relativ konstant über den<br />
gesamten Verschubweg, was auf einen<br />
Reibungsbeiwert von etwas weniger als<br />
1 % schließen ließ.<br />
5 Verschubbahnen und Unterbauten<br />
Die Verschubbahnen in den Auflagerachsen<br />
wurden als raue, aber ebene<br />
Betonoberflächen ausgebildet und waren<br />
monolithisch mit den Verschubwänden<br />
sowie den jeweiligen Behelfspfeilern und<br />
endgültigen Pfeilern verbunden. Die<br />
Oberflächen wurden vor dem Verschub<br />
höhenmäßig auf ihre Ebenheit vermessen<br />
und kontrolliert: Die tolerablen<br />
Abweichungen in den Verschubbahnen<br />
betrugen 1 mm je 2 m Länge und konnten<br />
durch ein sehr genaues Verlegen der<br />
Schalung und das Abziehen der frischen<br />
Betonoberfläche erreicht werden.
Diese Ebenheit war wichtig, um gleichmäßige<br />
Pressungen in Lager und in<br />
den mit ca. 20 N/mm² Pressung hoch<br />
ausgenutzten Gleitebenen zwischen<br />
Teflonplatte und Edelstahlblech zu<br />
gewährleisten. Größere Unebenheiten<br />
hätten Spannungsspitzen und damit<br />
womöglich Überbelastungen und in<br />
Folge Beschädigungen in erster Linie<br />
an den Teflonplatten oder in den<br />
Lagern hervorgerufen.<br />
Aus gleichem Grunde war die Setzungsunempfindlichkeit<br />
der Verschubbahn von<br />
Bedeutung, weswegen die Verschubwände<br />
als Scheiben zwischen den<br />
Pfeilern und mit eigenem Fundament<br />
ausgebildet wurden.<br />
6 Abschlussarbeiten<br />
Unmittelbar nach dem erfolgreichen<br />
Querverschub erfolgten der achsweise<br />
Ausbau der Gleitelemente und das<br />
Verschweißen der unteren Lagerplatten<br />
mit den in den -sockeln einbetonierten<br />
Ankerplatten. Die Verschubbahnen und<br />
Behelfsunterbauten wurden zurückgebaut,<br />
die vor dem Querverschub von den<br />
Behelfswiderlagern gelösten Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />
ausgerichtet<br />
und im Widerlager höhengerecht<br />
einbetoniert, so dass seit Mitte 2011<br />
der Verkehr sechsspurig über beide<br />
Überbauten fließen kann.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Sven Kimmeskamp<br />
Ed. Züblin AG,<br />
Stuttgart<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den<br />
Freistaat Bayern<br />
Entwurf und Ausschreibung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Rieger + Brandt, Ingenieurgesellschaft<br />
im Bauwesen mbH, Nürnberg<br />
16 Nördlicher Überbau nach dem Querverschub<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
12 Anordnung der Litzenheber und Litzen<br />
© SRP Schneider & Partner<br />
13 14 Querverschub der Mainbrücke<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
Bauüberwachung<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Würzburg<br />
Technische Bearbeitung<br />
SRP Schneider & Partner, Ingenieur-Consult GmbH,<br />
Kronach<br />
Prüfingenieur<br />
Dr.-Ing. Heinrich Hochreither, Aschaffenburg<br />
Bauausführung<br />
Dywidag Bau GmbH, Niederlassung Brückenbau,<br />
Nürnberg<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
17 Rückbau der Behelfsunterbauten<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
15 Hauptfeld und Verschubbahn in Achse 300<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
89
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Erstmaliger Rückbau einer Talquerung mit Vorschubrüstung<br />
Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der Autobahn A 7<br />
von Jan Lingemann, Stephan Sonnabend<br />
Die Döllbachtalbrücke liegt auf<br />
der Bundesautobahn A 7 ca. 15 km<br />
südlich von Fulda. Da das Bau-<br />
werk zahlreiche Schäden aufweist,<br />
wurde seitens des Auftraggebers<br />
beschlossen, es abzubrechen und<br />
durch einen Neubau an gleicher<br />
Stelle zu ersetzen. Ein boden-<br />
gestütztes Traggerüst kam aus<br />
verschiedenen Gründen für den<br />
Rückbau nicht in Frage, weshalb<br />
hier erstmals bei einer Talbrücke<br />
das Verfahren »Rückbau mit<br />
Vorschubrüstung« gewählt wurde.<br />
Im folgenden Beitrag werden<br />
ausgewählte Aspekte dieses<br />
Rückbaus beschrieben.<br />
1 Einleitung<br />
Die Döllbachtalbrücke befindet sich<br />
ca. 15 km südlich von Fulda. Auf dem<br />
1966–1968 hergestellten Bauwerk wird<br />
die Bundesautobahn (BAB) A 7 über das<br />
ca. 50 m tiefe Döllbachtal, die Bundesstraße<br />
B 27 und mehrere Wirtschaftswege<br />
geführt. Jede Richtungsfahrbahn liegt auf<br />
einem eigenen Überbau.<br />
In der jüngeren Vergangenheit wurde<br />
festgestellt, dass in Teilbereichen keine<br />
ausreichende Bruchsicherheit und in<br />
zahlreichen Koppelfugen keine ausreichende<br />
Ermüdungssicherheit vorhanden<br />
ist. Zudem sind diverse Quer- und<br />
Längsspannglieder durch die Einwirkung<br />
von chloridhaltigem Wasser stark<br />
geschädigt. [1] Seitens des Auftraggebers<br />
wurde daher beschlossen, die Überbauten<br />
und Unterbauten abzubrechen und<br />
an gleicher Stelle neu zu errichten.<br />
90 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Aufgrund der großen Höhe über dem<br />
Talgrund und des geringen Abstands<br />
zwischen den beiden nebeneinanderliegenden<br />
Bauwerken bedarf es eines<br />
kontrollierten Rückbaus. Weiterhin ist zu<br />
beachten, dass das Döllbachtal bereichsweise<br />
als Landschaftsschutz- bzw.<br />
FFH-Gebiet ausgewiesen ist und daher<br />
geschont werden muss. Ein bodengestütztes<br />
Traggerüst ist gemäß Ausschreibung<br />
ausgeschlossen. Stattdessen<br />
ist der Einsatz eines Vorschubgerüstes<br />
(VSG) vorgesehen. Hiermit sollen die<br />
beim abschnittsweisen Abbruch<br />
entstehenden Auskragungen des<br />
Überbaus unterstützt werden.<br />
1 Ansicht und Grundriss<br />
© Aus [3]<br />
2 Querschnitt<br />
© Aus [3]<br />
2 Bestehendes Bauwerk<br />
2.1 Ursprüngliche Konstruktion<br />
Die Döllbachtalbrücke hat zwei Überbauten<br />
mit jeweils zwölf Feldern, die<br />
Regelstützweite beträgt 46 m und ihre<br />
Gesamtlänge 576 m. Da sich im südlichen<br />
Bereich des Talgrundes zwischen den<br />
Achsen 30 und 40 ein geologischer Verbruch<br />
befindet, wurde hier kein Pfeiler<br />
angeordnet. [2] Das Feld zwischen den<br />
Achsen 30 und 40 hat daher eine Spannweite<br />
von 70-m. Die Richtungsfahrbahnen<br />
liegen auf separaten Überbauten mit<br />
jeweils zweizelligen Hohlkastenquerschnitten.
3 Herstellung des westlichen Überbaus<br />
© Aus [2]<br />
Die Herstellung des westlichen Überbaus<br />
erfolgte abschnittweise auf einem<br />
Vorschubgerüst von Norden nach Süden.<br />
Die Arbeitsfugen liegen jeweils 8,75 m<br />
von den Stützenachsen entfernt. Zur<br />
Errichtung des 70-m-Feldes wurde 46 m<br />
südlich der Achse 40 ein Hilfspfeiler<br />
angeordnet, welcher nach Fertigstellung<br />
des Feldes 20–30 wieder entfernt wurde.<br />
Der östliche Überbau wurde anschließend<br />
auf die gleiche Weise von Süden<br />
nach Norden realisiert, hierbei stand der<br />
Hilfspfeiler 46 m nördlich der Achse 30.<br />
Beide Überbauten sind in Längs- und<br />
Querrichtung beschränkt vorgespannt,<br />
die Stützquerträger sind ebenfalls<br />
vorgespannt. In den Arbeitsfugen sind<br />
jeweils alle Längsspannglieder mit<br />
Koppelankern gestoßen, nur im Bereich<br />
des 70-m-Feldes laufen einige Zulagespannglieder<br />
über die Koppelfugen<br />
hinaus. Für die Vorspannung in Längsund<br />
Querrichtung wurden Spannverfahren<br />
der Firma Polensky & Zöllner<br />
mit gerippten Sigma-oval-Drähten<br />
verwendet.<br />
Die Pfeiler mit Höhen von ca. 50 m über<br />
dem Talgrund wurden als Hohlpfeiler in<br />
Gleitbauweise errichtet, mit 2 m dicken,<br />
massiven Pfeilerköpfen. Darüber sind an<br />
den Außenseiten ca. 3 m hohe massive<br />
Pfeilerkopfverlängerungen angeordnet,<br />
auf welchen die Lagersockel Platz<br />
finden. Beide Überbauten sind an ihren<br />
Enden auf jeweils einem gemeinsamen,<br />
aufgelösten Widerlager abgesetzt.<br />
Diese bestehen aus einem Auflagerbalken,<br />
welcher auf jeweils zwei vertikalen<br />
Scheiben aufgelagert ist. Die<br />
Widerlagerscheiben sind mit tiefliegenden<br />
Flachgründungen gegründet.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
2.2 Besonderheiten<br />
Bereits vor Beginn der Baumaßnahme<br />
war bekannt, dass infolge der Einwirkung<br />
von chloridhaltigem Wasser an mehreren<br />
Stellen im Überbau Spannglieder ausgefallen<br />
sind. Weiterhin ist bekannt, dass<br />
im 70-m-Feld des westlichen Überbaus<br />
ein Längsspannglied unverpresst und<br />
nicht vorgespannt ist.<br />
Die Endverankerungen der Zulagespannglieder<br />
für das 70-m-Feld liegen in den<br />
Feldern 20–30 ca. 9–12 m von der Pfeiler-<br />
4 Einhub der Vorschubgerüst-Hauptträger<br />
© Büchting + Streit AG<br />
achse 30 und im Feld 40–50 ca. 9–12 m<br />
von der Pfeilerachse 40 entfernt. Im<br />
Bereich der Endverankerungen der<br />
Zulagespannglieder sind Risse an der<br />
Oberseite des Überbauquerschnittes<br />
vorhanden. Die Ursache hierfür ist, dass<br />
aufgrund der größeren Stützweite des<br />
Feldes 30–40 in den angrenzenden<br />
Abschnitten hauptsächlich negative<br />
Momente auftreten. Da die durchlaufenden<br />
Regelspannglieder im Verankerungsbereich<br />
der Zulagespannglieder im<br />
Querschnitt bereits weit nach unten<br />
geführt sind, ist an dessen Oberseite<br />
keine ausreichende Vorspannung vorhanden.<br />
In diesen Bereichen ist für die<br />
heutige Verkehrsbeanspruchung daher<br />
keine ausreichende Bruchsicherheit<br />
nachweisbar.<br />
Da die genannten Mängel in beiden<br />
Überbauten auftreten, wurde der östliche<br />
Überbau in Vorbereitung auf das Bauvorhaben<br />
zur Aufnahme des bauzeitlichen<br />
4+0-Verkehrs mit zusätzlichen Längsspanngliedern<br />
sowie CFK-Lamellen<br />
verstärkt.<br />
3 Rückbaukonzept<br />
Der Rückbau der Überbauten erfolgt<br />
kontinuierlich entgegen der Herstellrichtung.<br />
Innerhalb eines Rückbauabschnittes<br />
wird der jeweilige Bauabschnitt<br />
des Überbaus in der Regel bis<br />
an die nächste Koppelfuge zurückgebaut.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
91
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
5 Unterstützung des Überbaus<br />
© Büchting + Streit AG<br />
Im Zuge des Rückbaus kragt der Überbau<br />
nach dem Entfernen des vordersten<br />
Stützquerträgers im Regelbereich bis<br />
zu 46 m aus. Zur Unterstützung dieser<br />
Auskragung ist ein Vorschubgerüst (VSG)<br />
vorgesehen. Während des Verschubes<br />
des VSGs ist der verbleibende Überbau<br />
nicht unterstützt und muss sich somit<br />
selber tragen. Die Verankerung der<br />
Längsspannglieder ist dabei durch die<br />
in den Koppelfugen vorhandenen<br />
Koppelanker sichergestellt. Hinsichtlich<br />
der statischen Nachweise im Verschub-<br />
6<br />
92 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
7 Hilfspfeiler und Querkraftverstärkungen<br />
© Büchting + Streit AG<br />
zustand ist es günstig, dass beim Bau der<br />
Brücke vergleichbare Beanspruchungen<br />
aufgetreten sind und der Überbau hierfür<br />
bemessen wurde.<br />
Für die Ausführung wurde ein VSG mit<br />
zwei Hauptträgern gewählt, die beidseits<br />
der Pfeiler angeordnet sind und an jedem<br />
Pfeiler auf zwei Auflagerquerträgern der<br />
Pfeilerkopfeinrüstung aufliegen.<br />
Die Lasten aus den Auflagerquerträgern<br />
werden durch in Querrichtung geneigte<br />
Aufhängungen zu einem Jochträger<br />
weitergeleitet, der an der Oberseite der<br />
Pfeiler auf dem massiven Pfeilerkopf<br />
aufliegt. Diese Lösung wurde gewählt,<br />
da eine Auflagerung der Auflagerquerträger<br />
im Bereich der Pfeilerschäfte<br />
aufgrund der geringen Wandstärken<br />
der Pfeiler nicht möglich war.<br />
Zwischen den Hauptträgern des VSGs<br />
sind paarweise verbundene Unterstützungsquerträger<br />
gespannt, die durch<br />
Hydraulikpressen gegen den Überbau<br />
gepresst werden können. Auf den<br />
Unterstützungsquerträgern befinden<br />
sich Holzdruckstücke, durch die der<br />
Überbau punktuell im Bereich der Stege<br />
unterstützt wird.<br />
Die Hydraulikpressen auf jeweils einer<br />
Seite des Überbaus lassen sich gruppenweise<br />
in einem Ölkreislauf zusammenschalten,<br />
so dass sie hydraulisch kommunizieren.<br />
Das ist zwingend erforderlich,<br />
um Relativbewegungen zwischen Überbau<br />
und VSG auszugleichen.<br />
Zur Aufnahme des Abbruchgutes ist auf<br />
den Längsträgern des VSGs eine Bühne<br />
angeordnet, die in Längsrichtung bis<br />
zum nächsten Unterstützungsträger<br />
fahrbar ist und beim Abbruch unter dem<br />
Überbau zum Halten kommt. Um die<br />
Bühne weiter unter dem Überbau fahren<br />
zu können, muss der Unterstützungsquerträger<br />
zunächst abgesenkt und die<br />
Holzdruckstücke entfernt werden. Danach<br />
lässt die Bühne sich bis zum nächsten<br />
Querträger bewegen, der Überbau kragt<br />
dabei über den letzten aktiven Unterstützungsquerträger<br />
aus.<br />
Der Rückbau des Überbaus erfolgt mit<br />
einem auf dem Überbau stehenden<br />
Abbruchbagger. Das Abbruchgut wird<br />
mit der Abbruchbühne aufgefangen und<br />
anschließend mit Lkws abtransportiert.<br />
4 Statische Aspekte<br />
4.1 Hilfspfeiler im 70-m-Feld<br />
Beim Abbruch des westlichen Überbaus<br />
wird das 70-m-Feld nach dem Rückbau<br />
der ersten beiden Felder zwangsläufig<br />
zum Endfeld des Durchlaufträgers. In<br />
diesem Zustand tritt am Endauflager in<br />
Achse 30 nur ein sehr geringes Stützmoment,<br />
in Feldmitte jedoch ein großes<br />
Feldmoment auf, das vom vorhandenen<br />
Überbau nicht aufgenommen werden<br />
könnte. Es ist daher zwingend erforderlich,<br />
das 70-m-Feld in diesem Zustand zu<br />
unterstützen. Hierfür ist ein 50 m hoher<br />
Hilfspfeiler vorgesehen, der nicht nur
8 Westlicher Überbau: Rückbauzustände bis zur Achse 35<br />
© Büchting + Streit AG<br />
für den Rückbau des Bestandsüberbaus<br />
eingerichtet, sondern auch für die Herstellung<br />
des neuen Überbaus im Taktschiebeverfahren<br />
verwendet wird. Seine<br />
Anordnung erfolgt entsprechend dem<br />
Ausschreibungsentwurf in der Mitte des<br />
70-m-Feldes.<br />
Der Hilfspfeiler wurde vor Beginn des<br />
Abbruches aktiviert. Dadurch wurden der<br />
vorhandene Durchhang des Überbaus<br />
in Feldmitte um 40 mm verringert und<br />
die Stützmomente in den Achsen 30 und<br />
40 deutlich reduziert: In den gerissenen<br />
Verankerungsbereichen der Zulagespannglieder<br />
konnte nun eine ausreichende<br />
Tragfähigkeit nachgewiesen<br />
werden. Das ist erforderlich, da der<br />
Überbau während des Rückbaus zum<br />
Abtransport des Abbruchgutes von<br />
Lkws befahren wird.<br />
Zur Verbesserung des Bauablaufs wurde<br />
der Hilfspfeiler seitlich neben dem Überbau<br />
hergestellt und anschließend quer<br />
unter den Überbau geschoben. Nach<br />
Abbruch und Neubau des westlichen<br />
Überbaus wird er für den Rückbau und<br />
Neubau in Querrichtung unter den<br />
östlichen Überbau verschoben.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Seine Breite muss jener der Bestandspfeiler<br />
entsprechen, damit das VSG neben<br />
ihm Platz findet. Auf dem Hilfspfeiler<br />
lassen sich die Pressen also nicht unter<br />
den Stegen des vorhandenen Überbaus<br />
anordnen. Der neue Hilfspfeiler steht<br />
zudem nicht an der gleichen Position<br />
wie jener bei der Errichtung der Brücke,<br />
wo bereits ein massiver Querträger im<br />
Überbau existiert. Zur Einleitung der<br />
Auflagerkräfte in die Stege ist in der<br />
Achse 35 daher ein neuer Hilfsquerträger<br />
im Überbau erforderlich, der als massive,<br />
vorgespannte Konstruktion ausgeführt<br />
wird.<br />
In der Mitte des 70-m-Feldes treten<br />
infolge der Unterstützungskraft des<br />
Hilfsträgers Querkraftbeanspruchungen<br />
des Überbaus auf, für welche die vorhandene<br />
Bewehrung nicht ausreichend ist.<br />
Zur Aufnahme der Querkräfte musste<br />
der Überbau deshalb durch vertikale<br />
vorgespannte Bewehrung verstärkt<br />
werden. Dazu wurden an der Ober- und<br />
Unterseite der Stege Doppel-U-Profile<br />
als Jochträger angeordnet, an denen<br />
vertikale Stabspannglieder verankert<br />
sind, die durch Kernbohrungen in der<br />
Fahrbahnplatte und in der Bodenplatte<br />
geführt werden.<br />
9 Abbruchkante im Rückbauzustand 3<br />
© Büchting + Streit AG<br />
4.2 Rückbauzustände<br />
Im ersten Abschnitt wird der Überbau<br />
bis zur Koppelfuge bei Achse 20 zurückgebaut<br />
und das Feld 2 bis 4,00 m vor die<br />
Koppelfuge bei Achse 30 abgebrochen.<br />
Durch die verlängerte Auskragung des<br />
Überbaus wird der Erhalt eines Mindeststützmomentes<br />
bei Achse 30 sichergestellt,<br />
da das Feldmoment im Feld 3.1<br />
bereits kurz hinter der Achse 30 stark<br />
zunimmt. Bei zu starker Reduktion des<br />
Stützmomentes würden im stützennahen<br />
Bereich nördlich der Achse 30 positive<br />
Momente auftreten. Aufgrund der im<br />
Endzustand unter Verkehr negativen<br />
Momente liegen die Spannglieder in<br />
diesem Bereich jedoch im oberen Teil<br />
des Querschnitts, so dass keine ausreichende<br />
Tragsicherheit nachweisbar<br />
wäre.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
93
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
5 Interaktion von VSG und Überbau<br />
5.1 Allgemeines<br />
Während des Rückbaus wird der auskragende<br />
Teil des Überbaus durch die<br />
Querträger des VSGs unterstützt. Infolge<br />
des Rückbaus und der hierdurch stetig<br />
abnehmenden Last ändert sich die<br />
Belastung des VSGs allerdings ständig. In<br />
der Folge treten Interaktionen zwischen<br />
Überbau und VSG auf, welche hinsichtlich<br />
der Beanspruchungen des Überbaus<br />
maßgebend sein können. In der statischen<br />
Berechnung wurde daher der<br />
Rückbau mit allen Zwischenzuständen<br />
simuliert.<br />
Nachfolgend werden verschiedene<br />
Aspekte und Randbedingungen des<br />
Rückbaus betrachtet.<br />
5.2 Rückbau der Auskragung<br />
Zu Beginn des Abbruchs werden zunächst<br />
alle Unterstützungsquerträger<br />
mit geringem Druck aktiviert. Beim<br />
Rückbau bis zur Achse n geht das Stützmoment<br />
in dieser Achse auf null zurück:<br />
Ohne die vorherige Aktivierung würde<br />
in ihrer Nähe bereits so ein großes Feldmoment<br />
auftreten, dass die Tragfähigkeit<br />
des Überbaus nicht mehr nachgewiesen<br />
werden könnte. Die Unterstützung des<br />
Überbaus wurde so gewählt, dass der<br />
Überbau nicht aus den Lagern gehoben<br />
wird.<br />
94 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
10 Unterstützung des Überbaus durch das VSG<br />
© Büchting + Streit AG<br />
5.3 Umlagerung der Auflagerlast<br />
Bevor der Stützquerträger zurückgebaut<br />
wird, werden die Pressendrücke vergrößert,<br />
um die Auflagerkraft des Überbaus<br />
bei der Achse n zu reduzieren. Hierdurch<br />
wird eine schlagartige Lastumlagerung<br />
in das VSG verhindert.<br />
Hinsichtlich der erforderlichen Pressenkräfte<br />
ist zu beachten, dass sich die<br />
Auflagerkraft am Endauflager (Achse n)<br />
des nicht unterstützen Systems aus einem<br />
Anteil aus Eigengewicht und einem Anteil<br />
aus Vorspannung zusammensetzt: Beide<br />
werden mit dem Deaktivieren des Auflagers<br />
in das VSG umgelagert. Die<br />
Resultierende der Pressenkräfte liegt<br />
im Feldbereich des abzubrechenden<br />
Feldes und hat somit einen geringeren<br />
Abstand zur Achse n+1 als die ursprüngliche<br />
Auflagerkraft in Achse n. Bei der<br />
Berechnung zeigt sich, dass das statisch<br />
unbestimmte Moment infolge Vorspannung<br />
bei der Achse n+1 unter Berücksichtigung<br />
der vorhandenen Steifigkeiten des<br />
Überbaus und des VSGs jedoch nahezu<br />
konstant bleibt. Aufgrund des konstanten<br />
Momentes und des geringeren Abstands<br />
zwischen der Achse n+1 und der Resultierenden<br />
der Unterstützungen ist die<br />
erforderliche Unterstützungskraft größer<br />
als die ursprüngliche Auflagerkraft in<br />
Achse n.<br />
11 Biegelinien bei Deaktivierung des Lagers in Achse n<br />
© Büchting + Streit AG<br />
5.4 Berücksichtigung der Verformungen<br />
Nach dem Rückbau des Überbaus bis zur<br />
Achse n sowie dem Rückbau des Stützquerträgers<br />
und der Lager kragt der<br />
Überbau um eine Feldlänge aus, wobei<br />
er durch das VSG unterstützt wird, das im<br />
Gegensatz zum Überbau als Einfeldträger<br />
wirkt. Infolge der unterschiedlichen<br />
statischen Systeme ergeben sich für den<br />
Überbau und das VSG unterschiedliche<br />
Biegelinien, die bei Annahme von starr<br />
an das VSG angeschlossenen Unterstützungsquerträgern<br />
dazu führen, dass<br />
nahezu die gesamte Unterstützungskraft<br />
durch die am nächsten zur Abbruchkante<br />
liegenden Unterstützungsquerträger<br />
aufgenommen wird und sich die übrigen<br />
der Last entziehen.<br />
Dies ist hinsichtlich der lokalen Lasteinleitung<br />
in den Überbau sehr problematisch.<br />
Beim Rückbau werden die für<br />
seine Unterstützung aktivierten Hydraulikpressen<br />
daher hydraulisch kommunizierend<br />
in einen Ölkreislauf geschaltet.<br />
Hierdurch wird sichergestellt, dass alle<br />
aktiven Unterstützungsquerträger des<br />
VSGs die gleiche Last erhalten.
5.5 Beanspruchung des Überbaus<br />
Aufgrund der geringen Bewehrung der<br />
Fahrbahnplatte kann im Bruchzustand<br />
nur ein sehr kleines negatives Moment<br />
im Feldbereich aufgenommen werden.<br />
Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist daher<br />
die Beanspruchung des Überbaus durch<br />
negative Biegemomente im Feldbereich:<br />
Die Unterstützung durch das VSG muss so<br />
erfolgen, dass die negative Momentenbeanspruchung<br />
möglichst gering bleibt.<br />
Würden alle Unterstützungsquerträger<br />
aktiviert werden, so würde zwar eine<br />
nahezu kontinuierliche Unterstützung<br />
des Überbaus vorliegen. Da das Eigengewicht<br />
des Überbaus jedoch ungleich<br />
über die Länge verteilt ist (Anvoutungen<br />
der Stege zur Stützenachse, Gewicht des<br />
Stützquerträgers), treten in diesem Fall<br />
im Feldbereich negative Biegemomente<br />
auf. Wesentlich günstigere Beanspruchungen<br />
ergeben sich, wenn die Unterstützung<br />
nur durch wenige Querträger<br />
in der Nähe der Abbruchkante erfolgt.<br />
Zusätzlich zur ungleichen Verteilung<br />
des Eigengewichts entstehen negative<br />
Biegemomente durch die Auskragung<br />
des Überbaus über den letzten aktiven<br />
Unterstützungsquerträger. Die Auskragung<br />
ergibt sich zwangsläufig, wenn<br />
der vorderste Unterstützungsquerträger<br />
abgesenkt wird und die Abbruchbühne<br />
weiter unter den Überbau gefahren wird.<br />
Würde die Unterstützung durch alle Querträger<br />
erfolgen, so würden die einzelnen<br />
Kräfte relativ klein bleiben, das Kragmoment<br />
aber bis zu dem am weitesten<br />
von der Abbruchkante entfernten Unterstützungsquerträger<br />
ansteigen. Bei einer<br />
Unterstützung durch wenige Querträger<br />
in der Nähe der Abbruchkante werden<br />
zwar größere Pressenkräfte erreicht, die<br />
negativen Biegemomente im Überbau<br />
bleiben jedoch deutlich geringer.<br />
Durch die geeignete Wahl der Aktivierungszeitpunkte<br />
der einzelnen Unterstützungsquerträger<br />
wird das negative<br />
Biegemoment im Überbau so weit<br />
reduziert, dass die rechnerische Biegezugspannung<br />
im Querschnitt deutlich<br />
unterhalb der rechnerischen Zugfestigkeit<br />
des Betons bleibt. Im Bruchzustand<br />
kann das negative Biegemoment mit<br />
ausreichender Sicherheit durch die<br />
vorhandene Bewehrung in der Fahrbahnplatte<br />
aufgenommen werden.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
12 Qualitative Verformungen während des Rückbaus<br />
© Büchting + Streit AG<br />
5.6 Grenzwertbetrachtungen<br />
Zur Festlegung der Kraft, mit welcher<br />
der Überbau während des Rückbaus<br />
unterstützt wird, wird im Folgenden eine<br />
Grenzwertbetrachtung angestellt.<br />
Zunächst wird eine sehr große resultierende<br />
Pressenkraft zur Unterstützung des<br />
Überbaus betrachtet. Bei einer zu starken<br />
Unterstützung wird das Stützmoment an<br />
der Achse n+1 klein, das Feldmoment im<br />
angrenzenden Feld nimmt entsprechend<br />
zu. In diesem Fall treten im angrenzenden<br />
Feld bereits in geringem Abstand von der<br />
Pfeilerachse n+1 große positive Biegemomente<br />
auf, die vom Querschnitt<br />
nicht aufgenommen werden können, da<br />
die Spannglieder noch zu weit an der<br />
Querschnittsoberseite liegen. Um die<br />
Tragfähigkeit im angrenzenden Feld<br />
sicherzustellen, ist während des gesamten<br />
Rückbaus ein Mindeststützmoment an<br />
der Achse n+1 einzuhalten. Anhand des<br />
Mindeststützmomentes lässt sich ein<br />
oberer Grenzwert für die resultierende<br />
Unterstützungskraft ableiten.<br />
In einer entgegengesetzten Grenzwertbetrachtung<br />
wird eine sehr geringe<br />
resultierende Unterstützungskraft angenommen.<br />
Die zu geringen Unterstützungskräfte<br />
haben zur Folge, dass nicht<br />
das gesamte Eigengewicht des Überbaus<br />
im VSG liegt. Es bleibt somit eine Resttragwirkung<br />
des Überbaus erhalten.<br />
Aus dem Eigengewicht des Überbaus<br />
resultieren in dem Fall eine negative<br />
Momentenbeanspruchung im abzubrechenden<br />
Feld und ein größeres<br />
Stützmoment bei der Achse n+1. Im<br />
Stützbereich kann wegen der hier oben<br />
liegenden Spannglieder ein sehr großes<br />
negatives Moment aufgenommen werden.<br />
In den Feldbereichen führt ein zu großes<br />
negatives Moment jedoch zu starker<br />
Rissbildung und ist durch die vorhandene<br />
Bewehrung nicht aufzunehmen. Aus<br />
dieser Grenzwertbetrachtung lässt sich<br />
ein unterer Grenzwert für die resultierende<br />
Unterstützungskraft ableiten.<br />
Während des gesamten Rückbaus ist<br />
sicherzustellen, dass die tatsächliche<br />
Unterstützung des Überbaus zwischen<br />
beiden Grenzwerten liegt. Die Pressenkräfte<br />
verändern sich jedoch während<br />
des Rückbaus allein infolge der sich<br />
ändernden Belastung aus Eigengewicht.<br />
Immer wenn die Abbruchkante einen<br />
Unterstützungsquerträger erreicht, muss<br />
dieser abgesenkt werden, damit die<br />
Abbruchbühne weiter unter den Überbau<br />
fahren kann. Nach dem Absenken dieses<br />
Querträgers kragt der Überbau über den<br />
letzten aktiven Unterstützungsquerträger<br />
aus. Die Pressenkräfte wurden so<br />
gewählt, dass sich der Überbau in einem<br />
solchen Zustand leicht nach unten<br />
verformt. Durch den weiteren Rückbau<br />
bis zum nächsten Unterstützungsquerträger<br />
wird das System entlastet. Infolge<br />
der Rückfederung des VSGs wird der<br />
Überbau nach oben gedrückt, so dass<br />
sich eine leichte Verformung nach oben<br />
einstellt.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
95
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
13 Rückbauphase im August 2011<br />
© Büchting + Streit AG<br />
Da sich die Verformung des Überbaus<br />
und des VSGs sowie die Pressenkräfte<br />
während des Rückbaus permanent<br />
ändern, müssen die Pressenkräfte immer<br />
so eingestellt werden, dass die resultierende<br />
Unterstützungskraft auch bei<br />
Änderungen infolge des fortschreitenden<br />
Abbruches innerhalb der vorher definierten<br />
Grenzwerte bleibt. Um die Einhaltung<br />
der optimalen Pressenkräfte sicherzustellen,<br />
werden die Pressendrücke<br />
während des Rückbaus eines Feldes<br />
regelmäßig mit den rechnerischen<br />
Sollwerten verglichen und angepasst.<br />
Die Verformungsdifferenzen zwischen<br />
Überbau und VSG werden dabei von<br />
den Pressen unter den Querträgerpaaren<br />
ausgeglichen. Die Hydraulikpressen unter<br />
den Querträgern des VSGs müssen dabei<br />
unter Last Verformungsdifferenzen von<br />
ca. 6 cm ausgleichen.<br />
Neben dem hier beschriebenen komplexen<br />
Steuersystem für die Vertikalkräfte<br />
ist auch der Interaktion innerhalb des<br />
bei jedem Rückbauzustand wechselnden<br />
Systems aus Überbau, VSG und Pfeilern<br />
hinsichtlich der Horizontalkräfte Rechnung<br />
zu tragen. Hierbei sind die beim<br />
Rückbau freiwerdenden, eingefrorenen<br />
Vorverformungen und Kräfte infolge von<br />
Überbauverkürzung und Lagerreibung<br />
zu berücksichtigen.<br />
96 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
6 Fazit<br />
Unter Beachtung der beschriebenen<br />
statischen Aspekte wurde der Rückbau<br />
der Döllbachtalbrücke geplant. Inzwischen<br />
ist mehr als die Hälfte des westlichen<br />
Überbaus abgebrochen worden.<br />
Der Rückbau erfordert eine detaillierte<br />
Planung und eine enge Abstimmung<br />
zwischen der Baustelle und den Planern.<br />
Die Umsetzung des erläuterten Konzeptes<br />
stellt außerdem hohe Anforderungen<br />
an die Steuerung der Hydraulik, da nach<br />
dem Abbruch von jeweils maximal 3,50 m<br />
des Überbaus die vorhandenen Pressenkräfte<br />
kontrolliert und Aktivierungen<br />
bzw. Deaktivierungen von einzelnen<br />
Querträgerpaaren durchgeführt werden<br />
müssen. Die auf der Baustelle beobachteten<br />
Pressenkräfte stimmen insgesamt<br />
gut mit den in der Arbeitsanweisung<br />
angegebenen Sollwerten überein.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen,<br />
dass der Rückbau einer Talbrücke dieser<br />
Größenordnung eine anspruchsvolle<br />
Aufgabe sowohl hinsichtlich der Planung<br />
als auch der Umsetzung auf der Baustelle<br />
bedeutet.<br />
Autoren:<br />
Dr.-Ing. Jan Lingemann<br />
Dipl.-Ing. Stephan Sonnabend<br />
Büchting + Streit AG,<br />
München<br />
Literatur<br />
[1] Amt für Straßen- und Verkehrswesen Fulda:<br />
Baubeschreibung. Abbruch und Neubau der<br />
Döllbachtalbrücke. Fulda 2009.<br />
[2] Wittfoht, H.: Brückenbauer aus Leidenschaft.<br />
Düsseldorf 2005.<br />
[3] Wittfoht, H.: Autobahnbrücke über das Döllbachtal<br />
im Zuge der Rhönlinie; in: Beton- und Stahlbetonbau,<br />
Band 64, 1969, Heft 2, S. 25 –31.<br />
Bauherr<br />
Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement,<br />
Amt für Straßen- und Verkehrswesen, Fulda<br />
Tragwerksplanung<br />
Büchting + Streit AG, München (Rückbau und Neubau)<br />
Saul Ingenieure GmbH, Braunschweig (Vorschubgerüst)<br />
Prüfingenieur<br />
Dr.-Ing. Tilmann Zichner, Frankfurt am Main<br />
Bauausführung<br />
Arbeitsgemeinschaft Döllbachtalbrücke<br />
Adam Hörnig GmbH & Co. KG, Aschaffenburg<br />
(Technische Geschäftsführung)<br />
Stutz GmbH, Kirchheim-Kemmerode<br />
(Kaufmännische Geschäftsführung)<br />
Ausführung Vorschubgerüst<br />
ThyssenKrupp Bauservice GmbH,<br />
RöRo Traggerüstsysteme, Wuppertal
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IM BRÜCKENBAU UND INGENIEURBAU<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Wir verstehen uns als qualitätsbewussten Dienstleister für technisch anspruchsvollste Aufgaben bei der Planung,<br />
bautechnischen Prüfung und Begutachtung von Bauwerken des konstruktiven Ingenieurbaus. Unsere Stärke sehen<br />
wir in der interdisziplinären Betrachtung bei materialgerechter Kombination von Baustoffen und Bauverfahren<br />
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innovativen Lösungsansätzen kombiniert mit jahrzehntelanger Erfahrung. Ganzheitliche Ansätze im Hinblick auf<br />
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ebenso die individuelle Betreuung jeder einzelnen Aufgabe.<br />
Döllbachtalbrücke,<br />
BAB A7, Abbruch und Neubau<br />
Die Scherkondetalbrücke, NBS Erfurt - Leipzig/Halle<br />
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> OBJEKTPLANUNG > GUTACHTEN > ENTWICKLUNG<br />
> BAUTECHN. PRÜFUNG > INSTANDSETZUNG > SCHWERTRANSPORTE<br />
> BAUÜBERWACHUNG > ERTÜCHTIGUNG > WETTBEWERBE<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
97
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Neue Werkzeuge für die Bauplanung und -abwicklung<br />
Forschungsverbund »Digitale Baustelle«<br />
von Dieter Stumpf<br />
Das Bauwesen unterliegt heute<br />
enormen Anforderungen. Immer<br />
komplexere Bauvorhaben müssen<br />
in immer kürzerer Zeit realisiert<br />
werden, gleichzeitig erzeugt der<br />
starke Wettbewerb in der Branche<br />
einen deutlichen Kostendruck.<br />
Diesen Anforderungen wird die<br />
deutsche Bauindustrie nur durch<br />
eine Steigerung bei der Planung<br />
und Abwicklung von Projekten<br />
begegnen können. Im Augenblick<br />
lässt sich jedoch eher konstatieren,<br />
dass die im Bauwesen erreichte<br />
Prozessqualität, vor allem hinsichtlich<br />
Termintreue und Kostensicherheit,<br />
deutlich hinter der anderer<br />
Branchen zurückbleibt. Genau aus<br />
dem Grund wurde der Forschungsverbund<br />
»Digitale Baustelle« oder<br />
ForBAU initiiert.<br />
1 Geschichte des Bauens<br />
Wir bauen, seit es uns Menschen gibt,<br />
und streben stetig nach einer Verbesserung<br />
unserer Baukünste.<br />
Fortschritte wurden vor allem bei den<br />
verwendeten Baustoffen und Bauverfahren<br />
erzielt, so dass es möglich wurde,<br />
immer kompliziertere Bauwerke zu<br />
erschaffen. Je größer diese wurden, desto<br />
größer wurden auch die zu bewegenden<br />
Massen. Dazu entwickelte der Mensch<br />
Maschinen. Die Erfindung der Dampfmaschine<br />
bedingte ein neues Antriebskonzept,<br />
so dass es Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
den ersten Bagger gab.<br />
Als in den 1980er Jahren Computer<br />
zunehmend erschwinglich wurden, zog<br />
die Informationstechnik in die Bauindustrie<br />
ein. CAD-Programme ersetzten nun<br />
Reißbretter und initiierten damit eine<br />
große Veränderung. Wesentlicher Antrieb<br />
und Grund für den Erfolg der Computereinführung<br />
ist die Steigerung der Effizienz<br />
in den verschiedensten Arbeitsabläufen.<br />
98 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Dies beginnt bei vereinfachter Kommunikation<br />
via E-Mail, reicht weiter über<br />
das präzise Erstellen von Konstruktionszeichnungen<br />
mittels CAD-Programmen<br />
und geht bis hin zur Simulation komplexer<br />
physikalischer Vorgänge.<br />
So, wie die Einführung von CAD-Systemen<br />
ein Evolutionsschritt für die Planung war,<br />
war es die Verfügbarkeit von Mobiltelefonen<br />
für die Bauausführung in den<br />
1990er Jahren. Die mobile Kommunikation<br />
machte viele Wege überflüssig.<br />
2 Aktuelle Situation der Bauindustrie<br />
Doch trotz aller Innovationen kämpft<br />
die Bauindustrie immer noch mit den<br />
gleichen Problemen wie in der Vergangenheit:<br />
Verspätungen bei der Fertigstellung,<br />
Kostenüberschreitungen,<br />
mangelnde Abstimmung zwischen den<br />
Partnern und unzureichende Qualität.<br />
Hinzu kommt eine Reihe neuer Anforderungen,<br />
die auch über die reine Herstellung<br />
hinaus einen Bezug zum Bauwerk<br />
bzw. seinem Nutzen haben: Nachhaltigkeit,<br />
Energieeffizienz oder Lebenszyklusbetrachtungen.<br />
3 Forschungsverbund ForBAU<br />
3.1 Ausgangpunkt und Ziel<br />
Um die alten Probleme zu lösen bzw.<br />
neue Anforderungen erfüllen zu können,<br />
reicht es daher nicht mehr, nur die Bautechniken,<br />
die Baumaschinen oder die<br />
Baustoffe zu verbessern: Der Schlüssel<br />
zum Erfolg liegt in der Optimierung der<br />
Planungs- und Bauprozesse.<br />
3.2 Teilnehmer und Inhalt<br />
Im interdisziplinären Forschungsverbund<br />
ForBAU haben sich Experten aus dem<br />
Bau- und Maschinenbauwesen sowie der<br />
Betriebswirtschaft zusammengefunden,<br />
um gemeinsam der Frage nachzugehen,<br />
wie sich unter den schwierigen Randbedingungen<br />
der Bauindustrie digitale<br />
Methoden und Werkzeuge so einsetzen<br />
lassen, dass Effizienz- und Qualitätssteigerungen<br />
sowohl in der Planung als<br />
auch in der Ausführung erreicht werden<br />
können. Exemplarisch konzentrierte sich<br />
der Forschungsverbund auf die Planung<br />
und Ausführung von Verkehrsinfrastrukturprojekten.<br />
Die Forscher folgten<br />
dabei der Vision der »Digitalen Baustelle«,<br />
einem virtuellen Abbild der realen Bau-<br />
stelle im Computer, das neben dem zu<br />
errichtenden Bauwerk vor allem Informationen<br />
zu den verschiedensten Prozessen<br />
der Bauausführung, der Logistik, des<br />
Betreibens, des Unterhalts, zum Einfluss<br />
auf Umwelt und Umgebung, zur weiteren<br />
Wirtschaftlichkeit durch Umbau und seiner<br />
endgültigen Entsorgung beinhaltet.<br />
Ziel und Inhalt von ForBAU war es,<br />
einen Einblick zu geben in die Problemstellungen<br />
heutiger Projekte im Bereich<br />
des Infrastrukturbaus aus Sicht der<br />
Beteiligten, das heißt der öffentlichen<br />
Auftraggeber, der Planer und der Bauunternehmen.<br />
Gleichzeitig entwirft es<br />
eine Vision, wie Bauen im 21. Jahrhundert<br />
weiterentwickelt werden kann. Nachzulesen<br />
ist das unter anderem auf einer<br />
öffentlich zugänglichen Internetseite<br />
(www.fml.mw.tum.de/forbau), auf der<br />
auch alle Teilnehmer, wie zum Beispiel<br />
SSF Ingenieure AG, und die Initiatoren<br />
namentlich aufgezählt sind.<br />
4 Lösung aktueller Probleme<br />
4.1 Digitale und reale Baustelle<br />
Die digitale Baustelle ist ein virtuelles<br />
Abbild der realen Baustelle. Sie beinhaltet<br />
hochwertige 3-D-Planungsdaten und<br />
ermöglicht, den Bauablauf zunächst<br />
detailliert zu konzipieren, virtuell zu<br />
testen und später das tatsächliche<br />
Baugeschehen zu überwachen.<br />
4.2 Dreidimensionale Modellierung<br />
Mit der Verfügbarkeit der ersten<br />
CAD-Programme zu Beginn der 1980er<br />
Jahre wurden zunehmend Computer<br />
eingesetzt, um 2-D-Pläne digital zu<br />
erstellen. Zwar konnten damit Effizienz<br />
und Präzision bei der Anfertigung von<br />
Konstruktionszeichnungen erhöht<br />
werden, große Teile des Potentials der<br />
Nutzung von Computern für die Planung<br />
blieben jedoch ungenutzt. Schnell<br />
etablierte sich daher die Vision einer<br />
digitalen, dreidimensionalen Modellierung<br />
von Produkten und Bauwerken. Im<br />
Maschinenwesen ist eine wesentliche<br />
Antriebsfeder dabei, dass diese Modelle<br />
zur Steuerung von Fertigungsmaschinen<br />
direkt übergeben werden können: die<br />
CAD-CAM-Anbindung.
Die endgültige Etablierung der 3-D-Modellierung<br />
im Bauwesen wird aber unter<br />
anderem dadurch behindert, dass nach<br />
wie vor 2-D-Pläne zwischen den verschiedenen<br />
an Planung und Ausführung<br />
Beteiligten ausgetauscht werden. Dies<br />
liegt zum einen an der nötigen Rechtsverbindlichkeit,<br />
die mit papierenen Dokumenten<br />
deutlich einfacher herzustellen<br />
ist als mit digitalen Modellen, und zum<br />
anderen daran, dass die Arbeitskräfte<br />
auf der Baustelle einen robusten und<br />
faltbaren Plan für die Ausführung<br />
benötigen.<br />
Der Schlüssel zu einer praxistauglichen<br />
Lösung liegt daher in der Ableitbarkeit<br />
von normengerechten Plänen auf<br />
Basis eines vollständigen, integrierten<br />
3-D-Modells des gesamten Bauvorhabens.<br />
4.3 Zentrale Datenverwaltung<br />
Wesentliche Grundlage für die sinnvolle<br />
Nutzung der großen Menge an digitalen<br />
Informationen, die eine digitale Baustelle<br />
umfasst, ist daher ein geeignetes<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Datenmanagement. Im Maschinen- und<br />
Anlagenbau werden für diese Aufgabe<br />
sogenannte Produktdatenmanagement-,<br />
kurz PDM-Systeme eingesetzt. Sie ermöglichen<br />
eine strukturierte Verwaltung aller<br />
Informationen über ein Produkt von der<br />
frühen Planungsphase bis zum Ende<br />
des Lebenszyklus. Eine offene Frage ist<br />
beispielsweise, wer als Besitzer bzw.<br />
Verwalter eines solchen Datenmanagementsystems<br />
fungiert: das Planungsbüro,<br />
die ausführende Firma, der Bauherr<br />
oder ein dezidierter Datenmanagement-<br />
Dienstleister? Eng verbunden mit dem<br />
Problem der Datenhaltung ist der<br />
Umstand, dass momentan eine vollständige<br />
Transparenz von keinem der an<br />
der Planung und Ausführung Beteiligten<br />
gewünscht wird. Ein Grund hierfür liegt in<br />
der derzeit geübten Praxis des Nachtragsmanagements,<br />
das wesentlich auf dem<br />
Zurückhalten von Informationen beruht.<br />
Eine zentrale Verwaltung der Bauprojektdaten<br />
erschwert derartige Praktiken und<br />
wird deshalb nicht bei allen Beteiligten<br />
auf Zuspruch stoßen: Ganzheitlich<br />
betrachtet, ebnet dieses Vorgehen<br />
jedoch einen Weg zu mehr Fairness und<br />
partnerschaftlicher Zusammenarbeit.<br />
4.4 Prozesssimulation<br />
Bei der Planung von Produktionsstätten<br />
im Maschinenwesen werden heute<br />
digitale Werkzeuge zur Prozesssimulation<br />
eingesetzt. Damit können unter dem<br />
Stichwort der »Virtuellen Inbetriebnahme«<br />
Engpässe im Prozessablauf sowie<br />
gegebenenfalls vorhandene Überkapazitäten<br />
bereits vorab erkannt und behoben<br />
werden. Auch zur Betrachtung von Abläufen<br />
auf einer Baustelle ist der Einsatz<br />
von digitalen Prozesssimulationen<br />
wünschenswert. Ein wesentlicher Unterschied<br />
ist jedoch, dass die stationäre<br />
Industrie mit einem festgelegten Produktionslayout<br />
mehrere 1.000–100.000<br />
Exemplare eines Produkts anfertigt,<br />
während eine Baustelle in der Regel nur<br />
zur Produktion genau eines »Stücks«<br />
eingerichtet wird (Unikatfertigung).<br />
Brückenbau auf höchstem Niveau:<br />
Frankfurt Airport mit neuen Flugverbindungen.<br />
© Bilder: Fraport AG, Frankfurt/Main (oben),<br />
Ingenieurbüro Dr. Binnewies, Hamburg.<br />
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Frankfurter Flughafens sind eine Weltneuheit im Infrastrukturbau und<br />
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1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
99
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
100 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Funktionsprinzip der digitalen Baustelle<br />
© ediundsepp Gestaltungsgesellschaft<br />
Das bedeutet, dass der Aufwand zur<br />
Erstellung einer Simulation viel stärker<br />
mit einem möglichen Produktivitätsgewinn<br />
abgewogen werden muss. Eine<br />
weitere Herausforderung besteht darin,<br />
dass Bauprozesse hinsichtlich ihrer<br />
zeitlichen Reihenfolge viel flexibler<br />
gestaltet sein müssen als jene der<br />
stationären Industrie. Während beispielsweise<br />
in der Fahrzeugindustrie viele<br />
Arbeitsschritte am Fließband ausgeführt<br />
werden und damit streng getaktet sind,<br />
entscheiden Arbeiter am Bau in einem<br />
bestimmten Rahmen weitgehend spontan,<br />
welche der geplanten Arbeitsschritte<br />
sie als nächste in Angriff<br />
nehmen.<br />
4.5 Logistik<br />
Die pünktliche Lieferung von Materialien<br />
und Bauteilen sowie deren sinnvolle<br />
Lagerung sind wesentliche Voraussetzungen<br />
für das reibungslose Funktionieren<br />
einer Baustelle. Die Einbindung<br />
logistischer Prozesse muss daher ein<br />
fester Bestandteil der digitalen Baustelle<br />
sein. In den vergangenen Jahrzehnten<br />
ist der Kostendruck in der Bauindustrie<br />
durch die schwierigen konjunkturellen<br />
Bedingungen immer weiter gestiegen.<br />
Vor diesem Hintergrund ist die Baulogistik<br />
zunehmend in das Interessenfeld<br />
der Bauwirtschaft gerückt. Es wurde<br />
erkannt, dass in der Optimierung der<br />
Logistikprozesse gewaltige Einsparpotentiale<br />
liegen. Durch eine langfristige<br />
Lieferantenbindung ist es möglich,<br />
Logistikkonzepte auch über das eigene<br />
Unternehmen hinaus zu verbessern. Zur<br />
Umsetzung solcher Konzepte bedarf es<br />
aber genauer Informationen und sicherer<br />
Prozesse, auf Baustellen sind jedoch<br />
sowohl Prozesse als auch das Informationsmanagement<br />
wenig standardisiert.<br />
Der Unikatscharakter von Bauprojekten<br />
und die starke Fragmentierung der<br />
Bauindustrie sind sicherlich zwei Gründe<br />
dafür, wenngleich kein Hindernis für<br />
eine Verbesserung. Ziel der Forschungsarbeiten<br />
im Bereich der Logistik war es,<br />
den Mehrwert, den die digitale Baustelle<br />
birgt, für die reale Baustelle nutzbar zu<br />
machen. Zur Steuerung und Kontrolle<br />
einer Baustelle werden Logistikdaten<br />
benötigt. Um sie nun während der Bauausführung<br />
schnell und sicher erfassen<br />
zu können, kommen Identifikationstechnologien<br />
zum Einsatz: eine wesentliche<br />
Komponente der digitalen Baustelle.<br />
Eine Identifikationstechnologie mit<br />
großem Potential ist hier RFID, die<br />
Radio-Frequency Identification.<br />
5 Ausblick<br />
Die vier unter 4.2 bis 4.5 beschriebenen<br />
Teilbereiche bilden die Basis der digitalen<br />
Baustelle. Um die auf ihrer Grundlage<br />
entwickelten Methoden und Verfahren<br />
in der Praxis zu etablieren, bedarf es<br />
der Zusammenarbeit aller beteiligten<br />
Akteure. Diese Kooperation setzt die<br />
Erkenntnis voraus, dass Effizienzsteigerungen<br />
notwendig sind. Die Beteiligten<br />
müssen bereit sein, die technischen<br />
Möglichkeiten zu nutzen und damit<br />
gewohnte Arbeitsweisen zu verändern,<br />
sowie den Willen zeigen, partnerschaftlich<br />
zu agieren. Der wirtschaftliche<br />
Mehrwert, der sich bei der konsequenten<br />
Realisierung der digitalen Baustelle<br />
ergibt, wird von Kennern der Branche auf<br />
20–30 % der Auftragssumme beziffert:<br />
Zahlen, die veranschaulichen, welches<br />
Potential im Konzept der digitalen<br />
Baustelle verborgen liegt.<br />
6 Fazit<br />
Fazit eines Teilnehmers am Forschungsverbund,<br />
eines begeisterten Bauingenieurs:<br />
Neben dem unter »Ausblick«<br />
beschriebenen wirtschaftlichen Vorteil,<br />
den der Verfasser dieses Beitrags zwar<br />
nicht exakt in Zahlen nachweisen, aber<br />
aus 40-jähriger Praxis am Bau ohne<br />
Probleme nachempfinden kann, wird<br />
der Einsatz längst zeitgemäßer Techniken<br />
unseren Beruf und unsere Berufung als<br />
Bauingenieur endlich wieder attraktiv<br />
für unseren intelligenten weiblichen<br />
und männlichen Ingenieur-Nachwuchs<br />
machen (und ihn damit vor dem Aussterben<br />
retten).<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Dieter Stumpf<br />
SSF Ingenieure AG,<br />
München
BRÜCKENBAU<br />
<strong>Construction</strong> & Engineering<br />
ISSN 1867-643X<br />
... ist die jüngste Baufach<strong>zeitschrift</strong> der<br />
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Das gesamte Spektrum des Brückenbaus<br />
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1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
101
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
Einsatzmöglichkeiten und Leistungsmerkmale<br />
Ultrahochfester Beton bei Spannverfahren und Brückenlagern<br />
von Hermann Weiher, Simon Hoffmann<br />
Ultrahochfester Beton kann für<br />
vorwiegend druckbelastete Bauteile<br />
korrosionsempfindlichen, schweren,<br />
aufwendig zu bearbeitenden Stahl<br />
ersetzen. Im Ingenieurbau bietet<br />
sich seine Verwendung bei der<br />
konzentrierten Lastein- oder<br />
-weiterleitung enormer Kräfte an,<br />
wie etwa bei Spanngliedern oder<br />
Brückenlagern. Bei Zuggliedverankerungen<br />
werden sehr hohe Kräfte<br />
über eine kleine Fläche (Ankerkopf)<br />
in das »schwache« Bauwerk<br />
eingeleitet, was bis dato gewöhnlich<br />
mit massiven Stahlplatten<br />
oder Gussverankerungen und<br />
Umschnürungsbewehrung erfolgt.<br />
Bei der »Hybridanker«-Technologie<br />
ersetzt ultrahochfester Beton mit<br />
Ringumschnürung aus Stahl oder<br />
Carbon diese reinen Stahlteile.<br />
Bei Brückenlagern, bei denen sich<br />
das gesamte Brückengewicht<br />
mit Verkehr über wenige kleine<br />
»Punkte« auf Pfeiler und Widerlager<br />
abstützt, bietet sich das Kalottenlager<br />
für den Einsatz von ultrahochfestem<br />
Beton an. Die Kalotte ist<br />
durch ihre konvexe Form einer<br />
mehraxialen Druckbeanspruchung<br />
ausgesetzt. Das konkave Gegenstück<br />
kann durch eine Hybrid-<br />
verankerung für ballige Veran-<br />
kerungen, wie Kugelbundmuttern,<br />
mit Umschnürung ausgebildet<br />
werden.<br />
102 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
1 Werkstoff für hochbelastete<br />
Produkte<br />
Ultrahochfester Beton, gegebenenfalls<br />
faserbewehrt, weist mechanische<br />
Eigenschaften auf, die weit über das<br />
Spektrum der üblichen Betone, zum<br />
Beispiel C30/37 nach DIN 1045, hinausgehen.<br />
Insbesondere sind die Festigkeiten<br />
um ein Vielfaches höher und<br />
erreichen zumindest bei der Druckfestigkeit<br />
die Eigenschaften von schwerem und<br />
teurem elastischem Stahl, zum Beispiel<br />
S235JR nach EN 10025-2. Natürlich<br />
können nicht alle Kennwerte von Stahl<br />
wie etwa Zugfestigkeit, E-Modul oder<br />
zeitabhängiges Verhalten erzielt werden.<br />
Nichtsdestotrotz bieten sich Einsatzmöglichkeiten<br />
für den hochfesten Beton bei<br />
vorwiegend druckbeanspruchten<br />
Bauteilen an.<br />
Ein wesentlicher Vorteil des ultrahochfesten<br />
Betons ist die sehr freie Formgebung,<br />
die im Gegensatz zu Stahlguss<br />
schon bei geringen Stückzahlen oder<br />
großer Produktdiversifizierung äußerst<br />
wirtschaftlich sein kann.<br />
Im Bauwesen gibt es einige gute<br />
Verwendungsmöglichkeiten, die folgende<br />
Voraussetzungen erfüllen:<br />
– vorwiegend beansprucht auf Druck,<br />
– komplexe Geometrie,<br />
– große Produktdiversifizierung<br />
(viele unterschiedliche Größen),<br />
– nennenswerte Gesamtstückzahlen,<br />
– Mindestgröße.<br />
Dies trifft beispielsweise auf folgende<br />
Produkte zu:<br />
– Ankerbereiche von Spannverfahren,<br />
Verpressankern und Seilen,<br />
– Brückenlager.<br />
1 2 Hybridankerplatten für Spannstahlstäbe mit Kugelbundmutter<br />
und für Lochscheiben bzw. gerade Muttern<br />
© matrics engineering GmbH<br />
2 Ankerbereiche<br />
2.1 Hybridverankerung<br />
Hybridankerplatten sind Fertigbauteile<br />
mit einer Füllung aus ultrahochfestem<br />
Beton und einer Umschnürung aus<br />
Stahl oder Faserverbundwerkstoffen.<br />
Als vorgefertigte externe Ankerzone<br />
ersetzen sie in hochbelasteten Lasteinleitungsabschnitten<br />
bisher verwendete<br />
Stahlplatten oder ganze Ankerbereiche<br />
inklusive Stahlgussankerkörper und<br />
Umschnürungsbewehrung. Je nach<br />
Anwendung können zahlreiche Vorteile<br />
wie Gewichtsersparnis, erhöhter<br />
Korrosionsschutz, kostenneutrale Zusatzleistungen<br />
sowie reduzierte Auflagerfläche,<br />
Achs- und Randabstände realisiert<br />
werden. [1]<br />
Durch die Entwicklungsarbeit bei hochfesten<br />
Betonen in den letzten Jahren<br />
ist es mit geeigneter Nachbehandlung<br />
technisch und wirtschaftlich möglich,<br />
Betondruckfestigkeiten über 200 N/mm²<br />
zuverlässig zu erlangen. Neben der<br />
hohen Druckfestigkeit zeichnet sich<br />
UHPC durch ein vergleichsweise geringes<br />
spezifisches Gewicht, flexible Formbarkeit<br />
und hervorragende Langzeiteigenschaften<br />
hinsichtlich Korrosion und Ermüdung<br />
aus.
In Spannverfahren und Geotechnik leiten<br />
hochfeste Stahlzugglieder in Form von<br />
Drähten, Litzen und Stäben große Lasten<br />
in das Bauwerk bzw. den Untergrund ein.<br />
Die Wirkungsweise des Hybridankers<br />
nutzt die hohe Druckfestigkeit des UHPC<br />
in Verbindung mit der Zugfestigkeit des<br />
umschnürenden Ringmaterials optimal<br />
aus. Hybridankerplatten bilden einen<br />
eigenen externen und vorgefertigten<br />
Lasteinleitungsbereich aus, der die<br />
Verankerungskomponente (Mutter,<br />
Lochscheibe, Grundkörper) direkt oder<br />
über zwischengeschaltete Unterlegscheiben<br />
zur Lastverteilung aufnimmt.<br />
Das Wirkprinzip ist dabei für alle Varianten<br />
gleich: Über das Verankerungselement<br />
wird die Kraft auf den UHPC übertragen,<br />
der über Druck die Last nach außen<br />
ausbreitet. Die entstehenden Spaltzugkräfte<br />
werden durch elastische Dehnung,<br />
gegebenenfalls Mikrorissbildung im<br />
UHPC und die damit verbundene Ausdehnung<br />
in tangentialer Richtung auf<br />
den umschnürenden Ring (Stahl, Faserverbundwerkstoff)<br />
übertragen. In<br />
vertikaler Richtung erfolgt der Lastabtrag<br />
über UHPC und Zugring in den Untergrund.<br />
Durch den mehraxialen Spannungszustand<br />
aus der Lasteinleitung und dem<br />
umschnürenden Ring kann die Festigkeit<br />
des UHPC noch einmal deutlich im Vergleich<br />
zur einaxialen Druckfestigkeit<br />
erhöht werden. Der umschnürende Ring<br />
und der im Vergleich zu konventionellen<br />
Stahlplatten erhöhte Aufbau bedingen<br />
eine höhere Steifigkeit und ermöglichen<br />
so geringe Auflagerflächen der Hybridankerplatte.<br />
Alternativ lassen sich durch<br />
die große Steifigkeit bei flächengleicher<br />
Auflagerung kleinere Achs- und Randabstände<br />
als bei der Verwendung einer<br />
Stahlplatte erzielen, zum Beispiel für den<br />
Einsatz bei Verstärkungsmaßnahmen im<br />
Brückenbau oder für Daueranker.<br />
Bei einbetonierten Verankerungen kann<br />
der Umschnürungsring auch durch herkömmliche<br />
Spaltzugbewehrung (Wendel,<br />
Bügel) ersetzt werden.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
3 4 5 Externer bzw. nachträglich aufgesetzter Hybridanker mit Carbonumschnürung<br />
in geneigter Ausführung für Gewindestäbe und<br />
Ausführung mit geradem Ankerkopf für externes Drahtspannverfahren<br />
© matrics engineering GmbH<br />
2.2 Vorgefertigte, aufgesetzte Platte<br />
2.2.1 Einsatzvarianten und<br />
Leistungsmerkmale<br />
Hybridankerplatten mit integrierter<br />
Ringumschnürung bieten sich besonders<br />
als vorgefertigte, nachträglich aufgesetzte<br />
Ankerzone an bei<br />
– externen Spanngliedern bei<br />
Verstärkungen auf Altbeton,<br />
– Verpressankern mit Auflagerung auf<br />
Beton ohne Zusatzbewehrung.<br />
Hierbei wird aufgrund eines vereinfachten<br />
Bauablaufs oder einer vereinfachten<br />
Konstruktion gänzlich auf Umschnürungsbewehrung<br />
wie Wendel oder Bügel<br />
verzichtet.<br />
Spannverfahren Suspa-Draht EX für externe Vorspannung nach<br />
DIN-Fachbericht 102<br />
Spannstahl Drähte mit d = 7 mm und Festigkeit St 1470/1670<br />
Spanngliedgröße EX-66 (66 Drähte)<br />
Nennbruchkraft Fpk 4.244 kN<br />
Maximale Vorspannkraft P0,max 3.144 kN<br />
Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 40 MPa<br />
Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) keine<br />
Durchmesser der Aussparung bzw. Kernbohrung ≤ 200 mm<br />
Durchmesser der Hybridankerplatte 495 mm<br />
Achsabstand a x /a y<br />
Randabstand r x /r y<br />
540 mm<br />
290 mm<br />
6 Technische Daten: Ankerzone Draht EX 66 auf Altbeton 40 MPa<br />
© matrics engineering GmbH<br />
2.2.2 Externes Spannverfahren mit<br />
Verankerung auf Altbeton<br />
Bei der Verankerung von externen<br />
Spanngliedern werden der Achs- und<br />
Randabstand minimiert und ist eine<br />
relativ massive und steife Ankerplatte<br />
erforderlich.<br />
Für ein in Deutschland gängiges Spannverfahren<br />
ergeben sich auf Basis von<br />
ETAG 013 die nachfolgend angeführten<br />
Randbedingungen. Die Hybridankerlösung<br />
kann für alle in Deutschland<br />
zugelassenen externen Litzenspannverfahren<br />
verwendet werden.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
103
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
2.2.3 Verpressanker ohne<br />
Zusatzbewehrung<br />
Bei Verpressankern hingegen werden<br />
aufgrund ausreichend großer Ankerabstände<br />
die Plattenabmessungen<br />
minimiert. Für in Deutschland gängige<br />
Stabspannverfahren ergeben sich auf<br />
Basis von ETAG 013 die nebenstehend<br />
angeführten Randbedingungen. Die<br />
Hybridankerlösung kann ebenfalls für<br />
die in Deutschland zugelassenen Litzenankersysteme<br />
verwendet werden.<br />
104 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
8<br />
9<br />
10 Betonankerkörper (intern mit Umschnürungsbewehrung), Draufsicht im<br />
einbetonierten Zustand und Muster für 19-Litzen-Spannglied<br />
© matrics engineering GmbH<br />
2.3 Einbetonierter Ankerkörper<br />
2.3.1 Einsatzvarianten und<br />
Leistungsmerkmale<br />
Bei einbetonierten Betonankerkörpern<br />
ersetzt man den umschnürenden Ring<br />
durch Wendel oder Bügelbewehrung<br />
(Zusatzbewehrung). Ihre Anwendung<br />
bietet sich vor allem bei variierenden<br />
Aussparungsöffnungen und zum Ersatz<br />
massiver Stahlplatten oder unflexibler<br />
Gusskörper an:<br />
– Spannglieder (intern, extern) im<br />
Neubau,<br />
– Verpressanker.<br />
Spannverfahren SAH- bzw. DSI-Stabspannverfahren<br />
Spannstahl Stäbe mit Festigkeit St 950/1050<br />
Spanngliedgröße 32 mm 36 mm 40 mm<br />
Nennbruchkraft F pk 844 kN 1.069 kN 1.319 kN<br />
Maximale Vorspannkraft P 0,max 676 kN 856 kN 1.056 kN<br />
Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 25 MPa<br />
Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) Keine<br />
Durchmesser der Aussparung bzw. Bohrung ≤ 80 mm ≤ 80 mm ≤ 100 mm<br />
Durchmesser der Hybridankerplatte 168 mm 191 mm 216 mm<br />
Achsabstand a x /a y 340 mm 380 mm 430 mm<br />
Randabstand r x /r y 190 mm 210 mm 235 mm<br />
7 Technische Daten: Ankerzone Stab WR auf unbewehrtem Beton 25 MPa<br />
© matrics engineering GmbH<br />
2.3.2 Spannverfahren<br />
Für ein in Deutschland gängiges<br />
Spannverfahren ergeben sich auf Basis<br />
von ETAG 013 die nachfolgend ange-<br />
11 Technische Daten: Ankerzone BBV L19 auf Beton 33 MPa<br />
© matrics engineering GmbH<br />
führten Randbedingungen. Die Betonankerkörperlösung<br />
kann natürlich für alle<br />
weiteren in Deutschland zugelassenen<br />
Spannverfahren verwendet werden.<br />
Spannverfahren BBV Litzenspannverfahren<br />
Spannstahl Litzen 0,62’’ mit Festigkeit St 1660/1860<br />
Spanngliedgröße L19 (19 Litzen)<br />
Nennbruchkraft Fpk 5.301 kN<br />
Maximale Vorspannkraft P0,max 4.104 kN<br />
Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 33 MPa<br />
Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) BSt 500 S<br />
Durchmesser von Trompete bzw. Hüllrohr ≤ 163 mm bzw. 110 mm<br />
Durchmesser der Betonankerkörper 310 mm<br />
Achsabstand a x /a y<br />
Randabstand r x /r y<br />
440 mm<br />
240 mm
2.3.3 Verpressanker mit<br />
Zusatzbewehrung<br />
Für ein in Deutschland gängiges Ankerkopfsystem<br />
ergeben sich auf Basis von<br />
ETAG 013 die nebenstehend angeführten<br />
Randbedingungen. Die Betonankerkörperlösung<br />
kann natürlich für alle<br />
weiteren in Deutschland zugelassenen<br />
Spannverfahren verwendet werden.<br />
2.4 Qualität und Dauerhaftigkeit<br />
Für nationale und europäische Zulassungen<br />
von Spannverfahren werden<br />
experimentelle Prüfungen nach der<br />
europäischen Prüfrichtlinie für die<br />
Zulassung von Spannverfahren ETAG 013<br />
zugrunde gelegt. Die darin enthaltenen<br />
Kriterien sollen auch für Spannverfahren<br />
mit Verankerungen aus ultrahochfestem<br />
Beton angewendet werden.<br />
Die wesentlichen Untersuchungen sind:<br />
– Nachweis der Lastübertragung auf das<br />
Tragwerk durch Druckschwellversuch,<br />
– Nachweis der statischen Tragfähigkeit<br />
durch statischen Zugversuch mit<br />
Standzeit,<br />
– Nachweis der Ermüdungstragfähigkeit<br />
durch dynamischen Zugversuch mit<br />
zwei Millionen Zyklen.<br />
Da die Verankerungen aus ultrahochfestem<br />
Beton bei den genannten Prüfungen<br />
nicht bis zum Bruch belastet werden,<br />
werden ferner statische Kapazitätsdruckprüfungen<br />
auf Stahluntergrund mit<br />
Hüllrohröffnung durchgeführt.<br />
Im Gegensatz zu Stahl ist Beton ein<br />
Material mit zeitabhängigen mechanischen<br />
Eigenschaften. Zur Berücksichtigung<br />
dieser Tatsache werden die Prüfungen<br />
mit einer im Vergleich zum<br />
späteren Einsatz reduzierten Druckfestigkeit<br />
vorgenommen, wobei im Unterschied<br />
zu Normalbeton die Abminderung<br />
der Druckfestigkeit bei Dauerlast durch<br />
das dichte Gefüge und das reduzierte<br />
Kriechen geringer ist.<br />
Dynamische Beanspruchungen der<br />
Verankerungen von Spanngliedern<br />
beeinträchtigen nicht die Tragfähigkeit<br />
von Hybridankerplatten. Im Rahmen<br />
einer experimentellen Untersuchung am<br />
Materialprüfungsamt der Technischen<br />
Universität München wurde die Kapazität<br />
von zwei identischen Körpern geprüft,<br />
von denen nur einer vorab mit zwei<br />
Millionen Lastzyklen bei einer Schwingbreite<br />
von 100 MPa, bezogen auf das<br />
Zugglied, beaufschlagt wurde.<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Spannverfahren Bauer Ankerkopf<br />
Spannstahl Litzen 0,60 ’’ mit Festigkeit St 1570/1770<br />
Spanngliedgröße 11 x 0,60 ’’ (11 Litzen)<br />
Nennbruchkraft Fpk 2.726 kN<br />
Betonfestigkeit beim Anspannen fcm0,cube150 ≥ 25 MPa<br />
Zusatzbewehrung (Wendel, Bügel) BSt 500 S<br />
Durchmesser des Bohrlochs ≤ 200 mm<br />
Durchmesser des Betonankerkörpers 300 mm<br />
Achsabstand a x/a y<br />
Randabstand r x/r y<br />
12 Technische Daten: Ankerzone Bauer 11 x 0,60 ’’ auf Beton 25 MPa<br />
© matrics engineering GmbH<br />
Im Rahmen der für Spannverfahren<br />
üblichen Beanspruchungsdauer und<br />
Intensität ist bei Beachtung der Konstruktionsgrundsätze<br />
mit keiner Abnahme<br />
der Tragfähigkeit im Laufe der Nutzungs-<br />
13<br />
14 Ermüdungsversuch und Kapazitätsversuch<br />
© matrics engineering GmbH<br />
400 mm<br />
220 mm<br />
15 Last-Verformungs-Diagramm: Kapazitätsversuch mit Hybridanker<br />
© matrics engineering GmbH<br />
dauer zu rechnen. Es ist durch die Nacherhärtung<br />
des ultrahochfesten Betons<br />
eher von einer höheren Kapazität<br />
auszugehen.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
105
19<br />
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
16 17<br />
Derzeit gibt es ein Spannverfahren mit<br />
europäischer technischer Zulassung (ETA),<br />
bei dem bereits der Werkstoff UHPC in<br />
Kombination mit einem Stahlgussteil als<br />
einbetonierter Ankerkörper mit Zusatzbewehrung<br />
(Wendel, Bügel) verwendet<br />
wird. Obwohl der Einsatz eines solchen<br />
Spannverfahrens in Deutschland aktuell<br />
nicht bauaufsichtlich zugelassen ist,<br />
so kann man doch davon ausgehen, dass<br />
sich die wesentlichen Anforderungen<br />
aus ETAG 013 bei diesem Bauprodukt<br />
erfüllen und die positiven mechanischen<br />
Eigenschaften des UHPC bei einem<br />
ähnlichen Produkt bestätigen lassen.<br />
2.5 Ersteinsatz für Litzenanker<br />
Das Drempelbauwerk der Schleuse<br />
Iffezheim bei Baden-Baden wies im<br />
Revisionszustand eine stark wasserführende<br />
Fuge mit teils abgerissenen<br />
Bewehrungsstäben auf, und das Wasserund<br />
Schifffahrtsamt Freiburg plante<br />
gemeinsam mit der Bundesanstalt für<br />
Wasserbau Karlsruhe (Prüfingenieur:<br />
106 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
18 Ankerkörper mit Stahlgusselement und UHPC-Verguss nach ETA 06/0006<br />
© Aus [3]<br />
20 Schleusendrempel mit Litzenanker und Schleuse Iffezheim<br />
© matrics engineering GmbH<br />
Dr. I. Retzepis, Karlsruhe) eine Verstärkung<br />
zur Sicherstellung der Tragsicherheit<br />
mit insgesamt 14 Dauerlitzenankern<br />
des Typs Suspa-Kompaktanker mit sechs<br />
Litzen (0,62 ’’, St1660/1860). [4]<br />
Aufgrund der beengten Verhältnisse im<br />
Kontrollgang wurde auf die im Vergleich<br />
zur herkömmlichen Stahllösung leichte<br />
und kompakte Hybridankerlösung<br />
zurückgegriffen, die zudem wesentliche<br />
Vorteile im Korrosionsschutz aufweist,<br />
wobei eine vollflächige Auflagerung<br />
auf unbewehrtem Altbeton mit einem<br />
maximalen Lochdurchmesser von<br />
150 mm erfolgte.<br />
Für den Anschluss des Dauerankers an<br />
den Ankerkopf wurde ein PE-Rohr statt<br />
eines, wie bei Stahlplatten üblich, Stahlrohres<br />
gewählt. Lediglich der Stahlring ist<br />
durch Feuerverzinken und Beschichtung<br />
vor Korrosion zu schützen. Für die aufgesetzten<br />
Verankerungskomponenten<br />
bzw., sofern vorgesehen, für installierte<br />
Kraftmessdosen wurden passgenaue<br />
Zentriernuten geschalt. Der Nachweis<br />
der Eignung erfolgte im Einzelfall<br />
experimentell für den Hybridanker selbst<br />
und für das darunterliegende Bauwerk<br />
nach der europäischen Prüfrichtlinie<br />
für die Zulassung von Spannverfahren<br />
ETAG 013 auf einem Betonprisma mit<br />
passender Aussparung für das Bohrloch.<br />
Die Untersuchungen wurden am<br />
Materialprüfungsamt der Technischen<br />
Universität München durchgeführt.<br />
3 Kalottenlager<br />
3.1 Entwicklung<br />
Bereits in den 1960er Jahren haben<br />
Fritz Leonhardt, Wolfhard Andrä und Willi<br />
Bauer [5] die Grundlagen der modernen<br />
Gleitlager geschaffen, welche noch heute<br />
in vielen Details Gültigkeit besitzen.<br />
So fand schon in diesen Lagern mit<br />
Silikonfett geschmiertes reines PTFE<br />
Anwendung, wie es in aktuellen Normen,<br />
zum Beispiel EN 1337-2 [6], bis dato<br />
geregelt ist.
21 22 23<br />
Es brauchte ungefähr 50 Jahre, um<br />
neue Gleitmaterialien einzuführen und<br />
zu etablieren, wie das in einigen Europäischen<br />
Zulassungen [7] geregelte<br />
UHMWPE (Ultrahochmolekulargewichtiges<br />
Polyethylen). Mit dieser Neuerung wurde<br />
nicht nur ein Anschub im sehr konservativen<br />
Segment der Brückenlager initiiert,<br />
sondern auch weitere Anforderungen<br />
formuliert. Die Leistungsfähigkeit des<br />
Gleitmaterials mit sehr viel höherer<br />
Verschleißfestigkeit und kleineren<br />
Abmessungen stellt zudem die Dauerhaftigkeit<br />
und Leistungsfähigkeit der<br />
anderen Komponenten in Frage. Der<br />
Suche nach neuen leistungsfähigeren<br />
und gegebenenfalls sogar kostengünstigeren<br />
Materialien und konstruktiven<br />
Details wurde damit die Tür geöffnet.<br />
3.2 Konzept<br />
Ausgehend vom Namen ist offensichtlich,<br />
dass eine Hauptkomponente von<br />
Kalottenlagern die Kalotte darstellt.<br />
Sie wird in der Regel aus normalem Baustahl<br />
gefertigt, der mit einer Hartchromschicht<br />
überzogen wird. Bei der Fertigung<br />
solcher Kalotten sind zwei Punkte<br />
auffällig. Zum einen wird für die mechanische<br />
Bearbeitung der Kalotten aus<br />
einem runden Brennzuschnitt ein<br />
erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich<br />
mit einem hohen Anteil an zerspantem<br />
Material, so dass es naheliegend<br />
erscheint, die notwendige Form in<br />
einem Gießverfahren zu erzeugen.<br />
Zum anderen ist der Vorgang des Hartverchromens<br />
sehr zeitintensiv und<br />
fehleranfällig. Poren in der Chromschicht<br />
können erst nach Abschluss des<br />
Vorganges wirksam und sicher durch<br />
einen Ferroxyltest erkannt werden.<br />
Im Vorfeld kaum auszuschließende<br />
Verunreinigungen im Stahl führen dabei<br />
häufig zu gut nachweisbaren Fehlstellen,<br />
die sich nur mit großem Aufwand und<br />
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
24 Modell Ankerkopf, Vorbereitung für den Einbau, Spannvorgang, eingebauter Ankerkopf ohne Haube<br />
© matrics engineering GmbH/mageba S.A.<br />
oft durch neues Verchromen ausbessern<br />
lassen. Für die Funktionstüchtigkeit des<br />
Lagers bleiben diese Ausbesserungen<br />
ohne Folge, für die Prozessplanung<br />
bedeuten derart schwer kalkulierbare<br />
Nacharbeiten aber eine große Belastung.<br />
Es drängt sich daher auf, Alternativen<br />
zum Gleitpartner Hartchrom zu suchen.<br />
Das hier vorgestellte Konzept greift<br />
beides auf. Wie bereits beschrieben,<br />
bietet UHPC die Möglichkeit, mit geringem<br />
Aufwand weitgehend frei definierte<br />
Formen und Oberflächenstrukturen<br />
oder -güten zu realisieren. Offensichtlich<br />
ist, dass sich Beton nicht zum Hartverchromen<br />
eignet, da er nicht ferritisch<br />
oder elektrisch leitend ist, was eine<br />
Beschichtung notwendig macht. Als<br />
Grundlage der Beschichtung verbleibt<br />
eine ausreichend glatte Betonoberfläche,<br />
die besondere Ansprüche an die<br />
Schalung der Bauteile stellt. Auch gilt es,<br />
die Herausforderungen bei der Beschichtung<br />
von Beton zu beachten. Beides<br />
wurde erfolgreich gelöst, so dass eine<br />
funktionstüchtige und geometrisch sehr<br />
präzise Kalotte aus UHPC gefertigt<br />
werden konnte.<br />
Mit Blick auf Dauerhaftigkeit und weitere<br />
Vorteile wurde abweichend von den<br />
bereits vorgestellten Hybridankern mit<br />
Stahl- oder Kohlefaserring von einer<br />
außenliegenden Umschnürung abgesehen<br />
und angestrebt, lediglich UHPC an<br />
der Außenfläche zuzulassen, um jegliche<br />
Probleme hinsichtlich des Korrosionsverhaltens<br />
der Kalotte auszuklammern.<br />
Ferner erlaubt die unbeschichtete Fläche<br />
außerhalb der Gleitfläche, vor allem an<br />
den gut einzusehenden Seitenflächen<br />
der Kalotte, eine stets komplette und<br />
dauerhafte Überprüfung der Integrität<br />
dieses Bauteils. Selbst kleinste Schäden<br />
werden, wie im gut konstruierten Betonbau<br />
üblich, frühzeitig durch unschädliche<br />
Risse angekündigt.<br />
3.3 Gleitversuche<br />
Eine Grundforderung moderner Gleitlager<br />
ist ein möglichst geringer Reibbeiwert.<br />
Die beschriebene Beschichtung muss<br />
diese Anforderung im selben Maße<br />
erfüllen wie herkömmliche Gleitlager<br />
mit PTFE und solche mit besonderen<br />
Gleitwerkstoffen gegen austenitische<br />
Stahlbleche oder Hartverchromung<br />
als Gleitpartner. Die geringen Reibbeiwerte<br />
wurden in einem genormten<br />
Testprogramm nachgewiesen: In<br />
Anlehnung an die europäische technische<br />
Zulassung für Kalottenlager mit<br />
besonderem Gleitwerkstoff [7] wurde<br />
für die Versuche eine Pressung berücksichtigt,<br />
die der doppelten der für<br />
den Nachweis von PTFE verwendeten<br />
entspricht. Damit bieten sie die Basis,<br />
die geometrischen Vorteile und gegenüber<br />
PTFE verringerten Reibbeiwerte<br />
auch für Lager unter Verwendung von<br />
UHPC auszunutzen.<br />
Im Vorfeld der Versuche wurden zudem<br />
mehrere Schalungsvarianten untersucht<br />
sowie verschiedene Details und Vorgehensweisen<br />
in der Aufbringung der<br />
Beschichtung auf den UHPC.<br />
25<br />
26 Robo®Slide-Gleitwerkstoff und<br />
beschichtete UHPC-Probe nach Gleitversuch<br />
© mageba S.A.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
107
<strong>12.</strong> SYMPOSIUM BRÜCKENBAU<br />
3.4 Belastungsversuche<br />
Sämtliche Belastungsversuche erfolgten<br />
am Materialprüfungsamt der Technischen<br />
Universität München, in der Säulendruckprüfmaschinen<br />
mit 5 MN und 10 MN<br />
Maximallast zur Verfügung standen.<br />
Die letzten Versuche einer mehrteiligen<br />
Serie wurden zusätzlich von einem<br />
Spezialisten auf dem Gebiet der Gleitlager<br />
der Materialprüfanstalt Stuttgart<br />
begleitet, um die positiven Ergebnisse<br />
zu bestätigen.<br />
Sämtliche Versuche wurden ausschließlich<br />
mit Kalotten aus UHPC durchgeführt,<br />
während alle anderen tragenden Bauteile<br />
der Lager aus üblichem Stahl der Qualität<br />
S355J2+N gefertigt waren. Die Abmessungen<br />
dieser Stahlbauteile entsprachen<br />
dabei exakt einem regulären Kalottenlager<br />
mit besonderem Gleitwerkstoff<br />
unter maximaler Auslastung und<br />
minimaler Abmessung des Lagers.<br />
Ebenso wurden keine Anpassungen am<br />
Gleitwerkstoff vorgenommen, wenn man<br />
von der Beschichtung des UHPC anstelle<br />
der sonst üblichen Hartverchromung<br />
absieht. Die Kalotte selbst benötigte nur<br />
geringe Anpassungen in der Geometrie,<br />
die im Wesentlichen eine um wenige<br />
Millimeter größere Höhe betrafen.<br />
Es wurden hier umfangreiche Messwerte<br />
am Lager während der gesamten<br />
Belastung aufgenommen sowie weitere<br />
108 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
27 Robo®Slide-Lager mit<br />
UHPC-Kalotte im Versuchsstand<br />
© mageba S.A.<br />
Kennwerte bezüglich des eingesetzten<br />
UHPC bestimmt; die Untersuchungen<br />
umfassten insbesondere:<br />
– Festigkeitsentwicklung des<br />
eingesetzten UHPC,<br />
– Druckfestigkeit des UHPC (maximal<br />
1h vor Beginn des Belastungsversuchs<br />
des Lagers),<br />
– aufgebrachte Last,<br />
– Durchbiegungen an mehreren Stellen<br />
des Lagers,<br />
– Querdehnung der Kalotte,<br />
– Risse inklusive deren Breite, Länge<br />
und Lage.<br />
Einzelne Versuche der Serien wurden auf<br />
verschiedenen Laststufen für mindestens<br />
eine Stunde und mehr unter konstanter<br />
Last gehalten, um die Stabilität des<br />
Systems zu ermitteln. Andere Versuche<br />
wurden auf variierenden Lastniveaus<br />
abgebrochen, um die beschichtete<br />
Gleitfläche der UHPC-Kalotte inspizieren<br />
zu können und deren Integrität und<br />
Gebrauchstauglichkeit zu bestätigen.<br />
3.5 Tragverhalten<br />
Das Tragverhalten der UHPC-Kalotten<br />
und der Einfluss einzelner Parameter<br />
wurden im Detail in mehreren Versuchen<br />
verschiedener Serien analysiert. Am Ende<br />
der Analyse konnte für unterschiedliche<br />
Größen gezielt eine Tragfähigkeit erreicht<br />
werden, welche der theoretischen Trag-<br />
28 Gesamtverformung des Robo®Slide-Kalottenlagers über die gleitwerkstofferreichte Pressung<br />
© mageba S.A.<br />
last des Lagers und des Gleitwerkstoffes<br />
entspricht. Diese Variabilität erlaubt es,<br />
ein gewünschtes Sicherheitsniveau mit<br />
geringer Streuung einzustellen und<br />
gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der<br />
Kalotte zu optimieren. Nachfolgende<br />
Abbildung zeigt eine Last-Verformungs-<br />
Kurve eines der getesteten Lager. Gut<br />
zu erkennen ist, wie das Lager bzw. die<br />
am Ende versagende UHPC-Kalotte<br />
sehr gutmütig die maximale theoretische<br />
Pressung des Gleitwerkstoffes<br />
von 180 N/mm² erreicht. Auch nach<br />
dem Erreichen der Maximallast ist kein<br />
schlagartiges Versagen zu erkennen,<br />
wie es für hochfeste Baustoffe oftmals<br />
zu erwarten ist.<br />
4 Fazit<br />
Ultrahochfester Beton eignet sich für den<br />
dauerhaften Einsatz bei vorwiegend<br />
druckbeanspruchten, hochbelasteten<br />
Bauprodukten wie Spanngliedverankerungen<br />
und Kalottenlagern. Die gewünschten<br />
Eigenschaften können durch<br />
Werksfertigung und kontrollierte Nachbehandlung<br />
sehr zuverlässig erreicht<br />
werden. Umfangreiche Prüfungen auf<br />
Basis der aktuellen europäischen<br />
Prüfrichtlinien bestätigen die Eignung<br />
für den dauerhaften Einsatz in der Praxis<br />
auch bei Ermüdungsbeanspruchung.<br />
Die werksgefertigte Hybridankerlösung<br />
wurde im Juli vergangenen Jahres erstmals<br />
für die Verstärkung eines Schleusendrempels<br />
mit Litzendauerankern in der<br />
Verwaltung des Wasser- und Schifffahrtsamtes<br />
Freiburg erfolgreich eingesetzt.<br />
Autoren:<br />
Dr. Hermann Weiher<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
matrics engineering GmbH,<br />
München<br />
Dr. Simon Hoffmann<br />
Leiter Technik<br />
mageba S.A.,<br />
Bülach, Schweiz<br />
Literatur<br />
[1] Weiher, H.; Hock, S.: Einsatz neuer Materialien<br />
für die Lastverteilung bei Spannverfahren; in:<br />
Schriftenreihe der Österreichischen Vereinigung<br />
für Beton- und Bautechnik. Innsbruck, 2011.<br />
[2] European Organization for Technical Approval<br />
(Hrsg.): Guideline for European technical approval<br />
of post-tensioning kits for prestressing of<br />
structures. Brüssel, 2010.<br />
[3] Service d’études techniques des routes et<br />
autoroutes (Hrsg.): European Technical Approval<br />
No ETA-06/0006, VSL Post-Tensioning System.<br />
Bagneux Cedex, 2006.<br />
[4] Becker, H.; Reschke, T.: Schadensfall Oberhauptdrempel<br />
Iffezheim; in: Tagungsband BAW-Kolloquium<br />
»Instandsetzung von Verkehrswasserwerken«.<br />
Karlsruhe, 2011.<br />
[5] Andrä, W.; Leonhardt, F.: Neue Entwicklungen für<br />
Lager von Bauwerken. Gummi- und Gummitopflager;<br />
in: Bautechnik 39, 1962, Heft 2, S. 37–50.<br />
[6] EN 1337-2:2004: Lager im Bauwesen, Teil 2<br />
Gleitteile.<br />
[7] European Technical Approval ETA-08/0115:<br />
mageba Robo®Slide L2 Kalottenlager. Kalottenlager<br />
mit besonderen Gleitwerkstoffen, erteilt 2008.
1 2 . S YM P O S I U M B R Ü C K E N B AU<br />
Wohnungsbau<br />
heute – morgen – übermorgen<br />
ist der Leitfaden und Gedanke.<br />
Erstes großes Symposium zum Thema »Wohnungsbau«<br />
der<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN<br />
mit<br />
MixedMedia Konzepts<br />
in<br />
Frankfurt am Main<br />
Metropolen wie Wien, Zürich, Berlin, Frankfurt werden hier von den verantwortlichen<br />
Amtsleitern in ihrem Bemühen, ausreichend bezahlbaren Wohnraum, der auch den<br />
Anforderungen an die neuen »Green-Standards« erfüllt, präsentiert. Dabei werden<br />
vor allem Fragen der Umnutzung, des Rückbaus und der Nachverdichtung<br />
Berücksichtigung � nden.<br />
Bekannte Wohnungsbaugesellschaften und renomierte Architekten erläutern dazu<br />
ihre gerade fertiggestellten bzw. in Planung be� ndlichen Projekte.<br />
Welche Probleme dabei auf die jeweiligen Standorte zukommen, geht aus<br />
einer Studie hervor, die besagt, dass die Bevölkerungszahl in Wien von derzeit<br />
1,70 Millionen Einwohnern auf rund 2,00 Millionen im Jahr 2035, also in gut 15 Jahren,<br />
anwachsen wird.<br />
Zuwanderung, Integration, Quartiersmanagement und das Eingliedern verschiedener<br />
Altersgruppen und Kulturen sind weitere Aspekte, die im Rahmen dieses Symposiums<br />
diskutiert werden.<br />
Wir freuen uns, wenn Sie dabei sein werden.<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
Biebricher Allee 11 b | 65187 Wiesbaden | Tel.: 0611/98 12 920 | Fax: 0611/80 12 52 |<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de | www.verlagsgruppewiederspahn.de | www.mixedmedia-konzepts.de<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
109
PRODUKTE UND PROJEKTE<br />
Multifunktionale Kalottenlager von Maurer Söhne<br />
Neubau der Talbrücke Randersacker<br />
Die große Herausforderung beim Neubau<br />
der Talbrücke Randersacker waren die<br />
wechselnden Lastzustände über mehrere<br />
Jahre, da die Brücke in Abschnitten<br />
errichtet und ihre Überbauten dann<br />
querverschoben wurden. Bereits 2006<br />
diskutierte Maurer Söhne mit der ausführenden<br />
Firma die Lagercharakteristika:<br />
Die Brücke ist deshalb eine besondere<br />
Ingenieurleistung und ebenso ein<br />
Musterbeispiel an langjähriger und<br />
vorausschauender Zusammenarbeit<br />
verschiedener Partner.<br />
Zum Einsatz kamen MSM-Kalottenlager,<br />
denn nur sie sind in der Lage, die wechselnden<br />
Lastfälle gleichermaßen gut<br />
auszugleichen. Das beginnt schon mit<br />
dem Freivorbau, bei dem sich der Festpunkt<br />
mehrmals ändert, so dass die Lager<br />
arretierbar sein mussten und erst später<br />
freigegeben wurden. Für den Querverschub<br />
waren alle Lager wiederum so<br />
konstruiert, dass sie arretiert werden<br />
konnten, um unter ihnen die (eigentlichen)<br />
Verschublager anzuordnen.<br />
Außerdem hatten hier die Belastungen<br />
während der Arretierungsphase Berücksichtigung<br />
zu finden, und zwar insbesondere<br />
die Horizontalkräfte quer zur<br />
Brückenachse zu Beginn des Verschubs.<br />
Fluchttunnel-Schalung von Paschal<br />
Neuer Hauptbahnhof in Wien<br />
Im Zuge des Großprojekts »Hauptbahnhof<br />
Wien« erhielt der Schalungsspezialist<br />
Paschal aus Steinach einen Zuschlag für<br />
den Bau der Fluchttunnel im Abschnitt<br />
»Lainzer Tunnel«: Geliefert wurden 375 m²<br />
Trapezträger-Rundschalung mit Stahlschalhaut<br />
(TTS), für den Liftschacht<br />
kamen zudem 158 m² Logo-Wand-<br />
Arbeiten am Lichtschacht<br />
© Paschal-Werk G. Maier GmbH<br />
110 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Und: Im Endzustand übertragen die<br />
32 Lager über 1.000.000 kN Auflast aus<br />
Verkehr und dem Eigengewicht der<br />
beiden Überbauten, wobei das größte<br />
von ihnen mit d = 1,50 m 72.000 kN<br />
aufnimmt und die höchsten Horizontalkräfte<br />
in der Festpunktachse mit 5.000 kN<br />
wirken. Dazu kommen bis zu 570 mm<br />
Verschiebung und 5 ‰ Verdrehungen.<br />
Grundsätzlich sind solche Kräfte und<br />
Bewegungen lediglich in Differentialbauweise<br />
zu beherrschen. Der Gleitwerkstoff<br />
MSM in den Kalottenlagern gewährleistet<br />
jedoch, dass sie alle mit maximal 2 %<br />
Reibung sicher und definiert in die Pfeiler<br />
und Widerlager übertragen werden.<br />
Die Lager haben eine Lebensdauer von<br />
50 Jahren und sind generell wartungsfrei.<br />
Darüber hinaus werden die Bauwerksbewegungen<br />
durch innere Messstellen<br />
auf Jahrzehnte überprüft. Falls sich<br />
später also unterschiedliche Setzungen<br />
einstellen sollten, sind die MSM-Kalottenlager<br />
auch so konstruiert, dass sich zum<br />
Höhenausgleich nachträglich Futterplatten<br />
integrieren lassen.<br />
www.maurer-soehne.de<br />
schalung zur Ausführung, da die Innenschale<br />
der Sicherheitstunnel und der<br />
Lichtschacht zusammen hochgezogen<br />
werden mussten. »Die Firma Paschal<br />
konnte uns dafür ein System liefern, das<br />
genau diesen Anforderungen gerecht<br />
wurde«, sagt Albin Matschek, Bauführer<br />
des Projekts. Die drei Schächte mit Höhen<br />
Planung und Lieferung nach Vorgabe<br />
© Paschal-Werk G. Maier GmbH<br />
Einbau eines MSM-Kalottenlagers<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Arretierung am Widerlager<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Position nach dem Querverschub<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
von 45 m, 75 m und 54 m Höhe wurden<br />
von oben nach unten auf einem Durchmesser<br />
von 9 m aufgeweitet, anschließend<br />
erfolgte das Aufsetzen der Rundschalung<br />
in Viertel-Elemente, wobei<br />
einige anspruchsvolle Faktoren eine Rolle<br />
spielten. »Daher mussten wir behutsam<br />
vorgehen. Ausgegossen wurde dann<br />
jeweils komplett«, so Albin Matschek.<br />
Doch nicht nur ein einwandfreies Material<br />
ist verantwortlich für ein gutes Ergebnis,<br />
sondern auch eine perfekte Planung.<br />
Und dafür ist Paschal ebenfalls bekannt:<br />
Gemäß den Berechnungen und zeitlichen<br />
Vorgaben der Verantwortlichen übernahm<br />
Paschal die Kommissionierung<br />
des Materials sowie die Abwicklung des<br />
logistischen Parts, weshalb es keinerlei<br />
Verzögerung auf der Baustelle gab. »Die<br />
Schalung wurde komplett geliefert und<br />
es fehlte nicht einmal eine Schraube«,<br />
zeigt sich Albin Matschek zufrieden.<br />
www.paschal.de
Glänzende »Hülle« von GKD Gebr. Kufferath<br />
Pasarela del Arganzuela in Madrid<br />
Vor zwei Jahren feierte Madrid die Eröffnung<br />
des sogenannten Centro Deportivo<br />
Multifuncional del Manzanares mit der<br />
spektakulären Caja Magica – der jetzt die<br />
250 m lange Arganzuela-Brücke folgte:<br />
ein Überweg für Fußgänger und Radfahrer<br />
und ein weiteres Wahrzeichen für<br />
den Manzanares-Park.<br />
Seinen unverwechselbaren Charakter<br />
bezieht dieses Bauwerk nicht zuletzt<br />
aus der helixartigen Anmutung der<br />
»Außenhaut«, die, von Dominique<br />
Perrault entworfen, aus einem semitransparenten<br />
Gewebe der GKD<br />
Gebr. Kufferath AG und damit der<br />
weltweit führenden Metallweberei<br />
besteht. Das heißt, es kamen insgesamt<br />
ca. 4.500 m² zum Einsatz, die als dreieckige,<br />
individuell geformte Zuschnitte<br />
auf einer Unterkonstruktion montiert<br />
wurden, wobei die vielfach bewährte<br />
Befestigungstechnik mit Augenschrauben<br />
Anwendung fand.<br />
Das gewählte Material vom Typ Escale<br />
trotzt extremen Wetterbedingungen,<br />
dient hier als Hülle, die Sonnen- und<br />
teilweise auch Regenschutz bieten soll,<br />
und ist dennoch durchlässig genug, um<br />
den notwendigen Einfall von Tageslicht<br />
Neuentwicklung von Leipziger Leuchten<br />
Helligkeit im städtischen Raum<br />
Mit der aktuellen Neuentwicklung bietet<br />
Leipziger Leuchten, einer der traditionsreichsten<br />
deutschen Hersteller, eine<br />
dynamisch wirkende und designstarke<br />
Lösung für den städtischen Raum an.<br />
Bestimmendes Merkmal von Pascal ist<br />
der leicht gebogene Vierkantmast aus<br />
einem Edelstahl- oder Aluminiumprofil<br />
mit 6,55 m oder 3,90 m Länge, den es in<br />
einer ein- oder zweiarmigen Version gibt.<br />
Die Abdeckung der energiesparenden<br />
Kompaktleuchtstofflampen besteht aus<br />
schlagfestem, opalem Polycarbonat,<br />
wobei der Lichtaustritt pro Seite über<br />
eine Länge von 1.270 mm (Pascal I) oder<br />
600 mm (Pascal III) erfolgt und für eine<br />
angenehm weiche und blendfreie<br />
»Helligkeit« auf Brücken, Geh- und<br />
Brücke als Wahrzeichen<br />
© GKD Gebr. Kufferath AG/Arteuno Welt SL<br />
und Regen für die unter der Brücke<br />
liegende Landschaft zu gewährleisten.<br />
Darüber hinaus verfügt es über die<br />
werkstoffimmanenten Vorzüge von<br />
Edelstahl und ist daher robust, pflegeleicht<br />
und beständig gegen Witterungsoder<br />
Umwelteinflüsse, ja letztlich sogar<br />
von einer nahezu unbegrenzten Lebensdauer.<br />
www.gkd.de<br />
Radwegen, Plätzen, Boulevards und<br />
Parkanlagen sorgt. Jeder Leuchtenkopf<br />
verfügt über einen Elektroeinsatz mit<br />
eingebautem Vorschaltgerät und einer<br />
Tür zum einfachen Lampenwechsel,<br />
während die Bodenverankerung mittels<br />
einer Flanschplatte realisiert wird, die<br />
sich überpflastern lässt.<br />
www.leipziger-leuchten.com<br />
P R O D U K T E U N D P R O J E K T E<br />
Semitransparentes Material<br />
© GKD Gebr. Kufferath AG/Arteuno Welt SL<br />
Mastleuchte (auch) für Brücken<br />
© Leipziger Leuchten GmbH<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
111
SOFT WARE UND IT<br />
Aktuelle Lösungen und Erweiterungen von RIB<br />
Neu- und Nachrechnung von Straßenbrücken<br />
Spannbetonbrücken, die vor 1980 gebaut<br />
wurden, weisen bereits heute erhebliche<br />
Mängel auf, unter anderem wegen der<br />
überproportionalen Zunahme des<br />
Schwerverkehrs, hohen Verschleißes,<br />
Korrosion und Schädigung der Materialien<br />
durch mechanische Beanspruchungen<br />
und Umwelteinflüsse. Bei älteren<br />
Bauwerken wurden zudem Temperatureinwirkungen<br />
nicht berücksichtigt und<br />
generell zu geringe Querkraftbewehrungen<br />
eingelegt sowie bei Koppelfugen<br />
keine Ermüdungsnachweise geführt: alles<br />
in allem Erkenntnisse, die jetzt in einer<br />
mehrstufigen Nachrechnungsrichtlinie<br />
Berücksichtigung finden, die im vergangenen<br />
Jahr veröffentlicht wurde.<br />
Neue Version von mair pro<br />
Controlling mit Vereinfachungen<br />
Das neue Jahr hat kaum begonnen, da<br />
präsentiert das bayerische Unternehmen<br />
mair pro GmbH die neueste Version<br />
seiner Administrationssoftware für<br />
Architekten und Ingenieure: ProjektPro,<br />
deren grundlegende Vorzüge bereits<br />
in Ausgabe 4·2011 des BRÜCKENBAU<br />
beschrieben worden sind. Als vorausschauende<br />
und dynamische Controllinglösung<br />
für Windowsnutzer wie für<br />
Mac-Enthusiasten geeignet, sorgt sie<br />
»überall« für eine gelungene Performance,<br />
wobei ProjektPro ’12 einen Brückenschlag<br />
zwischen hoher Komplexität und komfortabler<br />
Bedienung schafft. Kostenverfolgung<br />
und Kalkulation lassen sich jetzt<br />
also noch präziser auf das einzelne Büro<br />
zuschneiden, was auch die Berücksichtigung<br />
individueller Arbeitszeitmodelle<br />
einschließt. Mit dieser Option bietet<br />
ProjektPro ’12 letztlich ein differenziertes<br />
Werkzeug, um Aufträge und Stundensätze<br />
exakt zu berechnen.<br />
112 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
»Aufgrund der hohen Kundennachfrage<br />
haben wir unser Softwaresystem ›Ponti‹<br />
an die neuen Anforderungen angepasst<br />
und können bereits jetzt für die Stufen 1<br />
und 2 die Restsicherheit und die Restnutzungsdauer<br />
bestimmen«, wie Wilfried<br />
Zmyslony, Geschäftsführer der RIB<br />
Engineering GmbH erklärt. »In verschiedenen<br />
Pilotprojekten hat sich gezeigt,<br />
dass ältere Brücken im Bestand damit<br />
effizient nachgerechnet werden können.<br />
Unser Ziel ist, diese Lösung noch auszubauen<br />
und für eine Schadensanalyse<br />
weiter zu perfektionieren.«<br />
»Dank der vertrauensvollen und engen<br />
Zusammenarbeit mit unseren Kunden,<br />
Partnern und einer genauen Analyse<br />
der veränderten Marktbedingungen<br />
konnten wir mit ProjektPro ’12 abermals<br />
die Usability und den Funktionsumfang<br />
unserer Software verbessern. Die Nutzer<br />
Lösung für alle …<br />
© mair pro GmbH<br />
RIB hat inzwischen nahezu sein gesamtes<br />
Softwareportfolio für die Euronormen<br />
mit den Nationalen Anwendungsdokumenten<br />
(NAD) für Deutschland, Österreich,<br />
Tschechien und Großbritannien<br />
angepasst, denn das neue »Normenpaket«<br />
wird Anfang Juli bauaufsichtlich<br />
eingeführt. Diese Umstellung bedeutet<br />
zwar keinen Paradigmenwechsel, bedingt<br />
aber einige Änderungen gegenüber dem<br />
derzeitigen Normenstand, die sich auf die<br />
Tragwerksplanung teilweise erheblich<br />
auswirken. Beispielsweise können Verformungsberechnungen<br />
im Zustand II die<br />
Wirtschaftlichkeit einer Ingenieurlösung<br />
in Zukunft grundlegend beeinflussen.<br />
www.rib-software.com<br />
profitieren von mehr Effizienz und Ruhe<br />
in ihren Abläufen«, so Harald Mair,<br />
Geschäftsführer von mair pro.<br />
www.projektpro.de<br />
www.mairpro.de
Architekten und Ingenieure lesen die [Umrisse].<br />
Herausgegeben von der VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN,<br />
ist die Zeitschrift für Baukultur unabhängig von Verbänden und<br />
anderen Interessenvertretungen.<br />
Jede Ausgabe verfügt über ein bis zwei thematische Schwerpunkte<br />
aus den Bereichen Architektur und Ingenieurbau, wie zum Beispiel<br />
»LeseRäume«, »Sport + Erleben«, »Bauen mit Textilien«, »Ruhender<br />
Verkehr«, »DachLandschaften«, »WeinBauWelten«, »Synagogen«,<br />
»Flughäfen: Neubau und Ausbau«, »Bauen im Gebirge«, »Fassaden«,<br />
»Sicherheitstechnik«, »Innenausbau« und »Befestigungstechnik«<br />
in den beiden vergangenen Jahren.<br />
Detaillierte Produktinformationen, wichtige Branchennachrichten,<br />
ein fundierter Bautechnik-Teil, umfassende Beiträge zum »Bau- und<br />
Immobilienrecht« sowie ein ausgesuchtes »Special«, oft in Kooperation<br />
mit entsprechenden Fachmessen, runden das redaktionelle Profi l<br />
eines jeden Heftes ab.<br />
Wollen Sie ein Probeexemplar bestellen – oder gleich abonnieren?<br />
Das geht am besten und schnellsten unter www.umrisse.de,<br />
denn die [Umrisse] fi ndet man natürlich auch im Internet.<br />
SOFT WARE UND IT<br />
[Umrisse]<br />
Zeitschrift für Baukultur<br />
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mit MixedMedia Konzepts<br />
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Fax: 0611/80 12 52<br />
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1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
113
NACHRICHTEN UND TERMINE<br />
Gründer von Obermeyer Planen + Beraten<br />
Leonhard Obermeyer verstorben<br />
Am 28. Dezember 2011 ist Dr.-Ing. h. c.<br />
Leonhard Obermeyer im Alter von 87<br />
Jahren verstorben. 1924 im oberbayerischen<br />
Großmehring geboren, hat er nach<br />
der Lehre zum Maurer, der Ausbildung<br />
zum Bauingenieur und dem anschließenden<br />
Studium des Bauingenieurwesens<br />
an der Technischen Hochschule in<br />
München am 1. Juli 1958 das Ingenieurbüro<br />
Obermeyer in Krailling gegründet,<br />
aus dem später die (jetzige) Firmengruppe<br />
hervorging. Zu seinen wichtigsten<br />
Projekten gehören unter anderem das<br />
Verkehrsbauwerk Karlsplatz-Stachus und<br />
große Teile des U-Bahn-Baus in München,<br />
insgesamt sieben Brücken über die<br />
Donau sowie die Donnersberger Brücke<br />
und die sogenannte Candid-Hangauffahrt<br />
in München.<br />
Zäsur bei der Ingenieurgruppe Bauen<br />
Ältester Büropartner im Ruhestand<br />
Josef Steiner hat zum 31. Dezember 2011<br />
seine aktive Laufbahn als ältester Partner<br />
der Ingenieurgruppe Bauen beendet,<br />
was eine Zäsur in deren Bürogeschichte<br />
markiert. Seit 1968 und damit noch<br />
von den Gründungspartnern Wippel,<br />
Weckesser, Stiglat und Buchholz eingestellt,<br />
war Josef Steiner für die Ingenieurgruppe<br />
Bauen tätig – also insgesamt<br />
43 Jahre. Seine offizielle Verabschiedung<br />
findet dementsprechend auch in einem<br />
angemessenen, feierlichen Rahmen<br />
statt: im Mannheimer Schloss, und zwar<br />
am 16. März.<br />
Umbenennung mit Neuorganisation in Hessen<br />
Verkehrsverwaltung mit zentraler Steuerung<br />
»Die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung<br />
(HSVV) wechselt zum<br />
1. Januar 2012 den Namen und heißt<br />
künftig ›Hessen Mobil – Straßen- und<br />
Verkehrsmanagement‹. Die HSVV steht<br />
seit vielen Jahrzehnten hessenweit für<br />
Qualität und innovative Lösungen in<br />
Planung, Bau und Betrieb von Straßen mit<br />
dem Ziel einer intelligenten Verkehrssteuerung.<br />
Die Organisationsreform stellt<br />
sicher, dass sie ihre Aufgaben auch in<br />
Zukunft in gewohnter Qualität erfüllen<br />
kann und in der Fläche präsent ist«, so<br />
114 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
Bereits Anfang der 1970er Jahre hatte er<br />
die Idee, Gesamtplanungen anzubieten,<br />
also nicht mehr nur Teilleistungen<br />
erbringen, sondern Großprojekte fortan<br />
aus einer Hand und über alle Gewerke<br />
hinweg konzipieren zu wollen: Leitgedanke<br />
und Basis von Obermeyer Planen +<br />
Beraten GmbH, des heutigen Unternehmens<br />
mit 1.300 Mitarbeitern, Stammsitz<br />
in München sowie Niederlassungen und<br />
Tochtergesellschaften in 18 Ländern.<br />
Leonhard Obermeyer sind im Laufe seines<br />
Lebens zahlreiche Würdigungen zuteilgeworden,<br />
wie zum Beispiel die Konrad-<br />
Zuse-Medaille, das Ehrenzeichen des<br />
Vereins Deutscher Ingenieure, die Ehrendoktorwürde<br />
der Universität Leipzig,<br />
eine Honorarprofessur der Technischen<br />
Die Ingenieurgruppe Bauen wurde 1965<br />
von den Partnern Dr.-Ing. Ernst Buchholz,<br />
Dr.-Ing. Klaus Stiglat, Dipl.-Ing. Horst<br />
Weckesser und Dipl.-Ing. Herbert Wippel<br />
in Karlsruhe gegründet. 1978 eröffnete<br />
die erste Niederlassung in Mannheim,<br />
1991 folgte Berlin und 2008 Freiburg,<br />
so dass heute vier Standorte existieren,<br />
an denen ca. 130 Mitarbeiter Projekte<br />
im In- und Ausland planen.<br />
www.ingenieurgruppe-bauen.de<br />
Hessens Verkehrsminister Dieter Posch<br />
anlässlich dieser Umbenennung.<br />
Als »Nachfolgeeinrichtung« der HSVV<br />
plant, baut, unterhält und managt Hessen<br />
Mobil also das gesamte hessische außerörtliche<br />
Straßennetz und ist somit für<br />
insgesamt ca. 17.000 km Verkehrswege<br />
zuständig. Darüber hinaus ist sie (jetzt)<br />
Obere Landesbehörde mit einer Zentralisierung<br />
in Wiesbaden und der Untergliederung<br />
in die vier Abteilungen<br />
Planung, Bau, Betrieb und Verkehr sowie<br />
zwölf weiteren Standorten in Hessen, in<br />
Leonhard Obermeyer<br />
© Obermeyer Planen + Beraten GmbH<br />
Universität Moskau und der Titel eines<br />
Ehrensenators der Technischen Universität<br />
München.<br />
www.opb.de<br />
Josef Steiner<br />
© Ingenieurgruppe Bauen<br />
denen diese Abteilungen durch Dezernate<br />
vertreten sind: Die neue Struktur soll<br />
eine gleichmäßigere Arbeitsauslastung<br />
und damit den Ausgleich schwankender<br />
Bau- und Planungsvolumina, aber auch<br />
kurzfristiger Arbeitsspitzen ermöglichen<br />
sowie die einheitliche Anwendung von<br />
Standards und Vorgaben gewährleisten.<br />
www.mobil.hessen.de
Zweite Veranstaltung in Bad Wörishofen<br />
Internationale Holzbrückentage 2012<br />
Am 19. und 20. April 2012 finden die zweiten Internationalen<br />
Holzbrückentage (IHB 2012) in Bad Wörishofen statt, und zwar<br />
mit folgenden Schwerpunkten, die in jeweils eigenen Vortragsblöcken<br />
thematisiert werden:<br />
– Verkehr von heute auf Brücken von gestern<br />
– Überwachung und Qualitätssicherung<br />
– neue konstruktive und statische Möglichkeiten Media-<br />
– Fahrbahnbeläge und Leiteinrichtungen<br />
– Bau und Entwicklung im Bereich von Grünbrücken<br />
Voraussetzung für dauerhaft gelungene Brückenbauwerke<br />
aus Holz ist bekanntermaßen das optimale Zusammenspiel<br />
von Planung, Durchführung und laufendem Unterhalt.<br />
Materialgerechtes Konstruieren und holzbaugerechte Detailausbildung<br />
sind aber nur mit Fachwissen und den notwendigen<br />
(Detail-)Kenntnissen möglich – die diese zweitägige Veranstaltung<br />
vermittelt: Ausgewiesene Experten aus Wissenschaft<br />
und Praxis referieren hier über die unterschiedlichsten Aspekte<br />
wie Lösungsansätze, diskutieren mit den Teilnehmern im kleinen<br />
wie größeren Kreis und bieten derart einen ebenso kompetenten<br />
wie aktuellen Überblick.<br />
Abgerundet werden die IHB 2012 durch eine begleitende Fachausstellung,<br />
in deren Rahmen sich Produkte und Neuentwicklungen<br />
rund um den Holz<strong>brückenbau</strong> begutachten lassen.<br />
www.forum-holzbau.com<br />
Princeton Bridge of Dreams, Kanada<br />
© Fast + Epp<br />
Symposien<br />
NACHRICHTEN UND TERMINE<br />
MixedMedia<br />
Konzepts<br />
Symposien<br />
Symposien<br />
Symposien<br />
MixedMedia<br />
MixedMedia<br />
Konzepts<br />
MixedMedia<br />
Konzepts<br />
MixedMedia Konzepts<br />
Events<br />
Konzepts<br />
Konzepts<br />
Veranstaltungen<br />
Veranstaltungen Media- Veranstaltungen<br />
Media- planung<br />
Veranstaltungen<br />
Mediaplanung<br />
planung<br />
planung<br />
MixedMedia<br />
MixedMedia MixedMedia<br />
Veranstaltungen der<br />
Veranstaltungen VERLAGSGRUPPE der WIEDERSPAHN<br />
Veranstaltungen der VERLAGSGRUPPE mit Veranstaltungen ihrem Event-Offi der WIEDERSPAHN<br />
ce MixedMedia Konzepts<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN mit VERLAGSGRUPPE ihrem Event-Offi WIEDERSPAHN<br />
ce MixedMedia Konzepts<br />
mit ihrem Event-Offi ce MixedMedia mit ihrem Event-Offi Konzepts ce MixedMedia Konzepts<br />
<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau<br />
<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau<br />
<strong>12.</strong> Symposium Brückenbau 1. 2. <strong>12.</strong> Symposium Symposium Wohnungsbau<br />
Flughafenbau Brückenbau<br />
2. Symposium Flughafenbau<br />
2. Symposium Flughafenbau 4. 2. Symposium Sportstättenbau<br />
Flughafenbau<br />
4. (Bauen Symposium für Olympia Sportstättenbau und die WM)<br />
4. Symposium Sportstättenbau (Bauen 4. Symposium für Olympia Sportstättenbau und die WM)<br />
(Bauen für Olympia und die WM) Parkhausbau (Bauen für Olympia als Fachveranstaltung:<br />
und die WM)<br />
Parkhausbau Hier werden Tiefgaragen, als Fachveranstaltung: Parkhäuser sowie<br />
Parkhausbau als Fachveranstaltung: Hier deren Parkhausbau werden Erhaltung Tiefgaragen, als und Fachveranstaltung:<br />
Renovierung Parkhäuser thematisiert. sowie<br />
Hier werden Tiefgaragen, Parkhäuser deren<br />
Weiterhin<br />
Hier werden Erhaltung sowie<br />
werden<br />
Tiefgaragen, und<br />
erörtert:<br />
Renovierung Parkhäuser thematisiert. sowie<br />
deren Erhaltung und Renovierung<br />
Weiterhin Bau<br />
deren<br />
von<br />
thematisiert. Erhaltung<br />
Tank- werden und<br />
und<br />
erörtert: Rastanlagen<br />
Renovierung<br />
einschließlich<br />
thematisiert.<br />
Weiterhin werden erörtert: Bau neuer Weiterhin von Lkw-Rastplätze Tank- werden und erörtert: Rastanlagen mit den erforderlichen einschließlich<br />
Bau von Tank- und Rastanlagen neuer Telematik-Einrichtungen.<br />
Bau einschließlich<br />
von Lkw-Rastplätze Tank- und Rastanlagen mit den erforderlichen einschließlich<br />
neuer Lkw-Rastplätze mit den Telematik-Einrichtungen.<br />
neuer erforderlichen Lkw-Rastplätze mit den erforderlichen<br />
Telematik-Einrichtungen. Telematik-Einrichtungen.<br />
1/2 . 2012 | BRÜCKENBAU<br />
Events<br />
Events<br />
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MixedMedia oder, noch besser, Konzepts rufen Sie uns an.<br />
Wir stehen unter 06 11/98 12 92-0 Wir gerne stehen Rede unter und Antwort. 06 11/98 12 92-0 gerne Rede und Antwort.<br />
MixedMedia Konzepts<br />
MixedMedia Konzepts MixedMedia Konzepts<br />
115
NACHRICHTEN UND TERMINE<br />
Veröff entlichung des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins<br />
(Aktuelles) Gutachten zur Brückenertüchtigung<br />
Das Gutachten »Brückenertüchtigung<br />
jetzt. Ein wichtiger Beitrag zur Sicherung<br />
der Mobilität auf Bundesfernstraßen«<br />
empfiehlt sich zur Lektüre, hebt es doch<br />
hervor, welche Bedeutung eine leistungsstarke<br />
Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland hat.<br />
Von Ministerialdirektor a. D. Dipl.-Ing.<br />
Joachim Naumann erarbeitet, wartet es<br />
mit zahlreichen Fakten zum Zustand der<br />
deutschen Brücken auf: Naumann hat<br />
zunächst die aktuelle Situation analysiert<br />
und danach beschrieben, welche Handlungsoptionen<br />
sich eröffnen, wenn die<br />
Leistungsfähigkeit der Brücken wiederhergestellt<br />
bzw. weiterhin erhalten<br />
Vorstellung durch Bundesverkehrsminister<br />
Investitionsrahmenplan für Verkehrsprojekte<br />
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer<br />
hat Mitte Dezember den Entwurf des<br />
Investitionsrahmenplans (IRP) für die<br />
Verkehrsinfrastruktur des Bundes für den<br />
Zeitraum 2011–2015 vorgelegt, der ein<br />
Volumen von ca. 41.000.000.000 €<br />
aufweist: Er umfasst sämtliche Projekte,<br />
die zwischen 2011 und 2015 abgeschlossen,<br />
weitergeführt oder neu begonnen<br />
werden, und zwar bis zu deren Fertigstellung,<br />
die gegebenenfalls erst nach<br />
2015 erfolgt. Erhalt rangiert im neuen<br />
IRP im Übrigen deutlich vor Neubau,<br />
was sich auch in der Verteilung der<br />
Gesamtsumme ausdrückt, die mit einer<br />
entsprechenden »Relation« von 2:1<br />
keinerlei Missverständnisse aufkommen<br />
lässt.<br />
Wo werben?<br />
116 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012<br />
bleiben soll, wobei er auch oder insbesondere<br />
den Bedarf für die dringend<br />
notwendigen Sanierungsmaßnahmen<br />
benennt und Lösungsmöglichkeiten<br />
durch ein Ertüchtigungsprogramm<br />
aufzeigt. Ihren konsequenten Abschluss<br />
finden diese Ausführungen infolgedessen<br />
in und mit der »Vision 2025/2050« zur<br />
Sicherung der Mobilität auf Bundesfernstraßen.<br />
Das Gutachten ist als Heft 22 des<br />
Deutschen Beton- und Bautechnik-<br />
Vereins e.V. (DBV) erschienen und zum<br />
Preis von 10 € zu erwerben.<br />
www.betonverein.de<br />
Peter Ramsauer: »Mit dem neuen<br />
Investitionsrahmenplan sorgen wir<br />
für Ehrlichkeit und Transparenz beim<br />
Verkehrswegebau. Wir setzen klare<br />
Prioritäten und richten die Planung am<br />
Bedarf und den zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln aus. Unser Verkehrsnetz ist<br />
ein zentraler Standortvorteil, den wir<br />
erhalten müssen. Wir sorgen dafür,<br />
dass die hohe Qualität der Schienen-,<br />
Straßen- und Wasserstraßennetze<br />
erhalten bleibt.«<br />
www.bmvbs.de<br />
Bestandsaufnahme und Handlungsanleitung<br />
© Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V.<br />
(Künftige) Leitlinie im Entwurf<br />
© Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung<br />
Ganz einfach!<br />
Unsere Mediadaten<br />
können Sie als PDF unter<br />
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118 BRÜCKENBAU | 1/2 . 2012
BRÜCKENBAU<br />
ISSN 1867-643X<br />
4. Jahrgang<br />
Ausgabe 1/2.2012<br />
www.<strong>zeitschrift</strong>-<strong>brueckenbau</strong>.de<br />
Herausgeber und Chefredaktion<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Verlag<br />
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Biebricher Allee 11 b<br />
D-65187 Wiesbaden<br />
Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15<br />
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Erscheinungsweise und Bezugspreise<br />
Einzelheft: 14 Euro<br />
Doppelheft: 28 Euro<br />
Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro<br />
Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro<br />
Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens<br />
ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr,<br />
wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraums<br />
schriftlich gekündigt wird.<br />
Copyright<br />
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und<br />
Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde<br />
Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne<br />
schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form<br />
reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />
Sprache übertragen werden.<br />
Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine<br />
Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar.<br />
Beilagen<br />
Die Gesamtauflage von Ausgabe 1/2∙2012 enthält zwei Beilagen:<br />
Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau HSB, Biel,<br />
Bayerische Ingenieurekammer-Bau, München<br />
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Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Frankfurter Ring 193, 80807 München<br />
Telefon (089)32394–0<br />
Telefax (089)32394–306<br />
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