11. Symposium Brückenbau in Leipzig - zeitschrift-brueckenbau ...
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Ausgabe 1 . 2011<br />
<strong>11.</strong> <strong>Symposium</strong> <strong>Brückenbau</strong> <strong>in</strong> <strong>Leipzig</strong><br />
1 1 . SYM P O S I U M ISSN L E1867-643X I PZ I G<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
1
2 BRÜCKENBAU | 1 . 2011
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
Zum (elften) <strong>Symposium</strong> <strong>in</strong> <strong>Leipzig</strong><br />
Baukultur aus Überzeugung<br />
von Michael Wiederspahn<br />
Von Baukultur zu reden, ihre flächendeckende<br />
Verbreitung anzumahnen oder<br />
ihren tadellosen Ruf im Rahmen e<strong>in</strong>er<br />
Schlagzeile e<strong>in</strong>zusetzen, um irgendwelche<br />
Wortmeldungen oder Werkschauen<br />
zu adeln, ja eigenen wie befreundeten<br />
Initiativen den Glanz des außergewöhnlich<br />
Guten, Schönen oder wenigstens<br />
S<strong>in</strong>nvollen zu verleihen, gehört heute<br />
offenbar zum besseren Ton: Wer sich<br />
anderer Formulierungen bedient, läuft<br />
Gefahr, als e<strong>in</strong> (Bau-)Kulturbanause zu<br />
gelten, der sich lediglich von funktionalen<br />
oder sogar re<strong>in</strong> ökonomischen<br />
Erwägungen leiten lässt. Wem will oder<br />
soll man es mith<strong>in</strong> verdenken, wenn<br />
er e<strong>in</strong> solches Risiko zu bannen sucht<br />
und sich deshalb früher oder später im<br />
Dauergebrauch e<strong>in</strong>er »Vokabel« übt,<br />
die dank ihres superben Klangs se<strong>in</strong><br />
Renommee zu wahren oder aufzupolieren<br />
hilft?<br />
Derartige Vermeidungs- und zugleich<br />
Aufwertungsstrategien weisen freilich<br />
e<strong>in</strong>en w<strong>in</strong>zigen Makel auf, bedürfen sie<br />
doch e<strong>in</strong>er mehr oder m<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>prägsamen<br />
Präzisierung, damit ihre An- oder<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung nicht (ganz) so vordergründig<br />
und <strong>in</strong>haltsleer zu wirken droht.<br />
Und das erklärt letztlich die wachsende<br />
Beliebtheit e<strong>in</strong>es Begriffes, der e<strong>in</strong>e eben-<br />
so zweckorientierte wie niveaubewusste<br />
Genauigkeit verheißt, da sich <strong>in</strong> ihm<br />
das oft erstrebte und nur selten erzielte<br />
Zusammenspiel von Kreativität, Kunst-<br />
verständnis und Konzeptionsstärke<br />
auszudrücken sche<strong>in</strong>t. »Gestaltung«<br />
lautend, f<strong>in</strong>det er <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e durch-<br />
aus grenzüberschreitende, alle und alles<br />
betreffende Anwendung, wobei leider<br />
auffallend häufig vergessen wird, dass<br />
sich se<strong>in</strong>e Bedeutung auch oder über-<br />
wiegend auf die Be- und Verhübschung<br />
von ansonsten eher profan anmutenden<br />
Gebilden und Strukturen bezieht.<br />
E D I TO R I A L<br />
Ne<strong>in</strong>, Baukultur auf die Frage der<br />
Gestaltung oder deren Anschaulichkeit<br />
zu reduzieren, sie alle<strong>in</strong> unter dem<br />
Blickw<strong>in</strong>kel e<strong>in</strong>er (persönlichen) Kosten-<br />
Nutzen-Rechnung zu beleuchten, wird<br />
ihr kaum gerecht – besonders im Brü-<br />
ckenbau als e<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>e<br />
detaillierte Beschäftigung <strong>in</strong> puncto<br />
Ästhetik und Technik nachgerade er-<br />
zw<strong>in</strong>gt, deren stets komplexe Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
ohneh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e verk(n)appte,<br />
auf Konturenkosmetik oder Kulissenkorrekturen<br />
verkürzte Beurteilungen<br />
erlauben und die <strong>in</strong>folgedessen exakt<br />
das erfordert, was im Pr<strong>in</strong>zip generell<br />
zu leisten bleibt: die angemessene, weil<br />
umfassende Betrachtung e<strong>in</strong>es Prozesses,<br />
der mit der ersten Ideenskizze<br />
beg<strong>in</strong>nt und sich dann von der Entwurfserarbeitung<br />
über die Ausführungs-<br />
planung bis h<strong>in</strong> zur Herstellung des<br />
(Brücken-)Bauwerks erstreckt.<br />
Jeder, der die E<strong>in</strong>ladung zu unserem<br />
(elften) <strong>Symposium</strong> gelesen hat, kennt<br />
natürlich Vortragstitel wie Referentennamen,<br />
kann also ab- und e<strong>in</strong>schätzen,<br />
was ihn <strong>in</strong> <strong>Leipzig</strong> erwartet, welche<br />
Informations- und Diskussionsmöglichkeiten<br />
ihm vor Ort geboten werden –<br />
und warum wir, die unterschiedlichsten<br />
Kriterien der Projektrealisierung <strong>in</strong> ihrer<br />
Gesamtheit abbildend und analysierend,<br />
schon seit vielen Jahren »<strong>Brückenbau</strong> ist<br />
Baukultur« als Motto für e<strong>in</strong> Programm<br />
wählen, dessen thematische Ausrichtung<br />
sich nicht auf die Ab- oder Behandlung<br />
e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Aspektes beschränkt.<br />
E<strong>in</strong>e weiter- oder tiefergehende Erläu-<br />
terung von Anspruch und Qualität die-<br />
ses zweitägigen Ingenieuraustauschs<br />
erübrigt sich <strong>in</strong>sofern, zumal se<strong>in</strong>e<br />
Premiere bereits über e<strong>in</strong>e Dekade zu-<br />
rückliegt, er daher über Tradition und<br />
e<strong>in</strong>e große Reputation verfügt, die sich<br />
zudem <strong>in</strong> den Tagungsbänden und deren<br />
Entwicklung von der e<strong>in</strong>fachen Dokumentation<br />
zur periodisch herausgegebenen<br />
Fach<strong>zeitschrift</strong> widerspiegelt.<br />
Die Lektüre des BRÜCKENBAU sei hier<br />
(deswegen) nochmals empfohlen.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
3
Leistung.<br />
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<strong>Brückenbau</strong><br />
Die Verb<strong>in</strong>dung der Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />
mit exponierten deutschen und <strong>in</strong>ternationalen Leistungen<br />
im Stahlbau ist Anspruch des Unternehmens und<br />
se<strong>in</strong>er Mitarbeiter.<br />
Komplexe Anforderungen, die Größe der Aufgabe und das<br />
Ziel, im Dialog die perfekte Brücke zu bauen, erfordern<br />
Innovation<br />
Dynamik und<br />
Leidenschaft<br />
Wir s<strong>in</strong>d Ihr Partner.<br />
Störbrücke, Itzehoe<br />
Hochmoselquerung<br />
Kennedybrücke, Bonn Ausgezeichnet mit dem<br />
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Editorial<br />
3 Baukultur aus Überzeugung<br />
Michael Wiederspahn<br />
<strong>Symposium</strong><br />
6 Yamuna-Brücke <strong>in</strong> Indien<br />
Mike Schlaich, Arndt Goldack, Uwe Burkhardt<br />
12 Planung von <strong>Brückenbau</strong>werken <strong>in</strong> Südamerika<br />
Wolfgang Eilzer, Karl Humpf, Michael Moslener<br />
18 Neubau der Brücke über die Save <strong>in</strong> Belgrad<br />
Frank M<strong>in</strong>as<br />
23 Sae Poong Bridge <strong>in</strong> Südkorea<br />
Christian Gläser, Werner Brand, Roland Weber<br />
26 Geplante Großprojekte <strong>in</strong> Hamburg<br />
Bernd Rothe, Karl-He<strong>in</strong>z Re<strong>in</strong>tjes<br />
34 Renaissance der <strong>in</strong>tegralen Bauweise im <strong>Brückenbau</strong><br />
W<strong>in</strong>fried Glitsch<br />
40 Die Differentialbauweise im <strong>Brückenbau</strong><br />
Christian Braun<br />
44 Neubau der Schnettkerbrücke<br />
Markus Hamme<br />
48 Neubau der Talbrücke Enzenstetten<br />
Karl Goj<br />
52 Trauntalbrücke <strong>in</strong> Traunste<strong>in</strong><br />
Vitus Danzl<br />
56 Bauweisenvergleich am Beispiel der Talbrücke(n) Schallermühle<br />
Hans Bulicek, Karl Goj, Günther Kle<strong>in</strong>er<br />
64 Mit Match Cast über das Fundertal<br />
Holger Hauser, Peter Seitz<br />
68 Talbrücke Weißenbrunn am Forst<br />
Knut Bock<br />
74 Neubau der Brücke über die IJssel bei Zwolle<br />
Norbert Duczek<br />
80 Ertüchtigung von Großbrücken<br />
Volkhard Angelmaier<br />
Aktuell<br />
85 Zum 60. Geburtstag von Ingbert Mangerig<br />
Michael Wiederspahn<br />
88 Produkte und Projekte<br />
92 Software und IT<br />
94 Nachrichten und Term<strong>in</strong>e<br />
101 Stellenmarkt<br />
102 Branchenkompass<br />
103 Impressum<br />
I N H A LT<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
5
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Entwurfsaufgabe und Tragwerk<br />
Yamuna-Brücke <strong>in</strong> Indien<br />
6 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
von Mike Schlaich, Arndt Goldack, Uwe Burkhardt<br />
Dieser Beitrag stellt die Yamuna-<br />
Brücke vor und beschreibt die Ent-<br />
wurfsaufgabe sowie das Tragwerk.<br />
Die e<strong>in</strong>hüftige Schrägseilbrücke für<br />
die Hauptstadt Indiens, Neu-Delhi,<br />
ist zurzeit im Bau und soll 2013 fertiggestellt<br />
se<strong>in</strong>. Sie bietet nicht nur<br />
die Funktionalität e<strong>in</strong>er Straßenbrücke,<br />
sondern weist auch Besonderheiten<br />
mit e<strong>in</strong>em hohen Wieder-<br />
erkennungswert auf: Der Bauherr<br />
verlangte ganz explizit nach e<strong>in</strong>er<br />
»Signature Bridge«, e<strong>in</strong> Wunsch, der<br />
<strong>in</strong> der letzten Zeit öfter geäußert<br />
wird.<br />
1 Ausschnitt aus dem Masterplan<br />
© RJB Architects<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
In den letzten Jahren verlangen Bauherren<br />
vermehrt nach Brücken, die nicht nur<br />
die Funktionalität e<strong>in</strong>er herkömmlichen<br />
Struktur erfüllen, sondern auch h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Gestaltung e<strong>in</strong>en ausgefallenen<br />
Charakter mit e<strong>in</strong>em hohen Wiedererkennungswert<br />
aufweisen. Begriffe wie<br />
»Iconic Structure«, »Landmark« und<br />
»Signature Bridge« f<strong>in</strong>den sich häufig <strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>ternationalen Ausschreibungen von<br />
Brückenwettbewerben wieder. Brücken<br />
als Wahrzeichen – das kann durchaus<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Möglichkeit se<strong>in</strong>, wie<br />
die Golden Gate Bridge, die Millennium<br />
Bridge <strong>in</strong> London oder die Erasmusbrücke<br />
<strong>in</strong> Rotterdam belegen. Allgeme<strong>in</strong> bieten<br />
Brücken im städtischen Kontext mit<br />
e<strong>in</strong>er entsprechenden Form und e<strong>in</strong>er<br />
begleitenden Stadtentwicklung ja die<br />
Chance, e<strong>in</strong> Quartier <strong>in</strong> vielerlei H<strong>in</strong>sicht<br />
aufzuwerten.<br />
Grundsätzlich ist diese Entwicklung<br />
positiv, denn e<strong>in</strong>e Brücke sollte immer<br />
e<strong>in</strong> Solitär se<strong>in</strong>, also e<strong>in</strong>en bestimmten<br />
Ort mit se<strong>in</strong>en Randbed<strong>in</strong>gungen reflek-<br />
tieren. Es s<strong>in</strong>d stets die Randbed<strong>in</strong>gungen,<br />
die alle Infrastrukturprojekte, und<br />
ganz besonders die Brücken, bee<strong>in</strong>flus-<br />
sen. Solche Randbed<strong>in</strong>gungen führen zu<br />
e<strong>in</strong>em Brückenentwurf, der zu dieser Zeit<br />
zu diesem Ort passt. Sie bestehen dabei<br />
nicht nur aus den geographischen und<br />
geologischen Gegebenheiten, wie zum<br />
Beispiel den Gründungsverhältnissen,<br />
dem Klima und den Lasten, sondern um-<br />
fassen zugleich technische Merkmale<br />
e<strong>in</strong>er Region, wie unter anderem das<br />
vorhandene Baumaterial, übliche Ver-<br />
b<strong>in</strong>dungsmittel, die Ausbildung und<br />
Fähigkeiten der Arbeitskräfte sowie das<br />
Know-how der beteiligten Bau<strong>in</strong>dustrie.<br />
Natürlich werden die Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
für e<strong>in</strong>en Entwurf zudem durch die Topo-<br />
graphie, die Landschaft, die f<strong>in</strong>anzielle<br />
Situation der Bauherren sowie geschichtliche<br />
und soziale Charakteristika defi-<br />
niert.<br />
Diese Entwicklung verdeutlicht, dass der<br />
<strong>Brückenbau</strong> im Bewusstse<strong>in</strong> der Öffent-<br />
lichkeit angekommen ist. Viele Beispiele,<br />
wie unter anderem die oben genannten<br />
Brücken, veranschaulichen, dass Infra-<br />
strukturprojekte die Baukultur zu berei-<br />
chern vermögen. <strong>Brückenbau</strong> ist e<strong>in</strong> Teil<br />
unserer Baukultur. Gerade im <strong>Brückenbau</strong><br />
können Ingenieure zeigen, dass e<strong>in</strong>e<br />
gute Gestaltung mit kle<strong>in</strong>em oder nur<br />
ger<strong>in</strong>gem Mehraufwand verbunden ist.<br />
Aber die Entwicklung h<strong>in</strong> zu Brücken als<br />
Wahrzeichen br<strong>in</strong>gt Ingenieure <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Zwiespalt, denn oftmals s<strong>in</strong>d Bauherren<br />
nicht mehr mit dem klassischen Ent-<br />
wurfsansatz »Form follows Function«<br />
zufrieden, sondern sie verlangen nach<br />
spektakulärer Formgebung.<br />
Brückenentwürfe, die gleichzeitig die<br />
Erwartungen der Bauherren nach e<strong>in</strong>em<br />
Wahrzeichen oder e<strong>in</strong>em visuellen Alle<strong>in</strong>stellungsmerkmal<br />
erfüllen, s<strong>in</strong>d für Inge-<br />
nieure e<strong>in</strong>e schwierige Aufgabe. Sie be-<br />
d<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e Gratwanderung zwischen<br />
statisch s<strong>in</strong>nvollen Tragwerken, Wirtschaftlichkeit<br />
und dem Anspruch auf<br />
Neuheit und gute Gestaltung.
2 Die Entwurfsaufgabe<br />
Im Jahr 2005 wurde das Ingenieurbüro<br />
schlaich bergermann und partner von<br />
der Delhi Tourism and Transportation<br />
Development Corporation (DTTDC)<br />
aufgefordert, e<strong>in</strong>e Straßenbrücke für<br />
Neu-Delhi zu entwerfen, die nicht nur<br />
vier Fahrspuren je Richtung bei e<strong>in</strong>er<br />
Hauptspannweite von mehr als 250 m<br />
aufnehmen, sondern gleichzeitig als<br />
neues Wahrzeichen von Neu-Delhi über<br />
e<strong>in</strong>e außergewöhnliche Gestalt mit<br />
e<strong>in</strong>em hohen Wiedererkennungswert<br />
verfügen sollte – also e<strong>in</strong>e »Signature<br />
Bridge«.<br />
Ihr Standort bef<strong>in</strong>det sich nördlich des<br />
Zentrums von Neu-Delhi <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bezirk<br />
mit e<strong>in</strong>er für städtische Randzonen typi-<br />
schen flachen Bebauung und großen<br />
Grünflächen. Sie quert den Yamuna-<br />
Fluss, e<strong>in</strong>en Seitenarm des Ganges, und<br />
ist Teil e<strong>in</strong>es großen Straßenbauprojektes,<br />
welches die nördlich gelegene Stadt<br />
Wazirabad an Neu-Delhi anb<strong>in</strong>det.<br />
Ferner ist <strong>in</strong> ihrem direkten Umfeld e<strong>in</strong><br />
Naherholungsgebiet geplant, welches<br />
sich am Fuße der Brücke auf beiden<br />
Seiten des Yamuna-Flusses erstrecken<br />
soll.<br />
Die flache Bebauung nördlich von<br />
Neu-Delhi und die notwendige Bauhöhe<br />
für e<strong>in</strong> Tragwerk mit dieser Spannweite<br />
fordern geradezu heraus, die Brücke als<br />
Wahrzeichen zu gestalten.<br />
3 Die Entwurfsvarianten<br />
Schrägseilbrücken bee<strong>in</strong>drucken auf-<br />
grund ihrer Größe und ihres leichten<br />
Ersche<strong>in</strong>ungsbildes und verfügen daher<br />
schon von Natur aus über Potential für<br />
e<strong>in</strong>e Landmarke. [1] Der erste Entwurf<br />
der Yamuna-Brücke war e<strong>in</strong>e symme-<br />
trische Schrägseilbrücke. Dieser Vor-<br />
schlag schien jedoch der M<strong>in</strong>isterpräsident<strong>in</strong><br />
des Bundesstaates Neu-Delhi<br />
Sheila Dikshit zu konservativ und dem<br />
Anspruch e<strong>in</strong>es Wahrzeichens nicht<br />
gerecht zu werden. Auch aus technischer<br />
Sicht ist die symmetrische Anordnung<br />
der Seile nicht günstig, da e<strong>in</strong>seitige<br />
Verkehrslasten e<strong>in</strong>en sehr steifen Pylon<br />
oder Rückhängeseile auf beiden Seiten<br />
erfordern, die wiederum mit hohen<br />
Spannungswechseln beansprucht<br />
werden.<br />
In der Folge entwickelten schlaich<br />
bergermann und partner zahlreiche<br />
Entwurfsvarianten, darunter e<strong>in</strong>e große<br />
Bogenbrücke sowie Schrägseilbrücken<br />
mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen Aufhängung des<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
2 Erster Entwurf für die Yamuna-Brücke<br />
© RJB Architects<br />
3 Entwurf für die Yamuna-Brücke mit Stahlpylon<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
4 Blick vom Deck <strong>in</strong> den Pylon<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Überbaues der Hauptspannweite. Nach<br />
zahlreichen Diskussionen mit dem<br />
Bauherrn fiel die Wahl schließlich auf<br />
die e<strong>in</strong>hüftige Schrägseilbrücke mit<br />
dem dynamisch geformten Stahlpylon,<br />
der das moderne und aufstrebende<br />
Indien symbolisieren soll. Durch die<br />
gefaltete Struktur des Pylons ergeben<br />
sich fasz<strong>in</strong>ierende E<strong>in</strong>blicke vom Über-<br />
bau h<strong>in</strong>auf <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Spitze.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
7
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
5<br />
6 Skizzen des Pylons<br />
© schlaich bergermann<br />
und partner<br />
Der Pylon ist das Ergebnis e<strong>in</strong>er Optimierung,<br />
bei der zahlreiche Varianten,<br />
wie<br />
– die Lage der Rückhängeseile,<br />
– die Lage der Seile im Hauptfeld,<br />
– die Seilfluchten,<br />
– die Lage und Neigung des Knickes,<br />
welcher den Abschluss der beiden<br />
Stützen zum oberen Teil des Pylons<br />
bildet,<br />
– die Neigung des gesamten Pylons,<br />
die Neigung der Rückseite und der<br />
vorderen Seite sowie<br />
– die Breite des Pylons,<br />
h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er Gestalt, des Materialbedarfs,<br />
der Entlastung der Rückhalteseile,<br />
der Schnittgrößen im Pylon und<br />
der Verformungen unter Last untersucht<br />
wurden.<br />
8 9 10 Yamuna-Brücke, Alamillo-Brücke, Erasmus-Brücke<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
8 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
7 Entwurfsvarianten für die Yamuna-Brücke mit Stahlpylon<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Die Yamuna-Brücke ist e<strong>in</strong>e Schrägseilbrücke<br />
und weist alle Vorteile dieser<br />
Bauweise auf:<br />
– e<strong>in</strong>e Rückverankerung der Horizontalkräfte<br />
aus den Seilen im Überbau,<br />
welche die E<strong>in</strong>leitung der Horizontalkräfte<br />
<strong>in</strong> den Baugrund erspart,<br />
– e<strong>in</strong>e kostenlose Vorspannung des<br />
Verbunddecks durch die Rückverankerung<br />
der horizontalen Kraftkomponenten<br />
der Seile,<br />
– e<strong>in</strong> leichter Verbundüberbau mit e<strong>in</strong>er<br />
robusten Fahrbahnplatte aus Beton,<br />
– die ger<strong>in</strong>gen Verformungen bei e<strong>in</strong>seitigen<br />
Verkehrslasten im Vergleich<br />
zur Hängebrücke,<br />
– der Freivorbau, der <strong>in</strong>sbesondere bei<br />
e<strong>in</strong>em Verbunddeck e<strong>in</strong>en stützenfreien<br />
Bauablauf mit vorgefertigtem<br />
Stahlträgerrost und Betonfertigteilplatten<br />
ermöglicht.<br />
E<strong>in</strong>e ihrer Besonderheiten ist, dass das<br />
Eigengewicht des Pylons durch die<br />
exzentrische Lage des Schwerpunktes<br />
zum Drehpunkt am Pylonfuß das Eigen-<br />
gewicht des Überbaues ausgleicht und<br />
damit die Rückhalteseile entlastet. Bei<br />
herkömmlichen Schrägseilbrücken wer-<br />
den die Seitenfelder, die e<strong>in</strong> Spannweitenverhältnis<br />
von jeweils 0,4 L im Vergleich<br />
zu 0,6 L im halben Hauptfeld<br />
aufweisen, ebenfalls mit Seilen an den<br />
Pylon gehängt. Bei der Yamuna-Brücke<br />
ist das Seitenfeld nicht nach oben ge-<br />
hängt, sondern auf Pfeilern gegründet,<br />
da die örtlichen Baugrundverhältnisse<br />
dies zulassen.
11 Variante mit <strong>in</strong>dischem Ornament<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Die Yamuna-Brücke ist e<strong>in</strong>e Variation<br />
des Themas Schrägseilbrücke mit ge-<br />
neigtem Pylon. Die Gestalt hat e<strong>in</strong>en<br />
sehr hohen Wiedererkennungswert wie<br />
schon die Alamillo-Brücke <strong>in</strong> Sevilla und<br />
die Erasmus-Brücke <strong>in</strong> Rotterdam. Bei<br />
der Alamillo-Brücke ist der Pylon aller-<br />
d<strong>in</strong>gs sehr steif und <strong>in</strong> den Baugrund<br />
e<strong>in</strong>gespannt, und die Horizontalkomponenten<br />
der Seilkräfte werden nicht im<br />
Überbau mittels Rückhängeseilen kurz-<br />
geschlossen. Anders bei der Yamuna-<br />
Brücke: Hier ist der Pylon auf e<strong>in</strong>em<br />
Kalottenlager gelagert, und die Horizon-<br />
13 14 Qtab M<strong>in</strong>ar und Pylon der Yamuna-Brücke<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
talkomponenten werden im Überbau<br />
kurzgeschlossen. Bei der Erasmus-Brücke<br />
wiederum greifen die Rückhalteseile im<br />
Gegensatz zur Yamuna-Brücke nicht im<br />
Schwerpunkt der Hauptseile an und der<br />
Pylon ist <strong>in</strong> das Seitenfeld e<strong>in</strong>gespannt.<br />
Der hohe Wiedererkennungswert der<br />
Yamuna-Brücke wird unterstützt durch<br />
die farbliche Gestaltung des Pylons,<br />
wie e<strong>in</strong>e Vorstudie mit e<strong>in</strong>em für Indien<br />
typischen Ornament zeigt. Endgültig<br />
gewählt wurde e<strong>in</strong>e Beschriftung mit<br />
dem Wort »Yamuna« <strong>in</strong> Sanskrit.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
12 Beschriftung mit<br />
»Yamuna« <strong>in</strong> Sanskrit<br />
© schlaich bergermann<br />
und partner<br />
Neben dem Qtab M<strong>in</strong>ar, e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>arett<br />
aus dem 13. Jahrhundert mit e<strong>in</strong>er Höhe<br />
von 72,50 m, wird Neu-Delhi damit bald<br />
e<strong>in</strong> neues, doppelt so hohes Wahrzeichen<br />
haben. Der Tourismusverband nutzt die<br />
Yamuna-Brücke bereits zu Werbezwecken<br />
als Titelbild e<strong>in</strong>es Stadtplanes.<br />
15 (Verzerrte) Darstellung als Titelbild<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
9
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
4 Das Tragwerk<br />
Bei dem zur Ausführung kommenden<br />
Entwurf der Yamuna-Brücke handelt es<br />
sich um e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>hüftige Schrägseilbrücke<br />
mit Verbundüberbau. Die Hauptspannweite<br />
beträgt 251 m, dazu s<strong>in</strong>d noch<br />
Seitenfelder mit e<strong>in</strong>er Spannweite von<br />
36 m geplant, so dass die Gesamtlänge<br />
der Hauptbrücke 575 m misst. Ferner<br />
schließt sich e<strong>in</strong>e Rampe mit e<strong>in</strong>em Ver-<br />
bunddeck auf der vom Pylon abgewandten<br />
Seite an die Hauptbrücke an. Die<br />
Rampe ist ca. 100 m lang, damit ergibt<br />
sich e<strong>in</strong>e Gesamtlänge der Brücke von<br />
675 m.<br />
17 Draufsicht der westlichen Rampe im Vorlandbereich<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Im Regelquerschnitt weist die Brücke<br />
e<strong>in</strong>e Breite von 35,20 m auf und kann<br />
somit acht Fahrspuren aufnehmen, vier<br />
pro Richtung. Der Verbundüberbau um-<br />
fasst zwei außenliegende Hauptträger<br />
mit e<strong>in</strong>er Bauhöhe von 2,30 m und e<strong>in</strong>en<br />
Längsträger <strong>in</strong> der Mitte des Decks zur<br />
Lastverteilung sowie Querträger im<br />
Abstand von jeweils 4,50 m. Die Betonplatte<br />
des Verbundträgers hat Dicken<br />
zwischen 25 cm und 70 cm und wird aus<br />
Fertigteilen aus schw<strong>in</strong>darmen Beton<br />
hergestellt. Diese Verbundquerschnitte<br />
wurden von schlaich bergermann und<br />
partner schon erfolgreich bei Schrägseilbrücken<br />
wie der T<strong>in</strong>g-Kau-Brücke <strong>in</strong><br />
Hongkong e<strong>in</strong>gesetzt. [2]<br />
Die Seile der Hauptspannweite s<strong>in</strong>d<br />
harfenförmig angeordnet und aus Litzen<br />
konzipiert. Die Rückhängeseile mit 127<br />
Litzen verb<strong>in</strong>den die Rückseite des Pylons<br />
10 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
16 Längsansicht der Brücke mit westlicher Rampe<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
mit dem Deck, auf dem sie auch veran-<br />
kert s<strong>in</strong>d. Dort werden die vertikalen<br />
Zugkräfte mittels Pendelstäben <strong>in</strong> die<br />
Gründung e<strong>in</strong>getragen, die Umlenkkräfte<br />
h<strong>in</strong>gegen als kostenlose Vorspannung <strong>in</strong><br />
das Verbunddeck e<strong>in</strong>geleitet.<br />
18 Querschnitt durch den Verbundüberbau<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Der Pylon besteht aus zwei geneigten<br />
Stützen, die sich auf halber Höhe verei-<br />
nen. In der Längsansicht verfügt er über<br />
e<strong>in</strong>e bumerangartige Gestalt, <strong>in</strong> der<br />
Queransicht über e<strong>in</strong>e Y-Form. Se<strong>in</strong>e<br />
obere Begrenzung bildet e<strong>in</strong>e ca. 30 m<br />
hohe Stahl-Glas-Struktur, die sich be-<br />
leuchten lässt und <strong>in</strong> der Nacht als<br />
Orientierungspunkt weith<strong>in</strong> erkenn-<br />
bar se<strong>in</strong> wird. Die Höhe des Pylons e<strong>in</strong>-<br />
schließlich der Glasspitze beträgt etwa<br />
165 m über Grund, se<strong>in</strong>e obere Hälfte<br />
nimmt die Verankerungen der Seile aus<br />
dem Hauptfeld und der Rückhängeseile<br />
auf.<br />
Konstruiert ist er aus Kastenquerschnitten,<br />
die Stützenquerschnitte haben die<br />
Form e<strong>in</strong>es Vierecks, die Querschnitte im<br />
oberen Bereich e<strong>in</strong>e V-Form. Als Wände<br />
dienen orthotrope Platten, welche die<br />
Kräfte zum Pylonfuß abtragen und durch<br />
zusätzliche horizontale Fachwerke aus-<br />
gesteift s<strong>in</strong>d. Die Herstellung des Stahl-<br />
pylons erfolgt mit großen Modulen,<br />
die vorgefertigt auf die Baustelle trans-<br />
portiert und dann e<strong>in</strong>gebaut werden<br />
können.
Entwerfen für den lokalen Kontext heißt<br />
auch, örtlich übliche oder umsetzbare<br />
Bauverfahren und Verb<strong>in</strong>dungstechniken<br />
sowie die Qualifikation der Arbeitskräfte<br />
zu berücksichtigen. Im Fall der Yamuna-<br />
Brücke bedeutet das, die Module auf der<br />
Baustelle zu verschrauben, statt sie zu<br />
schweißen, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den großen<br />
Höhen, wie es der Pylon erfordert.<br />
Mussten bei der zweiten Hooghly-River-<br />
Brücke [3], der ersten Schrägseilbrücke <strong>in</strong><br />
Indien, ebenfalls geplant von schlaich<br />
bergermann und partner, die Stahlbauteile<br />
noch genietet werden, so s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>zwischen hochfeste vorgespannte<br />
Schrauben <strong>in</strong> Indien gebräuchlich.<br />
Die Module werden mittels Laschen- und<br />
Kopfplattenstößen verbunden, wobei<br />
deren Anordnung so gewählt wurde,<br />
dass die Oberfläche des Pylons gra-<br />
phisch gestaltet und strukturiert ist:<br />
flache Laschenverb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> Längsrichtung<br />
des Pylons sowie außenliegende<br />
Kopfplattenstöße <strong>in</strong> Querrichtung<br />
und damit <strong>in</strong> den Seilfluchten.<br />
Die Yamuna-Brücke bef<strong>in</strong>det sich derzeit<br />
im Bau und soll 2013 fertiggestellt se<strong>in</strong>.<br />
5 Zusammenfassung<br />
Die Nachfrage vieler Bauherren nach<br />
Brücken mit eigenem Charakter und<br />
e<strong>in</strong>em hohen Wiedererkennungswert<br />
sowie die Tatsache, dass der <strong>Brückenbau</strong><br />
im Bewusstse<strong>in</strong> der Öffentlichkeit ange-<br />
kommen ist, s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e positive Entwicklung.<br />
Die Yamuna-Brücke <strong>in</strong> Neu-Delhi<br />
ist e<strong>in</strong> Beispiel dafür, dass auch große<br />
Brücken mit e<strong>in</strong>er guten Gestaltung zur<br />
21 22 Pylon mit Laschenverb<strong>in</strong>dungen und<br />
außenliegenden Kopfplattenstößen<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
19 20 Querschnitte durch den Pylon: Stützenbereich und oberer Teil mit Seilverankerungen<br />
© schlaich bergermann und partner<br />
Baukultur beitragen können. Gerade<br />
Schrägseilbrücken bieten e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
von verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten,<br />
welche die örtlichen Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
reflektieren und damit zu unver-<br />
wechselbaren Bauwerken führen. Mit<br />
e<strong>in</strong>em hohen Wiedererkennungswert<br />
eignen sich diese Brücken zudem als<br />
Wahrzeichen für e<strong>in</strong>e Stadt oder Region.<br />
Autoren:<br />
Prof. Dr. sc. techn. Mike Schlaich<br />
Dr.-Ing. Arndt Goldack<br />
Dipl.-Ing. Uwe Burkhardt<br />
schlaich bergermann und partner,<br />
Stuttgart, Berl<strong>in</strong>, New York<br />
Literatur<br />
[1] Schlaich, M.: Indigenous and signature cable<br />
stayed bridges. Attitudes towards improvement<br />
of <strong>in</strong>frastructure; <strong>in</strong>: IABSE <strong>Symposium</strong><br />
Weimar 2007, Tagungsband, 2007.<br />
[2] Bergermann, R.; Schlaich, M.: Die T<strong>in</strong>g-Kau-<br />
Schrägkabelbrücke <strong>in</strong> Hong Kong. Entwurf<br />
und Konstruktion; <strong>in</strong>: Bau<strong>in</strong>genieur, Band 74,<br />
Heft 10, 1999, S. 413–422.<br />
[3] Holgate, A.: The art of structural eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g.<br />
Stuttgart, London 1997.<br />
Bauherr<br />
Delhi Tourism and Transportation Development<br />
Corporation Ltd., Neu-Delhi, Indien<br />
Entwurf und Ausführungsplanung<br />
schlaich bergermann und partner, Stuttgart,<br />
Berl<strong>in</strong>, New York<br />
Construma Consultancy Pvt. Ltd., Mumbai, Indien<br />
(Gründung)<br />
Ratan J. Batliboi, RJB Architects, Mumbai, Indien<br />
(architektonische Beratung)<br />
Bauüberwachung<br />
schlaich bergermann und partner, Stuttgart,<br />
Berl<strong>in</strong>, New York<br />
Prüf<strong>in</strong>genieure<br />
Michel Virlogeux, Bonnelles, Frankreich<br />
Systra, Paris, Frankreich<br />
Bauausführung<br />
JV Gammon-Construtora Cidade-Tensacciai Ltd.,<br />
Mumbai, Indien<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
11
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Schrägkabelbrücke Or<strong>in</strong>oco III und Hängebrücke Bill<strong>in</strong>ghurst<br />
Planung von <strong>Brückenbau</strong>werken <strong>in</strong> Südamerika<br />
12 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
von Wolfgang Eilzer, Karl Humpf, Michael Moslener<br />
Seit dem Bau der ersten Brücke<br />
über den Fluss Caroni <strong>in</strong> Venezuela<br />
Anfang der 1960er Jahre waren<br />
Leonhardt, Andrä und Partner an<br />
Planung, Prüfung oder Bauüberwachung<br />
von über 20 Großbrücken <strong>in</strong><br />
Argent<strong>in</strong>ien, Brasilien, Panama, Peru<br />
und Venezuela maßgeblich beteiligt.<br />
Dabei wurden e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>novative<br />
Technologien zum ersten Mal <strong>in</strong><br />
Südamerika angewendet, wie zum<br />
Beispiel Gründungen <strong>in</strong> tiefem Was-<br />
ser, Taktschiebeverfahren, Doppelverbundkonstruktionen,Schrägkabelbrücken<br />
für Eisenbahnen,<br />
Schutz von Brückenpfeilern gegen<br />
Schiffsanprall. Über den Beitrag<br />
Südamerikas zur Entwicklung des<br />
Großbrückenbaus wurde <strong>in</strong> [1] berichtet,<br />
so dass hier darauf nicht<br />
weiter e<strong>in</strong>gegangen wird. Vielmehr<br />
werden aktuelle Projekte vorgestellt.<br />
2 Entwurf der Schrägkabelbrücke<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
1 Brücken über den Or<strong>in</strong>oco<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
1 Dritte Or<strong>in</strong>oco-Brücke<br />
1.1 Projekt und Lage<br />
Der Or<strong>in</strong>oco ist mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge<br />
von 2.560 km der längste Fluss Venezuelas<br />
und, nach Amazonas und Paraná, der<br />
drittlängste Südamerikas.<br />
Momentan queren ihn lediglich zwei<br />
Bauwerke: die 1967 eröffnete Brücke<br />
Angostura bei Ciudad Bolivar, e<strong>in</strong>e Hänge-<br />
brücke für re<strong>in</strong>en Straßenverkehr mit<br />
e<strong>in</strong>er Mittelöffnung von 712 m und e<strong>in</strong>er<br />
Gesamtlänge von 1.272 m, sowie die<br />
2006 fertiggestellte Brücke <strong>in</strong> Ciudad<br />
Guayana, e<strong>in</strong>e Doppelschrägkabelbrücke<br />
für Straßen- und Eisenbahnverkehr mit<br />
Mittelöffnungen von 300 m, Regelstützweiten<br />
von 60 m und e<strong>in</strong>er Gesamtlänge<br />
von 3.156 m.<br />
Zurzeit bef<strong>in</strong>det sich die dritte Brücke,<br />
Puente Mercosur, zwischen Caicara del<br />
Or<strong>in</strong>oco im Süden und Cabruta im Norden<br />
im Bau. Die komb<strong>in</strong>ierte Straßen- und<br />
Eisenbahnbrücke erschließt die sehr<br />
großen Gebiete südlich des Flusses und<br />
ermöglicht es, die dortigen reichhaltigen<br />
Erzvorkommen ganzjährig abzutransportieren,<br />
da der Or<strong>in</strong>oco nur etwa sechs<br />
Monate im Jahr schiffbar ist.<br />
1.2 Grundlage des Entwurfs<br />
Der Or<strong>in</strong>oco hat im Bereich der Brücke<br />
bei Niedrigwasser e<strong>in</strong>e Breite von ca. 2 km,<br />
während er bei Hochwasser auf e<strong>in</strong>e<br />
Breite von 15,70 km anschwillt. Auf ihm<br />
verkehren im Wesentlichen Schubschiffe<br />
mit 5 x 5 Kähnen, e<strong>in</strong>er Länge von 346 m,<br />
e<strong>in</strong>er Breite von 53 m und 47.500 BRT.<br />
Das freizuhaltende Schifffahrtsprofil<br />
beträgt 320 m x 40 m über HSW.<br />
Die Brücke wurde nach dem »Load Factor<br />
Design« gemäß den US-amerikanischen<br />
Vorschriften AASHTO [3] und AREMA [4]<br />
für e<strong>in</strong>e Lebensdauer von 100 Jahren<br />
bemessen. Wo diese Vorschriften nicht<br />
ausreichten, wurde auf Eurocode 3, die<br />
DIN-Fachberichte und die e<strong>in</strong>schlägige<br />
Literatur, hauptsächlich zur Betriebsfestigkeit<br />
und zur Stabilität, zurückgegriffen.
Aufgrund der Anforderungen aus der<br />
Schifffahrt wurde <strong>in</strong> Strommitte e<strong>in</strong>e<br />
Schrägkabelbrücke mit e<strong>in</strong>er Mittelöffnung<br />
von 360 m konzipiert. In Bereichen,<br />
<strong>in</strong> denen mit e<strong>in</strong>em Anprall des Bemessungsschiffs<br />
zu rechnen ist – das heißt<br />
beidseitig auf e<strong>in</strong>e Breite gleich der drei-<br />
fachen Schiffslänge, gemessen von der<br />
Achse des Schifffahrtskanals –, wurden<br />
Stützweiten von 120 m gewählt.<br />
1.3 Entwurf der Brücke<br />
Die komb<strong>in</strong>ierte Straßen- und Eisenbahnbrücke<br />
hat e<strong>in</strong>e Gesamtlänge von<br />
11,25 km. Die doppelstöckige Hauptbrücke<br />
ist 2,28 km lang, die größte Stützweite<br />
beträgt 360 m.<br />
Das Haupttragwerk gliedert sich <strong>in</strong><br />
– 2 x 2 dreifeldrige Durchlaufträger mit<br />
Stützweiten von 120 m sowie<br />
– e<strong>in</strong>e Schrägkabelbrücke mit Stütz-<br />
weiten von 2 x 120 m + 360 m +<br />
2 x 120 m = 840 m.<br />
Die Doppelkabel haben Abstände von<br />
10 m am Überbau und 2,00–3,00 m<br />
am Pylon und erstrecken sich bis etwa<br />
zur Hälfte der zweiten Seitenöffnung;<br />
an den Pylonen verbleiben Fenster von<br />
35 m.<br />
Der Überbau der Schrägkabelbrücke<br />
besteht im Wesentlichen aus<br />
– den beiden Fachwerken aus steigenden<br />
und fallenden Diagonalen mit<br />
e<strong>in</strong>em gegenseitigen Abstand von<br />
8,20 m, e<strong>in</strong>er Systemhöhe von ca.<br />
10,30 m und e<strong>in</strong>em Knotenabstand<br />
von 10,00 m,<br />
– dem Untergurt aus e<strong>in</strong>er 5,90 m<br />
breiten und 25 cm dicken Verbundplatte<br />
aus C 30/37, e<strong>in</strong>em durchgehenden<br />
Bodenblech, vier Längssteifen<br />
und Querträgern <strong>in</strong> Abständen von<br />
3,33 m,<br />
– dem Obergurt aus<br />
- e<strong>in</strong>er 30 cm dicken Verbundplatte<br />
aus C 30/37,<br />
- e<strong>in</strong>em durchgehenden, ausgesteif-<br />
ten Deckblech zwischen den Fach-<br />
werken und e<strong>in</strong>er verlorenen Scha-<br />
lung aus Trapezprofilblechen<br />
außerhalb der Fachwerke,<br />
- den Querträgern mit Abständen<br />
von 3,33 m,<br />
- den Kabelverankerungen mit<br />
verstärkten Längs- und Quer-<br />
trägern.<br />
3 Regelquerschnitt<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Die Stahlkonstruktion ist aus wetterfestem<br />
Baustahl <strong>in</strong> den Materialgüten<br />
ASTM A-588 mit e<strong>in</strong>er Streckgrenze von<br />
f y = 345 MPa, die Blechdicken variieren<br />
zwischen 19 mm und 69 mm.<br />
Die Kabel, Parallellitzenbündel des Sys-<br />
tems Freyss<strong>in</strong>et, be<strong>in</strong>halten 41–61 Monolitzen<br />
mit d = 0,06 mm und e<strong>in</strong>er Zugfestigkeit<br />
von 1.770 N/mm 2 nach dem<br />
Verz<strong>in</strong>ken. Den Korrosionsschutz der<br />
Monolitzen gewährleisten e<strong>in</strong>e Feuerverz<strong>in</strong>kung<br />
mit 280 g/m 2 , e<strong>in</strong> 1 mm dickes<br />
PE-Rohr und e<strong>in</strong>e Fettverfüllung sowie<br />
die Ummantelung des ganzen Kabels<br />
mit e<strong>in</strong>em PE-Rohr. Die Litzen werden <strong>in</strong><br />
Ankerhülsen verankert und dabei alle<br />
Lasten von Keilen mit hoher Dauerfestigkeit<br />
übertragen. Die feste Verankerung<br />
bef<strong>in</strong>det sich im Überbau und die Spann-<br />
anker <strong>in</strong> den Pylonen. Die Litzen werden<br />
e<strong>in</strong>zeln montiert und mit e<strong>in</strong>er Monolitzenpresse<br />
nach dem Iso-Tension<strong>in</strong>g-<br />
Verfahren vorgespannt.<br />
Die Pylone haben e<strong>in</strong>e Diamantenform,<br />
e<strong>in</strong>e Höhe über dem Überbau von ca.<br />
82 m und e<strong>in</strong>e Gesamthöhe von 135,50 m.<br />
Die Stiele aus Stahlbeton unterhalb der<br />
Kabelverankerungen s<strong>in</strong>d stark geneigt,<br />
um den Überbau zu umfassen, ihr Ab-<br />
stand ist oben 2,00 m und 28,00 m auf<br />
Höhe des Querriegels. In der Ansicht<br />
verjüngen sie sich von 9,00 m auf 5,50 m,<br />
der 6 m hohe und 6 m breite Querriegel<br />
ist vorgespannt.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
4<br />
5 Ansichten des Pylons<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
6 Gründung des Pylons<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Die Pylone werden mit 39 Großbohrpfählen<br />
mit d = 2,50 m und l = 90 m<br />
gegründet, die Pfeiler auf 18 Pfählen mit<br />
d = 2,00 m und l = 80 m. Die Pfahlkopfplatten<br />
s<strong>in</strong>d hier aber nicht, wie sonst<br />
üblich, rechteckig, sondern haben, wie<br />
schon bei alten Ste<strong>in</strong>brücken, e<strong>in</strong>e Spitze.<br />
Dadurch wird sichergestellt, dass nur<br />
e<strong>in</strong>e Reihe des Schubschiffverbandes<br />
anprallen kann.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
13
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
1.4 Bauablauf<br />
Der Bauablauf und die Logistik s<strong>in</strong>d<br />
durch standortspezifische Schwierigkeiten<br />
geprägt:<br />
1. Wegen der stark schwankenden<br />
Wasserstände eignet sich der Or<strong>in</strong>oco<br />
nur von Anfang Juni bis Ende November<br />
als Transportweg.<br />
2. In der direkten Umgebung der Brücke<br />
stehen nur wenige qualifizierte Ar-<br />
beitskräfte zur Verfügung. Die Stahl-<br />
konstruktion muss also an anderer<br />
Stelle <strong>in</strong> möglichst großen E<strong>in</strong>heiten<br />
vorgefertigt und dann zur Baustelle<br />
transportiert werden.<br />
Die Errichtung der Brücke begann im Mai<br />
2007 und be<strong>in</strong>haltet folgende Schritte:<br />
Die Pfahlkopfplatten werden auf e<strong>in</strong>er<br />
verlorenen Schalung aus Betonfertigteilen<br />
<strong>in</strong> zwei bzw. drei Lagen realisiert.<br />
Zur Herstellung von Pfeilern und Pylon<br />
kommt e<strong>in</strong>e Kletterschalung zum E<strong>in</strong>-<br />
satz, womit sich e<strong>in</strong>e deutlich bessere,<br />
dichtere Betonoberfläche ergibt als bei<br />
e<strong>in</strong>er Gleitschalung.<br />
Die e<strong>in</strong>zelnen Teile der Stahlkonstruktion<br />
werden <strong>in</strong> verschiedenen Werkstätten <strong>in</strong><br />
Ciudad Guayana vorgefertigt und dann<br />
auf e<strong>in</strong>em Vormontageplatz am Ufer<br />
des Or<strong>in</strong>oco zu 60 m langen Schüssen<br />
zusammengefügt und mit Pontons zu<br />
der 400 km entfernten Baustelle<br />
transportiert.<br />
Diese 60-m-Schüsse werden h<strong>in</strong>ter den<br />
Widerlagern der Verbundvorlandbrücken<br />
zu E<strong>in</strong>heiten mit 360 m Länge und e<strong>in</strong>em<br />
Gewicht von 9.000 t zusammengebaut.<br />
Die beiden 360 m langen Durchlaufträger<br />
und die ersten 360 m der Schrägkabelbrücke,<br />
also die Seitenöffnungen<br />
und e<strong>in</strong> Drittel der Mittelöffnung, werden<br />
hier mit Litzenbündeln <strong>in</strong> Abschnitten<br />
von 120 m vorgezogen, danach wird die<br />
Zugvorrichtung umgesetzt. Die Fachwerke<br />
gleiten dabei per Pfeiler auf acht mit<br />
Teflon ausgelegten Wippen, die paarweise<br />
hydraulisch gekoppelt s<strong>in</strong>d.<br />
14 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
7 Herstellung der Schrägkabelbrücke<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Nachdem die Seitenöffnungen und die<br />
ersten 120 m der Mittelöffnung der<br />
Hauptbrücke ihre Endlage erreicht ha-<br />
ben, werden die beiden Kabel an der<br />
Vorbauspitze angebracht und gespannt,<br />
womit das Kragmoment am Pylon wirk-<br />
sam reduziert wird. Danach werden der<br />
Unter- und Obergurt <strong>in</strong> Abschnitten von<br />
30 m betoniert und nach deren Erhärten<br />
die zugehörigen Kabel montiert und<br />
gespannt.<br />
In der nächsten Phase wird das 120 m<br />
lange und 2.400 t schwere Schlussstück<br />
e<strong>in</strong>geschwommen und mit vier Litzenhebern<br />
e<strong>in</strong>gehoben, und zum Ende werden<br />
der Obergurt betoniert und die letzten<br />
Kabel montiert und gespannt.<br />
8 E<strong>in</strong>heben<br />
des Schlussstücks<br />
© Leonhardt, Andrä<br />
und Partner GmbH<br />
2 Puente Presidente<br />
Guillermo Bill<strong>in</strong>ghurst<br />
2.1 Projekt und Lage<br />
Im südlichen Teil Perus wird zurzeit die<br />
Interozeanische Landstraße des Südens<br />
namens »Corredor vial Interoceanico<br />
Sur« gebaut, die als wichtige Verkehrsader<br />
zukünftig den Handel zwischen<br />
Peru und Brasilien weiter verbessern<br />
helfen soll.<br />
Im Zuge der Verwirklichung dieser Land-<br />
straße wurde vom peruanischen Ver-<br />
kehrsm<strong>in</strong>isterium für die Fertigstellung<br />
der Bill<strong>in</strong>ghurst-Brücke das Konsortium<br />
Cónirsa S. A. beauftragt. Die Brücke liegt<br />
direkt bei der Ortschaft Puerto Maldonado<br />
und überquert den Fluss Madre<br />
de Dios.
9 Übersicht<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Die Hängebrücke Bill<strong>in</strong>ghurst kann auf<br />
e<strong>in</strong>e sehr lange Geschichte zurückblicken:<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>er großen Infrastrukturmaßnahme<br />
wurden <strong>in</strong> den 1970er<br />
Jahren mehrere Hängebrücken <strong>in</strong> Peru<br />
von der österreichischen Baufirma<br />
Waagner-Biro errichtet. Beim Bau der<br />
letzten und größten Brücke g<strong>in</strong>g dem<br />
Bauherrn jedoch das Geld für die Reali-<br />
sierung der Unterbauten und die Mon-<br />
tage der Hängebrücke aus, obwohl er die<br />
Stahlkonstruktion, Kabel und Hänger<br />
bereits von Waagner-Biro gekauft hatte.<br />
Die entsprechenden »Elemente« wurden<br />
dann für mehrere Jahre <strong>in</strong> den Pampas<br />
de la Joya sowie später auch im Flughafen<br />
von Puerto Maldonado e<strong>in</strong>gelagert.<br />
11 12 E<strong>in</strong>lagerung der Kabel und der Stahlkonstruktion<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
10 Lageplan<br />
© www.google.com<br />
Nach fast 30 Jahren erfolgte 2006 e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>ternationale Ausschreibung zum Fer-<br />
tigstellen der Hängebrücke, wobei die<br />
vorhandene Stahlkonstruktion, die Kabel<br />
und die Hänger verwendet werden<br />
sollten.<br />
Der Baubeg<strong>in</strong>n fand am 7. Juli 2006 statt.<br />
Schon nach e<strong>in</strong>igen Monaten mussten<br />
die Arbeiten aber gestoppt werden, da<br />
man bemerkt hatte, dass diverse Bau-<br />
teile, wie zum Beispiel die Hauptkabel,<br />
durch die jahrelange Lagerung im Freien<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
starke Schädigungen aufwiesen. Die<br />
Unterbauten wurden vom beauftragten<br />
Konsortium allerd<strong>in</strong>gs ausgeführt.<br />
Unter Berücksichtigung jener Probleme<br />
wurde deshalb das Konsortium Cónirsa<br />
gebeten, den Überbau fertigzustellen.<br />
Das heißt, es waren die Kabel neu zu<br />
beschaffen, Stahlteile, soweit beschädigt,<br />
zu ersetzen und Waagner-Biro unter<br />
Vertrag zu nehmen, um bei der Montage<br />
mit den ursprünglichen Hilfsgeräten und<br />
Verfahren e<strong>in</strong>zuspr<strong>in</strong>gen.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
15
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
2.2 Brückenentwurf<br />
Die Hängebrücke Bill<strong>in</strong>ghurst weist e<strong>in</strong>e<br />
Gesamtlänge von 528 m und Stützweiten<br />
von 104 m + 320 m + 104 m auf. Den<br />
Überbau bilden zwei über Querträger<br />
verbundene Stahlfachwerkträger. Als<br />
Fahrbahn dient e<strong>in</strong>e 10,20 m breite<br />
Betonplatte, die mit den Querträgern im<br />
Verbund steht. Die Versteifungsträger<br />
haben e<strong>in</strong>en Abstand von 11 m, die<br />
Bauhöhe ist 5 m.<br />
Die statischen Berechnungen und Aus-<br />
führungszeichnungen wurden se<strong>in</strong>erzeit<br />
von Waagner-Biro auf Grundlage der<br />
AASHO, e<strong>in</strong>em Vorgänger der AASHTO,<br />
und unter Zuhilfenahme der österreichischen<br />
Norm erarbeitet. Wegen des<br />
fortgeschrittenen Alters und des Zustan-<br />
des der Konstruktion wurden nun Leon-<br />
hardt, Andrä und Partner von Cónirsa mit<br />
der Prüfung der Unterlagen im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>er Nachrechnung der Unter- und<br />
Überbauten beauftragt.<br />
Dazu wurde für das gesamte Bauwerk<br />
e<strong>in</strong>schließlich Widerlager und Tiefgründung<br />
e<strong>in</strong> F<strong>in</strong>ite-Elemente-Modell erstellt,<br />
basierend auf den vorhandenen Zeich-<br />
nungen und Berechnungen. Dieses<br />
Modell be<strong>in</strong>haltete nichtl<strong>in</strong>eare Berech-<br />
nungen dritter Ordnung (Formf<strong>in</strong>dung)<br />
und ermöglichte e<strong>in</strong>e komplette Aus-<br />
wertung aller Spannungen und Schnittkräfte.<br />
Alle Nachweise wurden dann <strong>in</strong><br />
Anlehnung an die ursprüngliche Statik<br />
unter Gebrauchslasten nach globalem<br />
Sicherheitskonzept geführt.<br />
Die Brücke ist beidseitig über massive<br />
Stahlbetonblöcke mit <strong>in</strong>tegrierten<br />
Spannkabelklammern verankert: Die<br />
Stahlbetonkörper wurden räumlich unter<br />
Verwendung von Brick-Elementen model-<br />
liert sowie anhand der Spannungstrajektorien<br />
dann 3-D-Stabwerksmodelle zur<br />
Nachrechnung entwickelt.<br />
16 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
13 14 Ansicht und Grundriss<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
15 Querschnitt<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Da die Berechnung des Überbaus aus<br />
den 1970er Jahren stammte, wurde auf<br />
e<strong>in</strong>e genauere Betrachtung des horizontalen<br />
Tragverhaltens der Brücke unter<br />
W<strong>in</strong>de<strong>in</strong>wirkung verzichtet, zumal zum<br />
damaligen Zeitpunkt die Hard- und<br />
Software e<strong>in</strong>e solche Vorgehensweise<br />
noch nicht erlaubte. Stattdessen wur-<br />
den Annahmen getroffen, die zwar ehe-<br />
dem korrekt, aber nicht durch Untersuchungen<br />
abgesichert waren. Als Resultat<br />
neu durchgeführter W<strong>in</strong>dkanaluntersuchungen<br />
ließ sich das Auftreten von<br />
aerodynamischen Instabilitäten aus-<br />
schließen, die Beanspruchungen aus<br />
W<strong>in</strong>dlasten konnten gegenüber der<br />
Ursprungsstatik sogar abgem<strong>in</strong>dert<br />
werden.<br />
16 Statisches Modell<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH
Die Nachrechnung ergab weiterh<strong>in</strong>,<br />
dass verschiedene isolierte Bereiche der<br />
Brücke verstärkt werden mussten. In den<br />
Ankerkammern mit Massenbeton waren<br />
zum Beispiel M<strong>in</strong>destbewehrungsgrundsätze<br />
nicht e<strong>in</strong>gehalten, und die Beweh-<br />
rung <strong>in</strong> der Fahrbahnplatte stellte sich<br />
als unzureichend heraus. Ursache der<br />
Mängel im Tragwerk waren unter ande-<br />
rem die ger<strong>in</strong>gen Erfordernisse alter<br />
Vorschriften bezüglich Gebrauchs-<br />
tauglichkeit und M<strong>in</strong>destbewehrung,<br />
außerdem erfolgte die Bemessung der<br />
Stahlbetonelemente nicht nach der<br />
Fachwerkanalogie.<br />
17 Brücke im Bauzustand<br />
© Córnisa S. A.<br />
Bevor die Montage des Überbaus ab-<br />
geschlossen werden kann, s<strong>in</strong>d an den<br />
Verankerungen also noch Verstärkungen<br />
vorzunehmen, was momentan geschieht.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer<br />
Dipl.-Ing. Karl Humpf<br />
Dipl.-Ing. Michael Moslener<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />
Stuttgart<br />
Literatur<br />
[1] Saul, R.; Humpf, K.: Der Beitrag Südamerikas<br />
zur Entwicklung des Großbrückenbaus;<br />
<strong>in</strong>: Tagungsband des 20. Dresdner <strong>Brückenbau</strong>symposiums<br />
2010, S. 87–99.<br />
[2] Saul, R.; Humpf, K.; Schiele, I.: Die dritte Brücke<br />
über den Or<strong>in</strong>oco, Venezuela. E<strong>in</strong>e zweistöckige<br />
Schrägkabelbrücke für Straße und Eisenbahn<br />
mit Verbundfachwerk; <strong>in</strong>: Stahlbau 79,<br />
Heft 2, 2010, S. 63–76.<br />
[3] AASHTO (American Association of State<br />
Highway and Transportation Officials):<br />
LRFD Bridge Design Specifications, 1998.<br />
[4] AREMA (American Railway Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />
Association): Manual for Railway Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g,<br />
Chapter 15, Steel Structures.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
17
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Wahrzeichen für die Hauptstadt der Republik Serbien<br />
Neubau der Brücke über die Save <strong>in</strong> Belgrad<br />
von Frank M<strong>in</strong>as<br />
Das neue Wahrzeichen der Stadt<br />
Belgrad ist e<strong>in</strong>e unsymmetrische<br />
Schrägseilbrücke über den Fluss<br />
Save. E<strong>in</strong> 200 m hoher Pylon teilt sie<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en 376 m langen Ganzstahlüberbau<br />
über die Save (Ma<strong>in</strong>span)<br />
und e<strong>in</strong>en 200 m langen Spannbetonquerschnitt<br />
über e<strong>in</strong>en stillgelegten<br />
Seitenarm des Flusses (Backspan).<br />
Die weitere Anb<strong>in</strong>dung erfolgt<br />
über e<strong>in</strong>en 358 m langen e<strong>in</strong>zelligen<br />
Spannbetonhohlkasten (Sidespan).<br />
E<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationales Konsortium<br />
wurde im März 2008 von der Stadt<br />
Belgrad mit Planung und Ausführung<br />
des Bauwerks beauftragt.<br />
Ausschreibung, Konzeption und<br />
Realisierung der Brücke werden<br />
nachstehend vorgestellt.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Das von Tito gee<strong>in</strong>te blockfreie Jugoslawien<br />
zerfiel <strong>in</strong> den Bürgerkriegen nach<br />
se<strong>in</strong>em Tod nach und nach <strong>in</strong> die <strong>in</strong>zwi-<br />
schen sieben Staaten Serbien, Kroatien,<br />
Slowenien, Bosnien und Herzegow<strong>in</strong>a,<br />
Montenegro, Mazedonien und den<br />
Kosovo. Nato-Luftangriffe auch auf die<br />
Infrastruktur leiteten letztendlich das<br />
Ende der kriegerischen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />
im Jahr 2000 e<strong>in</strong>.<br />
2 Brücke über die Save <strong>in</strong> Belgrad<br />
© Stadt Belgrad<br />
18 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
1 Sloboda-Brücke Novi Sad nach dem Bombenangriff<br />
© Cowi A/S<br />
Diese Schäden s<strong>in</strong>d mittlerweile im<br />
Wesentlichen behoben. Der ökonomische<br />
Aufschwung der <strong>in</strong> die Europäische<br />
Union strebenden Länder bed<strong>in</strong>gt nun<br />
e<strong>in</strong>en weitergehenden Ausbau. Belgrad<br />
als Hauptstadt der Republik Serbien ist<br />
nicht nur Wirtschaftszentrum und Mag-<br />
net für die arbeitssuchende Landbevölkerung<br />
und Vertriebene des Bürgerkrieges,<br />
sondern auch Kreuzungspunkt wichtiger<br />
Verkehrswege, wie des bekannten<br />
»Autoput« als Hauptverkehrsader Süd-<br />
europas oder aber der Flüsse Save und<br />
Donau. Die rasant zunehmende Verkehrs-<br />
belastung macht daher den Neubau<br />
e<strong>in</strong>er Brücke über die Save <strong>in</strong> Belgrad<br />
zw<strong>in</strong>gend erforderlich. Gleichzeitig soll<br />
sie e<strong>in</strong> neues Wahrzeichen der Stadt<br />
werden.<br />
Die aktuelle Situation ist geprägt von<br />
der 90%-Nutzung der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Autobahn E 75 durch den <strong>in</strong>nerstädtischen<br />
Verkehr e<strong>in</strong>schließlich L<strong>in</strong>ien-<br />
bussen. Im Stadtgebiet stehen zurzeit<br />
lediglich zwei weitere Brücken zur Ver-<br />
fügung, e<strong>in</strong>e davon ist e<strong>in</strong>e zweigleisige<br />
Trambahnbrücke, die ebenfalls für den<br />
Kfz-Verkehr genutzt wird.<br />
Während Neubelgrad, ehedem zu Öster-<br />
reich-Ungarn gehörend, am nördlichen<br />
Ufer der Save lange Jahre nur Wohngebiet<br />
und der Stadtkern, früher e<strong>in</strong> Teil des<br />
Osmanischen Reiches, e<strong>in</strong> Wohn- und<br />
Geschäftsviertel war, gibt es heute Ver-<br />
kehrsflüsse <strong>in</strong> beide Richtungen: Die<br />
neue Brücke über die Save soll im Wesent-<br />
lichen dem <strong>in</strong>nerstädtischen Verkehr<br />
dienen und ist zudem zur Aufnahme<br />
zweier Gleise e<strong>in</strong>er zukünftigen Metro<br />
vorgesehen.<br />
2 Entwurf und Ausschreibung<br />
Der Vorschlag des slowenischen Inge-<br />
nieurbüros Pont<strong>in</strong>g unter Federführung<br />
von Victor Markelj und des Architekten<br />
Peter Gabrijelcic gewann den <strong>in</strong>ternational<br />
ausgeschriebenen Planungswettbewerb.<br />
Drei Fahrspuren je Richtung, zwei Bahn-<br />
gleise für die Metro sowie zwei Fuß- und<br />
Radwege mussten aufgrund der Geogra-<br />
phie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ebene überführt werden.<br />
Daraus resultierte e<strong>in</strong>e außergewöhn-<br />
liche Breite von 45 m. Zentrales Element<br />
des Siegerentwurfes ist e<strong>in</strong> nadelförmiger,<br />
200 m hoher Pylon mit e<strong>in</strong>er Spitze<br />
aus Edelstahl, gegründet am Ende e<strong>in</strong>er<br />
Halb<strong>in</strong>sel, die als e<strong>in</strong>ziger Bereich im<br />
Stadtbezirk im Sommer regelmäßig<br />
200.000 Wochenend(bade)gästen<br />
Naherholung bietet.
Notwendige Schifffahrtsöffnungen be-<br />
stimmten die wesentlichen Stützweiten<br />
der weiteren Pfeiler. Der Verbundüberbau<br />
des Entwurfs war als dreizelliger Kasten<br />
konzipiert: Die äußeren Kästen dienten<br />
der Kabelverankerung, der mittlere Be-<br />
reich zwischen ihnen soll von der Metro<br />
genutzt werden. Anzahl und Abstand der<br />
Seile, Stützen und Querträger wurden<br />
vorgegeben, blieben aber für die Bieter <strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>en Grenzen ebenso wie die Materialauswahl<br />
variabel. Vorgesehen war, mittels<br />
Gegengewichtsbeton die abhebenden<br />
Lasten der unsymmetrischen Brücke zu<br />
reduzieren.<br />
Dem Konsortium Ogranak Sava Most aus<br />
Porr, Österreich, DSD, Deutschland, und<br />
SCT, Slowenien, wurde im März 2008<br />
der Auftrag für Detailplanung und Bau<br />
erteilt. Die Ausschreibung auf Basis der<br />
festgelegten Regelungen für europäische<br />
Ausschreibungen der f<strong>in</strong>anzierenden<br />
European Bank for Reconstruction and<br />
Development (EBRD) be<strong>in</strong>haltete e<strong>in</strong>en<br />
Ganzstahlüberbau mit orthotroper Plat-<br />
te. Aufgrund von Randbed<strong>in</strong>gungen wie<br />
– ke<strong>in</strong>e Zufahrt zum Pylon über die<br />
Halb<strong>in</strong>sel des Naherholungsgebietes,<br />
– Übergabe der Anschlusspunkte am<br />
nördlichen (Achse 1) und südlichen<br />
(Achse 7) Baufeldende nach 18 Monaten,<br />
– Gesamtbauzeit von 36 Monaten<br />
<strong>in</strong>klusive statischer Berechnung und<br />
Detailpläne,<br />
– Lichtraumprofil der Schifffahrtsöffnungen,<br />
– abhebende Kräfte am rückwärtigen<br />
Pfeiler (Backspan)<br />
und der außergewöhnlichen Abmessungen<br />
(e<strong>in</strong>hüftig, 45 m Breite, 200–376 m<br />
Länge) entschied sich das Konsortium,<br />
nur die Hauptbrücke als Stahlquerschnitt<br />
auszuführen und die Seitenbereiche als<br />
Spannbetonhohlkästen zu realisieren.<br />
Die kurze Bauzeit bed<strong>in</strong>gte darüber h<strong>in</strong>-<br />
aus e<strong>in</strong>e gleichzeitige Errichtung des<br />
Pylons und des Backspan im Gegensatz<br />
zum üblichen, vom Pylon ausgehenden<br />
symmetrischen Freivorbau. Die Spannbetonkästen<br />
wurden deshalb mittels<br />
Taktschiebeverfahren hergestellt, die<br />
Hauptöffnung im freien Vorbau.<br />
3 Längsansicht des Bauwerks<br />
© Stadt Belgrad<br />
3 Ausführungsplanung<br />
EBRD-f<strong>in</strong>anzierte Bauwerke müssen nach<br />
Eurocode berechnet werden, während<br />
der <strong>in</strong>ternationale Fidic-Design-and-<br />
Plant-Build-Vertrag die Berücksichtigung<br />
nationaler Gesetze und Regelungen for-<br />
dert. Insbesondere bei der Bemessung<br />
für Erdbeben ergaben sich zeit- und erklä-<br />
rungs<strong>in</strong>tensive Widersprüche. Neben<br />
e<strong>in</strong>em vom Konsortium beauftragten<br />
unabhängigen Prüf<strong>in</strong>genieur haben<br />
der vom Bauherrn verpflichtete Fidic-<br />
Eng<strong>in</strong>eer als e<strong>in</strong>e Art Bauüberwachung<br />
und e<strong>in</strong> staatliches technisches Kontrollkomitee<br />
aus Fachleuten der verschiedenen<br />
Fachrichtungen Statik und Zeichnungen<br />
geprüft.<br />
Der 14,50 m breite Hohlkasten hat e<strong>in</strong>e<br />
Höhe von 4,75 m, wobei stählerne Schrägstreben<br />
die Kragarme im Abstand von<br />
4 m stützen. Rippen im Betonquerschnitt,<br />
äquivalent zu den Stahlquerträgern der<br />
Hauptöffnung, und e<strong>in</strong>e durchgehende<br />
Kappe lassen das Bauwerk homogen<br />
ersche<strong>in</strong>en.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
4 Bauausführung<br />
4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Die aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse<br />
erforderliche schrittweise Übergabe<br />
der Baustelle durch den Bauherrn<br />
führte zu e<strong>in</strong>er dynamischen Anpassung<br />
des Ablaufs durch das Konsortium bei<br />
gleichzeitig <strong>in</strong>tensiver Ausarbeitung der<br />
statischen Berechnung. Alle Korrespondenz<br />
e<strong>in</strong>schließlich der Statik und der<br />
Zeichnungen musste zweisprachig, das<br />
heißt <strong>in</strong> Englisch und Serbisch, übergeben<br />
werden.<br />
4.2 Gründungen<br />
Mit Zugang zur Baustelle wurden Probe-<br />
bohrungen ausgeführt, deren Ergebnisse<br />
unmittelbar <strong>in</strong> die parallel laufenden<br />
statischen Berechnungen e<strong>in</strong>flossen.<br />
Probebohrpfähle sollten zudem die<br />
Rechenergebnisse bestätigen, e<strong>in</strong>e Opti-<br />
mierung wurde gemäß serbischen Ge-<br />
pflogenheiten jedoch nicht zugelassen<br />
und war letztendlich aufgrund der knap-<br />
pen Bauzeit auch nicht mehr möglich.<br />
Die 30 m tiefe Topfgründung des<br />
Pylons als komb<strong>in</strong>ierte Großbohrpfahl-<br />
(d = 150 cm-)Schlitzwand-Gründung<br />
war sicher e<strong>in</strong> Novum <strong>in</strong> Serbien. Die<br />
notwendigen Spezialgeräte wurden<br />
hierzu temporär importiert.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
19
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
4 Errichtung des Pylons<br />
© Ogranak Sava Most<br />
4.3 Pylon<br />
E<strong>in</strong>e aufwendige Kletterschalung er-<br />
möglichte die zügige Herstellung des<br />
Pylons unter Verwendung moderner<br />
Betonrezepturen der Güten C50/60 und<br />
C55/67 im Bereich der Kabelverankerungen.<br />
Aus Term<strong>in</strong>gründen wurde der im<br />
Endzustand monolithische Verb<strong>in</strong>dungsteil<br />
zwischen Pylon, Backspan und Ma<strong>in</strong>-<br />
span, der sogenannte Pylontisch, nach-<br />
träglich auf konventioneller Schalung<br />
ausgeführt. Alle Baustoffe mussten<br />
mittels Pontons von beiden Saveufern,<br />
abhängig von der Verkehrssituation <strong>in</strong><br />
der Stadt, über Wasser transportiert<br />
werden, wobei die häufig sehr stark<br />
schwankenden Wasserstände zu berück-<br />
sichtigen waren.<br />
Die Vere<strong>in</strong>igung der beiden Pylonstiele<br />
<strong>in</strong> 98 m Höhe erforderte e<strong>in</strong>en Umbau<br />
der Kletterschalung, die am Boden e<strong>in</strong>en<br />
Radius r = 8 m und auf 175 m dann r = 2 m<br />
aufwies. Der term<strong>in</strong>kritische Freivorbau<br />
der unsymmetrischen Brücke wurde auf<br />
Wunsch des Bauherrn zudem beschleunigt,<br />
<strong>in</strong>dem e<strong>in</strong>e Hilfsabspannung zwi-<br />
schen Pylon und Stahlüberbau den E<strong>in</strong>-<br />
hub des dritten Stahlelements ermög-<br />
lichte, noch bevor das erste permanente<br />
Schrägseil montiert werden konnte.<br />
20 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
5 E<strong>in</strong>schub des Backspan<br />
© Ogranak Sava Most<br />
4.4 Backspan<br />
Zeitgleich mit dem Pylon wurde der<br />
200 m lange und am Ende 20.000 t<br />
schwere dreizellige Spannbetonüberbau<br />
auf e<strong>in</strong>er 20 m hohen Vormontageplattform<br />
<strong>in</strong> drei Abschnitten (Bodenplatte,<br />
Kasten, Kragarme) errichtet und <strong>in</strong> Seg-<br />
menten von 18 m im 14-Tage-Rhythmus<br />
e<strong>in</strong>geschoben. Die Kragarme wurden<br />
quer vorgespannt und die stählernen<br />
Schrägstreben <strong>in</strong> die Schalung e<strong>in</strong>gebracht.<br />
Am Pylon und am rückwärtigen<br />
Pfeiler befestigte Abspannungen dienten<br />
als Horizontalsicherung der drei notwen-<br />
digen Hilfsstützen, die im Abstand von<br />
50 m angeordnet wurden und auch als<br />
Haupttragelement e<strong>in</strong>er »Fußgängerbrücke«<br />
zwischen den Ufern fungierten.<br />
Um die Genauigkeitsforderungen e<strong>in</strong>zu-<br />
halten, wurden die Seile<strong>in</strong>leitungspunkte<br />
vorab auf e<strong>in</strong>er absolut ebenen Fläche<br />
am Boden hergestellt und schließlich als<br />
Fertigelemente e<strong>in</strong>gebaut.<br />
4.5 Ma<strong>in</strong>span<br />
Mangelnde Fertigungskapazitäten im<br />
Jahr 2007 <strong>in</strong> Europa führten zu e<strong>in</strong>er<br />
Vergabe nach Ch<strong>in</strong>a: Die ca. 9.000 t<br />
Stahlkonstruktion waren <strong>in</strong>nerhalb von<br />
zwölf Monaten zu fertigen und zu ver-<br />
schiffen, was sich angesichts e<strong>in</strong>er Jahres-<br />
produktion von 120.000 t Stahlbrückenkonstruktion<br />
der beauftragten Werkstatt<br />
als e<strong>in</strong>fach erwies. Sowohl der Bauherr<br />
als auch der <strong>in</strong>nerhalb des Konsortiums<br />
hierfür verantwortliche Partner DSD<br />
entsandten zudem qualifiziertes Über-<br />
wachungspersonal zur Sicherstellung<br />
der Term<strong>in</strong>e und geforderten Standards.<br />
Über den Seeweg gelangten die Ele-<br />
mente bis zur Baustelle <strong>in</strong> Belgrad, wo<br />
sie entladen und gelagert wurden. E<strong>in</strong><br />
Portalkran gewährleistete auf e<strong>in</strong>em<br />
200 m langen Vormontageplatz rechtw<strong>in</strong>klig<br />
zur Brückenachse nahe der<br />
Pfeiler 4 und 5 den Vorzusammenbau<br />
von Kragarmen, Boden und Fahrbahn<br />
sowie das Zusammenfügen e<strong>in</strong>es kom-<br />
pletten Segmentes von 16 m Länge<br />
(Abstand der Seile), 45 m Breite und bis<br />
zu 375 t Eigengewicht. Selbstfahrer<br />
nahmen dann die Bauteile auf und<br />
ermöglichten das Beladen e<strong>in</strong>er beson-<br />
ders hergerichteten Barke über eigens<br />
entwickelte Rampen, die für den an-<br />
stehenden Wasserspiegel stets neu<br />
justiert werden mussten.
6 Verladevorgang e<strong>in</strong>es Stahlsegments<br />
© Ogranak Sava Most<br />
Das 505 t schwere und 17,10 m lange<br />
Anschluss- oder sogenannte Transition-<br />
Element T1 zum Pylontisch wurde mittels<br />
Mobilkränen auf Hilfsstützen, sofort<br />
nachdem die Kletterschalung passiert<br />
hatte, montiert. Das nächste Segment,<br />
das bereits e<strong>in</strong>er Rückverankerung durch<br />
e<strong>in</strong> Seil bedurfte, wurde im Bereich der<br />
Aufschüttung um den Pylonfuß am<br />
Boden zusammengebaut und mit e<strong>in</strong>em<br />
Derrick angehoben. Aufgrund des hohen<br />
Gewichts von 400 t mussten die Kragarme<br />
separat mittels Mobilkränen mon-<br />
tiert werden. Ohne Beh<strong>in</strong>derung der<br />
Schifffahrt werden nun die weiteren<br />
21 Elemente mit der Barke ca. 200 m<br />
flussaufwärts antransportiert und im<br />
Freivorbau e<strong>in</strong>gehoben. Die 45-m-Breite<br />
bedeutete neben e<strong>in</strong>er genauen Ver-<br />
messung der Schnittufer ke<strong>in</strong>e besondere<br />
Herausforderung, das hohe Stück-<br />
gewicht bis zu 360 t erschwerte jedoch<br />
die Fe<strong>in</strong>justierung.<br />
Noch während die Schweißarbeiten<br />
liefen, wurden die bis zu 373 m langen<br />
parallelen Litzenseile des Typs BBR High<br />
Am Cona e<strong>in</strong>gebaut. Die <strong>in</strong>sgesamt<br />
80 Seile wiegen 1.280 t und bestehen<br />
aus bis zu 88 Litzen.<br />
Das gleichzeitige Herstellen von Pylon,<br />
Hauptbrücke und Seilen erforderte<br />
außerdem e<strong>in</strong> ausgeklügeltes und<br />
satellitengestütztes Messprogramm.<br />
4.6 Sidespan<br />
Aus wirtschaftlichen Gründen wurde<br />
der Vorbauschnabel des Backspan auch<br />
für den Sidespan e<strong>in</strong>gesetzt, welcher,<br />
nachdem alle Pfeiler fertiggestellt waren,<br />
<strong>in</strong> 19 Abschnitten zu je 20 m mit 2 %<br />
Längsneigung bergauf wiederum über<br />
Hilfsstützen im Zwei-Wochen-Takt<br />
e<strong>in</strong>geschoben werden. Die maximale<br />
Stützweite von 108 m erforderte hier<br />
e<strong>in</strong>e Überhöhung um ca. 25 cm, was<br />
durch den E<strong>in</strong>satz von Überhöhungsleisten<br />
und e<strong>in</strong>er höhenverstellbaren<br />
Schalung erreicht wird.<br />
7 Freivorbau beim Ma<strong>in</strong>span<br />
© Ogranak Sava Most<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I Z I G<br />
Bis zu ca. 30.000 t werden mittels hydraulischer<br />
Zwill<strong>in</strong>gsverschubanlagen mit<br />
e<strong>in</strong>er Gesamthubkapazität von 4.400 t<br />
verschoben. Der Lückenschluss wird<br />
wiederum durch e<strong>in</strong> Transition-Element<br />
(T2) zwischen Stahl und Beton im Momentennullpunkt<br />
verwirklicht. Nach<br />
Aufbr<strong>in</strong>gen der exzentrischen Vorspannung<br />
<strong>in</strong> den Stegen erfolgt dann der<br />
Ausbau der Hilfsstützen.<br />
5 Ausbauarbeiten<br />
Von den Seitenfeldern ausgehend, wer-<br />
den die Ausbauarbeiten an der Brücke,<br />
Abdichtung und Kappen aus Betonfertigteilen,<br />
Geländer, Leitplanken, Beleuchtung<br />
und schließlich den Asphalt umfassend,<br />
unmittelbar nach der Fe<strong>in</strong>justierung der<br />
Seile fortgesetzt. Erst dieses zusätzliche<br />
Gewicht auf der Hauptbrücke ermöglicht<br />
die Entfernung der Hilfsstützen im Back-<br />
span. Basierend auf Verformungsmessungen<br />
werden zudem Lage und Menge<br />
des zum Toleranzausgleich notwendigen<br />
Ballastbetons errechnet. E<strong>in</strong> Brückenbelastungstest<br />
nach Fertigstellung ist<br />
dann die Voraussetzung für die Verkehrsfreigabe.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
21
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
6 Zusammenfassung<br />
In sehr kurzer Bauzeit entsteht das neue<br />
Wahrzeichen der Hauptstadt der Repu-<br />
blik Serbien (2008–2012). E<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationales<br />
Konsortium wurde 2008 mit<br />
Planung und Bau gemäß Fidic beauftragt.<br />
Außergewöhnliche Abmessungen<br />
<strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit unterschiedlichen<br />
Baustoffen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em im Umbruch bef<strong>in</strong>d-<br />
lichen, von 15 Jahren Embargo geprägten<br />
Land mit kont<strong>in</strong>entalem Klima (heiße<br />
Sommer, kalte W<strong>in</strong>ter) führten gar zu<br />
e<strong>in</strong>er Beachtung durch den Discovery<br />
Channel.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Frank M<strong>in</strong>as<br />
DSD <strong>Brückenbau</strong> GmbH,<br />
Saarlouis<br />
22 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Literatur<br />
[1] M<strong>in</strong>as, F.: Sloboda-Brücke Novi Sad. Stahlbauer<br />
als Generalunternehmer; <strong>in</strong>: Stahlbau,<br />
Heft 10, 2006.<br />
[2] Hopf, S.; Ste<strong>in</strong>kühler, M.; Kotnik, R.; M<strong>in</strong>as, F.;<br />
Markelj, V.; Adam, D.: Construction of Sava<br />
Bridge; <strong>in</strong>: Faculty of Civil Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g, University<br />
of Belgrade (Hrsg.): Convention Paper<br />
Belgrade Bridge Convention 1. October 2010.<br />
[3] Belgrade Land Development Agency: Bridge<br />
over the River Sava <strong>in</strong> the City of Belgrade<br />
Project; unter: www.savabridge.com.<br />
Bauherr<br />
Belgrade Land Development Public Agency,<br />
Belgrad, Serbien<br />
Vorentwurf und Prüfung<br />
Pont<strong>in</strong>g <strong>in</strong>zenirski biro d.o.o., Maribor, Slowenien<br />
Angebots- und Ausführungsplanung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende<br />
Ingenieure VBI, GmbH, Stuttgart<br />
Aerodynamische und seismische Beratung<br />
Eusani Hortmanns Zahlten Ingenieurgesellschaft<br />
mbH, Langenfelden<br />
W<strong>in</strong>dkanalversuche und Schrägseilprüfung<br />
Ruhr-Universität Bochum, Institut für<br />
konstruktiven Ingenieurbau<br />
Gründungsplanung<br />
IBBS ZT-GmbH, Wien, Österreich<br />
Vermessung<br />
Noack Ingenieurgesellschaft mbH, Passau<br />
Bauausführung<br />
Konsortium Ogranak Sava Most:<br />
A. Porr AG, Wien, Österreich<br />
DSD <strong>Brückenbau</strong> GmbH, Saarlouis<br />
SCT Stanovanjski <strong>in</strong>zenir<strong>in</strong>g, Ljubljana, Slowenien<br />
Vorspannung und Schrägseile<br />
BBV Vorspanntechnik GmbH,<br />
Bobenheim-Roxheim<br />
Dywidag-Systems International GmbH,<br />
Unterschleißheim<br />
VT Vorspanntechnik GmbH & Co. KG,<br />
Salzburg, Österreich
Dyna-Grip®-Seile mit enger Verrohrung<br />
Sae Poong Bridge <strong>in</strong> Südkorea<br />
von Christian Gläser, Werner Brand, Roland Weber<br />
Schrägseile mit Litzenbündelseilen<br />
s<strong>in</strong>d nach langjähriger <strong>in</strong>ternationaler<br />
Anwendung auch <strong>in</strong> Deutschland<br />
bei verschiedenen <strong>Brückenbau</strong>wer-<br />
ken e<strong>in</strong>gesetzt worden. Neben den<br />
klassischen Verankerungen wurden<br />
für beengte Platzverhältnisse nun<br />
Gabelkopfverankerungen konzipiert.<br />
Verrohrungen mit kle<strong>in</strong>en Außendurchmessern<br />
verbessern die aero-<br />
dynamischen Eigenschaften von<br />
Litzenbündelseilen. Beide Innovationen<br />
wurden bei der Sae Poong Bridge<br />
<strong>in</strong> Südkorea erstmals verwendet.<br />
1 Entwicklung von Schrägseilen<br />
Für Schrägseilbrücken kommen vollverschlossene<br />
Seile sowie Seile aus Litzen-<br />
bündeln zum E<strong>in</strong>satz.<br />
Vollverschlossene Spiralseile bestehen<br />
<strong>in</strong>nen aus Runddrähten und außen aus<br />
mehreren Lagen Z-Drähten, das größte<br />
bisher <strong>in</strong> Deutschland gefertigte Seil hat<br />
e<strong>in</strong>en Durchmesser von 167 mm und<br />
e<strong>in</strong>e Tragfähigkeit von ca. 30 MN. Der<br />
Aufbau dieser Seile mit ihrer großen<br />
<strong>in</strong>neren Oberfläche erfordert e<strong>in</strong>en<br />
dauerhaften <strong>in</strong>neren Korrosionsschutz,<br />
der gleichzeitig e<strong>in</strong>e Schmierwirkung<br />
aufweisen muss, um die <strong>in</strong>nere Reibung<br />
der E<strong>in</strong>zeldrähte zu m<strong>in</strong>dern. Der Korro-<br />
sionsschutz der Drähte selbst erfolgt<br />
durch Feuerverz<strong>in</strong>kung, zusätzlich er-<br />
höhen Polyurethanbeschichtungen den<br />
außenseitigen Schutz des Seils. Zur Ver-<br />
ankerung werden die Drähte <strong>in</strong> Zughülsen<br />
mit Außengew<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>gegossen,<br />
auf die dann beim E<strong>in</strong>bau Stützmuttern<br />
geschraubt werden.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
1 E<strong>in</strong>bau der Gabelkopfverankerung <strong>in</strong> die Prüfmasch<strong>in</strong>e<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
Als Zugglieder bei den Litzenbündelseilen<br />
kommen siebendrähtige kaltgezogene<br />
Litzen mit d = 15,70 mm, feuerverz<strong>in</strong>kt<br />
und gewachst, mit PE-Mantel <strong>in</strong><br />
Schrägseilausführung zum E<strong>in</strong>satz, die<br />
mit dreiteiligen, besonders schw<strong>in</strong>gfesten<br />
Keilen verankert werden. [1] Die<br />
Schrägseile s<strong>in</strong>d überbauseitig mit e<strong>in</strong>em<br />
Spannanker, e<strong>in</strong>em Ankerblock mit ver-<br />
stellbarer R<strong>in</strong>gmutter und e<strong>in</strong>em pylon-<br />
seitigen Festanker versehen. Das gesamte<br />
Litzenbündel ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em HDPE-Schutzrohr<br />
mit äußerer Wendel, die das Auf-<br />
treten von regen-w<strong>in</strong>d-<strong>in</strong>duzierten<br />
Schw<strong>in</strong>gungen verh<strong>in</strong>dern soll, angeordnet.<br />
Alle Verankerungen beim Seiltyp Dyna-<br />
Grip® besitzen <strong>in</strong>nenliegende Dichtungselemente,<br />
die das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen von Wasser<br />
<strong>in</strong> den Keilbereich verh<strong>in</strong>dern. Die e<strong>in</strong>zel-<br />
nen Litzen können somit für spätere<br />
Untersuchungen ausgetauscht werden.<br />
Beim Seiltyp Dyna-Bond® wird der Ver-<br />
ankerungsbereich aus<strong>in</strong>jiziert, wodurch<br />
Verbund zwischen dem Verankerungskörper<br />
und den Litzen hergestellt wird<br />
und die auf die Keilverankerungen tref-<br />
fenden Spannungsänderungen aus Ver-<br />
kehr- und W<strong>in</strong>dlasten reduziert werden.<br />
Seile vom Typ Dyna-Bond® f<strong>in</strong>den vor<br />
allem <strong>in</strong> erdbebengefährdeten Gebieten<br />
Verwendung.<br />
2 Spezialverankerungen<br />
für den Pylonanschluss<br />
Bei den meisten Schrägseilbrücken<br />
werden die Seile beidseits am Pylon<br />
verankert. Dabei s<strong>in</strong>d die Pylone meist<br />
begehbar und bieten ausreichend Ar-<br />
beitsraum, um den Festanker der Litzen-<br />
bündelseile e<strong>in</strong>zubauen. Für beengte<br />
Platzverhältnisse wurde mit der Clevis-<br />
Verankerung e<strong>in</strong>e Gabelkopfverankerung<br />
entwickelt, die auch e<strong>in</strong>e außenliegende<br />
Befestigung ermöglicht. Die Verankerungen<br />
wurden zunächst für die Seilgrößen<br />
mit 12, 37 und 61 Litzen konzipiert.<br />
Der Gabelkopf wird an e<strong>in</strong>e am Pylon<br />
befestigte Verankerungsscheibe mittels<br />
e<strong>in</strong>es Bolzens angebracht. Der gegossene<br />
Gabelkopf hat auf der pylonabgewandten<br />
Seite e<strong>in</strong> Innengew<strong>in</strong>de, <strong>in</strong> das e<strong>in</strong><br />
Ankerkopf mit Dichte<strong>in</strong>heit des Dyna-<br />
Grip®-Systems e<strong>in</strong>geschraubt wird. Die<br />
Verankerungen werden auf der Baustelle<br />
liegend vormontiert, bevor sie mit dem<br />
Kran e<strong>in</strong>gehoben und mit dem Bolzen an<br />
das Bauwerk angeschlossen werden.<br />
Vor der ersten Anwendung wurden Er-<br />
müdungsversuche und danach e<strong>in</strong> Zug-<br />
versuch gemäß fib-bullet<strong>in</strong> 30 [2] an<br />
Seilen mit 12 und 61 Litzen, ausgestattet<br />
mit Gabelkopfverankerungen, durchgeführt.<br />
Dabei wurden alle Anforderungen<br />
während der 2 x 10 6 Lastwechsel mit<br />
Schw<strong>in</strong>gbreite 200 N/mm 2 sowie beim<br />
nachfolgenden Zugversuch erfüllt.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
23
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
3 Verrohrung von Schrägseilen<br />
Bei Schrägseilen mit Litzenbündeln<br />
werden die verz<strong>in</strong>kten, gewachsten und<br />
PE-ummantelten E<strong>in</strong>zellitzen <strong>in</strong> der<br />
äußeren Verrohrung parallel geführt.<br />
Üblicherweise ist <strong>in</strong>nerhalb der Verrohrung<br />
e<strong>in</strong> Füllungsgrad bis zu 50 % zu<br />
erreichen.<br />
Da die Schrägseile für W<strong>in</strong>dangriff sehr<br />
exponiert liegen und daher auch <strong>in</strong><br />
Abhängigkeit von dem Hüllrohrdurchmesser<br />
die W<strong>in</strong>dlasten und die aus W<strong>in</strong>d<br />
resultierenden Schw<strong>in</strong>gungsersche<strong>in</strong>ungen<br />
zunehmen, besteht Interesse, die<br />
Hüllrohrdurchmesser zu reduzieren.<br />
Durch Optimierung der E<strong>in</strong>bauverfahren<br />
ist es nun gelungen, für die Dyna-Grip®-<br />
Seile sogenannte Slim Ducts mit bis zu<br />
14 % verkle<strong>in</strong>ertem Außendurchmesser<br />
zu verwenden. Die Anordnung der Litzen<br />
bei normaler und enger Verrohrung ist<br />
<strong>in</strong> obenstehendem Bild vergleichend<br />
gegenübergestellt.<br />
Um zu gewährleisten, dass bei enger<br />
Verrohrung und Füllungsgraden bis zu<br />
73 % e<strong>in</strong>e problemlose Montage ebenso<br />
möglich ist, wurden <strong>in</strong> Vorversuchen die<br />
E<strong>in</strong>bauverfahren und -hilfsmittel opti-<br />
miert. Die realisierbaren Hüllrohrdurchmesser<br />
für die Dyna-Grip®-Seile s<strong>in</strong>d hier<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tabelle angegeben.<br />
Dyna-Grip®-Seile Standard Duct Slim Duct<br />
Typ d <strong>in</strong> [mm] d <strong>in</strong> [mm]<br />
DG-P 12 110 110<br />
DG-P 19 125 125<br />
DG-P 31 160 140<br />
DG-P 37 180 160<br />
DG-P 55 200 180<br />
DG-P 61 225 200<br />
DG-P 73 250 225<br />
DG-P 91 280 250<br />
DG-P 109 315 280<br />
DG-P 127 315 280<br />
DG-P 157 355 315<br />
3 Gegenüberstellung von normaler<br />
und schlanker Verrohrung<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
24 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
2 Litzenanordnung bei normaler und enger<br />
Verrohrung für e<strong>in</strong> Schrägseil mit 55 Litzen<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
4 Sae Poong Bridge<br />
4.1 Lage und Abmessungen<br />
Die Weltausstellung Expo 2012 f<strong>in</strong>det<br />
<strong>in</strong> der südkoreanischen Küstenstadt<br />
Yeosu zum Thema »The Liv<strong>in</strong>g Ocean and<br />
Coast« statt. Zur Erschließung der Stadt<br />
werden zurzeit zahlreiche Infrastrukturprojekte<br />
realisiert. Dazu gehört auch die<br />
Errichtung der horizontal gekrümmten<br />
Sae Poong Bridge im Zuge der Nationalstraße<br />
N 2 als Umfahrung der Stadt<br />
Gwangyang, die den Gwangyang Wes-<br />
tern River, e<strong>in</strong>e Eisenbahnstrecke und<br />
e<strong>in</strong>e untergeordnete Straße überquert.<br />
Das Bauwerk ist e<strong>in</strong>e Schrägseilbrücke<br />
mit drei Pylonen und e<strong>in</strong>er Gesamtlänge<br />
von 875 m, die Hauptspannweiten<br />
betragen 85 m + 220 m + 220 m + 85 m.<br />
Der Überbau mit zentralem Hohlkastenquerschnitt<br />
und Streben für die Kragarmbereiche<br />
weist e<strong>in</strong>e Breite von 23,90 m<br />
und e<strong>in</strong>e Höhe von 3,30 m auf. Die beiden<br />
Randpylone haben e<strong>in</strong>e Höhe von<br />
ca. 87 m, der mittlere Pylon e<strong>in</strong>e Höhe<br />
von 101 m.<br />
4.2 Seilführung<br />
Je Pylon ist e<strong>in</strong>e Seilebene zentrisch<br />
angeordnet. Für die Längstragrichtung<br />
kommen 64 Seile der Firma Dywidag-<br />
Systems International vom Typ DG-P55<br />
sowie 26 Seile vom Typ DG-P61 zum<br />
E<strong>in</strong>satz. In Querrichtung werden zwölf<br />
Seile vom Typ DG-P12, acht vom Typ<br />
DG-P37 sowie vier Seile vom Typ DG-P61<br />
e<strong>in</strong>gesetzt, um die Pylone, erforderlich<br />
aufgrund des horizontal gekrümmten<br />
Brückenverlaufs, zu stabilisieren. Da die-<br />
se <strong>in</strong> (Brücken-)Querrichtung orientierten<br />
Seile den Pylon im spitzen W<strong>in</strong>kel<br />
schneiden und ihre Verankerungen mit<br />
jenen der <strong>in</strong> Längsrichtung wirkenden<br />
Seile <strong>in</strong> Konflikt geraten würden, ergab<br />
sich die Notwendigkeit, hier die Gabelkopfverankerungen<br />
e<strong>in</strong>zusetzen.<br />
Außerdem wurden sechs Seile des Typs<br />
DG-P19 <strong>in</strong> den Pfeilern der beiden Randfelder<br />
als Rückhängeseile realisiert, die<br />
e<strong>in</strong> Abheben des Überbaus verh<strong>in</strong>dern<br />
sollen.<br />
4 Pylon und Brückenquerschnitt<br />
mit Abspannseilen<br />
© Dywidag-Systems<br />
International GmbH<br />
5 Sae Poong Bridge im Bauzustand<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
4.3 Bauausführung und Seilmontage<br />
Die Ausführungsarbeiten der Brücke<br />
begannen im August 2009 und sollen<br />
rechtzeitig vor der Expo im Juli 2012<br />
abgeschlossen se<strong>in</strong>. Wegen begrenzten<br />
jährlichen Budgets kann aber nur e<strong>in</strong><br />
Pylon pro Jahr realisiert werden.<br />
Anfang für die Seilmontage war im Früh-<br />
jahr 2010: Der E<strong>in</strong>bau der Seile erfolgt<br />
mit zwei Montageteams, wobei <strong>in</strong> der<br />
Regel e<strong>in</strong> Seil l<strong>in</strong>ks und e<strong>in</strong>es rechts des<br />
Pylons gleichzeitig hergestellt werden.<br />
Aktuell konnten für den ersten Pylon<br />
sowohl die Seile <strong>in</strong> Längstrag- als auch <strong>in</strong><br />
Querrichtung e<strong>in</strong>gebaut und gespannt<br />
werden.
6 E<strong>in</strong>bau der Seile <strong>in</strong> Querrichtung<br />
© Dywidag-Systems International GmbH<br />
5 Ausblick<br />
Mit neuartigen Verankerungskonstruktionen lassen<br />
sich <strong>in</strong> Zukunft auch klassische E<strong>in</strong>satzgebiete von<br />
vollverschlossenen Seilen mit Litzenbündelseilen<br />
ausführen, wobei <strong>in</strong>sbesondere die Vorteile h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Dauerhaftigkeit des Korrosionsschutzes und<br />
e<strong>in</strong>facher Inspizierbarkeit zum Tragen kommen. Die<br />
bei der Sae Poong Bridge erstmals angewandten<br />
kle<strong>in</strong>eren Durchmesser der Verrohrung werden die<br />
Bauweise mit Litzenbündelseilen wegen der verbesserten<br />
aerodynamischen Eigenschaften vor allem<br />
bei großen Spannweiten weiter voranbr<strong>in</strong>gen.<br />
Autoren:<br />
Dr.-Ing. Christian Gläser<br />
CEO Europe Post-Tension<strong>in</strong>g<br />
Dipl.-Ing. Werner Brand<br />
Head of Technical Services Stay Cables<br />
Dipl.-Ing. Roland Weber<br />
Stay Cable Specialist,<br />
Dywidag-Systems International GmbH,<br />
Unterschleißheim<br />
Literatur<br />
[1] Gläser, C.; Scheibe, M.; Zilch, K.: Die 2. Strelasundquerung.<br />
Erste deutsche Anwendung von Parallellitzenseilen; <strong>in</strong>:<br />
Bau<strong>in</strong>genieur, Heft 4, 2007.<br />
[2] Fédération <strong>in</strong>ternationale du béton (Hrsg.): Recommendations<br />
for the Acceptance of Stay Cable Systems us<strong>in</strong>g<br />
Prestress<strong>in</strong>g Steels. fib-bullet<strong>in</strong> 30, 2005.<br />
Bauherr<br />
Iksan Regional Construction and Management<br />
Adm<strong>in</strong>istration, Jeonbuk, Südkorea<br />
Entwurf<br />
Chungsuk Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g Co. Ltd., Seoul, Südkorea<br />
Tragwerksplanung<br />
Daelim Industrial Co. Ltd., Seoul, Südkorea<br />
Envico Consultants Co. Ltd., Seoul, Südkorea<br />
Bauausführung<br />
Daelim Industrial Co. Ltd., Seoul, Südkorea<br />
Lieferung der Seile<br />
Dywidag-Systems International GmbH, Unterschleißheim<br />
Die Leichtigkeit<br />
des Bauens<br />
Weltweit verlassen sich<br />
unsere Kunden bei der Planung,<br />
Fertigung und Montage<br />
von Seilbauwerken<br />
auf unsere Kompetenz.<br />
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2011 | BRÜCKENBAU<br />
25
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Maßnahmen zur Ergänzung des Autobahnnetzes<br />
Geplante Großprojekte <strong>in</strong> Hamburg<br />
26 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
von Bernd Rothe, Karl-He<strong>in</strong>z Re<strong>in</strong>tjes<br />
Ergänzungen des Autobahnnetzes<br />
<strong>in</strong> Hamburg durch Neu- und Aus-<br />
baumaßnahmen s<strong>in</strong>d dr<strong>in</strong>gend<br />
erforderlich. Die Planungen hierzu<br />
s<strong>in</strong>d unterschiedlich fortgeschritten.<br />
Nachfolgend wird über drei Projekte<br />
berichtet, die für die Infrastruktur<br />
Hamburgs und e<strong>in</strong>e leistungsfähige<br />
Verkehrsabwicklung, aber auch für<br />
die Stadtentwicklung von erheblicher<br />
Bedeutung s<strong>in</strong>d. Bestandteile<br />
dieser Maßnahmen s<strong>in</strong>d große<br />
Tunnelbauwerke und Großbrücken,<br />
auf deren funktionale Anforderungen<br />
und die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> das Stadt-<br />
bild hier näher e<strong>in</strong>gegangen wird.<br />
1 E<strong>in</strong>führung<br />
Hamburg ist Dreh- und Angelpunkt für<br />
den Verkehr <strong>in</strong> Norddeutschland. Neben<br />
dem Quell- und Zielverkehr des Ballungszentrums<br />
liegen hier wichtige Streckenverb<strong>in</strong>dungen<br />
von und nach Skand<strong>in</strong>avien.<br />
Gleichzeitig ist der H<strong>in</strong>terlandver-<br />
kehr des Hamburger Hafens zu gewähr-<br />
leisten.<br />
Das Autobahnnetz ist bedeutender<br />
Bestandteil der Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur.<br />
Der Verkehr ist <strong>in</strong> den letzten Jahr-<br />
zehnten stark angewachsen und alle<br />
Prognosen zeigen weitere Steigerungen<br />
auf. Der Ausbau des Autobahnnetzes ist<br />
dem zunehmenden Verkehr bisher aber<br />
nur unzureichend gefolgt. Netzergänzungen<br />
und Erweiterungsmaßnahmen<br />
s<strong>in</strong>d daher dr<strong>in</strong>gend erforderlich.<br />
Der DEGES wurden von Hamburg drei<br />
wesentliche Projekte übertragen. Dies<br />
s<strong>in</strong>d die Verlegung der B 4/B 75 <strong>in</strong> Hamburg-Wilhelmsburg,<br />
die Hafenquerspange<br />
A 252 und die Erweiterung der A 7<br />
nördlich der Elbe. Die Planungen hier-<br />
für bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Phasen.<br />
1 Lage der Bündelungstrasse<br />
© DEGES GmbH<br />
2 Verlegung der B4/B75<br />
2.1 Überblick<br />
Die Wilhelmsburger Reichsstraße ver-<br />
b<strong>in</strong>det als vierstreifige Bundesstraße im<br />
Bereich der größten Fluss<strong>in</strong>sel Europas<br />
<strong>in</strong> Hamburg-Wilhelmsburg die Bundesautobahnen<br />
(BAB) A 253 im Süden und<br />
A 252 im Norden. Sie bildet mit e<strong>in</strong>er Verkehrsbelastung<br />
von nahezu 60.000 Kfz/d<br />
neben der BAB A 1 und der A 7 die dritte<br />
wichtige Nord-Süd-Achse im überregionalen<br />
Straßennetz <strong>in</strong> Hamburg. Der<br />
Stadtteil Wilhelmsburg ist heute durch<br />
diese Straße und die Bahnanlagen <strong>in</strong><br />
drei Teile zerschnitten. Der Verkehrs-<br />
lärm bee<strong>in</strong>trächtigt mit kritischen<br />
Grenzwertüberschreitungen über weite<br />
Flächen die Lebensqualität der Bevöl-<br />
kerung.<br />
Mit ihrer Verlegung um ca. 400 m nach<br />
Osten an die vorhandenen Gleisanlagen<br />
(neun Gleise für S-Bahn-, ICE-, Fernbahn-<br />
und Güterbahnverkehr) soll durch Bün-<br />
delung von Straße und Schiene <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>-<br />
dung mit entsprechenden Lärmschutz-<br />
vorkehrungen nutzbr<strong>in</strong>gender städte-<br />
baulicher Entwicklungsraum geschaffen<br />
werden.<br />
Die Bewohner des Stadtteils Wilhelmsburg<br />
gew<strong>in</strong>nen durch die Maßnahme<br />
neue Lebensqualität h<strong>in</strong>zu, da sich die<br />
Geräuschkulisse deutlich m<strong>in</strong>dert , e<strong>in</strong>e<br />
nachhaltigere Nutzung des Geländes der<br />
Internationalen Gartenschau als Park-<br />
anlage sichergestellt und der Bereich der<br />
Internationalen Bauausstellung »Neue<br />
Mitte Wilhelmsburg« aufgewertet<br />
werden kann.<br />
Die Schneise der Bahnanlagen mit der<br />
zukünftig dann parallel geführten B 4/<br />
B 75 wird zwar e<strong>in</strong>e Zäsur <strong>in</strong> Wilhelmsburg<br />
bleiben, durch die Bündelung von<br />
Bahn und Straße ergibt sich aber e<strong>in</strong><br />
vom überörtlichen Straßenverkehr freies<br />
Wilhelmsburg-West. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
werden die Verb<strong>in</strong>dungen zwischen<br />
Wilhelmsburg-West und -Ost optimiert.<br />
Zur Unterstützung der städtebaulichen<br />
Chancen muss die neue Bundesstraße<br />
mit ihren Bauwerken auf angemessene<br />
Art und Weise <strong>in</strong> die Gegebenheiten des<br />
Stadtbildes e<strong>in</strong>gegliedert werden. Eben-<br />
falls ist e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>passung <strong>in</strong> die Stadtquartiere<br />
vorzunehmen, die im Rahmen<br />
des Masterplans »Neue Mitte Wilhelmsburg«<br />
h<strong>in</strong>zukommen. Die Gestaltung der<br />
neuen Bundesstraße hat zudem wesent-<br />
lichen E<strong>in</strong>fluss auf die Akzeptanz der<br />
Infrastrukturmaßnahme durch die<br />
Bürger und für die zukünftige Stadtentwicklung.<br />
2.2 Gestaltung der Bauwerke<br />
2.2.1 Schallschutzwände<br />
Aufgrund der vor allem durch den Schie-<br />
nenverkehr vorhandenen Vorbelastung<br />
mit kritischen Grenzwertüberschreitungen<br />
der Lärmpegel wird wegen des neu<br />
h<strong>in</strong>zukommenden Verkehrsweges erst-<br />
mals e<strong>in</strong>e schalltechnische Gesamtbetrachtung<br />
mit Summenpegelbildung<br />
der Straßen- und Schienenemissionen<br />
erforderlich. Planerisches Ergebnis ist<br />
e<strong>in</strong> Gesamtlärmschutzpaket, welches<br />
bundesweit durchaus Modellcharakter<br />
besitzen wird.
Zur Abschirmung des Straßen- und<br />
Bahnschalls werden auf fast gesamter<br />
Länge des Streckenabschnittes auf der<br />
West- und Ostseite der Bundesstraße<br />
sowie auf der Ostseite der Bahnanlage<br />
Schallschutzwände errichtet, die Höhen<br />
bis 6 m erreichen. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
Teilbereichen weitere Wände zwischen<br />
den Gleisen des Fernverkehrs und der<br />
S-Bahn zur Abschirmung des Bahnschalls<br />
erforderlich.<br />
Material und Farbe sollten e<strong>in</strong>en Bezug<br />
zum städtebaulichen bzw. landschaftlichen<br />
Umfeld aufweisen. Hier s<strong>in</strong>d<br />
schallabsorbierende Porenbetonelemente<br />
gewählt worden, die derzeit <strong>in</strong><br />
Sandbraun vorgesehen s<strong>in</strong>d und deren<br />
Oberfläche mit e<strong>in</strong>er Struktur aus hori-<br />
zontalen Wellen aufwartet. Für die<br />
Anliegerseite ist e<strong>in</strong>e Begrünung zweck-<br />
mäßig, bei den Wänden im Bahnbereich<br />
können auch metallische Strukturen mit<br />
grauen Farbtönen Verwendung f<strong>in</strong>den.<br />
Bei Wandhöhen größer 4 m sollen die<br />
darüberstehenden Flächen aus transparentem<br />
Material ausgebildet werden.<br />
2.2.2 Brücken<br />
Die vorhandenen querenden Überführungen<br />
können aufgrund der geome-<br />
trischen Bed<strong>in</strong>gungen weitgehend er-<br />
halten werden. Dies ist mit ger<strong>in</strong>gen<br />
baulichen Änderungen möglich. Es han-<br />
delt sich um die Überführung Thielen-<br />
straße, die Überführung Neuenfelder<br />
Straße und die Fuß- und Radwegbrücke<br />
Brackstraße.<br />
Neu zu bauen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Brücke über den<br />
Ernst-August-Kanal und die Unterführung<br />
Rotenhäuser Straße <strong>in</strong> der zukünftigen<br />
Anschlussstelle Wilhelmsburg. In der<br />
Nähe der Neuenfelder Straße ist zudem<br />
die Fuß- und Radwegverb<strong>in</strong>dung zwi-<br />
schen Wilhelmsburg-West und dem<br />
S-Bahnhof Wilhelmsburg neu zu<br />
erstellen.<br />
2 3 4 Konzeption der Schallschutzwände<br />
© DEGES GmbH<br />
Im Bereich der Anschlussstelle Wilhelmsburg-Süd<br />
ist e<strong>in</strong> Ensemble von verschiedenen<br />
Bauten neu zu errichten. Dies s<strong>in</strong>d<br />
zwei Bahnbrücken, e<strong>in</strong> Grundwassertrog<br />
und die Brücke im Zuge der Straße Korn-<br />
weide als Anschlussstellenbauwerk.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige kle<strong>in</strong>ere Bau-<br />
werke, Stützwände sowie Durchlässe<br />
auszuführen, und bei der nördlichen E<strong>in</strong>-<br />
b<strong>in</strong>dung der neuen B 4/B 75 <strong>in</strong> die alte<br />
Trasse der A 252 ist e<strong>in</strong> vorhandenes<br />
Trogbauwerk zu ergänzen.<br />
5 Brücke über den Ernst-August-Kanal<br />
© DEGES GmbH<br />
6 Bahnbrücken bei Kornweide<br />
© DEGES GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Die Planung der zukünftigen Hafenquerspange<br />
(A 252) wird beim Bau der B 4/B 75<br />
im Bereich der Anschlussstelle Wilhelmsburg-Süd<br />
berücksichtigt. Die hierfür<br />
erforderlichen Bauwerke werden aber<br />
erst im Zuge der A 252 realisiert.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
27
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
3 Neubau der Hafenquerspange (A 252)<br />
3.1 Überblick<br />
Die geplante A 252 verb<strong>in</strong>det im Süden<br />
von Hamburg die A 7 im Westen mit der<br />
A 1 im Osten. Neben dem Lückenschluss<br />
im Autobahnnetz verbessert sie die<br />
Erreichbarkeit des Hamburger Hafens<br />
und hat darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e signifikante<br />
Entlastungswirkung für <strong>in</strong>nerstädtische<br />
Quartiere. Die A 252 durchquert auf<br />
großer Länge das Hafengebiet, daher<br />
auch die Bezeichnung Hafenquerspange.<br />
Die Maßnahme steht <strong>in</strong> Zusammenhang<br />
mit den weiteren <strong>in</strong> der Region geplanten<br />
Fernstraßenprojekten, dem Bau der<br />
A 20 und der A 26, der Verbreiterung der<br />
A 7 und der A 1 sowie der Verlegung der<br />
B 4/B 75.<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>er langjährigen Konzeption<br />
wurden verschiedenste Trassen<br />
untersucht, die von e<strong>in</strong>er nahe der Elbe<br />
gelegenen L<strong>in</strong>ie bis zu e<strong>in</strong>er Lage im<br />
Süden des Hafengebiets reichten.<br />
Nachdem die Planung 2009 der DEGES<br />
übergeben wurde, konnte kurzfristig e<strong>in</strong>e<br />
Lösung erarbeitet werden, welche die<br />
unterschiedlichen Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
optimal erfüllt. Diese Trasse mit e<strong>in</strong>er<br />
Länge von 9,60 km, als Süd 1 bezeichnet,<br />
wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong> neues L<strong>in</strong>ienbestimmungsverfahren<br />
e<strong>in</strong>gebracht, das derzeit noch<br />
nicht abgeschlossen ist.<br />
Die Trasse umgeht die Ortslage Moorburg<br />
südlich, berücksichtigt das im Bau<br />
bef<strong>in</strong>dliche Kraftwerk Moorburg, quert<br />
die Süderelbe mit e<strong>in</strong>er Hochbrücke<br />
parallel zur vorhandenen Kattwykbrücke<br />
und verläuft <strong>in</strong> östliche Richtung weiter<br />
durch das Hafengebiet unter Beachtung<br />
vorhandener Raff<strong>in</strong>erie- und Industrieanlagen,<br />
von Hafenbahnen wie -straßen<br />
und taucht im Bereich der Wohngebiete<br />
von Wilhelmsburg <strong>in</strong> Tunnellage ab.<br />
Lange Abschnitte der Trasse s<strong>in</strong>d so auf-<br />
grund der Anschlüsse und der Bündelung<br />
bzw. Kreuzung mit Verkehrs- und<br />
Wasserwegen nicht geländegleich zu<br />
verwirklichen. Auf fast ganzer Streckenlänge<br />
muss die Autobahn deshalb auf<br />
oder <strong>in</strong> Ingenieurbauwerken geführt<br />
werden. Die Kosten wurden <strong>in</strong> der bis-<br />
herigen Planungstiefe mit 750 Mio x<br />
ermittelt.<br />
Nicht geländegleiche Trassen lassen sich<br />
durch Brücken oder durch Tunnel- bzw.<br />
Troglagen realisieren. Auch bei e<strong>in</strong>fachen<br />
Baugrund- und Grundwasserverhältnissen<br />
ist e<strong>in</strong>e Hochlage, also e<strong>in</strong>e Trassenführung<br />
auf e<strong>in</strong>er Brücke bzw. auf e<strong>in</strong>er<br />
Hochstraße <strong>in</strong> aller Regel wesentlich kos-<br />
tengünstiger als jene <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Tunnel.<br />
Das betrifft die Baukosten, <strong>in</strong>sbeson-<br />
28 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
7 Lageplan der Trasse Süd 1<br />
© DEGES GmbH<br />
dere ergibt sich diese Aussage aber bei<br />
Berücksichtigung der Betriebskosten.<br />
Die Hafenquerspange durchquert die<br />
Elb<strong>in</strong>sel, das Grundwasser steht hier<br />
knapp unter dem Gelände an und kann<br />
wegen der Baugrund- wie der Bebauungssituation<br />
für den Endzustand und<br />
ebenfalls im Bauzustand <strong>in</strong> den meisten<br />
Fällen nicht abgesenkt werden. Im Fall<br />
e<strong>in</strong>er Tieflage, sei es Tunnel oder Trog,<br />
bedeutet das erhebliche zusätzliche<br />
Kosten. H<strong>in</strong>zu kommt, dass der Hochwasserschutz<br />
– die Bauwerke im Grundwasser<br />
s<strong>in</strong>d derzeit <strong>in</strong> dem hier betrachteten<br />
Bereich auf e<strong>in</strong>e Wasserspiegelhöhe von<br />
7,80 m über NN auszubilden – weitere<br />
Kosten verursacht. Außerdem muss dis-<br />
kutiert werden, ob bei e<strong>in</strong>em Infrastrukturbauwerk<br />
mit e<strong>in</strong>er Nutzungsdauer<br />
von 80–120 Jahren aufgrund des Klimawandels<br />
noch von höheren Wasserständen<br />
ausgegangen werden sollte.<br />
Hochlagen s<strong>in</strong>d daher generell zu bevor-<br />
zugen.<br />
Die Querung der Süderelbe ist die zen-<br />
trale Aufgabenstellung für die Planung<br />
der Hafenquerspange. Das Bauwerk ist<br />
für die Trassierung und für die Gesamtkosten<br />
von erster Bedeutung. Es wurden<br />
Brücken und Tunnellösungen untersucht.<br />
3.2 Querung der Süderelbe<br />
3.2.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Die Stelle der Querung wird <strong>in</strong> engem<br />
Rahmen durch das Kraftwerk Moorburg,<br />
den Hafen Hohe Schaar und e<strong>in</strong> ausge-<br />
dehntes Industriegelände am Ostufer<br />
der Elbe vorgegeben. Außerdem ist die<br />
vorhandene Kattwykbrücke von Bedeu-<br />
tung, e<strong>in</strong>e Hubbrücke, mit der e<strong>in</strong>e für<br />
den Hafenverkehr wichtige Straßen- und<br />
Bahnverb<strong>in</strong>dung überführt wird.<br />
Die üblichen Bauwerkslösungen für die<br />
Querung e<strong>in</strong>es von Großschiffen befah-<br />
renen Stroms, wie Hoch- oder bewegliche<br />
Brücke und Tunnel <strong>in</strong> unterirdischer<br />
oder offener Bauweise, wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
ersten Untersuchungsschritt betrachtet.<br />
8 Trasse im Bereich der<br />
Süderelbequerung<br />
© DEGES GmbH
Die bewegliche Brücke wurde aus den<br />
weiteren Überlegungen ausgeschieden,<br />
da dem Autobahnverkehr die aus dem<br />
Schiffsverkehr bed<strong>in</strong>gten zahlreichen<br />
und länger dauernden Wartepausen<br />
nicht zugemutet werden können. Die<br />
möglichen Herstellungstechniken der<br />
Tunnel konnten auf zwei Methoden<br />
e<strong>in</strong>gegrenzt werden, so dass <strong>in</strong> der<br />
weiteren Untersuchung nur noch die<br />
Lösungen Hochbrücke, Bohrtunnel<br />
und E<strong>in</strong>schwimm- bzw. Absenktunnel<br />
gegenüberzustellen waren, was auf<br />
e<strong>in</strong>em Vergleichsabschnitt von 2.700 m<br />
Länge erfolgte.<br />
Gemäß der hier anzusetzenden Entwurfsklasse<br />
EKA-1B wurden die Trassierungsparameter<br />
festgelegt, als Autobahnquerschnitt<br />
war e<strong>in</strong> RQ 31 zu<br />
wählen.<br />
3.2.2 Hochbrücke<br />
Für die Lösung »Hochbrücke« ist e<strong>in</strong>e für<br />
die Schifffahrt erforderliche Durchfahrtshöhe<br />
von 53 m über NN festgelegt. Die<br />
Süderelbe hat am Querungsort e<strong>in</strong>e<br />
Breite von 300 m. Der dort gelegene<br />
Hafen Hohe Schaar und die Anlegestelle<br />
des Kraftwerks Moorburg führen dazu,<br />
dass <strong>in</strong> diesem Bereich der Elbe ke<strong>in</strong>e<br />
Pfeiler im Strom situiert werden können.<br />
Bei 300 m Spannweite, und größer ist<br />
e<strong>in</strong> seilverspanntes Tragwerk, die tech-<br />
nisch und wirtschaftlich günstigste<br />
Brückenkonstruktion, wobei sich mit<br />
e<strong>in</strong>em oder auch zwei Pylonen arbeiten<br />
lässt.<br />
3.2.3 Bohrtunnel<br />
Die Baugrundverhältnisse s<strong>in</strong>d derart,<br />
dass e<strong>in</strong> mit Schildmasch<strong>in</strong>e aufgefahrener<br />
Bohrtunnel die zweckmäßige Lö-<br />
sung ist. Se<strong>in</strong>e Länge würde ca. 2.000 m<br />
betragen. Die angrenzenden, <strong>in</strong> offener<br />
Bauweise zu errichtenden Tunnel- und<br />
Trogabschnitte liegen bereits relativ<br />
flach, so dass sie e<strong>in</strong>fach herzustellen<br />
wären. Es werden zwei Tunnelröhren<br />
vorgesehen. Mit der heute zur Verfügung<br />
stehenden Technologie lässt sich der<br />
komplette Querschnitt des RQ 31 nicht<br />
realisieren, die Fahrstreifenbreite und die<br />
Breite des Seitenstreifens müssen redu-<br />
ziert werden.<br />
Aufgrund der Bed<strong>in</strong>gungen der Schifffahrt<br />
ist e<strong>in</strong>e Sohltiefe des Elbfahrwassers<br />
von 15 m unter NN zu gewährleisten.<br />
9 Vorschlag für e<strong>in</strong>e Hochbrücke<br />
© DEGES GmbH<br />
Der Außendurchmesser des Bohrschilds<br />
beträgt 13,50 m, aus technischen Gründen<br />
ist e<strong>in</strong>e Erdüberdeckung über dem<br />
Schild von rund e<strong>in</strong>em Schilddurchmesser<br />
nötig. Damit liegt die Gradiente aber<br />
im Tiefstpunkt etwa bei 37,50 m unter NN.<br />
3.2.4 E<strong>in</strong>schwimm-/Absenktunnel<br />
Die Bauweise des E<strong>in</strong>schwimm- und<br />
Absenkverfahrens (E+A-Verfahren)<br />
besitzt ke<strong>in</strong>e technologisch bed<strong>in</strong>gten<br />
Grenzen für die Querschnittsgröße. Aus<br />
Kostengründen wird aber auch hier ge-<br />
mäß dem Regelwerk e<strong>in</strong>e Reduzierung<br />
der Breite der Fahrstreifen und des<br />
Seitenstreifens vorgenommen.<br />
11 Querschnitt bei E+A-Verfahren<br />
© DEGES GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
10 Querschnitt des<br />
Bohrtunnels<br />
© DEGES GmbH<br />
Die Länge der im E+A-Verfahren erstell-<br />
ten Tunnelstrecke beträgt ca. 560 m. Die<br />
im Anschluss <strong>in</strong> offener Bauweise auszu-<br />
führenden Tunnelabschnitte bedürfen<br />
Baugruben bis ca. 30 m Tiefe, die am<br />
östlichen Elbufer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hafenbereich<br />
bzw. auf Industrieflächen liegen.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
29
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Die für die Realisierung der Tunnelelemente<br />
notwendigen Dockanlagen kön-<br />
nen im engeren Umfeld der Baustelle<br />
errichtet werden. Die Baugrube für das<br />
Absenken der Elemente erfordert e<strong>in</strong>en<br />
Aushub der Elbsohle von ca. 16 m. Die<br />
Absicherung der Gründung der benachbarten<br />
Kattwykbrücke verursacht zusätz-<br />
liche Maßnahmen.<br />
3.2.5 Gegenüberstellung der Lösungen<br />
Die Kosten für beide Tunnel liegen <strong>in</strong><br />
etwa gleicher Höhe, bei Berücksichtigung<br />
der Unterhaltungskosten s<strong>in</strong>d die Kosten<br />
der Brückenlösung aber etwa um die<br />
Hälfte niedriger.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus wurden weitere Krite-<br />
rien, <strong>in</strong>sbesondere die Natur- und Um-<br />
weltbelange, die Bee<strong>in</strong>trächtigungen von<br />
Verkehr und Gewerbe sowie die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>-<br />
dung <strong>in</strong> das planerische und städtebau-<br />
liche Umfeld betrachtet. Die Tunnellösung<br />
des E+A-Verfahrens weist aufgrund<br />
der <strong>in</strong> offener Bauweise herzustellenden<br />
Abschnitte hierbei gravierende Nachteile<br />
auf. Der Bohrtunnel und die Brücke haben<br />
<strong>in</strong> der Gesamtsicht <strong>in</strong> etwa das gleiche<br />
Bewertungsniveau. Unter E<strong>in</strong>beziehung<br />
der Kosten führt das zu der e<strong>in</strong>deutigen<br />
Aussage, dass die Brückenlösung weiter-<br />
zuverfolgen ist. Die E<strong>in</strong>passung e<strong>in</strong>er<br />
Brücke <strong>in</strong> das Stadt- und Hafenbild lässt<br />
sich konstruktiv und gestalterisch<br />
ansprechend realisieren.<br />
13 14 Querschnitte der Tunnellösungen: Fernbahn und Güterbahn<br />
© DEGES GmbH<br />
30 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
12 Visualisierung e<strong>in</strong>er Brücke als mögliche Lösung<br />
© DEGES GmbH<br />
3.3 Querung des<br />
Wohngebiets Wilhelmsburg<br />
Im Bereich der Kreuzung mit der acht-<br />
gleisigen Bahnstrecke Harburg–Wilhelms-<br />
burg sowie der südlichen Wohngebiete<br />
von Wilhelmsburg ergeben sich beson-<br />
dere technische Anforderungen.<br />
Für die Querung der vorhandenen Bahn-<br />
brücken und die Realisierung e<strong>in</strong>es<br />
Lärmschutzes wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Voruntersuchung<br />
mehrere Tunnellösungen be-<br />
trachtet. Unter Berücksichtigung der<br />
komplizierten Grundwasserverhältnisse<br />
und der notwendigen Sicherung der<br />
Brückenkonstruktionen s<strong>in</strong>d sowohl<br />
Tunnel <strong>in</strong> offener Bauweise, entweder<br />
zweizellig mit HDI-Stabilisierung aus<br />
Hilfsstollen oder doppelstöckig mit<br />
überschnittenen Bohrpfahlwänden<br />
(Länge ca. 650 m) als auch e<strong>in</strong>e Bohrtunnellösung<br />
(Länge ca. 900 m) als sehr<br />
aufwendig e<strong>in</strong>zuschätzen. Hierzu s<strong>in</strong>d<br />
zukünftig weitere vertiefende Betrachtungen<br />
notwendig.<br />
4 Erweiterung der BAB A 7<br />
4.1 Überblick<br />
4.1.1 Lage und Maßnahmen<br />
Gegenstand des Ausbaus ist der Ab-<br />
schnitt der A 7 von der Landesgrenze<br />
Schleswig-Holste<strong>in</strong>s und Hamburgs bis<br />
zur Anschlussstelle Othmarschen vor<br />
dem Elbtunnel. Diese Strecke hat e<strong>in</strong>e<br />
Länge von 11,60 km und be<strong>in</strong>haltet das<br />
Autobahndreieck Hamburg Nord-West<br />
sowie sechs Anschlussstellen.
15 Lageplan<br />
© DEGES GmbH<br />
Der Trassenverlauf der A 7 durch die eng<br />
bebauten Stadtteile hat mit steigender<br />
Verkehrsbelastung e<strong>in</strong>e starke Verlärmung<br />
der anliegenden Wohngebäude<br />
bewirkt. Im Zusammenhang mit dem<br />
Ausbau der A 7 hat der Bund für die<br />
gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen<br />
zu sorgen, was <strong>in</strong> den Be-<br />
reichen Bahrenfeld bzw. Othmarschen<br />
und Stell<strong>in</strong>gen bereits die Realisierung<br />
von Deckellösungen bzw. Galeriebauwerken<br />
<strong>in</strong> erheblicher Länge notwendig<br />
macht. Für Hamburg bietet sich damit<br />
die historische Chance, durch Ergänzungen<br />
der Überdeckelungen die trennende<br />
Wirkung der A 7 und die Zerschneidung<br />
der Stadtteile weitgehend zu beheben.<br />
Die Kosten für diese zusätzlichen Maß-<br />
nahmen s<strong>in</strong>d von Hamburg zu tragen.<br />
Im Rahmen der Realisierung von Deckel-<br />
lösungen entsteht aber auch die Mög-<br />
lichkeit der Verwertung von Grundstücken,<br />
wodurch wiederum Erlöse <strong>in</strong> den<br />
Gesamthaushalt von Hamburg zurückfließen<br />
werden.<br />
Die A 7 führt <strong>in</strong> Hamburg durch unterschiedliche<br />
topographische Situationen<br />
und verschieden strukturierte Stadtlandschaften.<br />
Die Randbed<strong>in</strong>gungen und<br />
Ansprüche variieren dementsprechend<br />
ebenfalls, die Umsetzungsvorschläge<br />
spiegeln dies wider. Bestandteile der<br />
Planung s<strong>in</strong>d Lärmschutzwände <strong>in</strong> diver-<br />
ser Höhe und Bauweise, E<strong>in</strong>hausungen<br />
e<strong>in</strong>er Fahrtrichtung und Deckelbauwerke<br />
zur Überbrückung des gesamten Auto-<br />
bahnquerschnitts, die nachfolgend kurz<br />
beschrieben werden. Betrachtet werden<br />
hier lediglich die hauptsächlichen Kon-<br />
fliktbereiche <strong>in</strong> den städtischen Verdichtungszonen.<br />
4.1.2 Abschnitt Schnelsen<br />
Die Autobahn bef<strong>in</strong>det sich hier <strong>in</strong> Trog-<br />
lage. Als erforderlicher Lärmschutz hat<br />
sich e<strong>in</strong>e Lösung mit e<strong>in</strong>kragenden<br />
Lärmschutzwänden auf Stützwänden<br />
ergeben.<br />
Als städtebaulich optimale Lösung<br />
wird allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> geschlossener Deckel<br />
von der Heidlohstraße bis nördlich der<br />
Frohmestraße mit e<strong>in</strong>er Länge von 550 m<br />
verfolgt, da se<strong>in</strong>e Ausführung e<strong>in</strong> Zusam-<br />
menwachsen des Zentrums von Schnelsen<br />
ermöglicht. Für die Randbereiche<br />
wird e<strong>in</strong>e Mischnutzung vorgesehen,<br />
auf der Deckelfläche südlich der Frohme-<br />
straße ist e<strong>in</strong>e Grünanlage mit Fuß- und<br />
Radwegen geplant.<br />
16 Bauphase <strong>in</strong> Stell<strong>in</strong>gen<br />
© DEGES GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
4.1.3 Abschnitt Stell<strong>in</strong>gen<br />
Die Autobahn bef<strong>in</strong>det sich hier eben-<br />
falls <strong>in</strong> Troglage. Sie zerschneidet die<br />
Ortslage so, dass die Wohnbebauung <strong>in</strong><br />
Stell<strong>in</strong>gen starker Verlärmung ausgesetzt<br />
ist. Als erforderlicher Lärmschutz<br />
wurde daher e<strong>in</strong> geschlossenes Deckelbauwerk<br />
von der Güterumgehungsbahn<br />
bis zur Kieler Straße mit e<strong>in</strong>er Länge von<br />
950 m ermittelt, während <strong>in</strong> den an-<br />
schließenden Bereichen e<strong>in</strong>kragende<br />
Lärmschutzwände vorgesehen s<strong>in</strong>d.<br />
Die Überlegungen zur städtebaulichen<br />
Optimierung haben nicht zu e<strong>in</strong>er Ver-<br />
längerung des Deckels geführt, sondern<br />
zu detaillierten Ergänzungen des Schall-<br />
schutzes und des Sichtschutzes.<br />
Während der gesamten Bauzeit ist e<strong>in</strong>e<br />
sechsstreifige Verkehrsführung zu<br />
gewährleisten.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
31
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
4.1.4 Abschnitt Bahrenfeld-Othmarschen<br />
Die Autobahn bef<strong>in</strong>det sich hier größten-<br />
teils <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tieflage mit Böschungen.<br />
Als erforderlicher Lärmschutz ergab<br />
sich e<strong>in</strong>e Deckelkonstruktion von 730 m<br />
Länge im Bereich der Anschlussstelle<br />
Bahrenfeld. Nach Süden schließt sich<br />
e<strong>in</strong> Galeriebauwerk von 580 m Länge an,<br />
das die Fahrtrichtung nach Hannover<br />
e<strong>in</strong>haust. Für die nachfolgenden Ab-<br />
schnitte wurde e<strong>in</strong>e Wandlösung mit<br />
unterschiedlichen Höhen vorgeschlagen.<br />
Als städtebaulich optimale Lösung wird<br />
e<strong>in</strong>e Verlängerung des Deckelbauwerkes<br />
nach Norden bis <strong>in</strong> Höhe W<strong>in</strong>sbergr<strong>in</strong>g<br />
und damit auf e<strong>in</strong>e Gesamtlänge von<br />
ca. 2.000 m verfolgt. Südlich verbleibt<br />
die E<strong>in</strong>hausung der westlichen Fahrtrichtung<br />
bis zur Brücke Behr<strong>in</strong>gstraße.<br />
4.2 Gestaltung der Bauwerke<br />
4.2.1 Lärmschutzwände<br />
Basislösung s<strong>in</strong>d an den Fahrbahnrändern<br />
bzw. im Mittelstreifen angeordnete<br />
e<strong>in</strong>kragende Wände über der Autobahn,<br />
wobei die Höhe des vertikalen Wandabschnitts<br />
mit 7,50 m vorgesehen wurde.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Kragweite von 4,00 m beträgt<br />
die maximale Höhe des Dachrands<br />
9,00 m, was e<strong>in</strong>e städtebaulich akzeptable<br />
Lösung darstellt und gleichzeitig<br />
die Unterbr<strong>in</strong>gung der Autobahnbeschilderung<br />
nicht beh<strong>in</strong>dert. In Streckenabschnitten,<br />
<strong>in</strong> denen nur e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerer<br />
Schallschutz erforderlich ist, werden<br />
h<strong>in</strong>gegen vertikale Wände bis 7,50 m<br />
Höhe e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
32 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
17 18 19 20 Lärmschutzwand: Innenseite, Endausformung,<br />
Konstruktionsdetail, Rückfront<br />
© DEGES GmbH<br />
Die außergewöhnlichen Abmessungen<br />
der Wände <strong>in</strong> Länge und Höhe bedürfen<br />
e<strong>in</strong>er differenzierten Strukturierung.<br />
Verfolgt wurde das Konzept e<strong>in</strong>er ausge-<br />
prägten räumlichen Gliederung <strong>in</strong> der<br />
Vertikalen wie <strong>in</strong> der Horizontalen.<br />
Nachstehende charakteristische Details<br />
wurden für den Regelfall der Kragwände<br />
vorgesehen:<br />
– Hauptstützen im Abstand von 12 m<br />
als Dreigurt-Rohrfachwerkb<strong>in</strong>der mit<br />
Bogenform,<br />
– Anordnung des Dachfachwerks <strong>in</strong>nenliegend<br />
mit biegesteifer Fachwerkverb<strong>in</strong>dung<br />
zur -hauptstütze,<br />
– Spoiler an der Kragdachspitze als<br />
Doppelrohr,<br />
– leicht geneigte Ausbildung der seitlichen<br />
Wandflächen,<br />
– <strong>in</strong>nenseitig Betongleitwände, Unterteil<br />
der Wandfläche mit Porenbetonelementen<br />
bis zu e<strong>in</strong>er Höhe von<br />
ca. 2,50 m, Oberteil aus Alum<strong>in</strong>iumelementen,<br />
– Innenseite des Kragdachs aus metallischen<br />
Elementen,<br />
– äußere Dachfläche aus metallischen<br />
Profilen,<br />
– materialorientierte Farbgestaltung,<br />
da sich durch die unterschiedlichen<br />
Geometrien der Wände und Portal-<br />
bauwerke e<strong>in</strong>e abwechslungsreiche<br />
Baulandschaft ergibt, so dass auf e<strong>in</strong>e<br />
weitere Akzentuierung verzichtet<br />
werden soll,<br />
– Vorpflanzung oder Rankbegrünung an<br />
den Rückseiten der äußeren Lärmschutzwände.<br />
4.2.2 Deckelbauwerke<br />
Unter Deckelbauwerken s<strong>in</strong>d Tunnel zu<br />
verstehen, die wegen der oberflächennahen<br />
Lage als Stahlbetonrahmen mit<br />
flachen Decken ausgeführt werden, auf<br />
denen e<strong>in</strong>e mehr oder weniger große<br />
Erdüberschüttung ausgeführt wird. Die<br />
Überschüttungsfläche lässt sich unter-<br />
schiedlich nutzen, <strong>in</strong> diesem Fall sollen<br />
auch Bäume gepflanzt werden können,<br />
weshalb e<strong>in</strong>e Überschüttungshöhe von<br />
1,20 m e<strong>in</strong>gehalten wird.<br />
Infolge des breiten Autobahnquerschnitts<br />
im Abschnitt Stell<strong>in</strong>gen resultieren bei<br />
e<strong>in</strong>em Rahmen mit zwei Zellen bzw. zwei<br />
Tunnelröhren Spannweiten von je 25 m<br />
und mehr. Aufgrund der großen Spann-<br />
weiten des zweizelligen Rahmens und<br />
der relativ großen Belastung wird für<br />
die Rahmendecke e<strong>in</strong>e vorgespannte<br />
Konstruktion vorgesehen.<br />
Zentrale Lärmschutzmaßnahme im<br />
Bereich der drei Stadtkerne s<strong>in</strong>d Tunnel,<br />
<strong>in</strong> Schnelsen mit e<strong>in</strong>er Länge von 550 m,<br />
<strong>in</strong> Stell<strong>in</strong>gen mit ca. 1.000 m und <strong>in</strong><br />
Bahrenfeld/Otmarschen mit ca. 2.000 m.<br />
Zwischen dem Südportal des Tunnels<br />
Bahrenfeld/Othmarschen und dem<br />
südlich gelegenen Elbtunnel, der e<strong>in</strong>e<br />
Länge von 3.000 m hat, verbleibt e<strong>in</strong><br />
offener Abschnitt von 380 m.
Die Tunnelportale eignen sich dafür, im<br />
Verlauf der Strecke e<strong>in</strong>e gezielte Akzen-<br />
tuierung dort vorzunehmen, wo die<br />
Autobahn e<strong>in</strong> Stadtkerngebiet durchquert.<br />
Dafür werden bei den Portalen<br />
Querscheiben mit Bogenform ausgebildet,<br />
die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e geschlossene und e<strong>in</strong>e<br />
transparente Fläche gegliedert s<strong>in</strong>d.<br />
Im Regelfall s<strong>in</strong>d vor den Portalen die<br />
vollständigen Kragwände, das heißt<br />
Kragwände an der Seite und e<strong>in</strong>e Krag-<br />
wand im Mittelstreifen, erforderlich.<br />
21 Deckelbauwerk an der Kieler Straße<br />
© DEGES GmbH<br />
In der Situation werden die auskragenden<br />
Seitenwände und die auskragende<br />
Mittelwand <strong>in</strong> ihrer Höhenlage angepasst<br />
und zu zwei Kuppeln geschlossen,<br />
die auf die (Portal-)Querscheibe stoßen.<br />
Die Rampenportale im Umfeld von An-<br />
schlussstellen erhalten e<strong>in</strong>e besondere<br />
Ausformung durch Kuppeln aus trans-<br />
parentem Material, die über entsprechende<br />
Geländemodellierungen <strong>in</strong> die<br />
Gestaltung der Tunneloberflächen<br />
e<strong>in</strong>gebunden werden.<br />
4.2.3 Brücken<br />
Die Unter- und Überführungen der Auto-<br />
bahn wurden ca. 1970 realisiert. Die<br />
Bauwerke, denen je nach Herstellungsverfahren<br />
e<strong>in</strong>e Nutzungsdauer von<br />
70–120 Jahren zugeordnet wird, haben<br />
damit etwa die Hälfte ihrer »Lebenszeit«<br />
erreicht. Falls ihre Geometrie es zulässt,<br />
dass der breitere Ausbauquerschnitt<br />
aufgenommen wird, können daher<br />
die Erhaltung und weitere Nutzung <strong>in</strong><br />
Betracht gezogen werden. Die Untersuchungen<br />
hierzu s<strong>in</strong>d umfangreich, denn<br />
es müssen unter anderem Tragfähigkeit,<br />
aktueller Bauwerkszustand, konstruktive<br />
Problemstellungen und der Standard des<br />
Aufbaus berücksichtigt werden.<br />
Die vorhandene Langenfelder Brücke liegt<br />
im Zuge der A 7 und überquert <strong>in</strong> Stell<strong>in</strong>gen<br />
e<strong>in</strong>en Bahnhof sowie ICE- und<br />
S-Bahn-Gleise. Die Brücke muss neu<br />
errichtet werden, da das existierende<br />
Tragwerk den verbreiterten Autobahnquerschnitt<br />
nicht aufzunehmen vermag.<br />
Der Neubau ist <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er im E<strong>in</strong>-<br />
schubverfahren herzustellenden Ver-<br />
bundbrücke vorgesehen.<br />
Perfektion <strong>in</strong> Stahl und Glas<br />
INKON GmbH · Grubenstraße 24 · 56462 Höhn · Telefon 0 26 61 - 98 80 0<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Mit größeren Problemen behaftet ist<br />
der Rückbau der Spannbetonkästen der<br />
vorhandenen Brücke, die zeitweilig je-<br />
weils als Spannbetonkasten auf Trag-<br />
gerüst umgesetzt wurde. E<strong>in</strong> Rückbau<br />
mit konventionellen Abbruchmethoden<br />
würde zu nicht vertretbaren Sperrzeiten<br />
des Bahnverkehrs führen. Als geeignete<br />
Lösung wird verfolgt, dass der über den<br />
Durchfahrtsgleisen gelegene Brückenteil<br />
auf Hilfsstützen aus dem Bahnfeld ge-<br />
schoben wird, wozu aber vorab e<strong>in</strong>e Ver-<br />
stärkung des Überbaus notwendig ist.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Bernd Rothe<br />
Dipl.-Ing. Karl-He<strong>in</strong>z Re<strong>in</strong>tjes<br />
DEGES Deutsche E<strong>in</strong>heit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berl<strong>in</strong><br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Auftragsverwaltung<br />
Hansestadt Hamburg<br />
Vertreter der Auftragsverwaltung<br />
DEGES Deutsche E<strong>in</strong>heit Fernstraßenplanungs-<br />
und -bau GmbH, Berl<strong>in</strong><br />
Planung<br />
ca. 30 Ingenieurbüros<br />
www.<strong>in</strong>kon-gmbh.eu<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
33
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Def<strong>in</strong>ition, Charakteristika und ausführte Beispiele<br />
Renaissance der <strong>in</strong>tegralen Bauweise im <strong>Brückenbau</strong><br />
von W<strong>in</strong>fried Glitsch<br />
Jede Fuge, <strong>in</strong>sbesondere jede Dilatationsfuge,<br />
ist e<strong>in</strong>e Schwachstelle<br />
und erfordert e<strong>in</strong>en erhöhten Unter-<br />
haltungsaufwand. Diese Erkenntnis<br />
hat <strong>in</strong> den letzten Jahren im In- und<br />
Ausland zu e<strong>in</strong>er Rückbes<strong>in</strong>nung auf<br />
die fugen- und lagerlose Bauweise<br />
geführt. Dabei s<strong>in</strong>d fugenlose Struk-<br />
turen von alters her bekannt. In der<br />
Vergangenheit wurden zahlreiche<br />
<strong>in</strong>tegrale Bauwerke, vor allem e<strong>in</strong>-<br />
feldrige Rahmenbrücken, aber eben-<br />
so semi<strong>in</strong>tegrale (halb<strong>in</strong>tegrale)<br />
Konstruktionen mit Lagern und<br />
Dilatationsfugen an den Widerlagern<br />
realisiert. Die lager- und<br />
fugenlose Bauweise bietet vielseitige<br />
E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten, sie be-<br />
d<strong>in</strong>gt zugleich jedoch e<strong>in</strong> hohes<br />
Maß an Ingenieurverstand. Dies<br />
gilt sowohl für die Planung als auch<br />
für die Bauausführung.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Jede Fuge, <strong>in</strong>sbesondere jede Dilatationsfuge,<br />
ist e<strong>in</strong>e Schwachstelle und verur-<br />
sacht e<strong>in</strong>en erhöhten Unterhaltungsaufwand.<br />
Dies gilt ebenso für Brücken-<br />
lager, wenn auch <strong>in</strong> deutlich ger<strong>in</strong>gerem<br />
Maße. [5]<br />
Widerlager<br />
34 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Hauptbewegungsrichtung<br />
1 Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegralen Brücke<br />
© Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen<br />
Dehnfuge<br />
Pfeiler<br />
2 Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>er semi<strong>in</strong>tegralen Brücke<br />
© BMVBS/Arbeitsgruppe <strong>in</strong>tegrale Bauweise<br />
Deshalb ist seit e<strong>in</strong>igen Jahren die<br />
Wiederentdeckung der lager- und fugen-<br />
losen Bauweise [3] im <strong>Brückenbau</strong> zu<br />
beobachten. Dies trifft nicht nur für<br />
Deutschland zu, gerade im Ausland ist<br />
sie stark verbreitet. Seit mehreren Jahren<br />
beschäftigen sich Forschungsprojekte<br />
und Arbeitsgruppen im In- und Ausland<br />
<strong>in</strong>tensiv mit dem Thema »Integrale<br />
Brücken«, um gesicherte Kenntnisse zu<br />
erlangen und ihren E<strong>in</strong>satz zu fördern<br />
und auszuweiten. In England ist sie<br />
bereits die übliche Bauweise bei Brü-<br />
ckenlängen bis 60 m und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
Bundesstaaten der USA mittlerweile als<br />
Standardbauweise <strong>in</strong> »Bridge Design<br />
Manuals« geregelt. In der Schweiz, <strong>in</strong><br />
Österreich und <strong>in</strong> Deutschland werden<br />
derzeit Richtl<strong>in</strong>ien bzw. Entwurfshilfen<br />
für ihre Anwendung erstellt bzw. stehen<br />
kurz vor der E<strong>in</strong>führung. In Deutschland<br />
ist e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Arbeitsgruppe im Auftrag<br />
des <strong>Brückenbau</strong>referates des Bundesm<strong>in</strong>isteriums<br />
für Verkehr, Bau und Stadt-<br />
entwicklung (BMVBS) mit dieser Thema-<br />
tik befasst.<br />
Mit der Etablierung der Begriffe <strong>in</strong>tegral<br />
und semi<strong>in</strong>tegral und der Anwendung<br />
der fugenlosen Bauweise über den bis<br />
dato vorhandenen Erfahrungsbereich<br />
h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d die beiden Bezeichnungen<br />
heute <strong>in</strong> aller Munde.<br />
Überbau<br />
Widerlager<br />
Verschiebungsruhepunkt<br />
2 Die Begriffe<br />
<strong>in</strong>tegral und semi<strong>in</strong>tegral<br />
Bei den lager- und fugenlosen Bauwerken<br />
unterscheidet man im Wesentlichen<br />
zwei Kategorien: <strong>in</strong>tegrale und semi<strong>in</strong>tegrale<br />
Brücken.<br />
Brücken ohne Fugen und Lager werden<br />
als <strong>in</strong>tegrale Bauwerke bezeichnet. Der<br />
Überbau e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegralen Brücke ist über<br />
die gesamte (Brücken-)Länge fugenlos<br />
durchlaufend und weder von den Pfei-<br />
lern noch von den Widerlagern durch<br />
Fugen oder Lager getrennt: Alle Bauteile<br />
s<strong>in</strong>d monolithisch mite<strong>in</strong>ander verbunden.<br />
Betongelenke werden als monolithische<br />
Verb<strong>in</strong>dung verstanden. [1] [2]<br />
Für den Begriff semi<strong>in</strong>tegral (halb<strong>in</strong>tegral)<br />
gibt es unterschiedliche Def<strong>in</strong>itionen.<br />
In den USA und teilweise auch <strong>in</strong><br />
den europäischen Nachbarstaaten wer-<br />
den Brücken als semi<strong>in</strong>tegral bezeichnet,<br />
welche entweder Fahrbahnübergänge<br />
oder Lager aufweisen, aber nicht beides.<br />
Die Lager oder Fahrbahnübergangskonstruktionen<br />
werden nur an den<br />
Widerlagern angeordnet. [5]<br />
In Deutschland s<strong>in</strong>d gelagerte Brücken<br />
ohne Fahrbahnübergänge bisher nicht<br />
üblich, deshalb wird meist folgende Defi-<br />
nition gewählt: Semi<strong>in</strong>tegrale Brücken<br />
s<strong>in</strong>d Rahmentragwerke, bei denen m<strong>in</strong>-<br />
destens zwei Pfeiler monolithisch, also<br />
ohne Lager, an den Überbau angeschlossen<br />
s<strong>in</strong>d. Die Widerlager s<strong>in</strong>d mit Fahr-<br />
bahnübergängen und Lagern ausgestattet.<br />
Wie bei <strong>in</strong>tegralen Bauwerken<br />
resultieren aus der statisch unbestimmten<br />
Lagerung e<strong>in</strong>es Teilsystems auch bei<br />
semi<strong>in</strong>tegralen Bauwerken Zwangsbeanspruchungen<br />
aus der Schwankung des<br />
konstanten Temperaturanteils.<br />
Dehnfuge
3 Vor- und Nachteile<br />
der <strong>in</strong>tegralen Bauweise<br />
Integrale Bauwerke und zum Teil mit<br />
E<strong>in</strong>schränkungen auch semi<strong>in</strong>tegrale<br />
Bauwerke bieten h<strong>in</strong>sichtlich der Gestal-<br />
tung, Wirtschaftlichkeit, Nutzung und<br />
Unterhaltung Vorteile gegenüber Brü-<br />
cken mit Lagern und Dilatationsfugen.<br />
Die wesentlichen Vorteile s<strong>in</strong>d nach<br />
[5] [6]:<br />
– der Entfall von Verschleißbauteilen<br />
(Fahrbahnübergänge, Lager) und<br />
damit die Verm<strong>in</strong>derung der Instandhaltungskosten,<br />
– e<strong>in</strong> höherer Fahrkomfort und die Reduzierung<br />
der Lärmemissionen durch<br />
den Entfall der Fahrbahnübergangskonstruktionen,<br />
– die Vermeidung von direktem Taumittelzutritt<br />
wegen des Verzichts auf<br />
Fugen,<br />
– schlanke und ästhetische Bauwerke<br />
wegen ger<strong>in</strong>gerer Bauteilabmes-<br />
sungen,<br />
– e<strong>in</strong>e größere Freiheit bei der Wahl der<br />
Stützweiten (auch kle<strong>in</strong>e Randfelder<br />
ohne abhebende Kräfte s<strong>in</strong>d möglich),<br />
– der Ansatz der aussteifenden Wirkung<br />
der Widerlagerh<strong>in</strong>terfüllung, zum<br />
Beispiel für die Lastfälle W<strong>in</strong>d und<br />
Bremsen,<br />
– größere Traglastreserven im Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit.<br />
Dem stehen folgende Nachteile gegen-<br />
über:<br />
– Es s<strong>in</strong>d erhöhte Anforderungen an das<br />
geotechnische Entwurfsgutachten zu<br />
stellen, da obere und untere Grenzwerte<br />
der Bodenkennwerte benötigt<br />
werden.<br />
– Die Berechnung ist aufwendiger, da<br />
die Interaktion von Bauwerk und<br />
Boden zu berücksichtigen ist.<br />
– Die realistische Erfassung der bemessungsrelevanten<br />
Parameter ist schwie-<br />
riger (Boden, Steifigkeiten, E-Modul).<br />
– Es s<strong>in</strong>d planmäßig Zwangskräfte vorhanden.<br />
– Der Baugrund muss setzungsunempf<strong>in</strong>dlich,<br />
zugleich aber horizontal<br />
nachgiebig se<strong>in</strong>.<br />
– Planungs- und Baufehler s<strong>in</strong>d nur sehr<br />
schwer zu korrigieren.<br />
– Zyklische Temperaturverformungen<br />
können Setzungen <strong>in</strong> der H<strong>in</strong>terfüllung<br />
hervorrufen.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
3 Aquädukt von Segovia<br />
© Manuel Gonzáles Olaechea y Franco/www.wikipedia.de<br />
4 Historie<br />
Vom Beg<strong>in</strong>n des Massivbrückenbaus im<br />
Altertum bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
war die fugenlose Bauweise<br />
die gängige Bauweise. Wie robust und<br />
dauerhaft solche Konstruktionen s<strong>in</strong>d,<br />
zeigen Zeugnisse aus der Römerzeit,<br />
wie unter anderem das Aquädukt von<br />
Segovia mit e<strong>in</strong>er Länge von 814 m, das<br />
heute noch als Wasserleitung dient.<br />
Aber auch aus den Gründerjahren des<br />
Eisenbahnbaues um 1850 und der ersten<br />
Zeit des Autobahnbaues um 1930 existieren<br />
Zeugnisse dieser langlebigen Bau-<br />
weise, wie zum Beispiel die 1851 fertiggestellte<br />
574 m lange Göltzschtalbrücke,<br />
die als größte Ziegelste<strong>in</strong>brücke der Welt<br />
bekannt ist.<br />
Doch nicht nur im Mauerwerksbau kam<br />
die <strong>in</strong>tegrale Bauweise zum E<strong>in</strong>satz,<br />
Stahlbeton- und Spannbetonbauwerke<br />
wurden zunächst ebenfalls weitgehend<br />
lager- und fugenlos errichtet. So gibt es<br />
zahlreiche Rahmenbauwerke und sogar<br />
größere Talbrücken, die <strong>in</strong>tegral bzw.<br />
semi<strong>in</strong>tegral ausgeführt wurden. Mit<br />
dem stetigen Anwachsen der Bauwerkslängen,<br />
dem Siegeszug des Spannbetons<br />
und der starken Verbreitung des Takt-<br />
schiebeverfahrens, das e<strong>in</strong>e monolithische<br />
Verb<strong>in</strong>dung quasi ausschließt,<br />
wurde die <strong>in</strong>tegrale bzw. semi<strong>in</strong>tegrale<br />
Bauweise zurückgedrängt. Zur sicheren<br />
Beherrschung der Zwängungen aus<br />
Vorspannung, Schw<strong>in</strong>den, Kriechen,<br />
Stützensenkung und vor allem Temperatur<br />
sowie zur Vermeidung von Rissen<br />
wurden zunehmend zwängungsarme<br />
bzw. -freie Systeme durch die gezielte<br />
Anordnung von Lagern und Fahrbahnübergängen<br />
gewählt. Lager und Fugen-<br />
übergangskonstruktionen entwickelten<br />
sich zu Standardelementen im Brücken-<br />
bau und waren selbstverständlicher<br />
Bestandteil jeder Brücke. Erste gegen-<br />
läufige Tendenzen waren <strong>in</strong> den 1980er<br />
Jahren bei der Umsetzung kle<strong>in</strong>erer Rah-<br />
menbrücken erkennbar. Bei längeren<br />
Talquerungen deutete sich durch die<br />
Konzeption von Festpfeilergruppen oder<br />
e<strong>in</strong>er »schwimmenden Lagerung« e<strong>in</strong>e<br />
Tendenz zur semi<strong>in</strong>tegralen Bauweise an.<br />
5 Besonderheiten<br />
der <strong>in</strong>tegralen Bauweise<br />
Bei <strong>in</strong>tegralen Bauwerken bilden die<br />
Widerlager und der Überbau e<strong>in</strong>e mono-<br />
lithische Struktur. Demzufolge ist der<br />
Baugrund nicht nur als E<strong>in</strong>wirkung auf<br />
das Tragwerk zu berücksichtigen, son-<br />
dern ist Systembestandteil und fließt<br />
mit se<strong>in</strong>en Baustoffeigenschaften als<br />
<strong>in</strong>tegraler Bestandteil <strong>in</strong> das statische<br />
Gesamtmodell e<strong>in</strong>.<br />
Aus Temperatur und damit verbundener<br />
Längenänderung entstehen Zwangs-<br />
beanspruchungen im Bauwerk. Die Ver-<br />
schiebungen und Verdrehungen wirken<br />
aber auch auf den Baugrund, <strong>in</strong> den die<br />
Brücke e<strong>in</strong>gebettet ist. Im Jahresverlauf<br />
mit Sommer- und W<strong>in</strong>terstellung treten<br />
zudem zahlreiche Zyklen mit kle<strong>in</strong>eren<br />
Temperaturschwankungen auf. [4]<br />
Die Zwangsschnittgrößen im Bauwerk<br />
s<strong>in</strong>d im Wesentlichen abhängig von der<br />
Steifigkeit des Bauwerks, des Baugrunds<br />
und der H<strong>in</strong>terfüllung. Der Erddruck<br />
h<strong>in</strong>ter der Widerlagerwand ist wiederum<br />
abhängig von der jeweiligen Wandverformung:<br />
Er kann rechnerisch zwischen<br />
dem halben aktiven und dem mobilisierten<br />
passiven Erddruck nach Vogt [7] [8]<br />
[9] variieren.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
35
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Die Zwangsschnittgrößen lassen sich<br />
generell durch folgende Parameter<br />
bee<strong>in</strong>flussen:<br />
– Stützweite,<br />
– Bauweise (Stahlverbund, Stahlbeton,<br />
Spannbeton),<br />
– Steifigkeiten (E-Modul),<br />
– Bauwerksgeometrie (Schlankheit,<br />
Vouten, Krümmung),<br />
– Gründungsart (Pfahlreihe, Pfahlbock,<br />
Flachgründung),<br />
– Widerlagerform (Abmessungen,<br />
Schiefe, Anschluss der Widerlagerflügel,<br />
Betongelenke).<br />
Bei im Grundriss stark gekrümmten Brü-<br />
cken mit großen Längen und Öffnungsw<strong>in</strong>keln<br />
und <strong>in</strong> der Querrichtung nach-<br />
giebigen Pfeilern kann das »Atmen« der<br />
Brücke <strong>in</strong> Querrichtung genutzt werden.<br />
Durch seitliches Ausweichen entstehen<br />
gegenüber geraden Brücken mit starren<br />
Widerlagern nur ger<strong>in</strong>ge Zwangsbeanspruchungen.<br />
[3] [11] Das setzt bei <strong>in</strong>tegralen<br />
Brücken allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e starre<br />
Ausbildung der Widerlager voraus. Dieses<br />
statische Konzept eignet sich wegen der<br />
größeren Krümmungen <strong>in</strong>sbesondere für<br />
Fußgängerbrücken, wurde aber auch ver-<br />
e<strong>in</strong>zelt bei Straßenbrücken angewandt.<br />
Bemerkenswerte Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d<br />
die Sunnibergbrücke bei Klosters <strong>in</strong> der<br />
36 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
4 Schema der Temperaturänderungen<br />
© Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen<br />
Schweiz [10] und die obere Nesenbachtalbrücke<br />
<strong>in</strong> Stuttgart.<br />
Die Grenzen der <strong>in</strong>tegralen Bauweise<br />
ergeben sich zum e<strong>in</strong>en aus der Beherr-<br />
schung der Zwangsschnittgrößen sowie<br />
andererseits aus der Bewältigung der<br />
vertikalen und horizontalen Verformungen<br />
am Übergang von Bauwerk und<br />
H<strong>in</strong>terfüllung.<br />
Infolge der zyklischen Belastung der<br />
H<strong>in</strong>terfüllung treten im Widerlagerbereich<br />
tendenziell größere Setzungen auf<br />
als bei konventionellen Brücken. Deshalb<br />
empfiehlt sich im Fall von hochbelas-<br />
teten Straßen bei Längen ab ca. 25 m<br />
die Anordnung von Schleppplatten am<br />
Brückenende. Bei dessen Ausbildung mit<br />
Schleppplatten und Brückenabschluss<br />
gemäß Richtzeichnung (RIZ) Abs. 4 s<strong>in</strong>d<br />
Längen je nach Bauweise zwischen 40 m<br />
und 65 m möglich. Bei größeren Bauwerkslängen<br />
ist zusätzlich zu den Schlepp-<br />
platten e<strong>in</strong>e Fugenübergangskonstruk-<br />
tion erforderlich. Bei Verwendung e<strong>in</strong>er<br />
am Bauwerksende gleitend aufgelegten<br />
Schleppplatte und e<strong>in</strong>em Fahrbahnübergang<br />
gemäß RIZ Übe 1 [4] lassen sich<br />
Bauwerkslängen bei Stahlbeton- und<br />
Spannbetonbrücken von ca. 100 m erzielen,<br />
bei e<strong>in</strong>er Ausführung <strong>in</strong> Stahlver-<br />
bundbauweise sogar deutlich darüber.<br />
6 Ausgeführte <strong>in</strong>tegrale Bauwerke<br />
Bei der Mehrzahl der <strong>in</strong>tegralen Bau-<br />
werke <strong>in</strong> Deutschland handelt es sich<br />
um e<strong>in</strong>teilige Rahmenbrücken.<br />
Es s<strong>in</strong>d sämtliche Bauweisen vertreten:<br />
Stahlbeton, Spannbeton und Stahlverbund.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Zwangsschnittgrößen<br />
verhalten sich die Stahlverbundbrücken<br />
am günstigsten, da Betonkrie-<br />
chen und Schw<strong>in</strong>den hier ke<strong>in</strong>e Rolle<br />
spielen.<br />
Es s<strong>in</strong>d alle Gründungsarten anzutreffen:<br />
Flachgründung, Tiefgründung (Pfahl-<br />
bock, Pfahlreihe). E<strong>in</strong>reihige Pfahlreihen<br />
gewährleisten besonders nachgiebige<br />
Widerlager und damit zwängungsarme<br />
Tragwerke. Zur Verm<strong>in</strong>derung der Zwangs-<br />
schnittgrößen wurden mitunter die<br />
Widerlagerflügel von den -wänden durch<br />
Vertikalfugen entkoppelt und die Kon-<br />
struktionen als Zweigelenkrahmen mit<br />
Betongelenken am Stielfuß ausgeführt.<br />
Das Gros der Stützweiten der E<strong>in</strong>feldrahmen<br />
liegt unter 50 m, vere<strong>in</strong>zelt gibt es<br />
jedoch Bauwerke mit Riegellängen bis<br />
100 m.<br />
Typische Beispiele <strong>in</strong> Deutschland für<br />
<strong>in</strong>tegrale Brücken s<strong>in</strong>d überschüttete<br />
Rahmen, Rahmen <strong>in</strong> Stahlbeton mit<br />
Stützweiten bis ca. 35 m, Rahmen <strong>in</strong><br />
Stahlverbund, überwiegend zwischen<br />
30 m und 50 m sowie Rahmen <strong>in</strong> Spannbeton<br />
bis ca. 50 m. Bisweilen werden<br />
auch größere Stützweiten ausgeführt: Im<br />
Zuge der Erweiterung und des Umbaues<br />
des Hermsdorfer Kreuzes ist als Kreuzungsbauwerk,<br />
also für e<strong>in</strong>e hochbelas-<br />
tete Autobahnbrücke, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>feldriger<br />
Stahlverbundrahmen mit e<strong>in</strong>er Stütz-<br />
weite von ca. 68 m geplant. Die Brückenschiefen<br />
liegen meist <strong>in</strong> Bereichen zwi-<br />
schen 70 gon und 100 gon, bei kle<strong>in</strong>eren<br />
Rahmenstützweiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen<br />
auch deutlich größere Schiefen realisiert<br />
worden.<br />
6 Schleppplatte und Übe 1<br />
© BMVBS/Arbeitsgruppe <strong>in</strong>tegrale Bauweise<br />
5 Sunnibergbrücke bei Klosters <strong>in</strong> der Schweiz<br />
© Tiefbauamt Graubünden
7<br />
8 9 10 Beispiele für Rahmenbrücken<br />
© DEGES GmbH/SSF Ingenieure AG<br />
Im Stützweitenbereich bis ca. 50 m liegen<br />
mittlerweile für alle Bauweisen und<br />
Gründungsarten umfangreiche Erfahrungen<br />
vor, so dass e<strong>in</strong>e sichere Herstellung<br />
dieser Brücken möglich ist.<br />
Bezüglich der Übergangskonstruktion<br />
mit Schleppplatten fehlen allerd<strong>in</strong>gs<br />
noch fundierte Kenntnisse und Langzeitstudien.<br />
7 Besonderheiten<br />
der semi<strong>in</strong>tegralen Bauweise<br />
Semi<strong>in</strong>tegrale Brücken mit Lagern und<br />
Fugenübergangskonstruktionen an den<br />
Widerlagern bieten sich an, wenn die<br />
Verformungen an den Pfeilern und<br />
Widerlagern nicht mehr schadlos bzw.<br />
verkehrsverträglich am Überbauende<br />
aufgenommen werden können. Damit<br />
wird die Problematik der zyklischen<br />
Beanspruchung der H<strong>in</strong>terfüllung im<br />
Widerlagerbereich umgangen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
entfällt auch e<strong>in</strong> wesentlicher Vorteil der<br />
<strong>in</strong>tegralen Bauweise, nämlich der Ver-<br />
zicht auf Dilatationsfugen.<br />
Als Grenze für den E<strong>in</strong>satz der semi<strong>in</strong>tegralen<br />
Bauweise ist im Regelfall die<br />
maximal mögliche Dehnlänge vom<br />
ideellen Festpunkt bis zum entferntest<br />
monolithisch angeschlossenen Pfeiler<br />
anzusehen bzw. das maximal aufnehmbare<br />
Moment am ungünstigsten Pfeiler-<br />
kopf. Bei großen Zwangsbeanspruchungen<br />
am Pfeilerkopf kann die Anordnung<br />
von Betongelenken s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>.<br />
Die Ausführbarkeit semi<strong>in</strong>tegraler Brü-<br />
cken wird maßgeblich bee<strong>in</strong>flusst durch<br />
– die Länge des monolithischen (<strong>in</strong>tegralen)<br />
Bestandteils der Brücke,<br />
– die Pfeilerabmessungen und Pfeilersteifigkeit,<br />
– die Steifigkeit der Gründung,<br />
– die Bauweise (Stahlverbund, Stahlbeton,<br />
Spannbeton),<br />
– das Herstellverfahren,<br />
– die Grundrissgeometrie.<br />
Die Pfeilerhöhe und -dicke haben maß-<br />
geblichen E<strong>in</strong>fluss auf die Zwangsschnitt-<br />
größen, die Steifigkeit der Gründung<br />
verliert mit zunehmender Pfeilerhöhe an<br />
Bedeutung. Die Spannbetonbauweise<br />
schneidet h<strong>in</strong>sichtlich der Zwangsbeanspruchungen<br />
ungünstiger ab als Stahl-<br />
verbund- und Stahlbetonkonstruktionen,<br />
da die Vorspannung und das Kriechen<br />
auf das statisch unbestimmte System<br />
wirken und damit Zwangskräfte hervor-<br />
rufen. Durch optimierte Herstellverfahren,<br />
zum Beispiel Vorverformung der<br />
Pfeiler, Festpunktwechsel etc., lassen sich<br />
die orientierten Bewegungen (aus Vor-<br />
spannung, Kriechen, Schw<strong>in</strong>den) jedoch<br />
zum Teil ausgleichen. [12] E<strong>in</strong>en günstigen<br />
E<strong>in</strong>fluss haben auch Grundrisskrümmungen,<br />
die e<strong>in</strong> Ausweichen <strong>in</strong> horizontaler<br />
Richtung und damit e<strong>in</strong>e Verr<strong>in</strong>ge-<br />
rung der Zwangsbeanspruchungen er-<br />
möglichen.<br />
Im Gegensatz zu konventionellen Brü-<br />
cken, bei denen Über- und Unterbau<br />
getrennt berechnet werden, ist bei semi-<br />
<strong>in</strong>tegralen Bauwerken die statische Be-<br />
13 Bauwerk als Schrägstielrahmen<br />
© DEGES GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
11 Rahmenbauwerk <strong>in</strong> Spannbeton<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
12 Geplante Autobahnbrücke am Hermsdorfer Kreuz<br />
© DEGES GmbH/SSF Ingenieure AG<br />
rechnung am Gesamtsystem aus Über-<br />
und Unterbau im Regelfall mit oberen<br />
und unteren Bodenkennwerten für die<br />
Pfeilergründung durchzuführen.<br />
8 Ausgeführte<br />
semi<strong>in</strong>tegrale Bauwerke<br />
Typische Beispiele für semi<strong>in</strong>tegrale<br />
Bauwerke s<strong>in</strong>d Schrägstielrahmen und<br />
Bogenbrücken mit aufgeständerter<br />
Fahrbahnplatte. Bei den Schrägstielrahmen<br />
ergeben sich bei Autobahnüberführungen<br />
Brückenlängen bis ca. 80 m, bei<br />
den Bogenbrücken bis ca. 100 m.<br />
Vere<strong>in</strong>zelt, wenn die Zwangskräfte auf-<br />
nehmbar s<strong>in</strong>d, werden diese Bauwerke<br />
bei untergeordneten Verkehrswegen<br />
auch <strong>in</strong>tegral ausgeführt.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
37
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
14 Bogenbrücke mit aufgeständerter Fahrbahn<br />
© DEGES GmbH<br />
Bogenstrukturen mit aufgeständerter<br />
Fahrbahn <strong>in</strong> semi<strong>in</strong>tegraler Bauweise<br />
f<strong>in</strong>det man ebenfalls als Talbrücken mit<br />
wesentlich größeren Bauwerkslängen.<br />
E<strong>in</strong> solches Beispiel ist das Murrtalviadukt<br />
bei Backnang mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge<br />
von 418 m bei e<strong>in</strong>er Höhe über Tal<br />
von ca. 25 m. Hier wurden sehr schlanke<br />
Pfeiler gewählt, <strong>in</strong> den kurzen Bogenständern<br />
s<strong>in</strong>d oben und unten Betongelenke<br />
angeordnet.<br />
In jüngster Zeit werden zunehmend<br />
mehrfeldrige Rahmenbrücken mit relativ<br />
ger<strong>in</strong>gen Pfeilerhöhen semi<strong>in</strong>tegral kon-<br />
zipiert. Durch die Variation der Pfeilerdicken<br />
zur Steuerung der -steifigkeiten<br />
lassen sich sogar bei Pfeilerhöhen von<br />
ca. 10 m Brückenlängen über 100 m realisieren.<br />
E<strong>in</strong> erfolgreich verwirklichtes<br />
Beispiel für e<strong>in</strong>e mehrfeldrige Rahmenbrücke<br />
mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge von<br />
136 m <strong>in</strong> Stahlbeton bei Stützweiten von<br />
18–25 m und Pfeilerhöhen von ca. 11 m<br />
ist die Talbrücke Reiterberg im Zuge der<br />
Ortsumgehung Marienberg <strong>in</strong> Sachsen,<br />
deren Pfeilerdicken 50 cm betragen.<br />
E<strong>in</strong> weiterer großer Anwendungsbereich<br />
s<strong>in</strong>d seit jeher Talbrücken, bei denen die<br />
mittleren Pfeiler monolithisch mit dem<br />
Überbau verbunden s<strong>in</strong>d. Im Hangbereich<br />
werden auf den Stützen wegen<br />
der ger<strong>in</strong>geren Pfeilerhöhen meist Lager<br />
angeordnet. Das bekannteste Beispiel <strong>in</strong><br />
Deutschland ist die im Jahr 1979 errichtete<br />
185 m hohe Kochertalbrücke, bei der<br />
die mittleren vier Pfeiler bei Stützweiten<br />
von 138 m monolithisch an den Überbau<br />
angeschlossen s<strong>in</strong>d, das heißt, der mono-<br />
lithische Anteil e<strong>in</strong>e Länge von 414 m<br />
aufweist.<br />
E<strong>in</strong> technisch und gestalterisch herausragendes<br />
Bauwerk <strong>in</strong> semi<strong>in</strong>tegraler Kon-<br />
struktion ist die 520 m lange Talbrücke<br />
Zahme Gera im Zuge der BAB A 71, die<br />
2003 fertiggestellt wurde. Hier s<strong>in</strong>d die<br />
drei mittleren Y-förmig ausgebildeten<br />
Pfeiler monolithisch mit dem Überbau<br />
auf e<strong>in</strong>er Länge von 290 m verbunden.<br />
38 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
15 Talbrücke Reiterberg bei Marienberg<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Welche Möglichkeiten die semi<strong>in</strong>te-<br />
grale Bauweise bietet, konnte man <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren bei der Verwirklichung<br />
mehrerer großer Eisenbahnbrücken im<br />
Zuge der Aus- und Neubaustrecke Nürn-<br />
berg–Erfurt–Halle/<strong>Leipzig</strong>–Berl<strong>in</strong>, dem<br />
Verkehrsprojekt Deutsche E<strong>in</strong>heit Nr. 8,<br />
beobachten. E<strong>in</strong> ganz besonderes Bau-<br />
werk ist die Scherkondetalbrücke im<br />
Abschnitt Erfurt–Halle/<strong>Leipzig</strong>: Sie hat<br />
e<strong>in</strong>e Gesamtlänge von 576,50 m bei<br />
e<strong>in</strong>er maximalen Höhe über Tal von<br />
ca. 30 m. Zur Aufnahme der sehr hohen<br />
Bremslasten bei Eisenbahnbrücken be-<br />
f<strong>in</strong>det sich der Festpunkt am westlichen<br />
Widerlager, der letzte e<strong>in</strong>gespannte<br />
Pfeiler hat e<strong>in</strong>en Festpunktabstand von<br />
452 m. Der Überbau besteht bei Regelstützweiten<br />
von 44 m aus e<strong>in</strong>em vorgespannten,<br />
gevouteten, e<strong>in</strong>stegigen<br />
Plattenbalken. Um das Bauwerk mit<br />
dieser Länge semi<strong>in</strong>tegral errichten zu<br />
können, wurden verschiedene Optimierungen<br />
vorgenommen. [12] So wurden<br />
die Pfeilerdicken und die E-Moduli des<br />
Pfeilerbetons reduziert, um die Systemsteifigkeiten<br />
der Unterbauten zu ver-<br />
m<strong>in</strong>dern, und die Gründung der Pfeiler<br />
erfolgte auf horizontal nachgiebigen<br />
Pfahlreihen. Der Bauprozess wurde zu-<br />
dem so gesteuert, dass die tatsächlich an<br />
der fertigen Brücke auftretenden Pfeiler-<br />
kopfauslenkungen m<strong>in</strong>imiert wurden.<br />
Dazu dienten e<strong>in</strong>e gezielte Herstellungsreihenfolge<br />
und e<strong>in</strong> Festpunktwechsel<br />
16 Talbrücke Zahme Gera an der BAB A 71<br />
© DEGES GmbH<br />
am Ende der Bauzeit sowie Vorauslenkungen<br />
der Pfeiler, um die gerichteten<br />
Verformungen (Vorspannung, Kriechen,<br />
Schw<strong>in</strong>den) weitgehend zu kompensieren.<br />
In solchen Grenzbereichen ist hohe<br />
Ingenieurkunst, s<strong>in</strong>d aber auch e<strong>in</strong>e hohe<br />
Präzision und Kontrolle <strong>in</strong> der Ausführung<br />
erforderlich.<br />
9 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die Erkenntnis, dass Fugen und <strong>in</strong>sbesondere<br />
Dilatationsfugen Schwachpunkte<br />
von <strong>Brückenbau</strong>werken darstellen, hat<br />
im In- und Ausland e<strong>in</strong>e Rückbes<strong>in</strong>nung<br />
auf die fugen- und lagerlose Bauweise<br />
bewirkt. So s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
zahlreiche <strong>in</strong>tegrale und semi<strong>in</strong>tegrale<br />
Konstruktionen entstanden.<br />
Für <strong>in</strong>tegrale Tragstrukturen liegen mitt-<br />
lerweile für alle Bauweisen mit unterschiedlichen<br />
Gründungen bei Stützweiten<br />
bis ca. 50 m umfangreiche Erfahrungen<br />
vor. Im Anwendungsbereich von<br />
50–100 m fehlen h<strong>in</strong>gegen noch gesicherte<br />
Ergebnisse. Für den Übergang<br />
vom Bauwerk zur H<strong>in</strong>terfüllung existie-<br />
ren im In- und Ausland diverse Realisierungsvorschläge,<br />
vor allem über die Art<br />
und Ausführung von Schleppplatten am<br />
Brückenende. Welche Lösungen hier das<br />
Optimum bedeuten, müssen erst Lang-<br />
zeitstudien zeigen.<br />
Neben dem traditionellen E<strong>in</strong>satzgebiet<br />
bei Schrägstielrahmen, aufgeständerten<br />
Bogen- und hohen Talbrücken f<strong>in</strong>det die<br />
semi<strong>in</strong>tegrale Bauweise <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren zunehmend Anwendung bei<br />
mehrfeldrigen Rahmenbrücken mit nied-<br />
riger Höhe über Gelände sowie Längen<br />
bis ca. 200 m. Aber auch im Großbrückenbau<br />
dr<strong>in</strong>gt sie <strong>in</strong> immer größere<br />
Längenbereiche vor. Es zeigt sich, dass<br />
sich ihre Grenzen durch Optimierungsprozesse<br />
erheblich bee<strong>in</strong>flussen lassen.<br />
Dies bietet kreative Gestaltungsspielräume,<br />
ist zugleich jedoch h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der zielsicheren Umsetzung kritisch zu<br />
begleiten.<br />
17 Scherkondetalbrücke kurz vor Fertigstellung<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co KG
Die lager- und fugenlose Bauweise eröffnet<br />
vielseitige Möglichkeiten, Brücken ästhetisch,<br />
robust und unterhaltungsarm zu planen und<br />
herzustellen. Deshalb sollte bereits bei deren<br />
Entwurf überlegt werden, ob e<strong>in</strong>e lager- und<br />
fugenlose Konstruktion unter den jeweiligen<br />
Randbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>nvoll ist. Sowohl für<br />
die <strong>in</strong>tegrale als auch die semi<strong>in</strong>tegrale Bauweise<br />
gilt, dass die statischen Systeme wesentlich<br />
empf<strong>in</strong>dlicher s<strong>in</strong>d als bei konventionellen<br />
Lösungen. Aus dem Grund ist e<strong>in</strong> erhöhter Auf-<br />
wand bei der geotechnischen Begleitung, bei<br />
der Konzeption, der statischen Berechnung und<br />
der Bauausführung erforderlich. Fehler <strong>in</strong> der<br />
Planung und Realisierung von lager- und fugen-<br />
losen Bauwerken s<strong>in</strong>d nur schwer zu korrigie-<br />
ren und können zu irreversiblen Mängeln und<br />
Schäden am Tragwerk führen. Insofern ist für<br />
diese Bauweise e<strong>in</strong> hohes Maß an Ingenieursachverstand<br />
wichtiger den je.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. W<strong>in</strong>fried Glitsch<br />
DEGES Deutsche E<strong>in</strong>heit<br />
Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH,<br />
Berl<strong>in</strong><br />
Literatur<br />
[1] Engelsmann, S.; Schlaich, J.; Schäfer, K.: Entwerfen<br />
und Bemessen von Betonbrücken ohne Fugen und<br />
Lager. Heft 496 der Schriftenreihe des Deutschen<br />
Ausschusses für Stahlbeton, Berl<strong>in</strong> 1999.<br />
[2] Pötzl, M.; Schlaich, J.; Schäfer, K.: Grundlagen für den<br />
Entwurf, die Berechnung und konstruktive Durchbildung<br />
lager- und fugenloser Brücken. Heft 461 des<br />
Deutschen Ausschusses für Stahlbeton, Berl<strong>in</strong> 1996.<br />
[3] Pötzl, M.: Robuste Brücken. Vorschläge zur Erhöhung<br />
der ganzheitlichen Qualität. Braunschweig, Wiesbaden,<br />
1996.<br />
[4] Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen<br />
(Hrsg.): Fugenloses Bauen. Entwurfshilfen für<br />
<strong>in</strong>tegrale Straßenbrücken. Heft 50 der Schriftenreihe<br />
des Hessischen Landesamts für Straßen- und Verkehrswesen,<br />
Wiesbaden 2002.<br />
[5] Kaufmann, W.: Integrale Brücken. Sachstandsbericht.<br />
Forschungsaufträge AGB 2003/001 und<br />
AGB 2005/019 auf Antrag der Arbeitsgruppe Brückenforschung<br />
(AGB) und des Kantons Graubünden,<br />
Juni 2008.<br />
[6] Geier, R.; Schimetta, G.: Integrale Brücken. Aktivitäten<br />
<strong>in</strong> Österreich. Schimetta-Consult-Newsletter.<br />
[7] Forschungsgruppe für Straßen- und Verkehrswesen,<br />
Arbeitsgruppe Erd- und Grundbau: Merkblatt über den<br />
E<strong>in</strong>fluss der H<strong>in</strong>terfüllung auf Bauwerke. FGSV-Heft<br />
525, Juli 1994.<br />
[8] Vogt, N.: Erdwiderstandsermittlung bei monotonen<br />
und wiederholten Wandbewegungen <strong>in</strong> Sand. Mitteilungen<br />
des Bau-grund<strong>in</strong>stitutes Stuttgart, Nr. 22,<br />
1984.<br />
[9] England, G. L.; Tsang, N. C. M.: Towards the Design of<br />
Soil Load<strong>in</strong>g for Integral Bridges. Experimental<br />
Evaluation. Department of Civil and Environmental<br />
Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g, Imperial College, London 2001.<br />
[10] Schüller, M.: Konzeptionelles Entwerfen und Konstruieren<br />
von Integralen Betonbrücken; <strong>in</strong>: Beton- und<br />
Stahlbetonbau, Vol. 99, Heft 10, 2004, S. 774–789.<br />
[11] Pötzl, M.; Maisel, J.: Entwurfsparameter für fugenlose<br />
Betonbrücken mit gekrümmtem Grundriss; <strong>in</strong>:<br />
Beton und Stahlbetonbau, Vol. 100, Heft 12, 2005,<br />
S. 985–990.<br />
[12] Sonnabend, S.; Tiarks, F.: Scherkondetalbrücke als<br />
semi<strong>in</strong>tegrales Bauwerk. Besonderheiten bei Ausführungsplanung<br />
und Errichtung; <strong>in</strong>: BRÜCKENBAU,<br />
Heft 2, 2010, S. 11–21.
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Tragstrukturen mit Lagern und Fahrbahnübergängen<br />
Die Differentialbauweise im <strong>Brückenbau</strong><br />
von Christian Braun<br />
Der Natur als Lehrmeister<strong>in</strong> folgend,<br />
führte die Evolution im <strong>Brückenbau</strong><br />
zur funktionalen, das heißt differentia-<br />
len Bauweise. Dabei entstanden durch<br />
die Vermeidung von Zwängungen an<br />
kritischen (Bauwerks-)Stellen lang-<br />
lebige und robuste Bauwerke. Dies<br />
wurde und wird mit modernen Lagern<br />
und Fahrbahnübergängen erreicht,<br />
die durch e<strong>in</strong>fachen E<strong>in</strong>bau, große<br />
Lebensdauer und ger<strong>in</strong>ge Instandhaltungskosten<br />
wirtschaftlich und<br />
störungsarm s<strong>in</strong>d. Umweltfreundliche,<br />
recyclebare Werkstoffe und der<br />
mühelose Austausch kle<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>heiten<br />
tragen hier zur Nachhaltigkeit bei.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Im <strong>Brückenbau</strong> werden Bauweise und<br />
Ästhetik im Wesentlichen von der Funktion<br />
der Tragelemente geprägt. Aufgrund<br />
der technischen Herausforderungen des<br />
modernen <strong>Brückenbau</strong>s e<strong>in</strong>erseits und<br />
der kosten- sowie umweltbezogenen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen andererseits gibt<br />
es e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Selektion und<br />
Optimierung der verwendeten Produkte.<br />
Manche von ihnen haben funktional<br />
bed<strong>in</strong>gte Nachteile, zum Beispiel e<strong>in</strong>e<br />
begrenzte Lebensdauer. Verzichtbar s<strong>in</strong>d<br />
sie aber nur, wenn die wirtschaftliche<br />
und ökologische Gesamtbilanz nicht<br />
negativ wird. Zielführender ist e<strong>in</strong>e<br />
»Optimierung des Notwendigen«: Das<br />
Kniegelenk oder die Bandscheiben s<strong>in</strong>d<br />
Problemzonen des menschlichen Körpers<br />
– als Körperteile jedoch Ergebnis und<br />
nicht Ursache der natürlichen Evolution.<br />
Dieser Artikel behandelt normale Brücken<br />
mit Lagern und Fahrbahnübergängen<br />
sowie die Möglichkeiten der<br />
Optimierung. Dafür wird der im Masch<strong>in</strong>enbau<br />
etablierte Begriff »Differentialbauweise«<br />
e<strong>in</strong>geführt.<br />
2 Begriffe<br />
2.1 Differentialbauweise<br />
Die Differentialbauweise ist def<strong>in</strong>iert als<br />
optimale Nutzung von Werkstoffen und<br />
Bauteilen <strong>in</strong> Abhängigkeit von der jeweiligen<br />
Funktion. »Differential« kann somit<br />
auch als »funktional« oder »normal« bezeichnet<br />
werden. Bei der Unterscheidung<br />
zur Integralbauweise wird sie auf das<br />
Zulassen planmäßiger und zwängungsfreier<br />
Bewegung <strong>in</strong> Fugen reduziert.<br />
40 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
2.2 Integralbauweise<br />
Als <strong>in</strong>tegrale Brücken werden rahmenartige<br />
Tragstrukturen ohne Lager und<br />
Fahrbahnübergänge mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung<br />
des Überbaus <strong>in</strong> das Widerlager<br />
oder den Pfeiler bezeichnet.<br />
3 Besonderheiten und<br />
Vorteile differentialer Brücken<br />
Den äußeren und <strong>in</strong>neren E<strong>in</strong>wirkungen<br />
folgend, verformen sich Werkstoffe und<br />
Elemente. Bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Maß<br />
wird dies durch die Nachgiebigkeit der<br />
Bauteile oder durch Zwängungsbeanspruchungen<br />
aufgenommen. Werden<br />
aber Grenzwerte überschritten, entstehen<br />
Risse oder Ermüdungsschäden.<br />
Evolution bedeutet nun Zunahme vor-<br />
teilhafter sowie Abnahme unvorteilhafter<br />
Merkmale. In der Natur führt die<br />
Evolution zum Abbau von Zwangsbeanspruchungen.<br />
Und das gilt auch im<br />
<strong>Brückenbau</strong>: Fahrbahnübergänge und<br />
Brückenlager ermöglichen Bewegun-<br />
gen und gewährleisten die Funktionalität<br />
des Bauwerks. Im Weiteren wird<br />
von differentialen Brücken gesprochen,<br />
wenn diese beiden Bauteile Verwendung<br />
f<strong>in</strong>den.<br />
Differentiale Brücken s<strong>in</strong>d durch klare<br />
Schnittstellen zur Umgebung und <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Konstruktion gekennzeichnet.<br />
Das ergibt viele Vorteile:<br />
– für alle Bauwerksarten und Bau-<br />
verfahren anwendbar,<br />
– beliebige Komb<strong>in</strong>ation von Werk-<br />
stoffen möglich,<br />
– Gestaltungsfreiheit,<br />
– modulare und Fertigteilbauweise<br />
möglich,<br />
– Trennung von Geotechnik und<br />
Tragwerksplanung,<br />
– Unabhängigkeit von Baugrund-<br />
unsicherheiten,<br />
– M<strong>in</strong>imierung des Baugrund- und<br />
Systemrisikos für den Bauherrn,<br />
– überschaubare Ingenieurleistungen<br />
unabhängig von der Verkehrs-<br />
kategorie,<br />
– def<strong>in</strong>ierte Tragwerkssicherheit und<br />
statische Systeme,<br />
– Kompensation der Zeitabhängigkeit<br />
von Werkstoff- und Bauteileigen-<br />
schaften,<br />
– Kompensation der Streuung von<br />
Werkstoffeigenschaften,<br />
– Anpassung an veränderte E<strong>in</strong>wir-<br />
kungen (Temperatur, Verkehr) möglich,<br />
– Erdbebenisolation möglich,<br />
– e<strong>in</strong>fache Transportbed<strong>in</strong>gungen,<br />
– def<strong>in</strong>ierte Montagebed<strong>in</strong>gungen<br />
(E<strong>in</strong>bautemperaturen, Kriech- und<br />
Schw<strong>in</strong>dverläufe)<br />
– gutes Versagensverhalten (Fail-Safe-<br />
Qualitäten), daher weniger Monitor<strong>in</strong>g,<br />
– e<strong>in</strong>fache Zustandsbewertung und<br />
dadurch ger<strong>in</strong>gerer Inspektions-<br />
aufwand,<br />
– Vermeidung von Rissen <strong>in</strong> der Trag-<br />
konstruktion und irreparablen Lang-<br />
zeitschäden,<br />
– Vermeidung von Belagsschäden,<br />
– e<strong>in</strong>fache und planbare Erhaltungs-<br />
maßnahmen,<br />
– partielle Reparaturen und Demon-<br />
tagen möglich,<br />
– Vorteile beim Recycl<strong>in</strong>g.<br />
4 Wirtschaftlichkeit<br />
differentialer Brücken<br />
4.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
In Veröffentlichungen zur Integralbauweise<br />
wird auf die hohen Kosten aus<br />
Wartung und Instandhaltung von Brückenlagern<br />
und Fahrbahnübergängen<br />
verwiesen, zum Beispiel: »Verbundbrücken<br />
mit <strong>in</strong>tegrierten Widerlagern (...)<br />
erweisen sich günstiger im Bau und<br />
Unterhalt, da Lager und Fugen, welche<br />
e<strong>in</strong>en großen Anteil an den Gesamtwartungskosten<br />
des Bauwerks ausmachen,<br />
fehlen.« [1]<br />
1 Kostenvergleich: Rahmenbrücke <strong>in</strong> Verbundbauweise<br />
und Zweifeld-Betonbrücke<br />
© Aus [2] [3]
E<strong>in</strong>e im Rahmen e<strong>in</strong>es Forschungsprojekts<br />
zur Förderung von Verbundtragwerken<br />
[2] an e<strong>in</strong>em Musterbauwerk<br />
durchgeführte Untersuchung zeigt<br />
genau das Gegenteil, wie auch nachfolgendes<br />
Bild veranschaulicht: Die<br />
Betonbrücke ist wegen des zusätzlichen<br />
Flusspfeilers <strong>in</strong> der Herstellung um ca.<br />
50 % teurer als die Verbundbrücke. Die<br />
alle 30 Jahre erforderlichen Instandsetzungsarbeiten<br />
an Korrosionsschutz<br />
und Kappen s<strong>in</strong>d der maßgebliche Teil<br />
der Wartungskosten. Obwohl für den<br />
e<strong>in</strong>profiligen Fahrbahnübergang e<strong>in</strong>e zu<br />
ger<strong>in</strong>ge Lebensdauer von 20 Jahren und<br />
e<strong>in</strong>e Dichtprofilauswechslung alle 10<br />
Jahre angenommen wurden, haben der<br />
Fahrbahnübergang und die sechs Lager<br />
ke<strong>in</strong>en spürbaren E<strong>in</strong>fluss auf die Gesamtkosten<br />
(Errichtung und Erhaltung)<br />
der Betonbrücke. In der Untersuchung<br />
unberücksichtigt blieben leider die für<br />
die Instandhaltungskosten dom<strong>in</strong>anten<br />
Belagsarbeiten.<br />
Die Instandhaltung kostet <strong>in</strong>nerhalb<br />
der planmäßigen Lebensdauer von 100<br />
Jahren <strong>in</strong> etwa so viel wie die Herstellung<br />
der kompletten Brücke. 10 % hiervon<br />
werden den Lagern und Fugen zugeordnet,<br />
deren Anschaffung h<strong>in</strong>gegen<br />
lediglich 3 % ausmacht. [4] Mit ca. 70 %<br />
fallen die meisten Ertüchtigungskosten<br />
für Belags- und Betonarbeiten sowie den<br />
Korrosionsschutz an.<br />
Brückenlager und Fahrbahnübergänge<br />
s<strong>in</strong>d erhöhten Beanspruchungen ausgesetzt.<br />
Es s<strong>in</strong>d daher ausschließlich solche<br />
zu verwenden, die entweder funktional<br />
den E<strong>in</strong>wirkungen über die geplante<br />
Nutzungsdauer der Brücke widerstehen<br />
(Brückenlager) oder nur im Rahmen der<br />
planmäßigen Erhaltungsmaßnahmen<br />
am Bauwerk (Fahrbahnübergänge)<br />
ausgetauscht werden müssen. So s<strong>in</strong>d<br />
Wartungs- und Erneuerungskosten für<br />
diese Bauprodukte relativ niedrig.<br />
4.2 Brückenlager<br />
Im <strong>Brückenbau</strong> werden im Allgeme<strong>in</strong>en<br />
bewehrte Elastomerlager oder<br />
Punktkipp-Gleitlager e<strong>in</strong>gesetzt. [5] Nach<br />
DIN EN 1990:2002, Tabelle 2.1 wird für<br />
Brückenlager e<strong>in</strong>e geplante Nutzungsdauer<br />
von 10–25 Jahren festgelegt. E<strong>in</strong>e<br />
derartige E<strong>in</strong>schränkung ist bei modernen<br />
Brückenlagern weder notwendig<br />
noch zielführend. Bestätigt wird dies<br />
auch durch Auswertungen der Brückenhauptprüfungen<br />
der Bundesanstalt für<br />
Straßenwesen (BASt): Die meisten Beanstandungen<br />
resultieren aus Korrosion<br />
der Stahlteile oder Oberflächenrissen an<br />
Elastomerlagern, Kalottenlager weisen<br />
die wenigsten Beanstandungen auf. [6]<br />
Die Lebensdauer bewehrter Elastomerlager<br />
ist durch die Alterung <strong>in</strong>folge von<br />
Umwelte<strong>in</strong>flüssen und Werkstoffermüdung<br />
gekennzeichnet. Bei Brücken kle<strong>in</strong>erer<br />
und mittlerer Spannweiten, für die<br />
die Integralbauweise empfohlen wird,<br />
spielt die Materialermüdung ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />
Die Verwendung von Chloroprene-Kautschuk<br />
sichert zudem e<strong>in</strong>e ausreichende<br />
Umweltverträglichkeit. Anfällig für Korrosion<br />
und Verschleiß s<strong>in</strong>d Festhaltekonstruktionen<br />
und Führungslager, wenn <strong>in</strong><br />
den Kontaktflächen ke<strong>in</strong>e Gleitpaarung<br />
sondern die Paarung Stahl-Stahl zum<br />
E<strong>in</strong>satz kommt.<br />
2 MSM®-Kalottenlager mit<br />
Kalotte aus Gleitlegierung MSA®<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Bei Punktkipp-Gleitlagern bee<strong>in</strong>flusst der<br />
Verschleiß der Gleit- und Kippteile die<br />
Lebensdauer. Gleitelemente aus PTFE<br />
nach DIN EN 1337-2 oder Dichtungen<br />
von Topflagern nach DIN EN 1337-5<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihren aufnehmbaren Gleitwegen<br />
begrenzt. Kalottenlager mit besonderem<br />
Gleitwerkstoff [7] erreichen h<strong>in</strong>gegen bei<br />
Brücken kle<strong>in</strong>er und mittlerer Spannweite<br />
die Lebensdauer des Tragwerks. Auch<br />
für das Kippelement (Kalotte) gibt es mit<br />
MSA® neuerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e spezielle metallische<br />
Gleitlegierung als korrosionsbeständige<br />
Alternative. Bis auf Korrosionsschutzarbeiten<br />
an den Außenflächen,<br />
4 Hochbrücke Freimann an der BAB A 9;<br />
temporäre Stützen für die Lagermontage<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
die sich im Rahmen der allgeme<strong>in</strong>en<br />
Instandhaltung durchführen lassen, s<strong>in</strong>d<br />
somit ke<strong>in</strong>e Ertüchtigungsvorkehrungen<br />
erforderlich. Wartungsmaßnahmen<br />
entfallen generell und Inspektionen<br />
können im Zuge der Hauptprüfungen<br />
des Bauwerks erfolgen.<br />
Bei Anschaffungssummen von 1–2 % der<br />
Bauwerkskosten und noch niedrigeren<br />
Instandsetzungspreisen für den Korrosionsschutz<br />
liefern moderne Brückenlager<br />
ke<strong>in</strong>en Grund für e<strong>in</strong>e Abwendung von<br />
der differentialen Bauweise – im Gegenteil:<br />
Die <strong>in</strong>tegrale Bauweise nur zum<br />
Verzicht auf Brückenlager ist unwirtschaftlich<br />
und <strong>in</strong> der Aufwandsabschätzung<br />
unsicher.<br />
Für den eventuellen Austausch der Brückenlager<br />
werden an den Unterbauten<br />
<strong>in</strong> der Regel stationäre Pressenansatzpunkte<br />
angeordnet. Diese s<strong>in</strong>d häufig<br />
gestalterisch unerwünscht und erzeugen<br />
überdies Kosten <strong>in</strong>folge vergrößerter<br />
Pfeilerabmessungen. Bei Lagern, die nur<br />
<strong>in</strong> Ausnahmefällen auszutauschen s<strong>in</strong>d,<br />
wäre das Vorsehen von Stützpunkten<br />
oder Anschlusskonstruktionen für temporäre<br />
Pressenansatzpunkte wesentlich<br />
wirtschaftlicher und ästhetischer, wie die<br />
beiden nachstehenden Bilder veranschaulichen.<br />
3 Pressenanordnung auf Unterbauten;<br />
Richtzeichnung Lag 6, 2009<br />
© Bundesanstalt für Straßenwesen<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
41
42<br />
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
4.3 Fahrbahnübergänge<br />
Fahrbahnübergänge haben Brückenbewegungen<br />
aufzunehmen und werden<br />
wie der Fahrbahnbelag beansprucht.<br />
Sie zählen zu den höchstbeanspruchten<br />
Bauteilen e<strong>in</strong>er Tragstruktur: Sie<br />
ermüden und verschleißen und haben<br />
e<strong>in</strong>e im Vergleich zum <strong>Brückenbau</strong>werk<br />
begrenzte Lebensdauer. Für Fahrbahnübergänge<br />
<strong>in</strong> Deutschland ist e<strong>in</strong>e<br />
Dauerstandfestigkeit von m<strong>in</strong>destens<br />
40 Jahren nachzuweisen, für leicht und<br />
ohne wesentliche Verkehrsbeh<strong>in</strong>derung<br />
auswechselbare Elemente 20 Jahre<br />
(TL/TP FÜ).<br />
Für Bewegungen über 25 mm werden <strong>in</strong><br />
Deutschland <strong>in</strong> der Regel wasserdichte<br />
Fahrbahnübergänge <strong>in</strong> Lamellenbauweise<br />
vorgesehen, die folgende wesent-<br />
liche Mängel zeigen können:<br />
– Ermüdungsschäden an der Stahl-<br />
konstruktion,<br />
– Fehlfunktion der Lagerungs- und<br />
Steuerungselemente,<br />
– überhöhte Lärmentwicklung,<br />
– Undichtigkeiten,<br />
– Korrosion.<br />
5 Mängel an mehrprofiligen Maurer-Dehnfugen<br />
an südbayerischen Autobahnen<br />
© Aus [8]<br />
Bei den seit 1994 nach den TL/TP FÜ<br />
bemessenen Fahrbahnübergängen<br />
wurden bisher nahezu ke<strong>in</strong>e Ermüdungsschäden<br />
beobachtet, auch die Lagerungs-<br />
und Steuerungselemente konnten dah<strong>in</strong>-<br />
gehend optimiert werden. Und seit mehr<br />
als zehn Jahren s<strong>in</strong>d mit Erfolg wellenförmige<br />
Abdeckungen zur Geräuschm<strong>in</strong>derung<br />
im E<strong>in</strong>satz. Mängel betreffen<br />
heute Undichtigkeiten und Korrosion.<br />
E<strong>in</strong>e mit der Autobahndirektion Süd-<br />
bayern durchgeführte Untersuchung<br />
an mehrprofiligen Maurer-Dehnfugen<br />
anhand der Ergebnisse aller Hauptprüfungen<br />
der letzten 15 Jahre und entsprechender<br />
Überprüfungen vor Ort<br />
ergab die hier im Bild dargestellte Män-<br />
gelverteilung bezogen auf die Anzahl von<br />
Konstruktionen.<br />
BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
6 7 Ausgerundete Profilführung<br />
an Schrammbord und<br />
Dichtprofilentwässerung<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Über 60 % der betrachteten Fahrbahnübergänge<br />
wurden nicht ausreichend<br />
gewartet. Jeweils die Hälfte der Undichtigkeiten<br />
resultieren aus mechanischer<br />
Beschädigung im Betrieb oder Ausführungsmängeln<br />
<strong>in</strong>sbesondere an den<br />
Schrammborden am Tiefpunkt und den<br />
Baustellenstößen. Baustellenstöße s<strong>in</strong>d<br />
daher <strong>in</strong> ihrer Umsetzung und Qualitätssicherung<br />
zu verbessern, zur Vermeidung<br />
von Schäden am Schrammbord wird zudem<br />
e<strong>in</strong>e geänderte Profilführung oder<br />
Entwässerung empfohlen.<br />
Das würde auch die Korrosion an der<br />
Unterseite der Konstruktionen reduzie-<br />
8 9 10 Korrosionsschäden an Gehwegen,<br />
temporäre Abdeckung und Hybridprofil<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
ren. Korrosion an der Kappenoberseite<br />
ist hauptsächlich auf den Betrieb durch<br />
Anfahrschäden an den Schrammborden<br />
und auf mechanische Beschädigungen<br />
der Randprofile beim Schneiden der<br />
Fugen an den Betonkappen zurückzuführen.<br />
Letztere ist heute die häufigste<br />
Schadensursache, sie ließe sich durch<br />
temporäre Schutzabdeckungen oder<br />
sorgfältigeres Arbeiten vermeiden – oder<br />
aber durch den E<strong>in</strong>satz sogenannter<br />
Hybridprofile mit Edelstahlkopf.<br />
Fahrbahnübergänge haben <strong>in</strong> der Erstan-<br />
schaffung e<strong>in</strong>en Preis von ca. 10–15 !/m 2<br />
Brückenfläche, das s<strong>in</strong>d ca. 0,50–1,00 %<br />
der Baukosten. Ihre Auswechslung im<br />
Rahmen e<strong>in</strong>er General<strong>in</strong>standsetzung<br />
der Fahrbahn kostet das Dreifache, im<br />
Zuge e<strong>in</strong>er eigenen Maßnahme wegen<br />
der dom<strong>in</strong>anten Verkehrsführungs- und<br />
Baustellene<strong>in</strong>richtungsaufwendungen<br />
sogar das Fünf- bis Sechsfache. Die Auswechslung<br />
der Dichtprofile vor Ort verursacht<br />
ungefähr die Hälfte der Anschaffungskosten,<br />
<strong>in</strong>klusive der gleichzeitigen<br />
Instandsetzung des Korrosionsschutzes<br />
das Doppelte. Es ist daher naheliegend,<br />
durch konstruktive Vorkehrungen die<br />
Intervalle zu strecken und die erforderlichen<br />
Arbeiten sowie die Verkehrsbee<strong>in</strong>trächtigungen<br />
zu m<strong>in</strong>imieren.<br />
An Brücken kle<strong>in</strong>er und mittlerer Spann-<br />
weite kommen <strong>in</strong> Deutschland hauptsächlich<br />
e<strong>in</strong>profilige Konstruktionen nach<br />
Richtzeichnung ÜBE 1 zur Ausführung.<br />
Deren Investitions- und Instandhaltungskosten,<br />
bezogen auf die Herstellkosten<br />
des Bauwerks, werden <strong>in</strong> [9] verglichen<br />
mit am Weltmarkt handelsüblichen<br />
Konstruktionen (Lebensdauer maximal<br />
20 Jahre) und neuartigen Edelstahl-<br />
Hybridprofilen.
11 Anschaffungs- und Instandhaltungskosten von Fahrbahnübergängen<br />
© Aus [9]<br />
Es zeigt sich, dass die Anschaffungskosten<br />
e<strong>in</strong>es Fahrbahnübergangs den<br />
Gesamterhaltungskosten untergeordnet<br />
s<strong>in</strong>d: E<strong>in</strong>e Halbierung der E<strong>in</strong>standskosten<br />
kann die Gesamtkosten vervierfachen.<br />
Unberücksichtigt bleiben hierbei<br />
Bauwerksschäden und volkswirtschaftliche<br />
Schäden durch Verkehrsbee<strong>in</strong>trächtigung.<br />
Die <strong>in</strong>tegrale Bauweise wird auch zur<br />
Vermeidung von mehrprofiligen Fahrbahnübergängen<br />
<strong>in</strong> Lamellenbauweise<br />
mit erforderlichem Wartungsgang favorisiert:<br />
Durch neuartige Fahrbahnübergänge<br />
<strong>in</strong> Wellenbauweise lässt sich jedoch<br />
ohne Zunahme an Wartungsarbeiten<br />
und mit Nutzung der lärmm<strong>in</strong>dernden<br />
Wirkung der E<strong>in</strong>satzbereich e<strong>in</strong>profiliger<br />
Dehnfugen bis auf e<strong>in</strong>e Bewegung von<br />
95 mm anheben.<br />
5 Nachhaltigkeit<br />
Nachhaltigkeit im <strong>Brückenbau</strong> erfordert<br />
e<strong>in</strong>e qualitativ hochwertige, wirtschaftliche<br />
und ökologische Bauweise. Die vorgenannten<br />
ökonomischen Aspekte führen<br />
durch die Anhebung der Lebensdauer<br />
der Produkte und damit die Vermeidung<br />
bzw. Verkürzung von Baumaßnahmen<br />
auch zu volkswirtschaftlichen Vorteilen<br />
<strong>in</strong>folge der Verr<strong>in</strong>gerung von Verkehrsbeh<strong>in</strong>derungen.<br />
Dadurch wird zugleich die<br />
direkte Umweltbelastung reduziert. [9]<br />
Differentiale Brücken s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>folge der<br />
e<strong>in</strong>facheren Bauverfahren weniger um-<br />
weltbelastend. Funktional getrennte<br />
Bauteile lassen sich e<strong>in</strong>fach warten,<br />
demontieren und <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>heiten<br />
austauschen und entsorgen. Kalottenlager<br />
mit besonderem Gleitwerkstoff<br />
nach 4.2 bestehen lediglich aus Stahl<br />
und UHMWPE. Dieser Gleitwerkstoff ist<br />
chemisch beständig, umweltverträglich<br />
und im Unterschied zu PTFE oder Elasto-<br />
meren schadstofffrei entsorg- oder<br />
recyclebar. Die reduzierten Abmessungen<br />
solcher Lager im Vergleich zu anderen<br />
Bauarten oder Betongelenken bedeuten<br />
darüber h<strong>in</strong>aus ger<strong>in</strong>gere Umweltbelastungen<br />
bei Herstellung, Transport und<br />
Entsorgung.<br />
Durch Optimierung der E<strong>in</strong>zelbauteile<br />
kann die Versagenswahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
m<strong>in</strong>imiert werden. Demzufolge gelten<br />
differentiale Bauwerke grundsätzlich als<br />
wesentlich ressourcenschonender als<br />
Integralbauwerke.<br />
12 Wellenförmiger Fahrbahnübergang<br />
mit e<strong>in</strong>em Dichtprofil<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
6 Zusammenfassung<br />
Differentiale Brücken s<strong>in</strong>d bei entsprechender<br />
Dauerhaftigkeit von Lagern und<br />
Fahrbahnübergängen wirtschaftlich und<br />
nachhaltig. Moderne Lager bedürfen<br />
nahezu ke<strong>in</strong>er Wartung während der<br />
Nutzungsdauer e<strong>in</strong>er Brücke. Fahrbahnübergänge<br />
lassen sich so auslegen, dass<br />
sie nur während genereller Instandsetzungsmaßnahmen<br />
planmäßig ausgetauscht<br />
werden müssen. Anschaffungs-<br />
und Instandhaltungskosten für beide<br />
Bauprodukte geme<strong>in</strong>sam können bei<br />
entsprechender Qualität bei ca. 6 %<br />
der Anschaffungskosten des Bauwerks<br />
liegen. Hierzu s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Maße<br />
erhöhte Investitionskosten notwendig<br />
bzw. gerechtfertigt.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Christian Braun<br />
Geschäftsführer<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG,<br />
München<br />
Literatur<br />
[1] Feldmann, M.; Pak, D.: Zu Verbundbrücken mit<br />
<strong>in</strong>tegralen Widerlagern; <strong>in</strong>: Stahlbau 78, 2009.<br />
[2] RWTH Aachen et al.: Economic and durable<br />
design of composite bridges with <strong>in</strong>tegral<br />
abutments. F<strong>in</strong>al report, INTAB Research<br />
Project RFSR-CT-2005-00041, 2010.<br />
[3] Gervasio, H. et al.: Comparative analysis of<br />
an <strong>in</strong>tegral abutment composite bridge and<br />
a concrete bridge with expansion jo<strong>in</strong>ts; <strong>in</strong>:<br />
7th International Conference on Steel Bridges<br />
<strong>in</strong> Guimaraes, Portugal, 2010.<br />
[4] Berger, D. et al.: Entwurfshilfen für <strong>in</strong>tegrale<br />
Straßenbrücken. Heft 50 der Schriftenreihe<br />
der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung,<br />
2004.<br />
[5] Braun, C.; Bergmeister, K.: Brückenausstattung;<br />
<strong>in</strong>: Betonkalender 2004.<br />
[6] Holst, R.: Nutzungsdauermodelle für Lager,<br />
Grundlagen für das Bauwerk-Management-<br />
System (BMS). Unveröffentlichtes Sitzungsdokument<br />
N0879 des DIN-NA 005-57-02 AA<br />
»Lager im Bauwesen«, 2010.<br />
[7] Braun, C.; Hoppe, I.; Roos, R.: New High<br />
Performance Slid<strong>in</strong>g Material for Structural<br />
Bear<strong>in</strong>gs; <strong>in</strong>: 6th World Congress on Jo<strong>in</strong>ts,<br />
Bear<strong>in</strong>gs and Seismic Systems for Concrete<br />
Structures, Halifax, Canada, 2006.<br />
[8] Autobahndirektion Südbayern, Maurer Söhne<br />
GmbH & Co. KG: Auswertung der Mängelanzeigen<br />
an Maurer-Dehnfugen im Bereich der<br />
südbayerischen Autobahnen. Unveröffentlichte<br />
Studie, 2009.<br />
[9] Fischer, O. et al.: The Real Price. Holistic<br />
Cost-Efficiency Considerations <strong>in</strong> Design and<br />
Construction of Infrastructure Projects; <strong>in</strong>:<br />
IABSE-Konferenz, Venedig, Italien, 2010.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
43
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Entwurf und Ausführung<br />
Neubau der Schnettkerbrücke<br />
von Markus Hamme<br />
Im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße<br />
B 1 zur Autobahn A 40 ist für<br />
die <strong>in</strong> Dortmund gelegene Schnettkerbrücke<br />
e<strong>in</strong> Ersatzneubau zu er-<br />
stellen. Aufgrund der schwierigen<br />
äußeren Randbed<strong>in</strong>gungen und der<br />
hohen gestalterischen Anforderungen<br />
fiel die Entscheidung auf e<strong>in</strong>e<br />
außergewöhnliche Konstruktionsart:<br />
Das Tragwerk ist im Endzustand e<strong>in</strong>e<br />
Komb<strong>in</strong>ation aus Bogen-, Stabbogen-<br />
und Balkenbrücke mit nur e<strong>in</strong>em<br />
Mittelbogen, die beiden Überbauten<br />
s<strong>in</strong>d moderne Verbundstrukturen.<br />
Nachfolgend werden der Entwurf<br />
und die Ausführung des Neubaus<br />
der Schnettkerbrücke beschrieben.<br />
1 Lage und Verkehrsbedeutung<br />
Die Bundesstraße B1 ist zwischen den<br />
Autobahnkreuzen Dortmund-West und<br />
Dortmund-Unna die Fortsetzung der<br />
Bundesautobahn A 40 durch das Stadtgebiet<br />
von Dortmund. Sie ist damit Be-<br />
standteil e<strong>in</strong>es sehr wichtigen Ost-West-<br />
Verkehrswegs im Ruhrgebiet, der die<br />
Städte Duisburg, Oberhausen, Essen,<br />
Gelsenkirchen, Bochum und Dortmund<br />
mite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det. Die Strecke ist<br />
allgeme<strong>in</strong> auch unter dem Namen »Ruhr-<br />
schnellweg« bekannt, wird aufgrund des<br />
hohen Verkehrsaufkommens und der<br />
daraus resultierenden sehr häufigen<br />
Staus von den Bewohnern des Ruhrgebietes<br />
jedoch liebevoll als »Ruhrschleichweg«<br />
bezeichnet. Im Zuge des Ausbaus<br />
der A 40 wird die jetzige Bundesstraße<br />
B 1 zur sechsstreifigen Autobahn ausgebaut.<br />
Die Schnettkerbrücke liegt im Ver-<br />
lauf dieses Abschnittes <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Dortmunder Stadtgrenzen kurz h<strong>in</strong>ter<br />
dem Autobahnkreuz Dortmund-West.<br />
Die durchschnittliche Verkehrsbelastung<br />
beträgt 87.000 Kfz/d mit e<strong>in</strong>em Schwerverkehrsanteil<br />
von ca. 9 %.<br />
2 »Alte« Brücke<br />
Die erste Brücke zur Überführung des<br />
Schnettkertals <strong>in</strong> Dortmund wurde be-<br />
reits vor dem Ersten Weltkrieg errichtet.<br />
Aufgrund des Krieges wurde der Bau<br />
jedoch nie ganz abgeschlossen. Das bis<br />
vor kurzem unter Verkehr bef<strong>in</strong>dliche alte<br />
Tragwerk wurde ursprünglich im Jahr<br />
44 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
1 2 »Alte« Schnettkerbrücke<br />
aus dem Jahr 1931<br />
© Landesbetrieb Straßenbau<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
1931 fertiggestellt und nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg zur endgültigen Konstruktion<br />
umgebaut. Es bestand aus e<strong>in</strong>em<br />
8 m hohen, genieteten Stahlfachwerk<br />
mit e<strong>in</strong>er ebenfalls stählernen orthotropen<br />
Fahrbahnplatte. Die größte Stütz-<br />
weite betrug ca. 92 m und die Gesamtlänge<br />
310 m. Die Schnettkerbrücke überspannt<br />
außer dem Fluss Emscher auch<br />
zwei Bahntrassen mit <strong>in</strong>sgesamt neun<br />
Gleisen. Mit ihr wird gleichzeitig e<strong>in</strong><br />
Geh- und Radweg geführt, der vom Tal<br />
aus über e<strong>in</strong>en Treppenturm angebunden<br />
ist.<br />
Die Bauwerksbreite ließ <strong>in</strong>sgesamt nur<br />
vier Fahrstreifen zu und war damit für<br />
das heutige Verkehrsaufkommen nicht<br />
mehr ausreichend, e<strong>in</strong>e Verbreiterung<br />
aber nicht möglich. Da die Brücke auch<br />
statisch nicht mehr den aktuellen Anfor-<br />
derungen entsprach, wurde die Entscheidung<br />
für e<strong>in</strong>en Ersatzneubau getroffen.<br />
3 Variantenuntersuchung<br />
Die Schnettkerbrücke besitzt aufgrund<br />
ihrer Lage e<strong>in</strong>e besondere städtebauliche<br />
Bedeutung. Bei e<strong>in</strong>er entsprechenden<br />
Gestaltung kann sie für die Nutzer der<br />
A 40 quasi e<strong>in</strong> »Tor zur Stadt Dortmund«<br />
bilden. Von den Autofahrern wird die<br />
Brücke gleichzeitig mit so markanten<br />
Bauwerken wie der Westfalenhalle, dem<br />
Fußballstadion und dem Fernsehturm<br />
wahrgenommen. Die Nähe zur Universität<br />
Dortmund und zum Technologiepark<br />
legt ebenfalls e<strong>in</strong>e Gestaltung nahe, die<br />
dieser Umgebung gerecht wird. Die Brü-<br />
cke bef<strong>in</strong>det sich im direkten Blickfeld<br />
der Bewohner des Ortsteils Dortmund-<br />
Schönau und der Inhaber von zahlreichen<br />
Schrebergärten im Schnettkertal.<br />
Mit der geplanten Renaturierung der<br />
Emscher und der Realisierung von Geh-<br />
und Radwegen mit Anb<strong>in</strong>dung an das<br />
Dortmunder Radverkehrsnetz soll die<br />
Attraktivität des Emschertals als örtli-<br />
ches Naherholungsgebiet gesteigert<br />
werden, so dass sich auch aus diesem<br />
Aspekt e<strong>in</strong>e erhöhte Anforderung an ihre<br />
Form ergibt. Die städtebauliche Relevanz<br />
der Brücke hat die Universität Dortmund<br />
bereits im Jahr 1990 dazu veranlasst, sie<br />
zum Thema e<strong>in</strong>es Gestaltungsprojektes<br />
zu machen.<br />
Zur F<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>es geeigneten Bauwerks,<br />
das alle funktionalen und ästhetischen<br />
Randbed<strong>in</strong>gungen erfüllt, wurde e<strong>in</strong>e<br />
Reihe von Varianten untersucht. Bei deren<br />
Bewertung mussten zudem die schlechte<br />
Zugänglichkeit des Tals, die nur über<br />
enge Straßen durch die Siedlung Schönau<br />
möglich ist, sowie die Anforderungen<br />
aus der engen Zugfolge mit ICE-Verkehr<br />
berücksichtigt werden.<br />
Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile<br />
fiel die Entscheidung zugunsten der<br />
Variante 6: Durch den oberhalb der Fahrbahn<br />
liegenden Bogen wird dem Wunsch<br />
nach e<strong>in</strong>er Torwirkung Rechnung getra-<br />
gen. Gleichzeitig ersche<strong>in</strong>t der relativ<br />
schlanke Überbau im eher flachen<br />
Emschertal nicht zu wuchtig und erlaubt<br />
noch e<strong>in</strong>e hohe Transparenz. E<strong>in</strong>e Beson-<br />
derheit der gewählten Variante 6 besteht<br />
dar<strong>in</strong>, dass nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Bogen <strong>in</strong> der<br />
Mitte zwischen zwei vone<strong>in</strong>ander ge-<br />
trennten Überbauten angeordnet wird.<br />
Daraus resultiert e<strong>in</strong> sehr komplexes<br />
Tragverhalten.
4 Bauwerksentwurf<br />
Die Stützweiten der neuen Brücke<br />
betragen für den südlichen Überbau<br />
68 m + 132 m + 73 m + 55 m, der nördliche<br />
Überbau hat mit 68 m + 132 m +<br />
59 m + 49 m ähnliche Stützweiten. Die<br />
Gesamtlänge ergibt sich somit zu 328 m<br />
für den südlichen und 308 m für den<br />
nördlichen Überbau.<br />
Im Grundriss liegt die Brücke auf gesam-<br />
ter Länge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geraden. Der Querschnitt<br />
des Überbaus besteht aus zwei<br />
getrennten Hohlkästen <strong>in</strong> Stahlverbundbauweise.<br />
Er weist e<strong>in</strong>e Gesamtbreite<br />
von 41,60 m auf und erlaubt die Überführung<br />
von drei Fahrstreifen mit e<strong>in</strong>er<br />
zusätzlichen Standspur und e<strong>in</strong>em Geh-<br />
und Radweg <strong>in</strong> jeder Richtung. Die Zu-<br />
gänglichkeit der Brücke für Fußgänger<br />
vom Tal aus wird durch e<strong>in</strong>en Treppenturm<br />
am nördlichen Überbau zwischen<br />
den Achsen 20 und 30 erreicht.<br />
Die Konstruktionshöhe der Kästen misst<br />
3,80 m, was bei den vorhandenen Stützweiten<br />
Schlankheiten l/h = 12,90–34,70<br />
bedeutet. Wegen der großen Breite der<br />
Hohlkästen wird die Betonplatte zusätz-<br />
lich durch e<strong>in</strong>en Mittellängsträger unter-<br />
stützt, die Queraussteifung erfolgt durch<br />
e<strong>in</strong> im Hohlkasten liegendes Fachwerk<br />
im Abstand von 5,00 m.<br />
Zwischen den Achsen 20 und 30 s<strong>in</strong>d die<br />
beiden Überbauten <strong>in</strong> den Hängerachsen<br />
durch Querträger mite<strong>in</strong>ander verbunden<br />
und werden durch Querschotte aus-<br />
gesteift. An den Durchdr<strong>in</strong>gungsstellen<br />
des Bogens mit dem Überbau sowie an<br />
den Anschlussstellen der V-Stützen <strong>in</strong><br />
den Achsen 20 und 30 s<strong>in</strong>d die Überbau-<br />
4 Längsschnitt<br />
© Landesbetrieb Straßenbau Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
5 Regelquerschnitt<br />
© Landesbetrieb Straßenbau Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
3 Untersuchte Varianten<br />
© Landesbetrieb Straßenbau Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
ten ebenfalls durch Querträger mite<strong>in</strong>ander<br />
verbunden, die Aussteifung erfolgt<br />
dort mit Doppelschotten.<br />
Der Bogen hat e<strong>in</strong>e kreisförmige Form<br />
mit R = 89,70 m, der Bogenstich beträgt<br />
28,00 m. Der Überbau wird über acht Rundstahlhänger<br />
im Abstand von 10,75 m<br />
am Bogen befestigt. Als Baustahl f<strong>in</strong>det<br />
hauptsächlich S355J2G3 nach DIN EN<br />
10025 Anwendung.<br />
In den Achsen 20, 30 und 40 wird je<br />
Überbau e<strong>in</strong>e zentrische Stütze angeordnet.<br />
Während die Stütze <strong>in</strong> Achse 40 als<br />
runder Stahlbetonpfeiler konzipiert ist,<br />
kommen jene <strong>in</strong> den Achsen 20 und 30<br />
als stählerne V-Stützen zu Ausführung.<br />
Sie s<strong>in</strong>d mit dem Überbau biegesteif ver-<br />
bunden und <strong>in</strong> das Fundament e<strong>in</strong>ge-<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
spannt. Das dadurch erzielte Rahmentragverhalten<br />
ist zur Ableitung von im<br />
Querschnitt unsymmetrisch auftretenden<br />
Lasten erforderlich, die symmetrischen<br />
Lastanteile <strong>in</strong> beiden Überbauten<br />
6 7<br />
8 Visualisierungen des Neubaus<br />
© Landesbetrieb Straßenbau<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
45
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
werden <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie durch die Bogen-<br />
und lediglich zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Teil<br />
durch die Rahmentragwirkung aufgenommen.<br />
Die Gründung von Bogen und<br />
V-Stützen auf e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Fundament<br />
hat zur Konsequenz, dass der<br />
Bogenschub nur teilweise <strong>in</strong> den Baugrund<br />
abgetragen wird. Überwiegend<br />
wird er durch die schrägen Stiele der<br />
V-Stützen <strong>in</strong> die Überbauten weitergeleitet,<br />
die dadurch zusätzlich wie bei e<strong>in</strong>er<br />
Stabbogenbrücke als Zugband fungieren.<br />
Die Lagerung erfolgt <strong>in</strong> Achse 40 auf je<br />
e<strong>in</strong>em allseitig beweglichen Kalottenlager.<br />
Auf den Widerlagern werden je zwei<br />
Elastomerlager unter jedem Endquerträger<br />
angeordnet. Zur Kompensation der<br />
Längenänderungen des Überbaus werden<br />
an beiden Widerlagern zudem lärmgem<strong>in</strong>derte<br />
Fahrbahnübergänge e<strong>in</strong>gebaut.<br />
Die Gründungssituation gestaltete sich<br />
aufgrund der bereits an gleicher Stelle<br />
stattgefundenen Bautätigkeiten als sehr<br />
schwierig. Für die Stützen <strong>in</strong> den Achsen<br />
20–40 und das Widerlager <strong>in</strong> Achse 50<br />
wurde e<strong>in</strong>e Flachgründung gewählt. Dazu<br />
s<strong>in</strong>d jedoch <strong>in</strong> den Achsen 30, 40 und 50<br />
e<strong>in</strong> umfangreicher Bodenaustausch und<br />
<strong>in</strong> Achse 20 die Herstellung e<strong>in</strong>es großen<br />
HDI-Körpers zur Baugrundverbesserung<br />
erforderlich. Das Widerlager <strong>in</strong> Achse 10<br />
wird für das südliche Teilbauwerk auf<br />
Bohrpfählen gegründet, für das nördliche<br />
aber analog zur Achse 20 auf e<strong>in</strong>em vorher<br />
zu realisierenden HDI-Körper fl ach<br />
gegründet.<br />
46 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
9 10 11 12 13 14 Montage des südlichen Überbaus<br />
© Landesbetrieb Straßenbau Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
Die Stahlteile des Überbaus erhalten<br />
e<strong>in</strong>en Korrosionsschutz entsprechend<br />
ZTV-KOR Stahlbauten: die Außenfl ächen<br />
e<strong>in</strong> vierschichtiges, die Innenfl ächen e<strong>in</strong><br />
dreischichtiges Beschichtungssystem,<br />
Grund- und Zwischenbeschichtungen<br />
werden werksseitig appliziert und die<br />
Deckbeschichtung dann auf der Baustelle<br />
aufgetragen.<br />
Die Farbgebung wurde <strong>in</strong> Absprache mit<br />
den beteiligten Bundes- und Landesm<strong>in</strong>isterien<br />
sowie der Stadt Dortmund wie<br />
folgt festgelegt:<br />
– Überbau mit V-Stützen, Lärmschutzwand<br />
<strong>in</strong> Taubenblau (RAL 5014)<br />
– Bogen und Hänger <strong>in</strong> Karm<strong>in</strong>rot<br />
(RAL 3002)<br />
– Treppenturm <strong>in</strong> Achatgrau (RAL 7038)<br />
5 Herstellung<br />
Bed<strong>in</strong>gt durch die Ausführung unter<br />
laufendem Verkehr müssen die beiden<br />
Überbauten zeitlich nache<strong>in</strong>ander hergestellt<br />
werden. Zunächst wurde der südliche<br />
Überbau realisiert, danach wurde<br />
der Verkehr auf ihn umgelegt sowie die<br />
bestehende Brücke abgebrochen. Erst<br />
dann können die Errichtung des nördlichen<br />
Überbaus und zum Schluss die Montage<br />
des Bogens vorgenommen werden.<br />
Für die Bauphasen, <strong>in</strong> denen die Bogentragwirkung<br />
noch nicht vorhanden ist,<br />
muss <strong>in</strong> dem großen Feld zwischen<br />
Achse 20 und 30 e<strong>in</strong>e zusätzliche Hilfsstütze<br />
angeordnet werden: In dieser Zeit<br />
ist die Brücke e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Balkentragwerk.<br />
Die Montage der Stahltröge erfolgt im<br />
Taktschiebeverfahren vom westlichen<br />
Widerlager aus. Nach Beendigung des<br />
Verschubvorgangs wird die Stahlbetonfahrbahnplatte<br />
im Pilgerschrittverfahren<br />
<strong>in</strong> 16 Betonierabschnitten hergestellt.<br />
Für den E<strong>in</strong>bau der Hänger s<strong>in</strong>d kurze<br />
Vollsperrungen vorgesehen. Zur Aktivierung<br />
der Bogentragwirkung auch für das<br />
Eigengewicht ist e<strong>in</strong> schrittweises Absenken<br />
der Lager auf den Hilfsstützen<br />
zwischen den Achsen 20 und 30 vorgesehen.<br />
Die Hänger bestehen aus Rundstählen<br />
mit d = 220 mm, wobei zur Erhöhung der<br />
Redundanz als Material e<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>kornbaustahl<br />
S420NL mit besonders guten<br />
Zähigkeitseigenschaften gewählt wurde.<br />
Außer bei den beiden kurzen Hängern ist<br />
aufgrund der maximal möglichen Lieferlängen<br />
jeweils e<strong>in</strong> geschweißter Vollstoß<br />
<strong>in</strong> der Mitte erforderlich. Die Hängerenden<br />
zum Anschluss an den Bogen bzw.<br />
die Querträger werden nicht wie üblich<br />
geschweißt, sondern geschmiedet. Für<br />
die Hänger wurde e<strong>in</strong>e Zustimmung im<br />
E<strong>in</strong>zelfall erteilt.<br />
6 Zusammenfassung<br />
Mit der Schnettkerbrücke wird e<strong>in</strong> gestalterisch<br />
und statisch anspruchsvolles<br />
Bauwerk realisiert, das sowohl den planerischen<br />
Vorgaben als auch der städtebaulichen<br />
Situation gerecht wird. Durch<br />
die Komb<strong>in</strong>ation verschiedener Tragwirkungen<br />
konnten die Bauteilabmessungen<br />
auf e<strong>in</strong> dem Umfeld angepasstes<br />
Maß begrenzt werden. Der südliche<br />
Überbau wurde bereits im August 2008<br />
unter Verkehr genommen. Die Gesamtfertigstellung<br />
ist für den Herbst 2011<br />
geplant.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Markus Hamme<br />
Landesbetrieb Straßenbau Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen,<br />
Betriebssitz Gelsenkirchen<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland,<br />
vertreten durch den Landesbetrieb Straßenbau<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, Regionalniederlassung Ruhr<br />
Bauwerksentwurf<br />
Ruhrberg Ingenieurgeme<strong>in</strong>schaft<br />
Gehrke, Neumann, Schmitz, Hagen<br />
Prüfstatik<br />
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Weyer, Dortmund<br />
Bauüberwachung<br />
EHS beratende Ingenieure für Bauwesen<br />
Dr.-Ing. Schmidt-Hurtienne Dr.-Ing. Osteroth<br />
GmbH, Lohfelden<br />
lavis enigneer<strong>in</strong>g GmbH, Halle<br />
Fertigungsüberwachung Stahlbau<br />
SLV Mecklenburg-Vorpommern GmbH, Rostock<br />
Bauausführung<br />
Schachtbau Nordhausen GmbH, Nordhausen
BRÜCKEN IN STAHL UND STAHLVERBUND<br />
spiegeln mit ihrer Ästhetik und Eleganz die Möglichkeiten des Stahlbrückenbaus im 21. Jahrhundert wider.<br />
Wir setzen Architektur formvollendet <strong>in</strong> die Realität um. MCE Stahl- und Masch<strong>in</strong>enbau ist Ihr kompetenter Partner für Planung,<br />
Fertigung und Montage von Stahlbrücken.<br />
“Schrägseilverbundbrücke BW 29 im Zuge der Ortsumfahrung Bad Oeynhausen”<br />
www.mce-smb.at<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
47
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Umstellung von Stahlverbund auf Spannbeton<br />
Neubau der Talbrücke Enzenstetten<br />
von Karl Goj<br />
Die im Dezember letzten Jahres<br />
endgültig fertiggestellte Talbrücke<br />
Enzenstetten zeichnet sich gleich<br />
durch mehre Besonderheiten aus: Sie<br />
ist Teil der längsten und im Abschnitt<br />
zwischen Füssen und Nesselwang<br />
zudem höchstgelegenen deutschen<br />
Autobahn. Darüber h<strong>in</strong>aus bedurfte<br />
sie e<strong>in</strong>er Umplanung, denn nach<br />
Abschluss der Gründungsarbeiten<br />
und E<strong>in</strong>richtung der Taktschiebeanlage<br />
musste von der ursprünglich<br />
vorgesehenen Stahlverbund- auf e<strong>in</strong>e<br />
Spannbetonbauweise »gewechselt«<br />
werden, was zusätzliche technische<br />
Herausforderungen mit sich brachte.<br />
1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
1.1 Bundesautobahn A 7<br />
Die Autobahn A 7 von Flensburg bis zur<br />
Landesgrenze mit Österreich bei Füssen<br />
hält mehrere Rekorde: Sie ist mit 962 km<br />
die längste deutsche Autobahn. Im ge-<br />
genständlichen Bauabschnitt zwischen<br />
Nesselwang und Füssen ist sie mit e<strong>in</strong>er<br />
Höhe von 914 m über NN zugleich die<br />
höchstgelegene deutsche Autobahn.<br />
Zur Erlangung des Baurechts für diesen<br />
Abschnitt verg<strong>in</strong>gen vom Antrag auf<br />
Planfeststellung bis zur Abweisung der<br />
letzten Klage außerdem 21 Jahre.<br />
Nach e<strong>in</strong>er Bauzeit von sieben Jahren<br />
konnte der 16,20 km lange und ca.<br />
185 Mio. x teure Abschnitt am 2. September<br />
2009 dem Verkehr übergeben<br />
werden. Allerd<strong>in</strong>gs war zu dem Zeitpunkt<br />
1 Letzter Bauabschnitt der Bundesautobahn A 7<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
48 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
2 Enzenstettener Brunnenmoos<br />
© www.ulrichhaas.com<br />
nur e<strong>in</strong> Überbau der Talbrücke Enzenstetten<br />
errichtet, so dass hier noch zwei-<br />
spurig im Gegenverkehr gefahren wer-<br />
den musste. Seit dem 7. Dezember 2010<br />
ist nun auch jener Engpass beseitigt und<br />
die Talbrücke vierspurig befahrbar.<br />
1.2 Rechtsverfahren<br />
Im Laufe der langwierigen Rechtsgeschichte<br />
der BAB A 7 gewannen ökologische<br />
Aspekte immer mehr an Gewicht.<br />
Der Schutz des Enzenstettener Brunnenmooses,<br />
das von der Neubaustrecke<br />
zwischen Nesselwang und Füssen durch-<br />
schnitten wird, wurde zu e<strong>in</strong>em Knack-<br />
punkt im Planfeststellungsverfahren.<br />
Nachdem mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts<br />
vom 3. Dezember 2001<br />
der Trassenverlauf endgültig rechtskräftig<br />
war, bestand immer noch die Auflage,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren ergänzenden Plan-<br />
feststellungsverfahren neben den Aus-<br />
gleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie<br />
dem Lärmschutz auch die ökologische<br />
E<strong>in</strong>griffsm<strong>in</strong>imierung im Bereich des<br />
Enzenstettener Brunnenmooses zu<br />
prüfen.<br />
Um die Bee<strong>in</strong>trächtigungen für dieses<br />
wertvolle Moorgebiet mit se<strong>in</strong>em sel-<br />
tenen Artenvorkommen weitestgehend<br />
zu verr<strong>in</strong>gern, fiel die Entscheidung, e<strong>in</strong>e<br />
557,50 m lange Talbrücke zu errichten.<br />
Dabei musste das Kerngebiet des Brun-<br />
nenmooses mit e<strong>in</strong>er Ausdehnung von<br />
120 m <strong>in</strong> der Fahrbahnachse als Tabuzone<br />
von jeglicher Bautätigkeit freigehalten<br />
werden.<br />
2 Gestaltung der Talbrücke<br />
Die Gestaltung der Brücke ist das Ergeb-<br />
nis e<strong>in</strong>es Ideenwettbewerbs. Im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es vere<strong>in</strong>fachten Plangutachtens<br />
wurden vier Ingenieurbüros e<strong>in</strong>geladen,<br />
wobei jeweils e<strong>in</strong> Architekt zu beteiligen<br />
war. Insgesamt wurden sechs Vorschläge<br />
e<strong>in</strong>gereicht, aus denen das Preisgericht<br />
e<strong>in</strong>vernehmlich den jetzt realisierten<br />
Entwurf der Konstruktionsgruppe Bauen<br />
AG, Kempten, als die beste Lösung<br />
auswählte.<br />
Die Grundidee ist, durch die V-förmig<br />
gespreizten, aufgelösten Stahlstützen<br />
die Neigung der umliegenden Berge<br />
nachzuempf<strong>in</strong>den. Durch die Spreizung<br />
verr<strong>in</strong>gern sich außerdem die Stützweiten<br />
der Brückenfelder. Dies ermöglichte<br />
<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit der Konzeption e<strong>in</strong>es<br />
zweiteiligen Stahlverbundhohlkastenträgers<br />
e<strong>in</strong>e sehr schlanke Überbaukonstruktion.<br />
E<strong>in</strong> weiteres Gestaltungselement<br />
ist die kont<strong>in</strong>uierliche Reduzierung<br />
der Stützweiten und der Überbauhöhen<br />
von West nach Ost <strong>in</strong> dem Maße, wie die<br />
Gradientenhöhe über Gelände abnimmt.<br />
Dadurch ergeben sich trotz der ger<strong>in</strong>gen<br />
Höhe der Talbrücke über Gelände von<br />
maximal 10 m e<strong>in</strong>e harmonische E<strong>in</strong>fügung<br />
<strong>in</strong> die Landschaft und der<br />
E<strong>in</strong>druck e<strong>in</strong>er »schwebenden« Optik<br />
des Überbaus.
3 Realisierungsentwurf als Photomontage<br />
© Autobahndirektion Südbayern/Konstruktionsgruppe Bauen AG<br />
3 Technische Konzeption<br />
Die Talbrücke Enzenstetten hat e<strong>in</strong>e<br />
Gesamtlänge von 558 m. Sie überspannt<br />
das Tal mit sechs Brückenfeldern (95 m +<br />
120 m + 107,50 m + 95 m + 85 m + 55 m),<br />
die Gesamtbreite zwischen den Geländern<br />
beträgt für den zweiteiligen Über-<br />
bau 29,50 m.<br />
Der Untergrund im Bereich der Talbrücke<br />
ist aus Seeton, tragfähiger Ton- und<br />
Sandste<strong>in</strong> stehen erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tiefe von<br />
25–40 m an. Sie wurde deshalb auf<br />
110 Großbohrpfählen mit d = 1,20 m<br />
gegründet, die <strong>in</strong> die tragfähigen Schich-<br />
ten e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den. Weitere 16 Bohrpfähle<br />
erforderte dann die Gründung der Takt-<br />
schiebeanlage, die Gegenstand e<strong>in</strong>es<br />
Sondervorschlags war. Der Amtsentwurf<br />
sah h<strong>in</strong>gegen die Montage der Stahlteile<br />
des Stahlverbundquerschnittes im Frei-<br />
vorbau mit zwei Hilfspylonen vor.<br />
Die Überbauhöhe variiert zwischen<br />
3,50 m und 2,50 m. Im Anschlussbereich<br />
zu den Stützen war e<strong>in</strong>e Aussteifung der<br />
begehbaren Stahlverbundhohlkästen mit<br />
Querträgern geplant, um die Kräfte mög-<br />
lichst zentrisch e<strong>in</strong>leiten zu können.<br />
Durch die feste Verb<strong>in</strong>dung der V-förmigen<br />
Stahlstützen mit dem Überbau ent-<br />
stehen zusätzlich zu den Horizontalbewegungen<br />
aus Temperatur auch Hori-<br />
zontalbewegungen aus der Verkehrslast.<br />
Die Berechnungen ergaben nun Lager-<br />
wege von ca. 50 km über die Lebensdauer<br />
der Brücke. Zur Aufnahme dieser<br />
hohen Beanspruchungen wurden MSM®-<br />
Lager der Firma Maurer Söhne e<strong>in</strong>gebaut.<br />
Als Gleitlager mit e<strong>in</strong>em Kalottendurchmesser<br />
d = 1,00 m konzipiert,<br />
haben sie ger<strong>in</strong>ge Reibbeiwerte und<br />
4 Regelquerschnitt<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
s<strong>in</strong>d geeignet für hohe Bewegungsgeschw<strong>in</strong>digkeiten,<br />
hohe Pressungen und<br />
Niedrigtemperaturbereiche.<br />
4 Probleme bei der Umsetzung<br />
Nach der Auftragsvergabe an e<strong>in</strong>e<br />
hessisch-schwäbische Bietergeme<strong>in</strong>schaft<br />
im Juli 2005 wurden zunächst<br />
umfangreiche Gründungsarbeiten im<br />
nicht tragfähigen Untergrund vorgenommen.<br />
Im Sommer 2006 waren dann<br />
alle Großbohrpfähle hergestellt und die<br />
Gründungsarbeiten im Wesentlichen<br />
abgeschlossen. Die Verschubbahn der<br />
Taktschiebeanlage war aufgebaut, die<br />
Widerlager mit den erforderlichen<br />
Hilfskonstruktionen waren errichtet und<br />
Engstellen im untergeordneten Straßennetz<br />
für die Schwertransporte der Stahl-<br />
teile ertüchtigt. Nur die Stahltröge ka-<br />
men nicht. Wegen e<strong>in</strong>er wirtschaftlichen<br />
Schieflage war der Subunternehmer für<br />
den Stahlbau nicht mehr <strong>in</strong> der Lage, die<br />
Baustelle zu beliefern: Das maßgebende<br />
Gewerk war komplett ausgefallen.<br />
Der Herbst 2006 verstrich bei bestem<br />
Wetter ohne Bautätigkeit.<br />
Die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft präsentierte<br />
nun zwar e<strong>in</strong>en neuen namhaften Sub-<br />
unternehmer, bei den folgenden Ver-<br />
handlungen kristallisierten sich aber<br />
zwei nicht lösbare Probleme heraus:<br />
Aufgrund der damaligen Situation am<br />
Stahlmarkt waren ke<strong>in</strong>e akzeptablen<br />
Fertigungsterm<strong>in</strong>e für die Stahlbleche zu<br />
vere<strong>in</strong>baren, und die neuen Baukosten<br />
lagen um m<strong>in</strong>destens 5 Mio. x über dem<br />
Angebotspreis. Schließlich wurde der<br />
Vorschlag unterbreitet, die Bauweise zu<br />
wechseln.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
5 Horizontalbewegung aus Verkehrslast<br />
© Konstruktionsgruppe Bauen AG<br />
6 Baustelle im Sommer 2006<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
5 Spannbeton als Lösung<br />
Man griff auf e<strong>in</strong> Nebenangebot zurück,<br />
das bereits bei der Ausschreibung 2005<br />
zusammen mit e<strong>in</strong>em renommierten<br />
Ingenieurbüro abgegeben wurde, näm-<br />
lich den Brückenüberbau statt <strong>in</strong> Stahl-<br />
verbund- <strong>in</strong> Spannbetonbauweise aus-<br />
zuführen. Die <strong>in</strong>tensive Prüfung dieses<br />
Vorschlags ergab, dass die Brücke mit<br />
e<strong>in</strong>em Spannbetonüberbau statisch<br />
ebenfalls realisierbar ist, ohne die Außen-<br />
abmessungen und die Optik zu verändern,<br />
vor allem aber ohne zusätzliche<br />
E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> das Brunnenmoos verursachen<br />
zu müssen.<br />
Außerdem garantierte die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
unter anderem mit e<strong>in</strong>er<br />
von ihr angebotenen Vertragsstrafe,<br />
die Brücke zur Auftragssumme von<br />
24,90 Mio. x zu errichten und zum<strong>in</strong>dest<br />
e<strong>in</strong>en Überbau bis Sommer 2008 herzustellen,<br />
so dass die dr<strong>in</strong>gend erwartete<br />
Verkehrseröffnung der A 7 doch noch<br />
term<strong>in</strong>gerecht möglich schien – wenn<br />
auch vorübergehend im Bereich der<br />
Talbrücke nur e<strong>in</strong>bahnig. Nach e<strong>in</strong>gehenden<br />
Prüfungen auf allen Verwaltungsebenen<br />
wurde dieser Vorschlag Anfang<br />
Dezember 2006 angenommen.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
49
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
6 Besonderheiten bei der Umplanung<br />
Zunächst waren jedoch umfangreiche<br />
Umplanungen notwendig. Da der Spann-<br />
betonüberbau fast doppelt so schwer ist<br />
wie die ursprünglich angebotene Stahl-<br />
verbundkonstruktion, war die Statik<br />
komplett zu überarbeiten. Die bereits<br />
fertiggestellten Fundamente der Brü-<br />
9 Montage und Betonieren der V-Stützen<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
50 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
10 Zusatzschwerter und Quersteifen<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
11 Errichtung mit verschiedenen Bauverfahren<br />
© www.ulrichhaas.com<br />
7 Verbreiterung der<br />
Pfahlkopfplatten<br />
© Autobahndirektion<br />
Südbayern<br />
ckenpfeiler mussten teilweise nachträglich<br />
verbreitert und zusätzliche Bohrpfähle<br />
e<strong>in</strong>gebracht werden. Mit diesen<br />
zusätzlichen Pfählen für die nun erfor-<br />
derlichen Hilfspfeiler kamen zu den<br />
schon vorhandenen 4.000 lfm Bohrpfählen<br />
weitere 2.000 lfm h<strong>in</strong>zu.<br />
Die V-Stiele wurden statt <strong>in</strong> Stahl- nun<br />
<strong>in</strong> Stahlverbundbauweise ausgeführt,<br />
dafür waren <strong>in</strong>sgesamt 180.000 Kopfbolzendübel,<br />
im Mittel 5.000 pro Stiel<br />
erforderlich.<br />
Die Errichtung der V-förmigen Stahlverbundstützen<br />
war aber auch sonst e<strong>in</strong>e<br />
technische Herausforderung. Zunächst<br />
wurde der erste Stiel mit e<strong>in</strong>em Kran<br />
e<strong>in</strong>gehoben und mit e<strong>in</strong>em Traggerüst<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er endgültigen Lage fixiert. Nach<br />
dem Verschweißen mit dem Fußquerträger<br />
konnte dann der zweite e<strong>in</strong>gehoben,<br />
mit e<strong>in</strong>em Spannglied mit 650 kN<br />
Spannkraft gegen den ersten Stiel ab-<br />
gespannt und verschweißt werden. In<br />
gleicher Weise erfolgte die Montage der<br />
zweiten parallelen V-Stütze. Die Schweiß-<br />
zeit pro Stiel betrug vier bis fünf Tage,<br />
wobei zwei bis vier Quersteifen zwischen<br />
den Stützen für die notwendige Stabili-<br />
tät sorgten. Das Betonieren wurde <strong>in</strong><br />
4-m-Abschnitten vorgenommen: Zum<br />
Verdichten des Betons mit der Rüttelflasche<br />
mussten sich Arbeiter <strong>in</strong>s <strong>in</strong>nere<br />
der Stützen begeben. Um e<strong>in</strong> Ausbeulen<br />
der Stahlblechwände durch den Beton-<br />
8 Stiel mit Kopfbolzendübel<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
druck zu verh<strong>in</strong>dern, war es zudem un-<br />
abd<strong>in</strong>gbar, die Stützen an der kritischen<br />
Stelle von außen zusammenzuspannen.<br />
Zum Betonieren war e<strong>in</strong> weiteres Spann-<br />
glied zwischen den V-förmigen Stützen<br />
mit e<strong>in</strong>er Spannkraft von 850 kN notwendig.<br />
Die Spannglieder wurden so<br />
angespannt, dass die Bewegungen der<br />
Stiele aufgrund des Betongewichts wie-<br />
der rückgängig gemacht werden konnten:<br />
Sie wurden nicht ausgebaut, sondern<br />
wie die Quersteifen <strong>in</strong> den Überbau mit<br />
e<strong>in</strong>betoniert. Zur E<strong>in</strong>leitung der Kräfte<br />
aus dem Überbau <strong>in</strong> die Stiele bedurfte<br />
es der Anordnung von Zusatzschwertern<br />
mit zusätzlichen Kopfbolzen.<br />
Die Realisierung des Überbaus <strong>in</strong> Spann-<br />
beton machte schließlich e<strong>in</strong>e komplette<br />
Umstellung des geplanten Bauablaufs<br />
erforderlich.<br />
Anstelle e<strong>in</strong>er Taktschiebeanlage wurde<br />
nun an drei Orten mit drei verschiedenen<br />
Bauverfahren parallel gearbeitet: mittels<br />
Vorschubrüstung, im Freivorbau über der<br />
Tabuzone Brunnenmoos und mit kon-<br />
ventionellem Leergerüst im Bereich der<br />
Bahnl<strong>in</strong>ie.<br />
E<strong>in</strong> Vergleich der Momente aus den<br />
Bauverfahren und dem E<strong>in</strong>gusssystem<br />
zeigt, dass die während der Errichtungsphase<br />
auftretenden Momente für die<br />
Bemessung maßgeblich waren.<br />
An den Übergängen von der Vorschubrüstung<br />
auf den Freivorbau im Bereich<br />
12 Momentenvergleich: Summe Bauzustände und E<strong>in</strong>gusssystem<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH
13 Rückverankerung mit Deckenlisenen<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
der V-Stützen vor und h<strong>in</strong>ter dem zu<br />
schützenden Brunnenmoos war e<strong>in</strong>e<br />
erhebliche Anzahl von Spanngliedern <strong>in</strong><br />
der Fahrbahnplatte erforderlich, um die<br />
großen Stützenmomente aufnehmen zu<br />
können. Die Spannglieder wurden <strong>in</strong> den<br />
Feldern vor den Stützen gestaffelt mit<br />
Deckenlisenen rückverankert.<br />
Im Abschnitt des Freivorbaus mussten die<br />
Spannglieder überdies zweidimensional<br />
verschwenkt und im Zuge von sechs Beto-<br />
niertakten zur Feldmitte h<strong>in</strong> gestaffelt<br />
bis auf vier Spannglieder reduziert wer-<br />
den. Der Stoßbereich <strong>in</strong> Feldmitte wird<br />
mit nur zwei Spanngliedern überbrückt.<br />
7 Schlussbetrachtung<br />
Im Laufe der Arbeiten stellte sich schnell<br />
heraus, dass die beauftragten Firmen<br />
nicht <strong>in</strong> der Lage waren, den durch den<br />
15 Fertiggestellte Talbrücke Enzenstetten<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
14 Freivorbau: Spanngliedanordnung <strong>in</strong> der Fahrbahnplatte<br />
© Autobahndirektion Südbayern<br />
Konstruktionswechsel e<strong>in</strong>getretenen<br />
Zeitverlust aufzuholen Mit der um rund<br />
e<strong>in</strong> Jahr verzögerten Inbetriebnahme der<br />
BAB A 7 am 2. September 2009 kehrte<br />
aber auf den endlich entlasteten Straßen<br />
des Ostallgäus Ruhe e<strong>in</strong>. Letztlich wurde<br />
die für die Brücke vertraglich vere<strong>in</strong>barte<br />
Gesamtbauzeit um über zwei Jahre<br />
überschritten. Unabhängig von den<br />
damit verbundenen verkehrlichen und<br />
bauvertraglichen Problemen ist die Tal-<br />
brücke Enzenstetten e<strong>in</strong> gelungenes<br />
Bauwerk, das die gestalterischen An-<br />
sprüche bezüglich der sensiblen Vor-<br />
alpenlandschaft voll erfüllt.<br />
Autor:<br />
M<strong>in</strong>isterialrat Dipl.-Ing. Karl Goj<br />
Oberste Baubehörde im<br />
Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isterium des Innern,<br />
München<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland,<br />
vertreten durch die Autobahndirektion Südbayern,<br />
Dienststelle Kempten<br />
Entwurf<br />
Konstruktionsgruppe Bauen AG, Kempten<br />
Architekten karl + probst, München<br />
Tragwerksplanung<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH, Dresden<br />
Prüf<strong>in</strong>genieure<br />
Dipl.-Ing. Norbert Nieder, Kempten<br />
Prof. Dr.-Ing. Gert Albrecht, München<br />
Bauausführung<br />
Adolf Lupp GmbH, Nidda<br />
Glass GmbH, M<strong>in</strong>delheim<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
51
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Resultat e<strong>in</strong>es Gestaltungshandbuches<br />
Trauntalbrücke <strong>in</strong> Traunste<strong>in</strong><br />
von Vitus Danzl<br />
Um die hochbelastete Ortsdurchfahrt<br />
von Traunste<strong>in</strong> vom Durchgangsverkehr<br />
zu befreien, wurde e<strong>in</strong>e 4,50 km<br />
lange Ortsumfahrung mit e<strong>in</strong>em<br />
Übergang über das Trauntal erforderlich.<br />
Ziel des Bauherrn im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es Gestaltungshandbuches war<br />
es, diese Brücke <strong>in</strong> die vorhandenen<br />
Flussufer und -auen schonend e<strong>in</strong>zu-<br />
gliedern und dabei die Pfeileranzahl<br />
zu m<strong>in</strong>imieren. Durch die V-förmig<br />
konzipierten Pfeiler können bei der<br />
Fundamentierung <strong>in</strong> der Trauntalsohle<br />
Stützweiten von ca. 72 m realisiert<br />
werden, während die Lagerung des<br />
Überbaus maximale Feldweiten von<br />
38,40 m erlaubt. Somit wurde erreicht,<br />
dass der Überbau e<strong>in</strong> gleichmäßiges<br />
und schlankes Ersche<strong>in</strong>ungsbild er-<br />
hält und die E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> Natur und<br />
Landschaft m<strong>in</strong>imiert werden. Neben<br />
der Ästhetik wurde großer Wert auf<br />
die Festigkeit, Dauerhaftigkeit und<br />
Funktionsfähigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit<br />
des Bauwerks gelegt.<br />
Die Trauntalbrücke mit e<strong>in</strong>er Länge<br />
von 385 m ist derzeit im Bau und soll<br />
2012 fertiggestellt werden.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Die Bundesstraße B 304 ist e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Fernstraßenverb<strong>in</strong>dung von München<br />
über Wasserburg und Traunste<strong>in</strong> weiter<br />
<strong>in</strong> Richtung Freilass<strong>in</strong>g nach Österreich.<br />
Zusammen mit der B 299 (Altött<strong>in</strong>g–<br />
Altenmarkt) und der B 306 (Traunste<strong>in</strong>–<br />
Siegsdorf) ist sie e<strong>in</strong> wesentlicher Be-<br />
standteil des Fernverkehrsnetzes zwi-<br />
schen den Bundesautobahnen BAB A 94<br />
und A 8 Ost <strong>in</strong> Nord-Süd-Richtung.<br />
Besonders <strong>in</strong> den Morgen- und Abendstunden<br />
s<strong>in</strong>d die B 304 <strong>in</strong> der 3,10 km<br />
langen Ortsdurchfahrt von Traunste<strong>in</strong><br />
und die St 2105 im Ortsteil Hufschlag<br />
der Geme<strong>in</strong>de Surberg und im Halla-<br />
brucker Berg stark überlastet und die<br />
Anwohner durch das hohe Verkehrsaufkommen<br />
unzumutbar belastet.<br />
52 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Voruntersuchungen für e<strong>in</strong>e Umfahrung<br />
Traunste<strong>in</strong> begannen schon Anfang der<br />
1970er Jahre. Die Raumordnung wurde<br />
1979 mit der landesplanerischen<br />
Beurteilung positiv abgeschlossen. Das<br />
Planfeststellungsverfahren für die Orts-<br />
umfahrung 2002 e<strong>in</strong>geleitet und 2005<br />
zu Ende geführt.<br />
Die 4,50 km lange Umgehung von<br />
Traunste<strong>in</strong> im Zuge der B 304 ist seit<br />
August 2007 <strong>in</strong> Bau. Die geplante 385 m<br />
lange Trauntalbrücke überspannt das<br />
Trauntal und kreuzt dabei e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>deverb<strong>in</strong>dungsstraße,<br />
e<strong>in</strong>en Wirtschaftsweg<br />
sowie die Traun mit e<strong>in</strong>em Altwasserarm.<br />
Orientiert an der Topographie<br />
des zu überquerenden Trauntals ergeben<br />
sich Höhen des Übergangs über Talgrund<br />
zwischen ca. 13,50 m und ca. 26,00 m.<br />
Das Trauntal weist neben Kiesbänken,<br />
Altwassern, der Hartholzaue und gut<br />
strukturierten Leitenwäldern e<strong>in</strong>e beach-<br />
tenswerte Artenvielfalt auf und wird von<br />
Traunste<strong>in</strong>ern daher gerne als Naherholungsgebiet<br />
genutzt.<br />
2 Wettbewerb<br />
Im Verlauf der Ortsumfahrung bef<strong>in</strong>-<br />
den sich neun Ingenieurbauwerke (acht<br />
Brücken und e<strong>in</strong> Tunnel). Ziel war es,<br />
ihnen e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />
zu geben.<br />
Am 1. Januar 2006 wurden im Zuge e<strong>in</strong>er<br />
Verwaltungsreform die Bereiche Hoch-<br />
bau und Straßenbau <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />
Bauamt <strong>in</strong> Traunste<strong>in</strong> zusammengeführt.<br />
Für das Bauamt war es daher<br />
e<strong>in</strong>e besondere Herausforderung, für<br />
die Ortsumfahrung von Traunste<strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
Gestaltungshandbuch zu erarbeiten. Im<br />
2 Modell der geplanten Brücke<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
1 Streckenverlauf der B 304 neu<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Rahmen des Gestaltungshandbuches,<br />
das wie e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terner Architekten- und<br />
Ingenieurwettbewerb zu sehen ist, wur-<br />
de nun e<strong>in</strong> Brückentragwerk für die<br />
Trauntalquerung konzipiert, das den<br />
Ansprüchen an den Talraum sowie den<br />
unterschiedlichen Nutzungen genügt.<br />
Dabei wurde großes Augenmerk auf die<br />
Ästhetik, Dauerhaftigkeit, Festigkeit und<br />
Funktionsfähigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit<br />
gelegt. E<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil<br />
der Gestaltung s<strong>in</strong>d hier die V-förmigen<br />
Pfeiler, denn dadurch ergeben sich e<strong>in</strong>e<br />
gleichmäßige Stützweitenaufteilung<br />
sowie kle<strong>in</strong>ere Stützweiten. Es können<br />
die Flussufer geschont und die E<strong>in</strong>griffe<br />
<strong>in</strong> schützenswerte Bereiche durch die<br />
ger<strong>in</strong>gere Pfeileranzahl verm<strong>in</strong>dert wer-<br />
den. Zudem erhält der Überbau e<strong>in</strong> har-<br />
monischeres und schlankeres Ersche<strong>in</strong>ungsbild.
3 Entwurf und Konstruktion<br />
3.1 Brückenquerschnitt<br />
Das <strong>Brückenbau</strong>werk ist e<strong>in</strong>e Stahlbetonverbundkonstruktion<br />
mit e<strong>in</strong>er Breite<br />
zwischen den Geländern von 11,60 m bei<br />
e<strong>in</strong>er Fahrbahn von 2 x 3,75 m und beidseitigen<br />
Gehwegkappen von jeweils<br />
1,80 m. Die Gesamtlänge des <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Kreisbogen mit e<strong>in</strong>em Radius von 910 m<br />
verlaufenden Überbaus misst 385 m,<br />
wobei der Kreisbogen im Bereich des<br />
westlichen Widerlagers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Klothoide<br />
übergeht. Durch die Krümmung der<br />
Achse wird die Brücke mit den V-Stützen<br />
e<strong>in</strong>sehbar und somit erlebbar.<br />
Der Querschnitt des Überbaus ist als<br />
vierstegiger durchlaufender Plattenbalken<br />
mit gleichbleibender Bauhöhe von<br />
(exakt) 1,886 m konzipiert. Der Abstand<br />
der Längsträger senkrecht zur Brückenlängsachse<br />
beträgt e<strong>in</strong>heitlich 2,70 m.<br />
4 Querschnitt<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Die im Verbund mit den Stahlträgern vor-<br />
gesehene Ortbetonfahrbahnplatte wird<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mittleren Stärke von ca. 40 cm<br />
ausgeführt. Als Konstruktionsaufbau<br />
s<strong>in</strong>d Fertigplatten geplant, die gleichzeitig<br />
als Schalung für die Ortbetonergänzung<br />
dienen. Der Verbund zwischen den<br />
Stahlträgern und der Betonfahrbahnplatte<br />
wird über Kopfbolzendübel reali-<br />
siert. Angaben zur Brückenausstattung,<br />
wie Entwässerung oder Schutze<strong>in</strong>richtungen,<br />
s<strong>in</strong>d im nachstehenden Quer-<br />
schnitt dargestellt.<br />
5 Längsschnitt<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
3 Grundriss<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
3.2 Längsschnitt<br />
Im Bereich der Pfeiler und Widerlager<br />
sowie der Felder s<strong>in</strong>d Querträger ange-<br />
ordnet. Die Längsträger werden an<br />
<strong>in</strong>sgesamt zwölf Auflagerpunkten unter-<br />
stützt, so dass e<strong>in</strong> Durchlaufträgersystem<br />
mit elf Feldern bei Stützweiten zwi-<br />
schen 28,50 m und 38,40 m entsteht.<br />
Wie der hier veröffentlichte Längsschnitt<br />
verdeutlicht, werden durch die V-förmige<br />
Ausbildung der Innenpfeiler sowie die<br />
Unterstützung an den Außenpfeilern<br />
und den Widerlagern pro Längsträger<br />
jeweils zwölf Auflagerpunkte geschaffen.<br />
Durch die V-förmigen Pfeiler können bei<br />
der Fundamentierung <strong>in</strong> der Trauntalsohle<br />
Stützweiten von ca. 72 m realisiert<br />
werden, während die Lagerung des Über-<br />
baus maximale Stützungen von 38,40 m<br />
erlaubt. Somit wurde sichergestellt, dass<br />
der Überbau e<strong>in</strong>e gleichmäßige und<br />
schlanke Kontur erhält.<br />
3.3 Pfeilerscheiben<br />
Die V-förmig angeordneten Innenpfeiler<br />
bestehen <strong>in</strong> Querrichtung aus jeweils<br />
vier E<strong>in</strong>zelstützen, die mit den Auflagerquerträgern<br />
e<strong>in</strong>en K-Verband bilden,<br />
damit die horizontale Aussteifung ge-<br />
währleistet ist und die Horizontalkräfte<br />
<strong>in</strong> die Fundamente abgeleitet werden<br />
können.<br />
Für die Innenpfeiler s<strong>in</strong>d Rundrohre mit<br />
Querschnittsabmessungen von 914 mm<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
x 20 mm für die Außen- und 711 mm x<br />
20 mm für die Innenstützen vorgesehen.<br />
Jeweils zwei der <strong>in</strong>sgesamt vier Stützen<br />
pro Auflagerscheibe werden auf E<strong>in</strong>zel-<br />
fundamenten zusammengefasst und auf<br />
Bohrpfählen mit d = 1,20 m gegründet,<br />
die mit e<strong>in</strong>er Länge von 9–15 m <strong>in</strong> den<br />
Baugrund reichen. Die Rundrohrstützen<br />
der Pfeilerscheiben s<strong>in</strong>d dabei über<br />
Schraubverb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> die Fundamente<br />
e<strong>in</strong>gespannt und mit den Längsträgern<br />
und Auflagerquerträgern biegesteif<br />
verbunden.<br />
6 Pfeilerquerschnitt<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
53
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
7 Modellansicht der Brücke<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Die an die Widerlager angrenzenden<br />
Innenpfeiler s<strong>in</strong>d abweichend von den<br />
zuvor beschriebenen V-förmigen Unter-<br />
stützungen senkrecht angeordnet und<br />
werden zur Reduzierung der Zwängungen<br />
aus der Überbauverschiebung am<br />
Stützkopf gelenkig angeschlossen.<br />
Analog zu den V-förmigen Innenpfeilern<br />
s<strong>in</strong>d die Stützen der senkrechten Außen-<br />
pfeiler ebenfalls über Schraubverb<strong>in</strong>dungen<br />
<strong>in</strong> die Fundamente e<strong>in</strong>gespannt.<br />
Errichtet werden sie mit Rundrohren von<br />
711 mm x 32 mm und 457 mm x 36 mm<br />
sowie Rundrohren von 711 mm x 25 mm<br />
und 457 mm x 32 mm.<br />
54 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
8 Bauphase 1<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
10 Bauphase 3<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Die an die Widerlager angrenzenden<br />
Innenstützen s<strong>in</strong>d auf 16 Bohrpfählen<br />
mit d = 1,20 m bzw. d = 0,90 m und e<strong>in</strong>er<br />
Länge von 13,00–14,50 m gegründet.<br />
Die Querlastabtragung wird über die <strong>in</strong><br />
jeder Stützebene vorhandenen vier E<strong>in</strong>-<br />
zelstützen gewährleistet, wobei die stark<br />
geneigten Innenstützen die Hauptanteile<br />
der Horizontallasten übernehmen.<br />
3.4 Situation Widerlager<br />
An den Widerlagern ist durch die Anord-<br />
nung von Elastomerlagern e<strong>in</strong>e zwängungsarme<br />
Ausdehnung des Überbaus<br />
gegeben. In Verb<strong>in</strong>dung mit der elasti-<br />
schen Anb<strong>in</strong>dung des Überbaus an die<br />
Pfeiler stellt sich für das Bauwerk damit<br />
e<strong>in</strong>e quasi schwimmende Lagerung mit<br />
e<strong>in</strong>em sich abhängig von den Steifigkeitsverhältnissen<br />
aufbauenden Fest-<br />
punkt nahe der Brückenmitte e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong><br />
solches Bauwerk nennt man »semi<strong>in</strong>tegral«,<br />
da nur an den Widerlagern e<strong>in</strong>e<br />
Verdrehung und bzw. oder Verschiebung<br />
möglich ist.<br />
4 Herstellung und Montage<br />
Mit den Bauarbeiten wurde am 2. November<br />
2010 mit dem Setzen des ersten<br />
Bohrpfahles durch Bundesm<strong>in</strong>ister<br />
Dr. Peter Ramsauer begonnen. Der Bau-<br />
ablauf lässt sich <strong>in</strong> vier Hauptphasen<br />
unterteilen:<br />
9 Bauphase 2<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
11 Bauphase 4<br />
© Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Die Bauphase 1 umfasst die Ausführung<br />
der Pfahlgründung sowie der Pfeiler- und<br />
Widerlagerfundamente. Daneben wer-<br />
den vorbereitende Arbeiten für die Mon-<br />
tage der Stützen vorgenommen.<br />
Die Bauphase 2 gliedert sich <strong>in</strong> die Herstellung<br />
der Brückenwiderlager und der<br />
Pfeilersockel. Im Anschluss erfolgen der<br />
E<strong>in</strong>hub und die Montage der V- und<br />
Vertikalstützen.<br />
In Bauphase 3 werden die Stahllängs-<br />
und Stahlquerträger mit e<strong>in</strong>em Spezialkran<br />
e<strong>in</strong>gehoben und montiert sowie die<br />
Fahrbahnplatte aus Betonfertigteilen<br />
über die gesamte Brückenlänge verlegt.<br />
In Bauphase 4 werden die Betonfertigteile<br />
durch e<strong>in</strong>e Ortbetonfahrbahnplatte<br />
monolithisch mite<strong>in</strong>ander verbunden.<br />
Danach schließt sich der E<strong>in</strong>bau der<br />
Abdichtung, der Schutzschicht und der<br />
Deckschicht an. Um das <strong>Brückenbau</strong>werk<br />
fertigzustellen, müssen zuletzt noch die<br />
Entwässerungs- und die Schutze<strong>in</strong>richtungen<br />
sowie die Geländer e<strong>in</strong>gebaut<br />
werden.<br />
5 Angestrebte Ziele<br />
Bei der laufenden Optimierung der Pla-<br />
nung wurde großer Wert darauf gelegt,<br />
dass neben der Ästhetik und der Gestal-<br />
tung die Dauerhaftigkeit, Festigkeit und<br />
Funktionsfähigkeit der Konstruktion<br />
sich ausreichend lange und damit <strong>in</strong>
Anlehnung an die Lebensdauer der Ablöserichtl<strong>in</strong>ien des Bundes<br />
gewährleisten lassen.<br />
Als Beispiel sei hierzu genannt, dass die bei den biegesteifen Verb<strong>in</strong>-<br />
dungen der Stützen mit den Längs- und den Auflagerquerträgern<br />
hervorgerufenen Beanspruchungen durch e<strong>in</strong>e ermüdungssichere<br />
Konstruktion aufgenommen werden können. Zur Erzielung e<strong>in</strong>er<br />
robusten und weitgehend wartungsarmen Struktur s<strong>in</strong>d lediglich<br />
an den Widerlagern Verschiebungslager vorgesehen, die e<strong>in</strong>e War-<br />
tung und Unterhaltung benötigen. Bei den durchgeführten statischen<br />
Untersuchungen zeigte sich, dass bei der weichen Konstruktion<br />
mit relativ ger<strong>in</strong>ger Eigenfrequenz im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e mögliche<br />
Schw<strong>in</strong>gungsanregung aus zyklischer Verkehrslastene<strong>in</strong>wirkung<br />
bzw. wirbelerregten Querschw<strong>in</strong>gungen und böen<strong>in</strong>duzierten<br />
Beanspruchungen diesen Umständen Rechnung getragen wurde.<br />
Mit ihrer Fertigstellung geht die Baulast an der Brücke <strong>in</strong> die Hand<br />
des Bauherrn, sprich der Bundesrepublik Deutschland, über. Deshalb<br />
war e<strong>in</strong> Hauptaspekt, den Erhaltungs- und Wartungsaufwand über<br />
die gesamte Nutzungsdauer des Bauwerks möglichst zu m<strong>in</strong>imieren.<br />
Bei den Lastannahmen für den Verkehr wurden <strong>in</strong> der statischen<br />
Berechnung die Lasten des geplanten Modells LM 2010, das heißt<br />
e<strong>in</strong>e Erhöhung der Flächenlast und der E<strong>in</strong>zellasten der Tandemachse,<br />
verwendet, um für die Konstruktion Tragereserven vorzusehen und<br />
damit auch Reserven für die Beanspruchung aus Verkehr vorzuhalten.<br />
Bei der Optimierung der Planung wurde großer Wert darauf gelegt,<br />
dass möglichst viele Teile werksseitig zu fertigen s<strong>in</strong>d, um e<strong>in</strong>e<br />
e<strong>in</strong>fachere und schnellere Montage auf der Baustelle zu erreichen<br />
(Baukastensystem): Jede Rohrstütze kann zum Beispiel e<strong>in</strong>zeln<br />
gefertigt und anschließend montiert werden.<br />
Bei den Baukosten ist laut Auftrag <strong>in</strong> Höhe von rund 8,20 Mio. x<br />
sichergestellt, dass man mit der gewählten Konstruktion und dem<br />
vorgesehenen Bauablauf im Kostenrahmen bleibt und somit auch<br />
die Wirtschaftlichkeit gegeben ist.<br />
6 Schlussbemerkung<br />
Zum Schluss soll e<strong>in</strong> Architekt und Ingenieur, der im ersten Jahrhundert<br />
vor Christus lebte, nämlich Marcus Vitruvius Pollio, der Urvater<br />
der Architekturentwicklung, angeführt werden.<br />
In se<strong>in</strong>em Werk »Zehn Bücher über Architektur« weist er darauf h<strong>in</strong>,<br />
dass neben dem Venustas-Aspekt (Ästhetik) auch jener der Utilitas<br />
(Funktionalität und Benutzbarkeit) und der Firmitas (Festigkeit und<br />
Dauerhaftigkeit) ausreichend zu berücksichtigen s<strong>in</strong>d.<br />
In dem S<strong>in</strong>ne hoffe ich, dass dies dem Bauherrn, den Unternehmen<br />
und Ingenieurbüros bei der Planung und Ausführung h<strong>in</strong>reichend<br />
gelungen ist bzw. gel<strong>in</strong>gen wird.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Vitus Danzl<br />
Staatliches Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Staatliche Bauamt Traunste<strong>in</strong><br />
Bauwerksentwurf<br />
Köppl Ingenieure, Planung und Beratung im Bauwesen GmbH, Rosenheim<br />
Gutachterliche Beratung<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ingbert Mangerig, München<br />
Tragwerksplanung<br />
Igl, Putz + Partner, Ingenieur- und Planungsgesellschaft<br />
für den konstruktiven Ingenieurbau, Landshut<br />
Meyer + Schubart, Partnerschaft Beratender Ingenieure VBI, Wunstorf<br />
Prüf<strong>in</strong>genieure<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ingbert Mangerig, München<br />
Dr.-Ing. Johann Köppl, Rosenheim<br />
Ausführung<br />
Berger Bau GmbH, Passau<br />
Donges SteelTec GmbH, Darmstadt<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
55
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Interne Längsvorspannung ohne oder konventionell mit nachträglichem Verbund?<br />
Bauweisenvergleich am Beispiel der Talbrücke(n) Schallermühle<br />
56 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
von Hans Bulicek, Karl Goj, Günther Kle<strong>in</strong>er<br />
Am Beispiel der Talbrücke Schallermühle<br />
soll e<strong>in</strong> Kostenvergleich zwi-<br />
schen der neuen und der herkömmlichen<br />
Bauweise erfolgen, <strong>in</strong>dem<br />
e<strong>in</strong>er der beiden Überbauten mit<br />
<strong>in</strong>terner, verbundloser Längsvorspannung<br />
und der andere, konstruktiv<br />
ansonsten gleiche Überbau mit kon-<br />
ventioneller Längsvorspannung mit<br />
nachträglichem Verbund ausgeführt<br />
wird. Im Rahmen des Pilotprojektes<br />
Talbrücke(n) Schallermühle wird da-<br />
her die <strong>in</strong>terne verbundlose Längs-<br />
vorspannung erstmals bei e<strong>in</strong>er<br />
abschnittsweise hergestellten Groß-<br />
brücke im Zuge e<strong>in</strong>er Autobahn<br />
angewandt.<br />
1 Veranlassung<br />
1.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Die Bundesautobahn (BAB) A 3 gehört<br />
durch ihre Verb<strong>in</strong>dungsfunktion zwi-<br />
schen dem Ruhrgebiet und dem Frank-<br />
furter Raum <strong>in</strong> die Metropolregion Nürn-<br />
berg und weiter über Regensburg nach<br />
Österreich und Südosteuropa zu den<br />
hochbelasteten Fernstraßen im Autobahnnetz<br />
der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Etwa 50 km südwestlich von<br />
Nürnberg überquert sie beim Weiler<br />
Schallermühle mit e<strong>in</strong>er 240 m langen<br />
Brücke, der Talbrücke Schallermühle, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Höhe von maximal 18 m den breiten<br />
Talgrund des Frauenbaches.<br />
Durch umläufige Abdichtungen des<br />
früheren Bauwerkes konnten Tausalze <strong>in</strong><br />
die Tragkonstruktion beider Überbauten<br />
e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen und neben dem Betonstahl<br />
auch den Spannstahl angreifen. E<strong>in</strong>e<br />
zuerst vorgesehene Instandsetzung der<br />
Überbauten wurde nach e<strong>in</strong>gehenden<br />
Untersuchungen wegen ihrer <strong>in</strong>sgesamt<br />
filigranen Struktur und der Tatsache, dass<br />
e<strong>in</strong> Abtrag bis unter die Spannglieder<br />
nötig wäre, um allen chloridbelasteten<br />
Beton zu beseitigen, fallengelassen.<br />
Etwa zeitgleich mit der Entscheidung zur<br />
Überbauerneuerung verständigte sich<br />
die Oberste Baubehörde im Bayerischen<br />
Staatsm<strong>in</strong>isterium des Innern Anfang<br />
2008 mit dem Bundesm<strong>in</strong>isterium für<br />
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung da-<br />
rüber, die verbundlose, <strong>in</strong>terne Längsvorspannung<br />
unter anderem am Beispiel<br />
abschnittsweise hergestellter Großbrücken<br />
auf der Basis von Pilotprojekten wei-<br />
terzuentwickeln. Am Beispiel der Talbrü-<br />
cke Schallermühle sollte nun e<strong>in</strong> Kosten-<br />
vergleich zwischen dieser neuen und der<br />
herkömmlichen Bauweise (konventionelle<br />
Vorspannung mit nachträglichem<br />
Verbund) erfolgen, <strong>in</strong>dem die beiden<br />
neuen Überbauten unterschiedlich<br />
ausgeführt werden – e<strong>in</strong>er konventionell<br />
und der andere <strong>in</strong>novativ.<br />
1.2 Vor- und Nachteile<br />
der neuen Bauweise<br />
Die Vorteile von <strong>in</strong> Längsrichtung <strong>in</strong>tern<br />
verbundlos vorgespannten <strong>Brückenbau</strong>werken<br />
können je nach konkretem<br />
Anwendungsfall <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Bereichen liegen.<br />
Sicherheit:<br />
– Der Zustand des Spannstahles und die<br />
Spannkräfte der verbundlosen<br />
Spannglieder können jederzeit<br />
kontrolliert werden.<br />
– Im Schadensfall kann der Spannstahl<br />
ausgewechselt werden.<br />
– Spannstahlbrüche führen im Gegensatz<br />
zu Bauwerken mit im Verbund<br />
liegenden Spannstählen zu Rissen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em größeren Bauwerksabschnitt<br />
und können dadurch leichter erkannt<br />
werden.<br />
– Die hohe Duktilität verbundloser Konstruktionen<br />
gewährt mehr Zeit für ge-<br />
gebenenfalls erforderliche Sicherungsmaßnahmen.<br />
– Durch die größeren Verformungen im<br />
Schadensfall ist diese Bauweise für<br />
den E<strong>in</strong>satz elektronischer und<br />
optischer Überwachungssysteme gut<br />
geeignet.<br />
Baudurchführung:<br />
– Witterungsabhängige und fehleranfällige<br />
Verpressarbeiten entfallen.<br />
– Auf der Baustelle entfällt der aufwendige<br />
Schutz für den zwischengelagerten<br />
Spannstahl.<br />
– Die Qualitätskontrolle des Spannstahls<br />
erfolgt bei der Spanngliedherstellung<br />
im Werk.<br />
– Die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit von Baumängeln<br />
nimmt ab.<br />
Erhaltung und Dauerhaftigkeit:<br />
– Der mehrfache Korrosionsschutz aus<br />
Korrosionsschutzmasse, PE-Hüllrohr<br />
und umgebendem Beton lässt e<strong>in</strong>e<br />
längere Mängelfreiheit der Tragkonstruktion<br />
erwarten.<br />
– Durch die technologische Möglichkeit<br />
der Auswechslung ist der Zustand des<br />
Spannstahles nicht mehr bestimmend<br />
für die Lebensdauer der Brücke.<br />
Unterhalt:<br />
– Bei Anprallschäden lässt sich durch die<br />
Auswechselbarkeit des Spannstahles<br />
häufiger e<strong>in</strong> Austausch e<strong>in</strong>es kompletten<br />
Trägers vermeiden. Die E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong><br />
den Verkehr werden deutlich reduziert.<br />
– Spannkraftverluste <strong>in</strong>folge Kriechen<br />
und Schw<strong>in</strong>den des Betons sowie aus<br />
Relaxation des Spannstahls können<br />
durch Nachspannen ausgeglichen<br />
werden.<br />
– Die Spannglieder s<strong>in</strong>d gegen Brand,<br />
Sabotage und unplanmäßige mecha-<br />
nische E<strong>in</strong>wirkung, zum Beispiel bei<br />
Unfällen, besser geschützt als bei<br />
externer Führung.<br />
Lasterhöhungen:<br />
– Durch e<strong>in</strong>e weitere Anhebung der<br />
zulässigen Fahrzeuggewichte erforderliche<br />
Traglasterhöhungen s<strong>in</strong>d durch<br />
den E<strong>in</strong>bau von Spannstählen höherer<br />
Festigkeit (<strong>in</strong> engen Grenzen) möglich.<br />
Tragverhalten und Konstruktion:<br />
– Gegenüber extern geführten Spanngliedern<br />
entstehen ke<strong>in</strong>e Verluste <strong>in</strong><br />
der statischen Höhe und die Spanngliedführung<br />
kann den Biegemomenten<br />
unter Eigenlasten besser ange-<br />
passt werden (bessere Möglichkeit<br />
zur Staffelung).<br />
– Im Vergleich zu Konstruktionen mit<br />
Spanngliedern im Verbund führt der<br />
höhere Betonstahlanteil zu erwünscht<br />
robusteren Konstruktionen mit<br />
größerer Duktilität.
1 Talbrücke Schallermühle an der BAB A 3 im Bau<br />
© bulicek + <strong>in</strong>genieure<br />
– Die Wirkung der Vorspannung ist<br />
durch den Ansatz von Umlenkungs-<br />
und Verankerungskräften als äußere<br />
E<strong>in</strong>wirkung <strong>in</strong> allen Beanspruchungszuständen<br />
rechnerisch e<strong>in</strong>fach<br />
darzustellen.<br />
– Durch das Fehlen örtlicher Spannungsschwankungen<br />
im Spannstahl wird<br />
e<strong>in</strong>e Materialermüdung für den<br />
Spannstahl vermieden.<br />
– Als zulässige Rissbreiten gelten die<br />
Bed<strong>in</strong>gungen für Stahlbetonbauwerke<br />
und damit weniger strenge Regelungen<br />
als für Spannbetontragwerke mit<br />
Spanngliedern im Verbund.<br />
– Da verbundlos vorgespannte Konstruktionen<br />
aufgrund des ger<strong>in</strong>geren<br />
Vorspanngrades früher <strong>in</strong> den Zustand<br />
II (Querschnitt im gerissenen Zustand)<br />
übergehen, s<strong>in</strong>d diese im Vergleich zu<br />
konventionell vorgespannten Kon-<br />
struktionen unempf<strong>in</strong>dlicher gegen<br />
Zwängungse<strong>in</strong>wirkungen aus Tempe-<br />
raturunterschieden und Setzungsdifferenzen.<br />
Neben den genannten Vorteilen gegen-<br />
über den bewährten Konstruktions-<br />
pr<strong>in</strong>zipen gibt es aber auch Nachteile.<br />
2 Regelquerschnitte<br />
© bulicek + <strong>in</strong>genieure<br />
Kosten:<br />
Im Rahmen bisheriger Pilotprojekte<br />
wurde der Mehraufwand mangels<br />
Möglichkeit, unter konstruktiv vergleichbaren<br />
Randbed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e klarere<br />
Abgrenzung zur Bauweise mit Längsspanngliedern<br />
mit nachträglichem<br />
Verbund vorzunehmen, auf bis zu 5 %<br />
geschätzt.<br />
Die nachfolgenden Ausführungen<br />
quantifizieren diese Mehrkosten für ab-<br />
schnittsweise hergestellte Großbrücken<br />
mit Plattenbalkenquerschnitt erstmals <strong>in</strong><br />
direkter Gegenüberstellung mit der her-<br />
kömmlichen Bauweise und zeigen, dass<br />
sie unter den untersuchten Gegebenheiten<br />
deutlich niedriger ausfallen.<br />
2 Auswahl des Pilotprojekts<br />
Bereits seit dem Jahr 2000 werden <strong>in</strong><br />
Bayern Brücken mit <strong>in</strong>ternen verbundlosen<br />
Längsspanngliedern gebaut. Bei<br />
<strong>in</strong>sgesamt fünf E<strong>in</strong>- und Mehrfeldbrücken<br />
wurde bei unterschiedlichen Quer-<br />
schnitten der E<strong>in</strong>satz von verbundlosen<br />
Litzen- und Drahtspanngliedern, teils<br />
<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung von Spanngliedern mit<br />
nachträglichem Verbund, erprobt.<br />
[9] [10] [11] [12] [13]<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Hauptziele des neuen Pilotprojektes<br />
waren<br />
– die Anwendung von ausschließlich<br />
<strong>in</strong>ternen verbundlosen Längsspanngliedern<br />
bei e<strong>in</strong>er abschnittsweise<br />
herzustellenden Großbrücke,<br />
– e<strong>in</strong>e möglichst wirtschaftliche Herstellung<br />
durch den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es<br />
zugelassenen Spanngliedes,<br />
– e<strong>in</strong>e Vergleichsmöglichkeit mit e<strong>in</strong>em<br />
konstruktiv weitgehend gleichen<br />
Überbau, bei dem Spannglieder mit<br />
nachtäglichem Verbund e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden,<br />
– e<strong>in</strong> möglichst objektiver Vergleich<br />
beider Überbauten, <strong>in</strong>dem sie Teil<br />
e<strong>in</strong>es Bauwerkes mit geme<strong>in</strong>samer<br />
Ausschreibung se<strong>in</strong> sollten,<br />
– die Vermeidung von Auftragnehmere<strong>in</strong>flüssen<br />
auf den Vergleich, <strong>in</strong>dem<br />
die Ausführungsplanung für beide<br />
Überbauten vom selben Planer im<br />
Auftrag des Bauherrn erfolgt.<br />
Die Überbauerneuerung für die Talbrü-<br />
cke Schallermühle wurde nun im Frühjahr<br />
2008 der Obersten Baubehörde als e<strong>in</strong><br />
mögliches Pilotprojekt zur Gew<strong>in</strong>nung<br />
weiterer Erfahrungen mit <strong>in</strong>terner, ver-<br />
bundloser Längsvorspannung vorgeschlagen.<br />
Für dieses konkrete Bauwerk sprachen<br />
– e<strong>in</strong> bereits absehbarer Term<strong>in</strong> für die<br />
Baudurchführung,<br />
– e<strong>in</strong>e entsprechend lange Brücke, bei<br />
der aufgrund der Dehnwege an den<br />
Übergangskonstruktionen Wartungsgänge<br />
erforderlich s<strong>in</strong>d, die als zusätz-<br />
liche Spannstellen und als Zugangs-<br />
bzw. Verankerungsstellen für die<br />
Spannglieder verwendet werden<br />
können,<br />
– optimale Stützweiten für den E<strong>in</strong>satz<br />
e<strong>in</strong>es zugelassenen Drahtspanngliedes.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
57
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
3 Vergleich der Bauweisen<br />
3.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Für e<strong>in</strong>en erstmaligen direkten Vergleich<br />
wurden der Überbau der Brücke Nord<br />
mit <strong>in</strong>terner Längsvorspannung ohne<br />
Verbund und der Überbau der Brücke<br />
Süd entsprechend der bisherigen Regel-<br />
bauweise mit herkömmlichen Längsspanngliedern<br />
mit nachträglichem Ver-<br />
bund vorgespannt. Für die Vorspannung<br />
des Überbaues Nord kam das <strong>in</strong> [2]<br />
geregelte Drahtspannverfahren für Vor-<br />
spannung ohne Verbund zur Anwendung.<br />
Sowohl der Überbau Nord als auch<br />
der Überbau Süd s<strong>in</strong>d zudem <strong>in</strong> Querrichtung<br />
konform zur Regelbauweise<br />
mit <strong>in</strong>ternen Querspanngliedern ohne<br />
Verbund vorgespannt.<br />
Es sei darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass für die<br />
Wahl der Querschnittsabmessungen für<br />
beide Überbauten enge konstruktive<br />
Randbed<strong>in</strong>gungen herrschten, um die<br />
Belastung der verbliebenen Unterbauten<br />
ausreichend zu begrenzen.<br />
Die nachfolgenden Ausführungen stellen<br />
e<strong>in</strong>e Kurzzusammenfassung der auf die<br />
Bauwerksentwürfe bezogenen Gegenüberstellung<br />
der Bauweisen aus [17] und<br />
e<strong>in</strong>e Fortsetzung dieses Bauweisenvergleiches<br />
unter Berücksichtigung der<br />
Erfahrungen aus der Ausführungsplanung<br />
und der Bauausführung dar.<br />
3.2 Konstruktion und Bemessung<br />
3.2.1 Entwurfsplanung<br />
3.2.1.1 Festlegung der Vorspannung<br />
<strong>in</strong> Längs- und Querrichtung,<br />
Überbau Süd<br />
Bei der konventionellen Bauart dient die<br />
Vorspannung dazu, die Hauptträger <strong>in</strong><br />
Längs- und die Fahrbahnplatte <strong>in</strong> Quer-<br />
tragrichtung bis zu e<strong>in</strong>em bestimmten<br />
Lastgrad im Zustand I zu halten und die<br />
Rissgefahr, die Rissbreiten sowie die<br />
Durchbiegungen zu begrenzen. Gemäß<br />
DIN-Fachbericht 102 [4] <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit ARS 11/2003 [3] gelten für die<br />
zugrundeliegende Bauweise sowohl<br />
für die Längs- als auch für die Quertragrichtung<br />
klare Regelungen zur Bestimmung<br />
der Vorspannung.<br />
Demnach ist für die Längsrichtung An-<br />
forderungsklasse C anzunehmen und<br />
demzufolge der Nachweis der Dekompression<br />
unter der quasi-ständigen<br />
E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation zu führen.<br />
58 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Neben den E<strong>in</strong>wirkungen aus ständiger<br />
Last und Vorspannung s<strong>in</strong>d für diese<br />
Lastkomb<strong>in</strong>ation 20 % der E<strong>in</strong>wirkungen<br />
aus Lastmodell 1 des DIN-Fachberichtes<br />
101 [1] sowie 50 % der E<strong>in</strong>wirkungen aus<br />
Temperaturzwang und die Zwängungse<strong>in</strong>wirkungen<br />
aus den wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
auftretenden Baugrundverformungen<br />
zu berücksichtigen. In Querrichtung ist<br />
gemäß [4] <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit [3] Anforderungsklasse<br />
B anzunehmen und der<br />
Nachweis der Dekompression unter Zu-<br />
grundelegung der häufigen E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation<br />
zu führen.<br />
Für den konventionell errichteten Über-<br />
bau Süd ergab sich nach den genannten<br />
Regeln für die Längsrichtung e<strong>in</strong> mittle-<br />
rer Vorspanngrad, also e<strong>in</strong>e durch die<br />
Vorspannung <strong>in</strong> Höhe der Schwerl<strong>in</strong>ie<br />
des Überbaues erzeugte mittlere Beton-<br />
druckspannung von 6,10 MN/m 2 .<br />
3.2.1.2 Festlegung der Vorspannung<br />
<strong>in</strong> Längs- und Querrichtung,<br />
Überbau Nord<br />
Bei der Bauweise mit <strong>in</strong>terner Längsvorspannung<br />
ohne Verbund dient die<br />
Vorspannung lediglich zur s<strong>in</strong>nvollen<br />
Begrenzung der Rissbreiten und der<br />
Durchbiegungen: Es handelt sich hier<br />
um »vorgespannten Stahlbeton«.<br />
Für <strong>in</strong>tern verbundlos vorgespannte Plat-<br />
tenbalkenquerschnitte existieren für die<br />
Festlegung der Vorspannung bislang<br />
ke<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dlichen Normenregelungen.<br />
In [14] wird auf Basis e<strong>in</strong>er teilweisen<br />
Vorspannung allgeme<strong>in</strong> empfohlen, den<br />
Vorspanngrad <strong>in</strong> Längsrichtung so zu<br />
wählen, dass unter ständiger Last, der<br />
Vorspannung und etwa 10–30 % der<br />
Verkehrslast die Betonlängsspannungen<br />
an den Querschnittsrändern zu null<br />
werden. [4] gibt <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit [3]<br />
und der Richtl<strong>in</strong>ie für Betonbrücken mit<br />
externer Vorspannung [16] zudem e<strong>in</strong>e<br />
Regel vor, mit der sich zum<strong>in</strong>dest die<br />
Vorspannung von Kastenquerschnitten<br />
mit externer Vorspannung <strong>in</strong> Längstragrichtung<br />
bestimmen lässt. Demnach<br />
ist für die Längsrichtung solcher Quer-<br />
schnitte Anforderungsklasse D anzunehmen<br />
und die Vorspannung so auszu-<br />
legen, dass unter der quasi-ständigen<br />
E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation auf der Seite<br />
der Spannglieder ke<strong>in</strong>e Dekompression<br />
erfolgt. Neben den E<strong>in</strong>wirkungen aus<br />
ständiger Last und Vorspannung s<strong>in</strong>d<br />
dabei aber abweichend von den diesbe-<br />
züglich <strong>in</strong> [4] enthaltenen Regelungen<br />
statt 20 % hier 30 % der E<strong>in</strong>wirkungen<br />
aus Lastmodell 1 des DIN-Fachberichtes<br />
101 [1], jedoch ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wirkungen aus<br />
Temperaturzwang und ke<strong>in</strong>e Zwängungs-<br />
e<strong>in</strong>wirkungen aus den wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
auftretenden Baugrundverformungen<br />
zu berücksichtigen.<br />
Durch die Verwendung von Spanngliedern<br />
mit eigenem Korrosionsschutz<br />
entfällt aufgrund der E<strong>in</strong>stufung <strong>in</strong> die<br />
Anforderungsklasse D auch für die Quer-<br />
vorspannung der Nachweis der Dekompression.<br />
Das Maß der <strong>in</strong> Querrichtung<br />
erforderlichen Vorspannung ist aus dem<br />
Kriterium zu bestimmen, wonach die<br />
nach Zustand I (ungerissener Zustand)<br />
<strong>in</strong> der Fahrbahnplatte <strong>in</strong> Querrichtung<br />
errechneten Biegezugspannungen des<br />
Betons gemäß [4] zu beschränken s<strong>in</strong>d.<br />
Für den <strong>in</strong>tern verbundlos vorgespannten<br />
Überbau Nord ergibt sich daraus <strong>in</strong><br />
Längsrichtung e<strong>in</strong> gegenüber der her-<br />
kömmlichen Bauart deutlich reduzierter<br />
mittlerer Vorspanngrad, also e<strong>in</strong>e durch<br />
die Vorspannung <strong>in</strong> der Schwerl<strong>in</strong>ie des<br />
Überbaues erzeugte mittlere Betondruckspannung<br />
von nur 4,40 MN/m 2 .<br />
Das s<strong>in</strong>d nur 72 % des Vorspanngrades<br />
der konventionellen Bauweise.<br />
Zwischenzeitlich ist die sogenannte<br />
Richtl<strong>in</strong>ie für Betonbrücken mit <strong>in</strong>ternen<br />
Spanngliedern ohne Verbund [15] <strong>in</strong><br />
Vorbereitung, <strong>in</strong> die die endgültigen<br />
Angaben zur Festlegung der Vorspannung<br />
bei <strong>in</strong>terner Vorspannung ohne<br />
Verbund e<strong>in</strong>gearbeitet werden.<br />
3.2.1.3 Spannstrangführung <strong>in</strong><br />
Längsrichtung, generell<br />
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wur-<br />
de jeder Überbau <strong>in</strong> drei Bauabschnitten<br />
hergestellt. Die E<strong>in</strong>teilung der Bauwerksfugen<br />
fiel, um e<strong>in</strong>e objektive Vergleichbarkeit<br />
zu gewährleisten, für beide Über-<br />
bauten identisch aus. Subjektive, den<br />
Vergleich gegebenenfalls verfälschende<br />
E<strong>in</strong>flüsse sollten weitgehend ausgeschlossen<br />
werden. Daher erfolgte für<br />
beide Überbauten die Festlegung der<br />
Vorspannung für die Längsrichtung<br />
(Ermittlung der e<strong>in</strong>zelnen Spannkräfte,<br />
Länge und Positionierung der e<strong>in</strong>zelnen<br />
Spannstränge, Ermittlung der Höhenlage<br />
der e<strong>in</strong>zelnen Spannstränge) unter Zu-<br />
hilfenahme e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> [18] erstmals vorgestellten<br />
numerischen Optimierungsverfahrens.
3 Spannstrangführung <strong>in</strong> Längsrichtung für den Überbau Süd;<br />
Spanngliedanzahl pro Längsträgersteg<br />
© bulicek + <strong>in</strong>genieure<br />
3.2.1.4 Spannstrangführung <strong>in</strong><br />
Längsrichtung, Überbau Süd<br />
Die Spannstrangführung des <strong>in</strong> konventioneller<br />
Bauweise errichteten Überbaues<br />
Süd erfolgte wie üblich mit Spanngliedkopplungen<br />
<strong>in</strong> den Arbeitsfugen<br />
und mit Festverankerungen <strong>in</strong>nerhalb<br />
des Betonquerschnittes. Als mögliche<br />
Spannstellen standen die beiden Wider-<br />
lager sowie die beiden Arbeitsfugen,<br />
also <strong>in</strong>sgesamt vier Stellen zur Verfügung.<br />
3.2.1.5 Spannstrangführung <strong>in</strong><br />
Längsrichtung, Überbau Nord<br />
Die Spannstränge für die <strong>in</strong>ternen<br />
Längsspannglieder ohne Verbund im<br />
Überbau Nord wurden entweder <strong>in</strong> den<br />
Widerlagerbereichen oder im Abschnitt<br />
der sich unter ständiger Last e<strong>in</strong>stellenden<br />
Momentennullpunkte an der Steg-<br />
unterseite verankert und unter Verzicht<br />
auf jede Art von Spanngliedkopplungen<br />
über den Stützen überlappt. Dadurch<br />
konnte die Vorspannung auf die stärker<br />
biegebeanspruchten Stützbereiche kon-<br />
zentriert und darüber h<strong>in</strong>aus auf die<br />
Biegemomente des jeweiligen Feldes<br />
sowohl im Bau- als auch im Endzustand<br />
optimal abgestimmt werden. Da nahe<br />
den Verankerungszonen die <strong>in</strong> der all-<br />
geme<strong>in</strong>en bauaufsichtlichen Zulassung<br />
festgelegten kle<strong>in</strong>sten Umlenkradien der<br />
Längsspannglieder aus entwurfstechnischen<br />
Gründen unterschritten werden<br />
mussten und die Zulassung zum Zeit-<br />
punkt der Ausführung noch nicht auf<br />
entsprechend enge Radien erweitert war,<br />
wurde auf Basis e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen<br />
Begleitung für diesen E<strong>in</strong>zelfall e<strong>in</strong>e ent-<br />
sprechende Verwendungsgenehmigung<br />
erwirkt. [19]<br />
Als denkbare Spannstellen stehen im<br />
Falle des nördlichen Überbaues jeweils<br />
e<strong>in</strong>e Spannmöglichkeit pro Widerlagerkammer<br />
und zwei pro Pfeilerbereich zur<br />
Verfügung. Auf die Weise bleiben im<br />
Endzustand e<strong>in</strong> Zugriff auf alle Spannstrangenden<br />
und somit auch e<strong>in</strong> Nach-<br />
spannen oder e<strong>in</strong>e Spannkraftkontrolle<br />
von allen Verankerungsstellen aus<br />
gewährleistet.<br />
3.2.2 Genehmigungs- und<br />
Ausführungsplanung<br />
3.2.2.1 Nachweise im Grenzzustand der<br />
Tragfähigkeit für Biegung mit<br />
Längskraft, Überbau Süd längs<br />
Die Bemessung für Biegung mit Längs-<br />
kraft beim Überbau Süd erfolgte ent-<br />
sprechend den für die konventionelle<br />
Bauweise <strong>in</strong> [4] vorgegebenen Regelungen<br />
unter Berücksichtigung der<br />
Zusatzdehnung des Spannstahls beim<br />
Übergang des Querschnittes <strong>in</strong> den<br />
Grenzzustand der Tragfähigkeit auf der<br />
Widerstandsseite. Lediglich die statisch<br />
unbestimmten Anteile aus der Vorspannung<br />
wurden auf der E<strong>in</strong>wirkungsseite<br />
berücksichtigt.<br />
3.2.2.2 Nachweise im Grenzzustand der<br />
Tragfähigkeit für Biegung mit<br />
Längskraft, Überbau Nord längs<br />
Bei Verwendung von Spanngliedern ohne<br />
Verbund erfährt der Spannstahl beim<br />
Übergang des Querschnittes <strong>in</strong> den<br />
Grenzzustand der Tragfähigkeit ke<strong>in</strong>e<br />
wesentlichen Zusatzdehnungen. Die ge-<br />
samte Wirkung der Vorspannung muss<br />
daher abweichend von der konventionellen<br />
Bauweise hier als Ganzes auf der<br />
E<strong>in</strong>wirkungsseite berücksichtigt werden.<br />
Aufgrund des generell niedrigeren Vor-<br />
spanngrades <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit der feh-<br />
lenden Zusatzdehnung des Spannstahles<br />
im Grenzzustand der Tragfähigkeit s<strong>in</strong>d<br />
wünschenswert höhere Betonstahlmengen<br />
erforderlich, die, im Gegensatz zur<br />
konventionellen Bauweise, das Maß der<br />
Robustheitsbewehrung örtlich übersteigen.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
4 Spannstrangführung <strong>in</strong> Längsrichtung für den Überbau Nord;<br />
Spanngliedanzahl pro Längsträgersteg<br />
© bulicek + <strong>in</strong>genieure<br />
5 Spanngliedverankerung beim Überbau Nord<br />
© bulicek + <strong>in</strong>genieure<br />
3.2.2.3 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit für Biegung<br />
mit Längskraft, Überbau Süd<br />
und Überbau Nord quer<br />
Die Vorspannung <strong>in</strong> Querrichtung erfolg-<br />
te <strong>in</strong> beiden Fällen mit <strong>in</strong>ternen Litzenspanngliedern<br />
ohne Verbund. Aufgrund<br />
des beim Überbau Nord auch <strong>in</strong> Quer-<br />
richtung niedrigeren Vorspanngrades<br />
s<strong>in</strong>d dort auch quer zur Haupttragrichtung<br />
größere Betonstahlmengen als<br />
beim Überbau Süd erforderlich.<br />
3.2.2.4 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit für Querkraft<br />
und Torsion, Überbau Süd<br />
Beim Nachweis für Querkraft und Torsion<br />
ist gemäß [4] bei Vorspannung mit nachträglichem<br />
Verbund die von den im<br />
Querschnitt liegenden Spanngliedern<br />
erzeugte Querschnittsschwächung rech-<br />
nerisch <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Stegbreitenverr<strong>in</strong>gerung<br />
um 50 % der durch die jeweils <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Lage bef<strong>in</strong>dlichen Hüllrohre e<strong>in</strong>-<br />
genommenen Gesamtbreite zu berücksichtigen.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
59
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
3.2.2.5 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit für Querkraft<br />
und Torsion, Überbau Nord<br />
Bei <strong>in</strong>terner Vorspannung ohne Verbund<br />
liegt aufgrund der unverpressten Hüll-<br />
rohre e<strong>in</strong>e ausgeprägtere Querschnittsschwächung<br />
vor. Die Stegbreite muss<br />
daher gemäß [4] rechnerisch um das<br />
1,30-fache der um die von <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lage<br />
liegenden Spanngliedern e<strong>in</strong>genommene<br />
Gesamtbreite abgem<strong>in</strong>dert werden.<br />
Zudem s<strong>in</strong>d an den betroffenen Stellen<br />
die durch die untenliegenden Spanngliedverankerungen<br />
erzeugten Stegschwächungen<br />
rechnerisch zu berücksichtigen.<br />
Günstig wirkt jedoch, dass<br />
durch die im auflagernahen Bereich stei-<br />
lere Neigung der dort zu verankernden<br />
Längsspannglieder <strong>in</strong> den maßgeblichen<br />
Bemessungsschnitten der aus der geneig-<br />
ten Vorspannkraft zu berücksichtigende<br />
Querkraftanteil größer ist als bei der<br />
konventionellen Bauweise. Es wurde<br />
festgestellt, dass sich bezüglich der er-<br />
forderlichen Schubbewehrung <strong>in</strong>sgesamt<br />
gesehen aber ke<strong>in</strong>e kostenrelevanten<br />
Unterschiede ergaben.<br />
3.2.2.6 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit für Ermüdung,<br />
Überbau Süd<br />
Die Bemessung im Grenzzustand der<br />
Tragfähigkeit für Ermüdung erfolgte<br />
beim Südüberbau sowohl für den Beton-<br />
stahl als auch für den Spannstahl ent-<br />
sprechend den gültigen Regeln <strong>in</strong> [4].<br />
3.2.2.7 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Tragfähigkeit für Ermüdung,<br />
Überbau Nord<br />
Aufgrund des fehlenden Verbundes ent-<br />
stehen ke<strong>in</strong>e wesentlichen Zusatzbeanspruchungen<br />
für den Spannstahl <strong>in</strong>folge<br />
Laste<strong>in</strong>wirkung. Für den Überbau Nord<br />
waren daher gemäß [4] lediglich der<br />
Betonstahl und der Beton h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der ertragbaren Spannungsschw<strong>in</strong>gbreite<br />
nachzuweisen.<br />
3.2.2.8 Nachweise im Grenzzustand der<br />
Gebrauchstauglichkeit, Dekom-<br />
pression<br />
Die Nachweise erfolgten analog Kapitel<br />
3.2.1 (Festlegung der Vorspannkraft).<br />
3.2.2.9 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Gebrauchstauglichkeit zur<br />
Rissbreitenbeschränkung und<br />
zur Begrenzung der Spannungen<br />
im Beton, Überbau Nord und<br />
Überbau Süd längs<br />
Der Nachweis zur Rissbreitenbeschränkung<br />
aus Last <strong>in</strong> Längsrichtung ist bei<br />
beiden Überbauten trotz der unterschied-<br />
lichen Anforderungsklassen gemäß [4]<br />
60 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
jeweils unter der häufigen E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation<br />
zu führen. Aus den Nach-<br />
weisen zur Begrenzung der Spannungen<br />
im Beton zeigt sich, dass sich bei der<br />
Alternative mit <strong>in</strong>ternen Längsspanngliedern<br />
ohne Verbund über das gesamte<br />
Bauwerk e<strong>in</strong> niedrigeres Längsdruckspannungsniveau<br />
e<strong>in</strong>stellt. Dies ist auf<br />
e<strong>in</strong>e harmonischere Verteilbarkeit der<br />
Vorspannung, den niedrigeren Vorspanngrad<br />
und die nach [4] wesentlich ger<strong>in</strong>gere<br />
Streuung der Vorspannkraft zurück-<br />
zuführen. Letzteres wirkt sich günstig<br />
auf die Verluste aus Kriechen aus, zumal<br />
bei <strong>in</strong>terner verbundloser Vorspannung<br />
für die Bestimmung der Kriechverluste<br />
das über die gesamte Spanngliedlänge<br />
gemittelte Spannungsniveau und nicht<br />
die im jeweiligen Bemessungsschnitt <strong>in</strong><br />
Höhe des betrachteten Spanngliedes<br />
vorherrschende Betondruckspannung<br />
maßgeblich ist.<br />
3.2.2.10 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Gebrauchstauglichkeit zur<br />
Rissbreitenbeschränkung und<br />
zur Begrenzung der Spannun-<br />
gen im Beton, Überbau Nord<br />
und Überbau Süd quer<br />
In Querrichtung werden beim Überbau<br />
Süd durch die höheren Korrosionsschutzanforderungen<br />
für die Längsspannglieder<br />
auch höhere Anforderungen an die<br />
Beschränkung der Rissbreite gestellt. Der<br />
entsprechende Nachweis ist gemäß [4]<br />
wegen der vorliegenden Anforderungsklasse<br />
B unter der nicht-häufigen E<strong>in</strong>-<br />
wirkungskomb<strong>in</strong>ation zu führen. Für den<br />
verbundlos vorgespannten Überbau Nord<br />
gilt ebenso <strong>in</strong> Querrichtung die Anforderungsklasse<br />
D, so dass lediglich die<br />
häufige E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation zu-<br />
grunde zu legen ist. Trotz des im Zuge<br />
des Nachweises zur Beschränkung der<br />
Rissbreite niedrigeren Lastgrades ergibt<br />
sich <strong>in</strong>folge des niedrigeren Quervorspanngrades<br />
aber ke<strong>in</strong> wesentlicher<br />
Unterschied im H<strong>in</strong>blick auf die nach<br />
dem Rissbreitennachweis erforderliche<br />
Betonstahlbewehrung <strong>in</strong> Querrichtung.<br />
3.2.2.11 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Gebrauchstauglichkeit <strong>in</strong><br />
den Bauzuständen, Überbau<br />
Süd<br />
Für die Beschränkung der Betonzugspannungen<br />
<strong>in</strong> den Bauzuständen des<br />
Überbaues Süd s<strong>in</strong>d die Nachweis-<br />
bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> [4], Abschnitt 4.4.2.1<br />
(107)P maßgeblich. Die Betonlängszugspannungen<br />
s<strong>in</strong>d demnach auf der<br />
Querschnittsseite, die den Spanngliedern<br />
am nächsten liegt, auf 85 % des<br />
5%-Fraktilwertes der Betonzugfestigkeit<br />
(0,85 f ctk0,05)zu beschränken.<br />
3.2.2.12 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Gebrauchstauglichkeit <strong>in</strong><br />
den Bauzuständen, Überbau<br />
Nord<br />
Zur Beschränkung der Längsbiegezugspannungen<br />
<strong>in</strong> den Bauzuständen wurde<br />
beim Überbau Nord der Nachweis entsprechend<br />
[3] <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit [4] für<br />
extern vorgespannte Brücken mit Kastenquerschnitt<br />
geführt. Die quasi-ständige<br />
E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation ist hierbei<br />
mit e<strong>in</strong>em Komb<strong>in</strong>ationsbeiwert<br />
2 = 0,30 für alle E<strong>in</strong>wirkungen aus Verkehr<br />
im Bauzustand zu bilden, wobei<br />
Temperaturschwankungen und Setzungsdifferenzen<br />
unberücksichtigt bleiben<br />
können. Unter den Beanspruchungen<br />
aus dieser E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation<br />
dürfen die Betonrandzugspannungen<br />
im Bauzustand e<strong>in</strong>en Wert von 85 % des<br />
95%-Fraktilwertes der Betonzugfestigkeit<br />
(0,85 fctk0,95 ) nicht überschreiten.<br />
Ergänzend sei darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass<br />
die diesbezügliche Anforderung nach [4],<br />
Abschnitt 4.4.2.1 (107)P bezüglich der<br />
Beschränkung der Längsbiegezugspannungen<br />
<strong>in</strong> den Bauzuständen ebenfalls<br />
erfüllt ist.<br />
3.2.2.13 Nachweise im Grenzzustand<br />
der Gebrauchstauglichkeit zur<br />
Begrenzung der Verformungen<br />
Im vorliegenden Fall zeigte sich bereits<br />
aus den Voruntersuchungen, dass die<br />
Übernahme der für extern vorgespannte<br />
Kastenquerschnitte geltenden Regel zur<br />
Bestimmung des Vorspanngrades auch<br />
für den vorliegenden, mit <strong>in</strong>ternen Längs-<br />
spanngliedern ohne Verbund vorgespannten<br />
Plattenbalkenquerschnitt sehr<br />
gut geeignet ist, um die Durchbiegungen<br />
konstruktiv s<strong>in</strong>nvoll zu beschränken.<br />
3.3 Bauausführung<br />
3.3.1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Wie bereits <strong>in</strong> [17] erwähnt, ergeben sich<br />
allgeme<strong>in</strong> mehrere ausführungstechnische<br />
Vorteile bei Anwendung der <strong>in</strong>ter-<br />
nen Längsvorspannung ohne Verbund.<br />
Das s<strong>in</strong>d<br />
– e<strong>in</strong>e flexiblere Wahl der Arbeitsfugen<br />
bei abschnittsweiser Herstellung,<br />
– e<strong>in</strong>e niedrigere Anzahl an zu verlegenden<br />
Spanngliedern,<br />
– der Entfall der Verpressarbeiten auf<br />
der Baustelle, dadurch ger<strong>in</strong>gere<br />
Anforderungen an das Baustellenpersonal<br />
sowie beschleunigter Bauablauf<br />
bei W<strong>in</strong>terbaustellen.
3.3.2 Projektspezifische Erfahrungen<br />
3.3.2.1 Überbau Nord<br />
Aus Sicht der ausführenden Firma waren<br />
im H<strong>in</strong>blick auf die Realisierung des<br />
Überbaues Nord generell folgende<br />
Erschwernisse gegenüber der konventionellen<br />
Bauart festzustellen:<br />
– Die Verankerung der Spannglieder im<br />
Bereich der Stegunterseite erforderte<br />
e<strong>in</strong>en höheren E<strong>in</strong>bauaufwand für die<br />
Längsspannglieder, der <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
erhöhten E<strong>in</strong>heitspreises für die<br />
Spannglieder berücksichtigt wurde.<br />
– Die Biegesteifigkeit der Kunststoffhüllrohre<br />
der verbundlosen Längsspannglieder<br />
erschwerte <strong>in</strong>sbesondere<br />
bei niedrigen Lufttemperaturen deren<br />
Verlegung im Querschnitt.<br />
– Es zeigten sich Erschwernisse beim<br />
Betonieren der Verankerungsbereiche<br />
der Längsspannglieder aufgrund<br />
hoher Bewehrungskonzentrationen:<br />
Dies ist jedoch im Wesentlichen da-<br />
durch begründet, dass wegen der<br />
Weiternutzung der bestehenden<br />
Unterbauten bei beiden Überbauten<br />
die Querschnittsabmessungen<br />
entsprechend begrenzt werden<br />
mussten.<br />
3.3.2.2 Überbau Süd<br />
Beim südlichen Überbau ergaben sich<br />
nach Auskunft der ausführenden Firma<br />
bei der Bauweise mit Längsspanngliedern<br />
mit nachträglichem Verbund fol-<br />
gende Erschwernisse gegenüber der<br />
neuen Bauart:<br />
– Dazu gehörte aufgrund der größeren<br />
Spanngliedanzahl die unvermeidbare<br />
vertikale Verschwenkung der Längsspannglieder.<br />
– Die Baustellene<strong>in</strong>richtung musste auf<br />
die <strong>in</strong> der Regel längeren und schwere-<br />
ren Spannglieder abgestimmt werden<br />
(höhere Hublasten für Kräne etc.).<br />
Zusammenfassend kann nach Auffassung<br />
des Unternehmens festgestellt<br />
werden, dass sich, abgesehen von dem<br />
zusätzlichen Aufwand für die Herstellung<br />
der Stegaussparungen für die<br />
Spanngliedverankerung, die Vor- und<br />
Nachteile beider Verfahren <strong>in</strong> etwa<br />
ausgleichen und daher mit der neuen<br />
Bauweise ke<strong>in</strong>e ausführungstechnischen<br />
Erschwernisse verbunden s<strong>in</strong>d.<br />
3.4 Herstellungskosten<br />
Bislang konnten die aus der Bauweise<br />
mit <strong>in</strong>ternen Längsspanngliedern ohne<br />
Verbund resultierenden Mehrkosten<br />
mangels direkter Vergleichswerte<br />
lediglich auf der Basis fiktiver Analogien<br />
abgeschätzt werden. Die dabei ermittelten<br />
Mehrkosten wurden im Rahmen<br />
bisheriger Pilotprojekte [9] [10] [11] [12]<br />
[13] [20] [21] meist nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Größenordnung<br />
von ca. 5 % der Herstellungskosten<br />
für e<strong>in</strong> entsprechendes <strong>Brückenbau</strong>werk<br />
<strong>in</strong> konventioneller Bauweise taxiert.<br />
Im vorliegenden Fall konnten die Bau-<br />
weisen jedoch erstmals unter Wettbewerbsbed<strong>in</strong>gungen<br />
bei im Wesentlichen<br />
gleichen konstruktiven Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
unmittelbar gegenübergestellt<br />
werden.<br />
Wie <strong>in</strong> [17] bereits aufgezeigt, ergaben<br />
sich im Zuge der Planung und Ausführung<br />
für die Bauweise mit <strong>in</strong>ternen<br />
Längsspanngliedern ohne Verbund<br />
Mehrkosten <strong>in</strong>folge<br />
– e<strong>in</strong>es höheren E<strong>in</strong>heitspreises für die<br />
Längsspannglieder unter zusätzlicher<br />
Berücksichtigung des Aufwandes für<br />
die Stegaussparungen,<br />
– e<strong>in</strong>es erhöhten Betonstahlbedarfes<br />
<strong>in</strong> Längs- und <strong>in</strong> diesem besonderen<br />
Falle wegen des Vorhandense<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>er<br />
Quervorspannung auch <strong>in</strong> Querrichtung.<br />
Die erheblichen M<strong>in</strong>dermengen im er-<br />
forderlichen Spannstahlbedarf sowohl <strong>in</strong><br />
Längs- als auch <strong>in</strong> Querrichtung wirken<br />
der obigen Kostenerhöhung jedoch<br />
*aufgrund unterschiedlicher geometrischer Verhältnisse auf<br />
die Randbed<strong>in</strong>gungen am Überbau Nord umgerechnet<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
entscheidend entgegen. Aufgrund des<br />
gezeigten Sachverhaltes, wonach ne-<br />
ben den Kosten für den Beton- und den<br />
Spannstahl ke<strong>in</strong>e bauartspezifischen<br />
Mehraufwendungen existieren, lässt sich<br />
der Herstellungskostenvergleich also<br />
alle<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>en Vergleich der Kosten für<br />
die Spann- und Betonstahlbewehrung<br />
unter E<strong>in</strong>beziehung der entsprechenden<br />
E<strong>in</strong>heitspreise – dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>dividu-<br />
ellen Mehraufwendungen für die ver-<br />
schließbaren Stegaussparungen be-<br />
rücksichtigt – reduzieren.<br />
In e<strong>in</strong>er Tabelle s<strong>in</strong>d hier die entsprechenden<br />
Mengen sowie die jeweils<br />
zugehörigen E<strong>in</strong>heitspreise gegenübergestellt.<br />
Bei dem Pilotprojekt Talbrücke(n) Schal-<br />
lermühle entstanden neben den Kosten<br />
für die neuen Überbauten auch Auf-<br />
wendungen für den Rückbau und die<br />
Sanierung der verbleibenden Unterbauten,<br />
so dass diese Gesamtsummen für<br />
die Angabe von Relativkosten nicht<br />
zielführend s<strong>in</strong>d. Zu Vergleichszwecken<br />
eignen sich vielmehr Kosten für Neu-<br />
bauten, bei denen auch die Unterbauten<br />
miterrichtet werden.<br />
Für die Betrachtungen der nachfolgend<br />
genannten prozentualen Mehrkosten der<br />
neuen gegenüber der herkömmlichen<br />
Bauweise wird daher vorausgesetzt,<br />
dass die Kosten für den Überbau e<strong>in</strong>es<br />
neuen <strong>Brückenbau</strong>werkes etwa 60 %<br />
und die für neue Unterbauten etwa 40 %<br />
der gesamten Herstellungssumme<br />
betragen.<br />
Überbau Nord Überbau Süd<br />
Menge Spannstahl absolut [t]<br />
Längsspannglieder 70,10 111,00<br />
Querspannglieder 26,70 29,00 *<br />
Spannstahlgehalt je m 3 Überbaubeton [kg/m 3 ]<br />
Längsspannglieder 27,90 44,00<br />
Querspannglieder 10,60 11,50 *<br />
Menge Betonstahl absolut [t 416,80 370,90<br />
Betonstahlgehalt je m 3 Überbaubeton [kg/m 3 ] 166,10 146,90<br />
E<strong>in</strong>heitspreis netto [x/t]<br />
Längsspannglieder 5.200,00 2.800,00<br />
Querspannglieder 6.500,00 6.500,00<br />
Betonstahl 1.100,00 1.100,00<br />
6 Gegenüberstellung der Mengen und E<strong>in</strong>heitspreise<br />
© bulicek + <strong>in</strong>genieure<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
61
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Mehraufwand bei der Erneuerung von<br />
Überbauten:<br />
– Gesamtkosten Beton- und Spannstahl<br />
Überbau Nord (netto)<br />
70,10 t x 5.200,00 x/t + 26,70 t x<br />
6.500,00 x/t + 416,80 t x 1.100,00 x/t<br />
= 996.550,00 x<br />
– Gesamtkosten Beton- und Spannstahl<br />
Überbau Süd (netto)<br />
111,00 t x 2.800,00 x/t + 29,00 t x<br />
6.500,00 x/t + 370,90 t x 1.100,00 x/t<br />
= 907.290,00 x<br />
– Kostendifferenz für Beton- und<br />
Spannstahl (brutto)<br />
(996.550,00 x – 907.290,00 x) x 1,19<br />
= 106.219,40 x<br />
– Kosten für den Überbau Süd von<br />
Unterkante Lager bis Oberkante<br />
Geländer (brutto, gerundet)<br />
3.300.000,00 x<br />
– Mehraufwand im Bezug auf die<br />
Überbauherstellungskosten<br />
(100 x 106.219,40 x)/3.300.000,00 x<br />
= 3,20 %<br />
Mehraufwand bei Brückenneubauten:<br />
– Fiktive Herstellungskosten für e<strong>in</strong>en<br />
vergleichbaren Brückenneubau<br />
(brutto)<br />
3.300.000,00 x/0,60 = 5.500.000,00 x<br />
– Mehraufwand <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong>en<br />
vergleichbaren Brückenneubau<br />
(100 x 106.219,40 x)/5.500.000,00 x<br />
= 1,90 %<br />
Bei zusätzlicher Berücksichtigung der<br />
höheren Lebensdauer und der sonstigen<br />
Vorzüge liegt die Bauweise mit <strong>in</strong>ternen<br />
Längsspanngliedern ohne Verbund auf<br />
Basis des vorgeschlagenen konstruktiven<br />
Konzeptes daher trotz der begrenzten<br />
Mehrkosten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Höhe von ca. 2 % der<br />
Gesamtbaukosten zweifellos im Vorteil.<br />
4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Das beim Überbau Nord der Talbrücke<br />
Schallermühle für die Längstragrichtung<br />
angewandte Vorspannkonzept stellt e<strong>in</strong>e<br />
zukunftsweisende Weiterentwicklung<br />
der Spannbetonbauweise im <strong>Brückenbau</strong><br />
dar. Im Rahmen dieses Pilotprojektes<br />
(Verkehrsfreigabe: Dezember 2010) wurde<br />
erstmals e<strong>in</strong> sowohl qualitativer als<br />
auch quantitativer Vergleich der Bau-<br />
weise mit <strong>in</strong>ternen Längsspanngliedern<br />
ohne Verbund mit der bisherigen Regel-<br />
bauweise unter Verwendung von Längs-<br />
spanngliedern mit nachträglichem<br />
Verbund unter sonst nahezu gleichen<br />
konstruktiven Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
ermöglicht.<br />
62 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Die nach der Planung und Ausführung<br />
durchgeführten Vergleichsbetrachtungen<br />
ergaben, dass auf der Grundlage des<br />
beim Überbau Nord angewendeten Vor-<br />
spannkonzeptes die Produktqualität von<br />
langen, abschnittsweise zu errichtenden<br />
Brücken mit Plattenbalkenquerschnitt<br />
mit e<strong>in</strong>em Mehraufwand von weniger<br />
als 2 % der Gesamtbaukosten erheblich<br />
gesteigert werden kann. Unter Würdigung<br />
der zahlreichen Vorteile der Bau-<br />
weise mit <strong>in</strong>ternen Längsspanngliedern<br />
ohne Verbund ersche<strong>in</strong>t dieser Mehraufwand<br />
bei der Herstellung unwesentlich.<br />
E<strong>in</strong>e vermehrte Umsetzung der neuen<br />
Bauweise ist wünschenswert. Die im<br />
Entwurf der (derzeit noch <strong>in</strong> Vorbereitung<br />
bef<strong>in</strong>dlichen) Richtl<strong>in</strong>ie für Beton-<br />
brücken mit <strong>in</strong>ternen Spanngliedern<br />
ohne Verbund [15] enthaltenen Regelungen<br />
sollten hierfür aber so flexibel gehalten<br />
werden, dass e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung<br />
der Spannbetonbauweise auf Basis<br />
vieler bestehender Spannverfahren be-<br />
günstigt und e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkung auf nur<br />
wenige von ihnen vermieden wird.<br />
Autoren:<br />
Prof. Dr.-Ing. Hans Bulicek<br />
bulicek + <strong>in</strong>genieure,<br />
Passau<br />
M<strong>in</strong>isterialrat Dipl.-Ing. Karl Goj<br />
Oberste Baubehörde im<br />
Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isterium des Innern,<br />
München<br />
Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Günther Kle<strong>in</strong>er<br />
Autobahndirektion Nordbayern,<br />
Nürnberg<br />
Literatur<br />
[1] DIN Fachbericht 101, E<strong>in</strong>wirkungen auf<br />
Brücken. Berl<strong>in</strong>, Ausgabe März 2009.<br />
[2] Zulassungsbescheid für Drahtspannverfahren<br />
für Vorspannung ohne Verbund<br />
im Beton, Suspa-Draht <strong>in</strong>tern ohne Verbund,<br />
Zul.-Nr.: Z-13.2-109.<br />
[3] Allgeme<strong>in</strong>es Rundschreiben Straßenbau<br />
Nr. 11/2003 des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Verkehr,<br />
Bau und Wohnungswesen vom 7. März<br />
2003 an die Obersten Straßenbaubehörden<br />
der Länder.<br />
[4] DIN Fachbericht 102, Betonbrücken. Berl<strong>in</strong>,<br />
Ausgabe März 2009.<br />
[5] Zilch, K.; Hennecke, M.; Gläser, Ch.: Stand der<br />
Entwicklung <strong>in</strong>tern verbundloser Vorspannung.<br />
System und Anwendung. In: Dehn, F.;<br />
Holschemacher, K.; Tue, N. V.: Festschrift zum<br />
70. Geburtstag von Prof. Dr.-Ing. Gert König.<br />
Erfahrungen und Zukunft des Bauens. Berl<strong>in</strong><br />
2004.<br />
[6] Heiler, H.; Scheibe, M.: Vorspannung <strong>in</strong>tern,<br />
extern, mit und ohne Verbund. Wo liegt<br />
das Optimum, was br<strong>in</strong>gt die Zukunft?; <strong>in</strong>:<br />
Beton- und Stahlbetonbau 99 (2004), Heft 11,<br />
S. 877–885.<br />
[7] Eisler, R.; Abel, M.: Neue Mischbauweise mit<br />
<strong>in</strong>terner Vorspannung ohne Verbund.<br />
Pilotprojekt Mühlenbergbrücke; <strong>in</strong>: Stritzke,<br />
J. (Hrsg.): Tagungsband zum 17. Dresdener<br />
<strong>Brückenbau</strong>symposium 2007. Dresden 2007,<br />
S. 143–154.<br />
[8] Wicke, M.: Verbundlose Vorspannung im<br />
<strong>Brückenbau</strong>; <strong>in</strong>: Stritzke, J. (Hrsg.): Tagungsband<br />
zum <strong>11.</strong> Dresdener <strong>Brückenbau</strong>symposium<br />
2001. Dresden 2001, S. 27–51.<br />
[9] Fritsche, T.; Hennecke, M.; Pfisterer, H.; Willberg,<br />
U.: Die verbundlose <strong>in</strong>terne Längsvorspannung.<br />
Das Pilotprojekt Streiflacher Weg;<br />
<strong>in</strong>: Beton- und Stahlbetonbau 99 (2004),<br />
Heft 8, S. 634–640.<br />
[10] Pfisterer, H.; Fritsche, L.; Scheibe, M.; Zilch, K.;<br />
Hennecke, M.; Leonhardt, G.: Innovatives<br />
Bauobjekt. Brücke mit <strong>in</strong>terner Vorspannung<br />
ohne Verbund als Pilotprojekt im Zuge der<br />
BAB A 99 West Autobahnr<strong>in</strong>g München; <strong>in</strong>:<br />
Der Bau<strong>in</strong>genieur, Band 78 (April 2003),<br />
S. 165–171.<br />
[11] Haupt, R.; Hennecke, M.: Pilotprojekt<br />
Roßriether-Graben-Brücke. Mischbauweise<br />
mit verbundloser Vorspannung; <strong>in</strong>: Zilch, K.<br />
(Hrsg.): Massivbau 2006. Forschung, Entwicklung<br />
und Anwendung. Berl<strong>in</strong> 2006.<br />
[12] Bulicek, H.; Breuherr, K.: Dettenbachtalbrücke.<br />
Plattenbalkenüberbau mit austauschbaren,<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Betonquerschnittes<br />
angeordneten Längsspanngliedern; <strong>in</strong>: Der<br />
Bau<strong>in</strong>genieur, Band 82 (Juni 2007), S. 255–261.<br />
[13] Bulicek, H.; Braml, T.: Erste Fertigteilbrücke<br />
aus Hochleistungsbeton mit auswechselbarem<br />
Spannstahl; <strong>in</strong>: Straße und Autobahn,<br />
Heft 8, 2002, S. 423–427.<br />
[14] Leonhard, F.: Vorlesungen über Massivbau,<br />
fünfter Teil: Spannbeton. Berl<strong>in</strong> 1980.<br />
[15] Richtl<strong>in</strong>ie für Betonbrücken mit <strong>in</strong>ternen<br />
Spanngliedern ohne Verbund. Hrsg. v.<br />
Bundesm<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Bau- und<br />
Wohnungswesen, <strong>in</strong> Vorbereitung.<br />
[16] Richtl<strong>in</strong>ie für Betonbrücken mit externen<br />
Spanngliedern, Ausgabe 1999, ARS 17/99.<br />
Hrsg. v. Bundesm<strong>in</strong>isterium für Verkehr,<br />
Bau und Wohnungswesen.<br />
[17] Bulicek, H.: Interne Vorspannung ohne und<br />
mit nachträglichem Verbund im direkten<br />
Vergleich. Talbrücke Schallermühle als<br />
Pilotprojekt; <strong>in</strong>: BRÜCKENBAU, Heft 1, 2009,<br />
S. 53–57.<br />
[18] Bulicek, H.; Seipelt S.: Computerized Conception<br />
and Optimization of Post-Tension<strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />
Concrete Bridge Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g; <strong>in</strong>: 3rd fib International<br />
Congress 2010, Wash<strong>in</strong>gton 2010.<br />
[19] Zustimmung im E<strong>in</strong>zelfall der Obersten<br />
Baubehörde im Staatsm<strong>in</strong>isterium des<br />
Innern zur Verwendung von Spanngliedern<br />
»Suspa-Draht <strong>in</strong>tern ohne Verbund« mit<br />
gegenüber der Zulassung reduziertem Umlenkradius<br />
R = 5,50 m.<br />
[20] Haveresch, K.: Pilotprojekt Mühlenbergbrücke.<br />
Vorspannung ohne Verbund für Brücken;<br />
<strong>in</strong>: Beton- und Stahlbetonbau 102, Heft 9,<br />
2007, S. 622–629.<br />
[21] Fritsche, T.; Gläser, C.; Goj, K.; Wunderlich, P.;<br />
Zilch, K.: Verbundlose Vorspannung bei e<strong>in</strong>er<br />
abschnittsweise hergestellten Brücke mit<br />
Erkenntnissen zum Spanngliedaustausch am<br />
Pilotprojekt Labertalbrücke; In: Bau<strong>in</strong>genieur<br />
Band 86, 2011, S. 1–9.<br />
Bauherr<br />
Bundesrepublik Deutschland,<br />
vertreten durch den Freistaat Bayern,<br />
Auftragsverwaltung durch die<br />
Autobahndirektion Nordbayern, Nürnberg<br />
Entwurf und Tragwerksplanung<br />
bulicek + <strong>in</strong>genieure, Passau<br />
Prüf<strong>in</strong>genieur<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Konrad Zilch,<br />
München<br />
Ausführung<br />
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />
Neumarkt
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Klothoide im Taktschiebeverfahren<br />
Mit Match Cast über das Fundertal<br />
von Holger Hauser, Peter Seitz<br />
Mit 724 m ist die Querung des Fundertals<br />
die längste bestehende Landbrücke<br />
<strong>in</strong> Dänemark. Die Herstellung<br />
der aus zwei e<strong>in</strong>zelligen Stahlbetonhohlkästen<br />
bestehenden Überbauten<br />
erfolgt im allgeme<strong>in</strong> bekannten<br />
Taktschiebeverfahren auf temporären<br />
Hilfsstützen. Während bei der üblichen<br />
Bauweise aber nur e<strong>in</strong> konstanter<br />
Radius möglich ist, war es hier e<strong>in</strong>e<br />
Herausforderung, Lösungen für das<br />
E<strong>in</strong>schieben e<strong>in</strong>es konstanten Radius<br />
mit anschließender Klothoide zu f<strong>in</strong>-<br />
den (patentiertes Match-Cast-Verfahren).<br />
Zusätzlich mussten <strong>in</strong>novative<br />
Konstruktionen entwickelt werden,<br />
wie der sogenannte A-Bock zur Über-<br />
querung des naturgeschützen Berei-<br />
ches des Funderbaches, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e<br />
Hilfsstütze angeordnet werden durfte,<br />
und der zweigeteilte Taktkeller zur<br />
schnelleren Realisierung der Überbautakte.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Die Funder-Brücke ist Teil e<strong>in</strong>es 12 km<br />
langen Autobahnabschnittes, der die Lücke<br />
zwischen der Ost-West-Verb<strong>in</strong>dung<br />
zwischen Hern<strong>in</strong>g und Århus schließt.<br />
Mit e<strong>in</strong>er Länge von 724 m ist sie die<br />
längste existierende Landbrücke <strong>in</strong><br />
Dänemark. Sie wird realisiert durch die<br />
Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft von Dywidag<br />
Bau GmbH mit Zübl<strong>in</strong> Scand<strong>in</strong>avia A/S<br />
(Dywidag 90 %, Zübl<strong>in</strong> 10 %). Die Brücke<br />
weist zwei getrennte Spannbetonhohlkästen<br />
mit konstanten Spannweiten von<br />
85 m sowie bis zu 35 m hohe Pfeiler auf.<br />
2 Taktschieben mittels Match Cast<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
64 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
1 Funder-Brücke im August 2009<br />
© Zübl<strong>in</strong> Scand<strong>in</strong>avia A/S<br />
Als Herstellungsverfahren wurde das<br />
umweltschonende und zudem wirtschaftliche<br />
Taktschieben gewählt. Der<br />
Verlauf der Brückenachse im Grundriss<br />
besteht aus e<strong>in</strong>em konstanten Kreisbogen<br />
mit nachfolgender Klothoide, was<br />
normalerweise zu e<strong>in</strong>em Ausschluss<br />
dieses Verfahrens führt, da <strong>in</strong> der Regel<br />
nur gerade oder aber Überbauten mit<br />
über die Brückenlänge konstantem<br />
Radius e<strong>in</strong>geschoben werden können.<br />
Die patentierte Match-Cast-Methode<br />
macht es jedoch möglich, e<strong>in</strong>en Überbau<br />
mit dem beschriebenen Achsverlauf im<br />
Grundriss mittels Taktschiebeverfahren<br />
zu errichten.<br />
2 Herstellung und Überbau<br />
Die e<strong>in</strong>heitlichen Spannweiten von<br />
85 m, geteilt <strong>in</strong> 42,50-m-Felder durch<br />
Verwendung von Hilfsstützen, und die<br />
Gesamtlänge von 724 m s<strong>in</strong>d ideale<br />
Voraussetzungen für das Taktschiebeverfahren.<br />
Durch die Überbauhöhe von<br />
3,50 m liegt der Parameter c = l 2 /h = 516<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Bereiches von 500–950,<br />
für welchen dieses Verfahren wirtschaftlich<br />
ist. Im Endzustand (ke<strong>in</strong>e Hilfsstützen)<br />
beträgt der Parameter l/h = 85 m/<br />
3,50 m = 25, es handelt sich somit um<br />
e<strong>in</strong> äußerst schlankes Tragsystem.<br />
Da die beiden Überbauten nache<strong>in</strong>ander<br />
e<strong>in</strong>geschoben werden, ist zudem nur e<strong>in</strong><br />
Taktkeller nötig, welcher nach Herstellung<br />
des ersten Überbaues querverschoben<br />
und wiederverwendet wird.<br />
Für das E<strong>in</strong>schieben des Querschnitts<br />
wurden als zentrische Vorspannung <strong>in</strong><br />
der Fahrbahnplatte 12 Spannglieder mit<br />
je 15 Litzen und e<strong>in</strong>em Litzenquerschnitt<br />
von 15,70 mm gewählt, <strong>in</strong> der Bodenplatte<br />
waren acht Spannglieder mit je 12<br />
Litzen erforderlich. Zur Aufnahme der<br />
zusätzlichen Beanspruchung aus dem<br />
Entfernen der Hilfsstützen und der<br />
Verkehrslasten werden nach dem E<strong>in</strong>-<br />
schieben weitere Spannglieder, 19 Litzen<br />
<strong>in</strong> Steg und Bodenplatte, e<strong>in</strong>gebracht.<br />
Je Steg wurden fünf Spannglieder ange-<br />
ordnet, welche sich im hochbelasteten<br />
Stützenbereich überlappen und deren<br />
Anzahl sich hier somit verdoppelt.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d vier zusätzliche<br />
Bodenplattenspannglieder je Feld not-<br />
wendig, die an Bodenplattenlisenen<br />
verankert werden. Um die Überlappung<br />
der Stegspannglieder zu gewährleisten<br />
und die höheren Schubbeanspruchungen<br />
im Stützenbereich abzuleiten, s<strong>in</strong>d<br />
die Stege verbreitert; ebenso wurde die<br />
Bodenplatte zur Aufnahme der Druckkräfte<br />
verstärkt.
3 Längsschnitt<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
Es wurden außerdem Möglichkeiten<br />
vorgesehen, um spätere, im Hohlkasten<br />
geführte externe Spannglieder als Er-<br />
gänzung und bzw. oder zur Sanierung<br />
e<strong>in</strong>bauen zu können. Dazu s<strong>in</strong>d beim<br />
Stützquerträger Aussparungsrohre und<br />
im Feld Umlenksättel zum Anspannen<br />
und zur Umlenkung der Spannglieder<br />
vorhanden.<br />
3 Match Cast und Taktkeller<br />
Nord- und Südüberbau wurden <strong>in</strong> 26<br />
bzw. 27 Takte mit e<strong>in</strong>er Regellänge von<br />
ca. 28,40 m e<strong>in</strong>geteilt. Die ersten 20<br />
Takte der Brücke bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>ner-<br />
halb des konstanten Achsradius von<br />
ca. 2.600 m und werden herkömmlich<br />
auf e<strong>in</strong>en Kreisbogen e<strong>in</strong>geschoben, die<br />
nachfolgenden h<strong>in</strong>gegen im Klothoidenbereich.<br />
Dies hat zur Folge, dass die<br />
Achsen des letzten Pfeilers (Achse 20),<br />
e<strong>in</strong>es Hilfspfeilers und des Widerlagers<br />
(Achse 10) von der Achse des Verschiebekreisbogens<br />
abweichen und somit die<br />
ersten 20 Takte beim E<strong>in</strong>schieben exzentrisch<br />
auf Pfeiler und Widerlager auf-<br />
liegen. Die größte Abweichung mit<br />
1,66 m tritt am Ende des Überbaues<br />
und dementsprechend beim Widerlager<br />
Achse 10 auf. Dieses Widerlager ist aber<br />
gleichzeitig jenes, auf dem die Verschubanlage<br />
<strong>in</strong>stalliert ist. Die Verschubanlage<br />
mit Hub- und Schubpresse und der<br />
Bremsblock wurden deshalb querverschieblich<br />
konzipiert, womit die zentri-<br />
sche Krafte<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong> die Stege gewährleistet<br />
ist. Der Bremsblock sitzt dabei auf<br />
e<strong>in</strong>em auf PTFE-Platten gelagerten<br />
Betonverschubschlitten und die Hub-<br />
Schub-Anlage auf e<strong>in</strong>em querverziehbaren<br />
Stahlrahmen, beide werden wäh-<br />
rend des Taktschiebens mit Hilfe von<br />
Zugstangen abwechselnd querverzogen.<br />
Beim Pfeiler Achse 20 beträgt die maximale<br />
Exzentrizität 42,00 cm, so dass e<strong>in</strong>e<br />
temporäre Betonkonsole, welche mit<br />
Spanngliedern an den Pfeilern gespannt<br />
wird, das Verschiebelager aufnimmt.<br />
4 Regelquerschnitt<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
Der Überbau wird auf den endgültigen<br />
Pfeilern mit Hilfe von Seitenführungen<br />
während des Taktschiebens lagesicher<br />
sowie im stationären Zustand querfest<br />
gehalten. Im Fall von Achse 20 wurde<br />
dazu e<strong>in</strong> Verschubschlitten mit <strong>in</strong>tegrierter<br />
Festhaltung entwickelt.<br />
Um e<strong>in</strong>e Klothoide e<strong>in</strong>schieben zu kön-<br />
nen, ist es von entscheidender Bedeutung,<br />
dass sich der Taktkeller nach Aus-<br />
fahren e<strong>in</strong>es Taktes querverschieben und<br />
verdrehen lässt, den unregelmäßigen<br />
Achsverlauf also abzubilden vermag.<br />
E<strong>in</strong>e weitere Besonderheit ist die Ver-<br />
wendung e<strong>in</strong>es »geteilten« Taktkellers,<br />
der aus zwei h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>anderliegenden<br />
6 Sektor A des Taktkellers<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
5 Pfeiler mit justierbarer Seitenführung<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
Sektoren besteht: In Sektor A wird der<br />
Trog e<strong>in</strong>es jeden Taktes, <strong>in</strong> Sektor B die<br />
Fahrbahnplatte betoniert. Durch e<strong>in</strong>e<br />
solche Anordnung ist es machbar, an<br />
beiden Überbauabschnitten (Trog und<br />
Fahrbahnplatte) parallel zu arbeiten und<br />
die Taktfertigung damit zu beschleunigen.<br />
Zudem erlaubt sie, variable Über-<br />
bauhöhen bei der Fertigung leichter zu<br />
realisieren. Das ist bei diesem Projekt<br />
ebenfalls notwendig, da die Gradiente<br />
im Bereich der Brücke aus e<strong>in</strong>em kon-<br />
stanten Gefälle mit anschließender<br />
Wanne besteht und daher wie im Grund-<br />
riss unregelmäßig ist.<br />
7 Sektor B des Taktkellers<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
65
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
8 Querverschiebliche Hilfsstütze<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
Um den Querverschub <strong>in</strong> der Match-<br />
Cast-Phase und die Rotation zu ermöglichen,<br />
wurden für die Sektoren A und B<br />
unterschiedliche Systeme entworfen:<br />
Im Sektor A (Trogfertigung) ist zunächst<br />
die eigentliche kont<strong>in</strong>uierliche Verschubbahn<br />
aus Stahlträgern verbreitert herzu-<br />
stellen, um die Lageänderung des Troges<br />
<strong>in</strong> Querrichtung während des E<strong>in</strong>schiebens<br />
e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> der Klothoide liegenden<br />
Segmentes aufnehmen zu können.<br />
Die e<strong>in</strong>e Seite der Stegschalung ist seit-<br />
lich verschiebbar und muss vor dem<br />
Verschubvorgang genügend weit ent-<br />
fernt werden, um e<strong>in</strong> Anstoßen des<br />
Überbaues während der Ausfahrt aus<br />
dem Sektor A zu verh<strong>in</strong>dern. Der Beton-<br />
trägerrost des Taktkellers selbst ruht auf<br />
flachgegründeten Betonverschubbalken.<br />
Dazwischen bef<strong>in</strong>den sich PTFE-Platten,<br />
den Querverzug und die Rotation mit<br />
Hilfe von Stabspanngliedern nach dem<br />
Ausfahren e<strong>in</strong>es Taktes gestattend. Im<br />
Sektor B liegt der bereits hergestellte<br />
und aus dem Sektor A herausgeschobene<br />
Trogquerschnitt auf vier Auflagerachsen<br />
auf. Diese Auflagerbalken s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> Querrichtung so breit, dass sie die<br />
maximale Exzentrizität von 1,66 m<br />
aufnehmen können. Ihre Oberfläche<br />
ist mit Edelstahlblechen bezogen, auf<br />
welchen dann PTFE-Verschubplatten<br />
analog e<strong>in</strong>em Verschieblager angeordnet<br />
werden. Die leichte Fahrbahnplattenschalung<br />
sitzt auf Stahlquerträgern, die<br />
auf -längsträgern wiederum seitlich<br />
verschoben werden. Zum Ablassen der<br />
Schalung dienen Pressen unterhalb der<br />
Längsträger.<br />
66 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
4 Hilfsstützen<br />
Zur Halbierung der Feldweiten von 85 m<br />
wurden Hilfsstützen aus Beton geplant,<br />
deren Errichtung kostengünstig aus zwei<br />
e<strong>in</strong>fach zu schalenden Betonrechteckstützen<br />
mit Querriegel aus Betonfertigteilen<br />
erfolgte. Nach Ausführung des<br />
ersten Überbaues können diese Hilfs-<br />
stützen querverschoben und dann für<br />
die Herstellung des zweiten e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden. Die beiden Betonstützen stehen<br />
auf e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Betonplatte,<br />
welche wiederum auf e<strong>in</strong>er größeren<br />
flachgegründeten Fundamentplatte<br />
aufliegt: Beim Querverschub gleitet die<br />
gesamte Stütze samt oberer Bodenplatte<br />
auf der Fundamentplatte des ersten<br />
Bauabschnittes über Verschubbalken<br />
auf die des zweiten Bauabschnittes.<br />
5 A-Bock-Konstruktion<br />
Zwischen Achse 80 und 90 überspannt<br />
die Brücke den Funderbach mit dem<br />
zugehörigen Fauna-Flora-Habitat (FFH),<br />
die Anordnung e<strong>in</strong>er Hilfsstütze ist hier<br />
nicht möglich. Deshalb wurde e<strong>in</strong>e Stahl-<br />
konstruktion <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es A-Bocks kon-<br />
zipiert, welche die Spannweite <strong>in</strong> diesem<br />
Feld ebenfalls halbieren kann, ohne<br />
jedoch <strong>in</strong> das FFH-Gebiet e<strong>in</strong>greifen zu<br />
müssen.<br />
9 A-Bock über dem Fundertal<br />
© K+S Ingenieurconsult<br />
GmbH & Co. KG<br />
E<strong>in</strong> Teil der horizontalen Schubkraft aus<br />
den Rahmenstielen wird von den Pfeilern<br />
aufgenommen bzw. über Reibung zwi-<br />
schen Pfeilerfundament und Boden, der<br />
andere Teil h<strong>in</strong>gegen von Spanngliedern,<br />
die von Pfeiler <strong>in</strong> Achse 80 zu Achse 90<br />
gespannt s<strong>in</strong>d, also die Fußknoten mit-<br />
e<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>den und somit die Kräfte<br />
kurzschließen. Vor Belastung des A-Bocks<br />
durch den Überbau werden die Spannglieder<br />
gegen die Pfeiler vorgespannt, so<br />
dass bei Beanspruchung des Firstknotens<br />
ihre Steifigkeit nicht <strong>in</strong> das System e<strong>in</strong>-<br />
geht und der A-Bock dadurch wesentlich<br />
steifer und verformungsärmer wird. Die<br />
Vorspannung wird dabei während der<br />
Überbau-Überfahrt <strong>in</strong> vorgegebenen<br />
Schritten erhöht. Für die Herstellung<br />
des zweiten Überbaues wird der A-Bock<br />
ebenfalls querverschoben, wozu das<br />
Kämpferfundament wie e<strong>in</strong> Betonschlitten<br />
ausgebildet ist. Für den Querverschub<br />
wird es mit Pressen angehoben,<br />
mit PTFE-Verschubplatten unterlegt,<br />
wieder abgelassen und dann mit Stab-<br />
spanngliedern querverschoben. Um die<br />
Durchbiegung des Firstknotens durch<br />
das Gewicht des Überbaues zu kompensieren,<br />
s<strong>in</strong>d auf dem Firstknoten pressen-<br />
gesteuerte Verschublager angeordnet,<br />
die so gesteuert werden, dass die Lage<br />
10 Rechnerischer Verlauf der Vertikalkraft <strong>in</strong> Achse 85 bei der Überbau-Überfahrt<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG
»Oberkante Verschublager« bzw. »Unter-<br />
kante Überbau« während der Überfahrt<br />
auf Sollhöhe gehalten wird. Die Pressenkräfte<br />
werden zugleich kontrolliert, um<br />
e<strong>in</strong>e unplanmäßige Beanspruchung des<br />
A-Bocks rechtzeitig zu erkennen.<br />
Die Rahmenstiele werden vertikal <strong>in</strong><br />
Elementen montiert sowie mittels Spann-<br />
gliedern und auf den Pfeilerköpfen an-<br />
gebrachten Litzenhebern abgelassen<br />
und das System geschlossen. Zu diesem<br />
Zweck wurden Betongelenke konstruiert,<br />
welche die Rotation der Stiele ermöglichen.<br />
Die Gleitebenen bestehen aus<br />
Stahlhalbschalen, die für das Ablassen<br />
entsprechend gefettet werden.<br />
11 Ablassen der Rahmenstiele<br />
© Dywidag Bau GmbH<br />
12 Betongelenk am Fußknoten<br />
© K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG<br />
13 Überfahrt des Überbaus Nord<br />
© Zübl<strong>in</strong> Scand<strong>in</strong>avia A/S<br />
Für die Demontage wird der gesamte<br />
A-Bock analog dem Querverschub für<br />
den zweiten Bauabschnitt zurück <strong>in</strong> die<br />
Mitte zwischen den zwei Überbauten<br />
geschoben. Die Stahlkonstruktion wird<br />
dann über Zugstangen an die Überbauten<br />
gehängt, segmentweise demontiert,<br />
mit Hilfe e<strong>in</strong>es Schlittens zurück zu den<br />
Pfeilerachsen 80 bzw. 90 gefahren und<br />
dort abgelassen. Für alle Phasen der Bau-<br />
arbeiten, das heißt für die Montage, das<br />
Ablassen und Schließen, die Überfahrung<br />
durch den Überbau und die Demontage<br />
bleibt das Naturreservat geschützt.<br />
6 Zusammenfassung<br />
Das Taktschiebeverfahren ist im Normal-<br />
fall beschränkt auf Brücken mit konstantem<br />
Radius über die gesamte Brückenlänge<br />
bzw. auf Brücken, welche komplett<br />
im Grundriss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geraden liegen.<br />
Das nun bei zwei Großbrücken angewendete<br />
patentierte Match-Cast-Taktschiebeverfahren<br />
zeigt Lösungen für das<br />
E<strong>in</strong>schieben von Klothoiden auf. Die <strong>in</strong><br />
diesem Beitrag beschriebenen Weiterentwicklungen<br />
machten es möglich,<br />
dass das Taktschiebeverfahren auch bei<br />
Sonderfällen wirtschaftlich erfolgreich<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden kann.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Holger Hauser<br />
Dipl.-Ing. Peter Seitz<br />
K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG,<br />
Nürnberg<br />
Bauherr<br />
Königreich Dänemark, Vejdirektoratet<br />
Skanderborg<br />
Entwurf<br />
Gims<strong>in</strong>g & Madsen A/S, Horsens, Dänemark<br />
Sondervorschlag<br />
K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />
Tragwerksplanung<br />
K+S Ingenieurconsult GmbH & Co. KG, Nürnberg<br />
Niras A/S, Allerød, Dänemark<br />
Prüfung<br />
Gims<strong>in</strong>g & Madsen A/S, Horsens, Dänemark<br />
Ausführung<br />
Zübl<strong>in</strong> Scand<strong>in</strong>avia A/S, Trige, Dänemark<br />
Dywidag Bau GmbH, München<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
67
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Semi<strong>in</strong>tegraler Rahmen mit Betongelenken<br />
Talbrücke Weißenbrunn am Forst<br />
von Knut Bock<br />
Die südlich von Coburg gelegene<br />
Talbrücke Weißenbrunn quert als<br />
Teil der Eisenbahn-Neubaustrecke<br />
München–Erfurt–Berl<strong>in</strong> das Tal des<br />
Weißenbrunner Baches <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
semi<strong>in</strong>tegralen Rahmenbauwerks.<br />
Die Lagerung der V-Pfeiler auf den<br />
Gründungsplatten erfolgt mittels<br />
Betongelenken, die sich für den Bau-<br />
herrn als robuste, kostengünstige<br />
und wartungsarme Konstruktionen<br />
vorteilhaft auszeichnen.<br />
1 Allgeme<strong>in</strong>es<br />
Der Abschnitt Ebensfeld–Erfurt ist Be-<br />
standteil des Verkehrsprojektes Deutsche<br />
E<strong>in</strong>heit Schiene Nr. 8: Aus- und Neubaustrecke<br />
Nürnberg–Erfurt–<strong>Leipzig</strong>–Berl<strong>in</strong>.<br />
Auf dieser ca. 107 km langen Neubaustrecke<br />
der Deutschen Bahn AG durch<br />
den Thür<strong>in</strong>ger Wald werden zahlreiche<br />
neue Bauwerke zur Überbrückung der<br />
tiefen Tale<strong>in</strong>schnitte erforderlich. Neben<br />
den »klassischen« Bahnbrücken, beste-<br />
hend aus E<strong>in</strong>feldträgerketten mit 44 m<br />
Regelstützweite, wurden hier viele Bogen-<br />
strukturen, zum Beispiel über das Grüm-<br />
pental, den Froschgrundsee und das<br />
Illmtal, aber auch semi<strong>in</strong>tegrale Kon-<br />
struktionen, wie die Scherkondetalbrücke<br />
und die Talbrücke Weißenbrunn, ausge-<br />
schrieben.<br />
2 3 Längsschnitt und Grundriss der Gesamtbrücke<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
68 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
1 Talbrücke Weißenbrunn im Bauzustand<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
Südlich von Coburg quert die zweispurige<br />
Hochgeschw<strong>in</strong>digkeits-ICE-Trasse<br />
mit e<strong>in</strong>er Entwurfsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
von 300 km/h das ca. 40 m tiefe Tal des<br />
Weißenbrunner Baches. Bed<strong>in</strong>gt durch<br />
die Nähe zur Geme<strong>in</strong>de Untersiemau<br />
wird unter Beachtung der topographischen<br />
Verhältnisse im Bereich dieser<br />
Trasse e<strong>in</strong> gestalterisch ansprechendes,<br />
semi<strong>in</strong>tegrales Rahmenbauwerk mit<br />
Betongelenken ausgeführt.<br />
Die Talbrücke Weißenbrunn weist<br />
folgende Bauwerksdaten auf:<br />
– Brückengesamtlänge: 614 m,<br />
– Bauwerksradius: 3.570 m,<br />
– Brückenbreite: 14,30 m,<br />
– Feldweiten: 8 x 44 m + 50 m + 76 m +<br />
50 m + 2 x 44 m,<br />
– Überbau: Spannbetonhohlkasten mit<br />
H k = 4,00–5,00 m,<br />
– maximale Höhe: 40 m über Tal.
4<br />
5 Längsschnitt und Draufsicht des Rahmenbauwerks<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
2 Der semi<strong>in</strong>tegrale Rahmen<br />
Die 614 m lange Talbrücke Weißenbrunn<br />
setzt sich aus e<strong>in</strong>em dreifeldrigen semi-<br />
<strong>in</strong>tegralen Zweigelenk-Rahmenbauwerk<br />
mit V-Stützen und angrenzenden E<strong>in</strong>-<br />
feldträgerketten zusammen, wobei<br />
die Lagerung der V-Stützen auf Betongelenken<br />
erfolgt. Der Vorteil der semi-<br />
<strong>in</strong>tegralen Bauweise und die Wahl von<br />
Betongelenken liegen <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gen Kos-<br />
ten, großer Robustheit und dem niedrigen<br />
Wartungsaufwand begründet.<br />
6 V-Stütze mit Betongelenk im Bau<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
Die Besonderheit der Brücke besteht<br />
e<strong>in</strong>deutig <strong>in</strong> den Betongelenken am Fuß-<br />
punkt der beiden V-Stützen. Die impo-<br />
santen begehbaren V-Stützen s<strong>in</strong>d Hohl-<br />
pfeiler mit e<strong>in</strong>er Fußabmessung von<br />
2,80 m x 5,30 m bei e<strong>in</strong>er konstanten<br />
Wanddicke von 40 cm. Sie münden <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en massiven oberen Gelenkblock mit<br />
den Abmessungen 9,20 m x 4,40 m, <strong>in</strong><br />
den Gelenkhälsen wird der Betonquerschnitt<br />
auf e<strong>in</strong>e Länge von 8,00 m und<br />
e<strong>in</strong>e Breite von 40 cm reduziert.<br />
3 Die Betongelenke<br />
3.1 Funktion und Anwendung<br />
Betongelenke bedeuten e<strong>in</strong>e deutliche<br />
E<strong>in</strong>schnürung des Betonquerschnitts<br />
und lassen e<strong>in</strong>e begrenzte Verdrehung<br />
zu. Sie s<strong>in</strong>d im Vergleich zu herkömmlichen<br />
L<strong>in</strong>ienkipplagern sehr wartungsarm.<br />
Um e<strong>in</strong>e Auswechslung des Rahmenbauwerks<br />
<strong>in</strong>nerhalb kurzer Sperrpausen von<br />
nur wenigen Tagen zu gewährleisten,<br />
sollen die Betongelenke unbewehrt bzw.<br />
ungepanzert <strong>in</strong> der Gelenkfuge realisiert<br />
werden: Durch den Verzicht auf jegliche<br />
Bewehrung des Gelenkhalses kann die<br />
Brücke mit Pressen angehoben und seit-<br />
lich ausgeschoben werden. Da die Tal-<br />
brücke Weißenbrunn im Grundriss mit<br />
R = 3.570 m trassiert ist, s<strong>in</strong>d die erforderlichen<br />
horizontalen Verschubflächen für<br />
den E<strong>in</strong>bau von stählernen Gleitbahnen<br />
für beide Achsen parallel anzuordnen.<br />
E<strong>in</strong>e parallele Ausrichtung der Gelenke<br />
ist ebenfalls s<strong>in</strong>nvoll, um bei Zwangsbeanspruchung<br />
e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imierung der<br />
E<strong>in</strong>wirkungen zu erreichen.<br />
9 10 Längsschnitt und Bewehrung des Betongelenks<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Der Querschnitt durch das Betongelenk<br />
wird <strong>in</strong> untenstehender Abbildung ge-<br />
zeigt: Es ist 10,60 m lang und wird im<br />
Gelenkhals auf 8,00 m reduziert, dessen<br />
Breite dort lediglich 40 cm beträgt. Diese<br />
Betongelenke s<strong>in</strong>d nicht nur <strong>in</strong> der Lage,<br />
die großen vertikalen Auflagerkräfte<br />
aufzunehmen, sondern auch die erheb-<br />
lichen Brems- und Anfahr- sowie die<br />
Zwangskräfte aus Temperatur, Schw<strong>in</strong>den<br />
und Kriechen und die kle<strong>in</strong>en Dreh-<br />
w<strong>in</strong>kel aus den genannten Beanspruchungen.<br />
Dies gilt genauso für die un-<br />
bewehrten Betongelenke der Talbrücke<br />
Weißenbrunn.<br />
7 Geometrie des Betongelenks<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
8 Querschnitt des Betongelenks<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
69
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Betongelenke vergleichbarer Größenordnung<br />
s<strong>in</strong>d bei der Deutschen Bahn AG<br />
bisher e<strong>in</strong>zig an der Ma<strong>in</strong>brücke Gemün-<br />
den auf der Schnellbahnstrecke Würzburg–Hannover<br />
e<strong>in</strong>gesetzt worden. Die<br />
Leistungsfähigkeit von Betongelenken<br />
im <strong>Brückenbau</strong> wurde unter anderem<br />
bereits vor vielen Jahren beim Hardturm-<br />
Viadukt der Schweizerischen Bundesbahnen<br />
an drei ausführungsgetreuen<br />
Versuchskörpern mit mehreren Millionen<br />
Lastspielen von der Eidgenössischen<br />
Materialprüfungsanstalt Zürich nach-<br />
gewiesen, die jedoch im Gelenkhals<br />
bewehrt waren.<br />
Betongelenke s<strong>in</strong>d Sonderfälle im Stahl-<br />
betonbau, ihre Bemessung ist im bauauf-<br />
sichtlich e<strong>in</strong>geführten Regelwerk der<br />
Deutschen Bahn AG nicht def<strong>in</strong>iert. Im<br />
Allgeme<strong>in</strong>en erfolgt ihre Berechnung<br />
nach Empfehlungen von Leonhardt [1],<br />
welche aber mit dem heutigen Teilsicherheitskonzept<br />
sowie den gültigen Bau-<br />
stoffparametern und Bemessungs-<br />
größen nicht kompatibel s<strong>in</strong>d.<br />
11 12 13 Draufsicht, Längs- und Querschnitt der oberen Bewehrung<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
70 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Deshalb wurde vom Auftraggeber <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er fachtechnischen Stellungnahme<br />
e<strong>in</strong>e unternehmens<strong>in</strong>terne Genehmigung<br />
(UIG) erteilt, <strong>in</strong> der die entsprechenden<br />
Empfehlungen auf die aktuell<br />
geltenden Normen übertragen wurden.<br />
In der UIG wurden zusätzlich Bed<strong>in</strong>gun-<br />
gen h<strong>in</strong>sichtlich der Geometrie und der<br />
Bemessung der Betongelenke formuliert<br />
sowie weitere Maßnahmen gefordert,<br />
die e<strong>in</strong>e leichte Auswechselbarkeit, e<strong>in</strong>e<br />
verbesserte Überprüfung und e<strong>in</strong>e er-<br />
höhte Dauerhaftigkeit des Rahmenbauwerks<br />
sicherstellen sollen.<br />
14 15 16 Draufsicht, Längs- und Querschnitt der unteren Bewehrung<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
3.2 Statische Nachweise<br />
Die statischen Nachweise orientieren<br />
sich an den Vorgaben von Mönnig und<br />
Netzel [2] und Leonhardt [1]. Dabei s<strong>in</strong>d<br />
gemäß UIG folgende Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
e<strong>in</strong>zuhalten:<br />
– Geometrie des Betongelenks:<br />
Die wesentlichen Kriterien für die<br />
geometrische Dimensionierung s<strong>in</strong>d<br />
die Gelenkhalsbreite und die Höhe<br />
bzw. Ausrundung der Aussparung am<br />
Gelenkhals.
– Grenzen der Gelenkhalsfläche<br />
(m<strong>in</strong>imales und maximales A G ):<br />
Die Gelenkhalsfläche wird als Funktion<br />
der Normalkraft, der Betonfestigkeit<br />
und der Gelenkverdrehung begrenzt.<br />
– Zulässige Lagerkraft:<br />
Es ist der Nachweis zu erbr<strong>in</strong>gen, dass<br />
der Drehw<strong>in</strong>kel des Betongelenks für<br />
die E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation quasiständig,<br />
häufig, nicht-häufig und<br />
selten den Grenzwert von 15 ‰ nicht<br />
überschreitet.<br />
– Zulässige Neigung der Resultierenden:<br />
Die zulässige Neigung der Resultierenden<br />
<strong>in</strong> der Gelenkhalsfläche ist für die<br />
E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation quasi-ständig,<br />
häufig, nicht-häufig und selten<br />
wie folgt nachzuweisen: Q ≤ 1 /8 N.<br />
Dieser Grenzwert ist für den unbewehrten<br />
Gelenkhals nur halb so groß,<br />
wie es Leonhardt für bewehrte bzw.<br />
gepanzerte Gelenke vorschlägt.<br />
– Spaltzug <strong>in</strong> angrenzenden Bauteilen:<br />
Für die Ermittlung der Spaltzugkräfte<br />
lagen Untersuchungen an Scheibenmodellen<br />
nach Elastizitätstheorie und<br />
daraus abgeleitete Stabwerkmodelle<br />
zugrunde. Auf den korrekten E<strong>in</strong>bau<br />
bezüglich Bewehrungsgehalt, Lage<br />
und Verankerung ist besonders zu<br />
achten, da das Fließen der Spaltzugbewehrung<br />
und die damit verbundene<br />
Rissbildung im Anschlussbereich <strong>in</strong><br />
der Regel das Gesamtversagen des<br />
Betongelenks e<strong>in</strong>leiten. Aus diesem<br />
Grund wurde die zulässige Stahl-<br />
spannung auf 150 N/mm 2 unter der<br />
seltenen E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation<br />
begrenzt und führt zu e<strong>in</strong>er deutlichen<br />
Erhöhung der Traglast.<br />
– Ausmitte des Quermoments bzw.<br />
»Aufreißen des Gelenks <strong>in</strong> Querrichtung«:<br />
Die Forderungen der UIG be<strong>in</strong>halten,<br />
dass der Querschnitt des Gelenkhalses<br />
zu jeder Zeit, an jeder Stelle <strong>in</strong>folge der<br />
seltenen E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ation<br />
überdrückt se<strong>in</strong> muss. Diese Bed<strong>in</strong>gung<br />
war entscheidend für die Dimen-<br />
sionierung der Gelenkhalslänge, die<br />
gegenüber dem Entwurf von 4,00 m<br />
auf 8,00 m verdoppelt werden musste.<br />
– Zulässige Kantenpressung:<br />
Der Nachweis der Kantenpressung<br />
muss im Grenzzustand der Tragsicherheit<br />
für die ständige und vorübergehende<br />
Bemessungssituation mit dem<br />
Bemessungswert der zulässigen Kan-<br />
tenpressung geführt werden.<br />
Zur Umsetzung der zahlreichen Nachweise<br />
für alle geforderten E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ationen<br />
(quasi-ständig, häufig,<br />
nicht-häufig und selten) und unter<br />
Berücksichtigung der verschiedenen<br />
maßgebenden Leite<strong>in</strong>wirkungen (Ver-<br />
kehr, W<strong>in</strong>d) und der zugehörigen Schnitt-<br />
größen (max/m<strong>in</strong> M g zug. N bzw.<br />
max/m<strong>in</strong> N g zug M) erfolgte die Auswertung<br />
zweckdienlich mit Excel und<br />
der Programmierung e<strong>in</strong>es Scripts mit<br />
Microsoft Visual Basic.<br />
Bei der Auswertung zeigte sich, dass<br />
vor allem die Nachweise der zulässigen<br />
Neigung der Resultierenden für e<strong>in</strong>ige<br />
E<strong>in</strong>wirkungskomb<strong>in</strong>ationen nur knapp<br />
e<strong>in</strong>gehalten werden konnten. Da die<br />
Bed<strong>in</strong>gung Q ≤ 1/8 N unabhängig von der<br />
Geometrie des Betongelenks ist, muss<br />
bereits beim Entwurf e<strong>in</strong>er Brücke darauf<br />
geachtet werden, dass genügend<br />
Auflast aus der Eigenlast des Bauwerks<br />
vorhanden ist und sich somit die Größe<br />
der Vertikalkraft N steuern lässt. Die<br />
Querkraft ergibt sich h<strong>in</strong>gegen hauptsächlich<br />
aus den horizontalen Verkehrslasten,<br />
wie zum Beispiel Bremsen und<br />
Anfahren, sowie dem Zwang und ist<br />
daher nur sehr schwer konstruktiv zu<br />
bee<strong>in</strong>flussen.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
17 Betonage des Gelenkhalses<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
18 E<strong>in</strong>heben des oberen Bewehrungskorbs<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
4 Herstellung der Betongelenke<br />
An die Betonqualität der Betongelenke<br />
und der daran angrenzenden Baukörper<br />
werden hohe Anforderungen gestellt,<br />
damit sich die großen auftretenden E<strong>in</strong>-<br />
wirkungen sicher und dauerhaft über-<br />
tragen lassen. Das Betonieren e<strong>in</strong>es<br />
solchen Gelenks ist ke<strong>in</strong> alltäglicher<br />
Vorgang. Deshalb wurde <strong>in</strong> der UIG<br />
verlangt, dass vorab e<strong>in</strong> Betongelenk<br />
im Verhältnis 1:1 erprobt werden muss,<br />
um das Risiko e<strong>in</strong>er unzureichenden<br />
Betonierqualität des stark beanspruchten<br />
und im e<strong>in</strong>geschalten Zustand nur<br />
schwer zugänglichen Gelenkhalses so-<br />
wie <strong>in</strong> den hochbewehrten Anschlussbereichen<br />
zu m<strong>in</strong>imieren. Aufgrund<br />
dieser Randbed<strong>in</strong>gungen war bereits<br />
im Vorfeld bei der Planung der Bewehrung<br />
und des Betonierkonzeptes e<strong>in</strong>e<br />
genaueste Abstimmung notwendig.<br />
Um e<strong>in</strong>e größtmögliche Homogenität<br />
des Betons im Gelenkhals zu erzielen,<br />
wurde von der Baufirma Gerdum u. Breuer<br />
e<strong>in</strong> Ablauf gewählt, der e<strong>in</strong> Betonieren<br />
frisch <strong>in</strong> frisch gewährleistete. Dazu<br />
wurde der untere Gelenkblock vollständig<br />
bewehrt und die obere aufgeständerte<br />
Deckelschalung <strong>in</strong>klusive des Scha-<br />
lungskeils für den Gelenkhals e<strong>in</strong>gebaut.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
71
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
19 Detail des Bewehrungskorbs<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
Betonier- und Rüttelöffnungen im Raster<br />
von 80 cm <strong>in</strong> der oberen schwach geneigten<br />
Deckelschalung sicherten e<strong>in</strong><br />
gutes lagenweises E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und Ver-<br />
dichten des Betons, für die Herstellung<br />
des unteren Gelenkblocks kam zudem<br />
e<strong>in</strong> Beton der Konsistenz F5 mit e<strong>in</strong>er<br />
Verzögerung von 3,50 h zum E<strong>in</strong>satz.<br />
Das lagenweise Betonieren des unteren<br />
Gelenkblocks und das kont<strong>in</strong>uierliche<br />
Schließen der Betonieröffnungen sowie<br />
das Ergänzen der unteren Schalung für<br />
den oberen Gelenkblock wurden von<br />
mehreren Arbeitsgruppen überschneidend<br />
<strong>in</strong> kürzester Zeit realisiert: Der<br />
obere Bewehrungskorb (ca. 20 t) war<br />
bereits im angrenzenden Baufeld kom-<br />
plett vorgeflochten und wurde mittels<br />
Traversen, die se<strong>in</strong>e Verschiebung ver-<br />
h<strong>in</strong>derten, von e<strong>in</strong>em Mobilkran e<strong>in</strong>ge-<br />
hoben. Nach Ergänzung der Durchankerung<br />
für die Schalung wurde der obere<br />
Gelenkblock schon 30 m<strong>in</strong> danach weiter<br />
lagenweise betoniert.<br />
21 Abreißen des Probegelenks<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
72 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Nach dem Erhärten erfolgte e<strong>in</strong>e Begut-<br />
achtung des Probegelenks. Dazu wurden<br />
mit e<strong>in</strong>er Seilsäge drei Schnitte durch<br />
das komplette Probegelenk durchgeführt,<br />
die dann e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>wandfreie Korn-<br />
verteilung im gesamten Querschnitt<br />
zeigten. Im Bereich des Gelenkhalses war<br />
der Beton vollständig <strong>in</strong>takt, e<strong>in</strong>e Fuge<br />
oder gar e<strong>in</strong> Riss durch e<strong>in</strong> Absetzen des<br />
Frischbetons war nicht sichtbar.<br />
Umlaufend um den gesamten Gelenkhals<br />
war ebenfalls an ke<strong>in</strong>er Stelle e<strong>in</strong><br />
Riss sichtbar. Der Beton wies überall die<br />
angestrebte Verdichtung auf, auch unter-<br />
halb der oberflächennahen Bewehrungsstäbe.<br />
Nach dem Abreißen und Abheben<br />
des oberen Gelenkblocks mittels hydrau-<br />
lischer Pressen als Simulation des späte-<br />
ren Bauwerksaustausches wurde die<br />
Bruchfläche des Gelenkhalses <strong>in</strong> Augen-<br />
sche<strong>in</strong> genommen. Die Betonqualität<br />
war dort nicht weniger e<strong>in</strong>wandfrei,<br />
Nester oder Hohlstellen waren nicht<br />
erkennbar. Der Bruch verlief teilweise<br />
nicht an der schmalsten Betonstelle,<br />
sondern abschnittsweise bis zur unteren<br />
bzw. oberen Bewehrung, was wiederum<br />
auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>takte Betonzugfestigkeit im<br />
Gelenkhalsbereich schließen lässt.<br />
22 Gelenkhalsfläche des Probekörpers<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
20 Betongelenk <strong>in</strong> Achse 100<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
Das Betonieren der beiden endgültigen<br />
Betongelenke vollzog sich dank der guten<br />
Vorbereitung und dem hervorragend<br />
e<strong>in</strong>gespielten Team von Gerdum u. Breuer<br />
genauso problemlos wie bei dem Probe-<br />
gelenk. Dies wurde von Prof. Steffen Marx,<br />
der die Arbeiten am Betongelenk im<br />
Auftrag des Eisenbahn-Bundesamtes<br />
wissenschaftlich begleitet hat, vorbehaltlos<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Schlussbericht [6] bestätigt.<br />
Damit ist gewährleistet, dass<br />
dem Bauherrn e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>wandfreies, robus-<br />
tes und dauerhaftes Bauwerk noch 2011<br />
übergeben werden kann.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Knut Bock<br />
K<strong>in</strong>kel + Partner, Gesellschaft<br />
Beratender Ingenieure mbH,<br />
Neu-Isenburg<br />
23 Ungestörtes Betongefüge am Gelenkhals<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH
Literatur<br />
[1] Leonhardt, F.: Vorlesungen über Massivbau,<br />
Teil 2. 3. A., Berl<strong>in</strong> 1986.<br />
[2] Mönn<strong>in</strong>g E.; Netzel, D.: Zur Bemessung von<br />
Betongelenken; <strong>in</strong>: Bau<strong>in</strong>genieur (44), Heft<br />
12, 1969, S. 433–439.<br />
[3] Technische Mitteilung TM 2007-1016<br />
I.NVT(K) der Deutsche Bahn AG vom<br />
<strong>11.</strong>04.2007.<br />
[4] Marx, S.; Schacht, G.: Gelenke im Massivbau;<br />
<strong>in</strong>: Beton- und Stahlbetonbau (105), Heft 1,<br />
2010, S. 27–35.<br />
[5] Marx, S.: Gutachterliche Stellungnahme zu<br />
den Berechnungsannahmen bei Betongelenken,<br />
EÜ Weißenbrunn a. F., für das Eisenbahn-<br />
Bundesamt, 30.01.2009.<br />
[6] Marx, S.: Abschlussbericht, Gutachterliche<br />
Begleitung der Herstellung der Betongelenke,<br />
EÜ Weißenbrunn a. F., für das Eisenbahn-<br />
Bundesamt, 24.03.2010.<br />
Bauherr<br />
DB Netz AG, Berl<strong>in</strong><br />
Auftraggeber<br />
DB ProjektBau GmbH, Erfurt<br />
Entwurf<br />
Obermeyer Planen + Beraten GmbH, München<br />
Ausführungsplanung<br />
K<strong>in</strong>kel + Partner, Gesellschaft Beratender<br />
Ingenieure mbH, Neu-Isenburg<br />
Prüf<strong>in</strong>genieur<br />
Dr.-Ing. Bernd Brandt, Nürnberg<br />
Bauausführung<br />
Gerdum u. Breuer Bauunternehmen GmbH,<br />
Fuldabrück<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
24 25 Errichtung<br />
des Rahmenbauwerks<br />
© K<strong>in</strong>kel + Partner GmbH<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
73
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Herstellung und Montage des Stahlüberbaus<br />
Neubau der Brücke über die IJssel bei Zwolle<br />
von Norbert Duczek<br />
Im Juli 2008 erhielt die Firma Max<br />
Bögl Nederland BV den Auftrag für<br />
Fertigung, Lieferung, Montage und<br />
Korrosionsschutz des Stahlüber-<br />
baus der Brug over die IJssel bei<br />
Zwolle, Niederlande. Die Brücke ist<br />
Teil der »Hanzelijn«, e<strong>in</strong>er 50 km<br />
langen Neubaustrecke für den<br />
Schienenverkehr zwischen Zwolle<br />
und Lelystad, und ersetzt e<strong>in</strong> be-<br />
stehendes Bauwerk, das nach<br />
Inbetriebnahme der im September<br />
2010 fertiggestellten Brücke<br />
abgebrochen wird.<br />
1 E<strong>in</strong>leitung<br />
Die »Hanzelijn« ist e<strong>in</strong>e 50 km lange<br />
Neubaustrecke für den Schienenverkehr<br />
zwischen den beiden Städten Zwolle und<br />
Lelystad, die westlich von Zwolle mittels<br />
e<strong>in</strong>er zweigleisigen Überführung die<br />
IJssel überw<strong>in</strong>det. Das im September<br />
2010 fertiggestellte Bauwerk bef<strong>in</strong>det<br />
sich ca. 40–50 m südlich der vorhandenen<br />
Eisenbahnbrücke, die erst nach Inbe-<br />
triebnahme der neuen Flussquerung im<br />
Frühjahr 2011 abgebrochen wird.<br />
3 Übersichtsplan<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
74 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
1 2 Grundriss und Längsschnitt<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
Beide Widerlager s<strong>in</strong>d im Bereich der<br />
Deiche angeordnet, so dass sich e<strong>in</strong>e<br />
Bauwerkslänge von ca. 1 km ergibt. Die<br />
Hauptspannweite über der Schifffahrtsr<strong>in</strong>ne<br />
der IJssel beträgt 150 m, außerdem<br />
musste e<strong>in</strong>e lichte Durchfahrtshöhe von<br />
9,10 m über dem höchsten schiffbaren<br />
Wasserstand e<strong>in</strong>gehalten werden. Der<br />
neue Überbau liegt damit ca. 7 m höher<br />
als die bestehende Brücke und ermöglicht<br />
zukünftig auch bei Hochwasser e<strong>in</strong>e<br />
ungeh<strong>in</strong>derte Schifffahrt auf der IJssel.<br />
2 Stahlkonstruktion<br />
Die Stahlkonstruktion des <strong>Brückenbau</strong>werks<br />
weist folgende Kenndaten auf:<br />
– Gesamtlänge der Brücke: 926 m,<br />
– Länge der Vorlandbrücke Zwolle: 508 m,<br />
– Länge der Vorlandbrücke Hattem:<br />
268 m,<br />
– Spannweite der Strombrücke: 150 m,<br />
– Querschnittsbreite der Hauptbrücke:<br />
13,90–17,88 m,<br />
– Gesamtbreite des Brückenquer<br />
schnitts: 19,66–23,64 m,<br />
– Gesamtgewicht der Stahlkonstruktion:<br />
9.200 t.<br />
– Beschichtungsfläche: 70.000 m 2<br />
Im Grundriss ist die Gradiente von Achse<br />
A am Widerlager West bis zur Achse I <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Geraden und dann von Achse I bis<br />
Achse U am Widerlager Ost <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Klothoide trassiert. Die Längsneigung<br />
der Vorlandbrücken beträgt 1,56 % zu<br />
den Widerlagern h<strong>in</strong>, der Hochpunkt liegt<br />
<strong>in</strong> Achse H und damit <strong>in</strong> Flussfeldmitte.
4 Regelquerschnitt der Brücke im Flussbereich<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
Die Tragkonstruktion besteht aus zwei<br />
Hauptträgern <strong>in</strong> Brückenlängsrichtung,<br />
die <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen mit<br />
Querträgern verschweißt s<strong>in</strong>d. Die als<br />
Hohlkästen ausgebildeten Hauptträger<br />
haben e<strong>in</strong>en veränderlichen Querschnitt:<br />
Die Breite variiert um 2.000 mm, wobei<br />
die Bauhöhe von 2,63 m mit Ausnahme<br />
des westlichen Endfelds konstant ist.<br />
Die maximale Querschnittsbreite von<br />
4.236 mm bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> Achse H,<br />
das heißt <strong>in</strong> Flussmitte der Hauptüberspannung.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus bleiben die<br />
nachfolgend aufgeführten Geometrievorgaben<br />
der Hauptträger über die<br />
gesamte Brückenlänge gleich:<br />
– Die Obergurte s<strong>in</strong>d mit 1° gegen die<br />
Waagrechte zur Brückenmitte h<strong>in</strong><br />
geneigt.<br />
– Die Untergurte verfügen über e<strong>in</strong>e<br />
Neigung von 6,50° gegen die Waagrechte,<br />
ebenfalls zur Brückenmitte h<strong>in</strong>.<br />
– Die Innenstege der Hohlkästen s<strong>in</strong>d<br />
senkrecht.<br />
– Die Außenstege s<strong>in</strong>d mit 10° gegen<br />
die Senkrechte geneigt.<br />
Im westlichen Endfeld zwischen Achse<br />
A und Achse B wurde zusätzlich e<strong>in</strong><br />
Mittellängsträger vorgesehen, da sich<br />
der Brückenquerschnitt hier aufweitet<br />
und die Bauhöhe der Hauptträger redu-<br />
ziert werden musste, um das Lichtraumprofil<br />
für den Straßenverkehr auf dem<br />
Geldersedijk e<strong>in</strong>zuhalten.<br />
Bei den Querträgern handelt es sich im<br />
Regelfall um Doppel-I-Träger mit verän-<br />
derlichen Flanschbreiten, deren Abstand<br />
<strong>in</strong> Brückenlängsrichtung 3.333 mm<br />
misst. Zwischen Achse A und Achse E ist<br />
die Länge der Querträger aufgrund der<br />
Querschnittsaufweitung veränderlich.<br />
In diesem Abschnitt der Brücke teilt<br />
sich die von Zwolle kommende Eisenbahnstrecke<br />
<strong>in</strong> die »Hanzelijn« und die<br />
»Veluwelijn«. Von Achse E bis zum Wider-<br />
lager Ost <strong>in</strong> Achse U ist der lichte Ab-<br />
stand zwischen den Hauptträgerstegen<br />
wiederum konstant und somit auch die<br />
Länge der Querträger.<br />
5 Rad- und Fußweg mit südlichem Hauptträger<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
Das Bogenfachwerk spannt von Achse F<br />
bis Achse J, die Fachwerkscheiben s<strong>in</strong>d<br />
mit 10° gegen die Vertikale zur Brückenmitte<br />
h<strong>in</strong> geneigt und nicht mite<strong>in</strong>ander<br />
verbunden.<br />
Am südlichen Hauptträger ist der 5,76 m<br />
auskragende Fuß- und Radweg mittels<br />
Konsolen angeschweißt, deren Abstand<br />
sich auf ca. 10 m beläuft.<br />
Die Fahrbahn der Hauptbrücke setzt sich<br />
aus Halbfertigteilplatten und Ortbeton<br />
zusammen, die Gleise liegen auf e<strong>in</strong>em<br />
Schotterbett. Im Bereich des Rad- und<br />
Fußweges wurden Fertigteile verlegt<br />
und die Fugen zwischen den Elementen<br />
vergossen.<br />
Der Festpunkt der Brücke ist am (west-<br />
lichen) Widerlager <strong>in</strong> Achse A, dazu wur-<br />
de der Stahlüberbau im Widerlager e<strong>in</strong>-<br />
betoniert. Diese Festpunktanordnung<br />
war erforderlich, da im Widerlagerbereich<br />
Weichen vorgesehen s<strong>in</strong>d und<br />
zusätzliche Längsbewegungen aus dem<br />
Überbau durch die Schienenkonstruktion<br />
nicht aufgenommen werden können. Für<br />
alle übrigen Achsen kamen Kalottenlager<br />
zur Ausführung, wobei deren E<strong>in</strong>bau<br />
durch die wechselnden Festpunkte be-<br />
sondere Aufmerksamkeit bed<strong>in</strong>gte. Die<br />
Brücke besitzt e<strong>in</strong>e Tangentiallagerung.<br />
Die nördlichen Lager s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Querrichtung<br />
fest – im Gegensatz zu den süd-<br />
lichen, die allseitig beweglich konzipiert<br />
wurden.<br />
3 Zeitablauf<br />
Die Werkstattplanung für den Stahlüberbau<br />
begann im September 2008 und<br />
wurde nach nur zehn Monaten abgeschlossen.<br />
Die äußerst anspruchsvolle<br />
Überbaugeometrie wurde vollständig <strong>in</strong><br />
3-D konstruiert, die Geometrie zudem<br />
mit e<strong>in</strong>em zweiten völlig unabhängigen<br />
3-D-Modell überprüft.<br />
Die Montageplanung für den Stahlüberbau<br />
erfolgte parallel zur Werkstattplanung<br />
und zur Fertigung der Stahlkonstruktion<br />
im technischen Büro der Firma<br />
Max Bögl. Im Zeitraum von Januar 2009<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
bis Februar 2010 wurde die gesamte<br />
Stahlkonstruktion gefertigt.<br />
Von April 2009 bis August 2010 wurden<br />
die Montage- und Korrosionsschutzarbeiten<br />
ausgeführt, wobei das Mittelteil<br />
der Hauptüberspannung Anfang Mai<br />
2010 an lediglich zwei Tagen e<strong>in</strong>geschwommen<br />
und mittels Litzen <strong>in</strong><br />
Position gehoben wurde.<br />
4 Fertigung im Werk<br />
Die Fertigung der Stahlkonstruktion von<br />
<strong>in</strong>sgesamt 9.200 t Gewicht erfolgte<br />
ausschließlich am Hauptsitz der Firma<br />
Max Bögl <strong>in</strong> Neumarkt <strong>in</strong> der Oberpfalz,<br />
hier wurden Blechdicken bis zu 90 mm<br />
verarbeitet.<br />
Die Werksfertigung umfasste folgende<br />
Stahlbauteile:<br />
– 64 Hauptträger aus Hohlkästen mit<br />
e<strong>in</strong>em maximalen Stückgewicht von<br />
150 t und e<strong>in</strong>er Länge bis zu 40 m,<br />
– 288 Querträger mit unterschiedlichen<br />
Längen und veränderlicher Querschnittsgeometrie,<br />
– 46 Fuß- bzw. Radwegelemente mit<br />
e<strong>in</strong>em Stückgewicht von jeweils ca.<br />
20 t und e<strong>in</strong>er Länge von 20 m,<br />
– 20 Bogensegmente (Obergurte für das<br />
Bogenfachwerk) mit e<strong>in</strong>em Gewicht<br />
bis zu 90 t und e<strong>in</strong>er Länge von<br />
maximal 30 m,<br />
– 24 Diagonalen mit e<strong>in</strong>em maximalen<br />
Stückgewicht bis zu 35 t und e<strong>in</strong>er<br />
Länge von maximal 20 m.<br />
Aufgrund der äußerst komplizierten Geometrie<br />
wurden die Hauptträger, Diago-<br />
nalen und Bogensegmente für das Fach-<br />
werk <strong>in</strong> Neumarkt vormontiert, um die<br />
notwendige Passgenauigkeit bei der<br />
Montage auf der Baustelle zu gewährleisten.<br />
6 Werksfertigung der Hauptträger<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
75
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
5 Transport auf die Baustelle<br />
Die gesamte Logistik e<strong>in</strong>schließlich<br />
Beantragung der Genehmigungen für<br />
die Schwertransporte <strong>in</strong> Deutschland<br />
und <strong>in</strong> den Niederlanden wurden von der<br />
Max Bögl Transport & Geräte GmbH<br />
abgewickelt.<br />
Der Transport von »kle<strong>in</strong>en« Bauteilen,<br />
wie Querträgern etc., erfolgte zum Teil<br />
mit Lastkraftwagen von Neumarkt zur<br />
680 km entfernten Baustelle nach<br />
Zwolle.<br />
76 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
7 Transport zur Schiffsverladestelle<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
9 Ausschnitt aus dem Montageablaufplan<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
Die »großen« Bauteile, wie Hauptträger,<br />
Bogensegmente, Diagonalen, Rad-und<br />
Fußwege, wurden mit firmeneigenen<br />
Lkws zur Schiffsverladestelle <strong>in</strong> der Nähe<br />
des Firmensitzes am Ma<strong>in</strong>-Donau-Kanal<br />
gefahren und dann mithilfe von Auto-<br />
kranen <strong>in</strong> B<strong>in</strong>nenschiffe verladen: Mit<br />
jeder der acht Schiffsladungen wurden<br />
bis zu 1.000 t umweltfreundlich und<br />
zuverlässig <strong>in</strong>nerhalb von e<strong>in</strong>er Woche<br />
nach Zwolle befördert, im dortigen Hafen<br />
8 Verschiffung der Stahlkonstruktion<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
wiederum auf Schwertransporter umge-<br />
laden und auf die Baustelle gebracht.<br />
Aufgrund der Platzverhältnisse vor Ort<br />
mussten bereits beim Beladen der Schiffe<br />
der spätere Transport zur Baustelle und<br />
die Zwischenlagerung der Elemente<br />
beachtet werden, was e<strong>in</strong>e detaillierte<br />
Abstimmung aller Beteiligten erforderlich<br />
machte.
10 11 Fertigung des E<strong>in</strong>schwimmteils<br />
auf der Vormontagefläche<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
6 Montage der Stahlkonstruktion<br />
Die Hauptträger der Vorlandbereiche<br />
wurden mittels Hubmontage auf den<br />
Pfeilern platziert, wobei die Vorlandbrücke<br />
Hattem planmäßig um 100 mm<br />
<strong>in</strong> Richtung Westen versetzt abgelegt<br />
wurde, da man für den späteren Litzen-<br />
hub des E<strong>in</strong>schwimmteils Raum benö-<br />
tigte. Sie wurden dann untere<strong>in</strong>ander<br />
verschlossert und durch Querträger <strong>in</strong><br />
den Auflagerachsen ausgesteift, jeder<br />
Vorlandbereich hatte während dieses<br />
Vorgangs e<strong>in</strong>en temporären Festpunkt.<br />
Danach erfolgten die Montage der Quer-<br />
träger sowie das Verschweißen der Haupt-<br />
trägerstöße und Querträgeranschlüsse.<br />
In e<strong>in</strong>er nächsten Phase wurden der<br />
30 mm überhöht hergestellte Überbau<br />
auf die Sollhöhe abgesenkt und die<br />
Brückenlager an die werksmäßig ange-<br />
brachten Keilplatten angeschraubt und<br />
aktiviert. Um jegliche Montageunterstützungen<br />
zu vermeiden, wurden die Fuß-<br />
und Radwegelemente nun mittels Ver-<br />
schlosserungen an den südlichen Haupt-<br />
trägern angebaut und verschweißt.<br />
Aufgrund der Vormontage des Bogenfachwerks<br />
<strong>in</strong> der Werkstatt und der pass-<br />
genauen Fertigung der Verb<strong>in</strong>dungsbleche<br />
war die Montage der Diagona-<br />
len und Bogensegmente ebenfalls nur<br />
mittels Verschlosserungen realisierbar,<br />
was wiederum den Verzicht auf Hilfs-<br />
unterstützungen ermöglichte. Diagonalen<br />
und Bogensegmente wurden über<br />
Koord<strong>in</strong>aten (x-, y- und z-Werte) e<strong>in</strong>ge-<br />
messen und ausgerichtet. Das Bogenmittelteil<br />
mit e<strong>in</strong>er Gesamttonnage von<br />
2.200 t wurde auf der Vorlandseite<br />
Zwolle auf 2,50 m hohen Hilfsunterstützungen<br />
hochwassersicher, also oberhalb<br />
von NAP 4,00 m vormontiert, um den<br />
Abfluss der IJssel bei Hochwasser durch<br />
die Baumaßnahme nicht zusätzlich zu<br />
bee<strong>in</strong>trächtigen.<br />
Nach dem kompletten Verschweißen<br />
aller Haupt- und Querträger, Diagonalen<br />
und Bogensegmente des Mittelstücks<br />
wurden die Hilfsunterstützungen ent-<br />
fernt. Dies war statisch erforderlich,<br />
damit sich die Verformung aus Eigengewicht<br />
e<strong>in</strong>stellen konnte. Das Mittelstück<br />
wurde <strong>in</strong> der Zeit lediglich an den Enden<br />
der Hauptträger unterstützt. Die Auf-<br />
lagerpunkte waren statisch gleichbedeutend<br />
mit den Anschlagpunkten für<br />
den Litzenhub. Außerdem wurde das<br />
Mittelstück mit beidseitig 200 mm<br />
Überlänge gefertigt, so dass sich nach<br />
dem Entfernen der Hilfsunterstützung<br />
die Geometrie der Vorlandbrücken auf<br />
das E<strong>in</strong>schwimmteil übertragen ließ<br />
und die verbleibenden Überlängen abge-<br />
trennt werden mussten. Die Montage der<br />
Fuß- und Radwegelemente sowie das<br />
Abtrennen der Überlängen waren die<br />
letzten Arbeitsschritte vor dem E<strong>in</strong>fahren<br />
des Mittelstücks.<br />
Nun wurde das Mittelstück von sogenannten<br />
Self-propelled Modular Trans-<br />
porters (SPMTs) aufgenommen und<br />
zunächst um ca. 6 m nach Süden (Brückenquerrichtung)<br />
verfahren, so dass das<br />
Verfahren der Brücke <strong>in</strong> Längsrichtung<br />
und das Auffahren der SPMTs auf die<br />
Pontons erfolgen konnten. Nach dem<br />
vollständigen Auffahren der SPMTs auf<br />
die beiden Pontons begann der E<strong>in</strong>-<br />
schwimmvorgang. Dazu hatte man das<br />
134 m lange Mittelstück ca. 20 m flussabwärts<br />
unter die vorbereiteten An-<br />
schlagpunkte zu manövrieren, die Seil-<br />
kräfte aus den Pontons wurden dabei<br />
<strong>in</strong> Anker im Flussbett der IJssel bzw. <strong>in</strong><br />
zusätzliche Festpunkte <strong>in</strong> Ufernähe<br />
abgetragen.<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Nach dem E<strong>in</strong>schwimmen wurden die<br />
Litzenanker (4 x 2 Anschlagpunkte) angeschlagen<br />
und das 2.200 t schwere<br />
E<strong>in</strong>schwimmteil mit den computergesteuerten<br />
Litzenhebern angehoben,<br />
begleitet von e<strong>in</strong>er vermessungstechnischen<br />
Überwachung, um e<strong>in</strong>en gleichmäßigen<br />
Hubvorgang zu gewährleisten.<br />
In der Phase war die Bauwerkstemperatur<br />
von großer Bedeutung, da theoretisch<br />
<strong>in</strong>sgesamt 100 mm Luftspalt bei 10 °C<br />
beiderseits des E<strong>in</strong>schwimmteils vorhan-<br />
den waren: Dieser Luftspalt wurde durch<br />
die Temperaturausdehnung des Mittel-<br />
stücks und der beiden Vorlandbrücken<br />
bei Bauwerkstemperaturen über 10 °C<br />
verr<strong>in</strong>gert. Der maßgebende Abstand<br />
der Vorlandbrücken bis zum zeitlichen<br />
Festpunkt betrug <strong>in</strong> dieser Phase bis zu<br />
135 m je Seite.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
77
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
12 E<strong>in</strong>schwimmvorgang und Litzenhub<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
Nach dem Litzenhub <strong>in</strong> Endposition<br />
wurde das E<strong>in</strong>schwimmteil mit den<br />
Vorlandbereichen verbunden und die um<br />
100 mm versetzt montierte Vorlandbrücke<br />
Hattem herangeschoben. Der Längs-<br />
verschub für den westlichen Vorlandbereich<br />
erfolgte vom Widerlager Achse A<br />
aus durch Hydraulikzyl<strong>in</strong>der mit e<strong>in</strong>er<br />
Schubkraft von 4.000 kN. Sobald das<br />
Mittelstück kraftschlüssig mit den Vor-<br />
landbrücken verschweißt war, wurde die<br />
gesamte Konstruktion durch e<strong>in</strong>en<br />
Festpunkt auf der Seite Zwolle gesichert,<br />
gleichzeitig waren alle weiteren tempo-<br />
rären Festpunkte aufzulösen, um unplan-<br />
mäßige Zwangskräfte zu vermeiden.<br />
13 E<strong>in</strong>heben des Mittelstücks<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
78 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Nach dem kompletten Verschweißen der<br />
Brücke wurde der Festpunkt nach Achse<br />
A, dem endgültigen Festpunkt am west-<br />
lichen Widerlager, umgesetzt. Da hierbei<br />
die Bauwerkstemperatur abermals von<br />
Bedeutung war, mussten die Verschiebewege<br />
der Brückenlager erneut überprüft<br />
und die Lage des Überbaus durch e<strong>in</strong>en<br />
Längsverschub ausgerichtet werden:<br />
Zur Ausrichtung des Überbaus waren<br />
ca. 15.000 t (Stahlkonstruktion und<br />
Betonfahrbahn) zu bewegen.<br />
9 Schlusswort<br />
Bei der Brug over de IJssel handelt es sich<br />
um e<strong>in</strong> technisch höchst anspruchsvolles<br />
Bauwerk, das <strong>in</strong> gestalterischer H<strong>in</strong>sicht<br />
als sehr gelungen bezeichnet werden<br />
darf. Die im September 2010 vollendete<br />
Eisenbahnbrücke fügt sich nun harmonisch<br />
<strong>in</strong> die Naturlandschaft des Flusses<br />
e<strong>in</strong>. Dies ist auch aus den Reaktionen der<br />
zahllosen Interessierten, die den Baufort-<br />
schritt teilweise Tag für Tag begleitet<br />
haben, zu entnehmen.<br />
Nicht selten haben die Zaungäste sich<br />
geöffnet und zugegeben, dass sie e<strong>in</strong>e<br />
Tunnellösung an der Stelle favorisiert<br />
hatten und Gegner der geplanten<br />
Brug over de IJssel waren. Im Laufe der<br />
Bauarbeiten hat sich ihre Me<strong>in</strong>ung je-<br />
doch geändert und sie waren stolz, die<br />
Errichtung dieser bee<strong>in</strong>druckenden<br />
Konstruktion verfolgen zu dürfen. Durch<br />
diverse Veranstaltungen ist es dem Bau-<br />
herrn ProRail gelungen, die Bevölkerung<br />
an der Entstehung der Brug over de IJssel<br />
teilhaben zu lassen und die Bürger für<br />
das Projekt zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
So ansprechend die Brug over de IJssel<br />
ist, so herausfordernd waren die Um-<br />
stände während der Fertigung und<br />
Montage. Alle Beteiligten hatten kompli-<br />
zierte technische und organisatorische<br />
Aufgaben zu bewältigen, so musste die<br />
Montage aufgrund von starken W<strong>in</strong>den<br />
und mehrmaligen Überflutungen der<br />
Vorlandbereiche unterbrochen werden.<br />
H<strong>in</strong>zu kamen e<strong>in</strong> kalter W<strong>in</strong>ter mit viel<br />
Schnee, der die Realisierung des Stahl-<br />
baus äußerst schwierig machte, und<br />
e<strong>in</strong> erbarmungsloser Term<strong>in</strong>plan. Nicht<br />
unterschätzt werden sollte auch, dass<br />
die Brücke <strong>in</strong> unserem Nachbarland, den<br />
Niederlanden, ausgeführt wurde und<br />
hier durch Sprache und Arbeitsweise e<strong>in</strong><br />
Lernprozess für uns als Ausländer not-<br />
wendig war.
Nur durch das Zusammenwirken aller<br />
Beteiligten ist es letztendlich gelungen,<br />
dieses sehr ambitionierte Projekt term<strong>in</strong>-<br />
gerecht, <strong>in</strong> der vere<strong>in</strong>barten Qualität und<br />
unfallfrei zu erstellen. An dieser Stelle sei<br />
daher allen, die am Bau der Brug over de<br />
IJssel mitgewirkt haben, für ihren E<strong>in</strong>satz<br />
herzlich gedankt.<br />
Autor:<br />
Dipl.- Ing. Norbert Duczek<br />
Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co. KG,<br />
Niederlassung Köln<br />
Bauherr<br />
ProRail B.V., Utrecht, Niederlande<br />
Entwurf<br />
Quist W<strong>in</strong>termans Architekten B.V. Rotterdam,<br />
Niederlande<br />
Tragwerksplanung<br />
Ingenieurscomb<strong>in</strong>atie ABT – SSF v.o.f., Arnheim,<br />
Niederlande<br />
Bauausführung<br />
Bouwcomb<strong>in</strong>atie Well<strong>in</strong>g – Zübl<strong>in</strong> v.o.f., Zwolle,<br />
Niederlande<br />
Auftragnehmer Stahlbau<br />
Max Bögl Nederland BV, Amsterdam, Niederlande<br />
14 Fertiggestellte Brücke über die IJssel<br />
© Max Bögl Nederland BV<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
79
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
Aufgaben und ausgeführte Beispiele<br />
Ertüchtigung von Großbrücken<br />
von Volkhard Angelmaier<br />
Der Instandsetzung und Unter-<br />
haltung von Ingenieurbauwerken<br />
kommt <strong>in</strong>sbesondere im Infrastrukturbereich<br />
e<strong>in</strong>e immer größere<br />
Bedeutung zu. Dies macht alle<strong>in</strong><br />
schon die Anzahl von knapp 40.000<br />
<strong>Brückenbau</strong>werken an Bundesfernstraßen<br />
deutlich, deren Funktionstüchtigkeit<br />
zw<strong>in</strong>gende Voraussetzung<br />
für die Mobilität unserer<br />
modernen Gesellschaft ist. Nach<br />
dem erfolgreichen Neu- und Ausbau<br />
des Straßennetzes <strong>in</strong> den neuen<br />
Bundesländern ist deshalb jetzt die<br />
Ertüchtigung des Bestandes <strong>in</strong> den<br />
alten Bundesländern die nächste<br />
große Herausforderung für die<br />
Zukunft.<br />
1 Aufgabenstellung<br />
Im Mittelpunkt der Beschäftigung mit<br />
Fragen der Bauwerksertüchtigung steht<br />
immer e<strong>in</strong>e ganzheitliche Betrachtungsweise.<br />
Sie beg<strong>in</strong>nt mit der Bewertung der<br />
aktuellen Beschaffenheit der Bauwerke<br />
und führt über e<strong>in</strong>e planerische Ause<strong>in</strong>-<br />
andersetzung mit dem Bestand zu e<strong>in</strong>er<br />
entsprechenden bautechnischen Über-<br />
legung für die erforderlich werdenden<br />
Maßnahmen.<br />
Es ist somit das gesamte Leistungs-<br />
spektrum des Ingenieurberufes von der<br />
Begutachtung und Bewertung bis h<strong>in</strong><br />
zur sach- und fachgerechten Realisierung<br />
gefragt, wobei auf dieser Wegstrecke der<br />
planerischen Tätigkeit e<strong>in</strong>e zentrale<br />
Bedeutung zukommt.<br />
2 Umsetzung<br />
2.1 Konzeptioneller Ansatz<br />
Beim Planen im und mit dem Bestand ist<br />
e<strong>in</strong>e enge Verzahnung von<br />
– Begutachtung,<br />
– Bewertung,<br />
– Planung und Prüfung sowie<br />
– Überwachung und Abnahme<br />
unerlässlich.<br />
80 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Bestand nach Fläche und Bauarten (Stand: 31.12.3008)<br />
1 Brücken an Bundesfernstraßen<br />
© Bundesm<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
Ob im konkreten E<strong>in</strong>zelfall diese<br />
Tätigkeitsprofile von e<strong>in</strong>er Seite, zum<br />
Beispiel von entsprechend leistungsfähigen<br />
Ingenieurbüros, ganzheitlich<br />
abgedeckt werden oder <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er<br />
Aufgabenteilung gewährleistet s<strong>in</strong>d,<br />
hängt von den jeweiligen Randbed<strong>in</strong>gungen<br />
ab und ist nicht per se entscheidend<br />
für den Erfolg.<br />
Sehr wohl entscheidend ist allerd<strong>in</strong>gs,<br />
dass jeder, der sich mit Instandsetzungsmaßnahmen<br />
beschäftigt, bestrebt se<strong>in</strong><br />
muss, das gesamte Leistungsspektrum<br />
adäquat zu erfüllen: E<strong>in</strong>e Ertüchtigungsplanung<br />
ohne Kenntnisse auf dem Ge-<br />
biet der Bauwerksprüfung und -bewertung<br />
ist ebenso wenig vorstellbar wie<br />
e<strong>in</strong>e qualifizierte Überwachung vor Ort<br />
ohne Kenntnis der gegenüber Neukonzeptionen<br />
oftmals deutlich differenzierteren<br />
und sensibleren Planungsparameter.<br />
2 Hauptprüfung nach DIN 1076: Neckarbrücke Weit<strong>in</strong>gen<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
2.2 Begutachtung und Bewertung<br />
E<strong>in</strong> entscheidender Vorteil von Ingenieurbauwerken<br />
im Zuständigkeitsbereich der<br />
öffentlichen Hand liegt sicherlich dar<strong>in</strong>,<br />
dass solche Bauwerke auch nach Fertig-<br />
stellung e<strong>in</strong>e planmäßige Betreuung und<br />
Überwachung erfahren, zum Beispiel <strong>in</strong><br />
Form von Haupt- und Zwischenprüfungen<br />
nach DIN 1076, Sonderprüfungen<br />
(aus gegebenem Anlass) und Ähnlichem.<br />
Prüfberichte mit den Ergebnissen der<br />
Begutachtung fließen hier als Fortschreibung<br />
direkt <strong>in</strong> die Bauwerkserfassung<br />
e<strong>in</strong> und bilden so e<strong>in</strong>e ausgezeichnete<br />
Bewertungsgrundlage für die weiteren<br />
Planungsschritte. Dass die Vorzüge<br />
dieses bewährten Qualitätssicherungssystems<br />
immer mehr auch von privaten<br />
Investoren und Bauherren erkannt wer-<br />
den, zeigen die entsprechenden Bestre-<br />
bungen zur Nachahmung <strong>in</strong> der »freien<br />
Wirtschaft«.
3 Talbrücke W<strong>in</strong>delbach an der BAB A 45<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Untersuchungen außerhalb der Rout<strong>in</strong>e<br />
ergeben sich zwangsläufig bei akuten<br />
Anlässen, wie etwa bei der W<strong>in</strong>delbachtalbrücke<br />
im Zuge der A 45, wo zum<br />
Jahreswechsel 2008/2009 Belagschäden<br />
auftraten, die ihre Ursache <strong>in</strong> gerissenen<br />
Koppel- bzw. Kont<strong>in</strong>uitätsspanngliedern<br />
der <strong>in</strong> den 1960er Jahren durchaus noch<br />
e<strong>in</strong>gesetzten »Federplatten« zwischen<br />
den Fertigteilfugen hatten.<br />
Unabhängig von der Veranlassung ist<br />
es wichtig, bei der Schadenserkennung<br />
unverzüglich die Ursache zu klären,<br />
wofür <strong>in</strong> aller Regel e<strong>in</strong>e entsprechende<br />
Planungskompetenz von Vorteil ist.<br />
2.3 Planung und Prüfung<br />
E<strong>in</strong>e grundsätzliche Unterscheidung<br />
ergibt sich zwischen der »klassischen<br />
Instandsetzung« und der »technischen<br />
Instandsetzung«. Während bei Ersterer<br />
Fragen wie Beton<strong>in</strong>standsetzung, Er-<br />
neuerung der Abdichtung, Kappen sowie<br />
Beläge etc. im Vordergrund stehen, ist<br />
die »technische Instandsetzung« stärker<br />
durch die Beschäftigung mit statischkonstruktiven<br />
Problemstellungen ge-<br />
prägt. Dabei werden eigenständige<br />
Berechnungen durchgeführt, deren<br />
Ergebnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt <strong>in</strong><br />
möglichst breit angelegte Machbarkeitsuntersuchungen<br />
e<strong>in</strong>fließen, die zusammen<br />
mit e<strong>in</strong>er abschließenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
die Basis für<br />
die Bauherrenentscheidung bilden, ob<br />
e<strong>in</strong>e Ertüchtigung noch s<strong>in</strong>nvoll ist oder<br />
doch e<strong>in</strong> Ersatzneubau erforderlich wird.<br />
Mit der Entscheidung für e<strong>in</strong>e Instandsetzung<br />
werden dann die üblichen<br />
(Planungs-)Leistungen von der Vorplanung<br />
bis zur Ausschreibung ausgelöst.<br />
Im Unterschied zu Neuplanungen ver-<br />
bleiben allerd<strong>in</strong>gs die Leistungsphasen<br />
4 und 5 (Genehmigungs- und Ausführungsplanung)<br />
im Normalfall beim<br />
entwerfenden Büro.<br />
4 Neckartalübergang an der BAB A 6 bei Heilbronn<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass<br />
e<strong>in</strong>e Trennung zwischen Entwurfs- und<br />
Detailplanung nicht s<strong>in</strong>nvoll ist, da die<br />
Ergebnisse im Gegensatz zum »Planen<br />
auf der grünen Wiese« aufgrund der<br />
deutlich komplexeren Aufgabenstel-<br />
lung – oftmals s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Lösungen »von<br />
der Stange« möglich, sondern maßgeschneiderte<br />
Ansätze erforderlich – sehr<br />
viel »verzahnter« generiert werden<br />
müssen und bei e<strong>in</strong>er Trennung zu viel<br />
H<strong>in</strong>tergrundwissen verloren g<strong>in</strong>ge.<br />
Dass die »technische Instandsetzung«<br />
mit geprüften Unterlagen abschließt,<br />
versteht sich eigentlich von selbst – es<br />
sei lediglich darauf verwiesen, dass hier<br />
ebenso von Vorteil ist, wenn der Prüf-<br />
<strong>in</strong>genieur oder -sachverständige über<br />
entsprechende Erfahrungen bei der Aus-<br />
führungsplanung verfügt und er und<br />
se<strong>in</strong>e Mitarbeiter auch auf Wissen im<br />
Bereich der Bauwerksprüfung und<br />
-überwachung zurückgreifen können.<br />
5 Planungsphasen<br />
© Leonhardt, Andrä<br />
und Partner GmbH<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
81
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
2.4 Überwachung und Abnahme<br />
Der klassischen Bauleitung auf Seiten<br />
des Bauherrn, die sich entwicklungsgeschichtlich<br />
<strong>in</strong> die Bereiche Bauüberwachung<br />
und Bauoberleitung differenziert<br />
hat, kommt wie bei jeder (Bau-)<br />
Maßnahme e<strong>in</strong>e entscheidende Bedeu-<br />
tung zu, will man den Erfolg technisch<br />
wie wirtschaftlich sicherstellen.<br />
Die Mitarbeiter vor Ort sollten Erfahrungen<br />
unbed<strong>in</strong>gt auch <strong>in</strong> der Planung ge-<br />
sammelt haben. Sie müssen, so es die<br />
Vertragssituation zulässt, spätestens bei<br />
der Erarbeitung der Verd<strong>in</strong>gungsunterlagen<br />
<strong>in</strong> das Projekt mit e<strong>in</strong>steigen.<br />
Optimal wäre bereits e<strong>in</strong>e Involvierung<br />
im Zuge der Begutachtung und Bewertung.<br />
3 Besonderheiten am<br />
Beispiel ausgeführter Projekte<br />
3.1 Übersicht<br />
Wie dargelegt, deckt der Themenkomplex<br />
»Instandsetzung und Unterhaltung«<br />
das gesamte Leistungsspektrum<br />
des Bau<strong>in</strong>genieurs im Planungs- und<br />
Überwachungsbereich ab.<br />
Die Motivation für e<strong>in</strong>e Bauwerksertüchtigung<br />
kann dabei die unterschiedlichsten<br />
Ursachen haben:<br />
– Anhebung der allgeme<strong>in</strong>en Tragfähigkeit<br />
auf e<strong>in</strong> geändertes Belastungs-<br />
niveau (»Nachrechnung«),<br />
– Behebung akuter Schädigungen,<br />
– Behebung lokal vorhandener Defizite<br />
(»Koppelfugen«),<br />
– Vorsorge bezüglich latent vorhan-<br />
dener Schädigungen (»Spannungs-<br />
risskorrosion«),<br />
– zeitlich begrenzte Überbrückung bis<br />
zum notwendigen Ersatzneubau<br />
(»Not<strong>in</strong>standsetzung«).<br />
Die folgenden Ausführungsbeispiele<br />
sollen die <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
gesammelten Erfahrungen und<br />
Besonderheiten wiedergeben.<br />
8 Talbrücke Welkers; Bestimmung mitwirkender Breiten<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
82 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
3.2 Nachrechnung: Kochertalbrücke<br />
Für die <strong>in</strong> den 1970er Jahren geplante<br />
Großbrücke mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge von<br />
1.128 m und e<strong>in</strong>er maximalen Höhe von<br />
185 m über dem Kochertal ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>teiliger<br />
Spannbetonquerschnitt für beide<br />
Fahrtrichtungen umgesetzt worden.<br />
In Verkennung der späteren Verkehrsentwicklung<br />
wurden bei ihrer Konzeption<br />
die Verkehrslasten gegenüber der gül-<br />
tigen DIN 1072 bewusst reduziert.<br />
Die Nachrechnung ergab nun für die<br />
Momente aus Verkehr bereits für Brücken-<br />
klasse 60 e<strong>in</strong>e Erhöhung von ca. 30 %<br />
gegenüber der Bestandsstatik. Die Defi-<br />
zite konnten zwar durch e<strong>in</strong>e genauere<br />
und gegenüber der Altstatik detailliertere<br />
Nachrechnung der Bauzustände<br />
weitestgehend wieder kompensiert<br />
werden, machten aber gleichzeitig den<br />
mittlerweile e<strong>in</strong>getretenen Paradigmenwechsel<br />
h<strong>in</strong>sichtlich »E<strong>in</strong>wirkungen aus<br />
Verkehr« deutlich.<br />
3.3 Nachrechnung: Talbrücke Welkers<br />
Bei dem ebenfalls e<strong>in</strong>teiligen Spannbetonüberbau<br />
handelt es sich um e<strong>in</strong>en<br />
sogenannten Hombergquerschnitt, der<br />
durch schmale, ausgesprochen hohe<br />
Stege und Kragarme mit sehr großen<br />
Auskragungen gekennzeichnet ist.<br />
Auch hier ergab e<strong>in</strong> genaueres rechnerisches<br />
»Nachempf<strong>in</strong>den« der Bauzustände<br />
<strong>in</strong> den Endfeldern deutliche<br />
Abweichungen von der ursprünglichen<br />
Statik – <strong>in</strong> diesem Fall allerd<strong>in</strong>gs auf der<br />
unsicheren Seite. Der letztendlich zum<br />
Ziel führende Lösungsansatz sah e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>dividuelle und bauwerksbezogene Be-<br />
stimmung der mitwirkenden Breiten vor.<br />
6 Kochertalbrücke an der BAB A 6<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
7 Talbrücke Welkers an der BAB A 7<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH
9 Neckartalübergang bei Heilbronn; Ertüchtigungsmaßnahmen<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
3.4 Akute Schädigungen:<br />
Neckartalübergang bei Heilbronn<br />
Im Zuge e<strong>in</strong>er »klassischen Instandsetzung«<br />
für den <strong>in</strong>sgesamt 1,30 km langen,<br />
aus fünf E<strong>in</strong>zelbrücken bestehenden<br />
Neckartalübergang verursachten die<br />
bauzeitlich bed<strong>in</strong>gten e<strong>in</strong>seitigen Ver-<br />
kehrsführungen sehr große Torsionsbeanspruchungen,<br />
so dass bei den<br />
Querverbänden e<strong>in</strong>er Stahlbrücke stellen-<br />
weise die Nieten durch Abscheren ver-<br />
sagten und e<strong>in</strong>e Ertüchtigung unter<br />
»rollendem Rad« erforderlich wurde.<br />
3.5 Koppelfugen:<br />
Hungerbrunnentalbrücke<br />
Koppelfugen von Spannbetonbrücken,<br />
für die noch <strong>in</strong> den 1970er und 80er<br />
Jahren 100 % der Spannglieder gestoßen<br />
wurden und lokal zu wenig schlaffe<br />
Bewehrung vorgesehen war, führen zu<br />
den bekannten Problemen sich öffnender<br />
Risse mit Konsequenzen bei den<br />
Koppelankern. Die klassische Lösung<br />
besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nachträglichen E<strong>in</strong>bau<br />
externer Spannglieder, die über die<br />
gesamte Brückenlänge verlaufen – wie<br />
etwa bei der Hungerbrunnentalbrücke<br />
an der BAB A 7 praktiziert.<br />
In speziellen Fällen, <strong>in</strong>sbesondere wenn<br />
nur lokal e<strong>in</strong>e Verbesserung erreicht<br />
werden soll, können vorgespannte<br />
CFK-Lamellen e<strong>in</strong>e wirkungsvolle<br />
Alternative darstellen.<br />
10 Hungerbrunnentalbrücke; E<strong>in</strong>bau externer Spannglieder<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
1 1 . SYM P O S I U M L E I PZ I G<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
83
<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
3.6 Not<strong>in</strong>standsetzung:<br />
Talbrücken Marbach und Lützelbach<br />
Die Not<strong>in</strong>standsetzung dient der Ertüch-<br />
tigung der Bauwerke auf Brückenklasse<br />
60/30 (bei e<strong>in</strong>er Restnutzungsdauer von<br />
rund zehn Jahren) und soll gleichzeitig<br />
alle heute bekannten Schäden, welche<br />
ihre une<strong>in</strong>geschränkte Gebrauchstauglichkeit<br />
nochmals beh<strong>in</strong>dern können,<br />
beseitigen. Dabei s<strong>in</strong>d Beton<strong>in</strong>standsetzungsarbeiten<br />
nach ZTV-ING so weit wie<br />
möglich auf e<strong>in</strong>en m<strong>in</strong>imalen Umfang<br />
zu beschränken.<br />
Pragmatische Lösungen s<strong>in</strong>d also ge-<br />
sucht, die funktionieren: Es muss, wie<br />
die additive Verstärkung h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
Schubtragfähgikeit zeigt, ke<strong>in</strong> Schönheitswettbewerb<br />
gewonnen, sondern e<strong>in</strong><br />
sorgsamer Umgang mit dem Bestand<br />
gefunden werden.<br />
3.7 Sonstiges: Schiffsanprall<br />
Geänderte E<strong>in</strong>wirkungen aus Verkehr<br />
können nicht nur für die Überbauten<br />
entsprechende Konsequenzen auslösen,<br />
sondern, wie die Ma<strong>in</strong>brücke <strong>in</strong> Wertheim<br />
zeigt, auch für die Unterbauten<br />
und Gründungen.<br />
Die vere<strong>in</strong>fachten Annahmen des<br />
gängigen Regelwerkes h<strong>in</strong>sichtlich<br />
Schiffsanprall lagen zu sehr auf der<br />
sicheren Seite, so dass genauere, nicht-<br />
l<strong>in</strong>eare dynamische F<strong>in</strong>ite-Element-<br />
Untersuchungen erforderlich wurden.<br />
4 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die Beschäftigung mit existierenden<br />
Bauwerken fördert neben dem Verständnis<br />
und dem Respekt für unsere Kollegen<br />
und altvorderen Pioniere technischer<br />
Neuerungen und Innovationen (Spannbeton,<br />
Taktschieben etc.) vor allem auch<br />
die Phantasie.<br />
Aufgrund der Gegebenheiten und vor-<br />
handenen Zwänge müssen oftmals<br />
Lösungsansätze gesucht werden, die<br />
außerhalb der gewohnten Pfade und<br />
(Denk-)Strukturen im Bereich der Prag-<br />
matik und teilweise sogar Beherztheit<br />
angesiedelt s<strong>in</strong>d.<br />
Gegenüber Planungen von Neubaumaßnahmen<br />
kann sich der Ingenieur dabei<br />
durchaus größeren Herausforderungen<br />
ausgesetzt sehen, die er tatkräftig<br />
annehmen sollte <strong>in</strong> dem Bewusstse<strong>in</strong>,<br />
Ideen zu entwickeln, die den E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong><br />
die (Bau-)Substanz auf das unbed<strong>in</strong>gt<br />
Erforderliche und Notwendige reduzieren<br />
und ihn <strong>in</strong> additiver Weise schonend<br />
realisieren lassen.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier<br />
Leonhardt, Andrä und Partner,<br />
Beratende Ingenieure VBI, GmbH,<br />
Stuttgart<br />
84 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
11 Neckartalübergang bei Heilbronn; Anbr<strong>in</strong>gen von CFK-Lamellen<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Querschnitt Hohlkastensteg – Stegverstärkung Verankerung am Stahlträger<br />
12 Talbrücke Marbach an der BAB A 45; Instandsetzung<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
13 Ma<strong>in</strong>brücke Wertheim; »Unterbautenbetrachtung«<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH
Kle<strong>in</strong>e Gesprächsrunde und großes Festkolloquium<br />
Zum 60. Geburtstag von Ingbert Mangerig<br />
von Michael Wiederspahn<br />
Runde Geburtstage verdienen natür-<br />
lich Erwähnung. Handelt es sich aber<br />
um e<strong>in</strong>en engagierten Bau<strong>in</strong>genieur<br />
und Professor für Stahlbau, der ob<br />
se<strong>in</strong>er fachlichen Kompetenz wie<br />
se<strong>in</strong>es stets freundschaftlichen Um-<br />
gangs mit Kollegen, Mitarbeitern<br />
und Studenten allseits geschätzt<br />
wird, kann und darf sie sich nicht<br />
auf e<strong>in</strong> paar wenige Worte der Gra-<br />
tulation beschränken, sondern muss<br />
vielmehr mit e<strong>in</strong>er angemessenen<br />
Würdigung von Person und Werk<br />
aufwarten. Und genau das versuchten<br />
nun zwei Initiativen von durchaus<br />
unterschiedlichem Charakter zu<br />
leisten: e<strong>in</strong>e (kle<strong>in</strong>e) Gesprächsrunde,<br />
die am 17. September im Ingenieurbüro<br />
Mangerig und Zapfe <strong>in</strong><br />
München stattfand, und e<strong>in</strong> (großes)<br />
Festkolloquium, zu dem die Universität<br />
der Bundeswehr München am<br />
19. November auf ihren Campus<br />
e<strong>in</strong>geladen hatte.<br />
Berufsweg und Projekte<br />
Doch zunächst sollen die re<strong>in</strong>en »Daten«<br />
genannt werden: Am 17. Oktober 1950<br />
geboren, hat Ingbert Mangerig nach<br />
se<strong>in</strong>er Ausbildung zum Bauzeichner erst<br />
an der Fachhochschule Trier und später<br />
an der RWTH Aachen das Studium des<br />
Bau<strong>in</strong>genieurwesens absolviert, beglei-<br />
tet und gefolgt von Tätigkeiten <strong>in</strong> diver-<br />
sen Ingenieurbüros und als wissenschaftlicher<br />
Assistent an der Ruhr-Uni-<br />
versität Bochum, an der er dann 1986<br />
se<strong>in</strong>e Promotion zum Dr.-Ing. ablegte.<br />
Ab 1989 war er Professor an der Hochschule<br />
für Technik und Wirtschaft des<br />
Saarlandes, die er 1996 verließ, um den<br />
Lehrstuhl für Stahlbau und Verbund-<br />
bau an der Universität der Bundeswehr<br />
München zu übernehmen.<br />
Er ist unter anderem Mitglied im Normen-<br />
ausschuss Stahlbrücken, im Arbeits-<br />
ausschuss Verbundbau des Deutschen<br />
Stahlbau-Verbandes DSTV und seit 2002<br />
zudem dessen Vorsitzender, <strong>in</strong> der IVBH<br />
bzw. IABSE sowie im DASt. Die von ihm<br />
bearbeiteten Projekte reichen vom Sanie-<br />
rungsentwurf für die Kölner Sever<strong>in</strong>-<br />
brücke und die Montageberechung für<br />
die Isartalbrücke Großhesselohe über die<br />
Lageraustausch- bzw. -e<strong>in</strong>bauplanung<br />
für die Kanalbrücke Schwarzach und das<br />
Wasserstraßenkreuz Magdeburg bis h<strong>in</strong><br />
zu Schw<strong>in</strong>gungs- und messtechnischen<br />
Untersuchungen für die Donaubrücke<br />
Schald<strong>in</strong>g, den Markartsteg <strong>in</strong> Salzburg,<br />
die Brücke über den Rio Abandoibarra <strong>in</strong><br />
Bilbao, den Port Tawe <strong>in</strong> Swansea oder<br />
die Gleisbrücken am Lehrter Bahnhof<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und decken damit e<strong>in</strong> ebenso<br />
breitgefächertes Spektrum ab wie die<br />
von ihm durchgeführten Forschungsvorhaben,<br />
deren Auflistung hier lediglich<br />
aus Platzgründen unterbleibt.<br />
Diskussion <strong>in</strong> München<br />
Noch vor se<strong>in</strong>em Geburtstag trafen sich<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ingbert Mangerig (IM)<br />
und M<strong>in</strong>isterialrat a. D. Prof. Dipl.-Ing.<br />
Hans Pfisterer (HP), früher Oberste Bau-<br />
behörde im Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isterium<br />
des Innern, sowie der Verfasser<br />
dieser Zeilen (MW), um über Aspekte<br />
des Ingenieurwesens, der Ingenieur-<br />
Professoren Petersen, Pfisterer und Mangerig (mit Frau)<br />
© Universität der Bundeswehr München<br />
A K T U E L L<br />
ausbildung und des Stahl- bzw. Stahlbrückenbaus<br />
zu diskutieren – nicht zu-<br />
letzt mit dem Ziel, Interessens- und künf-<br />
tige Wirkungsschwerpunkte des zu Ehren-<br />
den e<strong>in</strong> bisschen genauer auszuloten.<br />
MW: Wer Ihre Veröffentlichungen kennt,<br />
Professor Mangerig, weiß, dass Sie sich<br />
im und neben dem <strong>Brückenbau</strong> besonders<br />
mit messtechnischen Untersuchungen<br />
und der Berechung von Bauwerksschw<strong>in</strong>gungen<br />
beschäftigen. Zu Beg<strong>in</strong>n<br />
möchte ich daher fragen, welchen The-<br />
men Sie sich künftig widmen werden –<br />
und zwar hier im Büro wie an der Uni-<br />
versität.<br />
IM: Derzeit setzen wir uns <strong>in</strong>tensiv mit<br />
Lärmschutzwänden ause<strong>in</strong>ander, das<br />
heißt mit deren Planung und den zu-<br />
gehörigen Stabilitätsnachweisen. Diese<br />
Bauwerke werden e<strong>in</strong>erseits zunehmend<br />
an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen, andererseits<br />
sollen sie aber möglichst filigran konstru-<br />
iert se<strong>in</strong>, was e<strong>in</strong>e genaue Betrachtung<br />
ihres Schw<strong>in</strong>gungsverhaltens erfordert,<br />
um auch zu ästhetisch überzeugenden<br />
Lösungen gelangen zu können. Als<br />
Hauptaufgaben der Zukunft sehe ich<br />
darüber h<strong>in</strong>aus das Bauen im Bestand,<br />
die Weiterentwicklung computergestützter<br />
Berechnungs- und Bemessungsverfahren<br />
sowie den Bereich der Sicherheit<br />
von Gebäuden oder Bauteilen, zum<br />
Beispiel h<strong>in</strong>sichtlich terroristischer<br />
Anschläge.<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
85
AKTU ELL<br />
HP: Das Bauen im Bestand ist zweifelsohne<br />
e<strong>in</strong>e der großen Herausforderungen<br />
der Zukunft, gerade im Bereich der<br />
Infrastruktur. E<strong>in</strong> erheblicher Teil der<br />
Brücken an bundesdeutschen Auto-<br />
bahnen stammt noch aus den 1960er<br />
und 70er Jahren und weist <strong>in</strong>zwischen<br />
erhebliche Schäden auf oder muss für<br />
den jetzigen Schwerlastverkehr ertüchtigt<br />
werden. Dabei gilt es, neben Sanie-<br />
rungs- und eher kurzfristigen Instandsetzungsprojekten<br />
auch an die Dauerhaftig-<br />
keit dieser Ingenieurbauwerke zu denken.<br />
In vielen Fällen wird ihre Neuerrichtung<br />
notwendig, die den Maßnahmenkata-<br />
log der nächsten Jahre mitbestimmen<br />
wird.<br />
MW: Sie haben jetzt mehrere Stichworte<br />
zum Weiterfragen geliefert. Dennoch<br />
würde mich zunächst <strong>in</strong>teressieren, wie<br />
Sie Ihre Tätigkeit im Büro mit der Ver-<br />
pflichtung zu Forschung und Lehre an<br />
der Universität vere<strong>in</strong>baren. Gibt es e<strong>in</strong>e<br />
(gegenseitige) Bee<strong>in</strong>flussung beider<br />
Arbeitsgebiete, eventuell Überschneidungen<br />
oder sogar e<strong>in</strong>e direkte Rückkoppelung?<br />
86 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Noch vor Veranstaltungsbeg<strong>in</strong>n …<br />
© Universität der Bundeswehr München<br />
Angeregte Unterhaltungen <strong>in</strong> den Pausen<br />
© Universität der Bundeswehr München<br />
IM: Im Zentrum stehen sicherlich For-<br />
schung und Lehre. Zur Lehre gehört mei-<br />
nes Erachtens nicht nur, Vorlesungen zu<br />
halten, sondern zugleich für die Studen-<br />
ten Zeit zu haben, wenn sie Rückfragen<br />
stellen oder über ihre Semesterprüfungen<br />
reden wollen. Außerdem bieten wir<br />
e<strong>in</strong>igen von ihnen die Gelegenheit, e<strong>in</strong><br />
Praktikum im Ingenieurbüro zu absolvieren,<br />
und nach Erreichen des Diploms<br />
dann die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Festanstellung.<br />
Gute Beurteilungen durch die<br />
Studenten und e<strong>in</strong> enger Kontakt zu<br />
ihnen s<strong>in</strong>d mir wichtig. E<strong>in</strong> zweiter<br />
Gesichtspunkt betrifft die Forschung<br />
und damit die Versuche, die wir durchführen.<br />
Da sie oft bis <strong>in</strong> die Nacht oder<br />
übers Wochenende andauern, bedarf<br />
es der Bereitschaft aller Mitwirkenden,<br />
sie zu realisieren.<br />
Ich freue mich immer wieder über den<br />
an der Universität vorherrschenden<br />
Enthusiasmus und bemühe mich daher,<br />
ihn ebenso beim Nachwuchs zu wecken.<br />
Dazu gehören im Übrigen auch Vorträge<br />
an Gymnasien und anderen Schulen, die<br />
ich gerne übernehme, um zu zeigen, wie<br />
fasz<strong>in</strong>ierend der Beruf des Bau<strong>in</strong>genieurs<br />
ist. Im Pr<strong>in</strong>zip ergänzen sich also beide<br />
»Funktionen«, weil die Studenten E<strong>in</strong>-<br />
blicke <strong>in</strong> die Praxis gew<strong>in</strong>nen und um-<br />
gekehrt Problemstellungen, die im<br />
Ingenieurbüro auftauchen, an der Uni-<br />
versität wissenschaftlich ergründet oder<br />
fundiert werden können.<br />
MW: E<strong>in</strong> weiterer Aspekt, den ich kurz<br />
ansprechen will, ist die sogenannte<br />
werkstoffübergreifende Lehre, die Jörg<br />
Schlaich ehedem <strong>in</strong> und für Stuttgart<br />
durchgesetzt und durch die Umbenennung<br />
des Institutsnamens von »Massivbau«<br />
<strong>in</strong> »Konstruktion und Entwurf«<br />
auch nach außen offiziell zum Ausdruck<br />
gebracht hat. Existieren an der Universität<br />
der Bundeswehr ähnliche Bestrebungen,<br />
zumal e<strong>in</strong> Ingenieur <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em spä-<br />
teren Berufsleben eher selten mit nur<br />
e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Material <strong>in</strong> Berührung<br />
kommt? Und welche Formen der Koope-<br />
ration pflegen Sie schon heute, auf Ihrer<br />
Internetseite ist ja zu lesen: »Das Institut<br />
(für Konstruktiven Ingenieurbau) wird<br />
durch die drei Professuren Stahlbau,<br />
Massivbau, Baukonstruktion und Bau-<br />
physik repräsentiert«?<br />
IM: Geme<strong>in</strong>same Lehrveranstaltungen<br />
haben wir selbstverständlich schon<br />
durchgeführt, etwa zu den Themen<br />
»Stahlbau und Wohnungsbau«, »Statik<br />
und Bausysteme« usw. E<strong>in</strong>e Umfirmierung<br />
des Instituts ist aber ebenso wenig<br />
geplant wie e<strong>in</strong>e spezielle »Ausbildung«<br />
zum Entwerfen, das dürfte wohl generell<br />
sehr schwierig se<strong>in</strong>. Wir fördern jedoch<br />
die Fähigkeit zum Konstruieren als e<strong>in</strong>e<br />
unentbehrliche Grundlage für die Kon-<br />
zeptf<strong>in</strong>dung von Tragstrukturen, und<br />
zwar jeder der drei Professoren für se<strong>in</strong><br />
Fachgebiet. Ich denke, wir vermitteln den<br />
Studenten hier relativ viel von dem, was<br />
sie im Arbeitsleben benötigen.<br />
HP: Das kann ich bestätigen. Das Kon-<br />
struieren ist die Basis des Entwerfens,<br />
da jedes zu errichtende Bauwerk nach<br />
dem Stand der Technik und den aktuellen<br />
Normen und Vorschriften geplant wer-<br />
den muss, wenn es wirtschaftlich erstellt<br />
werden und auch gestalterische Ansprü-<br />
che erfüllen soll. Um »gut« zu konstruieren,<br />
braucht man aber vor allem Erfah-<br />
rung, die man erst im Laufe des Berufs-<br />
lebens erhält.<br />
MW: Und noch e<strong>in</strong>e letzte Frage zum<br />
Studium an der Universität der Bundeswehr:<br />
E<strong>in</strong> Kurs oder die Vertiefungs-<br />
richtung »Bautechnikgeschichte« wird<br />
nicht angeboten. Bedeutet das zu-<br />
gleich, Sie verzichten auf die Erläuterung<br />
historischer Berechnungsmethoden,<br />
wie zum Beispiel Cremona-Plan und<br />
Ritter-Schnitt?
IM: Ne<strong>in</strong>, für Mathematik und Mechanik<br />
begeistere ich mich nach wie vor, weshalb<br />
ich gerne auf die alten Statikmodelle<br />
verweise und sie im Rahmen der Vorlesungen<br />
darstelle.<br />
MW: Darf ich nachhaken: Ich erachte es<br />
eigentlich als unabd<strong>in</strong>gbar, dass die Baugeschichte<br />
oder Bautechnikgeschichte<br />
<strong>in</strong> der Lehre adäquat berücksichtigt wird.<br />
Gerade sie veranschaulicht doch, an welchem<br />
Punkt der Entwicklung wir stehen,<br />
worauf wir nicht selten tagtäglich zurückgreifen,<br />
was wir fortschreiben, womöglich<br />
nur optimieren oder lediglich<br />
modifi zieren (müssen) – mal unabhängig<br />
von der Tatsache, dass speziell im Fall des<br />
<strong>Brückenbau</strong>s nicht wenige Lösungen<br />
unserer Vorgänger bis heute Relevanz<br />
besitzen oder sogar im besten S<strong>in</strong>ne als<br />
vorbildlich gelten sollten.<br />
IM: Ich b<strong>in</strong> Ihrer Me<strong>in</strong>ung. Wir berücksichtigen<br />
das auch, das geht gar nicht<br />
anders, wenn man e<strong>in</strong>e Tragstruktur<br />
analysieren und die Grundlagen von<br />
Berechnungsverfahren vermitteln will.<br />
Beim Thema »Bauen im Bestand« ist das<br />
ebenfalls wichtig, um die Ableitung der<br />
auftretenden Kräfte nachvollziehen und<br />
die Konstruktion entsprechend sanieren<br />
oder verstärken zu können.<br />
MW: Abschließend würde ich mich gerne<br />
dem <strong>Brückenbau</strong> zuwenden, der, wie es<br />
so schön heißt, die »Königsdiszipl<strong>in</strong> der<br />
Ingenieure« ist. Wenn ich mich nicht irre,<br />
s<strong>in</strong>d bzw. waren zum<strong>in</strong>dest die meisten<br />
Pilotprojekte <strong>in</strong> Bayern angesiedelt. Ist<br />
der Freistaat e<strong>in</strong>e Art Mekka für »Brücken<strong>in</strong>genieure«?<br />
Blättert man darüber h<strong>in</strong>-<br />
Prof. Mangerig zum Abschluss des Programms<br />
© Universität der Bundeswehr München<br />
aus die Liste der von Ihnen, Professor<br />
Mangerig, bearbeiteten Bauvorhaben<br />
durch, spr<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>em fast unweigerlich<br />
viele Brücken <strong>in</strong>s Auge, bei deren Sanierungs-<br />
oder Montageplanung Sie wiederum<br />
technisches Neuland betreten<br />
haben. Der Gedanke e<strong>in</strong>er »Vorreiterrolle«<br />
drängt sich <strong>in</strong>folgedessen be<strong>in</strong>ahe<br />
auf.<br />
HP: Das wird <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Bundesländern<br />
natürlich unterschiedlich beurteilt<br />
und hängt auch vom Engagement<br />
der jeweiligen Bauverwaltung ab. Ich<br />
habe mich aber immer über die große<br />
Zahl von Pilotprojekten gefreut, die wir<br />
nach Bayern holen konnten, und hoffe,<br />
dass es sie weiterh<strong>in</strong> geben wird. Ihre<br />
Durchführung dient ja dem Fortschritt,<br />
dabei spielen jedoch Fragen der Bauordnung,<br />
des Baurechts, des Rechnungswesens<br />
und die fi nanzielle Situation der<br />
öffentlichen Haushalte ebenfalls e<strong>in</strong>e<br />
Rolle. Das gilt im Übrigen genauso für die<br />
Auslobung von Wettbewerben, die trotz<br />
e<strong>in</strong>es erhöhten Arbeitsaufwandes für die<br />
Behörde oft wichtig s<strong>in</strong>d, um Akzeptanz<br />
<strong>in</strong> der Bevölkerung für den Bau zum<br />
Beispiel von Talbrücken zu erzielen.<br />
MW: Danke, dass Sie zum Ende die Bevölkerung<br />
erwähnen. Mir sche<strong>in</strong>t, sie<br />
hat e<strong>in</strong> arg verschwommenes Bild von<br />
dem, was e<strong>in</strong> Bau<strong>in</strong>genieur ist und alles<br />
leistet. Im Schweizer Fernsehen<br />
werden beispielsweise zu relativ früher<br />
(Abend-)Stunde Reportagen über<br />
Robert-Maillart-Brücken oder e<strong>in</strong><br />
Interview mit Christian Menn ausgestrahlt,<br />
während man sich <strong>in</strong> Deutschland<br />
offenbar auf Architekten und deren<br />
Werke konzentriert. Hier bleibt me<strong>in</strong>es<br />
Erachtens e<strong>in</strong>e Menge zu tun, und zwar<br />
nicht alle<strong>in</strong> von den Kammern oder Verbänden.<br />
Welche Ideen haben Sie, um das<br />
Image von Ingenieuren aufzuwerten,<br />
ihren Bekanntheitsgrad wenigstens bei<br />
Großprojekten zu steigern und damit die<br />
Chancen zur Nachwuchsgew<strong>in</strong>nung zu<br />
verbessern?<br />
IM: Neben den von mir bereits angesprochenen<br />
Vorträgen an Schulen s<strong>in</strong>d das<br />
sicherlich Fernsehfi lme, an e<strong>in</strong>er solchen<br />
Dokumentation habe ich als Experte<br />
auch schon mitgewirkt. E<strong>in</strong>e zweite Möglichkeit<br />
bieten populärwissenschaftliche<br />
Veröffentlichungen, da sie ebenfalls e<strong>in</strong><br />
breites Publikum erreichen.<br />
HP: Leider werden wir eher im Zusammenhang<br />
mit Schäden oder Baukostensteigerungen<br />
genannt. Artikel <strong>in</strong> Wochen-<br />
und Tageszeitungen könnten hier helfen,<br />
<strong>in</strong> der Regel kommen die Anfragen aber<br />
nur von Fach<strong>zeitschrift</strong>en.<br />
MW: Me<strong>in</strong>e Herren, ich danke Ihnen für<br />
dieses Gespräch.<br />
AKTU ELL<br />
Veröffentlichung mit zahlreichen Beiträgen<br />
© Universität der Bundeswehr München<br />
Veranstaltung an der Universität<br />
Dass der E<strong>in</strong>ladung zum »Festkolloquium<br />
zu Ehren von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ingbert<br />
Mangerig zur Vollendung des 60. Lebensjahrs«<br />
zahlreiche Gäste gefolgt waren,<br />
hat wohl höchstens jene erstaunt, die<br />
vorher nicht wussten, wer (alles) um e<strong>in</strong><br />
Referat, e<strong>in</strong>en Aufsatz für die Festschrift<br />
oder eben e<strong>in</strong>fach um die Teilnahme<br />
gebeten wurde. Und so reisten Gratulanten<br />
aus der ganzen Bundesrepublik an,<br />
versammelten sich <strong>in</strong> München Freunde,<br />
Wegbegleiter, Kollegen, Mitarbeiter und<br />
Studenten zu e<strong>in</strong>er Veranstaltung mit<br />
anschließendem Festbankett, die, dem<br />
Anlass gemäß, über jüngste Forschungsresultate<br />
<strong>in</strong>formierte. Nach und neben<br />
dem Vortragsprogramm, das sich von<br />
Verbundbau und Stahlbrücken über<br />
Hohlprofi lknoten und räumliche Trägersysteme<br />
bis h<strong>in</strong> zu Offshore-W<strong>in</strong>danlagen,<br />
Glaskonstruktionen und der plastischen<br />
Volumenänderung <strong>in</strong> Thermoplasten<br />
erstreckte, war sie aber <strong>in</strong>sbesondere<br />
geprägt von e<strong>in</strong>er genauso feierlichen<br />
wie heiteren Atmosphäre – als die wohl<br />
schönste Reverenz an den Jubilar.<br />
Autor:<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
87
PRODU KTE U N D PROJ EKTE<br />
Bauaufsichtliche Zulassung für Maurer Söhne<br />
Führungslager mit MSM® als Gleitmaterial<br />
Führungen aus Maurer-Slid<strong>in</strong>g-Material<br />
(MSM®) gab es bisher nur bei Kalottenlagern.<br />
Die neue Allgeme<strong>in</strong>e bauaufsichtliche<br />
Zulassung (AbZ) Z-16.9-463 erlaubt<br />
nun die Verwendung des modernen<br />
Gleitwerkstoffs <strong>in</strong> allen Führungslagern,<br />
was deren Lebensdauer auf das Fünffache<br />
erhöht, sie flexibler <strong>in</strong>tegrierbar und<br />
die Festhaltekonstruktionen von Verformungslagern<br />
zudem wirtschaftlicher<br />
macht. Die Maurer Söhne GmbH & Co. KG,<br />
der technologische Weltmarktführer bei<br />
Bauwerkschutzsystemen, ist also erneut<br />
Vorreiter auf dem Gebiet der Brücken-<br />
lager. MSM® wurde 2003 patentiert und<br />
hat sich dank se<strong>in</strong>er herausragenden<br />
Eigenschaften bald am Markt etabliert.<br />
Kennzeichnend s<strong>in</strong>d die gegenüber PTFE<br />
doppelte Druckaufnahme, fünffache<br />
Gleitwegsumme, 7,50-fache Verschiebegeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
und der erweiterte<br />
Temperaturbereich. Mit der jetzt erteilten<br />
Zulassung können diese Vorzüge bei<br />
allen Führungslagern genutzt werden,<br />
wobei das Ü-Zeichen als Nachweis des<br />
hohen technischen und qualitativen<br />
Niveaus dient.<br />
Die neue AbZ Z-16.9-463 behandelt die<br />
<strong>in</strong> EN1337-8 geregelten Führungslager<br />
bei Ersatz von PTFE durch das Gleitmaterial<br />
MSM®, das e<strong>in</strong>e Lebensdauer von<br />
m<strong>in</strong>destens 50 Jahren hat und daher<br />
<strong>in</strong> der Regel das Auswechseln der Lager<br />
Auswechselbare Omega-Profile von Sika<br />
Klemmfugenbänder für höchste Beanspruchungen<br />
Aufgrund ihrer Profilform nach dem<br />
griechischen Buchstaben Ω benannt,<br />
erfüllen die Elastomerfugenbänder<br />
höchste Anforderungen, können sie<br />
doch bei besonderen E<strong>in</strong>wirkungen und<br />
E<strong>in</strong>bauverfahren Verwendung f<strong>in</strong>den. In<br />
den bewehrten Ausführungen s<strong>in</strong>d sie<br />
mit zwei Lagen Nylongewebe verstärkt<br />
und damit <strong>in</strong> der Lage, große Verformungen<br />
und dynamische Beanspruchungen<br />
aufzunehmen.<br />
Die Omega-Profile werden nach dem<br />
Anflanschpr<strong>in</strong>zip mithilfe e<strong>in</strong>er dicht an<br />
den Betonkörper angeschlossenen Los-<br />
bzw. Festflanschkonstruktion mit dem<br />
Bauwerk verbunden, wobei man den<br />
Anpressdruck über den Kippflansch variabel<br />
wählen und <strong>in</strong>folgedessen wunschgemäß<br />
e<strong>in</strong>stellen kann. E<strong>in</strong> erheblicher<br />
88 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Konstruktion gemäß neuer Zulassung<br />
© Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
während der üblichen Standzeit e<strong>in</strong>er<br />
Brücke erspart: Abgesehen von der Kor-<br />
rosionsschutzpflege s<strong>in</strong>d MSM®-Lager<br />
wartungsfrei. Die neue Zulassung enthält<br />
darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e genaue Nutzungsdauerberechnung,<br />
die fundierte<br />
Aussagen für die Budgetplanung des<br />
Bauwerks über die gesamte Lebensdauer<br />
zu treffen gestattet, und zwar <strong>in</strong>klusive<br />
der Vorhersage, ob und wann die<br />
Führungslager ausgewechselt werden<br />
müssen.<br />
Gegenüber PTFE vermag MSM® doppelt<br />
so hohe Pressungen zuaufnehmen, die<br />
Führungslager werden <strong>in</strong>folgedessen<br />
kompakter und flacher, was wiederum<br />
Kippmomente stark reduziert. Vergleich-<br />
Vorteil dieser Kippflanschkonstruktion<br />
ist, dass e<strong>in</strong> solches (Omega-)Profil zur<br />
Klemmung nicht durchdrungen wird und<br />
sich bei Bedarf austauschen lässt – was<br />
e<strong>in</strong> Maximum an Dichtigkeit, Sicherheit<br />
und Dauerhaftigkeit garantiert.<br />
Die Ω-Fugenbänder kommen vorwiegend<br />
bei Ingenieurbauwerken zum E<strong>in</strong>-<br />
bar ist die Druckfestigkeit von MSM®<br />
mit dem <strong>in</strong> EN1337-2 geregelten CM1,<br />
das jedoch, weil <strong>in</strong>kompressibel, sehr<br />
sensibel auf Kantenpressungen reagiert,<br />
was bei MSM® ke<strong>in</strong> Problem darstellt.<br />
Überdies: CM1 kann ke<strong>in</strong>e Verdrehungen<br />
aufnehmen, MSM® aber sehr wohl.<br />
Und die Belastungen auf das Bauwerk<br />
s<strong>in</strong>d ger<strong>in</strong>ger wegen der um bis zu 65 %<br />
kle<strong>in</strong>eren Reibung. Außerdem eignet sich<br />
MSM® für alle Klimazonen von -50 °C bis<br />
+70 °C, während PTFE von -35 °C bis<br />
+48 °C limitiert ist.<br />
www.maurer-soehne.de<br />
Form und Befestigung<br />
© Sika Deutschland GmbH<br />
satz, wie zum Beispiel Brücken, Tunneln,<br />
Schleusen und Kraftwerken. So wurden<br />
<strong>in</strong> den vergangenen Jahren durch die Tricosal,<br />
heute zur Sika Deutschland GmbH<br />
gehörend, zahlreiche derartige »Infrastrukturen«<br />
mit ihnen ausgestattet.<br />
www.sika.com
Term<strong>in</strong>gerechte Freigabe dank Eurovia<br />
(Teil-)Fertigstellung e<strong>in</strong>er Autobahn<br />
Noch im Dezember hat die von Eurovia geleitete Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft,<br />
welche die Bundesautobahn A 5 zwischen<br />
Baden-Baden und Offenburg im Rahmen e<strong>in</strong>es PPP-Projekts<br />
nach dem sogenannten A-Modell bis Ende 2013<br />
sechsstreifig ausbaut, verschiedene Teilabschnitte der<br />
Strecke vertrags- und term<strong>in</strong>gerecht übergeben, so dass<br />
die Verkehrsführung nun sukzessive umgelegt werden<br />
kann.<br />
Trotz des verspäteten Starts im Frühjahr 2010 wurden die<br />
Baulose 5, 7 und 9 der Richtungsfahrbahn Basel mit e<strong>in</strong>er<br />
Gesamtlänge von ca. 15 km erst rück- und dann dreistreifig<br />
ausgebaut, die Anschlussstelle Achern angepasst und<br />
mit e<strong>in</strong>em Kreisverkehr ergänzt sowie 24 Bauwerke und<br />
e<strong>in</strong>e sogenannte Parkplatz-mit-Toiletten-Anlage errichtet.<br />
Die Lose 2 und 3 werden <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Witterung<br />
Anfang 2011 für den Verkehr freigegeben, so dass<br />
sich die Gesamtlänge der erneuerten Strecke auf ca. 20 km<br />
belaufen wird. Die Arbeiten zum Lückenschluss auf beiden<br />
Richtungsfahrbahnen werden (danach) <strong>in</strong> 2012 und 2013<br />
folgen, um das vorgesehene Endfertigstellungsdatum für<br />
die 40-km-Maßnahme zu gewährleisten.<br />
Mit e<strong>in</strong>em Gesamtvolumen von rund 600 Mio. Euro umfasst<br />
das (Bau-)Vorhaben neben F<strong>in</strong>anzierung, Planung<br />
und Ausbau auch den Betrieb und die Erhaltung des neuen<br />
Abschnitts über e<strong>in</strong>en Zeitraum von 30 Jahren. Zur Ref<strong>in</strong>anzierung<br />
des Projekts, für das e<strong>in</strong> von V<strong>in</strong>ci Concessions<br />
angeführtes Konsortium Anfang 2009 den Zuschlag<br />
erhalten hatte, dient die Erhebung e<strong>in</strong>er strecken-<br />
bezogenen Lkw-Maut.<br />
www.eurovia.de<br />
Verkehrsumlegung im W<strong>in</strong>ter<br />
© Eurovia GmbH<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
89
PRODU KTE U N D PROJ EKTE<br />
Maßgenaue Schalung von Peri<br />
Schrägseilbrücke <strong>in</strong> Frankreich<br />
E<strong>in</strong>e 515 m lange Schrägseilbrücke, deren<br />
Besonderheit sich vor allem an der<br />
Geometrie der Pylone zeigt, verb<strong>in</strong>det<br />
das bretonische Festland im Nordwesten<br />
Frankreichs mit der Halb<strong>in</strong>sel Crozon:<br />
Zur Realisierung der bogenförmigen<br />
Überbaukonstruktion ist ihre Gestalt<br />
dem griechischen Buchstaben l nachempfunden<br />
worden.<br />
E<strong>in</strong>e vorhandene, aber marode Tragstruktur<br />
ersetzend, hat die Brücke Térénez<br />
e<strong>in</strong>e Hauptspannweite von 285 m, die<br />
Herausfordernder Bauwerksentwurf<br />
© Peri GmbH<br />
Effizientes Kappenschalsystem von Quick<br />
Große <strong>Brückenbau</strong>werke <strong>in</strong> Norwegen<br />
Die Quick Bauprodukte GmbH aus<br />
Schwerte lieferte Kappenschalungen<br />
für e<strong>in</strong>en 38 km langen Abschnitt der<br />
Autobahn E 18 zwischen Grimstad und<br />
Kristiansand <strong>in</strong> Norwegen, die Teil der<br />
Fernstraße von Oslo nach Kristiansand<br />
und damit e<strong>in</strong>e der Hauptverkehrsverb<strong>in</strong>dungen<br />
im Transportkorridor zwischen<br />
Südnorwegen und dem übrigen<br />
Europa ist – und die mehr als 60 Brücken,<br />
30 Betonbauwerke und acht Tunnel<br />
umfasst.<br />
Mit Planung und Bau der Strecke wurde<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />
aus Bilf<strong>in</strong>ger Berger AG, Deutschland,<br />
und E. Pihl & Son AS, Dänemark, beauftragt,<br />
die sich für die Quick-Kappenschalung<br />
mit Bahn entschied: Insbesondere<br />
für längere Brücken geeignet, lässt sie<br />
sich bis 60 m als e<strong>in</strong>e Schale<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>setzen,<br />
wobei Schalzeiten unter 0,50 h/m 2<br />
<strong>in</strong>klusive Montage und Demontage<br />
erreicht werden.<br />
In Norwegen verdeutlichte sich der volle<br />
Nutzen dieser Wahl. Und so konnten<br />
mit e<strong>in</strong>er 60-m-Schale<strong>in</strong>heit pro Woche<br />
90 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
zwei Pylone weisen jeweils e<strong>in</strong>e Höhe<br />
von knapp 100 m auf, und die 6,50 m<br />
messende, zweispurige Fahrbahn verfügt<br />
beidseitig über e<strong>in</strong>en 2,40 m breiten<br />
Weg für Fußgänger und Radfahrer. Die<br />
Krümmung des Überbaus wurde dabei<br />
so geplant, dass sich der Verlauf der<br />
Zufahrtsstraßen verändern lässt, um<br />
vorher existierende Haarnadelkurven zu<br />
elim<strong>in</strong>ieren und damit den Fluss letzt-<br />
lich (verkehrs)sicherer überqueren zu<br />
können.<br />
Die resultierende Form der Pylone erforderte<br />
nun e<strong>in</strong>e anpassbare Schalung,<br />
weshalb auf Basis der ACS-Selbstklettertechnik<br />
und des Vario-GT-24-Träger-<br />
Wand-Systems e<strong>in</strong>e Lösung entwickelt<br />
wurde, die bei jedem Wetter und zudem<br />
kranunabhängig arbeitete. Sie erlaubte,<br />
alle vier Pfeilerseiten parallel und ohne<br />
Zwischenverankerungen zu errichten.<br />
Da bei ihr überdies Größe und Befestigung<br />
ebenso frei wählbar waren wie<br />
Elementbreite und -höhe, das vertikale<br />
oder horizontale Ankerraster sowie der<br />
zulässige Frischbetondruck, vermochte<br />
das Baustellenteam die Schalung jederzeit<br />
der sich kont<strong>in</strong>uierlich verändernden<br />
Kappen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Länge von 180 m betoniert<br />
werden. Das heißt, beim Entschalen<br />
wurden zunächst die Seiten- und Boden-<br />
schalung mittels Exzenter 2–3 cm abgesenkt,<br />
danach der Riegelbolzen entfernt<br />
und die Schalung mit elektrischer oder<br />
manueller W<strong>in</strong>de und Greifzug über die<br />
vormontierten Bahnschienen vorgeschoben.<br />
Hierbei zeigte sich die Flexibilität<br />
des Systems schon alle<strong>in</strong> daran, dass ver-<br />
Errichtung e<strong>in</strong>es l-Pylons<br />
© Peri GmbH<br />
Geometrie der Brückenpylone maßgenau<br />
anzupassen – mit dem Ergebnis<br />
e<strong>in</strong>er (überall) e<strong>in</strong>wandfreien Betonoberfläche.<br />
www.peri.com<br />
<strong>Brückenbau</strong> <strong>in</strong> Norwegen<br />
© Quick Bauprodukte GmbH<br />
schiedenste Kappen und sogar Brücken<br />
mit R ≤ 45 m mit der gleichen Schalung<br />
hergestellt wurden.<br />
Die Quick-Kappenschalungen waren<br />
<strong>in</strong> Norwegen <strong>in</strong>sgesamt drei Jahre im<br />
E<strong>in</strong>satz, was ihre Funktionalität unterstreicht:<br />
überall verwendbar, stets anpassungsfähig<br />
und leicht <strong>in</strong> der Bedienung.<br />
www.quick-bauprodukte.de
Design mit LEDs von <strong>Leipzig</strong>er Leuchten<br />
Brillantes Licht (auch) für Brücken<br />
Mit e<strong>in</strong>er neuen Serie von Mastlösungen<br />
setzt die <strong>Leipzig</strong>er Leuchten GmbH,<br />
e<strong>in</strong>er der traditionsreichsten deutschen<br />
(Leuchten-)Hersteller, den Ausbau se<strong>in</strong>er<br />
Helle Straßen bei Dunkelheit<br />
© <strong>Leipzig</strong>er Leuchten GmbH<br />
Naturnahe Lösung von Betafence<br />
Schallschutz mit Gabionen<br />
Die Gabione »Soundblock« des Stahldrahtexperten<br />
Betafence ist lärmabsorbierend,<br />
kostengünstig und schnell <strong>in</strong>-<br />
stalliert – und damit e<strong>in</strong>e hervorragende<br />
Schallschutzlösung für vielbefahrene<br />
Verkehrsstrecken.<br />
Die vormontierten, flach verpackten<br />
Elemente werden auf der Baustelle zur<br />
raschen Errichtung nur noch ause<strong>in</strong>andergezogen<br />
und können dann direkt<br />
»bestückt« werden. Preiswerter Schotter<br />
oder Kies eignet sich hier als Füllung für<br />
die <strong>in</strong>nere Kammer, die wiederum von<br />
e<strong>in</strong>er patentierten, schallabsorbierenden<br />
LED-L<strong>in</strong>ie fort. Die von dem bekannten<br />
Lichtdesigner Karsten W<strong>in</strong>kels entworfene<br />
und se<strong>in</strong>en Vornamen tragende<br />
Mastleuchte ist mit leistungsfähigen<br />
Fortimo-LED-Modulen, e<strong>in</strong>em computeroptimierten<br />
Wärmemanagementsystem<br />
und speziell entwickelten Reflektoren<br />
ausgestattet und garantiert derart beste<br />
Lichtverhältnisse mit hohem Energiesparpotential.<br />
Besonderes Augenmerk legte der Design-<br />
er auf e<strong>in</strong>en klaren, leicht wirkenden und<br />
daher halbrunden Leuchtenkopf, der <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er Form an e<strong>in</strong> geöffnetes C er<strong>in</strong>nert,<br />
wobei er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Größe eher reduziert<br />
anmutet. Vorgesehen für den E<strong>in</strong>satz<br />
e<strong>in</strong>es effizienten, blendungsfreien<br />
Moduls mit 28 W oder 42 W, sorgen hier<br />
Reflexionsmatte umgeben ist, während<br />
sich für die äußeren Wände e<strong>in</strong> eher<br />
dekoratives Material, wie zum Beispiel<br />
absorbierende Schaumlava, anbietet.<br />
Dank se<strong>in</strong>er extrem robusten Struktur<br />
eröffnet dieses System die Möglichkeit,<br />
endlose Konstruktionen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>heiten<br />
von 2–10 m Breite und bis 6 m Höhe zu<br />
realisieren. Die Drahtgitterkörbe lassen<br />
sich zudem begrünen und fügen sich als<br />
natürliche Bauelemente harmonisch <strong>in</strong><br />
das Umfeld e<strong>in</strong>.<br />
www.betafence.de<br />
PRODUKTE UND PROJ EKTE<br />
Reflektoren aus geglänztem und<br />
eloxiertem Re<strong>in</strong>stalum<strong>in</strong>ium <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit e<strong>in</strong>er massiven Alum<strong>in</strong>iumplatte<br />
zur Wärmeableitung für exzellente<br />
Lichtleistungen und für e<strong>in</strong>e lange<br />
Lebensdauer der LEDs von 50.000 h.<br />
»Karsten« ist als e<strong>in</strong>- und zweiarmige<br />
Version mit verschieden langen Auslegern<br />
und durchgängigen Masten erhältlich<br />
und zudem <strong>in</strong> sämtlichen RAL- oder<br />
DB-Farben lieferbar.<br />
www.leipziger-leuchten.com<br />
Straßenverkehr ohne Lärmausbreitung<br />
© Betafence Deutschland GmbH<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
91
SOFTWARE U N D IT<br />
Zukunftsweisende Komplettlösung von Tekla<br />
Build<strong>in</strong>g Information Model<strong>in</strong>g als Standard<br />
»Der Bekanntheitsgrad von BIM-Software<br />
nimmt immer weiter zu und macht sie<br />
allmählich zum Bestandteil unseres täg-<br />
lichen Arbeitsablaufs. Tekla stand für<br />
BIM, noch bevor der Name überhaupt<br />
gebräuchlich war. Mit se<strong>in</strong>er guten Stel-<br />
lung im Bereich der Automatisierung von<br />
Konstruktionsprozessen bef<strong>in</strong>det sich<br />
Tekla <strong>in</strong> puncto Innovation ganz vorn«,<br />
so Prof. Charles M. Eastman, Leiter des<br />
Doktorandenprogramms am College of<br />
Architecture des Georgia Institute of<br />
Technology, USA.<br />
Tekla Structures repräsentiert e<strong>in</strong> Buil-<br />
d<strong>in</strong>g-Information-Model<strong>in</strong>g- oder eben<br />
BIM-Werkzeug für die gesamte Konstruktionsabfolge,<br />
und zwar als offene Platt-<br />
form. Als Komplettlösung ersetzt diese<br />
Software also E<strong>in</strong>zelprogramme und<br />
strafft derart den Liefer- oder aber Aus-<br />
führungsprozess von Bau-, Design-,<br />
E<strong>in</strong>fache Kostenkontrolle dank G & W<br />
Dokumentation von Nachträgen<br />
Das Kostensplitt<strong>in</strong>g hat für jeden Planer<br />
e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung bekommen,<br />
da das Honorar seit E<strong>in</strong>führung der<br />
jüngsten HOAI(-Novelle) auf der Kosten-<br />
berechnung beruht. Mit der entsprechenden<br />
Software von G & W, die ihn ab<br />
der ersten Kostenschätzung über die<br />
endgültige -feststellung bis zur Dokumentation<br />
der abgeschlossenen Bau-<br />
maßnahme unterstützt, ist er jedoch<br />
auf der sicheren Seite.<br />
So liefert California.pro mittels e<strong>in</strong>er<br />
Verteilung der aus Nachträgen resultierenden<br />
Kosten auf verschiedene<br />
(Kosten-)Träger transparent den Nach-<br />
weis, wer welchen Anteil zu vertreten<br />
hat, was also der Kostenberechnung<br />
zuzuschreiben und was nachträglich<br />
durch Sonderwünsche des Auftraggebers<br />
oder durch E<strong>in</strong>sprüche etc. entstanden<br />
ist und deshalb das Honorar nicht<br />
schmälern darf.<br />
92 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Fertigungs-, Konstruktions- und Planungs-<br />
unternehmen, wie zum Beispiel Inge-<br />
nieurbüros. Dank der großen Detailtreue<br />
der mit ihr erstellten digitalen Modelle<br />
werden e<strong>in</strong>e projektspezifische Ablaufkonzeption<br />
und e<strong>in</strong>e optimale Produk-<br />
tionssteuerung möglich. Tekla Structures<br />
lässt sich zudem effektiv <strong>in</strong> andere Spit-<br />
zenanwendungen e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den und sorgt<br />
dabei für Daten<strong>in</strong>tegrität und -genauigkeit<br />
auf höchstem Niveau. Die Zentralisierung<br />
modellbasierter und sonstiger<br />
Daten ermöglicht darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>en<br />
gesteigerten Kooperations- und Inte-<br />
grationsgrad bei Projektmanagement<br />
und -realisierung – mit dem Resultat<br />
e<strong>in</strong>er verbesserten Produktivität, e<strong>in</strong>es<br />
m<strong>in</strong>imierten Ausschusses und e<strong>in</strong>es<br />
hervorragenden »Gebrauchswertes« der<br />
Modelle.<br />
Beispiel: Leistungsverzeichnis<br />
© G & W Software Entwicklung GmbH<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus werden e<strong>in</strong>e nachprüfbare,<br />
frei wählbare Aufgliederung von<br />
Planungs- und Abrechnungsmengen auf<br />
Kostenträger oder ERP-Aufträge sowie<br />
die Strukturierung nach Aspekten wie<br />
»zuschussfähig oder nicht« möglich. Die<br />
Zuordnung erfolgt, ganz wie es eben<br />
beliebt, über Prozentzahlen, Standard-<br />
Das heißt letztlich, Tekla Structures<br />
bietet e<strong>in</strong>e präzise, dynamische und<br />
daten<strong>in</strong>tensive 3-D-Umgebung, die von<br />
Bauunternehmern, Tragwerksplanern,<br />
Teilekonstrukteuren und Fertigungsbetrieben<br />
sowohl im Stahl- als auch Beton-<br />
bau geme<strong>in</strong>sam genutzt werden kann.<br />
www.tekla.com<br />
schlüssel, Gleichverteilung oder analog<br />
bereits zugewiesenen Werten, die dann<br />
im Positionsaufmaß oder direkt im Leis-<br />
tungsverzeichnis »notiert« und dort<br />
nach Kostenstellen und -trägern dar-<br />
gestellt werden können.<br />
www.gw-software.de
Spezifische Suchmasch<strong>in</strong>e von f:data<br />
Informationen ohne Recherche<br />
Seit kurzer Zeit steht e<strong>in</strong>e neue, schnelle<br />
Suchmasch<strong>in</strong>e kostenlos zur Verfügung:<br />
der sogenannte Bauprofessor. Dort, wo<br />
Google und Co. viel zu viel f<strong>in</strong>den, liefert<br />
er aktuelle, seriöse und verlässliche<br />
(Fach-)Auskünfte für Bauunternehmen,<br />
Ingenieurbüros, Gutachter und Behörden<br />
– und damit für fast alle Experten <strong>in</strong><br />
Theorie und Praxis.<br />
Ähnlich wie herkömmliche »Recherchehilfen«<br />
durchforstet er regelmäßig die<br />
Informationen der angeschlossenen<br />
Onl<strong>in</strong>edienste und ordnet diese nach<br />
bestimmten Kategorien, so dass sich<br />
(bisher) tagesaktuelle Preise für Bauleistungen,<br />
geltende DIN-Normen im Orig<strong>in</strong>altext<br />
e<strong>in</strong>schließlich Abbildungen und<br />
Kommentaren, jüngste Materialkennwerte<br />
und gegenwärtige Lieferadressen<br />
samt Kostenlisten abrufen lassen.<br />
Künftig will die f:data GmbH die von ihr<br />
entwickelte Vernetzung aber noch weiter<br />
vere<strong>in</strong>fachen, um dann per Knopfdruck<br />
genau das übermitteln zu können, was<br />
benötigt wird, und zwar automatisch,<br />
also direkt aus der Software des Anwenders<br />
heraus, damit er ke<strong>in</strong>en Browser<br />
mehr benutzen oder irgendwelche<br />
Begriffe e<strong>in</strong>geben muss.<br />
www.bauprofessor.de<br />
www.fdata.de<br />
Er hat e<strong>in</strong>e Aufgabe. Er hat e<strong>in</strong> Ziel.<br />
Er hat natu .. rliche Verbu .. ndete.<br />
Der mit dem<br />
Feuer verz<strong>in</strong>kt<br />
E<strong>in</strong> Mann im Kampf gegen den Rost.<br />
E<strong>in</strong>e 460 o Celsius Production<br />
Executive Producer . Ihr Feuerverz<strong>in</strong>ker<br />
Featur<strong>in</strong>g . Zuverla .. ssiger Schutz<br />
Production Design . Urspru .. nglicher Stahl<br />
Demna .. chst an Ihren Geba .. uden<br />
WWW.FEUERVERZINKEN-DER-FILM.COM<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
93
NACHRICHTEN U N D TERMI N E<br />
Auszeichnung für wegweisende Brückenkappen<br />
Innovationspreis Feuerverz<strong>in</strong>ken 2010<br />
Vor kurzem wurde der Innovationspreis<br />
Feuerverz<strong>in</strong>ken zum vierten Mal ver-<br />
liehen – im Jahr 2010 an die Autobahndirektion<br />
Südbayern für die Ausführung<br />
zahlreicher sanierungsbedürftiger Brü-<br />
ckenkappen <strong>in</strong> feuerverz<strong>in</strong>ktem Bewehrungsstahl.<br />
Die Jury, aus dem Vorstand des Industrieverbandes<br />
Feuerverz<strong>in</strong>ken e. V. gebildet,<br />
begründete ihre Entscheidung wie folgt:<br />
»In Deutschland gibt es e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />
sanierungsbedürftigen Betonbrücken.<br />
E<strong>in</strong>e wesentliche Schadensursache ist<br />
die Korrosion des Bewehrungsstahls. Sie<br />
wird zumeist durch die Versauerung des<br />
Betons durch das Kohlendioxid der Luft<br />
und andere Substanzen sowie durch das<br />
E<strong>in</strong>wirken von Chloriden durch Tausalzbelastung<br />
verursacht. Durch den E<strong>in</strong>satz<br />
von feuerverz<strong>in</strong>ktem Stahl kann dieser<br />
Prozess verh<strong>in</strong>dert bzw. <strong>in</strong> erheblichem<br />
Umfang h<strong>in</strong>ausgezögert werden. Hier-<br />
E<strong>in</strong>satz von feuerverz<strong>in</strong>ktem Bewehrungsstahl<br />
© Industrieverband Feuerverz<strong>in</strong>ken e. V.<br />
94 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
durch werden langfristig unnötige Sanie-<br />
rungskosten vermieden und Ressourcen<br />
geschont. Die Autobahndirektion Süd-<br />
bayern hat mit ihrer nachhaltigen und<br />
mutigen Entscheidung, die sanierungsbedürftigen<br />
Brückenkappen entlang der<br />
A 99 <strong>in</strong> feuerverz<strong>in</strong>ktem Bewehrungsstahl<br />
auszuführen, e<strong>in</strong> wegweisendes<br />
Zeichen gesetzt – zur langfristigen Ent-<br />
lastung der öffentlichen Kassen und zum<br />
Schutz von Klima und Umwelt. Das Pro-<br />
jekt ist e<strong>in</strong>e echte Innovation mit Vor-<br />
bildcharakter für nachfolgende Bauten.«<br />
Entgegengenommen wurde der Preis<br />
vom verantwortlichen Projekt<strong>in</strong>genieur<br />
Traugott Niedermeier, der deutlich mach-<br />
te, dass neben Kosten- und Nachhaltigkeitsaspekten<br />
auch verr<strong>in</strong>gerte Verkehrsgefährdungen<br />
durch Betonabplatzungen<br />
sowie weniger E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> den Verkehr<br />
weitere wichtige Argumente für die Wahl<br />
von feuerverz<strong>in</strong>ktem Bewehrungsstahl<br />
Kard<strong>in</strong>al Dr. Re<strong>in</strong>hard Marx als (Haupt-)Redner<br />
Bayerischer Ingenieuretag 2011 <strong>in</strong> München<br />
Vor e<strong>in</strong>em nach eigenen Angaben »an-<br />
dauernden Cas<strong>in</strong>o-Kapitalismus« hat Kar-<br />
d<strong>in</strong>al Dr. Re<strong>in</strong>hard Marx gewarnt: »Jetzt<br />
geht es wieder los, <strong>in</strong> derselben Weise, wie<br />
es war«, sagte der Erzbischof von München<br />
und Freis<strong>in</strong>g, der anlässlich des 19. Bayerischen<br />
Ingenieuretages am 21. Januar<br />
2011 vor mehr als 800 Bau- und<br />
Vermessungs<strong>in</strong>genieuren sowie Gästen<br />
aus dem In- und Ausland zum Thema<br />
»Herausforderung Verantwortung« sprach.<br />
In se<strong>in</strong>er Rede g<strong>in</strong>g Marx mit dem F<strong>in</strong>anz-<br />
markt sowie der Politik hart <strong>in</strong>s Gericht.<br />
Die Frage nach der Verantwortung und<br />
Haftung sei von entscheidender Bedeu-<br />
tung, habe man am Beispiel des F<strong>in</strong>anz-<br />
marktes doch sehen können, was es<br />
heiße, wenn überhaupt ke<strong>in</strong>e Verantwortung<br />
übernommen werde. Die Banken<br />
müssten nun den E<strong>in</strong>druck haben, dass<br />
sie bei erneuter Schieflage wieder geret-<br />
tet würden, denn das ausgesendete Sig-<br />
nal laute: »Du kannst handeln, aber die<br />
Folgen tragen andere.« Die Politik habe<br />
nach der F<strong>in</strong>anzkrise für ke<strong>in</strong>e guten<br />
Anreize gesorgt, aber: »Macht kann nie<br />
ohne Verantwortung akzeptiert werden.«<br />
Nachhaltigkeit und Verantwortung be<strong>in</strong>-<br />
halten nach Ansicht von Marx, stärker als<br />
bisher <strong>in</strong> K<strong>in</strong>der und Bildung zu <strong>in</strong>vestieren:<br />
»Wir können es uns nicht erlauben,<br />
dass 10 % e<strong>in</strong>es Jahrgangs bildungsarm<br />
s<strong>in</strong>d.« Der Präsident der Bayerischen<br />
Ingenieurekammer-Bau Dr.-Ing. He<strong>in</strong>rich<br />
Schroeter dankte Marx für se<strong>in</strong>e klaren<br />
Worte und ergänzte: »Wir brauchen<br />
e<strong>in</strong>e stärkere Förderung des Erhalts und<br />
Ausbaus der Infrastruktur. Wir brauchen<br />
Traugott Niedermeier, Autobahndirektion<br />
Südbayern (Mitte) mit Ulrich Henssler (l<strong>in</strong>ks)<br />
und Gerd Deimel, Vorsitzender und<br />
Hauptgeschäftsführer des Industrie-<br />
verbandes Feuerverz<strong>in</strong>ken e. V.<br />
© Industrieverband Feuerverz<strong>in</strong>ken e. V.<br />
im <strong>Brückenbau</strong> s<strong>in</strong>d. Während <strong>in</strong> Deutsch-<br />
land se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Tragwerken aus<br />
Beton e<strong>in</strong>e echte Innovation ist, wird er<br />
<strong>in</strong> anderen Ländern bereits seit langem<br />
geschätzt und hat sich dort gut bewährt.<br />
Die Würdigung der Autobahndirektion<br />
Südbayern fügt sich nahtlos <strong>in</strong> die Reihe<br />
der bisherigen Preisträger e<strong>in</strong>: Der Nutz-<br />
fahrzeughersteller Schmitz Cargobull<br />
erhielt erstmals diese Auszeichnung für<br />
die neuartige feuerverz<strong>in</strong>kte und ge-<br />
bolzte Konstruktionsweise se<strong>in</strong>er Lkw-<br />
Trailer. Danach g<strong>in</strong>g sie an die Spig<br />
Schutzplanken-Produktions GmbH, die<br />
e<strong>in</strong> zukunftsweisendes Schutzplankensystem<br />
entwickelt hat. Und im Jahr 2008<br />
folgte die Firma a+f, deren SunCarrier-<br />
System die Modulflächen von Photovoltaikanlagen<br />
dem aktuellen Sonnenstand<br />
anzupassen erlaubt.<br />
www.feuerverz<strong>in</strong>ken.com<br />
»Herausforderung Verantwortung « als Thema<br />
© Birgit Gleixner/Bayerische Ingenieurekammer-Bau<br />
mehr Investitionen <strong>in</strong> den Erhalt und<br />
den Ausbau.« Auch dies seien Investitionen,<br />
die künftigen Generationen<br />
zugutekämen.<br />
www.bayika.de
Jubiläum <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
50 Jahre Bundesautobahn A 4<br />
Seit 50 Jahren ist die Bundesautobahn<br />
zwischen Köln und Aachen durchgängig<br />
»nutzbar«: Am 20. Dezember 1960 befuhr<br />
zur Feier des Ereignisses e<strong>in</strong> Konvoi<br />
mit prom<strong>in</strong>enten Zeitgenossen aus der<br />
Straßenbauverwaltung die komplette<br />
Strecke, und zwar h<strong>in</strong> und zurück, wäh-<br />
rend auf den Brücken über der A 4 K<strong>in</strong>der<br />
aus den umliegenden Schulen standen<br />
und Fähnchen schwenkten, ja <strong>in</strong> der<br />
Kölner Messe deshalb sogar e<strong>in</strong>e Fest-<br />
veranstaltung stattfand.<br />
Wer sie heute ansteuert, wird sich wohl<br />
eher ihre Verbreiterung auf sechs Fahr-<br />
streifen herbeisehnen, denn der Verkehr<br />
ist zu den meisten Tageszeiten so stark<br />
angewachsen, dass dieser Abschnitt se<strong>in</strong>e<br />
Leistungsfähigkeit dank 100.000 Kfz/d<br />
<strong>in</strong>zwischen erreicht oder eben überschritten<br />
hat. Von e<strong>in</strong>er staufreien Rei-<br />
se wie <strong>in</strong> den 1970er und 80er Jahren<br />
dürfen die »Kraftwagenlenker« also nur<br />
noch träumen.<br />
Um nun ihrer steigenden Be- und Über-<br />
lastung angemessen zu begegnen, wird<br />
sie im Auftrag des Bundes vom Landesbetrieb<br />
Straßenbau Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
abschnittsweise auf sechs Fahrstreifen<br />
ertüchtigt. Dazu gehört auch der Umbau<br />
des kompletten Kreuzes der Autobahnen<br />
A 4, A 44 und A 544 zu e<strong>in</strong>em leistungsfähigen<br />
Knotenpunkt im europäischen<br />
Ost-West-Verkehr, was bis 2015 erfolgen<br />
soll. Das <strong>in</strong>sgesamt 75 Mio. Euro<br />
teure Projekt umfasst unter anderem<br />
die Errichtung von vier neuen Brücken<br />
und die Realisierung von ca. 17 Fahrspuren.<br />
www.strassen.nrw.de<br />
N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Autobahnkreuz Köln-Ost<br />
© Landesbetrieb Straßenbau<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
95
NACHRICHTEN U N D TERMI N E<br />
Stabwechsel bei deutscher Grontmij<br />
(Neue) Sprecher<strong>in</strong> der Geschäftsführung<br />
Seit 1. Januar 2011 hat Ina Brandes die<br />
Position der Sprecher<strong>in</strong> der Geschäftsführung<br />
der Grontmij GmbH <strong>in</strong>ne. Als<br />
Country Manag<strong>in</strong>g Director (CMD) leitet<br />
sie nun zusätzlich zum Geschäftsfeld<br />
Planung & Gestaltung auch die Verwaltung<br />
des deutschen Ingenieurunternehmens.<br />
Übergabe des »Führungsstabs«<br />
© Grontmij GmbH<br />
Antrag auf Planfeststellung des Autobahnamts Sachsen<br />
Fernstraßenverb<strong>in</strong>dung zwischen Chemnitz und <strong>Leipzig</strong><br />
Das Planfeststellungsverfahren für das<br />
letzte Teilstück zum Neubau der Bundes-<br />
autobahn A 72 zwischen Chemnitz und<br />
der A 38 bei <strong>Leipzig</strong> kann beg<strong>in</strong>nen, denn<br />
Ende Dezember 2010 wurde der ent-<br />
sprechende Antrag vom Autobahnamt<br />
Sachsen bei der zuständigen Landesdirektion<br />
<strong>Leipzig</strong> e<strong>in</strong>gereicht – als e<strong>in</strong>e<br />
Voraussetzung für die weitere Entwicklung<br />
der europäischen Metropolregion<br />
»Sachsendreieck« zwischen Dresden,<br />
Chemnitz und <strong>Leipzig</strong> über die A 4, A 72<br />
und A 14.<br />
Der hier zu realisierende Abschnitt von<br />
Rötha bis zur A 38 erstreckt sich über ca.<br />
7,20 km, soll <strong>in</strong> jeder Richtung zwei Fahr-<br />
und e<strong>in</strong>en Standstreifen aufweisen und<br />
damit 29,50 m breit werden. Die geplante<br />
Maßnahme umfasst zudem die Errich-<br />
tung e<strong>in</strong>er Anschlussstelle mit der Bun-<br />
desstraße B 2 bei Großdeuben sowie den<br />
Bau von zehn Brücken über bzw. im Zuge<br />
der Autobahn und von sechs Regen-<br />
rückhaltebecken.<br />
96 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Dieser Stabwechsel an der Spitze der<br />
Grontmij GmbH wurde <strong>in</strong> der Zentrale<br />
<strong>in</strong> Bremen mit e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en feierlichen<br />
Zeremonie offiziell vollzogen: Bernhard<br />
Schierenbeck als bisheriger CMD gratu-<br />
lierte se<strong>in</strong>er Nachfolger<strong>in</strong> herzlich, über-<br />
gab ihr se<strong>in</strong>en langjährig gut gehüteten<br />
»Führungsstab« mit dem Wunsch, dass<br />
Ina Brandes<br />
© Grontmij GmbH<br />
Im Bereich von Rötha, Böhlen und Groß-<br />
deuben ist darüber h<strong>in</strong>aus die Anordnung<br />
von Lärmschutzwänden und<br />
-wällen auf e<strong>in</strong>er Länge von ca. 4.600 m<br />
vorgesehen, während ca. 100 ha als<br />
Renaturierungs- bzw. Ausgleichsfläche<br />
zur Kompensation aller (baulichen)<br />
E<strong>in</strong>griffe herangezogen werden.<br />
www.smwa.sachsen.de<br />
sich Erfolg und Glück nachhaltig auf<br />
se<strong>in</strong>e neue Besitzer<strong>in</strong> übertragen mögen.<br />
Ina Brandes brachte ihre Freude über die<br />
neue Aufgabe zum Ausdruck und dankte<br />
Bernhard Schierenbeck, der jetzt <strong>in</strong> den<br />
verdienten Ruhestand wechselt und sie<br />
<strong>in</strong> den letzten Monaten ausgezeichnet<br />
begleitet habe. Für die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
und Mitarbeiter sei der Übergang daher<br />
fast unmerklich verlaufen.<br />
Und sie zeigte sich sehr zuversichtlich,<br />
was die weitere Entwicklung betrifft:<br />
Die Auftragslage sei gut und man werde<br />
(deshalb) weiter wachsen. Die Grontmij<br />
GmbH ist <strong>in</strong> den Geschäftsfeldern<br />
Planung & Gestaltung, Transport &<br />
Mobilität, Wasser & Energie aktiv und<br />
mit ca. 700 Mitarbeitern an über 30<br />
Standorten <strong>in</strong> Deutschland vertreten.<br />
www. grontmij.de<br />
Lückenschluss im Autobahnnetz<br />
© Autobahnamt Sachsen
Forderung des Bayerischen Innenm<strong>in</strong>isters<br />
Nachholprogramm »Westdeutschland«<br />
Für den Bayerischen Innenm<strong>in</strong>ister<br />
Joachim Herrmann s<strong>in</strong>d die neuen Län-<br />
der 20 Jahre nach der sogenannten Wende<br />
<strong>in</strong> Sachen Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur hervorragend<br />
ausgestattet, wie er im Herbst 2010<br />
feststellte: »Die Verkehrsprojekte ›Deut-<br />
sche E<strong>in</strong>heit‹ s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Erfolgsgeschichte.<br />
Die Bilanz der letzten 20 Jahre ist großartig.<br />
Ich denke hier an e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />
grenzüberschreitender Großprojekte zur<br />
Verb<strong>in</strong>dung der ›neuen‹ Länder mit<br />
Bayern, wie zum Beispiel dem sechsstreifigen<br />
Ausbau der Bundesautobahn A 9<br />
Nürnberg–Hof–Berl<strong>in</strong>, den Neubau der<br />
Bundesautobahnen A 71 Erfurt–Schwe<strong>in</strong>furt<br />
und A 73 Suhl–Lichtenfels, den Ausbau<br />
der A 72 Richtung Plauen und den Bau<br />
der A 93 zwischen Hof und Mitterteich.«<br />
Jetzt sei es aber wichtig, dass die alten<br />
Bundesländer <strong>in</strong> puncto Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur<br />
nicht zurückbleiben und ab-<br />
gehängt werden. »Ich fordere daher<br />
dr<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong> Nachholprogramm ›West-<br />
deutschland‹. Der Bund muss jetzt tätig<br />
werden und für die wichtigen Bundesstraßenprojekte<br />
<strong>in</strong> Bayern zeitnah aus-<br />
reichende Mittel zur Verfügung stellen.<br />
Westdeutschland hat Nachholbedarf.«<br />
Als vordr<strong>in</strong>gliche Maßnahmen <strong>in</strong> Bayern<br />
bezeichnete Herrmann den sechsstreifigen<br />
Ausbau der A 3 Aschaffenburg–<br />
Würzburg–Nürnberg, der A 6 von Nürnberg<br />
bis zur baden-württembergischen<br />
Grenze, der A 8 Ost Rosenheim–Salzburg<br />
sowie den als Betreibermodell vorgesehenen<br />
sechsstreifigen Ausbau der A 8<br />
West-Ulm–Augsburg und den Bau der<br />
A 94 München–Passau.<br />
Das seien die vier großen Magistralen,<br />
bei denen e<strong>in</strong> bedarfsgerechter Aus- bzw.<br />
Neubau unabd<strong>in</strong>gbar bleibe. Die not-<br />
wendige Realisierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em überschaubaren<br />
Zeitraum sei jedoch nur<br />
möglich, wenn der Bund für diese Fern-<br />
straßenprojekte die Mittel im Bundeshaushalt<br />
umschichte und mehr Geld zur<br />
Verfügung stelle. Joachim Herrmann:<br />
»Was bisher vorgesehen ist, reicht nicht.<br />
Der Bund muss hier deutlich nachlegen.<br />
E<strong>in</strong>e zeitnahe F<strong>in</strong>anzierung der Straßenbauvorhaben<br />
ist sonst überhaupt nicht<br />
vorstellbar.«<br />
www.stmi.bayern.de<br />
Gründung des (fast) gleichnamigen Vere<strong>in</strong>s<br />
Praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen<br />
»Mit unserer Initiative wollen wir Motor<br />
se<strong>in</strong>, um praxisgerechte Regelwerke im<br />
Bauwesen professionell vorzubereiten.<br />
Unser Ziel ist es, dass Normen Hilfestellung<br />
und nicht Hemmnis oder Risiko<br />
s<strong>in</strong>d.« Mit diesen Worten fasste Prof. Dr.<br />
Manfred Nußbaumer, Vorsitzender des<br />
Deutschen Beton- und Bautechnik-<br />
Vere<strong>in</strong>s, die Ergebnisse der allerersten<br />
Versammlung des Vere<strong>in</strong>s Initiative<br />
Praxisgerechte Regelwerke im Bauwesen<br />
oder, gekürzt, PraxisRegelnBau zusammen,<br />
der am 13. Januar 2011 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />
gegründet wurde.<br />
Beteiligt s<strong>in</strong>d hier außer dem Verband<br />
der Beratenden Ingenieure, der Bundesvere<strong>in</strong>igung<br />
der Prüf<strong>in</strong>genieure für<br />
Bautechnik und der Bundes<strong>in</strong>genieurkammer<br />
auch der Hauptverband der<br />
Deutschen Bau<strong>in</strong>dustrie und der Zentral-<br />
verband Deutsches Baugewerbe sowie<br />
der Deutsche Ausschuss für Stahlbeton,<br />
der Deutsche Beton- und Bautechnik-<br />
Vere<strong>in</strong>, die Deutsche Gesellschaft für<br />
Geotechnik, die Deutsche Gesellschaft<br />
für Mauerwerks- und Wohnungsbau und<br />
der Deutsche Stahlbau-Verband DSTV.<br />
Nußbaumer, der zum Vorsitzenden ge-<br />
wählt wurde, sieht die Hauptarbeit <strong>in</strong><br />
den nächsten Jahren bei den Eurocodes,<br />
also bei den <strong>in</strong> Europa für Europa erarbei-<br />
teten Bemessungsregeln für Bauwerke.<br />
Die <strong>in</strong> der Initiative zusammengeschlossenen<br />
Verbände wollen dabei nicht zu-<br />
letzt e<strong>in</strong> eigenes Versäumnis korrigieren:<br />
»Ohne die Praxis geht es eben nicht, wir<br />
müssen uns wieder mehr engagieren als<br />
<strong>in</strong> den vergangenen Jahren!«, war viel-<br />
fach die selbstkritische E<strong>in</strong>schätzung der<br />
Gründungsmitglieder.<br />
www.betonvere<strong>in</strong>.de<br />
Bridge Design<br />
Project Massetal Railway Bridge,<br />
Germany<br />
Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g Obermeyer,<br />
SSF Eng<strong>in</strong>eers, Bücht<strong>in</strong>g+Streit<br />
Project Khor Al Batah Bridge, Sur,<br />
Sultanate of Oman<br />
Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g Schlaich Bergermann &<br />
Partners<br />
Project Paserelle des deux Rives,<br />
Strasbourg – Kehl, France – Germany<br />
Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g Bücht<strong>in</strong>g+Streit,<br />
LAP Leonhardt Andrä & Partner<br />
Project Saadiyat Bridge, Abu Dhabi<br />
Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g K+S Ingenieur-Consult<br />
www.sofi stik.com<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
97
NACHRICHTEN U N D TERMI N E<br />
Auslobung durch Zübl<strong>in</strong> Stahlbau<br />
Preis für Dresdner Studenten<br />
Seit Jahren pflegt die <strong>in</strong> der letzten Zeit<br />
stark gewachsene Zübl<strong>in</strong> Stahlbau GmbH<br />
den Kontakt und die Kooperation mit<br />
Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen.<br />
Das be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>erseits die Zusam-<br />
menarbeit bei der Lösung komplexer<br />
Fragestellungen, andererseits bietet man<br />
den Studierenden Praktika an, betreut<br />
Diplomarbeiten, entsendet Referenten<br />
zu Vorträgen und unterstützt damit die<br />
Ausbildung des Ingenieurnachwuchses,<br />
ergänzt von geme<strong>in</strong>sam organisierten<br />
Exkursionen zu Baustellen und der mo-<br />
dernen Fertigungswerkstatt <strong>in</strong> Hosena.<br />
Und das führte regelmäßig auch zur<br />
E<strong>in</strong>stellung von Absolventen, die mittler-<br />
weile ihren Weg als Mitarbeiter des<br />
Technischen Büros oder als Projektabwickler<br />
gehen.<br />
Besonders <strong>in</strong>tensiv war und ist die Zu-<br />
sammenarbeit mit dem Lehrstuhl für<br />
Stahlbau am Institut für Stahl- und<br />
Holzbau der Technischen Universität<br />
Dresden unter Leitung von Prof. Dr.-Ing.<br />
Richard Stroetmann. Es entstand nun<br />
die Idee, die Ausbildung von Diplom<strong>in</strong>genieuren<br />
mit besonderer Vertiefung<br />
auf dem Gebiet des Stahlbaus durch<br />
die Auslobung e<strong>in</strong>es speziell auf den<br />
Stahlbau zugeschnittenen Preises zu<br />
fördern.<br />
98 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Mit dem W<strong>in</strong>tersemester 2010 wurde<br />
erstmals die Ausschreibung an den Fakul-<br />
täten für Bau<strong>in</strong>genieurwesen und für<br />
Architektur an der Technischen Universität<br />
Dresden veröffentlicht. Ganz be-<br />
wusst werden hier Bau<strong>in</strong>genieure und<br />
angehende Architekten angesprochen,<br />
um auch auf beiden »Seiten« früh-<br />
zeitig das Interesse für den Werkstoff<br />
Stahl und die Möglichkeiten der Stahl-<br />
bauweise zu wecken.<br />
Ausgezeichnet werden herausragende<br />
Leistungen im Entwurf, <strong>in</strong> der Berechnung<br />
und Ausführung von Stahl- und Verbund-<br />
konstruktionen sowie von Metallfassaden<br />
und -dächern im Hoch-, Industrie-<br />
und Ingenieurbau. Berücksichtigung<br />
f<strong>in</strong>den zudem besondere wissenschaftliche<br />
Leistungen, mit denen die Metallbauweise<br />
gefördert wird. Dazu gehören<br />
(Weiter-)Entwicklungen von Konstruktions-<br />
und Bauweisen, Berechnungs-<br />
und Bemessungsverfahren, Fertigungs-<br />
und Montagetechnologien sowie Bei-<br />
träge zur Beurteilung und Förderung<br />
der Nachhaltigkeit.<br />
Die Auslobung des Zübl<strong>in</strong>-Stahlbaupreises<br />
erfolgt jährlich. Zugelassen s<strong>in</strong>d<br />
Arbeiten die im Rahmen des Studiums<br />
oder der Promotion im Zeitraum vom<br />
1. Juni des Vor- bis zum 31. Mai des<br />
Folgejahres abgeschlossen und beurteilt<br />
wurden. Die Jury besteht aus Vertretern<br />
der Fakultäten Bau<strong>in</strong>genieurwesen und<br />
Architektur, der Ed. Zübl<strong>in</strong> AG und des<br />
Deutschen Stahlbau-Verbandes DSTV.<br />
Sie wählt aus bis zu zehn Arbeiten, die<br />
sich für die Präsentation präqualifiziert<br />
haben, e<strong>in</strong> bis drei Preisträger aus. Das<br />
Preisgeld beträgt <strong>in</strong>sgesamt 3.000 x.<br />
Die Zübl<strong>in</strong> Stahlbau GmbH liefert mit<br />
dieser Initiative e<strong>in</strong>en weiteren Moti-<br />
vationsschub für die Ausbildung von<br />
Architekten und Bau<strong>in</strong>genieuren, von<br />
dem <strong>in</strong>sbesondere die Stahlbauweise<br />
langfristig profitieren wird.<br />
www.zuebl<strong>in</strong>-stahlbau.de<br />
Studenten der Technischen Universität Dresden bei e<strong>in</strong>er Exkursion <strong>in</strong> die Zübl<strong>in</strong>-Fertigungsstätte und auf der Kraftwerksbaustelle <strong>in</strong> Boxberg<br />
© Zübl<strong>in</strong> Stahlbau GmbH
BRÜCKENBAU<br />
Construction & Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />
ISSN 1867-643X<br />
... ist die jüngste Baufach<strong>zeitschrift</strong> der<br />
VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN.<br />
Das gesamte Spektrum des <strong>Brückenbau</strong>s<br />
thematisierend, ersche<strong>in</strong>t sie<br />
seit 2009 viermal pro Jahr.<br />
Lassen Sie sich überraschen von<br />
dieser qualitätvollen Publikation,<br />
die e<strong>in</strong>zigartig ist – und die bisher<br />
noch bestehende Lücke im deutsch-<br />
sprachigen Fach<strong>zeitschrift</strong>enangebot<br />
schließen wird.<br />
Weitere geplante Heftthemen s<strong>in</strong>d<br />
zum Beispiel Autobahnbrücken und<br />
Geh- und Radwegbrücken.<br />
Zögern Sie also nicht und bestellen<br />
Sie e<strong>in</strong> Probeabonnement zum<br />
E<strong>in</strong>führungspreis.<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
Biebricher Allee 11 b<br />
65187 Wiesbaden<br />
Tel.: 0611/98 12 920<br />
Fax: 0611/80 12 52<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.mixedmedia-konzepts.de<br />
Ja, ich nehme das Angebot an und bestelle e<strong>in</strong> Probeabonnement:<br />
drei Ausgaben der Zeitschrift BRÜCKENBAU zum Preis von<br />
e 42,00 <strong>in</strong>kl. Porto und MwSt.<br />
Firma/Büro<br />
Name/Vorname<br />
Straße/Hausnummer<br />
Postleitzahl/Stadt<br />
E-Mail/Telefon<br />
Datum Unterschrift<br />
Wenn Sie den BRÜCKENBAU nach Ablauf des Probeabonnements nicht weiterbeziehen<br />
möchten, genügt e<strong>in</strong>e formlose schriftliche Mitteilung an den Verlag <strong>in</strong>nerhalb von<br />
14 Tagen nach Erhalt der letzten Ausgabe. Andernfalls erhalten Sie diese Zeitschrift<br />
weiter zum günstigen Abonnementpreis bis auf Widerruf. Bezugsbed<strong>in</strong>gungen und<br />
Abonnementpreis s<strong>in</strong>d verb<strong>in</strong>dlich im Impressum jeder Ausgabe aufgeführt.
NACHRICHTEN U N D TERMI N E<br />
Ideenwettbewerb der Bayerischen Ingenieurekammer<br />
Brückenentwurf unter ganzheitlichen Aspekten<br />
Der Entwurf e<strong>in</strong>er Straßenbrücke nach<br />
ganzheitlichen Gesichtspunkten steht im<br />
Mittelpunkt e<strong>in</strong>es offenen Ideenwettbewerbs,<br />
den die Bayerische Ingenieurekammer-Bau<br />
auslobt: Mit dieser Initiative<br />
möchte sie unter anderem für das E<strong>in</strong>-<br />
beziehen ganzheitlicher Wertungsmaßstäbe<br />
bei der E<strong>in</strong>schätzung von Planungsvarianten<br />
werben. Unterstützt<br />
wird der Wettbewerb von der Obersten<br />
Baubehörde im Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isterium<br />
des Innern.<br />
Doppelmesse plus Tagung <strong>in</strong> Bozen<br />
Viatec 2011 mit BrennerCongress<br />
Straßenbau und Infrastrukturbewirtschaftung<br />
sowie Baumasch<strong>in</strong>en und<br />
-geräte s<strong>in</strong>d Gegenstand der »Doppelmesse«<br />
Viatec und Baumec vom 17. bis<br />
20. März 2011 <strong>in</strong> Bozen, die ergänzt und<br />
komplettiert werden vom sogenannten<br />
BrennerCongress.<br />
Als Branchentreffpunkt für Fachleute <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em hochspezialisierten Nischenbereich<br />
aus ganz Italien, den angrenzenden<br />
Alpenrepubliken und Ländern mit ähn-<br />
lichen geographischen Gegebenheiten<br />
wie <strong>in</strong> Südtirol, was zum Beispiel auf<br />
Indien oder Russland zutrifft, richtet sich<br />
die Viatec 2011 an Verantwortliche für<br />
Veranstaltung <strong>in</strong> Nürnberg<br />
Asphaltstraßentagung 2011<br />
Am 10. und <strong>11.</strong> Mai 2011 trifft sich die<br />
Asphaltbranche <strong>in</strong> Nürnberg, um sich<br />
aus verschiedenen Blickw<strong>in</strong>keln über die<br />
aktuellsten Entwicklungen auf dem<br />
Gebiet des (Asphalt-)Straßenbaus zu<br />
<strong>in</strong>formieren.<br />
Organisiert von der Forschungsgesellschaft<br />
für Straßen- und Verkehrswesen<br />
e. V., werden hier <strong>in</strong> der ersten Vortragsreihe<br />
Ergebnisse der Wissenschaft als<br />
Grundlagen für die Praxis dargestellt,<br />
wobei das Themenspektrum von der<br />
100 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
Auf Basis e<strong>in</strong>er speziell für eben jenen<br />
Zweck entwickelten (Bewertungs-)<br />
Matrix sollen die e<strong>in</strong>gereichten Beiträge<br />
von e<strong>in</strong>er kompetenten Jury nach vier<br />
Hauptkriterien beurteilt werden, und<br />
zwar<br />
– ökonomische Qualität,<br />
– ökologische Qualität,<br />
– soziokulturelle Qualität,<br />
– konstruktive Qualität.<br />
Betrachtet wird der gesamte Lebenszyklus<br />
des Bauwerkes, wobei auch externe<br />
ökonomische und ökologische Effekte<br />
Straßen-, Brücken- und Tunnelbau, an<br />
Funktionäre und Techniker von Autobahngesellschaften,<br />
an Ingenieure und<br />
Geometer sowie Bauunternehmer, also<br />
an all jene, die <strong>in</strong> Gebirgsregionen Infra-<br />
strukturmaßnahmen planen und reali-<br />
sieren. Die Baumec ist h<strong>in</strong>gegen von eher<br />
regionaler Bedeutung und soll dementsprechend<br />
vor Ort tätige Bauunternehmer,<br />
-leiter, -<strong>in</strong>genieure und -arbeiter<br />
<strong>in</strong>formieren.<br />
Eisen- und Autobahnbau <strong>in</strong> Europa und<br />
das Recycl<strong>in</strong>g im Straßenbau gehören zu<br />
den Themen, die im Rahmen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ter-<br />
nationalen Tagung diskutiert werden:<br />
Modellierung von Asphalt über dessen<br />
Gebrauchseigenschaften und die Mög-<br />
lichkeiten der Lärmm<strong>in</strong>derung bis h<strong>in</strong> zu<br />
Anwendungsgrenzen und Bewertungskriterien<br />
von Untersuchungen reicht.<br />
Das Programm der zweiten Vortragsreihe<br />
umfasst h<strong>in</strong>gegen die neuesten Regel-<br />
werke und Normen sowie deren Umset-<br />
zung <strong>in</strong> die Praxis, Änderungen und<br />
Erläuterungen der »klassischen« Richt-<br />
l<strong>in</strong>ien ebenso umfassend wie Aspekte<br />
der baulichen Erhaltung oder aber von<br />
Berücksichtigung f<strong>in</strong>den, wie zum Bei-<br />
spiel volkswirtschaftliche Kosten oder<br />
Emissionen durch baubed<strong>in</strong>gte Verkehrsbeh<strong>in</strong>derungen.<br />
Die ausführlichen Teilnahmeunterlagen<br />
können ab sofort von der Internetseite<br />
der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau<br />
heruntergeladen werden. Abgabeterm<strong>in</strong><br />
ist der 1. Mai 2011, die Preisverleihung<br />
soll Anfang Juni 2011 im Rahmen der<br />
Bayerischen Klimawoche erfolgen.<br />
www.bayika.de/ideenwettbewerb<br />
Der vierte BrennerCongress f<strong>in</strong>det vom<br />
17.–18. März und damit parallel zu den<br />
beiden Messen statt, wobei das Programm<br />
Referate aus Forschung und<br />
Praxis be<strong>in</strong>haltet – über den Brenner-<br />
Basistunnel, die neue Strecke Tur<strong>in</strong>–Lyon,<br />
den Fortschritt beim Gotthard-Basistunnel,<br />
den Ausbau der Unter<strong>in</strong>ntaltrasse,<br />
die Erfahrungen vom Betrieb des Lötsch-<br />
berg-Basistunnels und über diverse<br />
Straßenbrückenprojekte.<br />
www.viatec.it<br />
www.baumec.it<br />
Kriterien des Niedrigtemperaturasphalts<br />
und der Performance von Asphalt gene-<br />
rell. Komplettiert wird das Ganze durch<br />
Fragen und Antworten der Praxis:<br />
Wiederverwendung von Ausbauasphalt,<br />
Anwendung der rechnerischen Dimensionierung<br />
von Asphaltstraßen, E<strong>in</strong>flussgrößen<br />
auf die Dimensionierung etc.<br />
Das ausführliche Programm ist <strong>in</strong> Kürze<br />
im Internet zu f<strong>in</strong>den.<br />
www.fgsv.de
STELLENMARKT<br />
1 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
101
BRANCHEN KOMPASS<br />
102 BRÜCKENBAU | 1 . 2011
BRÜCKENBAU<br />
ISSN 1867-643X<br />
3. Jahrgang<br />
Ausgabe 1.2011<br />
www.<strong>zeitschrift</strong>-<strong>brueckenbau</strong>.de<br />
Herausgeber und Verlag<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
Biebricher Allee 11 b<br />
D-65187 Wiesbaden<br />
Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15<br />
Fax: +49 (0)6 11/80 12 52<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Redaktion<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Anzeigen<br />
Ulla Leitner<br />
Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2010.<br />
Satz und Layout<br />
Christ<strong>in</strong>a Neuner<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
Druck<br />
Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />
Haagweg 44, 65462 G<strong>in</strong>sheim-Gustavsburg<br />
Ersche<strong>in</strong>ungsweise und Bezugspreise<br />
E<strong>in</strong>zelheft: 14 Euro<br />
Doppelheft: 28 Euro<br />
Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro<br />
Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro<br />
Der Bezugszeitraum e<strong>in</strong>es Abonnement beträgt m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong> Jahr. Das Abonnement verlängert sich um e<strong>in</strong> weiteres Jahr,<br />
wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugs-<br />
zeitraums schriftlich gekündigt wird.<br />
Copyright<br />
Die Zeitschrift und alle <strong>in</strong> ihr enthaltenen Beiträge und<br />
Abbildungen s<strong>in</strong>d urheberrechtlich geschützt.<br />
Alle Rechte, <strong>in</strong>sbesondere das der Übersetzung <strong>in</strong> fremde<br />
Sprachen, vorbehalten. Ke<strong>in</strong> Teil dieser Zeitschrift darf ohne<br />
schriftliche Genehmigung des Verlags <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form<br />
reproduziert oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e von Masch<strong>in</strong>en verwendbare<br />
Sprache übertragen werden.<br />
Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist e<strong>in</strong>e<br />
Verwertung ohne E<strong>in</strong>willigung des Verlags strafbar.<br />
Beilage<br />
Die Gesamtauflage von Ausgabe 1.2011 enthält e<strong>in</strong>e Beilage<br />
der Delta Bloc Deutschland GmbH, Neumarkt.<br />
I M P R E S S U M