11. Symposium Brückenbau in Leipzig - zeitschrift-brueckenbau ...
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<strong>11.</strong> SYMPOSI UM LEI PZIG<br />
14 Bogenbrücke mit aufgeständerter Fahrbahn<br />
© DEGES GmbH<br />
Bogenstrukturen mit aufgeständerter<br />
Fahrbahn <strong>in</strong> semi<strong>in</strong>tegraler Bauweise<br />
f<strong>in</strong>det man ebenfalls als Talbrücken mit<br />
wesentlich größeren Bauwerkslängen.<br />
E<strong>in</strong> solches Beispiel ist das Murrtalviadukt<br />
bei Backnang mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge<br />
von 418 m bei e<strong>in</strong>er Höhe über Tal<br />
von ca. 25 m. Hier wurden sehr schlanke<br />
Pfeiler gewählt, <strong>in</strong> den kurzen Bogenständern<br />
s<strong>in</strong>d oben und unten Betongelenke<br />
angeordnet.<br />
In jüngster Zeit werden zunehmend<br />
mehrfeldrige Rahmenbrücken mit relativ<br />
ger<strong>in</strong>gen Pfeilerhöhen semi<strong>in</strong>tegral kon-<br />
zipiert. Durch die Variation der Pfeilerdicken<br />
zur Steuerung der -steifigkeiten<br />
lassen sich sogar bei Pfeilerhöhen von<br />
ca. 10 m Brückenlängen über 100 m realisieren.<br />
E<strong>in</strong> erfolgreich verwirklichtes<br />
Beispiel für e<strong>in</strong>e mehrfeldrige Rahmenbrücke<br />
mit e<strong>in</strong>er Gesamtlänge von<br />
136 m <strong>in</strong> Stahlbeton bei Stützweiten von<br />
18–25 m und Pfeilerhöhen von ca. 11 m<br />
ist die Talbrücke Reiterberg im Zuge der<br />
Ortsumgehung Marienberg <strong>in</strong> Sachsen,<br />
deren Pfeilerdicken 50 cm betragen.<br />
E<strong>in</strong> weiterer großer Anwendungsbereich<br />
s<strong>in</strong>d seit jeher Talbrücken, bei denen die<br />
mittleren Pfeiler monolithisch mit dem<br />
Überbau verbunden s<strong>in</strong>d. Im Hangbereich<br />
werden auf den Stützen wegen<br />
der ger<strong>in</strong>geren Pfeilerhöhen meist Lager<br />
angeordnet. Das bekannteste Beispiel <strong>in</strong><br />
Deutschland ist die im Jahr 1979 errichtete<br />
185 m hohe Kochertalbrücke, bei der<br />
die mittleren vier Pfeiler bei Stützweiten<br />
von 138 m monolithisch an den Überbau<br />
angeschlossen s<strong>in</strong>d, das heißt, der mono-<br />
lithische Anteil e<strong>in</strong>e Länge von 414 m<br />
aufweist.<br />
E<strong>in</strong> technisch und gestalterisch herausragendes<br />
Bauwerk <strong>in</strong> semi<strong>in</strong>tegraler Kon-<br />
struktion ist die 520 m lange Talbrücke<br />
Zahme Gera im Zuge der BAB A 71, die<br />
2003 fertiggestellt wurde. Hier s<strong>in</strong>d die<br />
drei mittleren Y-förmig ausgebildeten<br />
Pfeiler monolithisch mit dem Überbau<br />
auf e<strong>in</strong>er Länge von 290 m verbunden.<br />
38 BRÜCKENBAU | 1 . 2011<br />
15 Talbrücke Reiterberg bei Marienberg<br />
© Leonhardt, Andrä und Partner GmbH<br />
Welche Möglichkeiten die semi<strong>in</strong>te-<br />
grale Bauweise bietet, konnte man <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren bei der Verwirklichung<br />
mehrerer großer Eisenbahnbrücken im<br />
Zuge der Aus- und Neubaustrecke Nürn-<br />
berg–Erfurt–Halle/<strong>Leipzig</strong>–Berl<strong>in</strong>, dem<br />
Verkehrsprojekt Deutsche E<strong>in</strong>heit Nr. 8,<br />
beobachten. E<strong>in</strong> ganz besonderes Bau-<br />
werk ist die Scherkondetalbrücke im<br />
Abschnitt Erfurt–Halle/<strong>Leipzig</strong>: Sie hat<br />
e<strong>in</strong>e Gesamtlänge von 576,50 m bei<br />
e<strong>in</strong>er maximalen Höhe über Tal von<br />
ca. 30 m. Zur Aufnahme der sehr hohen<br />
Bremslasten bei Eisenbahnbrücken be-<br />
f<strong>in</strong>det sich der Festpunkt am westlichen<br />
Widerlager, der letzte e<strong>in</strong>gespannte<br />
Pfeiler hat e<strong>in</strong>en Festpunktabstand von<br />
452 m. Der Überbau besteht bei Regelstützweiten<br />
von 44 m aus e<strong>in</strong>em vorgespannten,<br />
gevouteten, e<strong>in</strong>stegigen<br />
Plattenbalken. Um das Bauwerk mit<br />
dieser Länge semi<strong>in</strong>tegral errichten zu<br />
können, wurden verschiedene Optimierungen<br />
vorgenommen. [12] So wurden<br />
die Pfeilerdicken und die E-Moduli des<br />
Pfeilerbetons reduziert, um die Systemsteifigkeiten<br />
der Unterbauten zu ver-<br />
m<strong>in</strong>dern, und die Gründung der Pfeiler<br />
erfolgte auf horizontal nachgiebigen<br />
Pfahlreihen. Der Bauprozess wurde zu-<br />
dem so gesteuert, dass die tatsächlich an<br />
der fertigen Brücke auftretenden Pfeiler-<br />
kopfauslenkungen m<strong>in</strong>imiert wurden.<br />
Dazu dienten e<strong>in</strong>e gezielte Herstellungsreihenfolge<br />
und e<strong>in</strong> Festpunktwechsel<br />
16 Talbrücke Zahme Gera an der BAB A 71<br />
© DEGES GmbH<br />
am Ende der Bauzeit sowie Vorauslenkungen<br />
der Pfeiler, um die gerichteten<br />
Verformungen (Vorspannung, Kriechen,<br />
Schw<strong>in</strong>den) weitgehend zu kompensieren.<br />
In solchen Grenzbereichen ist hohe<br />
Ingenieurkunst, s<strong>in</strong>d aber auch e<strong>in</strong>e hohe<br />
Präzision und Kontrolle <strong>in</strong> der Ausführung<br />
erforderlich.<br />
9 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die Erkenntnis, dass Fugen und <strong>in</strong>sbesondere<br />
Dilatationsfugen Schwachpunkte<br />
von <strong>Brückenbau</strong>werken darstellen, hat<br />
im In- und Ausland e<strong>in</strong>e Rückbes<strong>in</strong>nung<br />
auf die fugen- und lagerlose Bauweise<br />
bewirkt. So s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
zahlreiche <strong>in</strong>tegrale und semi<strong>in</strong>tegrale<br />
Konstruktionen entstanden.<br />
Für <strong>in</strong>tegrale Tragstrukturen liegen mitt-<br />
lerweile für alle Bauweisen mit unterschiedlichen<br />
Gründungen bei Stützweiten<br />
bis ca. 50 m umfangreiche Erfahrungen<br />
vor. Im Anwendungsbereich von<br />
50–100 m fehlen h<strong>in</strong>gegen noch gesicherte<br />
Ergebnisse. Für den Übergang<br />
vom Bauwerk zur H<strong>in</strong>terfüllung existie-<br />
ren im In- und Ausland diverse Realisierungsvorschläge,<br />
vor allem über die Art<br />
und Ausführung von Schleppplatten am<br />
Brückenende. Welche Lösungen hier das<br />
Optimum bedeuten, müssen erst Lang-<br />
zeitstudien zeigen.<br />
Neben dem traditionellen E<strong>in</strong>satzgebiet<br />
bei Schrägstielrahmen, aufgeständerten<br />
Bogen- und hohen Talbrücken f<strong>in</strong>det die<br />
semi<strong>in</strong>tegrale Bauweise <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren zunehmend Anwendung bei<br />
mehrfeldrigen Rahmenbrücken mit nied-<br />
riger Höhe über Gelände sowie Längen<br />
bis ca. 200 m. Aber auch im Großbrückenbau<br />
dr<strong>in</strong>gt sie <strong>in</strong> immer größere<br />
Längenbereiche vor. Es zeigt sich, dass<br />
sich ihre Grenzen durch Optimierungsprozesse<br />
erheblich bee<strong>in</strong>flussen lassen.<br />
Dies bietet kreative Gestaltungsspielräume,<br />
ist zugleich jedoch h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der zielsicheren Umsetzung kritisch zu<br />
begleiten.<br />
17 Scherkondetalbrücke kurz vor Fertigstellung<br />
© Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co KG