2 BRÜCKENBAU | 1 . 2011
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn Zum (elften) <strong>Symposium</strong> <strong>in</strong> <strong>Leipzig</strong> Baukultur aus Überzeugung von Michael Wiederspahn Von Baukultur zu reden, ihre flächendeckende Verbreitung anzumahnen oder ihren tadellosen Ruf im Rahmen e<strong>in</strong>er Schlagzeile e<strong>in</strong>zusetzen, um irgendwelche Wortmeldungen oder Werkschauen zu adeln, ja eigenen wie befreundeten Initiativen den Glanz des außergewöhnlich Guten, Schönen oder wenigstens S<strong>in</strong>nvollen zu verleihen, gehört heute offenbar zum besseren Ton: Wer sich anderer Formulierungen bedient, läuft Gefahr, als e<strong>in</strong> (Bau-)Kulturbanause zu gelten, der sich lediglich von funktionalen oder sogar re<strong>in</strong> ökonomischen Erwägungen leiten lässt. Wem will oder soll man es mith<strong>in</strong> verdenken, wenn er e<strong>in</strong> solches Risiko zu bannen sucht und sich deshalb früher oder später im Dauergebrauch e<strong>in</strong>er »Vokabel« übt, die dank ihres superben Klangs se<strong>in</strong> Renommee zu wahren oder aufzupolieren hilft? Derartige Vermeidungs- und zugleich Aufwertungsstrategien weisen freilich e<strong>in</strong>en w<strong>in</strong>zigen Makel auf, bedürfen sie doch e<strong>in</strong>er mehr oder m<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>prägsamen Präzisierung, damit ihre An- oder Unterbr<strong>in</strong>gung nicht (ganz) so vordergründig und <strong>in</strong>haltsleer zu wirken droht. Und das erklärt letztlich die wachsende Beliebtheit e<strong>in</strong>es Begriffes, der e<strong>in</strong>e eben- so zweckorientierte wie niveaubewusste Genauigkeit verheißt, da sich <strong>in</strong> ihm das oft erstrebte und nur selten erzielte Zusammenspiel von Kreativität, Kunst- verständnis und Konzeptionsstärke auszudrücken sche<strong>in</strong>t. »Gestaltung« lautend, f<strong>in</strong>det er <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e durch- aus grenzüberschreitende, alle und alles betreffende Anwendung, wobei leider auffallend häufig vergessen wird, dass sich se<strong>in</strong>e Bedeutung auch oder über- wiegend auf die Be- und Verhübschung von ansonsten eher profan anmutenden Gebilden und Strukturen bezieht. E D I TO R I A L Ne<strong>in</strong>, Baukultur auf die Frage der Gestaltung oder deren Anschaulichkeit zu reduzieren, sie alle<strong>in</strong> unter dem Blickw<strong>in</strong>kel e<strong>in</strong>er (persönlichen) Kosten- Nutzen-Rechnung zu beleuchten, wird ihr kaum gerecht – besonders im Brü- ckenbau als e<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>e detaillierte Beschäftigung <strong>in</strong> puncto Ästhetik und Technik nachgerade er- zw<strong>in</strong>gt, deren stets komplexe Randbed<strong>in</strong>gungen ohneh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e verk(n)appte, auf Konturenkosmetik oder Kulissenkorrekturen verkürzte Beurteilungen erlauben und die <strong>in</strong>folgedessen exakt das erfordert, was im Pr<strong>in</strong>zip generell zu leisten bleibt: die angemessene, weil umfassende Betrachtung e<strong>in</strong>es Prozesses, der mit der ersten Ideenskizze beg<strong>in</strong>nt und sich dann von der Entwurfserarbeitung über die Ausführungs- planung bis h<strong>in</strong> zur Herstellung des (Brücken-)Bauwerks erstreckt. Jeder, der die E<strong>in</strong>ladung zu unserem (elften) <strong>Symposium</strong> gelesen hat, kennt natürlich Vortragstitel wie Referentennamen, kann also ab- und e<strong>in</strong>schätzen, was ihn <strong>in</strong> <strong>Leipzig</strong> erwartet, welche Informations- und Diskussionsmöglichkeiten ihm vor Ort geboten werden – und warum wir, die unterschiedlichsten Kriterien der Projektrealisierung <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit abbildend und analysierend, schon seit vielen Jahren »<strong>Brückenbau</strong> ist Baukultur« als Motto für e<strong>in</strong> Programm wählen, dessen thematische Ausrichtung sich nicht auf die Ab- oder Behandlung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Aspektes beschränkt. E<strong>in</strong>e weiter- oder tiefergehende Erläu- terung von Anspruch und Qualität die- ses zweitägigen Ingenieuraustauschs erübrigt sich <strong>in</strong>sofern, zumal se<strong>in</strong>e Premiere bereits über e<strong>in</strong>e Dekade zu- rückliegt, er daher über Tradition und e<strong>in</strong>e große Reputation verfügt, die sich zudem <strong>in</strong> den Tagungsbänden und deren Entwicklung von der e<strong>in</strong>fachen Dokumentation zur periodisch herausgegebenen Fach<strong>zeitschrift</strong> widerspiegelt. Die Lektüre des BRÜCKENBAU sei hier (deswegen) nochmals empfohlen. 1 . 2011 | BRÜCKENBAU 3