Die Firma und ihre Filialen - Christophorus Gesellschaft
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Bahnhofsmission<br />
Beispiele für Nächstenliebe gibt<br />
es in der Bibel. Und am Bahnhof.<br />
24 St<strong>und</strong>en. <strong>Die</strong> Bahnhofsmission<br />
kennt keinen Ladenschluss.<br />
Anders als die meisten sozialen<br />
Einrichtungen der Stadt will die<br />
Bahnhofsmission für alle Menschen,<br />
die auf Hilfe angewiesen<br />
sind, erreichbar <strong>und</strong> annehmbar<br />
sein. „Für alle Menschen“, egal<br />
in welchen Schwierigkeiten <strong>und</strong><br />
mit welchen Anliegen jemand zu<br />
den Mitarbeitenden kommt.<br />
Jeden Tag hat die Bahnhofsmission<br />
etwa 100 Kontakte zu<br />
hilfesuchenden Personen, <strong>und</strong><br />
das 365 Tage im Jahr. Unser folgender<br />
Text enthält ausgewählte<br />
Szenen eines Arbeitsalltages,<br />
wie er für die Bahnhofsmission<br />
typisch ist. Personenbezogene<br />
Details haben wir anonymisiert:<br />
Schläfrig knipst Wolfgang die<br />
Schreibtischlampe aus. Gerade<br />
hat ihn die letzte Besucherin<br />
verlassen, eine alte Frau, die<br />
niemand zum Reden hat. Eine<br />
gute St<strong>und</strong>e hat er sich <strong>ihre</strong><br />
Krankheitsgeschichte angehört.<br />
Jetzt freut sich der Sonderpädagogikstudent<br />
auf eine ruhige<br />
Nacht. Gerade auf der Pritsche<br />
eingeschlafen, klingelt es stürmisch<br />
an der Tür. Ein Notfall?<br />
Nein, nur einer, der Geld für Zigaretten<br />
wechseln will ...<br />
2:15 Uhr<br />
Wieder klingelt es. „Wenn der<br />
jetzt wieder nur Kippen ziehen<br />
will, ...“ Doch dann erschrickt<br />
Wolfgang. In der Tür steht eine<br />
junge türkische Frau <strong>und</strong> weint.<br />
8 • <strong>Christophorus</strong> <strong>Gesellschaft</strong> • Jahresbericht 2006<br />
An <strong>ihre</strong>m Hals frische Würgemale.<br />
Ihr Vater hat sie misshandelt, weil<br />
sie einen deutschen Fre<strong>und</strong> hat,<br />
aber einem Landsmann als Braut<br />
versprochen ist. Eigentlich wohnt<br />
sie in Dortm<strong>und</strong> - doch jetzt<br />
wird sie von der Familie in ganz<br />
Deutschland gesucht. Wolfgang<br />
beruhigt das Mädchen. In der<br />
Bahnhofsmission ist sie sicher ...<br />
7:30 Uhr<br />
Mit Beginn der Tagschicht stellt<br />
Annette Jakobeit die Lebensmittel<br />
bereit, die tagsüber an<br />
bedürftige Besucher ausgegeben<br />
werden. 60 mal wandert Verpflegung<br />
täglich über die Theke. <strong>Die</strong><br />
Teekannen sind bereits gefüllt.<br />
Sortiert werden müssen jetzt nur<br />
noch die angemeldeten Reisehilfen:<br />
Zwei Rollstuhlfahrer, drei<br />
blinde Zugreisende, vier ältere<br />
Herrschaften, zwei Kinder ohne<br />
Begleitung, eine ganz normale<br />
Planung für den Tag ...<br />
9:30 Uhr<br />
Tom, gerade mal 19, ist der erste<br />
aus der Jugendclique vom Bahnhof,<br />
der zur Tür hereinplatzt.<br />
„Lässig wie eh <strong>und</strong> je, nur diesmal<br />
ohne Knutschfleck“, bemerkt<br />
Annette Jakobeit. „Gestern bin<br />
ich rausgeflogen“, erzählt er der<br />
Sozialpädagogin. „Zoff“ mit dem<br />
Ausbilder hat er gehabt. „Der<br />
wollte nicht akzeptieren, dass es<br />
triftige Gründe für’s Fernbleiben<br />
gibt <strong>und</strong> da wurde er halt gegangen.<br />
Auch mit dem Wohnen bei<br />
den Kumpels ist es vorbei. Zuviel<br />
ekliges Geschirr <strong>und</strong> Viecher im<br />
Ausguss <strong>und</strong> keine Mädels, die<br />
sich darum kümmern. Auf die-<br />
sen Schock hin müsste er sich<br />
erstmal neuen Stoff besorgen.<br />
<strong>Die</strong> Bahnhofsmissionsmitarbeiterin<br />
ist besorgt. Immerhin redet<br />
er offen. Das ist neu. Währenddessen<br />
telefoniert Barbara Leim<br />
wegen der jungen Türkin mit dem<br />
Jugendamt. Bis auf weiteres wird<br />
das Mädchen in einer Wohngruppe<br />
aufgenommen ...<br />
12:00 Uhr<br />
Es wird eng im Flur: Sieben Menschen<br />
drängeln sich auf knapp<br />
sechs Quadratmetern <strong>und</strong> wollen<br />
alle auf einmal eine Person, die<br />
sich um <strong>ihre</strong> Angelegenheiten<br />
kümmert. Ein Ehepaar, beide<br />
blind, versucht sich mit den weißen<br />
Stöcken zwischen den Füßen<br />
anderer einen Weg zu bahnen.<br />
Frau Leim ist im Gespräch vertieft.<br />
Ein älterer Herr will den Kofferkuli<br />
zur Tür herein schieben.<br />
„So geht es nicht“, greift Barbara<br />
Leim ordnend ein ...<br />
KontaKt<br />
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