11.01.2013 Aufrufe

Info 150 Layout.indd - Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege ...

Info 150 Layout.indd - Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege ...

Info 150 Layout.indd - Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Musterkonservierung und Ausführung<br />

Mit einem zeitlichen Vorlauf von einem Jahr vor Beginn der<br />

Maßnahme formulierte das BLfD ein Verfahren <strong>für</strong> die Fassungsfestigung<br />

an der Kassettendecke und erprobte es an den<br />

beiden ausgebauten Platten. Nach der Musterkonservierung<br />

sollten die Kassettenfelder wieder eingebaut und ein Jahr<br />

lang den widrigen Klimabedingungen ausgesetzt werden.<br />

Für die Auswahl von Festigungsmittel und die Applikationsweise<br />

waren mehrere Kriterien zu berücksichtigen: Das<br />

Material musste der Feuchtigkeitsbelastung und den Temperaturschwankungen<br />

an der Decke widerstehen sowie<br />

möglichst alterungsbeständig sein. Farbton und Glanzgrad<br />

der Malschicht sollten sich möglichst wenig verändern. Das<br />

Einbringen des Festigungsmittels musste wegen der empfindlichen­<br />

Malschicht­ berührungslos­ erfolgen,­ am­ bestendurch<br />

Sprühauftrag. Da ein Ausbau der Platten nicht möglich<br />

ist, musste das Verfahren <strong>für</strong> eine Bearbeitung vor Ort,<br />

größtenteils über Kopf, geeignet sein.<br />

Nach einiger Recherche und verschiedenen Vorversuchen<br />

stellte sich Kunstharzlösung als das am besten geeignete<br />

Material dar. Gewählt wurde ein Acrylat, das sich in einem<br />

langsam trocknenden, geruchsarmen Lösemittel verarbeiten<br />

lässt.<br />

Zweck der Versuche war, durch Steuerung der Sprüh- und<br />

Anlegetechnik eine Bindemittelanreicherung hauptsächlich<br />

unter der Malschicht zu bekommen – hier musste die Haftung<br />

wiederhergestellt werden. Auf der Schollenoberseite<br />

sollte sich so wenig Bindemittel wie möglich absetzen, dem<br />

Grundsatz folgend, nur so viel wie nötig und so wenig wie<br />

möglich an Fremdsubstanz einzubringen. Durch relativ starke<br />

Baudenkmäler – eine nachwachsende Ressource?!<br />

Zur Baukultur der Nachkriegszeit<br />

Nachkriegsarchitektur zwischen Italien und Dänemark<br />

Zur Belebung der touristischen Infrastruktur wurde in der<br />

norditalienischen Provinz Treviso eine „Architekturstraße“<br />

abgesteckt und die Routen in mehrsprachigen Broschüren<br />

ausführlich beschrieben und illustriert. Gleichrangig mit<br />

kulturhistorisch bedeutenden Stadtensembles, mittelalterlichen<br />

Burgen, klassizistischen Kirchenbauten oder palladianischen<br />

Villen werden darin auch architektonische<br />

Reiseziele vorgeschlagen, die (erst) in den 1960er und 1970er<br />

Jahren entstanden sind. Dabei handelt es sich etwa um eine<br />

ursprünglich <strong>für</strong> ein Elektrounternehmen konzipierte Fabrikanlage<br />

des Architekten und Industriedesigners Marco<br />

Zanuso in Casella d’Asolo (errichtet 1963–67) und um das<br />

unter der Regie des in Architektenkreisen legendären Carlo<br />

Scarpa inszenierte betonbarocke Grabmal der Familie Brion<br />

in San Vito d’Altivole (1969–78).<br />

In Dänemark werden die in die Jahre gekommenen Bauten<br />

von Arne Jacobsen, die zum Inbegriff der Architektur des 20.<br />

Jahrhunderts zählen, regelmäßig mit beeindruckender Sensibilität<br />

behandelt. Beispielsweise erfuhr die 1957 als früher<br />

Pavillontyp fertiggestellte Munkegaard-Schule in Gentofte<br />

Denkmalforschung<br />

Verdünnung­dünnflüssig­eingestellt,­durch­Ausnutzung­der­<br />

Kapillarwirkung, durch die der größte Teil der Lösung unter<br />

die Malschichtschollen gesaugt wird, sowie mit ausreichender<br />

Wartezeit zwischen dem Besprühen und dem Andrücken<br />

der lockeren Malschicht konnte dieses Ziel erreicht werden.<br />

Die beiden restaurierten Testplatten wurden im Frühjahr<br />

2009 wieder eingesetzt. Nachdem das Festigungsverfahren<br />

auch vor Ort erfolgreich erprobt und den Gegebenheiten<br />

angepasst worden war, konnten die Erkenntnisse als Grundlage<br />

<strong>für</strong> das Leistungsverzeichnis dienen. Mittlerweile sind<br />

zwei­Drittel­der­Deckenfläche­bearbeitet.­Das­Verfahren­ließsich<br />

vollkommen zufriedenstellend realisieren und führt zu<br />

einer überzeugenden Stabilisierung der fragilen Malschicht.<br />

Umso erfreulicher ist die geglückte Konservierung der Fassung<br />

vor dem Hintergrund von Überlegungen, die zu Beginn<br />

der Gesamtinstandsetzung formuliert worden waren. Da<br />

man nicht wusste, ob das Schadensbild überhaupt restaurierbar<br />

war, hatte man bereits Kalkulationen <strong>für</strong> ein Abräumen<br />

und Neufassen der Kassettenfelder angestellt.<br />

Natürlich wird auch die gefestigte Fassung weiterhin den<br />

besonderen klimatischen Bedingungen in der Walhalla<br />

ausgesetzt sein, sie ist aber soweit stabilisiert, dass sich<br />

der Schadensfortschritt hinreichend verlangsamt. Die Entscheidung,<br />

keine Retuschen auszuführen und auch Bereiche<br />

mit großen Malschichtverlusten zu belassen, wurde nach<br />

reiflicher­Erörterung­unter­allen­Beteiligten­getroffen.­Sieist<br />

Bestandteil des <strong>für</strong> die Gesamtinstandsetzung gewählten<br />

Weges, eine reine Konservierung auszuführen und den<br />

Bestand so zu akzeptieren wie er ist.<br />

Jens Wagner<br />

bei Kopenhagen, seit 1995 als Kulturdenkmal ausgewiesen,<br />

vor wenigen Jahren eine Erweiterung. Der ursprüngliche<br />

Bestand­ wurde­ dabei­ nahezu­ konfliktfrei­ respektiert,­ undauch<br />

die Instandsetzung des Bestandes beschränkte sich<br />

auf die notwendigsten Erneuerungen. Auch hier galt es,<br />

die energetischen Bedingungen zu verbessern, gleichwohl<br />

wurden­ die­ ohnehin­ kleinflächigen­ massiven­ Fassadenbereiche<br />

eben nicht mit Wärmedämmungen verpackt. Die<br />

im­ Gegenzug­ ausgetauschten­ großflächigen­ Verglasungenzeigen<br />

weiterhin die ursprünglichen Fensterkonstruktionen<br />

bis hin zu den wiederverwendeten Glasleisten.<br />

Natürlich­ ist­ nicht­ alles­ denkmalpflegerisches­ Gold,­ was­<br />

(möglichst nicht) glänzt, aber eine gewisse Selbstverständlichkeit<br />

im Umgang mit Bauten der zweiten Hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts kann man z. B. unseren italienischen oder<br />

dänischen Nachbarn zugestehen: Eine Selbstverständlichkeit,<br />

die zwischen Ost- bzw. Nordsee und Alpen bisweilen<br />

ganz und gar nicht vorhanden ist! Allgemein betrachtet ist<br />

hier seit Jahren ein nicht unerheblicher Schwund an Baukultur<br />

der Nachkriegszeit zu beobachten. Auch ohne Zugewinn<br />

von­ Nutzflächen­ werden­ ökonomisch­ „abgeschriebene“­<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!