Nr. 16 - Collegium Carolinum
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der Akten des tschechoslowakischen Außenministeriums durch die Deutsche Archiv-Kommission<br />
Priorität. Er glaubte, durch die Unterlagen eine antideutsche Haltung<br />
der Tschechoslowakei beweisen zu können, womit er die Okkupation völkerrechtlich<br />
erklären wollte. Dementsprechend sollte der VAA die Arbeit der Kommission<br />
beschleunigen. Wie sich später allerdings herausstellte, gab es keine negative<br />
Deutschland-Politik mit Geheimverträgen der Tschechoslowakischen Republik.<br />
Die bereits von Ribbentrop am <strong>16</strong>. März 1939 formulierte Aufgabe der laufenden<br />
Berichterstattung an die Zentrale wurde nicht explizit festgelegt, doch bekam<br />
sie im Laufe des Jahres 1939 eine zunehmende Bedeutung.<br />
Besonders Henckes Nachfolger Kurt Ziemke beschäftigte sich ab September 1939<br />
in seiner umfangreichen und detaillierten Berichterstattung mit der innenpolitischen<br />
Lage im Protektorat. Hilfreich waren ihm dabei seine guten Kontakte zu Staatssekretär<br />
Karl Hermann Frank und zu den deutschen Sicherheitsbehörden im Protektorat.<br />
Dadurch konnte er die Zentrale in Berlin beispielsweise über Regierungskrisen<br />
und -umbildungen, politische Gruppierungen und die Einheitspartei Národní souručenství,<br />
die tschechische Presse, aber auch über die Stimmungslage und das<br />
deutsch-tschechische Verhältnis informieren. Seine Nachfolger Martin von Janson,<br />
Georg Gerstberger, Werner Gerlach und Erich von Luckwald setzten diese Arbeit<br />
bis fast zum Ende des Zweiten Weltkrieges fort.<br />
Nach 1945 befasste sich eine internationale Expertengruppe mit der Herausgabe<br />
der „Akten zur deutschen auswärtigen Politik“, die sich auf Material des Auswärtigen<br />
Amtes stützt. Da aber im März 1939 die Tschechoslowakei aufgehört hatte,<br />
völkerrechtlich zu existieren, wurden nur noch sehr wenige diplomatische Unterlagen<br />
in dieses für die Wissenschaft so wichtige Standardwerk eingearbeitet. Auch in<br />
späteren Quellensammlungen, welche die Zeit der Okkupation zum Inhalt haben,<br />
wurden die vorhandenen diplomatischen Dokumente des Auswärtigen Amtes nur<br />
unzureichend berücksichtigt.<br />
Diese Quellenedition kann kein vollständiges Bild über die Ereignisse im Protektorat<br />
Böhmen und Mähren vermitteln. In den Akten des Politischen Archivs des<br />
Auswärtigen Amtes bestehen dazu zu große Fehlbestände. Grund dafür ist unter<br />
anderem ein abnehmender Schriftverkehr durch fehlende Diplomaten, Bombeneinschläge<br />
mit Bränden im Auswärtigen Amt sowie Anweisungen zur Vernichtung<br />
wichtiger Akten. Einige Bestandslücken konnten allerdings mit Dokumenten aus<br />
der Reichskanzlei, der Dienststelle Ribbentrop oder anderer Reichsbehörden, die<br />
im Bundesarchiv und im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes lagern, geschlossen<br />
werden. Darüber hinaus konnten Dokumente der Vertretung des Auswärtigen<br />
Amtes sowie Materialien aus dem persönlichen Besitz des VAAs Kurt Ziemke,<br />
die sich im Staatsarchiv/Národní archiv in Prag befinden, eingearbeitet werden.