Sortiment Die Genossenschaft eBuch steckt in der Klemme. Nach ...

Markt Thema der Woche
Genossen
im Clinch
12 | 16-2007 börsenblatt
Rote Zahlen, gedrückte
Stimmung, Vorwürfe und
Gegenvorwürfe: Bei der
Informationsgemeinschaft eBuch
ist Feuer unterm Dach. Die Zusammenarbeit
zwischen den Leitungsgremien
Vorstand und Aufsichtsrat
sowie den zwei Handelsvertretern
Herby Thurn und
Lorenz Borsche hat sich in den
vergangenen Wochen und Mo-
naten rapide verschlechtert. Wie
berichtet, wurde der technische
Vorstand Alexander Klein am
vorvergangenen Wochenende
vom Aufsichtsrat mit sofortiger
Wirkung vorläufig seines Amtes
enthoben. Seine Aufgaben übernahm
kurzfristig Holm Löwe, der
erst kürzlich in den Vorstand berufen
worden war (BÖRSEN-
BLATT 15 / 2007).
Nach Darstellung des Aufsichtsrats
soll der saarländische Buchhändler
Klein Dokumente für Mitglieder
auf einem öffentlich zugänglichen
Server ungeschützt
zum Download bereitgestellt haben,
wie es in einer Pressemitteilung
von eBuch hieß. Der Aufsichtsrat
wirft dem Sortimenter
deshalb den Verstoß gegen Geheimhaltungsvorschriften
und den
Bruch von Stillschweigepflichten
vor. Außerdem legt das Aufsichtsgremium
der eBuch dem freigestellten
Vorstand zur Last, er habe
mit »grob falschen Zahlen« agiert.
Klein hat mittlerweile zu seiner
Amtsenthebung Stellung genommen.
Wie er darlegt, habe
man ihm selbst in dem Einschreiben,
das ihn am 11. April erreicht
habe, keine Gründe genannt,
weswegen er suspendiert wurde.
»Gleichwohl hat man mir angekündigt,
auf einer dann zwingend
erforderlichen Hauptversammlung
zu den Gründen Stellung
nehmen zu dürfen.« Die Gründe
seiner Suspendierung kenne
er nur über Dritte. »So, wie sie
mir zur Kenntnis gelangt sind, widerspreche
ich den behaupteten
Gründen in vollem Umfang.«
Sortiment Die
Genossenschaft eBuch
steckt in der Klemme.
Nach mehreren Jahren
mit Verlusten wächst
offenbar die Gefahr einer
Insolvenz. Außerdem
sind die Leitungsgremien
tief zerstritten.
Allerdings erachte er es als sinnvoll
und geboten, derzeit keine
Gegendarstellung zu verlangen.
»Ich möchte das Thema bis zu einer
abschließenden Klärung vertraulich
behandeln und vor allem
im Sinne der eBuch nicht an die
Öffentlichkeit bringen.«
Diese Absicht, so ehrenwert sie
klingt, hatte von vornherein kaum
Aussicht auf Erfolg. Inzwi-
Text:
Christina Schulte
16-2007 börsenblatt | 13
© Nicole Hoehne

Markt Thema der Woche
Nachzählen erübrigt
sich: Die eBuch-
Mitglieder setzen auf
Vorteile durch den
Einsatz von EDV in
einer geschlossenen
Warenwirtschaft
schen hat Klein einen Anwalt
eingeschaltet und eBuch eine Unterlassungs-
und Verpflichtungserklärung
bezüglich der Gründe für
seine Abberufung zukommen lassen.
Wie man hört, wird in diesem
Schriftsatz dem Genossenschaftsvorstand
bei Verstoß eine
Vertragsstrafe von mehreren tausend
Euro angedroht.
eBuch kämpft
mit roten Zahlen
Noch bedenklicher als die
Querelen zwischen den Gremien
mutet aber die schwierige
wirtschaftliche Situation
der Genossenschaft an. Diese
wird in einem dem BÖRSEN-
BLATT vorliegenden Mitgliederrundschreiben
der Vorstände
Sara Willwerth und Brigitta Lange
sowie des suspendierten Vorstands
Alexander Klein ausführlich
dargelegt.
Wie es in dem Brief an die Mitglieder
vom 24. März heißt, weise
der vorläufige Jahresabschluss
der eBuch zum 31. Dezember
2006 einen Jahresfehlbetrag von
105 000 Euro aus. Zusammen
mit den Verlustvorträgen aus
Vorjahren ergebe sich damit ein
Gesamtfehlbetrag von 240 000
Euro.
Für eine Genossenschaft wie die
eBuch eine bedenkliche Entwicklung.
Denn bei einem eingezahlten
Kapital von ca. 388 000 Euro
bedeutet das, dass dessen Wert
unter 50 Prozent des Nominalwerts
gefallen ist. Nach dem Genossenschaftsgesetz
sei der Vorstand
verpflichtet, die Mitglieder
unverzüglich auf einer außerordentlichenMitgliederversammlung
über diesen Sachverhalt zu
informieren und ein Sanierungskonzept
zu präsentieren, argumentiert
das kritische Trio. Um
das wirtschaftliche Überleben der
eBuch zu sichern und das Zentrallager
Anabel auch weiter mit
Erfolg zu betreiben, seien »einschneidende
Maßnahmen unbedingt
erforderlich«.
Klein, Lange und Willwerth haben
auch das Sanierungskonzept
erarbeitet, das der außerordentlichen
Mitgliederversammlung
vorgelegt werden soll. Als Termin
für das Krisentreffen war ursprünglich
der 22. April festgelegt
worden. Weil die Einladung
angeblich nicht formgerecht verfasst
war, so der Vorbehalt des
Aufsichtsrates, wurde das Mitgliedertreffen
abgesagt. Diese
Absage hält Sara Willwerth für
»etwas kleinkariert«. Ein neuer
Termin steht noch aus. Am kommenden
Wochenende
werden sich nun Aufsichtsrat
und Vorstand
treffen. Willwerth gegenüber
dem BÖRSEN-
BLATT: »Da soll alles
auf den Tisch, und wir
wollen offen reden.«
Nach ihrem Kenntnisstand
sei auch nicht einer
der Vorwürfe gegen
Alexander Klein zu belegen.
In einer Kurzanalyse
der Bilanz der eBuch
kommen die Absender
der Rundmail zu
dem Schluss, dass »jeder
einzelne Bereich einen
schmalen Gewinn
© Nicole Hoehne
abwirft, der aber in der Summe
nicht ausreicht, um die Kosten
des laufenden Geschäftsbetriebes
aufzufangen«. Als Knackpunkt
erscheinen ihnen vor allem die
Provisionen für die freien Handelsvertreter
Lorenz Borsche
und Herby Thurn: Die Analyse
der einzelnen Teilbereiche zeige
als jeweils größte Kostenposition
die Provisionen für die beiden
auf, heißt es in dem Dokument.
Schlichte Konsequenz, die
die Analysten ziehen: die Bezüge
der beiden kürzen.
Borsche favorisiert eine andere
Lesart des Jahresabschlusses.
Da habe man »systematisch versucht,
die Bilanz mit Kosten zu
belasten und Thurn und mich
schlecht aussehen zu lassen«.
Für das Konstrukt der Generalbevollmächtigten
hatte sich
der Vorstand bei Gründung der
eBuch bewusst entschieden. Er
wollte nicht selbst tätig sein und
hatte alle für die Genossenschaft
anfallenden Arbeiten auf die damaligenGeneralbevollmächtigten
übertragen und im Gegenzug
einen Vertrag über Umsatzprovisionen
von 35 Prozent vereinbart.
Ein branchenüblicher Provisionssatz,
wenden die Kritiker
heute ein, liege erfahrungsgemäß
aber zwischen sechs und zehn
Prozent vom Umsatz.
Zudem weisen Klein, Lange
und Willwerth darauf hin, dass
die Verträge mit Thurn und Borsche
bereits im Jahr 2004 in Handelsvertreterverträgeumgewandelt
worden seien. Der Grund:
Bei den umfangreichen Tätigkeiten,
die in den Altverträgen
aufgeführt waren, hätte eine Sozialversicherungs-
und Lohnsteuerpflicht
gedroht, die zur sofortigen
Insolvenz der eBuch geführt
hätte. Borsche bestreitet
allerdings, dass diese Gefahr bestanden
habe.
Mit der Vertragsumwandlung
hätten sich der Kurzanalyse zufolge
einerseits die Tätigkeiten
auf übliche Vertriebstätigkeiten
Holm Löwe: Hat die
Aufgaben des suspendierten
technischen
Vorstands Alexander
Klein übernommen
Sara Willwerth:
»Alles soll auf den Tisch,
und wir wollen offen
reden«
Borsches und Thurns reduziert.
Alle geschäftsführenden Tätigkeiten,
die sich durch Betrieb
und Bewirtschaftung des Zentrallagers
ergeben hätten, seien seither
in die Zuständigkeit des ehrenamtlichen
Vorstands gefallen.
Andererseits habe man jedoch
nichts an den finanziellen Konditionen
geändert. Thurn und
Borsche hätten keine Begründung
gesehen, »warum sie auf
etwas verzichten sollen, das ihnen
nach dem alten Vertrag gewährt
wurde«. Nicht in Betracht
gezogen hätten sie, dass sie von
einem Großteil der Aufgaben entbunden
worden seien, weil diese
von den geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern
Lange, Klein
und Willwerth übernommen
worden seien.
Ein Punkt, der im Vorstand auf
besondere Kritik stößt: Die Handelsvertreter
seien unter anderem
dazu verpflichtet, die anfallenden
Vertriebskosten zu übernehmen.
»Tatsächlich wurden und werden
von den beiden Handelsvertretern
die Kosten für Vertriebstätigkeiten
nicht übernommen, die
der eBuch entstehen.«
Borsche weist indes die Kritik
an überhöhten Zuflüssen an ihn
und Thurn zurück. Die 35 Prozent
vom Umsatz verteilten sich
auf zwei Personen. Zudem trügen
er und Thurn die für sie anfallenden
Kosten selbst, sei es
für Büro, Reisen etc. Durch die
Handelsvertreter entstünden der
Herby Thurn:
Die Höhe seiner Bezüge,
die er als Handelsvertreter
der eBuch erhält, wird
kritisiert
eBuch – anders als bei fest angestellten
Geschäftsführern – außerdem
keine Fixkosten. Und
die umsatzabhängige Bezahlung
biete auch die Chance, dass alle
von gut laufenden Geschäften
profitierten.
Vorstand kritisiert
Aufsichtsrat
Dass nicht nur die Chemie zwischen
Vorstand und Handelsvertretern
nicht mehr stimmt, sondern
auch Aufsichtsrat und Vorstand
ständig zanken, zeigt ein
offener Brief vom 30. März; er
war vom Vorstand an den Aufsichtsrat
gerichtet. Darin wirft
der Vorstand dem Aufsichtsrat
vor, dieser habe die Vorstandsarbeit
»massiv behindert« und
habe immer wieder gegen den
Vorstand und für die Handelsvertreter
Partei ergriffen. Auch
sei die Berufung der neuen Vorstandsmitglieder
Herby Thurn
und Holm Löwe ohne vorherige
Absprache mit dem amtierenden
Vorstand erfolgt. Man sei im Vorfeld
noch nicht einmal vom Aufsichtsrat
über dessen Absichten
informiert worden. Dass mit
Thurn und Löwe zwei Genossen
in den Vorstand berufen wurden,
die nach Auffassung der Altvorstände
massive finanzielle Vorteile
von der Genossenschaft haben,
»deutet darauf hin, dass der
Aufsichtsrat sich entschieden
hat, bewusst gegen die Interes-
Lorenz Borsche:
Soll nach Auffassung des
Vorstands künftig deutlich
weniger Provision erhalten
sen der Genossenschaft zu handeln«.
Unter anderem aus diesem
Grund fordert der Vorstand den
Aufsichtsrat in dem offenen
Brief auf, bei der außerordentlichen
Mitgliederversammlung
den »Rücktritt zu erklären, um
die Möglichkeit für Neuwahlen
eines unabhängigen und den Interessen
der Genossenschaft förderlichen
Aufsichtsrats zu schaffen«.
Für Gesprächsstoff ist also
auf dem nun anstehenden Wochenendgipfel
gesorgt. b
Alexander Klein:
Der technische Vorstand
wurde am
vorvergangenen
Wochenende seines
Amtes enthoben
14 | 16-2007 börsenblatt 16-2007 börsenblatt | 15
© privat
© Dietrich Janicki
© privat
Gegründet: 14. mai 2000
von 15 Buchhändlern
Mitglieder: mehr als
300 Buchhandlungen
Ziele: Verknüpfung der
Warenwirtschaften der
mitgliedsbuchhandlungen
über das Internet. die zusammengeführtenStatistik-
und Wirtschaftsdaten
erlauben rationelles handeln.
die gemeinsamen
daten werden anderen Interessentenkostenpflichtig
zur Verfügung gestellt.
Dienstleistungen: unter
anderem anabel, das Zentrallagerprojekt
in Kooperation
mit Libri. die Lieferbarkeitsrecherche
ana-
Blitz oder die internetbasierte
registrierkasse
Belami. aber auch callcenter,Bestellunterstützung,
Gruppentarife etc.
Vorstand: Brigitta Lange
(hilberath & Lange, mül-
eBuch
© Gaby Waldek
© privat
heim), Sara Willwerth
(Buchhandlung Weber, erkrath),
herby Thurn, mindelheim,
holm Löwe (Soft-
Point Gmbh), alexander
Klein (suspendiert, Buchhandlung
Friedrich, St. Ingbert)
Mitglieder und Verhinderungsvertreter
des
Aufsichtsrats: annegret
olàh (der Buchladen,
hamburg), christian
drechsler (SoL-Buchhandlung,
erlangen), randolph
Bartz (Bücher Bartz,
Bonn), marianne Kamm
(Leselust, Gilching),
holger Braunweiler
(Schwarz auf Weiß, Viernheim)
Geschäftsstelle: die
beiden handelsvertreter
herby Thurn (mindelheim)
sowie Lorenz Borsche
(heidelberg), Verwaltung:
Inez Baumann (Schwabach)