14.01.2013 Aufrufe

Jetzt und Hier - Vorarlberg

Jetzt und Hier - Vorarlberg

Jetzt und Hier - Vorarlberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Elektromobil<br />

VLOTTE ist ein Modell zur Elektromobilität. Mit<br />

einer Jahresvignette kann man nicht nur an den<br />

inzwischen 120 öffentlichen VLOTTE-Ladestellen<br />

tanken, sondern dort auch bis zu vier St<strong>und</strong>en<br />

parken. Die charakteristischen grünen VLOTTE-<br />

Strom säulen befinden sich in Ortszentren, vor<br />

Supermärkten, Banken oder an wichtigen Verkehrs -<br />

knotenpunkten. Sie sind zudem Teil des internationalen<br />

Park & Charge-Verb<strong>und</strong>s. Mitglieder laden<br />

ihre Elektrofahrzeuge auch an allen Terminals in<br />

Deutschland, der Schweiz <strong>und</strong> Liechtenstein kostenlos<br />

auf.<br />

Die gesamte VLOTTE-Ladeinfrastruktur wird mit<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er Ökostrom aus regionalen Klein -<br />

wasserkraft-, Fotovoltaik- <strong>und</strong> Biogasanlagen<br />

gespeist, also mit h<strong>und</strong>ert Prozent erneuerbarer<br />

Energie. Wer Ökostrom verwendet, unterstützt den<br />

Ausbau von heimischen Ökostromanlagen <strong>und</strong><br />

regionaler Energieautonomie. Der Sprit kommt aus<br />

der Steckdose. Mit heutiger Technologie der<br />

Fotovoltaik kann außerdem die Sonnenenergie mit<br />

einem Wirkungsgrad von zirka zehn Prozent in<br />

elektrische Energie umgewandelt werden. Ein<br />

Carport mit einer Fotovoltaikfläche von 20 m²<br />

liefert somit jährlich Strom für r<strong>und</strong> 10.000<br />

Elektroauto-Kilometer.<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er Elektroautomobil Planungs- <strong>und</strong> Beratungs GmbH www.vlotte.at<br />

Energieautonomie<br />

6 vorum 3/2012<br />

Wälderbus<br />

Foto: Peter Swozilek<br />

Im Bregenzerwald ticken die Uhren anders. Die Fahrpläne des ,Landbus Bregenzerwald‘ wurden umgestellt.<br />

Mit halbstündlichen Verbindungen auf den Hauptachsen wurde eine neue Mobilität für alle BewohnerInnen<br />

<strong>und</strong> BesucherInnen des Bregenzerwaldes geschaffen <strong>und</strong> auf die Bewältigung der Frequenzspitzen am Morgen<br />

<strong>und</strong> Abend besonders geachtet. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird damit eine umweltbewusste<br />

<strong>und</strong> kostengünstige Alternative zum ländlichen Individualverkehr. Die Fahraufträge gehen an die ÖBB-Postbus<br />

GmbH, welche wiederum vertraglich verpflichtet ist, mindestens vierzig Prozent der Fahrleistung an private<br />

Busunternehmer im Bregenzerwald zu vergeben. Damit ist der Wälderbus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für<br />

die Region mit zirka h<strong>und</strong>ert Arbeitsplätzen im Fahrbetrieb. Das Streckennetz bedient 402 Haltestellen,<br />

jährlich werden r<strong>und</strong> 6,9 Millionen Fahrgäste befördert. Das ÖPNV-Versorgungsgebiet reicht von Warth an der<br />

Landesgrenze zu Tirol, über den Mittel- <strong>und</strong> Vorderwald bis nach Dornbirn <strong>und</strong> Bregenz. Zusätzlich wird eine<br />

Linie bis ins deutsche Oberstaufen geführt.<br />

Regionalentwicklung Bregenzerwald GmbH www.regiobregenzerwald.at<br />

Foto: M Pfeifer Steiner<br />

Beratung, Bildung <strong>und</strong> Forschung für sinnvollen Energieeinsatz <strong>und</strong> erneuerbare Energieträger, sowie die<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Begleitung länger dauernder Impulsprogramme zu verschiedenen Themen <strong>und</strong> für diverse<br />

Zielgruppen sind die Aufgaben des Energieinstituts <strong>Vorarlberg</strong>. Ein Beispiel: Neun Vorderwälder Gemeinden<br />

haben sich 2010 im Sinne zukunftsfähiger Energiepolitik zur ,energieregion vorderwald‘ zusammen -<br />

geschlossen. Konkretes Ziel ist es, den Energiebedarf für Raumwärme bis 2020 zu h<strong>und</strong>ert Prozent aus<br />

regionaler, erneuerbarer Energie zu decken. Weiters ist das ,e5‘ Landes programm für energieeffiziente<br />

Gemeinden ein zentrales Begleit- <strong>und</strong> Zertifizierungsprogramm für Städte <strong>und</strong> Gemeinden, die sich aktiv für<br />

eine zukunftsfähige kommunale Energie- <strong>und</strong> Klima politik engagieren wollen. Jede e5-Gemeinde erfasst dabei<br />

alle zur Verfügung stehenden Potentiale, setzt Prioritäten <strong>und</strong> stellt durch professionelle Projektarbeit<br />

eine kontinuierliche Um setzung in Richtung Energieautonomie sicher. <strong>Vorarlberg</strong> soll bis zum Jahr 2050 die<br />

Energieautonomie erreichen, 62% der Energie durch den Einsatz verfügbarer Energieeffizienz techno logien<br />

einsparen <strong>und</strong> 48% mehr Energie aus erneuerbaren Energieträgern produzieren.<br />

Energieinstitut <strong>Vorarlberg</strong> www.energieinstitut.at<br />

Ökostrombörse<br />

Die Produktion von erneuerbarer Energie, also die<br />

Stromerzeugung aus Wasserkraft, Windkraft <strong>und</strong><br />

Biomasse braucht neue Ansätze, die von den bestehenden<br />

Strukturen unabhängig sind. Österreichweit<br />

gibt es Vereine, die zwischen denen, die<br />

Ökostrom wollen <strong>und</strong> denen, die Ökostrom produzieren,<br />

vermitteln. Das wirkungsvollste Lenkungs -<br />

mittel in unserer Gesellschaft ist nun mal Geld:<br />

Konsumenten bestimmen durch ihre Kaufkraft, ob<br />

nachhaltige Produkte hergestellt werden. Die<br />

Ökostrombörse ist der Marktplatz für K<strong>und</strong>en, die<br />

mehr Ökostrom wollen <strong>und</strong> für Ökostrom -<br />

produzenten, die Unterstützung zum Bau <strong>und</strong><br />

Betrieb der Anlagen brauchen. Dies kann als private<br />

Förderung über das Management des Strom -<br />

verbrauchs durch einen Ökostromhändler oder mit<br />

Beteiligung an einer Ökostromanlage erfolgen. In<br />

<strong>Vorarlberg</strong> konnte auch das Konzept der Bürger -<br />

beteiligung an einer Reihe von Ökostrom anlagen<br />

umgesetzt werden. Aktuell werden über die<br />

Ökostrombörse bereits zwölf Bürger beteiligungs -<br />

anlagen <strong>und</strong> an die dreih<strong>und</strong>ert Kleinanlagen<br />

betreut <strong>und</strong> betrieben. Der Einsatz von erneuerbarer<br />

Energie unterstützt die Eigen ständigkeit in der<br />

Stromversorgung, steigert die regionale Wert -<br />

schöpfung sowie die Versorgungs sicherheit <strong>und</strong><br />

schafft zusätzliche Arbeitsplätze.<br />

Arge Erneuerbare Energie <strong>Vorarlberg</strong> (AEEV) www.aeev.at<br />

Maß <strong>und</strong> Übermaß<br />

Franz Schuh im Interview über Ressourcenknappheit<br />

<strong>und</strong> Bedürfnisse, Wünsche, Begehren<br />

Was braucht der Mensch, was steht ihm zu?<br />

Die Tatsache, dass es Ressourcen gibt, bedeutet<br />

stets, dass sie knapp sind. Menschen haben<br />

offenk<strong>und</strong>ig eine eingebaute Maßlosigkeit. So<br />

reden sie seit der Antike gerne vom Maß, von der<br />

Mäßigung <strong>und</strong> schließlich auch davon, dass man<br />

maßvoll mäßig sein muss. Man kann ja auch im<br />

Übermaß Maß halten <strong>und</strong> sich damit von den<br />

Ressourcen selbstzerstörerisch abkoppeln. Aber<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich gilt, dass die Ressourcen ein<br />

Versprechen zu ihrer Ausbeutung darstellen.<br />

Kaum sind sie da, besteht schon die Vorstellung,<br />

man müsse sie im Übermaß anzapfen. Das bringt<br />

eine merkwürdige Doppelbödigkeit mit sich:<br />

Einerseits die Abhängigkeit von den Ressourcen<br />

<strong>und</strong> andererseits den Protest dagegen, dass<br />

Ressourcen bis zum Geht-nicht-mehr ausgebeutet<br />

werden.<br />

Damit verb<strong>und</strong>en ist die Art des Menschen, nur<br />

schwer lernen zu können. Wir lernen am besten<br />

aus Katastrophen. Es gibt die religiöse Vorstellung<br />

der Metanoia, also der Um kehr. Doch wie man<br />

Menschen ohne Katastrophe zur Umkehr bringt,<br />

ist die große Frage, sowohl der Lebens- als auch<br />

der Regierungskunst. Die Hoffnung ist, dass sich<br />

die Katastrophen nicht in einer einzigen unbewältigbaren<br />

Katstrophe melden, sondern dass sie<br />

sich verteilt – auf einzelne Phänomene, aus denen<br />

man schrittweise lernen kann. Ich glaube nicht,<br />

dass die Menschen jemals irgendetwas unterlassen<br />

werden, was sie rein technisch tun können. Die<br />

Ressource der eigenen Fähigkeiten, der tech -<br />

ni schen <strong>und</strong> der moralischen, ist eine, die von<br />

Beschränkungen abrät <strong>und</strong> ins Unbe schrä n kte<br />

führt.<br />

Aber läuft das System weiter, bis es sich selbst<br />

erschöpft, die Katastrophen größer oder kleiner sind?<br />

Soll der Staat eingreifen? Hat das Individuum<br />

überhaupt eine Chance, durch Bewusstsein<br />

<strong>und</strong> Umdenken etwas zu verändern?<br />

Jeder, der in diesem Zusammenhang als Pessimist<br />

auftreten würde, macht gleichzeitig das, wofür<br />

ja die Finanzmärkte berühmt sind: eine selffulfilling<br />

prophecy. Wenn viele Leute extrem<br />

pessimistisch sind, wenn dieser Kultur pessi mis -<br />

mus allgemein wird, ist es sehr wahrscheinlich,<br />

dass dann tatsächlich – in einer entmutigten<br />

Atmo sphäre – nichts geschieht. Andererseits<br />

kann der Zukunftsoptimismus, die allzu billige<br />

Hoffnung, zu denselben Folgen führen, wie die<br />

pessimistische Mutlosigkeit.<br />

Unsere Gesellschaft ist nicht zuletzt auf<br />

Bändigung der Zügellosigkeit aus. Das bürgerliche<br />

Gesetzbuch ist im Gr<strong>und</strong>e nichts anderes als die<br />

Belehrung des Individuums, was es besser unterlässt,<br />

will es nicht bestraft werden. Es wird relativ<br />

stark Einfluss genommen, um Übergriffe im<br />

Rahmen zu halten. Aber es gibt in diesen<br />

Gesellschaften Macht zeichen, Institutionen,<br />

deren Interessen zu analysieren sind, zum<br />

Beispiel die der Atomindustrie. Wenn solche<br />

Interessen mit der politischen Macht verschmelzen<br />

– nichts anderes ist mit dem Begriff<br />

<strong>und</strong> der Praxis des „Lobbying“ verb<strong>und</strong>en – dann<br />

reichen meiner Ansicht nach die traditionellen<br />

Zügelungen durch Gesetz <strong>und</strong> Recht nicht aus.<br />

Auch die soziale Kontrolle, die Menschen einander<br />

antun oder die sie füreinander leisten, wird<br />

nicht helfen. Man muss die Institutionen, die<br />

Macht verkörpern, insbesondere die wirt schaft -<br />

liche Macht, durch überlegte Maßnahmen dazu<br />

bringen, zurückhaltend zu sein <strong>und</strong> nicht weiter<br />

zu gehen, damit das Weiterleben auf dieser Erde<br />

halbwegs vielversprechend bleiben kann.<br />

Wie kommt das Individuum mit seinen Bedürfnissen,<br />

Wünschen <strong>und</strong> Begehren klar?<br />

Die Vorstellung, dass der Mensch per se Be dürf -<br />

nisse hat, greift zu kurz. Es gibt Be dürfnisse, die<br />

in seiner Kreatürlichkeit liegen: Eine bestimmte<br />

Temperatur verträgt er gar nicht, wenn er zu<br />

hungrig, zu durstig ist, stirbt er. Das sind kreatürliche,<br />

anthropologische Fakten, die zum Men -<br />

schen allein durch seine Existenz ge hören. Diese<br />

Bedürfnisse, die Gr<strong>und</strong> be dürfnisse sein mögen,<br />

addieren sich jedoch in verschiedenen anderen<br />

Bedürfnissen; sie kommen auf einer anderen als<br />

einer kreatürlichen Ebene zusammen.<br />

Den Gr<strong>und</strong>bedürfnissen gesellen sich Konstella -<br />

tionen hinzu, die diese Begehrlichkeit, die<br />

Begierde fähigkeit des Menschen beeinflussen<br />

<strong>und</strong> auf Trab halten. Das primitivste Beispiel ist,<br />

dass niemandem je ein Handy abgegangen ist,<br />

erst seitdem es Mobiltelefone gibt, bemerkt man<br />

den Mangel. Das ist nicht kulturkritisch ab zu -<br />

lehnen, das ist das Stück, das wir aufführen: Mit<br />

dem Angebot steigt die Nachfrage <strong>und</strong> daher<br />

auch die Bedürftigkeit.<br />

Durch Enthaltsamkeit wiederum kann jene<br />

Grenze zur Selbstschädigung überschritten werden,<br />

die den sozialen Tod vorwegnimmt. Lehnt<br />

man beispielsweise bestimmte Techniken der<br />

Kommunikation gr<strong>und</strong>sätzlich ab <strong>und</strong> baut sie<br />

nicht in sein System der Bedürfnisse ein, kommt<br />

es zur sozialen Isolation. Das heißt, Bedürfnisse<br />

unterliegen auch der sozialen Kontrolle. Es gibt<br />

Bedürfnisse, die wir einander einreden, die es gar<br />

nicht gibt, die aber durch unsere Kommunikation<br />

zu realen Bedürfnissen werden. Die jeweilige<br />

Kultur <strong>und</strong> Gesellschaft hat ein Einverständnis<br />

darüber erzeugt, dass nur deren Verfolgung oder<br />

deren Einlösung den Menschen dazu bringt, ein<br />

Teil dieser Gesellschaft zu sein.<br />

Das, was man Begierde oder Begehren nennen<br />

kann, ist die Gr<strong>und</strong>situation des Menschen in der<br />

Welt. Ich will damit sagen, dass Menschen durch<br />

ihre Begierdefähigkeit, durch die Tatsache, dass<br />

sie begehren, überhaupt erst eine Welt haben. Sie<br />

sind nicht in sich verschlossen, weil sie vom<br />

Außerhalb ihres Selbst etwas benötigen, was sie<br />

begehren. Dieses zur Selbstverwirklichung auf<br />

die Außenwelt Angewiesen-sein nenne ich<br />

Begehren. Es ist unsere wichtigste Verankerung<br />

in der Welt. Diese archaische Verankerung wird<br />

jedoch in der Neurose dekadent, oft unerträglich<br />

<strong>und</strong> schmerzlich. In einer Kultur, die uns be -<br />

schützt, aber andererseits zügelt, führt die<br />

Zurück haltung des Begehrens oft zu seltsamen<br />

Verdrehungen, Perversionen. Aber ohne Be geh -<br />

ren wäre uns die Welt noch viel gleich gültiger,<br />

als sie es ohnedies zu sein scheint.<br />

Interview: Martina Pfeifer Steiner<br />

Foto: M Pfeifer Steiner<br />

Franz Schuh<br />

geboren 1947 in Wien, Schriftsteller <strong>und</strong> Essayist<br />

Lehrbeauftragter Univ. für Angewandte Kunst, Wien<br />

freie Mitarbeit bei R<strong>und</strong>funkanstalten <strong>und</strong> Zeitungen<br />

zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem österr.<br />

Staatspreis für Kulturpublizistik, Preis der Leipziger<br />

Buchmesse, österr. Kunstpreis für Literatur

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!