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Lesen - Golf Dornseif

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Die Einwanderungswellen Richtung Südwestafrika hatten im Verlauf der Jahre unterschiedliche<br />

Zusammensetzungen:<br />

Erste Phase 1884 bis 1893: vorwiegend Missionarsfrauen, Farmerfrauen, usw.<br />

Zweite Phase 1893 bis 1898: Ehefrauen von Beamten und Offizieren der Truppe (Dieser Anteil stieg<br />

zwischen 1894 und 1914 von vier auf 13 Prozent).<br />

Dritte Phase ab etwa 1900: Außenseiterinnen wie Diamanten-Spekulantinnen, Bardamen, Prostituierte,<br />

Frauen mit unehelichen Kindern, schuldlos verarmte Töchter und Ehefrauen.<br />

In der weißen Bevölkerung Südwestafrikas formierte sich allmählich eine dünne Oberschicht, eine<br />

breite Mittelschicht und eine kleine Unterschicht mit fließenden Übergängen. Zur Oberschicht zählten<br />

hohe Beamte und Offiziere, erfolgreiche und wohlhabende Farmer, Großkaufleute, Unternehmer. In<br />

der Mittelschicht bewegten sich mittlere Kolonialbeamte und mittlere Ränge der Schutztruppe (etwa<br />

bis zum Hauptmann) mit ihren Angehörigen, außerdem Geistliche, Missionare, Händler, Ladenbesitzer,<br />

Handwerker.<br />

Die meisten gebildeten Frauen gehörten zur Mittelschicht: Lehrerinnen, unabhängige und selbständige<br />

Farmerinnen, Krankenschwestern, Erzieherinnen (Hauslehrerinnen, Gouvernanten), In der Unterschicht<br />

existierten Gelegenheitsarbeiter, Hausierer (Wandergewerbe), Mannschaftsdienstgrade der<br />

Schutztruppe, Wäscherinnen und Dienstmädchen.<br />

Landfrauen und Stadtfrauen distanzierten sich allmählich voneinander, obwohl es nur drei Städte gab:<br />

Windhuk, Lüderitzbucht und Swakopmund: Beamtenfrauen und Offiziersfrauen bildeten ihre geschlossenen<br />

Zirkel voller Hochmut. Die Bürokratie begann zu wuchern, der Verwaltungsapparat blühte<br />

auf und bot attraktive Positionen (ohne große Anstrengung).<br />

Eine halbtags beim Gouvernement beschäftigte deutsche Stenotypistin erwähnte in einem Brief an<br />

ihre Verwandten in der alten Heimat: „Diese mit Wellblech überdachten Farmhäuser in Südwest sind<br />

nichts weiter als Geräteschuppen primitiver Machart, in denen tatsächlich Menschen hausen. Die<br />

deutschen Rinderzüchter vegetieren so ähnlich wie einst unsere germanischen Vorfahren in ihren<br />

Höhlen und Hütten“.<br />

Ohne Zweifel betrachtete sich die Briefschreiberin als eine erfolgreiche soziale „Aufsteigerin“ und sah<br />

auf viele ihrer Landsleute mit Verachtung und Hohn herab.<br />

Höhere Töchter zimmern einen Hühnerstall in Witzenhausen mit Kittelschürzen!

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