Lesen - Golf Dornseif
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„Schon vier Wochen nach meinem Eintreffen erwartete ich die ersten Mädchen aus Deutschland;<br />
sodass wir das Haus so schnell wie möglich vergrößern mussten, was jedoch weitere drei Monate<br />
beanspruchte. Bis dahin kampierten die Töchter in einem aus der alten Heimat mitgebrachten Zelt,<br />
was ihnen viel Spaß machte! Im November konnte der Ausbau abgeschlossen werden und sechs<br />
Elevinnen finden darin Unterkunft…“<br />
„In einem Nebengebäude der benachbarten Forststation sind Bäder und die Waschküche<br />
untergebracht. Zusätzliche Einrichtungen: Ställe zur Geflügelzucht, Schweinezucht, Tischlerwerkstatt,<br />
Schrotmühle, Knochenmühle, Zentrifuge usw. Zur Ausbildung zählt Gartenpflege genau so wie die<br />
Aufzucht von 20 Rindern, 70 Stück Kleinvieh, Eseln. Wir bereiten Butter und Käse in eigener Regie,<br />
unterstützt von Kaffern. Sehr wichtig ist der geschickte Umgang mit Eingeborenen, freundlich und<br />
bestimmt zugleich.<br />
Die Unterweisung von Farbigen auf Farmen und in Haushaltungen darf nicht vernachlässigt werden<br />
genau so wenig wie Schulung mit Einfühlungsvermögen wegen ihrer Mentalität und Empfindlichkeit.<br />
Eine gute Chefin muss energisch auftreten können, aber auch nachsichtig reagieren von Fall zu<br />
Fall…“<br />
„Meine drei Begleiterinnen während der Anreise nach Brakwater waren zwei Damen mit Afrika-<br />
Lebenserfahrung und eine ehemalige Schülerin aus Witzenhausen. Alle fanden interessante<br />
Stellenangebote, die ihrer Vorstellung gerecht wurden, und hatten damit großes Glück. Am 22.<br />
September tauchten die ersten Elevinnen auf voller Neugier. Die Lehrzeit sollte ursprünglich sechs<br />
Monate auf Brakwater umfassen, doch wurden die meisten Mädchen schon vorher abgeworben von<br />
interessierten Farmerfamilien…“<br />
Die Lehrfarm sollte und musste – davon abgesehen – jederzeit eine Möglichkeit bieten, nach<br />
„verunglückten Engagements“ dorthin zurück zu kehren und die Ausbildung fortzusetzen, gestützt auf<br />
neue (und nicht immer erfreuliche) Erfahrungen in Betrieben. Nachwuchs für Brakwater vermittelten in<br />
Deutschand die Betreuerinnen Fräulein von Kortzfleisch (Reifenstein im Eichsfeld). Fräulein Kotzebue<br />
(Eisenach) und Frau Hauptmann Breyer (Ludwigsburg)…“<br />
„Was ist aus den ersten Elevinnen geworden? Fräulein Busse ist jetzt Gesellschafterin bei Frau Major<br />
Maercker in Windhuk, Fräulein von Hausen übt sich als Farmverwalterin und betreut Halbwaisen,<br />
Fräulein Berthold lebt in einer Arztfamilie als Praxis-Assistentin in Karibib .Bei freier Station (Kost und<br />
Logis) zahlen die Arbeitgeber monatlich 65 bis 150 Mark Gehalt. Fräulein Behrens arbeitet als<br />
Sekretärin beim Gouvernement in Keetsmanshoop mit einer Vereinbarung von zehn Mark Tagesgeld,<br />
während ihr Gehalt bis 3.000 Mark jährlich zunimmt…“<br />
„Gouverneur von Schuckmann hat mich wissen lassen, dass junge Damen mit höherer Schulbildung<br />
und Bürofachkenntnissen beim Gouvernement willkommen sind, ebenso examinierte Junglehrerinnen.<br />
Eine Lehrerin erhält 4.000 Mark Jahresgehalt, eine kostenlose Dienstwohnung, einen schwarzen<br />
Diener und Pensionsberechtigung! ...“