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Horizonte - Clipper DJS

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Rundriechen auf der „Jonny“<br />

Eine olfaktorischer Rundgang mit Karoline Kröner<br />

Herzlich Willkommen auf einer olfaktorischen<br />

Reise durch die Jonny! Jedem ist dieses<br />

Gefühl bekannt: die Haustür aufzuschließen<br />

und den vertrauten, einzigartigen Geruch des<br />

eigenen Zuhauses wahrzunehmen. Doch wie<br />

ist das, wenn das Zuhause kein Haus, sondern<br />

ein Schiff ist, wenn die Familie aus 36<br />

Personen besteht, die tagelang auf einzig und<br />

allein 170m² zusammen leben? Um diese<br />

Situation zu beschreiben, nehme ich euch mit<br />

auf einen Rundgang über die Jonny, deren<br />

Gerüche nach einer Woche auf See recht vielseitig<br />

sind. Beginnen wir im allseits bekannten<br />

„Pumakäfig“, der Zwölferkammer der Mädchen<br />

ganz vorne im Schiff. Der Name „Pumakäfig“<br />

lässt vielleicht vermuten, dass wir in<br />

einem ziemlichen Mief zu leben haben, doch<br />

dem ist nicht so. Die zwei Schotts sorgen für<br />

einen dauernden, zuverlässigen Durchzug,<br />

der uns bei Wind zwar beinahe erfrieren lässt,<br />

die Erstickungsgefahr jedoch stark verringert.<br />

Dies verändert sich jedoch beim Verlassen<br />

des PKs gen achtern. Man betritt den öffentlichen<br />

Badezimmergang, der unüberriechbar<br />

für alle öffentlich ist.<br />

Den ersten richtigen Schock bekommt man<br />

jedoch beim Betreten der Viererkammer<br />

Steuerbord. Beim Öffnen der Tür kommt<br />

einem eine Wolke aus Salami (die hat Flo<br />

über seiner Koje hängen), dreckigen Socken<br />

und Männerschweiß entgegen. Das Wecken<br />

in dieser Kammer fällt immer recht kurz aus,<br />

da sich niemand freiwillig länger als nötig<br />

darin aufhält. Ähnlich geht es in der Viererkammer<br />

Backbord zu. Wollen wir uns also<br />

nicht länger damit beschäftigen… Unser Weg<br />

führt uns nun direkt an der Kombüse vorbei,<br />

deren Geruch permanent variiert: Heißes Fett,<br />

frisch gebackenes Brot, Gewürze, Kaffee, verbrannter<br />

Kuchen (entstanden, als sich der<br />

Teig bei Seegang im Backofen ergoss und wir<br />

vergessen hatten, die Lüftung anzustellen…),<br />

16<br />

und alles andere, was in einer „Großküche“ so<br />

zubereitet wird. Erst gegen Abend wird dieser<br />

Geruch durch das tägliche Schrubben und<br />

Großreinigen der Kombüse vom Putzmittel<br />

überdeckt. Klettert man den Niedergang nach<br />

oben, gelangt man in die Messe, unseren<br />

Multifunktionsraum. Da nun endlich der<br />

Geruch des Käse-Kartoffel-Sauerkraut-<br />

Auflaufs verzogen ist, von dem selbst den<br />

„Nicht-Seekranken“ bis zum Erbrechen<br />

schlecht geworden ist, erregt nun der Duft des<br />

Mittagessens unseren Appetit, das heute zum<br />

ersten Mal ohne die Hilfe Ottos gekocht<br />

wurde.<br />

Bis zum Essen muss ich mich noch etwas<br />

gedulden und verlasse die Messe durch den<br />

anderen Niedergang (rückwärts natürlich),<br />

vorbei am Trockenschrank, in dem frisch<br />

gewaschene Trockentücher hängen. Die restliche<br />

Wäsche wird bei so schönem Wetter wie<br />

jetzt auf Wäscheleinen an Deck aufgehängt.<br />

Das Wunderding namens „Waschmaschine“,<br />

das nur betätigt werden kann, sofern der<br />

Seegang nicht zu stark ist, steht im<br />

Badezimmer Steuerbord achtern. Auch wenn<br />

das Waschpulver recht neutral riecht, übertönt<br />

es dennoch jeden anderen Geruch, der auf<br />

dieser Toilette entstehen könnte. Direkt<br />

gegenüber befindet sich die Lehrerkammer,<br />

die bemerkenswert frisch duftet. Wenn ich<br />

jetzt die Tür zur Toilette Backbord öffne, steigt<br />

mir ein wohltuender Geruch von Männershampoo<br />

in die Nase: hier wurde gerade<br />

geduscht. Ich folge der Duftspur und überrasche<br />

Jannis in der Sechserkammer. „Du<br />

riechst aber gut“: Geduschten Leuten wird<br />

immer gerne „hinterher gerochen“, da sie hier<br />

eher eine Seltenheit darstellen. Auch wenn<br />

sich in die Luft dieser Kammer etwas<br />

Aftershave und Shampoo mischt, unterscheidet<br />

sie sich unwesentlich von den anderen<br />

Jungenkammern. – Männertranspirationen

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