… arbeitest du schon oder suchst du noch? - Evang. Landjugend in ...

DIE VORLETZTE FUHRE
Tante Grete
wischt auf
Liebe Tante Grete,
warum fängt eigentlich jeder Brief an dich
mit dieser Anrede an? Liegt es vielleicht
daran, dass du wirklich einfach nur lieb bist -
oder kann es sein, dass es sich um Briefe
aus dem Standard-Setzkasten eines Ghostwriters
handelt, der sich auf das Verfassen
von Leserbriefen (und Antworten) spezialisiert
hat? Gibt es womöglich innerhalb der
ELJ eine Ortsgruppe oder gar einen Bezirk,
die/der auf ihrer/seiner Agenda (auch so
ein Wort, dass in letzter Zeit immer und
überall auftaucht) „die vorletzte Fuhre“
stehen hat?
Ein Unwissender auf der Suche nach Klarheit
Lieber Unwissender,
Du scheinst ja wirklich eine blühende Fantasie
zu haben. Wir haben kaum Geld, um
über die Runden zu kommen, reißen uns
den A… auf, um uns neue Finanzierungsideen
zu überlegen, röcheln uns auf
Demos ab, um die ELJ zu retten, … und
da sollen wir auch noch einen Ghostwriter
beschäftigen? Und wenn du nicht gerade
blind und taub durch die gute Kinderstube
gegangen bist, wirst du ja wissen, dass für
kostenlose, hilfreiche Lebensweisheiten
einer renommierten Fachkraft zumindest
eine freundliche Anrede angebracht ist.
Mit den allerliebste Grüßen, hochachtungsvoll
deine geliebte Tante Grete
Sehr geehrte Frau Grete,
schon seit Jahren beobachte ich die personalpolitischen
Entwicklungen innerhalb der
ELJ. Dabei habe ich festgestellt, dass viele
Posteninhaber von einer Hierarchieebene
zur nächsten wechseln. So hat sich mir die
Frage aufgedrängt, ob es diese Vielfalt an
Ebenen nur gibt, damit die Funktionsträger
ruhigen Gewissens im Freundes- und Familienkreis
beteuern können: „Zur nächsten
… -wahl trete ich nicht mehr an“. Schließlich
kann man den Bezirks- leicht gegen
einen Landesvorstandssessel und später
gegen einen Sitz im Kuratorium einwechseln.
Wenn dann auch der/dem Letzten
aufgegangen ist, dass sie/er kein Jugendlicher
im eigentlichen Sinne mehr ist, bleibt
ja immer noch das Altenteil im Vorstand
des Fördervereins!
Ein Familienmitglied
PS: Stimmt es, dass diese immer wieder bis
an den Rand der Kompetenz Recycelten
intern als „Mehrweg-Flaschen“ bezeichnet
werden?
Liebes Familienmitglied, (welcher Familie
auch immer)
meinst wohl ein ganz Schlauer zu sein?
Denkst wohl man kommt so ganz ohne
Bewährungsprobe an die obersten Vorstandspöstchen
ran? Ne,ne mein Lieber,
so einfach ist das nicht. Ein bisschen Vorarbeit
gehört da schon dazu. Außerdem
solltest du froh sein, wenn es Menschen
gibt, die heutzutage noch Bock haben was
zu machen und nicht nur „sinnvolle“ SMS
verschicken oder alles erst mal chillig angehen
lassen. Und von wegen Vorstandssessel.
Die unbequemen Stühle auf stundenlangen
Sitzungen mit leckeren Pappenheimer
Wurstbroten musst du dir erst mal
geben, dann reden wir weiter. Und wenn du
dich im ELAN so gut auskennst, kann ich ja
wohl davon ausgehen, dass du schon
längst Mitglied bist???! Wenn nicht, dann
kann ich dir das nur raten, denn es hilft so
über manchen Neidgedanken hinweg.
Deine Tante Grete
P.S. zum Thema Mehrwegflaschen: Du
kannst nicht immer von dir ausgehen.
Liebe Tante Grete,
aufgrund der vielen Kirchenaustritte, der
allgemeinen Landflucht und der demografischen
Entwicklung steht zu befürchten,
dass es bald niemanden mehr geben wird,
der alle drei Voraussetzungen (evangelisch,
ländlich, jung) für den Eintritt in die
ELJ mitbringt. Wird es zur Aufspaltung kommen?
Wird es drei Nachfolgeorganisationen
geben und werden diese Vereine sein
(schließlich braucht es zur Gründung mindestens
sieben Gründungsmitglieder)? An
wen kann ich mich wenden?
Ein älteres, ehemaliges Kirchenmitglied,
München
Hallo, du ehemaliges Kirchenmitglied,
du hast die Lage voll erkannt: die Welt ist
schlecht! Die Zukunft düster! Die Kirche am
absteigenden Ast! Ach mit dem allgemeinen
Rumgejammer, dass ja grade so in ist,
könnte ich noch stundenlang weitermachen,
wenn es mich nicht so nerven würde.
Aber wenn du ein bisschen aufgeweckter
wärst, hättest du vielleicht schon gecheckt,
dass gerade die ELJ dieser Situation voll
gewachsen ist und sich nicht klein kriegen
lässt. Ich glaube manch einer aus Politik
und Wirtschaft könnte von unserer Flexibilität,
unserem Umgang mit Problemen und
unserem Spaß an der Arbeit lernen. Außerdem
stellt sich mir noch die Frage, wie
jemand, der „ehemaliges“ Kirchenmitglied
ist, Vorraussetzungen für den ELJ-Eintritt
bestimmen will? Wir haben es doch nicht
nötig uns zu spalten, denn bei uns ist für
alle Platz. Wenn du auch dazugehören
willst, kannst du deine Kirchensteuer ja
direkt an uns zahlen und in den ELAN eintreten.
Das verschafft Frieden und gute
Stimmung!
Mit den besten Wünschen
Tante Grete
Seite 11
Liebe Tante Grete,
jedes Mal wenn ich in unserem schmuddeligen,
Bierlachen verklebten Vereinsheim
dein Bild in der Mistgabel sehe, frage ich
mich: Ist das nun ein Schrubber mit Putzlumpen
oder einer dieser modernen,
selbstreinigenden Wischer mit Mikrofasertuch?
Welche Erfahrungen hast du damit
gemacht und was empfiehlst du? Gibt es
zu diesem Thema einen Mistgabel-Testbericht?
Und - könntest du nicht zur Abwechslung
mal bei uns aufwischen?
A.N. Onyma - ich melde mich nach der
nächsten Feier bei dir
Liebe/r Unbekannte/r,
erst mal danke für deinen netten Brief. Ich
wundere mich doch immer wieder, welch
lebenswichtige Fragen manche Leute bewegen.
Natürlich fühle ich mich geehrt,
wenn mein Bild dich zu solch tiefer Betrachtung
bringt, hoffe aber doch, dass das
nicht nur an der verwanzten Umgebung
liegt, weil man da halt nix besseres zu tun
hat. Nun zu deiner äußerst wichtigen Frage:
Ja es handelt sich dabei um einen alten
Putzlappen und einen Schrubber, denn ich
steh auf althergebrachte Methoden. Mit
denen konnte ich schon so manche Sauerei
aufwischen. Außerdem halte ich von dem
ganzen Mikrofaserantibakteriellenmeisterpropervanishoxiactionvileda-Gerümpel
überhaupt nichts, das ist doch bloß Geldschneiderei.
Putzen musst du immer noch
selber. Und das solltest du auch schleunigst
tun, anstatt dir über solchen Blödsinn
den Kopf zu zerbrechen, denn vielleicht
bekommt dann euer Vereinsheim ja mal
den Goldenen
Schrubber verliehen!
Mit glänzenden Grüßen deine Tante Grete
Liebe Tante Grete!
Ich mach mir Gedanken, wenn nicht sogar
Sorgen um meine Bezirksvorsitzende. In
einer unserer letzten Kinderzeltlagersitzungen
wollte sie die Gesprächsleitung nicht
übernehmen - mit der Begründung „… wo
ich doch heut ohnehin so verwirrt bin!“. Im
weiteren Verlauf brachte sie Ideen für unser
Zeltlager ein wie „Die Zukunft durch
den Biss in einen Apfel voraussagen“,
„chinesische Horoskope deuten und des
Nächtens die chinesischen Schriftzeichen
für die Horoskope am Sternenhimmel
suchen“. Für die Kinder hat sie deren Namen
in chinesische Lautzeichen übersetzt,
die ebenso bedeutungsschwangere Botschaften
für das weitere Leben versprechen.
Doch nicht genug: Jedes Kind
soll A. D. aus H. / B. seine Geburtsstunde
und den Wochentag nennen, damit sie
ihnen neue Namen mit Ereignis bezogener
Impressum
Ausgabe 3/2004
Ausrichtung geben kann. Ich, die ich an
einem sonnigen Sonntagabend im Mai
nach einem Waldspaziergang meiner Eltern
geboren bin, werde dann wahrscheinlich
„feiertägliche Abendsonne über Bäumen“
von nun an heißen. Seltsam mutete mir
auch Anettes Idee an, Hühnereier in Orangenschalen
über dem Lagerfeuer zu
kochen - auch des Nächtens und als Auftakt
für die Aktion „jedes Kind darf sich
eine Voodoo-Puppe basteln“. Gegen Ende
der Sitzung stellte sich dann heraus, dass
A. D. aus H. / B. in der vergangenen Nacht
erst um 6.00 Uhr morgens ins Bett kam.
Nun frage ich mich natürlich, was tut A. D.
aus H. / B. während ihrer schlaflosen
Nachtstunden? Kann es etwa sein, dass sie
sich einen Nebenerwerb als Wahrsagerin
aufgebaut hat? Kann ich jemals wieder
unbedarft vor ihren Augen in einen Apfel
beißen?
Eine verunsicherte Bezirksreferentin, die
nicht erkannt werden möchte.
Meine liebe verunsicherte Bezirksreferentin,
Es mutet schon seltsam an, wenn einem
gut bekannten Menschen auf einmal die
seltsamsten Verhaltensweisen an den Tag,
bzw. die Nacht legen. Ich kann da deine
Verunsicherung voll verstehen. Ich glaube
ja, dass A. aus H. eine ganz Ausgebuffte
ist, die sich ganz heimlich und leise ein
zweites Standbein aufbaut. Bei der derzeitigen
Wirtschaftslage ist das ja verständlich,
da ist man/frau doch über jeden Euro
froh. Wenn nun A. aus H. sich in Richtung
chinesischer Horoskope, Voodoo-Puppen
und Anderem etabliert, kann ich nur sagen,
dass Asia-Trend momentan topaktuell ist.
Sicher hat sie bei unserer immer planloseren
Gesellschaft die besten Chancen, denn
es gibt bestimmt Leute, die sich für viel
Geld viel Gschmarri erzählen lassen, Hauptsache,
es ist trendig. Mich wundert es da
nicht, dass sie manchmal so verwirrt ist, ist
doch das Ausdenken solcher Horoskope
sicher nicht immer leicht, denn immer nur
die aus der Brigitte auswendig zu lernen
macht auch keinen Spaß.
Allerdings ist es bedenklich, dass sie ihre
Praktiken ins Kinderzeltlager mit einbringen
will. Das ist wohl so was wie Realitätsverlust.
Lasst ihr doch mal ein indianisches
Horoskop machen, was die Zukunft so
bringt. Vielleicht kommt sie von dem fernöstlichen
Trip wieder runter.
Ansonsten wüsche ich euch weiterhin viel
Spaß beim Apfelessen.
Eure (an solch faulen Zauber nicht glaubende)
Tante Grete
P.S. Wenn A. aus H. mal Zeit hat, würde ich
ihr gern mein Geburtsdatum verraten!
Herausgeber: Evangelische Landjugend in Bayern (ELJ), Stadtparkstr. 8 - 16,
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Redaktionsschluss für die Ausgabe 4/2004: 12. November 2004