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10 | <strong>Tagung</strong> Agenda Setting<br />
ESSAY<br />
DEMUT IN DER<br />
WIRKLICHEN<br />
WIRKLICHKEIT.<br />
Denn Sisyphos war<br />
ein glücklicher<br />
Mensch<br />
Und wieder eine <strong>Tagung</strong> zum Thema Agenda Setting für uns<br />
Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter der Kommunikationswelt.<br />
Mit dem Handwerkszeug, ausgestattet durch<br />
Studium, Lebens- und Berufserfahrung und hoffentlich mit<br />
ausreichend gesundem Menschenverstand, hören wir uns<br />
aufmerksam gegenseitig eine kurze Zeit zu und lauern auf<br />
den Dreh, den Kniff, die Methode, das Tool.<br />
Wir lauern und schauen, um Ordnung hineinzubringen in das<br />
kommunikative Durcheinander. Wir lauern und schauen, um<br />
dem nächsten Trend nicht wieder nur hinterherzudenken. Wir<br />
lauern und schauen, um zu verstehen. Wir lauern und schauen,<br />
um Subjekt zu sein und nicht Objekt der neuesten Welle.<br />
So bilden wir uns ausdauernd fort, versuchen aus den Best-Cases<br />
und Worst-Cases Interessantes zu ziehen. Versuchen zu verstehen,<br />
warum aus dem scheinbaren Nichts ein zu Guttenberg<br />
kommt und dorthin auch wieder verschwindet.<br />
Was war eigentlich vor 14 Tagen das Thema? War es die Euro-<br />
Krise, Griechenland immer noch? Was war vor einem Monat,<br />
was war vor einem Jahr? Und noch spannender und entscheidend:<br />
Was wird in einem Monat das Thema sein?<br />
Es ist schon etwas Grundsätzliches verkehrt im Kopf, wenn wir<br />
meinen, die Agenda (setting) bestimmen zu können oder auch,<br />
dass wir sie abzuschneiden (cutting) in der Lage sind. Beim mitlaufen<br />
(surfing) bin ich toleranter, denn da muss man doch gar<br />
nicht soviel tun.<br />
Nun ist mein Blick auf manche Teile des Agenda-Setting-Gedröhne<br />
kritisch. Er ist durch Erfahrung so geworden. Ich erinnere<br />
mich an unzählige Runden in den vierzehn Jahren (1995-2009)<br />
in der Bundespolitik in denen wir Agenda Setting geplant haben.<br />
Immer wieder beliebt: Die umfangreichen Vorbereitungen zum<br />
Jahresauftakt – im Oktober wartend, im November beginnend,<br />
über den Dezember hektisch werdend – bei denen minutiös geplant<br />
wurde, wie das kommende Jahr zu beginnen habe, welche<br />
Themen den Medienzyklus bestimmen sollten und wie man die<br />
eigene Partei, Fraktion, Regierung, Ministerium am Besten, Wirkungsvollsten<br />
und Nachhaltigsten ins Spiel bringen kann.<br />
von Kajo Wasserhövel<br />
Staatssekretär a.D.<br />
Elephantlogic, Agentur für<br />
Strategieberatung GmbH<br />
Die Zeiten waren andere, die Themen unterschiedlich, aber eines<br />
war all diesen Versuchen gemeinsam: Sie waren schnell nur<br />
Papier und das Leben zog eine andere Bahn. Das hat aber keinen<br />
von uns – in den diversen Planungsstäben sitzend – dazu veranlasst,<br />
es im nächsten Jahr sein zu lassen. Nein. Der Zyklus begann<br />
immer wieder von Neuem und immer wieder mit dem Vorsatz<br />
ausgestattet, es „beim nächsten Mal“ besser zu machen und „realistischer“<br />
zu planen.<br />
Nicht viel anders war dies bei den verschiedenen Wahlkämpfen<br />
auf der Bundesebene. Natürlich gehört es zum professionellem<br />
Geklapper, so zu tun, als ob man alles im Blick und im Griff hätte;<br />
aber auch hier kamen die Themen oft aus dem toten Winkel<br />
und der Anteil an Improvisation war erheblich. Dies obwohl die<br />
wesentlichen Spielregeln (Wahlrecht) geklärt sind, der Raum der<br />
„DARIN BESTEHT DIE VERBOR-<br />
GENE FREUDE DES SISYPHOS.<br />
SEIN SCHICKSAL GEHÖRT IHM.<br />
SEIN FELS IST SEINE SACHE.“<br />
ALBERT CAMUS<br />
Auseinandersetzungen (Wahlkreise) bestimmt ist und die Teilnehmer<br />
(Parteien, Medien, Gruppen) sich auch schon länger kennen.<br />
Woran lag das nur?<br />
Sicher: Wir hätten an der einen oder anderen Stelle professioneller<br />
oder sorgfältiger arbeiten können. Sicher: Es waren zum Teil<br />
besondere Zeiten.<br />
Aber das erklärt nicht dieses seltsame Missverhältnis von planerischem<br />
Aufwand und kommunikativem Ertrag. Ich bin davon<br />
überzeugt, dass die Kolleginnen und Kollegen, die diese Jobs im<br />
Konrad-Adenauer Haus oder Kanzleramt machen, ähnliches er-