Rechtsprechung 5/03 - Trex
Rechtsprechung 5/03 - Trex
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<strong>Rechtsprechung</strong><br />
Jurisprudence<br />
Verfassungsrecht<br />
Droit constitutionnel<br />
Art. 9 BV; Art. 81 Abs. 1 SchKG: Identität Betreibungsschuldner<br />
Im Rechtsöffnungsverfahren ist einzig zu prüfen, ob<br />
Identität des Beitreibungsschuldners mit dem aus dem<br />
Rechtsöffnungstitel Verpflichteten bestand. ■<br />
(BGer., 12.2.<strong>03</strong>, Pra. 20<strong>03</strong> Nr. 141)<br />
Art. 127 Abs. 3 BV, § 3 Abs. 1 StG ZH: Steuerrechtlicher<br />
Wohnsitz im interkantonalen Verhältnis<br />
Wenn sich eine Person abwechslungsweise an zwei<br />
Orten aufhält, namentlich wenn ihr Arbeitsort und ihr<br />
sonstiger Aufenthaltsort auseinander fallen, ist für die<br />
Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen,<br />
zu welchem Ort sie die stärkeren Beziehungen unterhält.<br />
Bei verheirateten Personen mit Beziehungen zu<br />
mehreren Orten werden die persönlichen und familiären<br />
Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie (Ehegatte<br />
und Kinder) aufhält, als stärker erachtet als diejenigen<br />
zum Arbeitsort, wenn sie in nichtleitender Stellung<br />
unselbstständig erwerbstätig sind und täglich<br />
oder an den Wochenenden regelmässig an den Familienort<br />
zurückkehren. Demnach unterstehen verheiratete<br />
Pendler oder Wochenaufenthalter grundsätzlich<br />
ausschliesslich der Steuerhoheit desjenigen Kantons, in<br />
dem sich ihre Familie aufhält. ■<br />
(BGer., 17.3.<strong>03</strong>, ZStP 20<strong>03</strong>, S. 116)<br />
Sozialversicherungsrecht<br />
Assurances sociales<br />
BVG: Gesundheitsdeklaration<br />
Beim Eintritt in die berufliche Vorsorge sind in der<br />
Gesundheitsdeklaration seitens des Arbeitnehmers ge-<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
sundheitliche Beschwerden, die über eine belanglose<br />
vorübergehende Beeinträchtigung des Wohlbefindens<br />
hinausgehen, anzugeben. In diesem Zusammenhang<br />
steigende Arztbesuche sowie weitere Untersuchungen<br />
sind vom Arbeitnehmer zu deklarieren. Bei Unterlassung<br />
einer Deklaration liegt eine Verletzung der Anzeigepflicht<br />
vor. Gemäss Reglement wie auch <strong>Rechtsprechung</strong><br />
ist die Vorsorgeeinrichtung diesfalls berechtigt,<br />
innert sechs Monaten seit Bekanntwerden der<br />
Anzeigepflichtverletzung die Todesfallleistungen auf<br />
die gesetzlichen Mindestleistungen herabsetzen. ■<br />
(EVG 28.6.02, SZS 20<strong>03</strong>, S. 362)<br />
LPP: la déclaration de santé<br />
Lors de l’entré dans la prévoyance professionnelle, doivent<br />
dans la déclaration de santé être indiquées par le<br />
travailleur les atteintes à la santé autres qu’une simple<br />
diminution passagère et sans importance du bien-être.<br />
Doivent être déclarées les consultations médicales et<br />
autres examens les concernant. L’omission d’une telle<br />
déclaration est constitutive de réticence. En vertu du<br />
règlement et conformément à la jurisprudence, l’institution<br />
de prévoyance est alors en droit, dans les six<br />
mois après qu’elle a eu connaissance de la réticence, de<br />
ramener les prestations assurées en cas de décès aux<br />
minimums prévus par la loi. ■<br />
(TFA, 28.6.<strong>03</strong>, SZS/RSAS 20<strong>03</strong>, p. 362)<br />
Art. 2 BVG; Art. 1 Abs. 1 lit. c BVV 2; Art. 23, 24<br />
und 46 Abs. 1 und 2 BVG: Obligatorische Versicherung<br />
bei mehreren Vorsorgeeinrichtungen<br />
Wer zwei gleichwertige Erwerbstätigkeiten mit einem<br />
Pensum von je 50% ausübt und in beiden den Grenzbetrag<br />
(Art. 7 BVG) überschreitet, ist bei den Vorsorgeeinrichtungen<br />
beider Arbeitgeber obligatorisch versichert.<br />
Wird die versicherte Person zu rund 50% invalid<br />
und gibt sie aus diesem Grund die eine Anstellung<br />
auf, während sie die andere mit dem bisherigen Pensum<br />
von 50% beibehält, ist die Vorsorgeeinrichtung<br />
des verbleibenden Arbeitgebers nicht leistungspflichtig,<br />
während die andere eine volle Rente auszurichten<br />
hat. ■<br />
(BGer., 18.2.<strong>03</strong>, BGE 129 V 132)<br />
Art. 2 LPP; art. 1 al. 1 let. c OPP 2; art. 23, 24<br />
et 46 al. 1 et 2 LPP: Assurance obligatoire auprès de<br />
plusieurs institutions de prévoyance<br />
Celui qui exerce deux activités lucratives équivalentes à<br />
50% et dépasse dans chacune d’elles le salaire minimum<br />
de l’art. 7 LPP est assuré obligatoirement auprès<br />
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des institutions de prévoyance des deux employeurs. Si<br />
l’assuré devient invalide à 50% et abandonne pour<br />
cette raison l’un de ses emplois, conservant l’autre eu<br />
même taux que précédemment. L’institution de<br />
prévoyance de l’employeur restant n’est pas tenue à<br />
prestations cependant que l’autre institution doit lui<br />
allouer une rente entière. ■<br />
(TF, 18.2.<strong>03</strong>, ATF 129 V 132)<br />
Art. 18ss. LPP: sort des prestations de prévoyance<br />
et de libre passage en cas de succession<br />
Les prestations de la prévoyance professionnelle (2 e pilier<br />
A et B) ne tombent pas dans la succession; elles ne<br />
sont pas non plus sujettes à réduction (consid. 2.) Il n’en<br />
va pas autrement pour les prestations de libre passage;<br />
celles-ci sont versées aux bénéficiaires énumérés à<br />
l’art. 15 OLP, selon l’ordre qui y est prévu. ■<br />
(TF, 24.4.<strong>03</strong>, ATF 129 III 305)<br />
(Urteil auf Deutsch: vgl. TREX 4.20<strong>03</strong>, S. 233)<br />
Art. 27 Abs. 1 ELV; Art. 143 Abs. 2 OR i.V.m.<br />
Art. 6<strong>03</strong> Abs. 1 ZGB: Rückerstattung von Ergänzungsleistungen<br />
Macht die Verwaltung nach dem Tod einer Ergänzungsleistungen<br />
empfangenden Person die Rückerstattung<br />
zu Unrecht ausgerichteter Versicherungsleistungen<br />
geltend, genügt es für die Rechtswirksamkeit<br />
der Verfügung, wenn mit dieser nur eine einzelne<br />
Erbin oder ein einzelner Erbe der verstorbenen Person<br />
ins Recht gefasst wird. ■<br />
(BGer., 8.10.02, BGE 129 V 70)<br />
Art. 27 al. 1 OPC-AVS/AI; art. 143 al. 2 CO<br />
en corrélation avec l’art. 6<strong>03</strong> al. 1 CC: restitution de<br />
prestations complémentaires indues<br />
La décision par laquelle l’administration demande la<br />
restitution de prestations complémentaires indues<br />
après le décès du bénéficiaire est valable même lorsqu’elle<br />
ne vise qu’un seul héritier de ce dernier. ■<br />
(TF, 8.10.02, ATF 129 V 70)<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
Steuerrecht / Droit fiscal<br />
Art. 16 Abs. 3 und Art. 18 DBG: Einkommen<br />
aus Tätigkeit; gewerbsmässiger Wertpapierhandel;<br />
Kriterien; Zwischenveranlagung?<br />
Darstellung der Praxis des Bundesgerichts zum gewerbsmässigen<br />
Wertpapierhandel. Ob der Steuerpflichtige<br />
die Wertschriftengeschäft selber oder durch<br />
einen bevollmächtigen Dritten abwickelt, ist nicht von<br />
entscheidender Bedeutung. Das schematische Vorgehen<br />
verschiedener kantonaler Steuerverwaltungen,<br />
wonach beim Vorliegen bestimmter Kennzahlen auf<br />
eine Gesamtwürdigung verzichtet werden könne bzw.<br />
selbstständige Erwerbstätigkeit als ausgeschlossen gelten<br />
könne, führt nur in denjenigen Fällen zu einem<br />
sachgerechten Ergebnis, bei denen die Verhältnisse<br />
klar und eindeutig sind. In den übrigen Fällen ist die<br />
Tätigkeit jeweils in dem gesamten Erscheinungsbild<br />
rechtlich zu beurteilen. Vorliegend wird die Gewerbsmässigkeit<br />
bejaht. Entgegen der Vorinstanz ist bezüglich<br />
dem als Nebenerwerbstätigkeit vorgenommen<br />
gewerbsmässigen Wertschriftenhandel keine Zwischenveranlagung<br />
durchzuführen. ■<br />
(BGer. 31.3.<strong>03</strong>, StR 20<strong>03</strong>, S. 611)<br />
Art. 16 al. 3 et art. 18 LIFD: commerce professionnel<br />
de titres<br />
Résumé de la pratique du Tribunal fédéral en matière<br />
de commerce professionnel de titres. Que le contribuable<br />
effectue lui-même les opérations de titres ou<br />
qu’il le fasse par le biais d’un mandataire n’est pas décisif.<br />
Diverses administrations fiscales cantonales appliquent<br />
une procédure schématique, selon laquelle on<br />
peut renoncer à une appréciation globale ou considérer<br />
une activité indépendante comme exclue sur la<br />
base de chiffres déterminées. Un tel procédé ne conduit<br />
cependant à un résultat probant que dans les<br />
quelques cas où la situation est claire et sans équivoque.<br />
Dans les autres cas, il est nécessaire d’apprécier<br />
l’activité sur la base de l’ensemble des faits et circonstances.<br />
Dans le cas d’espèce le commerce professionnel<br />
de titres a été confirmé.<br />
Au contraire de l’avis de l’instance précédente, une<br />
taxation intermédiaire ne peut pas être effectuée, car<br />
il s’agit ici d’une activité accessoire. ■<br />
(TF, 31.3.<strong>03</strong>, RF 20<strong>03</strong>, p. 611)
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Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 40 und Art. 43 DBG,<br />
Art. 21 Abs 1 lit. a i.V.m. Art. 41 Abs. 2 BdBST: Zeitpunkt<br />
der Realisation von Liegenschaftsgewinnen<br />
Das Bundesgericht bestätigte erneut, dass Kapitalgewinne<br />
aus der Veräusserung von Geschäftsgrundstücken<br />
realisiert sind, wenn der Veräusserungsvertrag<br />
rechtsgültig abgeschlossen worden ist. In diesem Zeitpunkt<br />
sei die Begründung eines festen Rechtsanspruchs<br />
und damit der steuerrechtlich relevante Einkommenszufluss<br />
erfolgt. Es sei deshalb mit der Besteuerung<br />
des Liegenschaftsgewinns nicht bis zur Vertragserfüllung,<br />
d.h. bis zur Eintragung der Handänderung<br />
im Grundbuch, zuzuwarten. Mit den abweichenden<br />
Stellungnahmen in der Doktrin hat sich das Bundesgericht<br />
nicht auseinander gesetzt. ■<br />
(BGer., 31.3.<strong>03</strong>, StE 20<strong>03</strong> B 21.2 Nr. 17)<br />
Art. 34, Art. 35 WUB; Art. 63 Abs. 1 und<br />
Art. 64 Abs. 1 VwVG: Kalkulatorische Umsatzberechnung,<br />
Vorgehen der kantonalen Steuerverwaltung,<br />
Verfahrenskosten, Parteientschädigung<br />
Anlässlich einer Kontrolle stellte die ESTV fest, dass die<br />
in der Buchhaltung ausgewiesenen Bruttogewinne<br />
über den ganzen Kontrollzeitraum hinweg weit unter<br />
den Erfahrungswerten der ESTV lagen, ohne dass der<br />
Steuerpflichtige dies hätte begründen können. Die<br />
ESTV sah sich deshalb gezwungen, die tatsächlich erzielten<br />
Umsätze nach pflichtgemässem Ermessen zu<br />
schätzen. Hierzu ermittelte sie zunächst die im Betrieb<br />
des Steuerpflichtigen angewandten Zuschläge auf<br />
Material und produktiven Löhnen und berechnete<br />
anschliessend die Nettoumsätze. Auf der Differenz zu<br />
den verbuchten Nettoumsätzen belastete sie die Steuer<br />
nach. Der Steuerpflichtige machte geltend, die sehr<br />
niedrigen Bruttogewinne ergäben sich aus der besonderen<br />
Situation (Emmental, viele Landwirte als Kunden,<br />
Familienbetrieb, geringer Verrechnungslohn).<br />
Vor der SRK wiederholte er die in der Einsprache gemachten<br />
Argumente und reichte Unterlagen («Lohnbücher»)<br />
ein, die weder anlässlich der Kontrolle noch<br />
im Einspracheverfahren vorgelegen hatten. Gestützt<br />
auf diese Unterlagen beantragte die ESTV in der Duplik,<br />
die Steuernachforderung um Fr. xxx gutzuheissen,<br />
im Übrigen aber abzuweisen.<br />
Der Beschwerdeführer konnte mit dem Argument, sein<br />
Betrieb sei ein Spezialfall, nicht durchdringen. Wie die<br />
Erfahrungszahlen der ESTV zeigen würden, hätten<br />
auch Betriebe aus der gleichen Gegend und mit ebenfalls<br />
sehr niedrigen Verrechnungslöhnen deutlich<br />
höhere Bruttogewinne erzielt als der Beschwerdefüh-<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
rer. Die Abweichung des Bruttogewinns von x% zum<br />
bei ländlichen Betrieben im Durchschnitt ermittelten<br />
Wert von y% habe die ESTV verpflichtet, eine Umsatzschätzung<br />
vorzunehmen. Die kalkulatorische Umsatzberechnung<br />
basiere zudem auf Zahlen, die dem Betrieb<br />
des Beschwerdeführers entnommen worden seien<br />
und welche damit die individuellen Verhältnisse<br />
berücksichtigten. Die Veranlagung der kantonalen<br />
Steuerbehörde sei für die ESTV bezüglich der Warenumsatzsteuer<br />
nicht massgeblich. ■<br />
(Eidgenössischen Steuerrekurskommission SRK, 7.5.<strong>03</strong>,<br />
http://www.estv.admin.ch/data/mwst/d/urteile/srk/0705<strong>03</strong>.pdf,<br />
Jusletter, 25.8.20<strong>03</strong>)<br />
Art. 34, art. 35 AchA; art. 63 al. 1 et art. 64 al. 1 PA:<br />
Evaluation du chiffre d’affaires servant de base de<br />
calcul, intervention de l’administration fiscale cantonale,<br />
frais de procédure, indemnité allouée aux parties<br />
A l’occasion d’un contrôle dans l’entreprise du contribuable,<br />
l’AFC a constaté que le bénéfice brut ressortant<br />
de la comptabilité était beaucoup trop faible par<br />
rapport à ceux ressortant des chiffres d’expérience<br />
pour l’ensemble de la période contrôlée et sans que<br />
rien ne puisse l’expliquer. L’AFC s’est par conséquent<br />
vue contrainte de procéder à l’évaluation des chiffres<br />
d’affaires réalisés, dans les limites de son pouvoir d’appréciation.<br />
Pour cela, elle a tout d’abord déterminé les<br />
majorations appliquées dans l’entreprise de l’assujetti<br />
sur les matières et les salaires productifs, et calculé ensuite<br />
le chiffre d’affaires net. Elle a repris l’impôt sur la<br />
différence avec les chiffres d’affaires nets comptabilisés.<br />
L’assujetti a fait valoir que les bénéfices bruts très<br />
faibles sont le résultat d’une situation particulière (Emmental,<br />
de nombreux agriculteurs comme clients, entreprise<br />
familiale, tarif horaire faible). Devant la CRC il<br />
a repris les arguments avancés dans la réclamation et<br />
fourni des documents («livres de salaires»), qui n’ont<br />
été présentés ni au cours du contrôle, ni au cours de la<br />
procédure de réclamation. Sur la base de ces documents,<br />
l’AFC a proposé dans sa duplique d’admettre le<br />
montant d’impôt de Fr. xxx, et de refuser le reste. La<br />
CRC admet le recours dans le sens de la proposition de<br />
l’AFC.<br />
Le recourant n’a pas réussi à faire admettre que son<br />
entreprise serait un cas spécial. Selon les chiffres d’expérience<br />
de l’AFC, des entreprises de la même région et<br />
également avec des tarifs horaire très bas auraient<br />
réalisé des bénéfices bruts sensiblement plus élevés<br />
que ceux du recourant. Avec un bénéfice brut de x%<br />
pour le recourant et une valeur moyenne se situant à<br />
y% pour des entreprises sises à la campagne, l’AFC a
été contrainte de procéder à une évaluation du chiffre<br />
d’affaires. Cette évaluation a été basée sur des<br />
données prélevées dans l’entreprise du recourant, qui<br />
tiennent par conséquent compte des particularités individuelles<br />
de l’entreprise.<br />
En ce qui concerne l’impôt sur le chiffre d’affaires,<br />
l’AFC n’a pas à tenir compte de la taxation des autorités<br />
fiscales cantonales. ■<br />
(Décision de la Commission fédérale de recours en matière<br />
de contributions CRC, 7.5.<strong>03</strong>,<br />
http://www.estv.admin.ch/data/mwst/f/urteile/srk/0705<strong>03</strong>.pdf)<br />
Art. 14 Ziff. 12, Art. 26 Abs. 6 MWSTV: Kulturelle<br />
Dienstleistungen; Subventionen<br />
Die Beschwerdeführerin ist eine Stiftung im Sinne von<br />
Art. 80 ff. ZGB. Ihr Zweck besteht in der Organisation,<br />
Finanzierung und Verwaltung von ständigen Orches-<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
tern. Diese werden in verschiedenen Formationen den<br />
Konzertveranstaltern sowie verschiedenen Institutionen<br />
nach Massgabe von Benutzerverträgen zur Verfügung<br />
gestellt, so u.a. auch der Schweizerischen Radio-<br />
und Fernsehgesellschaft (SRG). Die ESTV vertrat<br />
die Auffassung, dass die Abgeltung der SRG gemäss<br />
Benutzervertrag keine Subvention oder ein anderer<br />
Beitrag der öffentlichen Hand im Sinne von Art. 26<br />
Abs. 6 MWSTV sei. Diese Gelder seien aufgrund von<br />
Art. 14 Ziff. 12 MWSTV nur so weit von der Steuer ausgenommen,<br />
als sie für Orchestereinsätze geleistet werden,<br />
die unmittelbar dem Publikum erbracht werden.<br />
Folglich sei der auf Radio- und Fernsehproduktionen<br />
oder auf Produktionen von Tonträgern fallende Teil<br />
der Abgeltung nicht befreit, wenn diese nicht (gleichzeitig)<br />
unmittelbar vor Publikum erfolgen. Die Beschwerdeführerin<br />
hielt dem entgegen, sie habe mit<br />
der SRG, welche der öffentlichen Hand zuzuordnen sei,<br />
einen «Subventionsvertrag» abgeschlossen. Sie selber<br />
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handle im öffentlichen Interesse und die SRG im Rahmen<br />
ihres Leistungsauftrages. Der Beitrag der SRG stelle<br />
eine Pauschalabgeltung unabhängig der zu erbringenden<br />
Leistungen dar; er sei nichts anderes als ein<br />
Lohnbeitrag an die Orchestermusiker.<br />
In der mit der SRG getroffenen Vereinbarung, bei der<br />
es sich im Übrigen nicht um einen Subventionsvertrag<br />
handelt, verpflichtet sich die Beschwerdeführerin zu<br />
einer Vielzahl ganz konkreter Leistungen gegenüber<br />
der SRG, wie z.B. Orchesterleistungen für alle Gattungen<br />
der Musik und für alle Formen der Produktion, die<br />
Einräumung von Nutzungsrechten an den Orchesterleistungen<br />
usw. Im Gegenzug verpflichtet sich die SRG<br />
zur Bezahlung der Gegenleistung in Form eines Pauschalbetrages.<br />
Diese vertraglichen und tatsächlichen<br />
Verhältnisse führen zum eindeutigen Schluss, dass zwischen<br />
den Vertragsparteien ganz konkrete, individualisierte<br />
Leistungen (der Beschwerdeführerin) und zuordenbare,<br />
ebenfalls konkrete Gegenleistungen (der<br />
SRG) vereinbart und auch ausgetauscht worden sind.<br />
Es handelt sich bei der Abgeltung der SRG nicht lediglich<br />
um Zahlungen zur Erreichung bestimmter, im<br />
öffentlichen Interesse liegender Zwecke, sondern zur<br />
Erlangung konkreter Leistungen. Die erforderliche innere<br />
wirtschaftliche Verknüpfung zwischen den Leistungen<br />
der Beschwerdeführerin und den Gegenleistungen<br />
der SRG ist zweifelsfrei vorhanden. Es liegt ein<br />
mehrwertsteuerlicher Leistungsaustausch vor, was<br />
folglich die Annahme einer Subvention durch die SRG,<br />
welche nicht zum Entgelt gehört, ausschliesst. Daran<br />
ändert auch der Umstand nichts, dass die Leistungen<br />
der Beschwerdeführerin pauschal abgegolten werden.<br />
Mehrwertsteuerlich ohne Belang ist zudem, wie die<br />
Beschwerdeführerin die Gelder der SRG verwendet<br />
(z.B. für Lohnzahlungen an die Orchestermusiker). ■<br />
(Eidgenössische Steuerrekurskommission SRK, 14.5.<strong>03</strong>,<br />
http://www.estv.admin.ch/data/mwst/d/urteile/srk/1405<strong>03</strong>.pdf,<br />
jusletter, 25.8.20<strong>03</strong>)<br />
Art. 14 ch. 12, art. 26 al. 6 OTVA: Prestations<br />
de services culturelles; subventions<br />
La recourante est une fondation au sens des art. 80 ss.<br />
CC. Elle a pour objectif d’organiser, de financer et de<br />
gérer des orchestres permanents. Ces orchestres, en<br />
différentes formations, sont mis à la disposition des organisateurs<br />
de concerts, ainsi qu’à diverses institutions<br />
conformément à des contrats d’utilisation, par exemple<br />
à la Société suisse de radiodiffusion et télévision<br />
(SSR). L’AFC était d’avis que le versement de la SSR sur<br />
la base du contrat d’utilisation ne constituait pas une<br />
subvention ou une autre contribution des pouvoirs publics<br />
au sens de l’art. 26 al. 6 OTVA. Elle affirme que ces<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
sommes d’argent sont exclues du champ de l’impôt en<br />
vertu de l’art. 14 ch. 12 OTVA, uniquement si elles sont<br />
versées pour les prestations que l’orchestre fournit<br />
directement au public. Par conséquent, la partie du<br />
versement qui est destinée à des productions radio-tv<br />
ou à la production de supports son n’est pas exclue du<br />
champ de l’impôt, si ces productions n’ont pas lieu<br />
(simultanément) directement devant un public.<br />
La recourante a objecté qu’elle avait conclu un «contrat<br />
de subventionnement» avec la SSR, qui peut être<br />
classée dans la catégorie des pouvoirs publics. Elle a affirmé<br />
agir dans l’intérêt public et a précisé que la SSR<br />
agissait dans le cadre de son mandat de prestations.<br />
Elle a ajouté que la contribution versée par la SSR<br />
représentait un versement forfaitaire indépendant des<br />
prestations à fournir; pour elle, ce n’est rien d’autre<br />
qu’une contribution au salaire des musiciens de l’orchestre.
Dans l’accord trouvé avec la SSR, qui n’est d’ailleurs pas<br />
un contrat de subventionnement, la recourante s’oblige<br />
à fournir à la SSR un grand nombre de prestations<br />
tout à fait concrètes telles que les prestations d’orchestres<br />
pour tous les genres de musique et pour toutes les<br />
formes de production, l’octroi de droits d’utilisation<br />
etc. En échange, la SSR s’engage à payer la contrepartie<br />
sous forme d’un montant forfaitaire. Ces conditions<br />
contractuelles et effectives permettent de conclure<br />
que les deux parties contractantes se sont mises d’accord<br />
sur des prestations très concrètes et individualisées<br />
(de la recourante) et des contreparties tout aussi<br />
concrètes (de la SSR), facilement attribuables, et que<br />
ces prestations ont été échangées. L’argent versé par la<br />
SSR ne constitue pas seulement des paiements effectués<br />
pour atteindre certains objectifs d’intérêt public,<br />
mais pour obtenir des prestations concrètes. Le lien<br />
économique étroit nécessaire entre les prestations de<br />
la recourante et la contrepartie de la SSR existe indubitablement.<br />
Il y a échange de prestations sur le plan de<br />
la TVA, ce qui exclut par conséquent l’hypothèse d’une<br />
subvention versée par la SSR, subvention qui ne ferait<br />
pas partie de la contre-prestation. Et le fait que les<br />
prestations de la recourante ont été payées de façon<br />
forfaitaire n’y change rien. En outre, la façon dont la<br />
recourante utilise l’argent versé par la SSR n’est pas<br />
importante du point de vue de la TVA (par ex. pour<br />
payer le salaire des musiciens de l’orchestre). ■<br />
(Commission fédérale de recours en matière de contributions CRC,<br />
14.5.<strong>03</strong>, http://www.estv.admin.ch/data/mwst/f/urteile/srk/1405<strong>03</strong>.pdf)<br />
Genf: Gewinnsteuer, Pauschalabzüge<br />
für Repräsentationsspesen<br />
Nur effektive Ausgaben, welche mit der Realisierung<br />
des besteuerten Gewinnes in einem natürlichen und<br />
logischen Zusammenhang stehen, können vom Bruttogewinn<br />
abgezogen werden. Es darf sich nicht bloss um<br />
Ausgaben handeln, welche mit der Ausübung eines<br />
Berufes verbunden sind, oder welche dazu bestimmt<br />
sind, die Arbeit leichter und angenehmer auszugestalten,<br />
während sie mit der ausgeübten Tätigkeit mehr<br />
oder weniger im Verhältnis stehen. Der Beweis der<br />
Notwendigkeit und des Betrages ist unerlässlich. Dieser<br />
muss vom Steuerpflichtigen erbracht werden.<br />
Die Abzugsfähigkeit von Pauschalkosten ist weder im<br />
Gesetz noch in einem Reglement verankert, sie resultiert<br />
aus der Praxis der Genfer Steuerverwaltung. Nach<br />
dieser Praxis können Gesellschaften mit weniger als<br />
150 Angestellten Pauschalkosten im Betrag vom 5%<br />
der Bruttolöhne verbuchen. Da die Beschwerdefüh-<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
rerin mit der Steuerverwaltung keinen höheren Pauschalabzug<br />
ausgehandelt hat, gibt es keinen Grund,<br />
von der üblichen Praxis abzuweichen. ■<br />
(Verwaltungsgericht GE, 29.10.02, StR 20<strong>03</strong>, S. 631)<br />
Genève: Impôt sur le bénéfice des sociétés;<br />
Déductions forfaitaires pour frais de représentation<br />
Seuls les frais effectivement dépensés, naturellement<br />
et logiquement liés à la réalisation du revenu taxé,<br />
sont déductibles du revenu brut; il ne peut s’agir ni de<br />
dépenses plus ou moins en corrélation avec l’exercice<br />
d’une profession lucrative, ni de frais de convenance<br />
personnelle ou destinés à rendre le travail plus facile et<br />
plus agréable, tout en étant plus ou moins en rapport<br />
avec l’activité exercée. La preuve de leur nécessité et de<br />
leur montant est indispensable; elle incombe au contribuable.<br />
Les déductions pour frais forfaitaires ne sont réglées ni<br />
dans la loi ni dans un règlement, mais résultent de la<br />
pratique de l’AFC. D’après cette dernière, les sociétés<br />
employant moins de 150 personnes peuvent comptabiliser<br />
des frais forfaitaires correspondant à 5% de la<br />
rémunération brute. La recourante ne se prévalant<br />
d’aucun forfait négocié avec l’AFC qui lui serait applicable,<br />
il n’y a dès lors aucune raison de s’écarter du<br />
taux usuel appliqué par l’AFC. ■<br />
(Tribunal administratif GE 29.10.02, RF 20<strong>03</strong>, p. 631)<br />
Art. 188d StG GR: Steuerbemessung bei Liegenschaftsveräusserung<br />
durch Liegenschaftenhändler<br />
Das von der Steuerverwaltung Graubünden aufgestellte<br />
Abgrenzungskriterium bei gewerbsmässigen Liegenschaftshändlern,<br />
wonach bei einer Besitz- und Haltedauer<br />
einer eigenen Immobilie von mehr als zwei<br />
Jahren grundsätzlich auf aperiodische und damit ausserordentliche<br />
Einkünfte zu schliessen sei, ist weder<br />
sachfremd noch willkürlich. ■<br />
(Verwaltungsgericht GR, 21.01.<strong>03</strong>, StR 20<strong>03</strong>, S. 627)<br />
Art. 188 d LI GR: Calcul de l’impôt; vente<br />
d’un immeuble par un commerçant professionnel<br />
d’immeubles<br />
L’administration fiscale du canton des Grisons applique<br />
dans le cas de commerçants professionnels d’immeubles<br />
un critère, selon lequel, lors d’une durée de<br />
possession d’un immeuble de plus de deux ans, il faut<br />
considérer le revenu comme apériodique et par conséquent<br />
extraordinaire. Ce critère n’est ni contraire à la<br />
matière, ni arbitraire. ■<br />
(Tribunal administratif GR, RF 21.1.<strong>03</strong>, RF 20<strong>03</strong>, p. 627)<br />
291<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong>
292<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong><br />
§ 25 Abs. 1 lit. d StG ZH: Kosten der HWV-Ausbildung<br />
Die HWV-Ausbildung bewirkt keine Vertiefung oder<br />
Aktualisierung spezifischer Kenntnisse im gelernten<br />
Beruf. Sie vermittelt Allgemeinwissen als betriebswirtschaftlicher<br />
Generalist. Die Aufwendungen erweisen<br />
sich daher als nicht abzugsfähige Lebensunterhaltungs-<br />
und nicht als Weiterbildungskosten. ■<br />
(Verwaltungsgericht Zürich, 23.10.02, StE 20<strong>03</strong> B 22.3 Nr. 75)<br />
§ 26 Abs. 1 lit. b a StG ZH: Berufskosten;<br />
Verpflegungskosten<br />
Der Abzug der vollen Pauschalen von Fr. 2600.– ist nur<br />
für die unselbstständige Erwerbstätigkeit vorgesehen.<br />
Im vorliegenden Fall geht der Pflichtige je zu 50%<br />
einer selbstständigen und einer unselbstständigen<br />
Erwerbstätigkeit nach. Für die unselbstständige Erwerbstätigkeit<br />
wird ihm die Hälfte des Verpflegungsabzugs<br />
gewährt. Hingegen wird ihm für die selbstständige<br />
Erwerbstätigkeit kein diesbezüglicher Abzug zugestanden,<br />
da weder die Mehrkosten der auswärtigen<br />
Verpflegung noch deren Notwendigkeit nachgewiesen<br />
wurden. Kein Vertrauensschutz für zu Unrecht gewährte<br />
Abzüge in früheren Steuerperioden. ■<br />
(Verwaltungsgericht ZH, 27.2.02, ZStP 20<strong>03</strong>, S. 129)<br />
§ 34 Abs. 1 lit. a und lit. g StG ZH: Kinderabzug<br />
Die Gewährung des Kinderabzugs setzt voraus, dass die<br />
volljährigen Kinder in Ausbildung stehen und ihr Unterhalt<br />
zu Hauptsache durch den Steuerpflichtigen bestritten<br />
wird. Ein solcher Unterhalt «zur Hauptsache» liegt<br />
dann vor, wenn dieser mehr als 50% der Unterhaltskosten<br />
für das Kind ausmacht, wobei dies zwecks Vereinfachung<br />
de Einschätzungsverfahrens und im Sinn einer<br />
widerlegbaren Vermutung dann als erfüllt gelten kann,<br />
wenn Unterstützungsleistungen zumindest in der Höhe<br />
des Kinderabzugs erbracht worden sind. ■<br />
(Verwaltungsgericht ZH, 18.12.02, ZStB 20<strong>03</strong>, S. 140)<br />
§ 65 Abs. 1 lit. b StG ZH: Zuwendungen<br />
an Arbeitgeberbeitragsreserven<br />
Neben den laufenden Prämien und Beiträgen des Arbeitgebers<br />
an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge<br />
sind – sofern sie in den Statuten vorgesehen sind – auch<br />
einmalige oder ausserordentliche Zuwendungen für<br />
den Ausbau der Versicherungsleistungen (Zuwendungen<br />
an die freien Stiftungsmittel) sowie – unter Beach-<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
tung bestimmter Höchstwerte – Zuwendungen an die<br />
Arbeitgeberbeitragsreserven als geschäftsmässig begründeter<br />
Aufwand abzugsfähig. Beiträge für die<br />
Arbeitgeberbeitragsreserven sind in den Büchern der<br />
Vorsorgeeinrichtung separat auszuweisen und dürfen<br />
beim Arbeitgeber nicht bilanziert werden. Bei der<br />
Überweisung von freiwilligen Beiträgen des Arbeitgebers<br />
aus seinen Mitteln an die Vorsorgeeinrichtung ist<br />
ein Hinweis, diese seien der Beitragsreserve zuzuordnen,<br />
unerlässlich. ■<br />
(Steuerrekurskommission I ZH, 31.1.<strong>03</strong>, ZStP 20<strong>03</strong>, S. 147)<br />
§§ 7 lit. a, 13 Abs. 1 ESchG ZH: Erbschafts- und<br />
Schenkungssteuer; Würdigung von Liegenschaftsschätzungen;<br />
Bewertung von Zwei-, Drei- und<br />
Reiheneinfamilienhäusern<br />
Die Schätzung einer Liegenschaft stellt eine Einheit<br />
dar. Das Verwaltungsgericht hat daher nur zu prüfen,<br />
ob die Bewertung eines Gebäudes bzw. eines Gebäudekomplexes<br />
insgesamt vertretbar sei; hingegen<br />
braucht es sich – unter Vorbehalt grober Irrtümer oder<br />
Rechenfehler – mit Einwänden gegen einzelne Faktoren<br />
einer Schätzung grundsätzlich nicht zu befassen.<br />
Fehlen Vergleichspreise in der Standort- wie in dem<br />
Nachbargemeinden, dürfen mit der gebotenen<br />
Zurückhaltung statistisch belegt Durchschnittswerte<br />
aus der Region herangezogen werden. ■<br />
(Verwaltungsgericht ZH, 26.9.01, ZStP 20<strong>03</strong>, S. 179)<br />
Schuldbetreibungs- und<br />
Konkursrecht<br />
Droit de la poursuite<br />
pour dettes et la faillite<br />
Art. 8a al 3 let. c LP: retrait d’une poursuite par la<br />
créancier<br />
Les poursuites concernant des créances comprises dans<br />
le concordat, et qui tombent avec l’homologation de<br />
celui-ci, peuvent être retirées si la déclaration nécessaire<br />
en est faite par le créancier. ■<br />
(TF, 21.3.<strong>03</strong>, ATF 129 III 284)<br />
(Urteil auf Deutsch: vgl. TREX 4.20<strong>03</strong>, S. 236)
293<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong>
294<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong><br />
Art. 41 Abs. 1bis SchKG: Mit dem Hinweis auf eine<br />
mietrechtliche Sicherheitsleistung nach Art. 257e OR<br />
begründete Einrede der Vorausverwertung des<br />
Pfandes<br />
Der Betriebene, der auf dem Beschwerdeweg unter<br />
Berufung auf das beneficium excussionis realis die Aufhebung<br />
der gegen ihn eingeleiteten gewöhnlichen<br />
Betreibung verlangt, hat in liquider Weise darzutun,<br />
dass die Betreibung gesetzte Forderung durch ein<br />
Pfand im Sinne von Art. 37 SchKG gesichert ist. Letzteres<br />
ist bei einer mietrechtlichen Sicherheitsleistung<br />
nach Art. 257e OR der Fall. ■<br />
(BGer., 20.2.<strong>03</strong>, BGE 129 III 360)<br />
Art. 41 al. 1bis LP: Exception du beneficium excussionis<br />
realis fondée sur une garantie de loyer fournie en<br />
vertu de l’art. 257e CO<br />
Le poursuivi qui conclut par la voie de la plainte à l’annulation<br />
de la poursuite ordinaire introduite contre lui<br />
en excipant du beneficium excussionis realis doit démontrer,<br />
de façon claire, que la créance en poursuite<br />
est garantie par un gage défini par l’art. 37 LP. Tel est le<br />
cas d’une garantie de loyer fournie en vertu de<br />
l’art. 257e CO. ■<br />
(TF, 20.2.<strong>03</strong>, ATF 129 III 360)<br />
Art. 219 SchKG: Konkursprivileg für Personalvorsorgeeinrichtungen<br />
Das Konkursprivileg erster Klasse geniessen alle Forderungen<br />
von Personalvorsorgeeinrichtungen gegenüber<br />
den angeschlossenen Arbeitgebern, unabhängig<br />
von ihrer rechtlichen Grundlage. ■<br />
(BGer., 6.6.20<strong>03</strong>, 5C.264/2002 und 5C.269/2002)<br />
Art. 283 SchKG, Art. 268 OR: Retentionsrecht;<br />
Aufnahme einer Retentionsurkunde<br />
Auch zur Sicherung ausschliesslich laufender, noch<br />
nicht fälliger Zinsen darf das Retentionsverzeichnis nur<br />
aufgenommen werden, wenn Anzeichen dafür glaubhaft<br />
gemacht werden, dass der Mieter wegzuziehen<br />
oder die fraglichen Sachen fortzuschaffen gedenkt.<br />
Der Vermieter von Geschäftsräumen hat ein Retentionsrecht<br />
an den beweglichen Sachen in den vermieteten<br />
Räumen, die zu deren Einrichtung oder Benutzung<br />
gehören (Art. 268 Abs. 1 OR).<br />
Das Retentionsrecht dient der Deckung eines verfallenen<br />
Jahreszinses und des laufenden Halbjahreszinses<br />
(Art. 268 Abs. 1 OR). Zur einstweiligen Wahrung dieses<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
Rechts kann der Vermieter die Hilfe des Betreibungsamtes<br />
in Anspruch nehmen und die Aufnahme eines<br />
Verzeichnisses der vom Retentionsrecht erfassten Gegenstände<br />
verlangen (Art. 283 Abs. 1 und 3 SchKG).<br />
Für die Abgrenzung zwischen verfallenem und laufendem<br />
Zins ist auf den letzten Zinstermin vor Einreichung<br />
des Begehrens um Aufnahme des Retentionsverzeichnisses<br />
abzustellen. Was davor liegt, gehört zum verfallenen<br />
(Jahres-), was folgt zum laufenden (Halbjahres-)Zins.<br />
Das Betreibungsamt hat sich aber, unabhängig davon,<br />
ob das Retentionsrecht für einen laufenden Mietzins<br />
allein oder in Verbindung mit verfallenen Zinsen beansprucht<br />
wird, darüber zu vergewissern, ob Gefahr besteht,<br />
dass die in Frage stehenden Gegenstände weggeschafft<br />
werden sollen. Bei der Retentionsurkunde<br />
geht es um die Vermeidung einer Gefährdung des Retentionsrechts,<br />
und nicht um die Gefahr für die Einbringlichkeit<br />
der (künftigen) Mietzinsansprüche. ■<br />
(BGer., 26.6.20<strong>03</strong>, 7B.65/20<strong>03</strong>)<br />
Art. 283 al. 1 et 3 LP: Inventaire pour sauvegarde des<br />
droits de rétention<br />
L’inventaire pour sauvegarde des droits de rétention<br />
ne peut être pris que s’il y a des indices qui tendent à<br />
prouver que le locataire a l’intention de déménager ou<br />
d’emporter les objets en question, et cela même si l’on<br />
agit dans un but de garantir des loyers (exclusivement<br />
à venir, mais non encore exigibles. ■<br />
(TF, 26.6.<strong>03</strong>, SJZ 20<strong>03</strong>, p. 412)<br />
Zivilrecht / Droit civil<br />
Art. 169 ZGB: Schutz der Familienwohnung<br />
Die Erhöhung der Pfandsumme eines Grundpfandrechts<br />
zulasten der Familienwohnung bedarf der ausdrücklichen<br />
Zustimmung des Ehegatten. ■<br />
(Obergericht SO, 5.9.01, ZGBR 20<strong>03</strong>, S. 239)<br />
Art. 169 CC: protection du logement de famille<br />
L’augmentation du capital d’un droit de gage, grevant<br />
le logement familial, nécessite le consentement exprès<br />
du conjoint. ■<br />
(Tribunal cantonal SO, 5.9.01, ZGBR 20<strong>03</strong>, p. 239)
Art. 751 ZGB und Art. 261 OR: Tod der Nutzniesserin<br />
Mit dem Tod der Nutzniesserin, welche zugleich Vermieterin<br />
war, tritt der Eigentümer in die Vermieterstellung<br />
ein. ■<br />
(Obergericht ZH, 1.2.02, ZBGR 20<strong>03</strong>, S. 248)<br />
Art. 751 CC et Art. 261 CO: Décès de l’usufruitière<br />
Avec le décès de l’usufruitière, qui était à la fois bailleresse,<br />
le nu-propriétaire devient de plein droit bailleur<br />
(application analogique de CO 261). Le (nouveau)<br />
bailleur peut toutetois mettre un terme au contrat<br />
dans les conditions de l’art. 261 al. 2 let. a CO: ■<br />
(Tribunal cantonal ZH, 1.2.02, ZBGR 20<strong>03</strong>, p. 248)<br />
Obligationenrecht<br />
Droit des obligations<br />
Art. 19 ff. OR: Vertragsrechtliche Auswirkungen einer<br />
Beamtenbestechung<br />
Verträge, die durch Schmiergelder bewirkt werden,<br />
haben nicht ohne weiteres einen rechts- oder sittenwidrigen<br />
Inhalt (Bestätigung der Rechtssprechung).<br />
Der durch Bestechung eines Beamten bewirkte Vertrag<br />
fällt nur dann unter die Verbotsnormen von Art. 19<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
und 20 OR, wenn das strafbare Verhalten sich auf den<br />
Vertragesinhalt erstreckt. Zustandekommen des Vertrages<br />
trotz Korruption? Unverbindlichkeit des Vertrages<br />
wegen absichtlicher Täuschung?<br />
Folgen der Vertragsanfechtung wegen eines Willensmangels.<br />
Grundsatz: Dahinfallen des Vertrages ex<br />
tunc. Bei ganz oder teilweise abgewickelten Dauerschuldverhältnissen:<br />
Kündigung ex nunc. Unterschied<br />
zum faktischen Vertragsverhältnis. Vergütung der erbrachten<br />
Leistungen und Schadenersatz. ■<br />
(BGer,. 21.2.<strong>03</strong>, BGE 129 III 320)<br />
Art. 19ss. CO: Effets juridiques de la corruption<br />
d’un fonctionnaire en matière contractuelle<br />
Des contrats obtenus par le versement de pots-de-vin<br />
n’ont pas de ce simple fait un contenu illicite ou contraire<br />
aux mœurs (confirmation de jurisprudence). Le contrat<br />
obtenu par la corruption d’un fonctionnaire ne<br />
tombe sous le coup des normes prohibitives des art. 19 et<br />
20 CO que si le comportement répréhensible s’étend au<br />
contenu de la convention. Venue à chef du contrat malgré<br />
la corruption? Invalidité du contrat pour dol?<br />
Conséquences de l’invalidation du contrat pour vice du<br />
consentement. Principe: caducité du contrat ex tunc.<br />
Dans le cadre des obligations de longue durée complètement<br />
ou partiellement exécutées: résiliation ex nunc.<br />
Différence par rapport à la relation contractuelle de<br />
fait. Remboursement des prestations effectuées et<br />
réparation du dommage. ■<br />
(TF, 21.2.<strong>03</strong>, ATF 129 III 320)<br />
295<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong>
296<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong><br />
Art. 23 ff. OR und Art. 132a SchKG:<br />
Irrtum in Bezug auf die überbaubare Fläche eines<br />
durch Steigerung verwerteten Grundstücks<br />
Der Pfandgläubiger, der ein Grundstück an einer<br />
öffentlichen Steigerung erwirbt, kann den Zuschlag<br />
nicht unter Berufung auf einen Grundlagenirrtum im<br />
Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR aufheben lassen,<br />
wenn die kleinere überbaubare Fläche durch eine im<br />
Lastenverzeichnis aufgenommene Bauverbotsdienstbarkeit<br />
begründet ist. ■<br />
(BGer., 11.2.<strong>03</strong>, BGE 129 III 363)<br />
Art. 23ss. CO et art. 132a LP: erreur sur<br />
la constructible d’un immeuble vendu aux enchères<br />
Le créancier gagiste qui acquiert un immeuble lors d’enchères<br />
publiques ne peut faire annuler l’adjudication<br />
pour erreur essentielle au sens de l’art. 24 al. 1 ch. 4 CO,<br />
si la réduction de la surface constructible est due à une<br />
servitude de non-bâtir inscrite à l’état des charges. ■<br />
(TF, 11.2.<strong>03</strong>, ATF 129 III 363)<br />
Art. 98 und Art. 108 OR: Ersatzvornahme<br />
im Mietrecht<br />
Lässt der Vermieter am Mietobjekt Ausbauarbeiten<br />
ausführen, zu deren Vornahme der Mieter vertraglich<br />
verpflichtet ist, kann er die aufgrund einer Ersatzvornahme<br />
nach Art. 98 OR entstandenen Baukosten<br />
zurückfordern. Allerdings setzt eine Ersatzvornahme<br />
eine richterlichte Ermächtigung voraus. Wurde diese<br />
nicht eingeholt, so kann der Vermieter die Kosten nur<br />
dann zurückfordern, wenn er dem Mieter vergeblich<br />
eine Nachfrist zur Ausführung der Arbeiten ansetzte<br />
oder wenn die Ansetzung einer Nachfrist im Sinne von<br />
Art. 108 OR unnötig war. Fehlt es an einer Fristenansetzung<br />
und war diese nötig, so kann der Vermieter seinen<br />
Rückforderungsanspruch nicht auf Geschäftsführung<br />
ohne Auftrag stützen. ■<br />
(Urteil des Mietgerichts 3.5.99, ZMP 1/<strong>03</strong>, S. 25, vorne Nr. 4, dort E. III.<br />
6. und 7.<br />
Art. 217 und 67 Abs. 1 OR: Bedingter Immobilienkauf;<br />
Verjährung des Bereicherungsanspruchs<br />
Ein mit einem Kaufsrecht verbundenes Verkaufsversprechen<br />
wurde im konkreten Fall als bedingter Immobilienverkauf<br />
qualifiziert. Leistungen, die aufgrund<br />
eines suspensiv bedingten Vertrages erbracht wurden,<br />
sind nach den Regeln über die ungerechtfertigte<br />
Bereicherung zurückzuerstatten, wenn die Bedingung<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
nicht eingetreten ist. Der Bereicherungsanspruch verjährt<br />
mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Käufer von<br />
seinem Rückerstattungsanspruch Kenntnis erhalten<br />
hat. ■<br />
(BGer, 28.3.<strong>03</strong>, BGE 129 III 264)<br />
Art. 217 et art. 67 al. 1 CO: prescription de l’action<br />
en répétition de l’indu<br />
Promesse de vente d’un immeuble, assortie d’un droit<br />
d’emption, considérée en l’espèce comme une vente<br />
immobilière conditionnelle. Les prestations effectuées<br />
sur la base d’un contrat soumis à une condition suspensive<br />
qui ne s’est pas accomplie doivent être restituées<br />
conformément aux règles sur l’enrichissement<br />
illégitime. L’action en restitution de ces prestations se<br />
prescrit par un an à compter du jour où l’acheteur a eu<br />
connaissance de son droit de répétition. ■<br />
(TF, 28.3.<strong>03</strong>., ATF 129 III 264)<br />
Art. 253 OR: Begriff der Mietsache<br />
Damit Räumlichkeiten zur Mietsache gehören ist vorausgesetzt,<br />
dass diese dem Mieter zur Benutzung<br />
überlassen werden. Wenn der Restaurantmieter berechtigt<br />
und verpflichtet ist, bei Veranstaltungen in<br />
den sich im gleichen Gebäude befindlichen Sälen auf<br />
Wunsch der Veranstalter die Bewirtung zu übernehmen,<br />
ist diese Voraussetzung hinsichtlich der Säle nicht<br />
erfüllt. Die Säle gehören auch dann nicht zum Mietobjekt,<br />
wenn die Parteien neben einem Mindestmietzins<br />
auch eine Umsatzmiete abmachten, in welcher auch<br />
die Saalumsätze eingerechnet wurden. ■<br />
(Mietgericht ZH, 14.6.00, ZMP 1/<strong>03</strong> S. 2)<br />
Art. 259b lit. a und Art. 266g OR; Art. 2 Abs. 2 ZGB:<br />
Fristlose Kündigung bei Mängeln<br />
Die fristlose Kündigung wegen Mängeln geht der Kündigung<br />
aus wichtigen Gründen vor. Wiederholte Verschmutzungen<br />
des Schaufensters eines Modegeschäftes<br />
durch Benutzer einer benachbarten Bar (gleicher<br />
Vermieter) stellen einen schweren Mangel dar und berechtigen<br />
den Mieter des Ladens zu einer fristlosen<br />
Kündigung. Der Mieter darf mit dem Auszug einige<br />
Monate zuwarten, bis er ein Ersatzobjekt gefunden<br />
hat. Wenn der Vermieter mit der fristlosen Kündigung<br />
des Mieters nicht einverstanden ist, handelt er rechtsmissbräuchlich,<br />
wenn er dies dem Mieter erst nach seinem<br />
Auszug mitteilt. ■<br />
(Appellationsgericht Kt. TI, 1.3.02, mp 20<strong>03</strong>, S. 64)
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
Art. 259d OR: Mietzinsherabsetzung wegen<br />
lärmender Türe<br />
Eine schwere Türe, die sich nur mit grösster Sorgfalt<br />
ohne übermässigen Lärm schliessen lässt, berechtigt<br />
den benachbarten Mieter, der unmittelbar neben der<br />
Verankerung der Tür sein Schlafzimmer hat, zu einer<br />
Mietzinsherabsetzung um 5%. ■<br />
(Appellationsgericht Genf, 18.2.02, mp 20<strong>03</strong>, S. 75)<br />
Art. 259d OR: Mietzinsherabsetzung wegen Baustelle<br />
Ein von einem Nachbarn während mehreren Monaten<br />
vor einem Schaufenster aufgestellter Brettertunnel,<br />
ein Krangestell und eine Baumulde stellen einen Mangel<br />
dar und berechtigen den Geschäftsmieter zu einer<br />
Mietzinsherabsetzung von 20%. ■<br />
(Appellationsgericht Basel-Stadt, 6.1.01, mp 20<strong>03</strong> S. 71)<br />
Art. 264 OR: Vorzeitiger Auszug<br />
Primär ist es Sache des ausziehenden Mieters, einen<br />
Ersatzmieter zu suchen. Der Vermieter hat sich erst<br />
dann an der Suche zu beteiligen, wenn ihm die<br />
Untätigkeit als Verstoss gegen Treu und Glauben vorgeworfen<br />
werden könnte. ■<br />
(BGer., 19.8.02, Pra. 20<strong>03</strong>, S. 587)<br />
Art. 269c und Art. 269d OR: Mietzinserhöhung<br />
oder Staffelmiete<br />
Vereinbaren die Parteien im Mietvertrag, dass der<br />
Mietzins für die ersten vier Monate der Vertragsdauer<br />
dem vom Vormieter bezahlten Mietzins entspricht und<br />
verabreden sie in Berücksichtigung der zwischenzeitlich<br />
gestiegenen Kosten (z.B. höherer Hypothekarzins)<br />
ab dem fünften Monat einen höheren Mietzins, liegt<br />
eine einvernehmliche Festlegung des Anfangsmietzinses<br />
vor. Eine derartige Festsetzung des Mietzinses in<br />
zwei Phasen ist weder als Mietzinserhöhung im Sinne<br />
von Art. 269d OR noch als Staffelmiete gemäss<br />
Art. 269c OR zu erachten. Der für die zweite Phase verabredete<br />
Mietzins muss daher weder auf amtlichem<br />
Formular angezeigt werden, noch sind die für die Staffelung<br />
geltenden Voraussetzungen (insbesondere<br />
dreijährige Mindestdauer) einzuhalten. ■<br />
(Mietgericht ZH, 9.12.02, ZMP 1/<strong>03</strong> S. 28)<br />
297<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong>
298<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong><br />
Art. 270 OR: Missbräuchliche Mietzinse<br />
Es ist zulässig, dass die Parteien beim Vertragsabschluss<br />
bereits bekannte Hypothekarzinsveränderungen<br />
berücksichtigen und den neuen Hypothekarzins als<br />
massgebende Basis für die Mietzinsberechnung erklären.<br />
Dies gilt auch dann, wenn der neue Hypothekarzins<br />
erst nach Mietbeginn in Kraft tritt. ■<br />
(Mietgericht ZH, 15.5.02, ZMP 1/<strong>03</strong> S. 25)<br />
Verbindung von Arbeits- und Mietvertrag<br />
Auslegung der Klausel eines Mietvertrags, die bestimmt,<br />
dass die Beendigung des Arbeitsvertrags zugleich<br />
auch die Kündigung («dénonciation») des Mietvertrags<br />
innert der gleichen Frist mit sich bringt. Da der<br />
Begriff «dénonciation» (Kündigung) und nicht «extinction»<br />
(Dahinfallen) verwendet wurde, ist der Mietvertrag<br />
bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht<br />
automatisch dahingefallen. Der Vermieter hat somit<br />
die gesetzlichen Regeln über die Mietzinserhöhung<br />
einzuhalten, wenn er mit dem Mieter vereinbart, dass<br />
dieser die fragliche Wohnung weiterhin, aber zu<br />
einem höheren Mietzins mietet. ■<br />
(BGer., 6.1.<strong>03</strong>, ARV 20<strong>03</strong> S. 89)<br />
Lien entre un contrat de travail et un contrat de bail<br />
Interprétation d’une clause d’un contrat de bail<br />
prévoyant que la résiliation du contrat de travail entraîner<br />
également la dénonciation du contrat de bail<br />
pour la même échéance. Comme les parties ont utilisé<br />
le mot «dénonciation» et non pas «extinction», le contrat<br />
de bail n’a pas automatiquement pris fin en même<br />
temps que le contrat de travail. Le bailleur doit respecter<br />
les dispositions légales sur l’augmentation du loyer<br />
lorsqu’il convient avec le locataire que le bail se poursuit<br />
moyennant un loyer plus élevé. ■<br />
(TF, 6.1.<strong>03</strong>, DTA 20<strong>03</strong> p. 89)<br />
Art. 322, 322d et 328 CO: Gratification facultative,<br />
gratification convenue ou salaire?<br />
Généralités sur la délimitation. Signification du rapport<br />
entre montant du salaire et versement d’une gratification.<br />
Circonstances dans lesquelles une réserve sur<br />
le caractère facultatif, constamment formulée dans le<br />
but d’éviter la naissance d’un droit à une gratification<br />
versée régulièrement pendant de nombreuses années,<br />
peut devenir inefficace. ■<br />
(TF, 17.12.02, ATF 129 III 276)<br />
(Urteil auf Deutsch: vgl. TREX 4.20<strong>03</strong>, S. 239)<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
Art. 330a OR: Vollzeugnis oder Arbeitsbestätigung?<br />
Gemäss Art. 330 a OR kann ein Arbeitnehmer jederzeit<br />
vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, dass sich über<br />
die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über<br />
seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht (sog.<br />
Vollzeugnis). Auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmers<br />
hat sich das Zeugnis auf Angaben über Art<br />
und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken<br />
(sog. Arbeitsbestätigung). In einem Grundsatzentscheid<br />
äusserte sich das Bundesgericht zu diesen Bestimmungen<br />
wie folgt:<br />
Das Wahlrecht – Vollzeugnis oder blosse Arbeitsbestätigung<br />
– steht nur dem Arbeitnehmer zu. Die<br />
Annahme einer gegen seinen Willen ausgestellten<br />
Arbeitsbestätigung kann er somit verweigern. Ausserdem<br />
wird mit der Ausübung des Wahlrechts der Zeugnisanspruch<br />
nicht konsumiert: Der Arbeitnehmer kann<br />
nach Erhalt eines Vollzeugnisses noch eine Arbeitsbestätigung<br />
verlangen. Begründet wird diese Auffassung<br />
u.a. damit, dass dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche<br />
Fortkommen weitmöglichst erleichtert werden soll. ■<br />
(BGer., 2.5.20<strong>03</strong>, BGE 129 III 177 vzh Nr. 669)<br />
Strafrecht<br />
Droit pénal<br />
Art. 137 Ziff. 2 StGB: Unrechtmässige Aneignung<br />
Wer als Köchin beim Verlassen des Betriebs Lebensmittel<br />
zum Zweck des Konsums nach Hause mitnehmen<br />
will, manifestiert seinen Aneignungswillen. Nicht erst<br />
der allfällige Konsum der Lebensmittel zu Hause ist die<br />
tatbestandsmässige Aneignung, sondern bereits die<br />
Mitnahme der Lebensmittel. ■<br />
(BGer., 19.6.<strong>03</strong>, SJZ 20<strong>03</strong>, S. 413)<br />
Art. 137 lit. 2 CP: Appropriation illégitime<br />
La cuisinière qui en quittant l’entreprise veut emporter<br />
chez elle des denrées alimentaires à des fins de consommation<br />
manifeste sa volonté d’appropriation. L’appropriation<br />
en tant qu’élément constitutif de l’infraction<br />
est déjà réalisée au moment où les denrées sont<br />
emportées, et non seulement par leur consommation<br />
éventuelle à la maison. ■<br />
(TF, 19.6.<strong>03</strong>, SJZ 20<strong>03</strong>, p. 413)
Art. 26 Abs. 2 SVG: Der Misstrauensgrundsatz im<br />
Strassenverkehr; Vom Verhalten gegenüber Kindern<br />
in Begleitung Erwachsener<br />
Wo ein Kind im Strassenverkehr von einer erwachsenen<br />
Person fest an der Hand gehalten wird, muss ein<br />
Fahrzeuglenker nicht mit unvorhersehbaren Spontanreaktionen<br />
rechnen, wie sie sonst für die jüngsten Verkehrsteilnehmer<br />
üblich sind. Das geht aus einem neuen<br />
Urteil des Bundesgerichts hervor, das sich erstmals<br />
seit über 50 Jahren grundsätzlich zur Vorsichtspflicht<br />
des Autofahrers gegenüber Kindern in Begleitung<br />
Erwachsener äussert (vgl. BGE 77 IV 35).<br />
Gemäss dem Vertrauensprinzip darf jeder Strassenbenützer<br />
sich darauf verlassen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer<br />
sich ordnungsgemäss benehmen,<br />
solange es keine Anzeichen für ein gegenteiliges Verhalten<br />
gibt. Gegenüber Kindern allerdings (sowie gebrechlichen<br />
und älteren Personen) ist die Berufung auf<br />
den Vertrauensgrundsatz selbst dann unzulässig,<br />
wenn nichts auf die Möglichkeit eines Fehlverhaltens<br />
schliessen lässt. Es gilt in diesem Zusammenhang gewissermassen<br />
ein Misstrauensgrundsatz, und es bedarf<br />
besonderer Umstände, die positiv ein begrenztes Vertrauen<br />
rechtfertigen.<br />
Zwar muss ein Autolenker laut dem einstimmig gefällten<br />
Urteil des Kassationshofs in Strafsachen nicht beim<br />
Auftauchen jedes Kindes abbremsen und hupen, wie<br />
dies in der Verkehrsregelnverordnung vorgesehen ist<br />
(Art. 4 und 29). Das ist beispielsweise nicht erforderlich,<br />
wenn ein Kind auf dem Trottoir ruhig seines Weges<br />
geht. Steht es indes am Trottoirrand, um die Strasse<br />
zu überqueren, darf ein Fahrzeuglenker sich nur dann<br />
auf sein Vortrittsrecht verlassen, wenn Gewissheit besteht,<br />
dass das Kind die Gefahr erkannt und zu verstehen<br />
gegeben hat, dass es sich richtig verhalten wird.<br />
Andernfalls hat der Fahrer zu bremsen, zu hupen und<br />
nötigenfalls sogar anzuhalten.<br />
Diese erhöhte Vorsichtspflicht gegenüber Kindern<br />
(Art. 26 Abs. 2 Strassenverkehrsgesetz) entfällt aus<br />
Sicht des Bundesgerichts nicht schon allein deshalb,<br />
weil das Kind von einer erwachsenen Person begleitet<br />
wird. Vielmehr muss erkennbar sein, dass die Begleitperson<br />
das Kind «faktisch kontrolliert und beherrscht».<br />
Wird das Kind etwa fest (an der Hand) gehalten, muss<br />
nicht mit unvorhersehbaren, sprunghaften Reaktionen<br />
gerechnet werden.<br />
Konkret zu beurteilen war in Lausanne der Fall eines<br />
Autolenkers, der auf einer wenig befahrenen Strasse innerorts<br />
ein Kind tödlich angefahren hatte, das sich mit<br />
einer erwachsenen Begleiterin am linken Strassenrand<br />
befunden hatte. Der Fahrer verlangsamte und erstellte<br />
Bremsbereitschaft, konnte aber den Unfall nicht mehr<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
vermeiden, als das Kind überraschend auf die Strasse<br />
rannte. Der Fahrer wurde auf kantonaler Ebene von der<br />
Anklage der fahrlässigen Tötung freigesprochen, doch<br />
hat das Bundesgericht jetzt auf eine Beschwerde der<br />
Staatsanwaltschaft hin den Freispruch aufgehoben.<br />
Ausschlaggebend dafür war der Umstand, dass das Kind<br />
sich lediglich selber an der Tasche seiner Begleiterin<br />
festgehalten hatte und nicht etwa von dieser an der<br />
Hand gehalten wurde, wie der Autolenker fälschlich<br />
glaubte. Wie es sich genau verhielt, vermochte er aus<br />
seinem Blickwinkel nicht zu erkennen. ■<br />
(BGer., 26.5.<strong>03</strong>, 6S.471/2002, NZZ, 6.9.20<strong>03</strong>, S. 17, Jusletter, 8.9.20<strong>03</strong>)<br />
Verwaltungsrecht<br />
Droit administratif<br />
Art. 32 USG: Beanstandete Abfallregelung in Arosa<br />
Eine Abfallentsorgungsgebühr, die sich nach dem<br />
Frischwasserverbrauch richtet und sich nicht – gewissermassen<br />
über den Sack – an der Abfallmenge orientiert,<br />
verstösst laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts<br />
gegen das Umweltschutzgesetz des Bundes. Dieses<br />
verlangt eine verursachergerechte Finanzierung,<br />
die Art und Menge des anfallenden Mülls berücksichtigt<br />
(Art. 32a).<br />
Laut Urteil «muss die Kehrichtentsorgungsgebühr<br />
nicht zwingend in Form einer Sackgebühr, das heisst<br />
ausschliesslich proportional zur effektiv produzierten<br />
Abfallmenge, erhoben werden». Eine Kombination<br />
von fester Grundgebühr mit mengenabhängiger Einzelabgabe<br />
ist zulässig, und es darf auch eine gewisse<br />
Schematisierung erfolgen. Welche Lösungsmöglichkeiten<br />
die <strong>Rechtsprechung</strong> im Alltag erlaubt, will das Bundesgericht<br />
nicht erörtern. Sicher nicht zulässig ist es,<br />
auf den Frischwasserverbrauch abzustellen, da kein<br />
zwingender Zusammenhang besteht: Wer einen grossen<br />
Garten bewässert oder ein Schwimmbad unterhält,<br />
braucht viel Wasser, ohne dass deswegen mehr Kehricht<br />
anfällt. Und umgekehrt kann auf einer Liegenschaft<br />
bei geringem Wasserverbrauch sehr viel Müll<br />
entstehen. Daher verträgt sich eine Bemessung der<br />
variablen Kehrichtentsorgungsgebühr nach dem<br />
Frischwasserverbrauch nicht mit dem Umweltschutzgesetz,<br />
und das Bundesgericht meldet auch mit Blick<br />
auf das Gebot der Gleichbehandlung und das Verbot<br />
der Willkür Bedenken an.<br />
299<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong>
300<br />
TREX<br />
5/ <strong>03</strong><br />
Konkret beanstandet wurde in Lausanne die Regelung<br />
in der Bündner Gemeinde Arosa, wo bisher eine<br />
Grundgebühr in Abhängigkeit vom Neuwert des Gebäudes<br />
und eine Mengengebühr entsprechend dem<br />
jeweiligen Frischwasserkonsum erhoben wurden. Die<br />
Kantonsregierung hatte der Gemeinde auf dem Weg<br />
der Ersatzvornahme eine Regelung mit Sackgebühr<br />
vorgeschrieben, als die Stimmbürger Arosas eine solche<br />
ausdrücklich und mit klarer Mehrheit abgelehnt<br />
hatten. Das Bundesgericht verneint eine Verletzung<br />
der Gemeindeautonomie, da in dieser Frage das<br />
Umweltschutzrecht des Bundes Vorrang hat. Dieses ermächtigt<br />
allerdings eine Kantonsregierung nicht,<br />
gegen säumige Gemeinden einzuschreiten. Das kantonale<br />
Recht Graubündens dagegen erlaubt es dem<br />
Regierungsrat, gegen «ordnungswidrige Gemeindeverwaltungen»<br />
einzuschreiten und Ersatzregelungen<br />
zu erlassen, solange diese sich wie im beurteilten Streit<br />
als verhältnismässig erweisen. ■<br />
(BGer., 7.7.<strong>03</strong>, 2P.31/20<strong>03</strong>, NZZ 20.8.20<strong>03</strong>, S. 14, Jusletter, 25.8.20<strong>03</strong>)<br />
Kanton haftet trotz Amtspflichtverletzung nicht;<br />
Verantwortlichkeitsklagen wegen Finanzdebakel in<br />
Leukerbad<br />
Der Kanton Wallis hat zwar im Zusammenhang mit<br />
dem Finanzdebakel in der Gemeinde Leukerbad seine<br />
Amtspflicht verletzt, doch nimmt er gegenüber den<br />
Gläubigern seiner Gemeinden keine sogenannte<br />
Garantenstellung ein und kann daher von einem geschädigten<br />
Kreditgeber nicht haftbar gemacht werden.<br />
Das geht aus der schriftlichen Begründung der vier<br />
Urteile hervor, mit denen das Bundesgericht Verantwortlichkeitsklagen<br />
der Emissionszentrale der Schweizer<br />
Gemeinden (ESG), der Aargauer Gemeinden Rheinfelden<br />
und Oftringen, der Gemeinde Leukerbad selber<br />
sowie der Basler Kantonalbank abgewiesen hatte (NZZ<br />
vom 8.7.<strong>03</strong>).<br />
Die Walliser Verfassung sieht eine Aufsicht des Kantons<br />
über die Gemeinden vor, doch ist die gesetzliche<br />
Regelung dazu im Bereich der Finanzen aus Sicht des<br />
Bundesgerichts mit Rücksicht auf die Gemeindeautonomie<br />
«vom Wortlaut her eher knapp ausgestaltet»<br />
worden. Die Walliser Gemeinden sollen nach dem Willen<br />
des kantonalen Gesetzgebers «insbesondere in<br />
finanzieller Hinsicht über einen weit reichenden Handlungsspielraum<br />
verfügen, was bedingt, dass sich der<br />
Kanton bei seinen aufsichtsrechtlichen Eingriffen möglichst<br />
zurückhält».<br />
RECHTSPRECHUNG / JURISPRUDENCE<br />
Laut den Urteilen «kommt den Gemeinden in finanzieller<br />
Hinsicht eine weitgehende Autonomie zu». Der<br />
Kanton hat zwar das finanzielle Gleichgewicht zu beaufsichtigen,<br />
aber weder Jahresrechnungen noch<br />
Bilanzen zu genehmigen. Auch kennt das Walliser<br />
Recht keine Obergrenze für die Verschuldung einer<br />
Gemeinde. Soweit der Kanton einzugreifen hat, geht<br />
es um den Schutz der Gemeinde und ihres Vermögens.<br />
«Dass die Gemeindeaufsicht darüber hinaus den<br />
Schutz der Gläubiger, die und deren Vermögen im Gesetz<br />
nicht erwähnt werden, bezweckt, geht aus den<br />
Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeindeordnung<br />
nicht hervor.»<br />
Den Kreditgebern einer Gemeinde steht es frei, sich<br />
über die finanzielle Situation des Schuldners zu informieren,<br />
was im Falle einer öffentlichrechtlichen Körperschaft<br />
viel einfacher ist als bei einem privaten Kreditnehmer.<br />
Wohl läge ein Gläubigerschutz im (öffentlichen)<br />
Interesse an einer Erleichterung des Gemeindekredits,<br />
doch müsste ein solcher Zweck klar aus dem<br />
Gesetz hervorgehen, was im Kanton Wallis nicht der<br />
Fall ist. Auch die besonderen bundesrechtlichen Betreibungsvorschriften<br />
für Gemeinden sehen eine Haftung<br />
des Kantons für kommunale Verbindlichkeiten nicht<br />
vor.<br />
Aus diesen Gründen können die Gläubiger der Gemeinde<br />
Leukerbad den Kanton Wallis aus einer allfälligen<br />
Verletzung seiner Aufsichtspflichten nicht haftbar<br />
machen. Anders verhält es sich mit der Klage der Munizipalgemeinde<br />
Leukerbad selbst. Nach Auffassung<br />
des Bundesgerichts hätte der Kanton nämlich tatsächlich<br />
intervenieren müssen, nachdem er im August 1996<br />
durch das Finanzinspektorat auf die Situation in Leukerbad<br />
aufmerksam gemacht worden war. Indes hat<br />
auch hier die vom Bundesgericht bejahte Amtspflichtverletzung<br />
keine Haftung des Kantons zur Folge, weil<br />
das Selbstverschulden der Gemeinde – insbesondere<br />
das Verhalten des Gemeindepräsidenten und des Gemeindeschreibers<br />
– so schwer wiegt, dass der Kausalzusammenhang<br />
zwischen dem Versagen des Kantons<br />
und einem allfälligen Schaden unterbrochen wurde. ■<br />
(BGer., 3.7.<strong>03</strong>, 2C.1/2001, 2C.4/1999, 2C.4/2000 und 2C.5/1999, NZZ,<br />
26. August 20<strong>03</strong> (Nr. 196), S. 13, Jusletter, 1.9.20<strong>03</strong>)