STRATEGIC DESIGN - innovation for leadership
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2. DIE ZUKUNFT DER <strong>DESIGN</strong>THEORIE<br />
Von der eher zufälligen Geburt des Design als wissenschaftlicher Disziplin<br />
Die Designtheorie ist, wie bereits einleitend festgestellt wurde, nicht nur eine sehr plurale Wissenschaft.<br />
Sie ist vor allem auch in hohem Maße diskursiv. 26 Dieser Zustand sollte nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass das Design als Wissenschaft eine noch sehr junge Disziplin ist, deren Entwicklung sich<br />
in mehreren Stufen beschreiben lässt. Richard Buchanan, der Dekan der „School of Design“ an der<br />
Carnegie Mellon University und Vorsitzende der DesignResearchSociety, geht zum Beispiel in seiner<br />
Beschreibung von einem dreistufigen Prozeß aus, der mit dem Design als „handwerklicher Fähigkeit“<br />
beginnt, über das Entstehen einer eigenständigen „Profession“ <strong>for</strong>tläuft und bis zur Etablierung<br />
des Design als wissenschaftlicher Disziplin reicht. 27 Dieser Prozess erklärt, warum historisch die Designausbildung<br />
immer schon eher auf die Praxis als auf eine Grundlagen<strong>for</strong>schung ausgerichtet war. 28<br />
Carl Swann, Professor für Design an der Curtin University of Technology in Perth (Australien), hat<br />
vor ein paar Jahren sehr schön aufgezeigt, dass das Design seine Integration in einen universitären<br />
Kontext dabei fast schon einem „Zufall“ verdankt. So war etwa in Großbritannien und Australien die<br />
Aufnahme des Designfachs in die dortigen Universitäten im Wesentlichen finanzpolitisch, nicht wissenschaftstheoretisch<br />
motiviert. Sie ist letztendlich das Resultat eines mehrstufigen Fusionsprozesses,<br />
der vom Zusammenschluss von Designschulen und Technical Colleges über die Verschmelzung unterschiedlicher<br />
Colleges zu Polytechnika bis hin zur Fusion von technischen Hochschulen mit Universitäten<br />
reicht. Ähnliche Entwicklungslinien lassen sich auch in Deutschland erkennen. Hier hat der Sparzwang<br />
im Bildungsbereich sogar dazu geführt, dass das Design inzwischen an vielen Hochschulen<br />
seine Existenz als eigenständiger Fachbereich zu Gunsten konglomerater Kunst und Gestaltungsfachbereiche<br />
aufgeben musste . 29<br />
Vom richtigen Umgang mit der Pluralität<br />
Die Tatsache, dass das Design als Wissenschaft eine eher junge, anwendungsorientierte Disziplin ist,<br />
begründet, warum die Designtheorie, so wie sie sich heute darstellt, keinesfalls ein geschlossenes Theoriefeld<br />
mit klar gefassten Modellen und Methoden darstellt. Man muss sie eher, um Wolfgang Jonas<br />
zu zitieren als ein „floating subject matter“ 30 verstehen. Mit dieser Situation ist die Designtheorie<br />
allerdings nicht alleine. Seit dem Werturteils und Positivismusstreit, der Einsicht in eine in hohem<br />
Maße „selbstreferentielle“ und „paradigmatische“ Wissenschaft und postmodernen Diagnosen wie<br />
denen von der „Absage an die großen Erzählungen“, der „Unendlichkeit der Texte“ und den „rhizomatischen<br />
Grundstrukturen menschlichen Denkens“ lässt sich Theorie sowieso kaum mehr anders begreifen<br />
als eben plural. 31 Die Wissenschaftstheoretiker Helga Nowotny, Peter Scott und Michael Gibbons<br />
sprechen in diesem Zusammenhang gar von einem „Mode 2“ in den Wissenschaften, der sich deutlich<br />
von dem stark disziplinär und monistisch geprägten Denken der Vergangenheit unterscheidet. 32 Die<br />
Tatsache, dass man sich mit der Pluralität des eigenen Theoriefeldes somit gewissermaßen in guter<br />
Gesellschaft weiß, sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Designwissenschaft aufgrund<br />
ihrer eher „zufälligen“ Universitätskarriere sowie des zunehmenden Rechtfertigungs und Spardrucks<br />
zukünftig verstärkt der Frage gegenübersehen wird, ob die Designausbildung überhaupt eine<br />
theoretische Basis braucht und wenn ja, wie diese denn aussehen sollte. Dass für eine stimmige Designausbildung<br />
tatsächlich eine hinreichende Unterfütterung mit theoretischen Überlegungen unerläss<br />
26 Man beachte hierzu etwa die breiten Diskurse, die in Journals wie Design Issues, The Design Journal, The Journal of Design Research,<br />
dem Design Studies Journal, auf den Veranstaltungen von Institutionen wie dem Design Management Institute (DMI), der Design Research<br />
Society, der European Academy of Design (EAD), dem Design Theory & Methodology Committee der American Society of Mechanical<br />
Engineers (ASME) oder der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie u. <strong>for</strong>schung (DGTF e.V.) sowie in den diversen InternetForen und<br />
Mailinglists zu diesem Thema geführt werden. Siehe hierzu ausführlicher die Literaturliste im Anhang.<br />
27 Vgl. BUCHANAN 1998, S. 64 u. SWANN 2000. Eine ähnliche Darstellung findet man bei Siegfried Maser. Er beschreibt die Etablierung<br />
des Design als Prozeß in fünf Stufen, der von der reinen Produktgestaltung (Jugendstil = Kunst + Handwerk) über die erste Auseinandersetzungen<br />
mit der industrielle Formgebung (Werkbund + Bauhaus = Kunst + Industrie), die Etablierung als Wissenschaft (HFG Ulm = Industrial<br />
Design = Wissenschaft + Industrie) und die Kybernetik (CAD = SystemDesign) bis hin zur Automation und dem heutigen Pluralismus im<br />
Design reicht. Siehe hierzu u. a. MASER 1992, S. 3.<br />
28 Vgl. FRIEDMAN 1997.<br />
29 So z. B. an der Universität/GH in Kassel, an der FH Köln oder auch der Bergischen Universität Wuppertal. In Köln hat man durch die<br />
Gründung der „Köln International School of Design“ versucht, sich dieser Entwicklung trotzend doch noch so etwas wie eine eigenständige<br />
Identität zu erhalten.<br />
30 JONAS 1999, S. 2.<br />
31 Siehe hierzu u. a. GERGEN u. JOSEPH 1996, SEIFFERT 1992b, OBERMAIER 1984, HILLMANN 1989; ferner im Original ADORNO<br />
1984, DAHRENDORF 1961, POPPER 1973, DERRIDA 1967 u. 1968, LYOTARD 1979, DELEUZE u. GUATTARI 1980, 1976 u. 1972.<br />
32 Siehe hierzu ausführlicher NOWOTNY et al. 2001 u. 2003.<br />
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