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19 - Steinway in Austria

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standpunkte standpunkte<br />

Umfangreiche Bauarbeiten bestimmen derzeit das<br />

Geschehen auf Schloss Grafenegg. Schon im Sommer 2007<br />

soll die neue Open-Air-Bühne, die ca. 1650 Personen Platz<br />

bietet, errichtet und der Meierhof als provisorischer Ausweichort<br />

bei Schlechtwetter adaptiert se<strong>in</strong>. 2008 wird der<br />

neue Konzertsaal neben der Alten Reitschule fertiggestellt<br />

se<strong>in</strong> und bei Schlechtwetter während des Festivals bespielt<br />

werden. Er wird aber auch das ganze Jahr über als zusätzlicher<br />

Spielort für Veranstaltungen<br />

und Vermietungen<br />

dienen. Investitionen <strong>in</strong><br />

ECKDATEN MUSIK-FESTIVAL GRAFENEGG 2007<br />

Höhe von 5 Millionen Euro<br />

ZWÖLF FESTIVALTAGE Do–So, 23. 8.–9. 9. 2007<br />

für die Open-Air-Bühne, 1,5<br />

Insgesamt <strong>19</strong> Konzerte: Orchesterkonzerte,<br />

Millionen Euro für den lau-<br />

Kammerkonzerte, Liederabende und Recitals<br />

fenden Betrieb und 15 bis<br />

KÜNSTLERISCHER LEITER Rudolf Buchb<strong>in</strong>der<br />

20 Millionen Euro für den<br />

MUSIKVERMITTLUNGSPROGRAMM<br />

neuen Konzertsaal hat das<br />

Familienworkshops und E<strong>in</strong>führungsgespräche<br />

Land Niederösterreich für<br />

EINTRITTSKARTEN Preise zw. € 6,– und 89,–<br />

dieses umfangreiche Pro-<br />

INFORMATIONEN www.grafenegg.at<br />

jekt zur Verfügung gestellt,<br />

das – wie der Landeshauptmann<br />

von Niederösterreich,<br />

Dr. Erw<strong>in</strong> Pröll, betont – auch als Entwicklungsmotor für<br />

die Region fungieren soll. 100 bis 150 Arbeitskräfte würden<br />

<strong>in</strong> der Bauphase Arbeit f<strong>in</strong>den sowie 450 Künstler Aufträge<br />

und Beschäftigung, abgesehen vom Imagegew<strong>in</strong>n für die<br />

gesamte Region. Auf höchstem musikalischem Niveau soll<br />

das Musik-Festival Grafenegg stattf<strong>in</strong>den, wird allseits versichert.<br />

Und daran besteht bei e<strong>in</strong>em Blick auf das<br />

Programm auch ke<strong>in</strong> Zweifel, denn da f<strong>in</strong>den sich Solisten<br />

wie Alfred Brendel oder Renée Flem<strong>in</strong>g, Dirigenten wie<br />

Zub<strong>in</strong> Mehta und Orchester wie das London Symphony<br />

Orchestra oder die Tschechische Philharmonie. Doch<br />

braucht Österreich, braucht Europa e<strong>in</strong> weiteres Musik-<br />

Festival? Woher sollen die Besucher kommen? Und was<br />

macht das Festival wirklich so speziell?<br />

12<br />

Musik-Festival Grafenegg:<br />

E<strong>in</strong>fach nur e<strong>in</strong> Festival mehr?<br />

E<strong>in</strong> neues Musik-Festival auf Schloss Grafenegg unter der künstlerischen Leitung<br />

von Rudolf Buchb<strong>in</strong>der soll ab Sommer 2007 dafür sorgen, dass am Tor zur Wachau<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiger Musikstandort <strong>in</strong>ternational positioniert wird. Kritiker aber me<strong>in</strong>en,<br />

es gebe schon genug Musik-Festivals. Was spricht für das neue Festival?<br />

MEHR ALS NUR KONZERTE.<br />

„Insgesamt gibt es sicher immer mehr Festivals, aber wir<br />

machen ja nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> Festival mehr, sondern grenzen<br />

uns klar ab, <strong>in</strong>dem wir e<strong>in</strong> Open-Air-Konzert-Festival veranstalten.<br />

Das ist zwar <strong>in</strong> den USA relativ üblich, <strong>in</strong> Europa<br />

aber nicht. Und <strong>in</strong> Österreich sehe ich da gar nichts Vergleichbares.<br />

Mit wichtigen europäischen Festivals wollen<br />

wir uns sicher von der Qualität her messen, von der Quantität<br />

her bewegt sich unser Festival aber <strong>in</strong> ganz anderen<br />

Dimensionen. Das ist daher nicht vergleichbar“, betont<br />

Johannes Neubert, Geschäftsführer der Grafenegg Kulturbetriebsges.m.b.H.<br />

„Es geht bei unserem Musik-Festival<br />

außerdem um e<strong>in</strong> Gesamterlebnis. Hier wird e<strong>in</strong> phantastisches<br />

Kulturprogramm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wunderbaren Landschaft<br />

und neuem Ambiente geboten. So können auch junge<br />

Menschen, die nicht <strong>in</strong> dunklem Anzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschlossenen<br />

Raum sitzen möchten, wieder zu Konzerten f<strong>in</strong>den.<br />

Die Qualität muss aber dennoch so gut se<strong>in</strong>, dass auch<br />

jemand, der dauernd <strong>in</strong> Konzerte geht, gerne nach Grafenegg<br />

kommt“, ergänzt Tassilo Metternich-Sándor, Eigentümer<br />

Schloss Grafenegg. Mit dem Parkambiente – verstärkt<br />

durch das Angebot von Picknickkörben, mit denen man es<br />

sich vor, während oder nach dem Konzert auf dem Rasen<br />

gemütlich machen kann – und E<strong>in</strong>führungs-gesprächen wird<br />

den Besuchern e<strong>in</strong> Zusatznutzen geboten und damit e<strong>in</strong><br />

Argument mehr, auch im Sommer Konzerte zu besuchen.<br />

Anregungen für die Open-Air-Bühne und dem angrenzenden<br />

klimatisierten Raum für Klaviere brachte unter anderem e<strong>in</strong><br />

Besuch beim Musik-Festival <strong>in</strong> Tanglewood/USA, wo seit<br />

über 70 Jahren sehr erfolgreich klassische Musik auf hohem<br />

Niveau im Freien dargeboten wird. Unterscheiden wird man<br />

sich aber dennoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wesentlichen Punkt vom etablierten<br />

amerikanischen Musik-Festival: Der Publikumsbereich ist<br />

e<strong>in</strong> gutes Stück kle<strong>in</strong>er und steigt stark an. So müssen voraussichtlich<br />

ke<strong>in</strong>e Verstärker zum E<strong>in</strong>satz kommen, „weil wir<br />

nicht glauben, dass unser Publikum das akzeptieren würde. Es<br />

Tassilo Metternich-Sándor, Schloss-Eigentümer / Marie-Therese Harnoncourt, Architekt<strong>in</strong> / Johannes Neubert, Geschäftsführer der Grafenegg Kulturbetriebsges.m.b.H.<br />

stünde dann nicht mehr die Klangqualität, sondern der Event-<br />

Charakter im Vordergrund. Trotzdem bieten wir – wie <strong>in</strong><br />

Tanglewood – zusätzlich zu den Tickets zu marktüblichen<br />

Preisen auch Rasenplätze um sechs bis acht Euro an. So s<strong>in</strong>d<br />

die Konzerte auch für kle<strong>in</strong>e, studentische Geldbeutel f<strong>in</strong>anzierbar“,<br />

betont Johannes Neubert.<br />

MUSIK NAHE DEN WOLKEN.<br />

E<strong>in</strong> Klassik-Musik-Festival unter freiem Himmel <strong>in</strong> akustisch<br />

e<strong>in</strong>wandfreier Qualität, e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e historische,<br />

31 Hektar große Parkanlage – unter diesen Vorzeichen entwarf<br />

das Wiener Architektenduo Mag. arch. Ernst J. Fuchs<br />

und Mag. arch. Marie-Therese Harnoncourt von the next<br />

ENTERprise-architects die Open-Air-Bühne „Wolkenturm“.<br />

Ähnlich den Pavillons <strong>in</strong> historischen Landschaftsgärten<br />

errichten sie e<strong>in</strong>en Freiluftpavillon, der während der<br />

Festivalsaison im Sommer als Bühne, zu anderen Zeiten als<br />

Anziehungspunkt für Spaziergänger dient. „Die Aufgabe<br />

bestand also dar<strong>in</strong>, dass der Pavillons nicht wie e<strong>in</strong>e unbespielte<br />

Bühne aussieht, sondern wie e<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Park natürlich<br />

e<strong>in</strong>gebettetes Element, wo man sich jederzeit gern<br />

aufhält, der sich andererseits für das Festival <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Konzertraum<br />

mit natürlicher Akustik für e<strong>in</strong>e große Anzahl<br />

Personen verwandeln kann“, erklärt Architekt<strong>in</strong> Mag. arch.<br />

Marie-Therese Harnoncourt. Wichtig war den Architekten<br />

auch die Inszenierung des Weges, der immer neue Blicke<br />

ermöglicht. Deshalb wird die Open-Air-Bühne auch <strong>in</strong>mitten<br />

des Parks gebaut, sodass die umgebende Landschaft<br />

und der Wolkenturm immer unterschiedlich zue<strong>in</strong>ander<br />

<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten. Um<br />

diesen Effekt zu erreichen,<br />

wurde auch die bestehende<br />

Topographie genutzt – es<br />

wurden Mulden vertieft<br />

und künstliche Hügel für<br />

die Tribünen angelegt. Im<br />

Stahlblech des Bühnendachs<br />

reflektieren sich schemenhaft<br />

Bäume und Wolken,<br />

auf Baumkronenhöhe<br />

errichtet schwebt das Dach<br />

über der Landschaft und<br />

er<strong>in</strong>nert so an e<strong>in</strong>en weiteren alten Baum im Park.<br />

Trotz der bemerkenswerten Freiluftbühne ist e<strong>in</strong>er der<br />

Vorteile gegenüber anderen Freiluft-Festivals <strong>in</strong> Grafenegg<br />

die Tatsache, dass es bei Schlechtwetter e<strong>in</strong> Ausweichquartier<br />

geben wird, 2007 mit dem Meierhof und ab 2008<br />

mit dem neuen Konzertsaal „Neue Reitschule“. Tassilo<br />

Metternich-Sándor: „In diesen Breiten muss man mit<br />

Schlechtwetter rechnen. Kündigt man Veranstaltungen an,<br />

muss man aber auch die Garantie geben, dass sie e<strong>in</strong>gehalten<br />

werden. E<strong>in</strong>e Absage bei großen Orchestern wie dem<br />

London Symphony Orchestra dürfte man sich nicht erlauben.“<br />

Und das Publikum wäre wohl auch nicht entzückt.<br />

Kl<strong>in</strong>gt alles wohldurchdacht, stellt sich nur noch die Frage,<br />

warum man sich nach mehr als 30 Jahren, <strong>in</strong> denen<br />

es schon Konzerte auf Schloss Grafenegg gibt, zu solch<br />

aufwendigen Aktivitäten entschlossen hat. Schlossherr<br />

Metternich-Sándor: „Zwar ist es uns gelungen, <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren e<strong>in</strong>e Reputation <strong>in</strong> Sachen klassische Musik aufzubauen,<br />

um aber weiterh<strong>in</strong> attraktiv zu bleiben, mussten<br />

Investitionen erfolgen. Das liegt unter anderem daran, dass<br />

das Publikum immer anspruchsvoller wird, weil auch die<br />

Angebote so viel besser geworden s<strong>in</strong>d. Das Publikum ist<br />

außerdem mobiler geworden und kann sich mehr aussuchen,<br />

welches Konzert es besucht. Als privater Veranstalter<br />

hätten wir notwendige Investitionen nicht leisten können.“<br />

So hat es sich gut gefügt, dass das Land Niederösterreich<br />

gleichzeitig auf der Suche nach e<strong>in</strong>em Ort als Zentrum für<br />

klassische Musik und als Residenz für das Tonkünstler-<br />

Orchester Niederösterreich war.<br />

Viele Künstler werden beim Musik-Festival Grafenegg auf e<strong>in</strong>em <strong>Ste<strong>in</strong>way</strong> spielen.<br />

Wie aber gefällt es e<strong>in</strong>em <strong>Ste<strong>in</strong>way</strong> auf e<strong>in</strong>er Open-Air-Bühne?<br />

„E<strong>in</strong> Konzertflügel leidet natürlich im Freien. Im Extremfall – wie beim Konzert für Europa <strong>in</strong> Schönbrunn mit dem<br />

Pianisten Lang Lang und bei 12 Grad Celsius – wird das Instrument bereits Tage vor dem Konzert bei den vorherrschenden<br />

Klimabed<strong>in</strong>gungen auf der Bühne vorbereitet, damit es beim Konzert die gewohnte Leistung erbr<strong>in</strong>gt. Das geht so<br />

weit, dass die Instrumente über Nacht verpackt werden oder spezielle Klima-Kisten mit Auskleidungen angefertigt werden,<br />

wodurch sie zum<strong>in</strong>dest vor der Feuchtigkeit geschützt werden. Dies ist natürlich bei e<strong>in</strong>em professionellen Open-<br />

Air-Veranstalter mit eigener Infrastruktur wie <strong>in</strong> Grafenegg nicht notwendig. Außerdem wird hier das Schlechtwetter-<br />

Ausweichquartier auch bei niedrigen Temperaturen genutzt. E<strong>in</strong>e Ausnahme ist die vom ORF übertragene Eröffnung des<br />

Wolkenturms, da hier auf Grund der Aufnahmetechnik nicht übersiedelt werden kann. Für e<strong>in</strong>en Techniker ist e<strong>in</strong> Open-<br />

Air-Konzert natürlich e<strong>in</strong>e große Belastung und Herausforderung, e<strong>in</strong> technischer Seiltanz sozusagen. Denn s<strong>in</strong>d die klimatischen<br />

Unterschiede zu groß zwischen der Situation vor dem Konzert und während des Konzerts, ist der Flügel b<strong>in</strong>nen<br />

weniger M<strong>in</strong>uten unbrauchbar. Da braucht es viel technisches Know-how und F<strong>in</strong>gerspitzengefühl. Auch e<strong>in</strong>e<br />

Überdachung hilft im Fall von Regen nicht, weil bei starkem W<strong>in</strong>d dieser auch quer kommen kann. Kommt der Flügel<br />

mit Regen <strong>in</strong> Berührung, muss man sich vom Flügel leider verabschieden. Besonders bei Fernseh-Live-Aufnahmen<br />

bedeutet das für uns großes Zittern, weil nicht unterbrochen werden darf, um den Flügel zu schützen.“<br />

Christoph Koller, Geschäftsführer <strong>Ste<strong>in</strong>way</strong> <strong>in</strong> <strong>Austria</strong>

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