Leseprobe aus "Astronomie" - Scinexx
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32 2 Gravitation und Planetenbewegung<br />
Die Naturwissenschaften bieten Erklärungen von<br />
Sachverhalten und Effekten, sei es in der Gegenwart<br />
oder in der Vergangenheit. Sie ermöglichten aber<br />
auch entsprechende Vorhersagen für die Zukunft.<br />
Die wissenschaftlichen Methoden sind inzwischen<br />
enorm leistungsfähig. Mit ihrer Hilfe können wir<br />
Vorgänge beobachten, deuten und verstehen, ohne<br />
sie – wie zu früheren Zeiten – einfach hinnehmen<br />
oder gar fürchten zu müssen, dass sie sich auf unerwartete<br />
Weise ändern. Die Naturwissenschaften ermöglichen<br />
eine gewisse Vereinfachung oder besser<br />
Abstraktion und nehmen uns einen Teil der Ungewissheit,<br />
mit der die Welt uns seit jeher konfrontiert.<br />
In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Wesen<br />
der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften.<br />
Dabei werden wir erkennen, welchen<br />
Gesetzmäßigkeiten die Planeten, aber auch die unzähligen<br />
anderen Himmelskörper unterliegen.<br />
In diesem Kapitel geht es darum,<br />
• wodurch eine Theorie als wissenschaftlich gekennzeichnet<br />
ist;<br />
• dass im Laufe einer wissenschaftlichen „Revolution“<br />
die Erde ihre Stellung im Zentrum des Universums<br />
verlor;<br />
• welche Anschauung Kopernikus über den Umlauf<br />
der Planeten um die Sonne hatte;<br />
• warum sich die Bewegungsrichtungen der Planeten<br />
an der Himmelskugel von Zeit zu Zeit umkehren;<br />
• dass Kepler bei seiner Beschreibung der Planetenbahnen<br />
auf die sorgfältigen Beobachtungen seines<br />
Mentors Tycho Brahe zurückgriff;<br />
• dass Isaac Newton eine Gleichung aufstellte, um<br />
die Gravitationskraft zu beschreiben, und dass er<br />
mit ihr erklärte, warum die Planeten und die Monde<br />
in ihren Umlaufbahnen bleiben;<br />
• wie sich das Sonnensystem bildete;<br />
• warum die Umgebung des Sonnensystems in seiner<br />
Frühzeit weit<strong>aus</strong> lebensfeindlicher als heute war;<br />
• wie Astronomen die verschiedenartigen Objekte<br />
im Sonnensystem klassifizieren;<br />
• wie die Planeten angeordnet sind;<br />
• wie nahezu im gesamten Sonnensystem etliche<br />
Monde entstanden;<br />
• wor<strong>aus</strong> die Reste des frühen Sonnensystems bestehen;<br />
• dass Scheiben <strong>aus</strong> Gas und Staub, aber auch Planeten<br />
in der Nähe von immer mehr Sternen nachgewiesen<br />
wurden;<br />
• dass die Entstehung neuer Sterne oder Planetensysteme<br />
beobachtet wird.<br />
Die Naturwissenschaften:<br />
Der Schlüssel zum Verstehen<br />
Wenn wir die Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten<br />
verstehen, die die Natur beherrschen, dann können<br />
wir die Materie und die Energie, die unsere Umgebung<br />
darstellen, sozusagen manipulieren und dabei<br />
Neues hervorbringen, um Vorteile dar<strong>aus</strong> zu ziehen.<br />
So führen technische Verbesserungen zu neuen Erfolgen<br />
in der Forschung, sodass wir noch tiefere Erkenntnisse<br />
über Raum, Zeit, Materie und Energie sowie<br />
über deren Beziehungen zueinander gewinnen<br />
können. Diese Spirale des Verstehens und der Anwendung<br />
begann schon vor Jahrhunderten. In diesem Kapitel<br />
betrachten wir zunächst, wie schon angedeutet,<br />
das Wesen der Naturwissenschaften. Dabei verstehen<br />
wir unter anderem, wie die Gravitationskraft die Planeten<br />
und anderen Objekte, die die Sonne umlaufen,<br />
sowie die Monde, die ihren jeweiligen Planeten umlaufen,<br />
auf ihren Bahnen hält.<br />
2.1 Wissenschaft ist beides: Wissen<br />
und der Prozess des Erforschens<br />
Wir können die Naturwissenschaften in zwei Aspekte<br />
aufteilen. Der erste ist eine inzwischen gewaltige Ansammlung<br />
von Wissen, das im Laufe langer Zeit bei<br />
Beobachtungen und Experimenten anfiel. Beispiele<br />
dafür sind die Details der Bewegungen des Monds, der<br />
Planeten und der Sonne an der Himmelskugel, wie<br />
wir sie in Kapitel 1 beschrieben haben. Das angesammelte<br />
Wissen ermöglicht eine anschauliche Beschreibung<br />
der Gegebenheiten, wie sie in diesem Buch in<br />
den allermeisten Fällen gegeben wird. Aber mithilfe<br />
des Wissensfundus konnten und können auch mathematische<br />
Gleichungen aufgestellt werden, <strong>aus</strong> denen<br />
quantitative Aussagen oder Vorhersagen abzuleiten<br />
sind.<br />
Der zweite Aspekt der Naturwissenschaften besteht<br />
darin, dass neu hinzukommendes Wissen stets von jedermann<br />
überprüft und ggf. allgemein akzeptiert<br />
werden kann. Diese Vorgehensweise ist der Kern der<br />
wissenschaftlichen Methode, die in Abb. 2.1 schematisch<br />
skizziert ist. Im Prinzip verläuft der Erkenntnisweg<br />
über Beobachtungen und/oder Experimente, sodann<br />
das Erklären der Sachverhalte und schließlich<br />
das Vorhersagen künftiger Gegebenheiten. Zwar ist<br />
der „Einstieg“ in den Prozess auch an jeder anderen<br />
Stelle in Abb. 2.1 möglich. Allerdings wird er – um bei<br />
der Astronomie zu bleiben – meist so durchlaufen,