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Leseprobe aus "Astronomie" - Scinexx

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Neil F. Comins<br />

Astronomie<br />

Eine Entdeckungsreise zu Sternen, Galaxien<br />

und was sonst noch im Kosmos ist<br />

Aus dem Amerikanischen übersetzt von<br />

Michael Basler, Anna Schleitzer und Michael Zillgitt


Titel der Original<strong>aus</strong>gabe: Discovering the Essential Universe. Fourth Edition<br />

Die amerikanische Original<strong>aus</strong>gabe ist erschienen in den Vereinigten Staaten bei W.H. Freeman and Company,<br />

New York.<br />

Copyright © 2009 W.H. Freeman and Company. Alle Rechte vorbehalten.<br />

First published in the United States by W.H. Freeman and Company, New York.<br />

Copyright © 2009 by W.H. Freeman and Company. All rights reserved.<br />

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Michael Basler, Anna Schleitzer und Michael Zillgitt.<br />

Wichtiger Hinweis für den Benutzer<br />

Der Verlag und die Autoren haben alle Sorgfalt walten lassen, um vollständige und akkurate Informationen in<br />

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte<br />

bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media<br />

springer.de<br />

© Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2011<br />

Spektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint von Springer<br />

11 12 13 14 15 5 4 3 2 1<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere<br />

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung<br />

in elektronischen Systemen.<br />

Planung und Lektorat: Katharina Neuser-von Oettingen, Stefanie Adam<br />

Redaktion: Regine Zimmerschied<br />

Beratung: Stephan Fichtner, Heidelberg<br />

Satz: TypoDesign Hecker, Leimen<br />

Umschlaggestaltung: wsp design Werbeagentur GmbH, Heidelberg<br />

Titelfotografie: © Spectral-Design, Fotolia.com<br />

Zeichnungen: Imagineering Media Services<br />

ISBN 978-3-8274-2498-3


Inhalt<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Erkunden des Nachthimmels 1<br />

Größenordnungen im Universum 2<br />

Muster von Sternen 5<br />

Einige Zyklusdauern bei der Erde 10<br />

Finsternisse 23<br />

Gravitation und<br />

Planetenbewegung 31<br />

Die Naturwissenschaften:<br />

Der Schlüssel zum Verstehen 32<br />

Vergleichende Planetologie 60<br />

Planeten außerhalb unseres Sonnensystems<br />

64<br />

Licht und Teleskope 75<br />

Die Natur des Lichts 76<br />

Optiken und Teleskope 84<br />

Nichtoptische Astronomie 100<br />

Die Schwarzkörperstrahlung 109<br />

Atome und ihre Spektren 118<br />

Erde und Mond 133<br />

Der Erdmond und die Gezeiten 146<br />

Die anderen Planeten<br />

und ihre Monde 163<br />

Merkur 164<br />

Venus 170<br />

Mars 177<br />

Die äußeren Planeten 195<br />

Jupiter 195<br />

Monde und Ringe des Jupiter 203<br />

Saturn 212<br />

Uranus 222<br />

Neptun 226<br />

Scientific American-Beitrag:<br />

Säuretropfen 238<br />

Vagabunden des Sonnensystems 241<br />

Zwergplaneten 243<br />

Kleinkörper des Sonnensystems 247<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

Kometen 253<br />

Die Sonne, unser besonderer,<br />

ganz gewöhnlicher Stern 277<br />

Die Atmosphäre der Sonne 279<br />

Die aktive Sonne 283<br />

Das Innere der Sonne 293<br />

Sterne und ihre Eigenschaften 301<br />

Helligkeitsskalen 304<br />

Die Temperaturen von Sternen 307<br />

Die Massen von Sternen 315<br />

Scientific American-Beitrag:<br />

Ein Roter Stern wird zum Star 325<br />

Das Leben der Sterne – von der<br />

Geburt bis ins mittlere Alter 327<br />

Hauptreihensterne und Riesen 342<br />

Veränderliche Sterne 349<br />

Wie Sterne sterben 361<br />

Neutronensterne und Pulsare 378<br />

Schwarze Löcher 389<br />

Hinweise auf Schwarze Löcher 399<br />

Die Galaxien 411<br />

Was ist unsere Galaxis? 412<br />

Der Aufbau unserer Galaxis 415<br />

Rätsel am Rand der Galaxis 426<br />

Galaxien 427<br />

Die Hubble’schen Galaxientypen 427<br />

Galaxienhaufen und Superhaufen 439<br />

Superhaufen in Bewegung 448<br />

Quasare 453<br />

Andere aktive Galaxien 458<br />

Supermassive Motoren 461<br />

Kosmologie 473<br />

Der Urknall 474<br />

Eine kurze Geschichte der Raumzeit,<br />

der Materie, der Energie und von allem 480


13<br />

VI Inhalt<br />

Das Schicksal des Universums 493<br />

Astrobiologie 503<br />

Scientific American-Beitrag: Warum<br />

sich ET noch nicht gemeldet hat 517<br />

Anhang 519<br />

A Die Zehnerpotenzschreibweise 519<br />

B Temperaturskalen 520<br />

C Datentabellen 521<br />

D Grafische Darstellungen 533<br />

E Periodensystem der chemischen<br />

Elemente 536<br />

F Wie Pluto vom Planeten<br />

zum Zwergplaneten wurde 537<br />

G1 Das geozentrische Universum 541<br />

G2 Die Gezeiten 543<br />

G3 Das expandierende Universum 545<br />

H1 Astronomische Entfernungseinheiten<br />

546<br />

H2 Energie und Impuls 547<br />

H3 Altersbestimmung mittels<br />

Radioaktivität 549<br />

H4 Die Kernfusion 550<br />

H5 Die Entfernungen zu den<br />

nächstgelegenen Sternen 552<br />

H6 Die Entfernungs-Helligkeits-<br />

Beziehung 553<br />

H7 Die Gravitationskraft<br />

(Schwerkraft) 554<br />

Antworten auf Fragen und Lösungen<br />

zu Rechenaufgaben in den Kapiteln 555<br />

Begriffserklärungen 560<br />

Index 581


Vorwort<br />

zur deutschen Übersetzung<br />

Mit dieser Einführung in die Astronomie liegt nun ein<br />

amerikanischer Lehrbuchklassiker in deutscher Sprache<br />

vor, der für amerikanische Studierende gedacht ist, die<br />

ohne mathematisches oder physikalisches Grundwissen<br />

einen naturwissenschaftlichen Pflichtkurs absolvieren<br />

müssen. Der Stoff wird durchgängig in einer für Physiker<br />

ungewohnten nichtmathematischen Sprache anhand von<br />

astronomischen Aufnahmen und theoretischen Konzepten<br />

vorgestellt, die durch Zeichnungen und anschauliche<br />

Beschreibungen verständlich und auf die wesentlichen<br />

Aussagen fokussiert dargestellt werden.<br />

Der didaktische Ansatz, den Stoff nicht über mathematisch<br />

hergeleitete Formeln zu erschließen, macht dieses<br />

Buch nicht nur für astronomieinteressierte Physikstudierende<br />

interessant, die über die Zusammenhänge hinter<br />

den Formeln nachdenken möchten, sondern auch für<br />

Hobbyastronomen, die über ihr Faible für Sterne und Galaxien<br />

hin<strong>aus</strong> in die Grundlagen der modernen Astronomie<br />

einsteigen möchten. Lehrer finden hier viele Anhaltspunkte,<br />

wie sie physikalische Zusammenhänge didaktisch<br />

so einfach wie möglich darstellen können, ohne die Grenze<br />

zum vereinfachenden Verzerren zu verletzen. Und<br />

Schüler der Sekundarstufe bietet sich mit diesem Buch die<br />

Möglichkeit, schon einmal in ein Astronomie-Studium<br />

hineinzuschnuppern. Insofern unterstützt es die Initiativen,<br />

Astronomie an die Schulen zu bringen.<br />

Bei der Her<strong>aus</strong>gabe des Buches haben wir – das Redaktionsteam<br />

der Übersetzer und Lektorinnen – uns an<br />

die amerikanische Vorlage gehalten, mit wenigen Abweichungen.<br />

Die erste betrifft die mathematischen Formeln,<br />

die im Original nur in Worten formuliert sind, die wir<br />

Himmelsführungen im kostenlosen Redshift-<br />

Planetarium zu diesem Buch:<br />

Himmelsführung zu Kapitel 1:<br />

Jahreszeiten – wie kommen sie zustande?<br />

Die Bewegungen der Erde um die Sonne, die Neigung der Erdachse gegen<br />

die Erdbahnebene (Ekliptik) und die jahreszeitlichen Schwankungen<br />

der örtlichen Sonneneinstrahlung.<br />

Himmelsführung zu Kapitel 2:<br />

Gravitation und Planetenbewegung.<br />

Schleifenbahnen am Himmel, die Kepler’schen Gesetzen für die Planetenbahnen,<br />

Modellbeispiele für Bewegungen nach dem Gravitationsgesetz:<br />

die Phasen der Venus und die Monde des Jupiter, die Galilei<br />

als Beispiele anführte, der Halley’sche Komet, Exoplaneten und<br />

die galaktische Rotation.<br />

aber entsprechend den Lehrplänen im deutschsprachigen<br />

Raum in mathematischer Sprache angegeben haben – da<br />

es sich um sehr elementare Formeln <strong>aus</strong> dem Schulstoff<br />

handelt, die sich <strong>aus</strong> dem Lehrbuch sehr leicht erschließen<br />

lassen.<br />

Weiterhin haben wir das Glossar für die deutsche Leserschaft<br />

redaktionell überarbeitet und Begriffsdefinitionen<br />

so formuliert, dass sie über den speziellen Kontext<br />

dieses Buches hin<strong>aus</strong> verwendbar sind. Dabei haben wir<br />

uns an verschiedenen Lexika und Glossaren orientiert<br />

und bemüht, uns vor eklatant falschen Definitionen zu<br />

hüten. Wir danken Stephan Fichtner für seine sorgsame<br />

Lektüre und Beratung bei der Abfassung des Glossars,<br />

aber für eventuelle Fehler in der Endfassung träge ich als<br />

verantwortliche Lektorin die alleinige Verantwortung –<br />

ich würde mich über Rückmeldungen solcher Fehler freuen,<br />

um in einer Errata-Liste diese Fehler richtigzustellen<br />

und mich auf diese Weise aktiv entschuldigen zu können.<br />

Die größte Abweichung im Text betrifft den Bezug zu<br />

Planetariumsprogrammen. Bei Abbildungen und am Ende<br />

der Kapitel haben wir die Bezüge zu den in Amerika<br />

verbreiteten Programmen Starry Night Enthusiast und<br />

World Wide Telescope aufgegeben und die Installationsanleitungen<br />

zu diesen Programmen gestrichen. Für die ersten<br />

sechs Kapitel haben wir ersatzweise einige Bewegungsanimationen<br />

auf unsere Website zum Buch gestellt,<br />

die Redshift für diesen Zweck programmiert und als<br />

Himmelsführungen zum Herunterladen zur Verfügung<br />

gestellt hat.<br />

Ihr Redaktionsteam<br />

Himmelsführung zu Kapitel 3:<br />

Licht und Teleskope<br />

Licht und Luftverschmutzung, Vergrößerung durch Teleskope, Beobachten<br />

im sichtbaren Licht und in nichtsichtbaren Spektralbereichen.<br />

Himmelsführung zu Kapitel 4:<br />

Blick vom Mond auf die Erde<br />

Erdaufnahmen von Apollo 11 mit Erdphasen und Erddrehung <strong>aus</strong> der<br />

Sicht der Mondastronauten.<br />

Himmelsführung zu Kapitel 5:<br />

Die größten Planeten und ihre Monde<br />

Eine 3D-Reise zu den größten Planeten des Sonnensystems und ihren<br />

Monden.<br />

Himmelsführung zu Kapitel 6:<br />

Vagabunden des Sonnensystems<br />

Zwergplaneten, Asteroiden und Kometen im Sonnensystem.


Aus dem Vorwort<br />

zur englischen Ausgabe<br />

Die vierte Auflage von Discovering the Essential Universe<br />

[dem englischen Originaltitel des vorliegenden<br />

Buchs] ist besonders auf die Probleme gerichtet, denen<br />

sich Lehrkräfte der Astronomie wie Studenten bei<br />

amerikanischen Einfürhungskursen gegenübersehen.<br />

Das vorliegende Lehrbuch ist eines der kürzesten und<br />

knappsten einführenden Lehrbücher, die es gibt. Es<br />

beruht auf einem Lernverfahren, das den Studenten<br />

helfen soll, falsche Auffassungen über die Astronomie<br />

zu überwinden.<br />

Trotz seiner Kürze bleibt der Umfang im Einklang<br />

mit den meisten Einführungskursen, und Sie werden<br />

feststellen, dass es mindestens gen<strong>aus</strong>o reichhaltige<br />

Fotos des Himmels und Grafiken wie die meisten anderen<br />

Lehrbücher für denselben Hörerkreis enthält.<br />

Gewisse unwichtige Punkte wie <strong>aus</strong>führliche mathematische<br />

Erläuterungen, Erweiterungskästen und ein<br />

Teil des Materials am Ende der Kapitel wurden weggelassen.<br />

Die vierte Auflage von Discovering the Essential<br />

Universe setzt die Tradition des Buchs fort, aktuelle<br />

Konzeptionen klar und präzise darzustellen und alle<br />

didaktischen Hilfsmittel bereitzustellen, um den<br />

Lernprozess effizient gestalten zu können. Hierzu zählen:<br />

• der Einsatz sowohl von Text als auch von Grafiken<br />

zur Darstellung von Konzeptionen, um Studenten<br />

entgegenzukommen, die auf unterschiedliche<br />

Weise lernen;<br />

• Studenten dabei zu helfen, ihre Erwartungen mit<br />

den Ergebnissen der modernen Wissenschaft zu<br />

vergleichen und zu verstehen, weshalb die wissenschaftliche<br />

Ansicht richtig ist;<br />

• die Nutzung von Analogien <strong>aus</strong> dem Alltag, um<br />

kosmische Erscheinungen besser erfassbar zu machen;<br />

• die Darstellung der Beobachtungen und der<br />

grundlegenden physikalischen Konzepte, um astronomische<br />

Beobachtungen mit Theorien verknüpfen<br />

zu können, die sie schlüssig und sinnvoll<br />

deuten.<br />

Neue Elemente rücken das<br />

Universum stärker in den<br />

Mittelpunkt<br />

Artikel <strong>aus</strong> der Zeitschrift Scientific<br />

American<br />

Der Autor hat diese <strong>aus</strong>gewählt, um die Kerngedanken<br />

zu beleuchten. Die kurzen, aktuellen und sachbezogenen<br />

Artikel veranschaulichen den Prozess der<br />

Wissenschaft und Entdeckung und bieten zudem Anstöße<br />

für die Diskussion im Seminar.<br />

Ein neues Kapitel über Astrobiologie<br />

soll den Studenten eine solide Übersicht über diesen<br />

anregenden und aufregenden Bereich der Astronomie<br />

bieten, verbreitete irrige Annahmen geraderücken<br />

und die ständige Weiterentwicklung unserer wissenschaftlichen<br />

Kenntnisse veranschaulichen.<br />

Schwerpunktfragen<br />

Zu wichtigen Problemkreisen sind Fragen in das Buch<br />

integriert worden, die die Studenten anregen sollen,<br />

ihr Wissen zu dem in den vorangegangenen Abschnitten<br />

dargestellten Material häufig zu überprüfen und<br />

gegebenenfalls zu korrigieren, ehe sich Fehler summieren.<br />

So werden die Studenten z. B., nachdem sie in<br />

Abschnitt 5.29 das Ringsystem des Uranus kennengelernt<br />

haben, gefragt, wodurch die Ringe auf ihrer<br />

Bahn gehalten werden. Antworten zu etwa einem<br />

Drittel dieser Fragen finden Sie am Ende des Buchs.<br />

? Wie<br />

werden die Uranusringe auf ihren Bahnen<br />

gehalten?


Sternkarten<br />

zeigen den Ort wichtiger im Text angesprochener astronomischer<br />

Objekte am Himmel. Die Sternkarten<br />

enthalten so viele Einzelheiten, dass der Student die<br />

Objekte damit mit bloßem Auge oder mit einem kleinen<br />

Fernrohr auffinden kann.<br />

a M104, eine Sa-Galaxie<br />

Neue Behandlung der Planeten<br />

In der Astronomie ist ein neues Klassifizierungsschema<br />

für die Körper im Sonnensystem eingeführt worden.<br />

Diese Planeten, Zwergplaneten und Kleinkörper<br />

des Sonnensystems zusammen mit neuen Unterklassen<br />

wie Plutoiden werden erläutert und mit der herkömmlichen<br />

Klassifizierung in Planeten, Monde, Asteroiden,<br />

Meteoriten und Kometen verglichen. Zudem<br />

ist dargestellt, weshalb Pluto besser zu den<br />

Zwergplaneten als zu den acht Planeten passt.<br />

Neue lebendige Grafiken<br />

Das Buch enthält durchgängig zusammenfassende<br />

Abbildungen, die entweder die Wechselbeziehungen<br />

zwischen wichtigen Konzeptionen oder die Entwicklung<br />

wichtiger Objekte zeigen. So ist der Ort der Sonne<br />

am Himmel im Verlauf der Jahreszeiten zusammen<br />

mit der Stärke des Lichteinfalls und der entsprechenden<br />

<strong>aus</strong>geleuchteten Fläche am Boden in einer Abfolge<br />

von Zeichnungen in einer Abbildung dargestellt.<br />

Aus dem Vorwort zur englischen Ausgabe IX<br />

Bewährte Merkmale<br />

unterstützen beim Lernen<br />

Was meinen Sie? Was haben Sie<br />

gedacht?<br />

Diese Fragen werden den Studenten in jedem Kapitel<br />

vorgelegt, damit sie sich ihr gegenwärtiges Wissen vor<br />

Augen halten und angeregt werden, dieses aktiv mit<br />

den im Buch dargestellten exakten wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen zu vergleichen. An den Stellen, an denen<br />

die jeweilige Problemstellung im Text erörtert ist,<br />

finden sie in der Randspalte entsprechende Ziffern.<br />

Damit sollen die Studenten angeregt werden, sich zunächst<br />

über die ihrer Meinung nach richtige Antwort<br />

auf die Frage Klarheit zu verschaffen. Anschließend<br />

können sie sich dann schrittweise das exakte Wissen<br />

erarbeiten. Es hat sich gezeigt, dass dies ein fruchtbares<br />

Lernverfahren ist, insbesondere dann, wenn der<br />

Lehrende nicht genügend Zeit hat, den tatsächlichen<br />

Sachverhalt <strong>aus</strong>gehend von falschen Annahmen direkt<br />

mit den Studenten zu erarbeiten.<br />

Lernziele<br />

heben die wichtigsten Problemkreise der Kapitel hervor.<br />

Abschnittsüberschriften<br />

sind kurze Sätze, die den Inhalt des jeweiligen Abschnitts<br />

zusammenfassen und bei der Wiederholung<br />

des Stoffs als schneller Wegweiser durch das Kapitel<br />

dienen.<br />

Einblicke in die Wissenschaft<br />

Dies sind kurze Ergänzungen, die die behandelten<br />

Fragen mit dem Vorgehen in der Forschung in Beziehung<br />

setzen und zum kritischen Durchdenken anregen<br />

sollen.<br />

Wellenlängenkästchen<br />

bei den Fotos zeigen, ob eine Aufnahme mit Radiowellen<br />

(R), Infrarotlicht (I), sichtbarem Licht (V),<br />

Ultraviolettstrahlung (U), Röntgenstrahlung (X) oder<br />

Gammastrahlung (G) erfolgte.


X Aus dem Vorwort zur englischen Ausgabe<br />

Zusammenfassungen und Übungen<br />

• Schlüsselbegriffe ist eine Aufzählung der wichtigsten<br />

Konzeptionen des Kapitels.<br />

• Was haben Sie gedacht? Hier finden Sie Antworten<br />

auf die zu Beginn jedes Kapitels unter Was meinen<br />

Sie? gestellten Fragen.<br />

• Hervorgehobene zentrale Begriffe, eingestreute<br />

Wiederholungsfragen sowie weiterführende Fragen<br />

sollen den Studenten beim Verständnis des<br />

Materials in dem Kapitel unterstützen.<br />

Medien- und Ergänzungspaket<br />

Für Studenten<br />

Frei zugängliche begleitende Website<br />

Die begleitende Website www.whfreeman.com/deu4e<br />

[in englischer Sprache] enthält eine Vielzahl von Material<br />

für Studium und Wiederholung, um den Studenten<br />

beim Verständnis zu unterstützen. Hierzu zählen:<br />

• Online Quizzing Fragen und Antworten mit unmittelbarer<br />

Rückkopplung, die Studenten für die<br />

Wiederholung und Vorbereitung auf die Prüfung<br />

heranziehen können. Lehrkräfte können auf die<br />

Antworten zugreifen.<br />

• Animations und Videos, sowohl eigene als auch<br />

solche der NASA, sind auf bestimmte Kapitel gerichtet.<br />

• WebLinks bieten dem Studenten eine Fülle an Online-Material.<br />

Für Lehrkräfte<br />

Die begleitende Website www.whfreeman.com/deu4e<br />

enthält außerdem passwortgeschützte Anleitungen<br />

für Lehrkräfte. Diese umfassen:<br />

• alle Abbildungen und Fotos <strong>aus</strong> dem Lehrbuch sowohl<br />

im JPEG- als auch im PowerPoint-Format<br />

• PowerPoint-Präsentationen für die Vorlesung<br />

• Antworten auf die Wiederholungsfragen im Text.<br />

Danksagungen<br />

Den folgenden Astronomen und Lehrkräften bin ich<br />

dankbar für die Durchsicht von Kapiteln dieser und<br />

der vorangegangenen Auflagen.<br />

William R. Alexander, James Madison University<br />

Gordon Baird, University of Mississippi<br />

Henry E. Bass, University of Mississippi<br />

J. David Batchelor, Community College of Southern<br />

Nevada<br />

Jill Bechtold, University of Arizona<br />

Peter A. Becker, George Mason University<br />

Michael Bennett, DeAnza College<br />

John Bieging, University of Arizona<br />

Greg Black, University of Virginia<br />

Julie Bray-Ali, Mt. San Antonio College<br />

John B. Bulman, Loyola Marymount University<br />

John W. Burns, Mt. San Antonio College<br />

Alison Byer, Widener University<br />

Gene Byrd, University of Alabama<br />

Eugene R. Capriotti, Michigan State University<br />

Michael W. Castelaz, Pisgah Astronomical Research<br />

Institute<br />

Gerald Cecil, University of North Carolina<br />

David S. Chandler, Porterville College<br />

David Chernoff, Cornell University<br />

Tom Christensen, University of Colorado, Colorado<br />

Springs<br />

Chris Clemens, University of North Carolina<br />

Christine Clement, University of Toronto<br />

Halden Cohn, Indiana University<br />

John Cowan, University of Oklahoma<br />

Antoinette Cowie, University of Hawaii<br />

Volker Credé, Florida State University<br />

Charles Curry, University of Waterloo


Kapitel 2<br />

Gravitation und<br />

Planetenbewegung<br />

Was meinen Sie?<br />

1 Wodurch ist eine Theorie als wissenschaftlich<br />

gekennzeichnet?<br />

2 Welche Form hat die Umlaufbahn der Erde um<br />

die Sonne?<br />

3 Umlaufen die Planeten die Sonne mit<br />

konstanten Geschwindigkeiten?<br />

4 Umlaufen alle Planeten die Sonne mit gleich<br />

hohen Geschwindigkeiten?<br />

5 Welche Kraft ist aufzubringen, damit ein<br />

Körper seine geradlinige Bewegung mit<br />

konstanter Geschwindigkeit fortsetzt?<br />

6 Wie unterscheiden sich die Messwerte der<br />

Masse ein und desselben Körpers auf der Erde<br />

und auf dem Mond?<br />

In der Raumfahrt, beispielsweise<br />

zum Mond, muss man<br />

bei der Planung und der<br />

Durchführung unter anderem<br />

das Gravitationsgesetz und<br />

die Newton’schen Axiome anwenden,<br />

um eine sichere<br />

Rückkehr zu gewährleisten.<br />

(NASA)<br />

7 Spüren Astronauten, deren Raumstation die<br />

Erde umläuft, die Schwerkraft?<br />

8 Gehören die Sonne und die Planeten zu den<br />

im Universum zuerst entstandenen Körpern?<br />

9 Wie lange existiert die Erde bereits, und woher<br />

kennen wir ihr Alter?<br />

10 Welche typische(n) Form(en) haben Monde,<br />

und was bewirkte diese Form(en)?<br />

11 Wurden schon erdähnliche Planeten entdeckt,<br />

die sonnenähnliche Sterne umlaufen?<br />

Die Antworten finden Sie bei der jeweiligen Ziffer im<br />

Text und noch einmal zusammengefasst am Ende des<br />

Kapitels.


2<br />

32 2 Gravitation und Planetenbewegung<br />

Die Naturwissenschaften bieten Erklärungen von<br />

Sachverhalten und Effekten, sei es in der Gegenwart<br />

oder in der Vergangenheit. Sie ermöglichten aber<br />

auch entsprechende Vorhersagen für die Zukunft.<br />

Die wissenschaftlichen Methoden sind inzwischen<br />

enorm leistungsfähig. Mit ihrer Hilfe können wir<br />

Vorgänge beobachten, deuten und verstehen, ohne<br />

sie – wie zu früheren Zeiten – einfach hinnehmen<br />

oder gar fürchten zu müssen, dass sie sich auf unerwartete<br />

Weise ändern. Die Naturwissenschaften ermöglichen<br />

eine gewisse Vereinfachung oder besser<br />

Abstraktion und nehmen uns einen Teil der Ungewissheit,<br />

mit der die Welt uns seit jeher konfrontiert.<br />

In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Wesen<br />

der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften.<br />

Dabei werden wir erkennen, welchen<br />

Gesetzmäßigkeiten die Planeten, aber auch die unzähligen<br />

anderen Himmelskörper unterliegen.<br />

In diesem Kapitel geht es darum,<br />

• wodurch eine Theorie als wissenschaftlich gekennzeichnet<br />

ist;<br />

• dass im Laufe einer wissenschaftlichen „Revolution“<br />

die Erde ihre Stellung im Zentrum des Universums<br />

verlor;<br />

• welche Anschauung Kopernikus über den Umlauf<br />

der Planeten um die Sonne hatte;<br />

• warum sich die Bewegungsrichtungen der Planeten<br />

an der Himmelskugel von Zeit zu Zeit umkehren;<br />

• dass Kepler bei seiner Beschreibung der Planetenbahnen<br />

auf die sorgfältigen Beobachtungen seines<br />

Mentors Tycho Brahe zurückgriff;<br />

• dass Isaac Newton eine Gleichung aufstellte, um<br />

die Gravitationskraft zu beschreiben, und dass er<br />

mit ihr erklärte, warum die Planeten und die Monde<br />

in ihren Umlaufbahnen bleiben;<br />

• wie sich das Sonnensystem bildete;<br />

• warum die Umgebung des Sonnensystems in seiner<br />

Frühzeit weit<strong>aus</strong> lebensfeindlicher als heute war;<br />

• wie Astronomen die verschiedenartigen Objekte<br />

im Sonnensystem klassifizieren;<br />

• wie die Planeten angeordnet sind;<br />

• wie nahezu im gesamten Sonnensystem etliche<br />

Monde entstanden;<br />

• wor<strong>aus</strong> die Reste des frühen Sonnensystems bestehen;<br />

• dass Scheiben <strong>aus</strong> Gas und Staub, aber auch Planeten<br />

in der Nähe von immer mehr Sternen nachgewiesen<br />

wurden;<br />

• dass die Entstehung neuer Sterne oder Planetensysteme<br />

beobachtet wird.<br />

Die Naturwissenschaften:<br />

Der Schlüssel zum Verstehen<br />

Wenn wir die Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten<br />

verstehen, die die Natur beherrschen, dann können<br />

wir die Materie und die Energie, die unsere Umgebung<br />

darstellen, sozusagen manipulieren und dabei<br />

Neues hervorbringen, um Vorteile dar<strong>aus</strong> zu ziehen.<br />

So führen technische Verbesserungen zu neuen Erfolgen<br />

in der Forschung, sodass wir noch tiefere Erkenntnisse<br />

über Raum, Zeit, Materie und Energie sowie<br />

über deren Beziehungen zueinander gewinnen<br />

können. Diese Spirale des Verstehens und der Anwendung<br />

begann schon vor Jahrhunderten. In diesem Kapitel<br />

betrachten wir zunächst, wie schon angedeutet,<br />

das Wesen der Naturwissenschaften. Dabei verstehen<br />

wir unter anderem, wie die Gravitationskraft die Planeten<br />

und anderen Objekte, die die Sonne umlaufen,<br />

sowie die Monde, die ihren jeweiligen Planeten umlaufen,<br />

auf ihren Bahnen hält.<br />

2.1 Wissenschaft ist beides: Wissen<br />

und der Prozess des Erforschens<br />

Wir können die Naturwissenschaften in zwei Aspekte<br />

aufteilen. Der erste ist eine inzwischen gewaltige Ansammlung<br />

von Wissen, das im Laufe langer Zeit bei<br />

Beobachtungen und Experimenten anfiel. Beispiele<br />

dafür sind die Details der Bewegungen des Monds, der<br />

Planeten und der Sonne an der Himmelskugel, wie<br />

wir sie in Kapitel 1 beschrieben haben. Das angesammelte<br />

Wissen ermöglicht eine anschauliche Beschreibung<br />

der Gegebenheiten, wie sie in diesem Buch in<br />

den allermeisten Fällen gegeben wird. Aber mithilfe<br />

des Wissensfundus konnten und können auch mathematische<br />

Gleichungen aufgestellt werden, <strong>aus</strong> denen<br />

quantitative Aussagen oder Vorhersagen abzuleiten<br />

sind.<br />

Der zweite Aspekt der Naturwissenschaften besteht<br />

darin, dass neu hinzukommendes Wissen stets von jedermann<br />

überprüft und ggf. allgemein akzeptiert<br />

werden kann. Diese Vorgehensweise ist der Kern der<br />

wissenschaftlichen Methode, die in Abb. 2.1 schematisch<br />

skizziert ist. Im Prinzip verläuft der Erkenntnisweg<br />

über Beobachtungen und/oder Experimente, sodann<br />

das Erklären der Sachverhalte und schließlich<br />

das Vorhersagen künftiger Gegebenheiten. Zwar ist<br />

der „Einstieg“ in den Prozess auch an jeder anderen<br />

Stelle in Abb. 2.1 möglich. Allerdings wird er – um bei<br />

der Astronomie zu bleiben – meist so durchlaufen,


1<br />

dass die Bewegungen irgendwelcher Körper (z. B. von<br />

Planeten) an der Himmelskugel beobachtet werden<br />

und dass eine Erklärung dafür gesucht wird, dass die<br />

Sterne diesen Bewegungen nicht folgen. Die Ergebnisse<br />

späterer Beobachtungen oder Experimente müssen<br />

dann mit den zuvor aufgestellten Theorien verglichen<br />

werden. Ergeben sich dabei Widersprüche,<br />

dann muss eine Hypothese aufgestellt werden, die die<br />

bisher anerkannte Erklärung modifiziert oder ersetzt.<br />

Die Gesamtheit der Hypothesen für miteinander zusammenhängende<br />

Sachverhalte bezeichnet man als<br />

wissenschaftliche Theorie oder einfach Theorie.<br />

Im Alltag verstehen wir unter einer Theorie meist<br />

eine Vorstellung, die auf logischem Denken, Intuition<br />

oder persönlichen Überzeugungen gegründet ist. Eine<br />

derartige Theorie führt natürlich weder zu Gleichungen,<br />

noch ermöglicht sie konkrete Vorhersagen. In der<br />

Wissenschaft dagegen stellt eine Theorie eine Erklärung<br />

von Beobachtungen oder Versuchsergebnissen<br />

dar, die quantitativ beschrieben und auch überprüft<br />

werden können. Die mathematische Beschreibung einer<br />

wissenschaftlichen Theorie bezeichnet man meist<br />

als Modell des betrachteten Systems. Beispielsweise<br />

kann die von Newton aufgestellte Theorie der Gravitation<br />

als Gleichung formuliert werden. Anhand seines<br />

Gravitationsgesetzes können wir für jeden einzelnen<br />

Fall vorhersagen, wie die beteiligten Körper einander<br />

anziehen.<br />

Wie bereits erwähnt, muss eine Theorie, die als<br />

wissenschaftlich gelten soll, überprüfbare Vorhersagen<br />

liefern. Das bedeutet, es muss möglich sein, sie im<br />

Rahmen weiterer Beobachtungen oder Experimente<br />

zu bestätigen oder zu widerlegen. Außerdem muss bei<br />

der Theorie auch deren Gültigkeitsbereich angegeben<br />

werden, damit die Überprüfung sinnvoll ist. Gemäß<br />

dem Newton’schen Gravitationsgesetz sollten die Pla-<br />

Test der<br />

Theorie im neuen<br />

Zusammenhang<br />

konzipieren<br />

Wenn es bereits Theorien<br />

gibt, die die Ergebnisse<br />

stützen, ist die einfachste<br />

von ihnen zu wählen; überprüfte<br />

Ergebnisse publizieren<br />

Beobachtungen oder<br />

Experimente <strong>aus</strong>führen<br />

Ergebnisse untersuchen<br />

Neue oder präzisere Versuchs-<br />

oder Beobachtungsanordnung<br />

konzipieren, um den Gültigkeitsbereich<br />

der Theorie zu erweitern<br />

Die Naturwissenschaften: Der Schlüssel zum Verstehen 33 2<br />

Wenn es noch keine Theorie<br />

gibt, die die Ergebnisse stützt,<br />

ist eine bestehende Theorie<br />

entsprechend anzupassen<br />

oder eine neue aufzustellen<br />

Vorhersagen<br />

aufgrund der neuen<br />

bzw. modifizierten<br />

Theorie aufstellen<br />

neten die Sonne auf Ellipsen oder Kreisen umlaufen,<br />

wofür sie umso länger brauchen, je weiter sie von ihr<br />

entfernt sind. Wie wir gleich sehen werden, konnten<br />

diese Vorhersagen in den allermeisten Fällen bestätigt<br />

werden.<br />

Wissenschaftler, die ein neues oder genaueres Modell<br />

entwickeln, betreten natürlich Neuland. Für viele<br />

von ihnen ist dies ein kreativer Prozess, der ebenso befriedigend<br />

ist wie für einen Künstler das Schaffen eines<br />

Meisterwerks, für einen Athleten ein neuer Weltrekord<br />

oder für einen Astronauten eine Erdumrundung<br />

oder gar ein Weltraumspaziergang.<br />

Aber die Überprüfung einer Theorie kann nicht<br />

nur die Bestätigung, sondern auch die Widerlegung<br />

zur Folge haben. Dementsprechend ist eine Theorie<br />

nur dann als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie<br />

prinzipiell auch widerlegt werden könnte. Beispielsweise<br />

könnten ja eines Tages unwiderlegbare experimentelle<br />

Befunde dem Newton’schen Gravitationsgesetz<br />

widersprechen, sodass man die Theorie verbes-<br />

Test der<br />

neuen Theorie<br />

konzipieren<br />

Einblicke<br />

in die Wissenschaft<br />

Die Naturwissenschaft ist weltumspannend Der<br />

wissenschaftliche Fortschritt vollzieht sich im Grunde als<br />

praktisch weltweites Teamwork. Im Prinzip kann eine Theorie<br />

hierbei von jedermann aufgestellt, modifiziert oder<br />

überprüft werden, der sich dazu berufen fühlt. In der Praxis<br />

muss er aber zumindest das nötige mathematische<br />

Rüstzeug mitbringen. Dass die Theorie in Form konkreter<br />

Gleichungen zu formulieren ist, sorgt für die nötige Eindeutigkeit.<br />

Nur wenn diese sichergestellt ist, kann die Theorie<br />

jederzeit und überall von anderen Wissenschaftlern<br />

überprüft werden.<br />

Abb. 2.1 Die wissenschaftliche<br />

Methode. Dieses Flussdiagramm zeigt<br />

die wesentlichen Schritte beim Entwickeln<br />

und Überprüfen neuer Theorien.<br />

Jeder Forscher kann an irgendeiner<br />

Stelle in den Prozess eintreten, also Beobachtungen<br />

bzw. Experimente <strong>aus</strong>führen<br />

oder eine Theorie modifizieren bzw.<br />

eine neue aufstellen oder anhand neuer<br />

Theorien bestimmte Sachverhalte vorhersagen.<br />

(© Neil F. Comins)


2<br />

34 2 Gravitation und Planetenbewegung<br />

sern oder durch eine andere ersetzen müsste. Dagegen<br />

kann eine Behauptung wie „Die Erde wurde in sechs<br />

Tagen erschaffen“ nicht überprüft werden. Dies kennzeichnet<br />

sie als unwissenschaftliche Theorie.<br />

? Nennen<br />

Einblicke<br />

in die Wissenschaft<br />

Theorien und Glaube Neue Theorien sind individuelle<br />

Schöpfungen, aber die Naturwissenschaften sind kein<br />

persönliches Glaubenssystem. Wie schon im vorhergehenden<br />

Kasten zur wissenschaftlichen Methode angemerkt<br />

wurde, liefern wissenschaftliche Theorien grundsätzlich<br />

Aussagen, die von vielen Wissenschaftlern unabhängig<br />

voneinander überprüft werden können. Wenn jede<br />

Überprüfung die Theorie bestätigt, dann wird diese in ihrem<br />

Bereich als gültig angesehen. Im Unterschied dazu ist<br />

es aber beispielsweise nicht überprüfbar, welches politische<br />

System das beste ist, denn hier wird es immer unterschiedliche<br />

persönliche Überzeugungen oder Meinungen<br />

geben.<br />

Sie jeweils ein Beispiel für eine wissenschaftliche<br />

und eine unwissenschaftliche Hypothese<br />

oder Theorie.<br />

Wenn die Vorhersagen einer Theorie mit den Beobachtungen<br />

unvereinbar sind, dann kann sie ggf. modifiziert<br />

oder auf einen kleineren Gültigkeitsbereich<br />

eingeengt werden. Aber es kann auch nötig sein, sie<br />

ganz zu verwerfen und eine neue Erklärung zu suchen.<br />

Ein Beispiel bietet wiederum das Newton’sche<br />

Gravitationsgesetz: Es beschreibt bestens den Fall eines<br />

Apfels vom Baum, den Flug eines Geschosses oder<br />

den Umlauf der Erde um die Sonne. Doch für Vorgänge<br />

nahe bei einem Schwarzen Loch, in dem die<br />

Materie extrem dicht ist, liefert es unbrauchbare Werte.<br />

In diesem Fall ist das Newton’sche Gravitationsgesetz<br />

durch Einsteins allgemeine Relativitätstheorie zu<br />

ersetzen, die die Merkmale der Gravitation sogar für<br />

solche extremen Sonderfälle beschreibt – allerdings<br />

zum Preis einer größeren mathematischen Kompliziertheit.<br />

In den Naturwissenschaften ist man stets bemüht,<br />

so viele Sachverhalte wie möglich mithilfe von möglichst<br />

wenigen Theorien zu erklären. Wir können im<br />

Universum im Prinzip Milliarden von Milliarden an<br />

Objekten sehen. Es ist nun ein Ding der Unmöglichkeit,<br />

sie sämtlich einzeln zu untersuchen, um jeweils<br />

eine detaillierte Beschreibung zu erhalten. Glücklicherweise<br />

braucht man nicht jedes Mal eine einzelne<br />

Theorie, die genau das betreffende Objekt beschreibt.<br />

Hier kommt den Forschern nämlich der Umstand<br />

zugute, dass viele der physikalischen Objekte im<br />

Raum sich sehr ähnlich verhalten. Die Objekte werden<br />

entsprechend klassifiziert, sodass nur für jede<br />

Klasse oder Gruppe eine Theorie aufgestellt werden<br />

muss. Dann sind zahlreiche Objekte mit wenigen<br />

Theorien zu beschreiben, und diese Theorien können<br />

anschließend überprüft und nötigenfalls verfeinert<br />

oder verbessert werden. Solche Klassifizierungen sind<br />

eine Methode von unschätzbarem Wert, denn damit<br />

konnten Einblicke in die Struktur und die Anordnung<br />

von Milliarden von Sternen und Galaxien gewonnen<br />

werden, die einander tatsächlich sehr ähnlich<br />

sind.<br />

Obwohl die weit<strong>aus</strong> meisten Wissenschaftler den<br />

Regeln der wissenschaftlichen Forschung gewissenhaft<br />

folgen, gibt es etliche Experimente, deren Ausführung<br />

und/oder Auswertung fragwürdig ist. Zuweilen<br />

wurden experimentelle Fakten oder Beobachtungen<br />

ignoriert, die dem Forscher nicht „in den Kram passten“<br />

oder seinen Grundüberzeugungen irgendwie zuwiderliefen.<br />

Zuweilen wurden sogar Daten gefälscht<br />

oder von anderen Forschern gestohlen. Doch praktisch<br />

alle diese Fälle von Irrtum oder Fehlverhalten<br />

wurden letztlich entdeckt und aufgeklärt – eben weil<br />

die Theorien und ihre Vorhersagen gewöhnlich von<br />

mehreren unabhängigen Forschern überprüft werden.<br />

Im Grund besteht die naturwissenschaftliche Methode<br />

<strong>aus</strong> sechs grundlegenden Schritten: Beobachtungen<br />

oder Experimente anstellen, eine Hypothese<br />

Einblicke<br />

in die Wissenschaft<br />

Nach Einfachheit streben Wenn mehrere konkurrierende<br />

Theorien die gleichen Sachverhalte mit gleicher Genauigkeit<br />

beschreiben, dann wählt man stets die einfachste<br />

dieser Theorien – d. h. diejenige, die die wenigsten unbewiesenen<br />

Annahmen beinhaltet. Dieser Grundsatz wurde<br />

schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts von<br />

dem englischen Philosophen Wilhelm von Ockham aufgestellt.<br />

Er nannte es das Prinzip der logischen Beschränkung,<br />

und heute spricht man auch von Ockhams Rasiermesser.<br />

Weil sie dieses Prinzip befolgte, war die ursprüngliche<br />

Form des heliozentrischen (sonnenzentrierten)<br />

Weltbilds, der wir uns gleich zuwenden wollen, so<br />

ansprechend. Sie lieferte nämlich mit einem wesentlich<br />

einfacheren Modell die gleichen Vorhersagen über die Planetenbewegungen<br />

am Himmel wie das geozentrische<br />

Weltbild. – Denken Sie immer an Ockhams Rasiermesser.


oder Theorie aufstellen, Vorhersagen dar<strong>aus</strong> ableiten,<br />

sodann die Theorie überprüfen, modifizieren oder<br />

vereinfachen. Achten Sie bei der Lektüre dieses Buchs<br />

immer wieder auf diese mehrschrittige Vorgehensweise.<br />

Wir begegnen ihr prompt bei unserem ersten<br />

Beispiel, nämlich der Entdeckung, dass die Erde die<br />

Sonne umläuft.<br />

Die Abkehr vom geozentrischen<br />

Weltbild<br />

Im Altertum versuchten die griechischen Astronomen,<br />

die Bewegungen der fünf damals bekannten Planeten<br />

– Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn – zu<br />

erklären. Aus den beobachteten Bewegungen der<br />

Himmelskörper folgerten sie, dass Sonne, Mond, Sterne<br />

und Planeten die Erde umlaufen. Also war man davon<br />

überzeugt, dass die Erde den Mittelpunkt (das<br />

Zentrum) des Kosmos einnimmt; man hatte also ein<br />

geozentrisches Weltbild. Eine Theorie der Struktur und<br />

Entwicklung des Universums wird als Kosmologie<br />

bezeichnet. Somit hing man in der Antike weitestgehend<br />

einer geozentrischen Kosmologie bzw. einem geozentrischen<br />

Weltbild an. Sie wäre nur zu widerlegen gewesen,<br />

wenn man die Planetenbewegungen sehr genau<br />

verfolgt und aufgezeichnet hätte. Daher konnte<br />

sie sich über 2000 Jahre lang halten (zu näheren Einzelheiten<br />

siehe Anhang G.1).<br />

1. Juli 2010<br />

LÖWE<br />

Ekliptik<br />

1. Juni 2010<br />

1. Jan. 2010<br />

1. Dez. 2009<br />

1. Mai 2010<br />

1. Feb. 2010<br />

Die Abkehr vom geozentrischen Weltbild 35 2<br />

2.2 Das heliozentrische Weltbild<br />

setzte sich nur langsam durch<br />

Eine der großen Her<strong>aus</strong>forderungen für die Astronomen<br />

des Altertums bestand darin, die komplizierten<br />

Bewegungen der fünf Planeten zu erklären. Dabei<br />

wurde ja vor<strong>aus</strong>gesetzt, dass die Erde sich im Mittelpunkt<br />

aller Bewegungen befindet. Die Griechen der<br />

Antike wussten natürlich schon, dass sich die Positionen<br />

der Planeten relativ zu den (unbeweglichen)<br />

Fixsternen ständig verschieben. Daher rührt die Bezeichnung<br />

Planeten (bzw. Wandelsterne, nach dem<br />

griechischen Wort planes = umherschweifend). Ebenfalls<br />

schon im Altertum war bekannt, dass sich die Planeten<br />

nicht gleichmäßig schnell gegen die Sternbilder<br />

der Fixsterne verschieben. Von der Nordhalbkugel der<br />

Erde <strong>aus</strong> gesehen bewegen sich die Planeten vor den<br />

Hintergrundsternen im größten Teil der Zeit langsam<br />

nach links (ostwärts). Dies ist die rechtläufige Bewegung.<br />

Jeder Planet scheint nach einiger Zeit innezuhalten<br />

und sich danach über Wochen oder Monate<br />

hinweg in die entgegengesetzte Richtung zu verschieben.<br />

Dies ist die rückläufige Bewegung (relativ zu den<br />

Hintergrundsternen westwärts). Sowohl die rechtläufige<br />

als auch die rückläufige Bewegung sind zu erkennen,<br />

wenn man über längere Zeit die nächtlichen Positionen<br />

des betreffenden Planeten vor den Hintergrundsternen<br />

erfasst (Abb. 2.2).<br />

Die Bewegungen der Planeten an der Himmelskugel<br />

relativ zu den Hintergrund- oder Fixsternen sind<br />

1. Nov.<br />

2009<br />

1. März 2010<br />

1. April 2010<br />

ZWILLINGE<br />

1. Okt. 2009 1. Sept.<br />

2009<br />

Osten KREBS<br />

Westen<br />

WASSERSCHLANGE<br />

Abb. 2.2 Die Bewegung des Mars an der Himmelskugel. Von September 2009 bis zum Juni 2010 passierte der Mars die<br />

Sternbilder Zwillinge, Krebs und Löwe. Vom 23. Dezember 2009 bis 12. März 2010 vollführte er dagegen eine rückläufige Bewegung.<br />

Die rückläufige Schleife liegt manchmal nördlich und manchmal südlich der gewöhnlichen Bahn (siehe Abb. 2.3).


2<br />

36 2 Gravitation und Planetenbewegung<br />

3. Vom Punkt 6 bis zum Punkt 9<br />

scheint sich der Mars – von der Erde<br />

<strong>aus</strong> gesehen – vor den Hintergrundsternen<br />

erneut nach Osten zu<br />

bewegen (rechtläufige Bewegung).<br />

weit<strong>aus</strong> langsamer als die scheinbare tägliche Bewegung<br />

(Drehung) der ganzen Himmelskugel, die von<br />

der Erdrotation herrührt. Die relativen Planetenbewegungen<br />

überlagern sich dabei der scheinbaren Drehung<br />

der Himmelskugel. Daher gehen die Planeten,<br />

wie auch die Fixsterne, immer in der östlichen Hälfte<br />

des Himmels auf und in der westlichen Hälfte unter.<br />

? Warum<br />

Osten<br />

8<br />

9 4<br />

Umlaufbahn der Erde<br />

2. Wenn die Erde den Mars<br />

zwischen den Punkten 4 und 6<br />

passiert, scheint sich der Mars –<br />

von der Erde <strong>aus</strong> gesehen – vor den<br />

Hintergrundsternen nach Osten zu<br />

bewegen (rückläufige Bewegung).<br />

5 4 3<br />

5 4 3 2<br />

2<br />

ist der Planet Mars manchmal oberhalb<br />

und manchmal unterhalb der Ekliptik zu sehen?<br />

Beim Bemühen, die Bewegungen der Planeten – insbesondere<br />

deren rückläufige Anteile – zu erklären,<br />

wurde das Modell, das die Erde im Zentrum vor<strong>aus</strong>setzte,<br />

immer komplizierter. Doch schon im 3. Jahrhundert<br />

v. Chr. schlug der griechische Astronom<br />

Aristarch eine viel einfachere Erklärung der Planetenbewegungen<br />

vor. Dabei nahm er an, dass sich alle Planeten,<br />

einschließlich der Erde, um die Sonne drehten.<br />

Die rückläufige Bewegung des Mars rührt bei diesem<br />

heliozentrischen (sonnenzentrierten) Ansatz daher,<br />

dass sich die Erde schneller bewegt und dabei den roten<br />

Planeten überholt (Abb. 2.3). Die gelegentliche<br />

3<br />

8<br />

8<br />

7<br />

7 6<br />

6<br />

9<br />

9<br />

Sonne<br />

5<br />

7<br />

6<br />

2<br />

1<br />

1<br />

1. Vom Punkt 1 bis zum Punkt 4<br />

scheint sich der Mars – von der Erde<br />

<strong>aus</strong> gesehen – vor den Hintergrundsternen<br />

nach Osten zu bewegen<br />

(rechtläufige Bewegung).<br />

1<br />

Westen<br />

Umlaufbahn des Mars<br />

Abb. 2.3 Eine heliozentrische Erklärung der Planetenbewegungen. Die Erde umläuft die Sonne mit höherer Geschwindigkeit<br />

und mit kürzerer Umlaufdauer als der Mars. Infolgedessen überholt die Erde ihn von Zeit zu Zeit, wobei er sich einige Monate lang<br />

vor den Hintergrundsternen rückläufig zu bewegen scheint (hier zwischen den Punkten 4 und 6).<br />

rückläufige Bewegung eines Planeten rührt also von<br />

der Veränderung unseres Standorts her, während die<br />

Erde die Sonne umläuft. Diese Vorstellung ist von<br />

wunderbarer Einfachheit, wenn man sie mit dem geozentrischen<br />

System vergleicht, das ja viele komplizierte<br />

Planetenbewegungen vor<strong>aus</strong>setzt. (Streng genommen<br />

ist der Ausdruck heliozentrisch irreführend. Zwar<br />

umlaufen unsere Planeten, deren Monde und sehr<br />

viele kleine Bruchstücke unsere Sonne, aber die Sterne<br />

sowie unzählige andere Objekte im Weltraum umlaufen<br />

sie nicht. Vielmehr bewegt sich das gesamte<br />

Sonnensystem – mit der Sonne in der Mitte – um das<br />

Zentrum unserer Galaxis, der Milchstraße.)<br />

Weil Einfachheit und Genauigkeit für die Wissenschaften<br />

kennzeichnend sind, wurden die komplexen<br />

geozentrischen Modelle letztlich durch das einfachere<br />

und auch elegantere heliozentrische Modell ersetzt.<br />

Aber das Entthronen der Erde, d. h. die Vertreibung<br />

<strong>aus</strong> dem Zentrum des Kosmos, konnte nur allmählich<br />

durchgesetzt werden. Schließlich schien es doch klar<br />

zu sein, dass sich die Erde nicht bewegt! Der von Aristarch<br />

schon im Altertum vorgeschlagene Ansatz, dass<br />

die Sonne im Zentrum steht, fand daher lange Zeit


keine Anerkennung. Das lag nicht zuletzt auch an den<br />

kirchlichen Lehrmeinungen von der zentralen Stellung<br />

der Erde, wie auch am Bedürfnis des Menschen,<br />

sich selbst im Zentrum der Schöpfung zu sehen. Erst<br />

ab dem 16. Jahrhundert erwog man erneut die Vorteile<br />

eines heliozentrischen Weltbilds.<br />

2.3 Kopernikus entwarf das erste<br />

umfassende heliozentrische Weltbild<br />

Nach und nach offenbarten die genauer gewordenen<br />

Beobachtungen der Planetenpositionen deutliche Abweichungen<br />

von den Berechnungen gemäß dem geozentrischen<br />

Modell. Daher mussten den Planeten immer<br />

kompliziertere Bewegungen zugeschrieben werden.<br />

Aber auch damit wurde um die Mitte des 16.<br />

Jahrhunderts die Vorhersage der exakten Planetenpositionen<br />

immer schwieriger. In jener Zeit trat der<br />

deutsche Astronom und Mathematiker Nikol<strong>aus</strong> Kopernikus<br />

auf den Plan, der außerdem als Arzt und als<br />

Kleriker wirkte (siehe Exkurs „Wegbereiter der modernen<br />

Astronomie“). Bei seinem Bemühen, das Modell<br />

der Planetenbewegungen zu vereinfachen, ließ er<br />

Aristarchs Theorie wieder aufleben.<br />

Kopernikus nahm also an, dass die Planeten die<br />

Sonne anstatt die Erde umlaufen. Dadurch konnte er<br />

<strong>aus</strong> den jahrhundertelang angefallenen und inzwischen<br />

verbesserten Ergebnissen erschließen, welche<br />

Planeten der Sonne näher als die Erde und welche<br />

weiter entfernt sind. Aus der Tatsache, dass Merkur<br />

und Venus nur in der Nähe der Sonne zu beobachten<br />

sind, folgerte er richtigerweise, dass ihre Umlaufbahnen<br />

innerhalb derjenigen der Erde liegen müssen. Die<br />

Ein innerer Planet bei<br />

größter östlicher Elongation<br />

ist bei Sonnenuntergang<br />

sichtbar<br />

Konjunktion<br />

Obere<br />

Konjunktion<br />

Ein äußerer Planet in<br />

Konjunktion ist nur tagsüber<br />

(also nicht nachts)<br />

sichtbar<br />

Größte<br />

östliche<br />

Elongation<br />

Umlaufbahnen von Mars, Jupiter, Saturn usw.<br />

Erde<br />

Sonne<br />

Ein äußerer Planet in Opposition<br />

steht um Mitternacht<br />

am höchsten am Himmel<br />

Größte<br />

westliche<br />

Elongation<br />

Umlaufbahn<br />

des Merkur oder<br />

der Venus<br />

Untere<br />

Konjunktion<br />

Opposition<br />

Die Abkehr vom geozentrischen Weltbild 37 2<br />

anderen zu Kopernikus’ Zeit bekannten Planeten –<br />

Mars, Jupiter und Saturn – sind zuweilen hoch am<br />

Nachthimmel zu sehen, während die Sonne weit unter<br />

dem Horizont steht. Dar<strong>aus</strong> schloss er, dass sich die<br />

Erde zwischen der Sonne und diesen Planeten befindet,<br />

d. h., dass die Umlaufbahnen von Mars, Jupiter<br />

und Saturn außerhalb der Erdumlaufbahn liegen.<br />

Die geometrische Anordnung der Erde, des jeweils<br />

betrachteten Planeten und der Sonne nennt man<br />

Konstellation. Wenn sich beispielsweise Merkur<br />

(oder Venus) direkt zwischen Erde und Sonne befindet<br />

(Abb. 2.4), dann ist die momentane Konstellation<br />

dieses Planeten die untere Konjunktion. Wenn er sich<br />

aber – von der Erde <strong>aus</strong> gesehen – genau hinter der<br />

Sonne befindet, spricht man von der oberen Konjunktion.<br />

Der Winkel zwischen der Sonne und einem Planeten,<br />

wie er von der Erde <strong>aus</strong> zum jeweiligen Zeitpunkt<br />

zu sehen ist, heißt Elongation dieses Planeten. Die<br />

Elongation eines Planeten variiert also zwischen 0° bis<br />

zu einem bestimmten Maximalwert. Die momentane<br />

Elongation hängt davon ab, wo sich der Planet auf seiner<br />

Umlaufbahn um die Sonne gerade befindet. Bei<br />

größter östlicher bzw. größter westlicher Elongation eines<br />

Planeten bilden unsere Sichtlinien zu ihm und zur<br />

Sonne jeweils den größtmöglichen Winkel. Dieser<br />

Maximalwinkel beträgt beim Merkur ungefähr 28°<br />

und bei der Venus rund 47°. Wenn Merkur oder Venus<br />

vor der Sonne aufgehen, erscheint er bzw. sie als heller<br />

„Stern“ am Osthimmel. Daher nennt man die Venus<br />

auch Morgenstern. Und wenn Merkur oder Venus<br />

nach der Sonne untergehen, erscheint er bzw. sie am<br />

westlichen Himmel, und die Venus ist der Abendstern.<br />

Im größten Teil der Zeit befinden sich diese zwei Planeten<br />

natürlich nicht bei großer Elongation, sondern<br />

Ein innerer Planet in unterer<br />

oder oberer Konjunktion ist nur<br />

tagsüber (also nicht nachts)<br />

sichtbar<br />

Ein innerer Planet bei<br />

größter westlicher<br />

Elongation ist bei<br />

Sonnenaufgang sichtbar<br />

Abb. 2.4 Planetenkonstellationen.<br />

Einige <strong>aus</strong>gezeichnete<br />

Punkte der Umlaufbahn eines jeden<br />

Planeten entsprechen bestimmten<br />

Konstellationen. Ihre<br />

Bezeichnungen sind in der Skizze<br />

eingetragen. Hier liegt jeweils<br />

eine spezielle relative Position<br />

der Erde, des betreffenden Planeten<br />

und der Sonne vor.


2<br />

38 2 Gravitation und Planetenbewegung<br />

Wegbereiter der modernen Astronomie<br />

Im 16. und 17. Jahrhundert erfuhr die Astronomie enorme Fortschritte und geradezu Umwälzungen,<br />

die sich <strong>aus</strong> den neuen Erkenntnissen ergaben. Die Bewegungen der Himmelskörper konnten<br />

jetzt nämlich durch das Wirken der Gravitationskraft erklärt werden, und die Erde verlor endgültig<br />

ihre besondere Stellung als Zentrum des Kosmos. Die maßgebenden Theorien wurden von<br />

glänzenden Denkern aufgestellt; sie widerlegten das heliozentrische Modell des Sonnensystems<br />

und klärten die Bedeutung der Schwerkraft.<br />

(E. Lessing/<br />

Art Resource)<br />

Nikol<strong>aus</strong> Kopernikus<br />

(1473–1543)<br />

Kopernikus wurde als jüngstes von vier<br />

Kindern einer deutschen Familie in<br />

Thorn an der Weichsel geboren, das zwei<br />

Jahrzehnte zuvor an Polen gefallen war.<br />

Er studierte in Krakau Mathematik und<br />

Astronomie sowie in Bologna und Padua<br />

Medizin und Rechtswissenschaften. Er<br />

konzipierte eine heliozentrische Theorie<br />

des seinerzeit bekannten Universums<br />

und veröffentlichte 1543, kurz vor seinem Tode, sein Hauptwerk<br />

De Revolutionibus Orbium Coelestium (Über die Kreisbewegungen<br />

der Himmelssphären). Seine revolutionäre Theorie<br />

hatte allerdings noch den Nachteil, dass die Umlaufbahnen<br />

der Planeten um die Sonne als Kreise angenommen wurden.<br />

Dies wurde später von Johannes Kepler korrigiert.<br />

(Gemälde von Jean-<br />

Leon Huens, mit<br />

freundlicher<br />

Genehmigung der<br />

National Geographic<br />

Society)<br />

Tycho Brahe (1546–1601) und<br />

Johannes Kepler (1571–1630)<br />

Tycho Brahe (in diesem Porträt Keplers<br />

im Hintergrund dargestellt) wurde als<br />

Sohn einer adligen Familie in der dänischen<br />

Stadt Knudstrup geboren, die<br />

heute zu Schweden gehört. Im Alter von<br />

20 Jahren verlor er bei einem Duell einen<br />

Teil seiner Nase und trug seitdem<br />

eine Prothese bzw. Maske <strong>aus</strong> Metall.<br />

Im Jahre 1576 gewährte ihm der dänische<br />

König Frederik II. die Mittel für den<br />

Bau einer Sternwarte. Brahe nannte sie<br />

Uraniborg (nach Urania, der griechischen<br />

Muse der Astronomie). Brahe<br />

lehnte sowohl die heliozentrische Theo-<br />

rie des Kopernikus als auch die geozentrische Theorie des<br />

Ptolemäus <strong>aus</strong> dem 2. Jahrhundert n. Chr. ab. Er kombinierte<br />

beide Ansätze miteinander und hielt die Erde für ruhend, die<br />

von Sonne und Mond umlaufen wird, während sich alle anderen<br />

Planeten um die Sonne drehen.<br />

Der nahe Stuttgart geborene Johannes Kepler studierte<br />

drei Jahre lang in Deutschland Mathematik, Philosophie und<br />

Theologie. Im Jahre 1596 publizierte er mathematische Formeln<br />

zum Berechnen der Umlaufbahnen der Planeten. Obwohl<br />

diese Theorie unzutreffend war, erregten sein Mut und<br />

seine Originalität die Aufmerksamkeit von Tycho Brahe, dessen<br />

Mitarbeiter Kepler im Jahre 1600 wurde. Dieser leitete<br />

später seine drei Gesetze <strong>aus</strong> den Ergebnissen von Brahes<br />

Beobachtungen ab.<br />

Galileo Galilei (1564–1642)<br />

Galilei, der in Pisa geboren wurde, studierte<br />

hier Medizin und Philosophie.<br />

Bald wandte er sich aber der Mathematik<br />

und der Physik zu. Er erhielt an der<br />

Universität Padua den Lehrstuhl für Mathematik<br />

und kehrte später in gleicher<br />

Funktion an die Universität Pisa zurück.<br />

Hier stellte er sein berühmtes Fallge-<br />

(Art Resource)<br />

setz auf, nach dem alle Objekte mit der<br />

gleichen Beschleunigung zur Erde fallen,<br />

gleichgültig wie schwer sie sind. Im Jahre 1609 verbesserte<br />

er die Konstruktion des Teleskops. Hiermit gelangen<br />

ihm zahlreiche bahnbrechende Entdeckungen, die den von<br />

der römisch-katholischen Kirche als einzig wahr anerkannten<br />

Lehren des Aristoteles widersprachen. Seine Arbeiten zur<br />

Astronomie sowie zu den Begriffen Bewegung, Beschleunigung<br />

und Scherkraft fasste er 1632 in seinem Werk Dialogo<br />

sopra le due massimi systemi (Dialog über die zwei hauptsächlichsten<br />

Weltsysteme) zusammen.<br />

(National Portrait<br />

Gallery, London)<br />

Isaac Newton (1643–1727)<br />

Newton beschäftige sich gern mit der<br />

Konstruktion mechanischer Vorrichtungen<br />

wie beispielsweise Sonnenuhren<br />

oder Windmühlenmodellen; er konzipierte<br />

auch eine Wasseruhr und eine<br />

mechanische Kutsche. Sein Studium in<br />

London und Cambridge schloss er<br />

1665 ab. Als Professor für Mathematik<br />

in Cambridge entwickelte er danach<br />

(unabhängig vom Gottfried Wilhelm<br />

Leibniz) die Infinitesimalrechnung. Bei<br />

seinen Experimenten zur Optik konstruierte Newton ein<br />

Spiegelteleskop und entdeckte, dass weißes Licht eine Mischung<br />

von Licht aller Farben ist. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse<br />

über Kräfte allgemein und über die Gravitationskraft<br />

im Besonderen publizierte er 1687 in dem umfangreichen<br />

Werk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica (Mathematische<br />

Prinzipien der Naturlehre). Im Jahre 1704 legte<br />

Newton seine zweite große Abhandlung Opticks (Optik) vor,<br />

in der er seine Experimente und Theorien über Licht und Farben<br />

beschrieb. Newton starb 1727 und wurde in der Westminster<br />

Abbey beigesetzt – eine Ehre, die zuvor noch keinem<br />

Wissenschaftler zuteil geworden war.


erscheinen bei recht kleinen Winkeln zur Sonne. Das<br />

gilt vor allem für den Merkur, weil er ja die innerste<br />

Umlaufbahn hat. Er ist daher von der Erde <strong>aus</strong> oft nur<br />

schwer zu sehen. Im Gegensatz dazu ist die Venus (der<br />

nach Sonne und Mond hellste Himmelskörper) während<br />

des größten Teils ihrer Umlaufbahn zu sehen. Bei<br />

Sonnenaufgang bzw. bei Sonnenuntergang steht sie<br />

oft in mäßiger Höhe über dem Horizont. Wegen ihrer<br />

großen Helligkeit und weil sie aufgrund von Fluktuationen<br />

in der Erdatmosphäre zuweilen ihre Farbe zu<br />

ändern scheinen, werden Merkur und Venus manchmal<br />

sogar für UFOs gehalten.<br />

Planeten, die von der Sonne weiter entfernt sind als<br />

die Erde, zeigen unterschiedliche Konstellationen. Bei<br />

Konjunktion steht ein Planet, von der Erde <strong>aus</strong> gesehen,<br />

vor oder hinter der Sonne, und bei Opposition<br />

steht er am Himmel der Sonne gegenüber (Abb. 2.4).<br />

Wenn sich Mars beispielsweise in Opposition befindet,<br />

erscheint er um Mitternacht als heller „Stern“<br />

hoch oben am Himmel.<br />

Ein Planet kann relativ leicht verfolgt werden,<br />

wenn er sich von einer Konstellation zu einer anderen<br />

bewegt. Aber <strong>aus</strong> solchen Beobachtungen allein können<br />

wir seine tatsächliche Umlaufbahn nicht erschließen,<br />

weil sich auch die Erde bewegt (von der <strong>aus</strong> wir<br />

ihn ja beobachten). Daher unterschied Kopernikus<br />

bei jedem Planeten sorgfältig zwischen zwei charakteristischen<br />

Zeitintervallen oder Perioden.<br />

Wie wir in Kapitel 1 am Beispiel des Monds gesehen<br />

haben, ist die wahre Umlaufdauer eines astronomischen<br />

Objekts dessen siderische Periode. Dies ist<br />

die Zeitspanne, in der ein Himmelskörper relativ zu<br />

den Hintergrundsternen einen vollständigen Umlauf<br />

(beispielsweise um die Sonne) vollendet. Die siderische<br />

Periode eines Planeten ist dessen Jahreslänge.<br />

Das andere nützliche Zeitintervall, das Kopernikus<br />

ansetzte, ist die synodische Periode. Dies ist die Zeitspanne<br />

zwischen zwei aufeinanderfolgenden, von der<br />

Erde <strong>aus</strong> gesehen gleichen Konstellationen eines Himmelskörpers.<br />

Das kann also der Zeitraum von einer<br />

Opposition bis zur nächsten oder von einer Konjunktion<br />

bis zur nächsten sein (Abb. 2.5). Bei Kenntnis seiner<br />

synodischen Periode können wir berechnen,<br />

wann ein Planet das nächste Mal der Erde am nächsten<br />

kommt und daher am besten zu beobachten ist.<br />

Vor rund 500 Jahren konnte Kopernikus also die<br />

Werte ermitteln, die den ersten sechs Zeilen in Tab. 2.1<br />

entsprechen (die anderen Werte sind Ergebnisse <strong>aus</strong><br />

unserer Zeit, die der Vollständigkeit halber angegeben<br />

sind). Kopernikus konzipierte nun eine einfache geometrische<br />

Methode, um die Abstände der Planeten<br />

von der Sonne zu bestimmen. Seine Ergebnisse kamen<br />

den heutigen Werten schon recht nahe, wie <strong>aus</strong><br />

Die Abkehr vom geozentrischen Weltbild 39 2<br />

Untere<br />

Konjunktion<br />

1<br />

Umlaufbahn der Erde<br />

Umlaufbahn des Merkur<br />

Tab. 2.2 deutlich wird. Aus ihr und <strong>aus</strong> Tab. 2.1 geht<br />

hervor, dass die Umlaufdauer eines Planeten umso<br />

länger ist, je weiter er von der Sonne entfernt ist.<br />

Kopernikus präsentierte seinen heliozentrischen<br />

Ansatz zusammen mit Beobachtungsergebnissen und<br />

Berechnungen, die ihn unermauerten, unter dem Titel<br />

De Revolutionibus Orbium Coelestium (Über die<br />

Kreisbewegungen der Himmelssphären). Diese Schrift<br />

erschien 1543 kurz vor seinem Tode. Kopernikus’ Erkenntnisse<br />

zeichneten sich durch die begriffliche Einfachheit<br />

des heliozentrischen Planetensystems gegenüber<br />

dem geozentrischen <strong>aus</strong>. Das zeigte sich vor allem<br />

bei der Erklärung der zeitweise rückläufigen Pla-<br />

Einblicke<br />

in die Wissenschaft<br />

Untere<br />

Konjunktion<br />

2<br />

Abb. 2.5 Die synodische Periode. Die Zeitspanne zwischen<br />

aufeinanderfolgenden Konjunktionen von Erde und Merkur beträgt<br />

116 Tage. Für alle synodischen Perioden von Planeten ist<br />

es typisch, dass sich die Erde am Anfang und am Ende der Periode<br />

an unterschiedlichen Positionen befindet. Diese Abbildung<br />

zeigt auch die Konstellationen eines äußeren Planeten;<br />

dazu muss man hier nur die Erde an die Stelle des Merkur und<br />

den äußeren Planeten an die Stelle der Erde setzen.<br />

Auch eine andere Perspektive einnehmen Zuweilen<br />

ist eine wissenschaftliche Theorie oder Hypothese schwer<br />

nachzuvollziehen. Dann sollte man sie einmal <strong>aus</strong> einer<br />

anderen Perspektive betrachten. Beispielsweise würde<br />

die siderische Umlaufdauer eines Planeten um die Sonne<br />

viel anschaulicher, wenn man seine Bewegung auf der<br />

Umlaufbahn von der Sonne anstatt von der Erde <strong>aus</strong> betrachten<br />

würde. Andererseits ist die synodische Umlaufdauer<br />

eines Planeten von der Erde <strong>aus</strong> leichter zu erklären.<br />

Eine entscheidende Rolle spielt also der Standort des<br />

Beobachters. Man kann hierbei auch von einem Bezugssystem<br />

sprechen; hierauf werden wir im Zusammenhang<br />

mit Einsteins Relativitätstheorien (der speziellen und der<br />

allgemeinen) noch zurückkommen.


2<br />

40 2 Gravitation und Planetenbewegung<br />

Tab. 2.1 Synodische und siderische Umlaufdauern der Planeten<br />

(in siderischen Erdenjahren)<br />

synodisch siderisch<br />

Merkur 0,318 0,241<br />

Venus 1,599 0,616<br />

Erde – 1,0<br />

Mars 2,136 1,9<br />

Jupiter 1,092 11,9<br />

Saturn 1,035 29,5<br />

Uranus 1,013 84,0<br />

Neptun 1,008 164,8<br />

netenbewegungen. Allerdings irrte Kopernikus mit<br />

seiner Theorie, dass die Planeten auf Kreisbahnen die<br />

Sonne umlaufen. Daher waren viele seiner Vor<strong>aus</strong>sagen<br />

der Planetenpositionen ohne Annahme von Epizykeln<br />

auch nicht genauer als beim geozentrischen<br />

So sieht sie die Berge hinter<br />

dem nahe gelegenen Baum<br />

Sein Blickwinkel<br />

zum nahe gelegenen<br />

Baum<br />

So sieht er die Berge hinter<br />

dem nahe gelegenen Baum<br />

Ihr Blickwinkel<br />

zum nahe gelegenen<br />

Baum<br />

Tab. 2.2 Mittlere Abstände der Planeten von der Sonne<br />

Messwert (AE)<br />

nach Kopernikus heute<br />

Merkur 0,38 0,39<br />

Venus 0,72 0,72<br />

Erde 1,00 1,00<br />

Mars 1,52 1,52<br />

Jupiter 5,22 5,20<br />

Saturn 9,07 9,54<br />

Uranus Unbekannt 19,19<br />

Neptun Unbekannt 30,06<br />

Ansatz (siehe Anhang G.1). Wie wir gleich sehen werden,<br />

erzielte Johannes Kepler später genauere Vorhersagen.<br />

Dazu nahm er ellipsenförmige statt kreisförmiger<br />

Umlaufbahnen an und konnte auf jegliche Epizykeln<br />

verzichten.<br />

2.4 Tycho Brahes astronomische<br />

Beobachtungen widersprachen<br />

dem alten Weltbild<br />

Im November 1572 erschien im Sternbild Kassiopeia<br />

plötzlich ein heller Stern. Zunächst war er sogar heller<br />

als die Venus. Doch wurde er nach und nach dunkler<br />

und verschwand nach 18 Monaten wieder vom Himmel.<br />

Heute weiß man, dass es sich um eine Supernovaexplosion<br />

gehandelt hatte, also um den Tod eines<br />

Sterns, der einem bestimmten Typ angehörte (siehe<br />

Kapitel 10). Im 16. Jahrhundert war das Auftauchen<br />

eines neuen Sterns mit den anerkannten Lehren unvereinbar,<br />

die seit der Antike galten und vornehmlich<br />

auf Aristoteles und Platon zurückgingen. Sie besagten<br />

unter anderem, dass die Himmelskugel mit den Fixsternen<br />

völlig unveränderlich ist. Demnach konnte<br />

der „neue Stern“ von 1572 überhaupt kein Stern sein,<br />

denn sein Erscheinen würde ja eine Veränderung darstellen.<br />

Daher waren viele Astronomen und Theolo-<br />

Abb. 2.6 Die Parallaxe. Nahe gelegene Objekte erscheinen<br />

von verschiedenen Standorten unter verschiedenen Blickwinkeln.<br />

Diese Objekte scheinen sich dabei relativ zu weit entfernten<br />

Objekten für jeden Betrachter zur selben Zeit an einer<br />

anderen Position zu befinden. Diese beiden als Parallaxe bezeichneten<br />

Effekte werden beispielsweise von Astronomen,<br />

Landvermessern und Seeleuten <strong>aus</strong>genutzt, um Entfernungen<br />

zu bestimmen. (Tobi Z<strong>aus</strong>ner)

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