im Altkalksburger Club - Kollegium Kalksburg
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14 <strong>Altkalksburger</strong><br />
medical Practice with a human face.<br />
dream or reality?<br />
P. general Adolfo nicolas SJ initiierte ein Medizinertreffen zu fortbildung und Austausch.<br />
Paris, 29. Juni bis 1. Juli 2012<br />
Die European Confederation of Jesuit<br />
Alumni/ae hat es sich - einer Einladung<br />
von P. General Adolfo Nicolas<br />
SJ folgend - zum Ziel gesetzt, die Altschülerinnen<br />
und Altschüler durch Fortbildungsveranstaltungen<br />
zu unterstützen, in ihren<br />
jeweiligen Berufsfeldern als Menschen mit<br />
profunder Bildung Menschen mit und für<br />
andere zu sein. Dazu fand vom 29. Juni bis<br />
1. Juli 2012 <strong>im</strong> Centre Laennec in Paris als<br />
ein erstes Exper<strong>im</strong>ent eine Fortbildungsveranstaltung<br />
für Altschülerinnen und Altschüler<br />
in medizinischen Bereichen unter<br />
dem Titel „Medical practice with a human<br />
face – dream or reality?“ statt. 28 Altschülerinnen<br />
und Altschüler aus Belgien, Frankreich,<br />
Italien, Malta, den Niederlanden<br />
und Österreich (mit sechs Teilnehmern die<br />
stärkste Delegation) setzten sich nach anregenden<br />
Impulsreferaten namhafter Professoren<br />
der Theologie und der Medizin<br />
mit aktuellen Themen der medizinischen<br />
Berufspraxis in lebhafter Weise intensiv<br />
auseinander. Aus Österreich nahmen daran<br />
teil: Johannes Holfeld, Bernd und Nina<br />
Kornherr, Peter Wirth, Friedrich Wrba und<br />
Nikolaus Zacherl.<br />
P. Andrea Vicini SJ, als Arzt und Moraltheologe<br />
Professor am Boston College, School of<br />
Theology and Ministry, betonte in seinem<br />
Vortrag über Empfehlungen für eine globale,<br />
auf Menschlichkeit basierende Medizin<br />
die Bedeutung kommunikativer, sozialer<br />
und interaktiver Kompetenz des Arztes <strong>im</strong><br />
Umgang mit Fehlbarkeit und mangelnder<br />
Eindeutigkeit sowie Ungewissheit der Medizin,<br />
die eben nicht bloß eine technische<br />
Disziplin ist (Charakteristika der Medizin,<br />
die in der Diskussion eine große Rolle spielten).<br />
Gefordert sei in der dynamischen Beziehung<br />
zum Patienten eine von Empathie<br />
geprägte, die Autonomie des Patienten achtende<br />
und die rechte Balance stets sichernde<br />
Kommunikation! In gleicher Weise seien<br />
Teamarbeit und gegenseitiges Vertrauen<br />
aller <strong>im</strong> medizinischen Bereich Tätigen entscheidend.<br />
Der Arzt müsse diese Tugenden<br />
leben, denn gerade dadurch werde es mög-<br />
lich, den Geist Gottes zu erkennen, Gerechtigkeit<br />
lokal und global zu fördern.<br />
Damit sprach P. Vicini die finanziellen<br />
Probleme des Gesundheitsbereichs an.<br />
Während industrialisierte Länder für ihr<br />
Gesundheitssystem vorwiegend infolge zunehmender<br />
Lebenserwartung stetig mehr<br />
ausgeben, werde es für die Menschen in<br />
den Entwicklungsländern – besonders aus<br />
finanziellen Gründen - zunehmend schwieriger,<br />
eine adäquate medizinische Behandlung<br />
zu erhalten. Gerade die Schwachen<br />
und Schwächsten der Gesellschaft bedürfen<br />
unserer besonderen Beachtung, denn deren<br />
St<strong>im</strong>me ist sehr leise! Wenngleich die Ansicht<br />
von Gerechtigkeit in Abhängigkeit von<br />
Lebens- und Berufsumständen und von der<br />
Herkunft des Einzelnen subjektiv verschieden<br />
sein könne, ist Ungerechtigkeit eindeutiger<br />
festzumachen.<br />
Daran unmittelbar anschließend referierte<br />
Jean-Louis Misset, Professor an der Université<br />
Paris VII und Leiter der Onkologie am<br />
Hopital Saint-Louis in Paris, über „Zweifel“<br />
in der Medizin. Die Lebenserwartung in<br />
den entwickelten Ländern stieg in den letzten<br />
fünf Jahrzehnten um etwa 15 Jahre. Die<br />
medizinischen Therapieoptionen hätten<br />
sich in diesem Zeitraum um ein Vielfaches<br />
erweitert, seien allerdings auch komplexer<br />
geworden; je wirksamer sie wurden, umso<br />
schwerwiegender seien die unter Umständen<br />
auch negativen Konsequenzen. Die<br />
Diagnostik sei zunehmend präziser, Zweifel<br />
blieben freilich bestehen, ob denn die<br />
daraufhin gewählte Behandlungsmethode<br />
auch die „beste“, die für den individuellen<br />
Patienten geeignetste sei. Um dieser Unsicherheit<br />
bei der Festlegung der Behandlungsstrategie<br />
zu begegnen, empfahl auch<br />
Misset Kollegialität und Teamarbeit als<br />
Grundlage ärztlichen Handelns; <strong>im</strong> Team<br />
und mit dem Patienten werden die Therapiemöglichkeiten<br />
geplant und durchgeführt.<br />
Statistiken verbesserten unser Wissen über<br />
Krankheiten und deren mögliche Verläufe<br />
und zeigten Behandlungswege auf. Anhand<br />
von Statistiken könne jedoch die Zukunft<br />
eines individuellen Patienten nie vorhergesagt<br />
werden! Eine humanistische Einstellung<br />
verpflichte, den einzelnen Patienten<br />
als eine „Ausnahme“ von der Statistik zu<br />
behandeln. Eine Medizin, die <strong>im</strong> Einzelfall<br />
patientenorientierte Entscheidungen auf<br />
Grundlage der wissenschaftlich nachgewiesenen<br />
Wirksamkeit von Behandlungen trifft<br />
humanistische<br />
einstellung macht<br />
jeden Patienten zur<br />
ausnahme<br />
(„individualisierte Medizin“), helfe bei der<br />
Auswahl der besten und wirksamsten Therapie.<br />
Wir wüssten allerdings nicht, wann<br />
der Lebensweg eines Patienten zu Ende<br />
geht! Gerade auch der Zweifel in der Medizin<br />
erfordere eine adäquate, einfühlsame<br />
Kommunikation mit dem Patienten und die<br />
Achtung auch von dessen Autonomie!<br />
Mit dem Problem eines steigenden Bedarfs<br />
<strong>im</strong> Gesundheitswesen gegenüber einer <strong>im</strong>mer<br />
deutlicheren Begrenztheit der zur Verfügung<br />
stehenden Mittel befasste sich Carlo<br />
Maria Fronticelli, Professor für Chirurgie<br />
an der Università di Torino. Infolge neuester<br />
Diagnose- und Behandlungstechnologien,<br />
steigender Medikamentenkosten sowie<br />
zunehmender finanzieller Aufwendungen<br />
für Rehabilitationsmaßnahmen würden die<br />
Kosten des Gesundheitssystems auch zukünftig<br />
dramatisch ansteigen. Es gehe um<br />
eine bessere Allokation der Ressourcen mittels<br />
effizienter Planung und Durchführung<br />
effektiver geeigneter Behandlungsmethoden<br />
und rehabilitativer Maßnahmen sowie<br />
insbesondere auch präventiver Maßnahmen.<br />
Ansonsten drohe das Gesundheitssystem<br />
unfair zu werden. Die Notwendigkeit<br />
steigender Ausgaben <strong>im</strong> Gesundheitsbereich<br />
mache die Spannung zwischen Gemeinwohl<br />
und dem Wohl des einzelnen<br />
Patienten <strong>im</strong>mer deutlicher, ein Thema, mit