im Altkalksburger Club - Kollegium Kalksburg
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Die zweite Stoßrichtung galt der Missionierung<br />
des breiten Volkes. Kaiser Ferdinand<br />
gab Canisius den Auftrag, einen allgemein<br />
verständlichen christlichen Katechismus<br />
abzufassen. Er sollte ein Kompendium der<br />
christlichen Lehre darstellen, das vor allem<br />
auch alle strittigen Fragen<br />
behandelte. 1555 erschien er<br />
<strong>im</strong> Druck. In seiner Bedeutung<br />
für die nächsten Jahrhunderte<br />
kann er kaum hoch genug eingeschätzt<br />
werden.<br />
Zahl (allein in Wien 80 Mitbrüder)<br />
und Bedeutung der Jesuiten<br />
in den österreichischen<br />
Landen wuchs so schnell, dass P.<br />
General bereits am 10. Juni 1563<br />
die österreichische Ordensprovinz<br />
der Gesellschaft Jesu erichtete.<br />
Schon 1562 wurde das Innsbrucker<br />
Kolleg gegründet, 1569 eines in Hall, 1570<br />
kamen die ersten Jesuiten nach Graz. 1604<br />
wurde das Kolleg in Klagenfurt begonnen,<br />
1608 in Linz. Es folgten geistig-religiöse<br />
Zentren in Wiener Neustadt, Steyr, Leoben,<br />
Judenburg, Krems und Passau. Immer wieder<br />
waren die Gründungen mit schweren<br />
Auseinandersetzungen verbunden. Schon<br />
Canisius musste stets von zwei königlichen<br />
Wachen auf seinem Weg zum Hof begleitet<br />
werden. In Klagenfurt mussten die Jesuiten<br />
anlässlich eines Brandes die Stadt verkleidet<br />
verlassen. Erst ihr heldenhafter Einsatz <strong>im</strong><br />
Pestjahr 1639 versöhnte die Bevölkerung.<br />
Unter Kaiser Max<strong>im</strong>ilian II. forderten die<br />
Protestanten (wenn auch vergeblich) die<br />
Ausweisung der Jesuiten. Als die Universität<br />
1573 forderte, den Jesuiten die Schultätigkeit<br />
zu verbieten, entschied der Kaiser am<br />
22. Juli 1573, dass die Jesuiten wegen ihres<br />
Erfolgs und mit Rücksicht auf die Stiftung<br />
seines Vaters weiter Schule halten sollten.<br />
In Wien drehten sich die Streitigkeiten<br />
vor allem um den Einfluss <strong>im</strong> universitären<br />
Bereich. Dazu gehörte auch die Effizienz<br />
der Lehrmethode der Jesuiten, die 1599 in<br />
der ‚Ratio Studiorum‘ niedergelegt wurde.<br />
Erst die Pragmatische Sanktion unter Kaiser<br />
Ferdinand II. von 1623 schaffte einige<br />
Beruhigung. Eine Regierungskommisssion<br />
arbeitete die volle Vereinigung des Jesuitenkollegs<br />
mit der Universität aus. Am 13.<br />
Oktober 1623 wurde sie publiziert und regelte<br />
nach wenigen Modifikationen das Verhältnis<br />
für die nächsten 100 Jahre. Obwohl<br />
die Jesuiten aus Prinzip verlangten, nie den<br />
Rektor der Universität stellen zu müssen,<br />
war ihr Einfluss groß. Sie waren frei in der<br />
Auswahl der Jesuiten als Professoren und<br />
bezüglich der Lehrmethode jeder Kontrolle<br />
entzogen. Sie übersiedelten noch 1623 in<br />
das Areal der (heute Alten) Universität, die<br />
baulich in katastrophalem Zustand war. In<br />
wenigen Jahren wurden die Gebäude renoviert,<br />
adaptiert und das heute<br />
noch bestehende Universitätsviertel<br />
als ein Zeichen der<br />
siegreichen Gegenreformation<br />
großteils völlig neu<br />
errichtet. Durch<br />
Abbruch mehrerer<br />
Gebäude wurde<br />
für die Errichtung<br />
der Kirche Platz<br />
geschaffen. 1630<br />
konnte sie erstmals<br />
verwendet werden.<br />
Sie war wesentlich schlichter als<br />
die jetzige nach dem Umbau<br />
von Bruder Andrea Pozzo SJ<br />
und wurde 1631 von Kardinal<br />
Dietrichstein den Heiligen Ignatius und<br />
Franz Xaver geweiht. 1625 unterrichteten<br />
17 Jesuiten etwa 1.000 Studenten. Eine bedeutende<br />
Rolle in der Universitätsfrage und<br />
be<strong>im</strong> Bau des Universitätsviertels spielte<br />
coverstory <strong>Altkalksburger</strong><br />
21<br />
damals der belgische Jesuit P. Wilhelm Lamormaini<br />
SJ. Vielseitig gebildet, beherrschte<br />
er sechs Sprachen. 1624 wurde<br />
er Beichtvater und Vertrauter des<br />
Kaisers bis zu dessen Tod 1637.<br />
Sein Einfluss auf die kaiserliche<br />
Politik war ebenso bedeutsam wie<br />
angefeindet und umstritten. Die<br />
Jesuiten verdankten Ferdinand<br />
II. eine Reihe von Gründungen<br />
in Wien, Prag, Leoben, Laibach,<br />
Klagenfurt, Görz, Kuttenberg,<br />
Linz und anderswo. Andererseits<br />
wurden sie auch oft für die Religionspolitik<br />
des Kaisers verantwortlich<br />
gemacht. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts<br />
hatten die Jesuiten eine eindeutige<br />
Vorrangstellung an der ganzen Universität,<br />
die wieder katholisch geworden war.<br />
Zeugnis für den Einfluss der Jesuiten<br />
geben auch die Mariensäule auf dem Platz<br />
Am Hof (1646) und später die Pestsäule am<br />
Graben (1692).<br />
mariensäule auf dem platz am hof (1646) pestsäule am graben (1692)<br />
450 Jahre Österreichische Provinz<br />
Ganz besonders soll schon heute darauf hingewiesen<br />
werden, dass am Sonntag, 9. Juni<br />
2013, <strong>im</strong> Rahmen des Jubiläums der Österreichischen<br />
Provinz eine hl. Messe mit P. General<br />
Adolfo Nicolas SJ <strong>im</strong> Wiener Stephansdom<br />
gefeiert werden wird. Es wird damit gerechnet,<br />
dass der Dom aus diesem Anlass voll sein<br />
wird – größtenteils durch <strong>Altkalksburger</strong>, versteht<br />
sich, da sie die größte Gruppe der Eingeladenen<br />
darstellen.<br />
9<br />
JUN-2013