Metabolische Diagnostik und Metaphylaxe
Metabolische Diagnostik und Metaphylaxe
Metabolische Diagnostik und Metaphylaxe
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Infobox 1<br />
Leitliniengruppe<br />
Die Bearbeitung der spezifischen Themenkomplexe<br />
erfolgte in zwei Kernkompetenzgruppen,<br />
anschließend wurde die Leitlinie<br />
durch angrenzende Fachgesellschaften<br />
konsentiert.<br />
Harnsteindiagnostik<br />
<strong>und</strong> -therapie<br />
Koordinatoren: K.U. Köhrmann (Mannheim),<br />
T. Knoll (Sindelfingen)<br />
C. Chaussy (München), D. Fahlenkamp<br />
(Chemnitz), G. Haupt (Speyer), R. Hofmann<br />
(Marburg), V. Janitzky (Pirna), D. Jocham<br />
(Lübeck), S. Lahme (Pforzheim), S. Lebentrau<br />
(Neuruppin), D. Neisius (Trier), S. Oehlschläger<br />
(Dresden), J. Rassweiler (Heilbronn), C. Türk<br />
(Wien), D. Wilbert (Uznach).<br />
<strong>Metabolische</strong><br />
Harnsteinabklärung <strong>und</strong><br />
Harnsteinmetaphylaxe<br />
Koordinator: M. Straub (München)<br />
W. Berg (Jena), A. Hesse (Bonn), N. Laube<br />
(Bonn), M. Schmidt (Bonn), W. L. Strohmaier<br />
(Coburg), B.<br />
Hoppe (Köln)<br />
stoffs nicht selten eine schlechte Therapiecompliance<br />
<strong>und</strong> können sogar zur Beendigung<br />
der Therapie zwingen. Zwischen<br />
frühem Therapiebeginn mit Blick auf das<br />
hohe Rezidivrisiko einerseits <strong>und</strong> der Entwicklung<br />
einer Tachyphylaxie mit nachfolgendem<br />
Dose-escape-Phänomen andererseits<br />
muss bei jeden Patienten kritisch<br />
abgewogen werden. Allgemein wird Tiopronin<br />
ab einer Cystinexkretion ≥3 mmol/<br />
Tag (obligat) empfohlen.<br />
Captopril wirkt in gleicher Weise wie<br />
Tiopronin. Die Studienlage zur Effizienz<br />
des ACE-Hemmers in der Rezidivprophylaxe<br />
ist indessen kontrovers. Nach<br />
heutigem Kenntnisstand kann Captopril<br />
als Alternative gelten, allerdings im Sinne<br />
einer Second-line-Option bei Tiopronin-<br />
Unverträglichkeit.<br />
2,8-Dihydroxyadeninsteine<br />
<strong>und</strong> Xanthinsteine<br />
Beide Steintypen sind selten. Die empfohlene<br />
spezifische <strong>Diagnostik</strong> ist in<br />
. Tab. 23 zusammengefasst. Generell ist<br />
10 | Der Urologe 9 · 2009<br />
Leitlinien der DGU<br />
die <strong>Metaphylaxe</strong> derjenigen der Harnsäuresteine<br />
sehr ähnlich.<br />
Bei den 2,8-Dihydroxyadenin-Steinen<br />
verursacht ein genetisch determinierter<br />
Defekt der Adenin-Phosphoribosyltransferase<br />
(APRT) eine hohe Urinausscheidung<br />
von schlecht löslichem 2,8-Dihydroxyadenin.<br />
Purinarme Ernährung <strong>und</strong> Allopurinol<br />
sind die geeigneten Mittel, um diese<br />
Steine zu verhindern.<br />
Xanthinsteine entstehen infolge eines<br />
autosomal-rezessiv vererbten Defekts des<br />
Enzyms Xanthinoxidase. Dadurch entstehen<br />
extrem hohe Xanthinkonzentrationen<br />
im Urin, während die Serumharnsäurespiegel<br />
für gewöhnlich niedrig sind.<br />
Die einzigen therapeutischen Optionen<br />
sind eine hohe Flüssigkeitszufuhr <strong>und</strong> eine<br />
purinarme Ernährung.<br />
Fazit für die Praxis<br />
Ungefähr 25% der Steinbildner gehören<br />
der Hochrisikogruppe an <strong>und</strong> benötigen<br />
definitiv spezifische Maßnahmen,<br />
um häufige Rezidive zu vermeiden.<br />
Patienten mit „Zivilisationssteinen“ oder<br />
mit einem metabolischen Syndrom profitieren<br />
vielfach allein schon von der allgemeinen<br />
<strong>Metaphylaxe</strong>. Die meisten in der<br />
Kindheit gebildeten Steine entstehen auf<br />
dem Boden einer schwereren metabolische<br />
Gr<strong>und</strong>erkrankung. Folglich ist eine<br />
frühe Diagnose essentiell für eine erfolgreiche<br />
Behandlung <strong>und</strong> längerfristige<br />
Steinfreiheit.<br />
Eine längerfristig erfolgreiche Harnsteinmetaphylaxe<br />
bei Patienten der Hochrisikogruppe<br />
erfordert neben der spezifischen<br />
Ersteinstellung der <strong>Metaphylaxe</strong>maßnahmen<br />
auch ein Monitoring. Nur so<br />
kann auf Veränderungen der Risikosituation<br />
rechtzeitig eingegangen werden.<br />
Eine lebensbegleitende Harnsteinmetaphylaxe<br />
erscheint heute nur noch bei Patienten<br />
mit schwereren genetischen Störungen<br />
bzw. metabolischen Defekten gerechtfertigt.<br />
Ansonsten sollte das Prinzip<br />
der risikoadaptierten Harnsteinmetaphylaxe<br />
verfolgt werden. 3–4 Monate nach<br />
primärer <strong>Metaphylaxe</strong>einstellung wird<br />
der Therapieerfolg sowohl klinisch als<br />
auch durch Messung der Harnchemie unter<br />
<strong>Metaphylaxe</strong>bedingungen bewertet.<br />
Bei weiterem Korrekturbedarf können zu<br />
diesem Zeitpunkt die notwendigen Än-<br />
derungen im <strong>Metaphylaxe</strong>konzept vorgenommen<br />
werden. Eine optimale Einstellung<br />
vorausgesetzt, genügen halbjährliche,<br />
später jährliche, klinische Kontrolluntersuchungen.<br />
Dies ermöglicht<br />
eine flexible Anpassung des <strong>Metaphylaxe</strong>konzepts<br />
an das aktuelle Risiko des<br />
Patienten <strong>und</strong> verhindert ein „Under-“<br />
oder „Overtreatment“.<br />
Korrespondenzadresse<br />
Dr. Michael Straub<br />
Urologische Klinik <strong>und</strong> Poliklinik des<br />
Klinikums rechts der Isar<br />
Technische Universität München<br />
Ismaninger Strasse 22<br />
81675 München<br />
michael.straub@lrz.tum.de<br />
Danksagung. Die Autoren danken Herrn Thomas<br />
Horn für die kritische Durchsicht des Manuskripts <strong>und</strong><br />
die Mithilfe bei den Korrekturarbeiten.<br />
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor<br />
gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.<br />
Literatur<br />
1. Knoll T, Köhrmann KU, Straub M, Türk C für den Arbeitskreis<br />
„Harnsteine“ der Akademie der Deutschen<br />
Urologen <strong>und</strong> des „Arbeitskreises Endourologie<br />
<strong>und</strong> Steinerkrankung“ der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Urologie (2009) Leitlinie<br />
zur <strong>Diagnostik</strong>, Therapie <strong>und</strong> <strong>Metaphylaxe</strong><br />
der Urolithiasis. Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen<br />
Fachgesellschaften (AWMF), Nr. 043/025<br />
2. Straub M, Strohmaier WL, Berg W et al (2005) Diagnosis<br />
and metaphylaxis of stone disease. Consensus<br />
concept of the National Working Committee<br />
on Stone Disease for the upcoming German Urolithiasis<br />
Guideline. World J Urol 23:309–323<br />
3. Preminger GM, Tiselius HG, Assimos DG et al<br />
(2007) American Urological Association Education<br />
and Research, Inc; European Association of Urology.<br />
2007 Guideline for the management of ureteral<br />
calculi. Eur Urol 52:1610–1631<br />
4. Tiselius HG, Ackermann D, Alken P et al (2001)<br />
Working Party on Lithiasis, European Association<br />
of Urology. Guidelines on urolithiasis. Eur Urol<br />
40:362–371