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Die Marktgröße - Bürgernetz Weihenstephan eV

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.....................BPjS-Aktuell 1/2001<br />

12<br />

die exakt und deckungsgleich als allgemein<br />

anerkannte Fähigkeiten sowohl für wirtschaftliches<br />

als auch soziales Handeln<br />

verlangt werden. Mit anderen Worten: der<br />

Spieler kann hier im geschützten Raum und<br />

damit auch gefahrlos trainieren, den Anforderungen<br />

möglicher zukünftiger komplexer<br />

Probleme auf spielerische Art und Weise zu<br />

begegnen. Ob die hierdurch vermittelten<br />

Problemlösungstechniken dann auch tatsächlich<br />

erlernt und aus dem Spiel in das<br />

eigene Verhaltensrepertoire übernommen<br />

werden und damit den Sprung aus dem<br />

Spiel in die Realität schaffen und unter welchen<br />

Bedingungen dies geschieht, ist meines<br />

Wissens noch nicht hinreichend untersucht.<br />

Selbst von einigen Spielen, die Gewaltausübung<br />

beinhalten, geht nicht unbedingt<br />

und ausschließlich Gefährdungspotential<br />

aus. Nehmen wir etwa die besagten Jumpand-run-Spiele.<br />

Es ist z.B. die Aufgabe des<br />

Spielers, die „Bösen“ zu beseitigen, indem<br />

man lange genug auf sie feuert, draufspringt<br />

oder ähnliches tut. Gewalt zu verüben<br />

ist häufig illegal und gesellschaftlich<br />

negativ bewertet, obwohl wir differenzierten<br />

Formen der Gewalt in fast allen Lebensbezügen<br />

begegnen. Gerade für Menschen,<br />

die in ihrem realen Leben in untergeordneten<br />

Positionen sind - wie etwa Kinder und<br />

Jugendliche - die zudem noch häufig Opfer<br />

der unterschiedlichen Formen psychischer<br />

und/oder physischer Gewalt werden können,<br />

übt die Vermittlung von Machtgefühlen,<br />

von Herrschaft und die sanktionsfreie<br />

Ausübung von Gewalt eine besondere<br />

Attraktivität und Faszination aus. Der Spieler<br />

kann sich für real erfahrene Demütigungen<br />

oder andere Formen der Gewalt im<br />

Spiel rächen, er kann es seinen Spielgegnern<br />

anstelle seiner realen Gegner<br />

heimzahlen. Er kann mit Macht und Herrschaft<br />

spielen, er kann andere in die Knie<br />

zwingen, sie in die Flucht schlagen oder<br />

ganz einfach vernichten. Damit können ihm<br />

solche Spiele auch eine Projektionsfläche<br />

sein, um real erlebte Frustrationen und Aggressionen<br />

in spielerischer Form zu bearbeiten.<br />

Ich meine damit jedoch nicht diejenigen<br />

Spiele, in denen Gewalt als alleiniger Spielzweck<br />

angeboten und Gewalt als<br />

Konfliktlösungsmittel propagiert wird und<br />

damit sehr bedenkliche Inhalte vermittelt<br />

werden. Es gibt eine ganze Reihe von Spielen,<br />

in denen Gewalt - neben anderen -<br />

Spielinhalten angeboten wird, wie beispielsweise<br />

in zahlreichen Abenteuerspielen.<br />

Solche Spiele bieten durchaus die Möglichkeit,<br />

Gewalt als Problemlösungsversuch<br />

auszuprobieren, und sie vermitteln Kindern<br />

und Jugendlichen darüber hinaus das Vergnügen,<br />

ihre Machtposition spielerisch<br />

auszukosten und möglicherweise eigene<br />

Versagens- und Ohnmachtsgefühle zu<br />

kompensieren. Fraglich wird eine solche<br />

eher positiv einzuschätzende Wirkung bei<br />

solchen Spielen allerdings immer dann,<br />

wenn sie häufig oder ausschließlich gespielt<br />

werden. In diesen Fällen wird vermutlich<br />

davon auszugehen sein, dass im Sinne<br />

der Lerntheorie neue aggressive Verhaltensweise<br />

gelernt werden. Allerdings will<br />

ich auch an dieser Stelle noch einmal darauf<br />

hinweisen, dass die Spieler sehr wohl<br />

wissen, dass es sich um ein Spiel handelt,<br />

so dass hier eine noch größere Distanz<br />

zwischen Spieler und Handlung besteht als<br />

es beispielsweise zwischen Zuschauer und<br />

Film ist, dass damit auch Transferprozesse<br />

beziehungsweise die Wechselwirkung zwischen<br />

Spieler und Spielhandlung noch<br />

schwieriger zu beurteilen ist.<br />

Ich habe soeben bereits den Bereich<br />

der Abenteuerspiele angesprochen, und<br />

auch hier meine ich, dass es in erster Linie<br />

positive Aspekte sind, die diese Spiele beinhalten.<br />

Sie kennen alle den berühmten<br />

Ausspruch von Bruno Bettelheim, dass<br />

Kinder Märchen brauchen und wofür sie sie<br />

brauchen. Ich denke, dass die Abenteuerspiele<br />

zu einem gewissen Teil diese Funktion<br />

übernehmen können. Sie bieten Kindern<br />

- und nicht nur ihnen - eine Fluchtmöglichkeit,<br />

hinaus aus dem Alltag und<br />

hinein in eine Welt voller Abenteuer und<br />

Mystik, voller Rätsel und Gefahren. Wenn<br />

Sie Kinder einmal dabei beobachten, wie<br />

sie sich in diese „neue Welt“ hineinversetzen,<br />

wie sie sich in ihr bewegen und in ihr<br />

agieren, werden Sie sehen, dass Kinder<br />

Raum und Zeit vergessen - und daher<br />

kommt auch ein guter Teil der weiter oben<br />

bereits angesprochenen Diskussionen über<br />

die Begrenzung der Spielzeit. Auch hier<br />

bietet sich wieder die Möglichkeit, gefahrlos<br />

Abenteuer zu bestehen, „Held“ zu sein und<br />

die ihm auferlegten Aufgaben und Missionen<br />

zu erfüllen. Natürlich gibt es hierbei<br />

auch Rückschläge und Frustrationen; wenn<br />

aber ein Spiellevel geschafft, ein Hauptgegner<br />

besiegt oder eine andere knifflige Aufgabe<br />

gelöst worden ist, stellt sich das zufrieden<br />

stellende Gefühl der Kompetenz<br />

ein, von dem im Zitat von Jürgen Fritz vorhin<br />

die Rede war. Im Übrigen will ich der<br />

Ergänzung halber noch darauf hinweisen,<br />

dass die jüngsten Erfolge von Harry Potter<br />

eben genau darauf zurückzuführen sind,<br />

dass den Kindern eine gefahrlose Reise in<br />

eine aufregende und spannende Welt geboten<br />

wird, in der Harry Potter stellvertretend<br />

für sie gefährliche Abenteuer zu bestehen<br />

hat.<br />

Und möglicherweise bietet dies für<br />

Kinder viel mehr als nur einen oberflächlich<br />

verstandenen Spielspaß. Ich habe davon<br />

gehört, dass Kindertherapeuten bereits die<br />

Bücher von Harry Potter ganz bewusst bei<br />

Kindern einsetzen, weil sie sich davon einen<br />

therapeutischen Effekt versprechen.<br />

Der Unterschied zwischen dem Buch und<br />

dem Computerspiel besteht für mich in<br />

dieser Hinsicht lediglich darin, dass im<br />

Computerspiel alles visualisiert ist, während

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