Die Marktgröße - Bürgernetz Weihenstephan eV
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neuen Medium zunächst und primär die<br />
Probleme als Menetekel an die Wand gemalt<br />
werden, passierte dies natürlich auch<br />
dem Computer und dem Computerspiel,<br />
und hierbei kann ich die Jüngeren mit einbeziehen.<br />
Auch hier - Sie erinnern sich vielleicht<br />
- wurden die Befürchtungen visualisiert<br />
durch den entweder dünnen und ausgemergelten<br />
oder aber den wegen der<br />
Bewegungsarmut vollschlanken Jüngling,<br />
der dickbebrillt und übernächtigt tagein,<br />
tagaus vor dem Computer sitzt - entsprechende<br />
Haltungsschäden nicht zu vergessen<br />
- inzwischen sämtlicher sozialer Kontakte<br />
verlustig gegangen ist und durch den<br />
Konsum entsprechender 3-D-Shooter mindestens<br />
ebenso verroht und gewaltbereit ist<br />
wie seine Eltern aus den besagten 60ern.<br />
Glücklicherweise wissen wir durch die<br />
empirische Forschung, dass sich auch<br />
diese Befürchtungen nicht bestätigt haben.<br />
Im Gegenteil: die eher pessimistischen<br />
Erwartungen sind einem verhaltenen Optimismus<br />
gewichen. Immerhin möchte man<br />
meinen, denn häufig genug verläuft bzw.<br />
verlief die Diskussion nach folgendem<br />
Schema: negative Spiele beinhalten negative<br />
Aspekte, und positive Spiele beinhalten<br />
negative Aspekte. Dass dies allerdings<br />
nicht grundsätzliche Gültigkeit besitzt, verdeutlichte<br />
die Auseinandersetzung um das<br />
Spiel „Doom“. Es war fraglos ein ziemlich<br />
heftiges Ballerspiel, bei dem man mehr<br />
oder weniger gut bewaffnet durch Räume<br />
zu gehen und schneller zu sein, d.h.<br />
schneller zu töten hatte als der plötzlich<br />
auftauchende Gegner. In dieser Hinsicht<br />
sicherlich mehr als problematisch und von<br />
daher auch nicht zu Unrecht indiziert. Andererseits<br />
war das Spiel im Hinblick auf die<br />
ausschließlich negative Wirkung durchaus<br />
nicht unumstritten, denn das Spiel hatte<br />
einen eingebauten Leveleditor, der es ermöglichte,<br />
über die vorgegebenen Spielstufen<br />
hinaus neue Umgebungen zu generieren.<br />
Neben der Kreativität bei der Erstellung<br />
neuer Räume war hier also auch technische<br />
Kompetenz gefragt - beides Fertigkeiten,<br />
die zweifellos positiv attribuiert sind<br />
und gemeinhin als erstrebenswerte Eigenschaften<br />
im Umgang mit dem Computer<br />
postuliert werden.<br />
<strong>Die</strong>s meint nicht, dass damit alle Befürchtungen<br />
endgültig ausgeräumt sind. Sie<br />
haben die Ausführungen von Frau<br />
Monssen-Engberding bezüglich der<br />
gefährdungspotentiale von Computerspielen<br />
gehört und wir tun gut daran, sie<br />
nicht zu vernachlässigen. Auch die Entwickler<br />
von Computerspielen folgen natürlich<br />
den Gesetzen des Marktes, und so<br />
lange man mit entsprechenden Inhalten<br />
noch viel Geld verdienen kann, wird es<br />
auch weiterhin solche Spiele geben. Trotz<br />
aller Fragen und Diskussionen um die Wirkung<br />
von Computerspielen und die Vergleichbarkeit<br />
mit anderen Medienprodukten<br />
erscheint es mir nach wie vor sinnvoll,<br />
durch eine Indizierung deutlich zu machen,<br />
was in unserer Gesellschaft für Jugendliche<br />
noch tolerierbar erscheint und was durch<br />
die Gesellschaft nicht mehr hingenommen<br />
werden kann. Dazu ein Zitat von Jürgen<br />
Fritz: „Brutale, ungehemmte, menschenverachtende<br />
und -vernichtende Gewalt als<br />
einzig mögliche Spielhandlung überschreitet<br />
eindeutig die Grenze dessen, was Kindern<br />
und Jugendlichen zugemutet werden<br />
darf - unabhängig davon, ob eine solche<br />
Gewaltdarstellung schädigende Wirkungen<br />
hat oder sozialethisch desorientierend wirken<br />
kann. <strong>Die</strong>s gilt insbesondere, wenn die<br />
Gewalthandlungen des Spielers aus der<br />
Perspektive der ‚subjektiven‘ Kamera erfolgen<br />
und Waffengebrauch jeglicher Art einschließen.<br />
Eine solche virtuelle Welt stünde<br />
in einem eklatanten Widerspruch zum<br />
menschlichen Gebot der Empathie“. Zitat<br />
Ende.<br />
Allerdings sollte man dabei berücksichtigen,<br />
dass im letzten Jahr bei etwa 600<br />
Neuerscheinungen drei Computerspiele<br />
erschienen sind, die dem Genre der<br />
Shooter zugerechnet werden können, nämlich<br />
Unreal, Half-Live und Quake III, und<br />
einen gewissen finanziellen Erfolg erzielen<br />
konnten. <strong>Die</strong> weitaus überwiegende Anzahl<br />
der Neuerscheinungen sind Simulationen,<br />
Sportspiele und actionorientierte Strategiespiele,<br />
die natürlich auch die Auseinandersetzung<br />
mit Gegnern beinhalten, sie aber<br />
nicht als einziges und ausschließliches<br />
Spielziel verfolgen.<br />
Herr Achilles hat uns die beeindruckenden<br />
Zahlen dargelegt und damit verdeutlicht:<br />
die Computerbranche boomt, und<br />
dies ist eben nicht nur darauf zurückzuführen,<br />
dass Spiele mit problematischen Inhalten<br />
die alleinigen Verkaufsrenner sind, im<br />
Gegenteil: ich will im Folgenden - beinahe<br />
untypisch für die Jahrestagung einer Institution,<br />
die sich gewohnheitsmäßig mit<br />
Gefährdungspotentialen befasst - diese<br />
positive Seite der Computerspiele genauer<br />
betrachten und darlegen, warum<br />
Computerspiele nicht zwangsläufig und per<br />
se problematisch sind, sondern auch eine<br />
Vielzahl positiver und gesellschaftlich sogar<br />
erwünschter Aspekte beinhalten. Eine Bemerkung<br />
noch vorab: natürlich ist es möglich,<br />
dass grundsätzlich und zu Recht positiv<br />
beurteilte Spiele nicht auch negative<br />
Begleiterscheinungen mit sich bringen können.<br />
Nehmen Sie etwa das Computerspiel<br />
„Anno 1602“, seinerzeit ein Renner auf dem<br />
Computerspielemarkt und selbst heute<br />
noch gerne gespielt. Fragen Sie die<br />
gestressten Müller und Väter, die sich in<br />
schier endlosen Diskussionen mit ihren<br />
Kindern über eine Begrenzung der Spieldauer<br />
aufgerieben haben! <strong>Die</strong>s jedoch nur<br />
als Hinweis, dass auch „gute“ Computerspiele<br />
ihre Nachteile haben mögen, wobei<br />
mich dies jedoch wieder an das o.a.<br />
Negativprinzip erinnert, nachdem es fast<br />
wurscht ist, ob das Computerspiel gut oder<br />
9<br />
BPjS-Aktuell 1/2001.....................