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Die Marktgröße - Bürgernetz Weihenstephan eV

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sich beim Lesen die Spielwelt im Kopf erschaffen<br />

wird.<br />

Andererseits kann ich im Computerspiel<br />

aktiv in das Geschehen eingreifen, ich<br />

kann das Spiel im Rahmen der vorgegebenen<br />

Möglichkeiten gestalten, es immer neu<br />

verändern und beeinflussen, während ich<br />

beim Lesen keine Eingriffsmöglichkeit besitze.<br />

Gleichwohl: auch das Computerspiel<br />

bietet damit die Möglichkeit, abzuschalten<br />

und zu entspannen. Was negativ mit dem<br />

Begriff Eskapismustendenz umschrieben<br />

wird, also mit der Flucht in virtuelle Welten,<br />

muss nicht unbedingt und immer gleich in<br />

düsteren Farben gemalt werden, sondern<br />

kann auch bedeuten, dass es eine Rückzugsmöglichkeit<br />

bietet, sich von Stress und<br />

dem Druck zu befreien und sich damit<br />

auch zu regenerieren. Gerade bei Schulkindern<br />

kann dies häufiger beobachtet werden,<br />

wenn sie nach der Schule nach Hause<br />

kommen und sich zunächst mit allen anderen<br />

Sachen - darunter möglicherweise auch<br />

einem Computerspiel - beschäftigen, um<br />

erst einmal Abstand von der Schule und<br />

den schulischen Belangen zu gewinnen.<br />

Ich denke, dass auch das Computerspiel<br />

hierzu einen positiven Beitrag leisten kann.<br />

Ich will noch einen weiteren Aspekt<br />

ansprechen, der mir in der Diskussion um<br />

pro und Contra von Computerspielen gelegentlich<br />

etwa unterzugehen scheint. Ich will<br />

dazu noch einmal das Bild von dem<br />

computersüchtigen Jungen bemühen, der<br />

seinerzeit vereinsamt vor dem Bildschirm<br />

gesessen haben soll. Ich denke, trotz der<br />

empirischen Erkenntnisse spukt dieses<br />

Vorurteil noch immer in den Köpfen herum.<br />

Zum einen: die empirischen Ergebnisse<br />

zeigen, dass Computerspiele auch allein,<br />

aber relativ häufig auch im Freundeskreis<br />

gespielt werden, dass über ein Spiel soziale<br />

Kontakte erneuert, vertieft oder auch neu<br />

geknüpft werden, dass sie damit auch<br />

Kommunikation fördern. Zudem wird dabei<br />

häufig übersehen, dass gerade die neueren<br />

Computerspiele die Möglichkeit bieten,<br />

sich lokal über die Local Area Networks<br />

miteinander zu vernetzen und gemeinsam<br />

mit oder gegen andere anzutreten. Wer<br />

einmal bei einer solchen LAN-Party gewesen<br />

ist, der wird gesehen haben, dass dies<br />

alles andere als unkommunikativ ist und mit<br />

Vereinsamung und Stubenhockertum wenig<br />

zu tun hat. Ich denke, diese Computerspiele<br />

bieten etwas, was es wirklich bis vor<br />

einiger Zeit nur bei den sogenannten Gesellschaftsspielen<br />

gab, nämlich das Spiel<br />

mit bzw. gegen den körperlich anwesenden<br />

Gegner oder Mitspieler, und dies hat<br />

diesen Spielen damit auch eine neue Qualität<br />

vermittelt. Ein Zitat eines Computerspielers<br />

aus einem Artikel aus der „Welt“ im<br />

Zusammenhang mit der Vernetzung von<br />

Computern gibt dies treffend wieder. Zitat:<br />

„Und nicht zuletzt können sich hier die<br />

Spieler ihren Gegnern noch live und<br />

höchstpersönlich in die Augen schauen. Ich<br />

will sehen, wie mein Gegenüber leidet,<br />

wenn ich ihn wegpuste, witzelt der Biologiestudent<br />

Falk M.“ Zitat Ende. Alles das, was<br />

früher den Reiz der Gesellschaftsspiele und<br />

ihre enorme Faszination ausmachte, ist<br />

damit prinzipiell auch mit Hilfe des Computers<br />

möglich; er ist damit nichts anderes als<br />

ein Brettspiel in modernem Kleid, und diese<br />

Spiele können damit die gleichen Erwartungen<br />

erfüllen, die man mit den Brettspielen<br />

immer verknüpft.<br />

Ich fasse zusammen: Muss man sich<br />

also Sorgen um unsere Jugend machen,<br />

die einsam, allein und übernächtigt vor dem<br />

Computer hockt und - wehe wenn sie losgelassen<br />

- ihre Aggressionen unbeherrscht<br />

auslebt? Wohl eher nicht. <strong>Die</strong> meisten Kinder<br />

und Jugendlichen nutzen den Computer<br />

primär zur Unterhaltung, und dies, so<br />

folgert Daniela Schlütz in einem Artikel, „ist<br />

die Schlüsselmotivation für praktisch jede<br />

Art von Mediennutzung und der Dreh- und<br />

Angelpunkt für die Etablierung eines Mediums.<br />

Das gilt für Erwachsene ebenso wie<br />

für Kinder. Für den PC heißt das: Über das<br />

Spiel wird der Computer entdeckt. Über<br />

das Spiel erschließen sich Kinder die Technik.<br />

Haben sie das Gerät im Griff, folgen<br />

andere Anwendungen und der Computer<br />

wird multifunktional“. Zitat Ende.<br />

Allerdings gilt auch für den Umgang mit<br />

dem Computer der Grundsatz, dass Erziehung<br />

Beispiel ist. Möglicherweise sind die<br />

Kinder im Gebrauch des Computers den<br />

Eltern vielfach überlegen, im Umgang mit<br />

den Inhalten sind sie es jedoch nicht. Und<br />

deshalb gilt auch für den Umgang mit dem<br />

Computer allgemein wie auch mit<br />

Computerspielen im besonderen der<br />

Grundsatz, dass sich Eltern und Erzieher<br />

auch hier aktiv daran beteiligen sollten -<br />

und sei es in der Rolle der Lernenden, die<br />

sich von den Kindern in ein Computerspiel<br />

einweisen lassen. <strong>Die</strong> Umkehr der klassischen<br />

Abhängigkeitsrollen kann dem Kind<br />

nicht nur zusätzliches Selbstbewußtsein<br />

vermitteln, sondern sie bietet den Erwachsenen<br />

auch die Möglichkeit, beratend -<br />

oder regulierend - einzugreifen.<br />

BPjS-Aktuell 1/2001.....................<br />

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