Dokument_1.pdf (6513 KB) - OPUS Augsburg
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Szene 5 (Abb. 17)<br />
Inhalt:<br />
4 (2) Könige 9, 33: Auf Befehl Jehus wird Jorams Mutter Isebel aus dem Fenster<br />
gestürzt.<br />
19<br />
Gestaltung:<br />
Das Bildfeld mit Szene 5 demonstriert ein weiteres häufig genutztes Stilmittel der<br />
Rokokographik, das darin besteht, auf einen Rahmen im eigentlichen Sinn zumindest<br />
teilweise zu verzichten und stattdessen die Darstellung entlang den Begrenzungslinien<br />
von Personen, Gebäuden, Landschaftselementen etc. gewissermaßen auszuschneiden<br />
und sie dann so silhouettiert auf den neutralen Bilduntergrund zu applizieren.<br />
Das vorliegende Bildfeld ist im Sinne dieses Prinzips nach links bzw. nach oben<br />
hin offen. Zu einer Interaktion zwischen Rahmen und Bildraum kommt es nicht.<br />
Szenen 6, 7 (Abb. 18)<br />
Inhalt:<br />
4 (2) Könige 10, 6 ff.: Ein Bote Jehus überbringt den Stadtobersten und Ältesten von<br />
Samaria einen Brief mit der Aufforderung, alle 70 Söhne Achabs (des Vaters Jorams)<br />
zu töten: „Sobald der Brief an sie gelangte, nahmen sie die Söhne [Achabs], schlachteten<br />
die siebzig Männer, legten ihre Köpfe in Körbe und sandten sie zu ihm nach<br />
Jezreel. ... [Jehu] gebot: ‚Legt [die Köpfe] in zwei Haufen an den Toreingang bis zum<br />
Morgen!’“ 10<br />
Gestaltung:<br />
Ein nach rechts hin rahmenlos offenes Bildfeld zeigt die Briefübergabe (Szene 6).<br />
Die beiden Körbe mit den abgeschlagenen Köpfen im Vordergrund bezeichnen ein<br />
späteres Geschehen der Erzählung und bilden somit eine eigenständige Szene<br />
(Szene 7), obwohl sie formal als Repoussoir der Briefübergabe erscheinen und ohne<br />
Kenntnis des Bibeltextes wohl auch inhaltlich als Bestandteil der Briefübergabe interpretiert<br />
würden. Indem das untere Rahmenornament diesen Körben als Standfläche<br />
dient, werden sie gegenüber dem Bildraum der Briefübergabe abgegrenzt und aus<br />
dem Bildfeld herausgelöst; man könnte sagen, dass die Szene außerhalb des Bildfeldes<br />
im Rahmen angesiedelt ist oder dass ein zweites Bildfeld sich gewissermaßen<br />
vor das Bildfeld mit der Briefübergabe schiebt.<br />
Die Platzierung der Körbe ganz im Vordergrund dürfte von dem Befehl des Königs<br />
angeregt sein, die Köpfe „an den Toreingang“ zu legen, denn der die Körbe und die<br />
Briefübergabe überwölbende Rocaillebogen hat, auch wenn er rechts unvermittelt<br />
abbricht, etwas Torähnliches an sich. Dieser Eindruck ergibt sich umso mehr, als der<br />
im oberen Bereich der Briefübergabe zu beobachtende unvermittelte Sprung von der<br />
Rocaille zur Hintergrundsarchitektur die Szene innerhalb des Rocaillebogens als<br />
einen Durchblick auf einen sich weit in die Tiefe erstreckenden Bildraum erscheinen<br />
lässt. Aus dieser Perspektive übernimmt das Rocailleornament im Zusammenhang<br />
mit der Briefübergabe eine formale Funktion (Abgrenzung nach links und nach oben<br />
hin); im Zusammenhang mit den Körben handelt es sich um ein der biblischen Erzählung<br />
zugehöriges, ornamental verfremdetes Architekturelement.<br />
10 Die deutschen Bibeltexte werden nach der Einheitsübersetzung zitiert.