Dokument_1.pdf (6513 KB) - OPUS Augsburg
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wird die Metamorphose durch die Hinzufügung der Stufen unten und des Baldachins<br />
mit den mächtigen Vorhangdraperien oben. Während die rechte Draperie eine zusätzliche<br />
Abgrenzung nach rechts hin bildet, ist die linke empor gerafft und oben am<br />
Rahmen befestigt; sie schafft also eine besonders augenfällige zusätzliche Verbindung<br />
zwischen Bild und Rahmen (und grenzt damit innerhalb des Bildfeldes ein Areal<br />
für Szene 1 ab).<br />
Während der Thron und die sich nach links hin anschließenden, einen Bogen bildenden<br />
Ornamentspangen formal zwar die Funktion eines Rahmens übernehmen, handelt<br />
es sich doch, wenn man diese zentrale Zone des Kupferstichs wieder in die dritte<br />
Dimension übersetzt, letztlich um eine Toranlage, durch die hindurch der Blick wieder<br />
weit in die Tiefe geführt wird und vor der sich auf einer Art Vorderbühne des Hauptgeschehen<br />
abspielt. Die Soldatenzüge in der Bildmitte sorgen dafür, dass der Raum<br />
vor und hinter dem Tor als zusammenhängend empfunden wird; die Gruppe links<br />
(die mit der Ermordung der königlichen Familie befassten Soldaten und ihre Opfer)<br />
unterstützt die Illusion, dass das Hauptgeschehen vor dem ornamentalen Torrahmen<br />
stattfindet, indem sie diesen überschneiden. Insbesondere ganz links findet eine<br />
weitgehende Integration von Ornament und szenischem Geschehen statt, indem hier<br />
zwei Figuren ganz vom Ornament hinterfangen sind und die linke Figur geradezu in<br />
eine von den Rocaillen gebildete Mulde zu stürzen scheint. Strukturell ist dieser Bereich<br />
eng verwandt mit dem thronenden König Jehu in Szene 2; nur dass es sich dort<br />
um eine eigenständige, komplett in den Rahmenbereich verlagerte Szene handelt,<br />
während die hier betrachtete Gruppe einem größeren szenischen Komplex angehört.<br />
Die vordere Begrenzung der Bühne (bzw. die untere Begrenzung des Mittelteils des<br />
Kupferstichs) bilden wieder Rocailleornamente, die dadurch zu dem dahinterliegenden<br />
Bildraum in Beziehung gesetzt werden, dass das Geschehen auf sie übergegriffen<br />
hat: Zwei Opfer der Vernichtungskampagne der Königin Atalja sind auf ihnen<br />
hingestreckt.<br />
Szene 12 (Abb. 22)<br />
Inhalt:<br />
2 Chronik 22, 11 f.: „Aber Jehoschabat, die königliche Tochter, nahm Joas, den Sohn<br />
Achasjas, und brachte ihn heimlich aus der Mitte der Königssöhne, die ermordet<br />
werden sollten, und führte ihn mit seiner Amme in die Bettkammer. Dort verbarg ihn<br />
Jehoschabat, die Tochter des Königs Joram [von Juda; nicht zu verwechseln mit<br />
dem oben erwähnten König Joram von Israel] und Frau des Priesters Jojada – sie<br />
war ja die Schwester Achasjas –, vor den Blicken Ataljas, so daß diese ihn nicht töten<br />
konnte.“<br />
Kommentar:<br />
Der Rocaillerahmen bietet wieder einen torbogenartigen Durchblick auf die Bettkammer,<br />
in die sich die Königstochter mit dem Säugling flüchtet. Man gewinnt zunächst<br />
den Eindruck, dass durch diesen Rocaillerahmen auch ein eigenständiges<br />
Bildfeld für Szene 12 abgegrenzt wird; doch sollte man die Stufen im Vordergrund<br />
beachten: Zwar verstellen Figuren und Ornamente den Blick darauf, wo die Treppe<br />
ihren Anfang nimmt, doch wäre es plausibel anzunehmen, dass sie von der Vorderbühne<br />
der Szene 11 durch das Rocailletor zur „Bettkammer“ führen, zumal die Königstochter<br />
die Stufen hinaufzueilen und sich entsetzt umzudrehen scheint, gerade<br />
so, als hätte sie das Kind auf ihren Armen in letzter Minute vor dem Blutbad gerettet.<br />
Dies würde heißen, dass die Bildräume der Szenen 11 und 12 miteinander in Ver-