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Dokument_1.pdf (6513 KB) - OPUS Augsburg

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Tradition I: Bilderbibeln<br />

49<br />

Wenn nun abschließend die Frage gestellt werden soll, ob die Klauber-Bibel und ihre<br />

spezifischen Gestaltungsmittel in eine bestimmte graphische Tradition eingereiht<br />

werden können, so ist es sicher nicht sinnvoll, in einem umfassenden Sinn die Geschichte<br />

der Methode zu verfolgen, mehrere Bildfelder auf einer zur Verfügung stehenden<br />

Fläche zu verteilen und durch ein wie auch immer geartetes Rahmensystem<br />

in Zusammenhang zu bringen, handelt es sich hier doch um ein Standardverfahren<br />

der Druckgraphik, das spätestens seit dem 16. Jahrhundert in zahllosen Varianten<br />

durchgespielt wird.<br />

Sinnvoll erscheint hingegen die engere Fragestellung, ob Varianten dieser Methode<br />

bereits vor der Klauber-Bibel bei Illustrationsserien zur Bibel Anwendung fanden, und<br />

hier wird man zunächst an frühere Bilderbibeln denken. Jedoch: Die Mehrzahl der<br />

berühmen und zumindest teilweise sicher auch den Künstlern der Klauber-Bibel bekannten<br />

Bilderbibeln des 17. und frühen 18. Jahrhunderts können ihnen kaum formale<br />

Anregungen für die Gestaltung ihrer Kupferstiche vermittelt haben, da sie sich<br />

pro Kupferstich auf ein Bildfeld mit zumeist einer biblischen Szene beschränken:<br />

Dieses Vorgehen hat Matthäus Merian d. Ä. für seine Icones biblicae (Frankfurt 1625<br />

- 1627) 11 ebenso gewählt wie Melchior Küsel für seine Icones Biblicae Veteris et Novi<br />

Testamenti (<strong>Augsburg</strong> 1679) oder Christoph Weigel für seine Historiae Celebriores<br />

Veteris Testamenti Iconibus Repraesentatae (<strong>Augsburg</strong> 1708); und auch wenn<br />

Christoph Weigel in seiner früheren Bilderbibel, der Biblia ectypa (<strong>Augsburg</strong> 1695) 12<br />

mehrere Bildfelder pro Seite bietet, so geschieht dies durchgehend auf eine sehr<br />

einfache Weise, so dass man darin kaum eine Vorstufe für die komplizierten und variationsreichen<br />

Klauberschen Anlagen sehen kann: Eine Seite setzt sich jeweils aus<br />

vier gleich großen, von schlichten Rahmenlinien begrenzten hochrechteckigen Bildfeldern<br />

zusammen; das Ziel einer möglichst gut lesbaren und leicht erfassbaren Abfolge<br />

von insgesamt über 800 biblischen Szenen stand hier klar im Vordergrund.<br />

Wesentlich kunstvollere Seitengestaltungen, die in Einzelheiten möglicherweise nicht<br />

ohne Einfluss auf die Klauber-Bibel blieben, begegnen allerdings in Johann UIrich<br />

Kraus’ Historischer Bilder-Bibel (<strong>Augsburg</strong> 1698 – 1700). Auf den 135 hochformatigen<br />

Kupferstichen dieses Werkes füllt jeweils ein querrechteckiges, von einer Rahmenlinie<br />

eingefasstes Bildfeld mit einer biblischen Szene in etwa die obere Hälfte<br />

des zur Verfügung stehenden Raumes, während in der unteren Hälfte stets neue<br />

Varianten dafür erprobt werden, ein oder mehrere Bildfelder mit sich chronologisch<br />

anschließenden biblischen Begebenheiten in aufwändige Rahmenkonstruktionen<br />

einzubauen. Während diese auffällige und durchgehend beibehaltene Teilung der<br />

Seite in zwei strukturell unterschiedlich behandelte Hälften in Kraus’ einige Jahre<br />

später erschienener Heiliger Augen- und Gemüths-Lust (1706) einleuchtend erscheint,<br />

da der strukturellen Zweiteilung dort eine inhaltliche entspricht (das streng<br />

gerahmte Bildfeld oben illustriert jeweils das Evangelium eines Sonn- oder Feiertages,<br />

das individuell gestaltete Ensemble unten jeweils eine weitere Lesung des Tages),<br />

wirkt sie in der Historischen Bilder-Bibel weit weniger motiviert, da beide Teile<br />

chronologisch zusammengehörige biblische Begebenheiten abbilden. Was auch immer<br />

Kraus zu dieser eigenartigen Lösung bewogen hat: Auf Blatt 15 (Abb. 55) konkretisiert<br />

sich das Schema z. B. so, dass im großen Bildfeld oben Jakobs Vision von<br />

der Himmelsleiter (Genesis 28) illustriert wird und dass darunter vier kleeblatt- bzw.<br />

kreuzförmig angeordnete kleine Kartuschen das Geschehen mit Begebenheiten aus<br />

11<br />

vgl. Anm. 8.<br />

12<br />

Weigel fungierte bei beiden Bibeln in erster Linie als Verleger und betraute andere Künstler mit<br />

Entwurf und Ausführung der Kupferstiche.

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