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Newsletter Nr. 10, Jugendliche Migrantinnen und Migranten in

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identifizierbare Vergleichsgruppen (z.B. Unterschiede <strong>in</strong> den Bildungsübergängen<br />

oder <strong>in</strong> den relativen Leistungen e<strong>in</strong>zelner Bevölkerungsgruppen). Wo solche Daten<br />

signifikant s<strong>in</strong>d, ist es wahrsche<strong>in</strong>lich, dass die Gruppen mit den niedrigeren<br />

Übergängen oder Leistungen nicht die gleichen Bildungschancen erhalten. Hier<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gehendere Untersuchungen erforderlich, die vor allem unter Anwendung<br />

qualitativer Verfahren der Frage nachgehen, wie die Unterschiede <strong>in</strong> den<br />

schulischen Praktiken <strong>und</strong> Rout<strong>in</strong>en zustande kommen.<br />

Wegweisend zur empirischen Erforschung <strong>und</strong> Theoretisierung der<br />

Wirkungsweisen <strong>in</strong>stitutioneller Diskrim<strong>in</strong>ierung war die Unterscheidung zwischen<br />

Formen e<strong>in</strong>er direkten Ungleichbehandlung von Individuen oder Gruppen –<br />

entweder qua rechtlicher Bestimmungen oder als Ergebnis <strong>in</strong>formeller<br />

Übere<strong>in</strong>künfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong> Formen der <strong>in</strong>direkten<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung. Die zuletzt genannte Variante zielt auf die gesamte Bandbreite<br />

<strong>in</strong>stitutioneller Vorkehrungen, die Angehörige bestimmter Gruppen – wie ethnische<br />

M<strong>in</strong>derheiten – überproportional negativ treffen (vgl. Feag<strong>in</strong>/Feag<strong>in</strong> 1986). E<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

den 1990er Jahren durchgeführte Untersuchung von Selektionsentscheidungen <strong>in</strong><br />

der Gr<strong>und</strong>schule (vgl. Gomolla/Radtke 2002) zeichnet nach, wie Muster der<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>und</strong> Abweisung entlang von Normalitätserwartungen <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die Schul- <strong>und</strong> Sprachfähigkeit, wie sie deutschsprachigen, im weitesten S<strong>in</strong>ne<br />

christlich sozialisierten Mittelschicht-K<strong>in</strong>dern entsprechen, die gesamte<br />

Schullaufbahn von K<strong>in</strong>dern mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> prägen können. Unter dem<br />

vorrangigen Ziel, homogene Lerngruppen zu bilden, machen Schulorganisationen<br />

<strong>in</strong> den alltäglichen Prozessen der Differenzierung <strong>und</strong> Auslese im H<strong>in</strong>blick auf<br />

verfügbare Fördermöglichkeiten <strong>und</strong> v.a. das gegliederte Sek<strong>und</strong>arschulsystem<br />

systematisch von Zuschreibungen h<strong>in</strong>sichtlich des sprachlichen <strong>und</strong> soziokulturellen<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>es als Indikatoren für das Lern- <strong>und</strong> Leistungsvermögen<br />

Gebrauch. E<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> die "normalen" Strukturen, Programme <strong>und</strong> Rout<strong>in</strong>en der<br />

Schule ist diese spezielle Form der Diskrim<strong>in</strong>ierung für e<strong>in</strong>zelne Akteure oft nur<br />

schwer wahrnehmbar. Dabei lassen sich die ursächlichen Faktoren, die sozusagen<br />

„Gelegenheitsstrukturen“ für Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> den Organisationen<br />

schaffen, auf unterschiedlichen Ebenen lokalisieren: v. a. rechtliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />

lokale organisatorische Strukturen, Organisationszwänge <strong>und</strong><br />

etablierte pädagogische Praktiken <strong>und</strong> Rout<strong>in</strong>en der e<strong>in</strong>zelnen Schulen, gestützt<br />

durch e<strong>in</strong>en pädagogischen Common Sense, der stark von defizitorientierten<br />

Annahmen <strong>und</strong> statischen Konzepten kultureller Identität bestimmt ist.<br />

Phänomene <strong>in</strong>stitutioneller Diskrim<strong>in</strong>ierung s<strong>in</strong>d auch deswegen schwer sichtbar<br />

zu machen <strong>und</strong> zu unterb<strong>in</strong>den, weil sie sich permanent verändern (z.B. mit dem<br />

Wandel schulrechtlicher Bestimmungen oder der <strong>in</strong> dem Feld vorherrschenden<br />

Diskurse). So liegen <strong>in</strong>zwischen zahlreiche alarmierende Studien vor, die nachzeichnen,<br />

wie im Zuge der <strong>in</strong>ternationalen Tendenzen zur Restrukturierung der<br />

Systeme der Steuerung, F<strong>in</strong>anzierung <strong>und</strong> Organisation der öffentlichen Schulbildung,<br />

das Feld für vielfältige, zum Teil neuartige Mechanismen der Diskrim<strong>in</strong>ie-<br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung geöffnet wird (z.B. die verstärkte Abweisung von K<strong>in</strong>dern mit<br />

besonderen Lernbedürfnissen, da sie i.d.R. nicht als die Klientel wahrgenommen<br />

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