22.01.2013 Aufrufe

Vor 60 Jahren - Landsmannschaft der Deutschen aus Russland eV

Vor 60 Jahren - Landsmannschaft der Deutschen aus Russland eV

Vor 60 Jahren - Landsmannschaft der Deutschen aus Russland eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>aus</strong>zuheben o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Arbeiten zu verrichten. Durch den fluchtartigen Aufbruch waren bald<br />

Jugendliche zwischen 15 und 17 <strong>Jahren</strong> kamen in alle Wege hoffnungslos verstopft. Der Treck<br />

Arbeitsdienst-Lager (o<strong>der</strong> auch schon zur Wehr- kam nur langsam voran. Die Frauen waren auf<br />

macht o<strong>der</strong> Waffen SS. Anm. d. Red.). Unsere sich allein angewiesen, denn ihre Männer waren<br />

Mädels zwischen 15 und 18 Jahten kamen in<br />

BDM-Lager, wurden Krankenpflegerinnen und -<br />

beim Volkssturm o<strong>der</strong> bei den Soldaten. Die<br />

Flucht über die O<strong>der</strong> schafften die meisten<br />

helferinnen in Lazaretten, Telefonistinnen, Ar- Volksdeutschen nicht mehr. Sie wurden von sobeiterinnen,<br />

Angestellte.<br />

wjetischen Panzern eingeholt und in Zügen bald<br />

Alle außer Alten, Kranken und Müttern mit in den hohen Norden des europäischen Russ-<br />

Kleinkin<strong>der</strong>n waren im Einsatz. Es wurde kein lands, nach Sibirien, Kasachstan usw. gebracht.<br />

Unterschied zwischen Einheimischen und Was darauf folgte, wissen <strong>Russland</strong>deutsche bes-<br />

Flüchtlingen gemacht, als es um den letzten<br />

Kampf ging. Für die Volksdeutschen <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />

ser als <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Welt.<br />

Ukraine hatte sich in kurzer Zeit viel geän<strong>der</strong>t.<br />

Konstant blieb nur die Angst vor einer ungewis-<br />

KATHARINA SCHÄFER<br />

sen Zukunft.<br />

Im Oktober 1944 beschleunigte die nationalso-<br />

Januar -Mai 1945<br />

zialistische Führung die Einbürgerungsaktion <strong>der</strong> Im Januar 1945 war es kalt. Auch bei uns in<br />

Volksdeutschen. Es wurden sogar Eisenbahnzü- Farnau im Warthegau, wohin wir vor gut einem<br />

ge zu Einbürgerungsbüros umfunktioniert und halben Jahr <strong>aus</strong> Friedenheim im Schwarzmeerge-<br />

von Ort zu Ort zu den Flüchtlingen geschickt, biet evakuiert worden waren. Die Rote Armee<br />

um möglichst viele neue Deutsche zu erfassen. kam von Tag zu Tag näher. Unruhe und Angst<br />

Die Zeit war aber knapp, und die Front rückte hatten sich bei <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung <strong>aus</strong>ge-<br />

unwi<strong>der</strong>stehlich näher, so dass nicht alle Volksbreitet.deutschen eingebürgert werden konnten. Unter Am frühen Morgen des 21. Januars war das gan-<br />

den nicht eingebürgerten Flüchtlingen befanden ze Dorf auf den Beinen. Unser Gutsherr ließ vor<br />

sich auch viele Peterstaler, die in Drommin und unserer Tür ein Pferde gespann auffahren und<br />

in d~r Umgebung lebten.<br />

sagte: "Katharina, es ist sehr eilig. Die Russen<br />

Weihnachten 1944. An diese Weihnachten im werden noch heute einmarschieren. Wir müssen<br />

Warthegau erinnern sich alle Schwarzrneerdeut- schnell aufbrechen. Nimm nur das Notwendigste<br />

sche, die dabei waren und noch am Leben sind. und warme Klei<strong>der</strong> mit. Unser Treck geht nach<br />

Es war ihr erstes und letztes Weihnachtsfest in Dresden."<br />

"Großdeutschland" nach ihrer Auswan<strong>der</strong>ung Unter großen Schwierigkeiten brachten wir mei-<br />

<strong>aus</strong> dem Schwarzmeergebiet.<br />

nen Mann auf den Wagen; Johann war gelähmt<br />

Am 12. Januar 1945 begann die Winteroffensive und konnte auch nicht sprechen, war aber geistig<br />

<strong>der</strong> Roten Armee. Die Weichsel war inzwischen voll auf <strong>der</strong> Höhe. Nach ihm kamen die beiden<br />

fest zugefroren. Sowjetische Truppen drangen Kleinen, Viktor und Adam, dran. Der Gutsherr<br />

auch in den W arthegau ein und hinterließen eine brachte uns noch zwei Fe<strong>der</strong>bettdecken und vier<br />

blutige Spur von Vergewaltigungen, Verschlep- Fe<strong>der</strong>kissen. Zum Schluss stiegen auch unser<br />

pungen und Tod. Die <strong>Deutschen</strong> flohen. Sohn Philipp, unsere Tochter Emilie und ich auf<br />

Mitte Januar 1945 erfolgte die erste große den Wagen. Der älteste Sohn Klemens war be-<br />

Fluchtwelle. Es bildeten sich Trecks nach Sachreits deutscher Soldat und Tochter Florentine in<br />

sen, Brandenburg und Bayern sowie in das Sude- Lübeck zur Ausbildung. Wir begaben uns ohne<br />

tenland. Ende Januar 1945 for<strong>der</strong>ten die deut- sie wie<strong>der</strong> auf die Flucht in eine neue Ungewissschen<br />

Behörden alle Umsiedler auf, sofort den heit. Wir waren wie<strong>der</strong> mitten in einem Treck.<br />

Warthegau in Richtung Westen zu verlassen. Der Unser erstes Ziel war die Stadt Kruschwitz, die<br />

Befehl kam spät, für viele zu spät. Waren die in <strong>der</strong> Nähe unseres Dorfes lag. Von Kruschwitz<br />

Behörden etwa selbst überrumpelt worden? mussten wir über die Netze-Brücke fahren, die<br />

26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!