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genossenschaften in bayern - Genossenschaftsverband Bayern

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Die Genossenschaftsbewegung <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> nahm <strong>in</strong>folge dieser und vergleichbarer Maßnahmen<br />

und Werbeaktionen »e<strong>in</strong>en frischen ungeahnten Aufschwung«, so Pfarrer Kaiser, und<br />

der Genossenschaftsgedanke zog »immer weitere Kreise«.<br />

Die Zeit der Expansion – die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

Durch ihren hohen Verbreitungsgrad begannen die bayerischen Kredit-, Waren- und Dienstleistungs<strong>genossenschaften</strong><br />

seit dem späten 19. und verstärkt im beg<strong>in</strong>nenden 20. Jahrhundert<br />

erfolgreich, die breite F<strong>in</strong>anzmarkt- und Dienstleistungslücke zu schließen. Die Zahl der Neugründungen<br />

<strong>in</strong> Stadt und Land stieg enorm. Handwerker und Gewerbetreibende organisierten<br />

sich genossenschaftlich <strong>in</strong> fast allen damals aktuellen Sparten. Dies gilt auch für die landwirtschaftliche<br />

Genossenschaftsbewegung. Sie erfasste zunächst den milchwirtschaftlichen Bereich.<br />

Das genossenschaftliche Lagerhaussystem wiederum beruhte auf der »Belehnung«. Der<br />

Landwirt ließ dort se<strong>in</strong>e Ernte bis zum endgültigen Verkauf »belehnen« (beleihen). Die zweite<br />

Entwicklungsstufe der Lagerhausbewegung umfasste Ankauf, Veredelung und Vermark tung<br />

landwirtschaftlicher Produkte. Die dritte Stufe führte zur zentralen Verwaltung von Lager häusern<br />

durch die Zentral<strong>genossenschaften</strong>.<br />

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit kennzeichneten die bayerischen Genossenschaften<br />

von Anfang an. Selbst <strong>in</strong> schwierigsten Zeiten wie dem Ersten (1914 – 1918) und dem Zweiten<br />

Welt krieg (1939 – 1945) vermochten die Genossenschaften ihre Arbeit trotz staatlicher Zwangsbewirtschaftung,<br />

Personal- und Warenmangels fortzusetzen. Im letzten Kriegsjahr 1918 wurden<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> sogar 47 Genossenschaften neu gegründet, davon 24 Kredit-, drei Molkerei-, fünf<br />

Elektrizitäts- und 15 sonstige Genossenschaften, darunter Lagerhaus-, Pacht-, Dresch-, Motorpflug-,<br />

Wasserversorgungs-, Saatbau- und Krautverwertungs<strong>genossenschaften</strong>.<br />

Der Erste Weltkrieg und se<strong>in</strong>e Folgen bedeuteten auch für die Genossenschaften e<strong>in</strong>e Zäsur.<br />

Je länger der unerwartete Stellungskrieg andauerte, desto mehr hemmten Zwangsbewirtschaftung,<br />

Arbeitskräftemangel und Ernährungsprobleme die freie Entfaltung der genossenschaftlichen<br />

Aktivitäten. Während des Krieges begann die Teuerung <strong>in</strong> Deutschland, danach<br />

kam die schleichende, dann die galoppierende und schließlich die Hyper<strong>in</strong>flation. Im Zusammenhang<br />

mit der Währungsreform vom 15. November 1923 wurde e<strong>in</strong>e Billion Papiermark <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Rentenmark umgerechnet. Die Kredit<strong>genossenschaften</strong> verloren weitgehend ihre f<strong>in</strong>anziellen<br />

Grundlagen. Man stand nach den Worten des Oberpfälzer Bezirkspräsidenten Max Freiherrn<br />

von Pfetten-Ramspau »eigentlich vor dem Nichts«.<br />

76 – 77<br />

Genossenschaften meistern viele Bewährungsproben<br />

Mit der allmählichen wirtschaftlichen Konsolidierung Deutschlands ab 1924 konnten die<br />

Kredit<strong>genossenschaften</strong> wieder festen Fuß fassen. Auch die Mitglieder von Molkerei-, Elektrizitäts-,<br />

Dresch-, Lagerhaus-, Obstbau-, Weide-, Brennerei- und sonstigen Genossenschaften<br />

der damaligen Zeit gewannen ihr Vertrauen <strong>in</strong> die genossenschaftliche Arbeit bald wieder zurück.<br />

So war der Jahresbericht für 1924 nach den Worten des Freiherrn von Pfetten-Ramspau<br />

»der beste«, den er seit langem gesehen hatte.<br />

Im Jahr 1936 war der zahlenmäßige Höhepunkt der Genossenschaftsbewegung <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

erreicht. Damals gab es 350 gewerbliche Genossenschaften, davon 144 Schulze-Delitzsch-<br />

Kredit<strong>genossenschaften</strong>. Ferner gab es, und zwar <strong>in</strong>folge wesentlich kle<strong>in</strong>erer Geschäftsbezirke,<br />

<strong>in</strong>sgesamt 6.856 Raiffeisen-Genossenschaften, davon 4.260 Darlehenskassenvere<strong>in</strong>e.<br />

An manchen Orten gab es sogar mehrere Genossenschaften derselben Sparte. Das war der Beg<strong>in</strong>n<br />

der Fusionsbewegung, die bis heute fortdauert. Gleiche Pr<strong>in</strong>zipien, gleiche Ziele, gleiche<br />

Mittel, gleiche Klientel machten und machen Kooperation, Koord<strong>in</strong>ation und Zusammengehen<br />

erforderlich.<br />

Die bayerischen Kredit<strong>genossenschaften</strong> überstanden die Bankenkrise von 1931 relativ<br />

unbeschadet, da sie nicht wie Groß- und Privatbanken ausländisches, <strong>in</strong>sbesondere amerikanisches,<br />

auf kurze Frist geliehenes Kapital selbst wiederum langfristig an ihre Kreditnehmer<br />

ausgereicht hatten. Als 1931 amerikanische Geldgeber die Fristen für ihre überwiegend <strong>in</strong><br />

Fremd währung gewährten Ausleihungen gleichsam von e<strong>in</strong>em Tag auf den anderen nicht mehr<br />

verlängerten und <strong>in</strong> großem Umfang zurückforderten, kam es <strong>in</strong>folge von Fristentransformations-<br />

und Wechselkursrisiken zu Schieflagen und Zusammenbrüchen verschiedener deutscher<br />

Groß- und Privatbanken, nicht aber der Kredit<strong>genossenschaften</strong>. Die Bankenkrise von 1931<br />

war e<strong>in</strong>e Folge der Weltwirtschaftskrise von 1929. Heute ist es umgekehrt. Die globale Wirtschaftskrise<br />

folgt der <strong>in</strong>ternationalen Bankenkrise auf dem Fuß.<br />

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg – Garant für Stabilität und Sicherheit<br />

Die Genossenschaften waren nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs (8. Mai 1945) e<strong>in</strong>e<br />

der wenigen e<strong>in</strong>igermaßen noch funktionierenden Institutionen der bayerischen Wirtschaft.<br />

Die amerikanische Militärregierung gestattete die Fortführung der Tätigkeit der Primär<strong>genossenschaften</strong>,<br />

um die Versorgung der hungernden Bevölkerung zu verbessern, und ernannte am<br />

31. Oktober 1945 den Agrarexperten Michael Horlacher zum »Staatskommissar für das landwirtschaftliche<br />

Genossenschaftswesen« <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, um die Re-Demokratisierung von Ver band,<br />

Verbund und Primär<strong>genossenschaften</strong> durchzuführen. Knapp e<strong>in</strong> Jahr später, am 23. November<br />

1946, erhielten der nunmehrige Raiffeisenverband, die Raiffeisen-Zentralkasse und die<br />

BayWa die Genehmigung zur Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit, und zwar »<strong>in</strong> der Erwägung,<br />

dass durch das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> Hilfe und Fortschritt für<br />

die Landwirtschaft zum Wohle unseres ganzen Volkes <strong>in</strong> besonders hohem Maße gewährleistet<br />

wird.« Kont<strong>in</strong>uität kennzeichnete auch den gewerblichen Genossenschaftssektor. Karl Dietzel<br />

leitete den damaligen »Bayerischen <strong>Genossenschaftsverband</strong> (Schulze-Delitzsch)« von 1938<br />

bis 1968 ohne Unterbrechung.

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