Lebenslange Sorge - Lebenshilfe Esslingen
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TITELTHEMA 13<br />
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Die Angst der Grosseltern<br />
Eine Herzoperation führt bei Moritz zu einer schweren Behinderung<br />
Text: Antonia Romero<br />
Wie groß war die Freude, als<br />
Frau und Herr Müller* erfuhren,<br />
dass ihr zweites Enkelkind<br />
unterwegs ist. Die Schwangerschaft<br />
der Schwiegertochter war<br />
gut verlaufen und Moritz* durfte<br />
zuhause auf die Welt kommen.<br />
Er war ein süßes Bübchen.<br />
Doch als Moritz nach wenigen<br />
Tagen dem Kinderarzt vorgestellt<br />
wurde, hatten sich seine<br />
Lippen dunkler gefärbt. Schnell<br />
wurde der Verdacht auf einen<br />
Herzfehler geäußert, der sich<br />
dann bei einem Klinikaufenthalt<br />
auch bestätigte. Moritz sollte mit<br />
drei Monaten operiert werden,<br />
bis dahin sollte er noch kräftiger<br />
werden.<br />
Irgendetwas war bei oder nach<br />
der Operation schiefgelaufen.<br />
Moritz war wohl längere Zeit<br />
ohne Sauerstoff, sodass er reanimiert<br />
werden musste. Schon<br />
bald nach der Operation war der<br />
Schwiegertochter aufgefallen,<br />
dass etwas nicht mehr in Ordnung<br />
war. Moritz bewegte sich<br />
kaum und er konnte nicht mehr<br />
schlucken.<br />
Von da an hatten die Großeltern<br />
Angst. Es war die Angst, dass<br />
sich das Schicksal, ein behinder-<br />
tes Kind zu haben, in ihrer Familie<br />
wiederholen könnte. Nur zu<br />
gut wussten sie, was das bedeuten<br />
würde. Ihre eigene Tochter<br />
ist seit ihrer Geburt geistig- und<br />
mehrfach schwerbehindert und<br />
lebt seit vielen Jahren in einem<br />
Heim, weil die Pflege zuhause<br />
nicht mehr möglich war. Und<br />
nun hing das Leben ihres Enkelkindes<br />
an einem seidenen Faden,<br />
es wurde um sein Überleben<br />
gekämpft und seine Zukunft war<br />
ungewiss.<br />
Moritz verbrachte ab da mehr<br />
Zeit im Krankenhaus als zuhause.<br />
Seine Nahrung wurde ihm<br />
über eine Sonde gereicht. Auf<br />
Spielzeug reagierte er nicht.<br />
Er lernte weder sprechen noch<br />
sitzen, er konnte weder lachen<br />
noch weinen. Irgendwann stellte<br />
sich heraus, dass sein Sehen<br />
und Hören stark beeinträchtigt<br />
waren. Seine Spieluhr konnte er<br />
vermutlich nicht hören.<br />
Immer in <strong>Sorge</strong>, weil sein Leben<br />
ein ständiger Über-Lebens-<br />
Kampf war, benötigte er Betreuung<br />
und Überwachung rund um<br />
die Uhr, meist von der Mutter,<br />
und wenn es beruflich ging auch<br />
vom Vater, ab und zu auch durch<br />
eine Krankenschwester.<br />
Frau Müller und ihr Mann schämen<br />
sich nicht zu sagen, dass<br />
sie oft gebetet haben, Gott<br />
möge den kleinen Moritz zu sich<br />
nehmen. Und Urgroßmutters<br />
Wunsch war, erleben zu dürfen,<br />
dass Moritz vor ihr sterben darf.<br />
Und dann ist Moritz mit fünf<br />
Jahren im Arm seiner Mutter<br />
gestorben. In den Augen seiner<br />
Großeltern ist Moritz nun erlöst<br />
und sie wissen ihn „dort oben“<br />
gut aufgehoben.<br />
* Name von der Redaktion geändert