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Die neue Orgel - Michael Walcker-Mayer

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DIE NEUE WALCKER ORGEL OPUS 5940<br />

der Klosterkirche „Zum Heiligsten Herzen Jesu“ . .<br />

Kongregation der <strong>Die</strong>nerinnen des Heiligsten Herzen Jesu<br />

Wien III, Landstraßer Hauptstraße 137 .<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Mag. art Herbert Rotter<br />

<strong>Orgel</strong>geschichte der Herz Jesu Kirche<br />

Dr. Wolfgang Guhswald<br />

Einst Verpönt ? – Geächtet ?<br />

Nun Geschätzt ! – Geachtet ! – Gebaut !<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> Pfeifenorgel<br />

Wilhelm Reichhold<br />

- 2 -<br />

.......... 04-08<br />

.......... 10-11<br />

.......... 12<br />

.......... 14<br />

Mensuren und Intonation<br />

Das Mensurendatenblatt<br />

Bau und Materialbeschreibung der<br />

<strong>neue</strong>n <strong>Walcker</strong> <strong>Orgel</strong><br />

.......... 15<br />

Tobias Chizzali – Magisterarbeit<br />

<strong>Orgel</strong>neubauten in historischen<br />

Gehäusen<br />

2.Auflage Dezember 2006<br />

ORGELBAU<br />

A-2353 Guntramsdorf<br />

Am Tabor 6<br />

Tel +43 (0) 2236 52253 19<br />

Fax +43 (0) 2236 52253 20<br />

info@walcker.at<br />

Für den Inhalt verantwortlich:<br />

Mag.art. Herbert Rotter, Dr. Wolfgang Guhswald<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong>, Tobias Chizzali<br />

Gestaltung und Grafik:<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

Foto sowie Zeichnungen:<br />

<strong>Orgel</strong>bau <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> und Tobias Chizzali<br />

Copyright © 12/2006 MWM<br />

.......... 16-27<br />

.......... 28-51


- 3 -


ORGELGESCHICHTE der HERZ JESU KIRCHE<br />

Mag. art. Herbert Rotter<br />

Seit 1873 entfalten Herz-Jesu-Schwestern, wie sie vereinfacht genannt werden (Ordensgründer<br />

Abbé Viktor Braun), in Wien ihr segensreiches Wirken vor allem in der Krankenpflege<br />

(Herz-Jesu-Krankenhaus). Nach Errichtung des Klostergebäudes 1890 in der Keinergasse (3.<br />

Bezirk) folgte 1904 die Grundsteinlegung für die Herz-Jesu-Kirche auf der Landstraßer<br />

Hauptstraße. <strong>Die</strong> von Architekt Gustav Ritter von Neumann im rheinisch-neuromanischen<br />

Stil errichtete Kirche wurde am 30. September 1906 geweiht. Im selben Jahr wurde durch die<br />

Firma Rieger / Jägerndorf auch eine <strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong> mit der Opuszahl 1499 aufgestellt (pneumatische<br />

Kegelladen, 28 Register).<br />

Leider ist dieses Instrument nicht in ihrem originalen Zustand erhalten geblieben, sondern<br />

wurde zweimal empfindlich verändert: 1966 wurde die Disposition durch die Firma Kauffmann<br />

zu Gunsten der damals vorherrschenden Ablehnung des romantischen <strong>Orgel</strong>klanges<br />

geändert, 1980 wurde die pneumatische Traktur durch eine mechanische (Firma Donabaum)<br />

ersetzt. Damit hat ein wertvolles Denkmal spätromantischen <strong>Orgel</strong>baus seine Authentizität<br />

endgültig verloren.<br />

- 4 -


Rieger, 1907<br />

lt. Werkstattkartei Kauffmann<br />

<strong>Die</strong> alten Dispositionen im Vergleich<br />

I. MANUAL = HW (C–g 3 , 56 Töne)<br />

Bourdon 16'<br />

Principal 8'<br />

Gemshorn 8'<br />

Hohlflöte 8'<br />

Gedeckt 8'<br />

Salicional 8'<br />

Fugara 8'<br />

Octave 4'<br />

Rohrflöte 4'<br />

Cornett 3-5f. 2 2/3'<br />

Mixtur 4f. 2 2/3'<br />

Trompete 8'<br />

II. MANUAL = SW (C–g 3 , 56 Töne)<br />

Liebl. Gedeckt 16'<br />

Geigenprincipal 8'<br />

Flûte harmonique 8'<br />

Aeoline 8'<br />

Vox celestis 8'<br />

Gamba 8'<br />

Gemshorn 4'<br />

Flûte douce 4'<br />

Harmon. aeth. 4f. 2 2/3'<br />

PEDAL (C–f 1 , 30 Töne)<br />

Contrabass 16'<br />

Violon 16' *)<br />

Harmonicabass 16' *)<br />

Subbass 16'<br />

Octavbass 8'<br />

Cello 8' *)<br />

Posaune 16'<br />

3 Normalkoppeln, II-4'-I, II-16'-I<br />

1 freie Kombination, 4 feste Kombinationen<br />

Crescendotritt (!) Schwelltritt<br />

Pneumatische Kegellade<br />

*) Transmission<br />

- 5 -<br />

Kauffmann, 1966<br />

(Orthografie der Wippenbeschriftung)<br />

I. MANUAL = HW (C–g 3 , 56 Töne)<br />

Principal 8'<br />

Gemshorn 8'<br />

Hohlflöte 8'<br />

Gedeckt 8'<br />

Salicional 8'<br />

Fugara 8'<br />

Octave 4'<br />

Rohrflöte 4'<br />

Superoktave 2'<br />

Cornett 3-5f. 2 2/3'<br />

Mixtur 4f. 2 2/3'<br />

Trompete 8'<br />

II. MANUAL = SW (C–g 3 , 56 Töne)<br />

Geigenprincipal 8'<br />

Flûte harmonique 8'<br />

Aeoline 8'<br />

Vox celestis 8'<br />

Praestant 4'<br />

Flûte douce 4'<br />

Quinte 2 2/3'<br />

Gemshorn 2'<br />

Harmon. aeth. 4f. 2 2/3'<br />

PEDAL (C–f 1 , 30 Töne)<br />

Contrabass 16'<br />

Violon 16'<br />

Subbass 16'<br />

Octavbass 8'<br />

Gedackt 8'<br />

Choralbaß 4'<br />

Posaune 16'<br />

3 Normalkoppeln<br />

1 freie Kombination, 4 feste Kombinationen<br />

Crescendotritt und Schwelltritt (alt)<br />

Ab 1980 (Donabaum) mechanische<br />

Spieltraktur,<br />

elektrische Schleifladen


<strong>Die</strong> <strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong><br />

Das bevorstehende 100-jährige Weihejubiläum der Kirche veranlasste am Beginn des 21.<br />

Jahrhunderts die Ordensleitung der Kongregation der <strong>Die</strong>nerinnen des Heiligsten Herzen Jesu,<br />

nicht nur eine umfassende Kirchenrenovierung zu planen, sondern auch Überlegungen<br />

zum weiteren Schicksal dieser <strong>Orgel</strong> mit ihren klanglichen und funktionellen Schwächen anzustellen.<br />

Zunächst wurde eine Generalsanierung ins Auge gefasst. Doch die ermittelten Kosten<br />

schienen im Verhältnis zu einem zweifelhaften Ergebnis wirtschaftlich nicht vertretbar,<br />

sodass sich die Ordensleitung (Generaloberin Sr. M. Cornelia Bertel) zum mutigen Entschluss<br />

eines <strong>Orgel</strong>neubaus durchrang. Auch das Bundesdenkmalamt legte – mit Ausnahme des neuromanischen<br />

Gehäuses – keinen Wert auf die Erhaltung der Altorgel. Nach Einholung von<br />

vier Anboten österreichischer <strong>Orgel</strong>bauer auf Grund einer vom Chorleiter Mag. Rotter erstellten<br />

Disposition erhielt 2004 die Firma <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> / Guntramsdorf den Auftrag (Vertragsunterzeichnung<br />

am 12. November). <strong>Die</strong> Altorgel wurde von der Firma <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

abgelöst und 2005, etwas aufgebessert, in einen bulgarischen Konzertsaal (Pazardjik) übertragen.<br />

Alte/<strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong> im Konzertsaal „Maestro Georgi Atanasov“<br />

4400 Pazardjik, Bulgarien<br />

<strong>Die</strong> Segnung der <strong>neue</strong>n <strong>Orgel</strong> erfolgte zum Herz-Jesu-Fest am 23. Juni 2006 durch Diözesanbischof<br />

Dr. Ludwig Schwarz SDB, Linz. An der <strong>Orgel</strong> spielte Univ.-Prof. em. Mag. Herbert<br />

Tachezi, Wien, der auch am 7. September die Kollaudierung vornahm.<br />

Aus dem Abnahmebericht von Univ.-Prof. em. Mag. Herbert Tachezi:<br />

“ .....wurde festgestellt, dass die Register je nach ihrer Charakteristik klangschön und ausgewogen<br />

in ihrer Ansprache, ihrem Klang, Volumen, und den jeweils typischen Farben sind und<br />

den Kirchenraum mühelos zu füllen vermögen und auch die verschiedensten Registerkombinationen<br />

den jeweiligen Anforderungen bestens genügen.<br />

.....Wir konnten uns von der einwandfreien, perfekten und überaus sauberen handwerklichen<br />

Arbeit der Firma <strong>Walcker</strong> überzeugen. Das Gesamtbild der <strong>Orgel</strong> entspricht einem deutschromantischen<br />

Typus, wobei auch dank der klugen Disposition Literatur aus Barock, Klassik,<br />

französischer Romantik und Moderne adäquat realisiert werden kann.“<br />

- 6 -


Konzept der <strong>neue</strong>n <strong>Orgel</strong><br />

Dem Kirchenraum und dem Gehäuse entsprechend (Historismus!) ist die Neuorgel als gemäßigt<br />

romantische <strong>Orgel</strong> konzipiert worden. <strong>Die</strong> Spieltraktur ist mechanisch, die Manualpfeifen<br />

stehen auf Schleifwindladen, die Pedalpfeifen zwecks besserer Ansprache auf Kegelladen.<br />

<strong>Die</strong> Registerschleifen, bzw. die Registerventile werden elektrisch gesteuert, sodass eine elektronische<br />

Setzeranlage (5 Ebenen mit je 999 Kombinationen) eingebaut werden konnte. Der<br />

freistehende Spieltisch (Emporenmitte, Blickrichtung Altar) ist zwar völlig neu gebaut, sein<br />

äußeres Erscheinungsbild dem alten Spieltisch weitgehend angeglichen worden (Auflage des<br />

BDA).<br />

PEDAL (C-f 1 )<br />

1. Contrabass 16'<br />

2. Subbass 16'<br />

3. Liebl. Gedackt 16' 1 )<br />

4. Octavbass 8'<br />

5. Gedackt 8' 1 )<br />

6. Cello 8'<br />

7. Octav 4'<br />

8. Posaune 16'<br />

9. I / P<br />

10. II / P<br />

Disposition<br />

Mag. art. Herbert Rotter und <strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

I. MANUAL = HW (C-g 3 )<br />

11. Bordun 16'<br />

12. Principal 8'<br />

13. Hohlflöte 8'<br />

14. Gamba 8'<br />

15. Octav 4'<br />

16. Rohrflöte 4'<br />

17. Quint 2 2/3'<br />

18. Octav 2'<br />

19. Mixtur 5f. 2 2/3' 2 )<br />

20. Trompete 8'<br />

21. II / I<br />

- 7 -<br />

II. MANUAL = SW (C-g 3 )<br />

22. Liebl. Gedackt 16'<br />

23. Geigenprincipal 8'<br />

24. Gedackt 8' 1 )<br />

25. Salicional 8'<br />

26. Vox coelestis 8' 3 )<br />

27. Fugara 4'<br />

28. Holzflöte 4'<br />

29. Nasat 2 2/3'<br />

30. Waldflöte 2'<br />

31. Terzflöte 1 3/5'<br />

32. Progressio 2-4f. 2'<br />

33. Oboe 8'<br />

34. Tremolo<br />

WEITERE SPIELHILFEN<br />

• Setzer mit Digitalanzeige, je 2 Sequenzer<br />

Druckknöpfe (vor und zurück) links und<br />

rechts vom I. Manual sowie in der Mitte<br />

unter dem I. Manual, 2 Sequenzer-Pistons;<br />

• 1 Registercrescendo-Piston<br />

• Schwelltritt mit Digitalanzeige<br />

1)<br />

Auszug aus 22. Das Register steht auf einer eigenen elektrischen Registerkanzelle im<br />

Schwellkasten. Mit dieser Maßnahme konnten auf sparsame Weise mehrere Registrierfunktionen<br />

ermöglicht werden: Zartbass im Ped., 16' im II. Man., Gedackt 8' sowohl im<br />

Ped. als auch im II. Man.<br />

2 ) automatisch mit 17.,<br />

3 ) ab c 0 , automatisch mit 25.


<strong>Orgel</strong>bau <strong>Walcker</strong><br />

Seit 1780 wird mit dem Namen <strong>Walcker</strong> <strong>Orgel</strong>baugeschichte geschrieben. Er steht nicht nur<br />

auf <strong>Orgel</strong>n jeder Größenordnung und in der ganzen Welt, sondern auch für viele Impulse<br />

klanglicher und technischer Natur. Als Beispiele mögen nur die Einführung der Kegellade,<br />

der Jalousieschweller im 19. Jh. oder das Wiederaufgreifen der Schleiflade mit der deutschen<br />

<strong>Orgel</strong>bewegung im 20. Jh. dienen. Vom Stammhaus in Ludwigsburg / D sind für Wien u.a.<br />

die beiden Großorgeln in der Votivkirche (1878) und im Stephansdom (1886, zerstört 1945)<br />

errichtet worden.<br />

Bald nach dem II. Weltkrieg hat der Vater des jetzigen Chefs, OBM Dr. h.c. Werner <strong>Walcker</strong>-<br />

<strong>Mayer</strong> (6. Generation), ein Zweigwerk in Guntramsdorf / NÖ eröffnet, aus dem seither viele<br />

<strong>Orgel</strong>n in Österreich stammen. Davon stehen allein in Wien neben der <strong>Orgel</strong> im Großen Musikvereinssaal<br />

rund 15 Kirchenorgeln, darüber hinaus über 40 Kleinorgeln in Kapellen, Schulen<br />

und Friedhöfen. Der letzte größere Auftrag in Wien war die Generalsanierung der <strong>Orgel</strong><br />

der Peterskirche (2005).<br />

Das denkmalgeschütze <strong>Orgel</strong>gehäuse von 1906<br />

Seit 2000 wird der Betrieb von OBM <strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> (7. Generation!) geleitet, der<br />

auch die <strong>Orgel</strong> der Herz-Jesu-Kirche, Opus 5940 geplant und mit seinen Mitarbeitern, dem<br />

Intonateur Wilhelm Reichhold, dem die <strong>Orgel</strong> ihren gelungenen Klang verdankt, den <strong>Orgel</strong>bauern<br />

Martin Kowalski, Philipp Reiter und Martin Parzer sowie den Tischlern Thomas Haas<br />

und Rudolf Geci fertig gestellt hat.<br />

- 8 -


- 9 -


Einst: Verpönt ? – Geächtet ?<br />

Nun: Geschätzt ! – Geachtet !<br />

– Gebaut !<br />

Dr. Wolfgang Guhswald<br />

Das Rad der <strong>Orgel</strong>geschichte in Bewegung –<br />

Bemerkungen zur <strong>neue</strong>n <strong>Walcker</strong>-<strong>Orgel</strong> in der<br />

Herz Jesu Kirche, Wien III (2006)<br />

„Legendär“ in Klang, Technik, wie auch als<br />

Gesamtkunstwerk, diese Einschätzung erreichten<br />

und erreichen nur wenige Spitzeninstrumente, im<br />

Glücksfall gepaart mit einer Künstlerpersönlichkeit<br />

auf der <strong>Orgel</strong>bank. So war es einst mit der 1945<br />

untergegangenen hochromantischen <strong>Walcker</strong>-<br />

<strong>Orgel</strong> von 1886 im Stephansdom (hinter der<br />

barocken Fassade der Römer-<strong>Orgel</strong> von 1720).<br />

Domorganist Karl Walter als der kongeniale<br />

Interpret und Improvisator. Beides ist Geschichte.<br />

Später drehte sich das Rad der<br />

<strong>Orgel</strong>bauauffassungen wieder einmal weiter. Einst<br />

Hochgeschätztes war plötzlich verpönt, tabu. Es<br />

folgte eine Generation an Entscheidungsträgern,<br />

welche bei Neubau und Restaurierungen in verblüffender<br />

Selbstsicherheit zu wissen vermeinten,<br />

was die „wahre <strong>Orgel</strong>“ ausmache, vor allem aber,<br />

was alles an Negativa die dekadente Periode<br />

hervorgebracht hatte und wie sehr dies dem<br />

angestrebt idealen <strong>Orgel</strong>klang schade.<br />

2006 findet sich so manch apodiktisch geäußerte<br />

Auffassung in der Meinungsvielfalt wieder relativiert,<br />

gar Geächtetes wird wieder geachtet, neu<br />

gewichtet und neu belebt. So erbringt die<br />

Begegnung mit der <strong>neue</strong>n <strong>Walcker</strong>-<strong>Orgel</strong> in Wien<br />

III, Herz-Jesu-Kirche, einen erfrischenden Disput<br />

zwischen historischer Reverenz und pointiertsouveräner<br />

Selektion weiterer Möglichkeiten, ohne<br />

sich in beliebige Aneinanderreihung inhomogener<br />

Elemente zu verlieren. Im Gegenteil, OBM<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong>, an der Schwelle des 50.<br />

Lebensjahres stehend, hat jedwedes Detail vor dem<br />

Hintergrund seiner reichen Erfahrung Revue<br />

passieren lassen und in jedweder Entscheidung<br />

eine Optimierung angestrebt.<br />

- 10 -<br />

Fenster der Herz Jesu Kirche


<strong>Die</strong> Vorgabe des Disponenten und Initiators dieses <strong>Orgel</strong>neubaues, Mag. Herbert Rotter, mit<br />

einem frühromantisch orientierten Instrument keine bloße Kopie, sondern ein gedanklich vielfältig<br />

und umfassend reflektiertes Konzept zu realisieren, erbrachte ein homogenes Ganzes<br />

mit nachvollziehbarem Eigenprofil. D.h. diese <strong>Orgel</strong> fordert einmal mehr, nicht nur die Musik<br />

zu interpretieren (improvisieren), sondern auch gleichzeitig dieses Instrument an sich darzustellen.<br />

Hierbei beflügelt die exzellente Akustik des hohen, tonnengewölbten Raumes der Herz-Jesu-<br />

Kirche (erbaut 1906). Hinter dem Prospekt der Vorgänger-<strong>Orgel</strong>, welche nach Pazardjik in<br />

Bulgarien in einen Konzertsaal transloziert werden konnte, finden sich nun handwerklich<br />

hochstehend ausgeführte Arbeit (Laden, Technik), hochwertige Materialien (Pfeifen) und das<br />

Perfektionsstreben (mechanische Schleifladen HW, SW, mechanische Kegelladen im Ped.)<br />

mit ungehinderter Windversorgung. Unter der Rosette findet sich der Stolz dieser <strong>Orgel</strong>, nämlich<br />

ein voluminöser Schwellkasten aus 57 mm Fichtenholz mit doppelwandiger Ausführung,<br />

früher öffnender Dachschweller für nuancenreiche pp-Werte und Horizontallamellen für<br />

schließlich frei ins Gewölbe entfaltenden SW-Klang.<br />

Cello 8 Pedal<br />

- 11 -<br />

<strong>Die</strong> Disposition eröffnet ihre Feinheiten<br />

in den farblichen Nuancen<br />

unterschiedlicher Pfeifenmaterialien und<br />

der souveränen Intonation durch OB<br />

Wilhem Reichhold, welcher mit seinen<br />

reichen Erfahrungen in der Restaurierung<br />

romantischer Orginale punkten konnte.<br />

So klingt – wie es sein soll – z.B. Gambe<br />

und Cello so frisch und „sägend“,<br />

Salicional so anheimelnd und Vox<br />

coelestis so entrückt, dass sie ihre Namen<br />

auch wirklich zu Recht tragen.<br />

Das Kirchengewölbe über HW und Ped.<br />

homogenisiert den Klang, weswegen das<br />

Gehäuse kein abschließendes Dach<br />

erhalten hat (ähnlich wie z.B.: Buckow’s<br />

Piaristenorgel von 1858).<br />

<strong>Die</strong> Schwelljalousien sind horizontal<br />

ausgeführt, womit auch hier die<br />

Gewölbereflektion genutzt wird.<br />

<strong>Die</strong> mechanischen Pedal-Kegelladen lassen<br />

den offenen 16’-Registern die erheblichen<br />

Windmengen für solide Tongebung<br />

zukommen. Doch auch die Manual-<br />

Schleifladen gestatten vollgriffiges Tutti-<br />

Spiel dank entsprechender Kanzellen-<br />

Querschnitte.


DIE NEUE PFEIFENORGEL<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong> - <strong>Mayer</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Orgel</strong>, Königin der Instrumente, ist berechtigterweise ein nicht wegzudenkender Bestandteil<br />

der christlichen Liturgie: durch sie können alle Inhalte unseres Glaubens wahrnehmbar<br />

gemacht werden. Sie verfügt einfach über alle für das Kirchenjahr und die besonderen Lebenssituationen<br />

nötigen Töne und Register. Das breite Spektrum der <strong>Orgel</strong>klangsprachen fasziniert<br />

die Menschheit schon seit dem Mittelalter. <strong>Die</strong> würdige Erhabenheit unserer Kirche,<br />

die jauchzende und springende Freude, zarte Flötentöne in Abwechslung mit erschütterndem<br />

Donnern, feierliche oder traurige Musik ... Je kunstvoller die <strong>Orgel</strong>, umso besser erfüllt sie<br />

ihren <strong>Die</strong>nst in der Liturgie.<br />

<strong>Die</strong> Konzeption und Intonation der <strong>neue</strong>n Pfeifenorgel in der Herz Jesu Kirche in Wien III<br />

geht auf drei wesentliche Anforderungen, denen sie gerecht werden soll, zurück. <strong>Die</strong> <strong>Orgel</strong><br />

muß den Gemeindegesang stützen, das solistische Spiel ermöglichen und den Kirchenraum<br />

mit ihrem Klang angenehm füllen, all das in den konkreten räumlichen und akustischen Gegebenheiten.<br />

Aus diesen geht auch die Disposition der <strong>Orgel</strong> (die Auswahl der Register) hervor.<br />

Danksagung<br />

Aufgrund des 100 jährigen Jubiläums der Herz<br />

Jesu Kirche musste die <strong>Orgel</strong> innerhalb eines<br />

Jahres fertig gestellt sein. Allen, die uns dabei<br />

geholfen haben, insbesondere die Elektriker<br />

wie auch Architekt Dipl. Ing. Fuchs, aber auch<br />

der Restauratorin Mag. Kleinsasser, die mit<br />

uns dieses Werk in dieser kurzen Zeit<br />

erschaffen haben, danke ich recht herzlich. Für<br />

die Zusammenarbeit an der Disposition und<br />

der Ausführung der <strong>Orgel</strong> danke ich besonders<br />

Herrn Magister art. Herbert Rotter. Der<br />

ehrenvolle Dank gebührt der „Kongregation<br />

der <strong>Die</strong>nerinnen des Heiligsten Herzens Jesu“<br />

die uns in unserer Werkstatt besuchten und<br />

welche durch ihren finanziellen Einsatz die<br />

Neuanschaffung der <strong>Orgel</strong> ermöglichten. Ein<br />

herzliches Dankeschön an meine Mitarbeiter,<br />

insbesondere an <strong>Orgel</strong>baumeister Wilhelm<br />

Reichhold, welcher die Intonation<br />

durchgeführt hat. Danke allen, die mit ihren<br />

Spenden den Bau der <strong>Orgel</strong> ermöglichten.<br />

Möge Ihre <strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong> in Jubel und Freude, in<br />

Ernst und Trauer die Menschen Ihrer Gemeinde<br />

begleiten und mit dem Klang der<br />

vielen Stimmen das Lob Gottes in allen<br />

Lebenslagen verkünden !<br />

- 12 -


- 13 -


Posaune<br />

16<br />

MENSUREN und INTONATION<br />

Wilhelm Reichhold<br />

<strong>Die</strong> Mensuren für Pfeifen und der Winddruck der einzelnen Werke<br />

wurden auf die Raumakustik abgestimmt. Aber auch Erfahrungswerte<br />

und vorliegende Mensuren aus 1900 von <strong>Walcker</strong>, Steinmeyer und<br />

Weigle trugen dazu bei, dass ein geschlossenes Gesamtkonzept für die<br />

<strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong> der Herz Jesu Kirche entstanden ist.<br />

Neben den klanglichen Aspekten wurde auch die Auswirkungen des<br />

Winddruckes auf Traktur und Spielart berücksichtigt.<br />

<strong>Die</strong> klangliche Anpassung der <strong>Orgel</strong>pfeifen an einen bestimmten<br />

Raum nennen wir Intonation. Jede einzelne Pfeife muss nach<br />

Klangfarbe und Lautstärke angepasst werden, damit sie in einem<br />

gegebenen Raum klar und voll erklingt.<br />

Natürlich muss auch jedes Register (Pfeifenart der gleichen Tonfarbe,<br />

Mensur und Form) in sich selbst in Klangfarbe und Lautstärke ausgeglichen<br />

werden und zugleich in richtiger Klangbeziehung zu anderen<br />

Register sein.<br />

Neben der Intonation beeinflussen auch die Disposition (Auswahl der<br />

Register), Mensur (Beziehung zwischen Durchmesser und Länge der<br />

Pfeife) und Akustik des Raumes die Klangfarbe der <strong>Orgel</strong>.<br />

Untereinander werden mehrere Arten von Intonation unterschieden:<br />

die barocke, die romantische und die neobarocke. Der Klang der<br />

barocken <strong>Orgel</strong> ist klar, reich an Aliquoten, zeichnet sich durch<br />

weiche Flöten und liebliche Prinzipale aus. <strong>Die</strong> romantische <strong>Orgel</strong> hat<br />

einen dunkleren, massiveren Klang, deren Merkmal die Nuancierung<br />

mit Grundregistern ist. <strong>Die</strong> neobarocke Intonation ist eigentlich die<br />

Folge eines falschen Verständnisses von barocker Intonation. Der<br />

Klang einer neobarocken <strong>Orgel</strong> ist mitunter kalt und scharf. <strong>Die</strong>se Art<br />

der Intonation gebrauchte man Mitte des 20. Jahrhunderts und wird<br />

heute mehrheitlich nicht mehr verwendet.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Orgel</strong> in der Herz Jesu Kirche ist der Disposition, Mensurierung<br />

und Intonation nach eine romantisch orientierte <strong>Orgel</strong> und wurde<br />

gleichschwebend auf 440,0 Hz bei 18°C gestimmt.<br />

Möge die <strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong> mit ihrem großem Klangreichtum noch lange zu<br />

Gottes Ehren erklingen.<br />

- 14 -


DAS MENSURENBLATT<br />

- 15 -


BAU- und MATERIALBESCHREIBUNG<br />

der <strong>neue</strong>n WALCKER-ORGEL<br />

Pfeifenwerk<br />

Alle Metall- und Holzpfeifen wurden neu hergestellt und in der Werkstatt vorintoniert. <strong>Die</strong><br />

endgültige Intonation und Klanggestaltung erfolgte in der Kirche unter Berücksichtigung der<br />

akustischen Raumverhältnisse. <strong>Die</strong>se Arbeit wurde von <strong>Orgel</strong>baumeister Wilhelm Reichhold<br />

ausgeführt, der über eine große Erfahrung in der Klangwelt historischer und neuzeitlicher<br />

Instrumente verfügt und sich damit intensiv auseinandergesetzt hat. Besonderer Wert wurde<br />

auf die Herausarbeitung der unterschiedlichen Charakteristik der einzelnen Stimmen und deren<br />

differenzierte Klanggebung gelegt.<br />

<strong>Die</strong> Metallpfeifen wurden aus gegossenem Material mit der in der Disposition angegebenen<br />

Legierung hergestellt. <strong>Die</strong> Pfeifenfüße wurden mit stärkeren Wandungen als die Körper angefertigt,<br />

um eine gute Standfestigkeit zu erreichen. <strong>Die</strong> Kernspalten wurden möglichst weit<br />

gehalten, um Klang- und Stimmungsveränderungen durch Staubeinwirkung vorzubeugen.<br />

Alle Pfeifen, die breiter als ¼ des Umfangs labiert sind und gekulpt wurden, erhielten rechts<br />

und links vom Labium eine Stütznaht, damit das Labium beim Stimmen nicht eingedrückt<br />

wird.<br />

<strong>Die</strong> Pfeifenkerne wurden für den entsprechenden Klangcharakter angefertigt. <strong>Die</strong> Principale<br />

wie auch die Gamben erhielten Kerne mit einer Abschrägung von 68 °. Alle anderen Register,<br />

wie Flöten und Salicionale haben Kerne mit 53°. Kernstiche wurden bereits vor dem Verlöten<br />

an den Pfeifenfuss eingearbeitet.<br />

<strong>Die</strong> Pfeifen des Geigenprincipales sowie der Fugara erhielten Seitenbärte mit Holzrollen. <strong>Die</strong><br />

Gamben sowie Vox coelestis besitzen Messingstreichbärte mit Seitenbärten.<br />

<strong>Die</strong> Deckel der gedeckten und halbgedeckten Metallpfeifen wurden mit Filz und Leder abgedichtet.<br />

<strong>Die</strong> Metallpfeifen erhielten Expressionsschlitze (16’ bis g³, 8’ bis c³, 4’ bis c² .... ua).<br />

Alle Labialpfeifen bis 70 mm Durchmesser erhielten aufgelötete Rundlabien; bei den kleineren<br />

wurden die Rundlabien eingeritzt und gedrückt.<br />

<strong>Die</strong> neu gefertigten Holzpfeifen wurden aus lang gelagertem und ausgesuchtem Eichen- wie<br />

auch Fichtenholz angefertigt. Bei Pfeifen aus Fichte wurde das Labium aus Eiche quer zur<br />

Maserung eingesetzt. <strong>Die</strong> Kleineren sind komplett aus Eiche. <strong>Die</strong> Labien und Seitenbärte wie<br />

auch Rollen der größten Pfeifen des Contrabass 16 (C-H) wurden komplett aus Eiche gefertigt<br />

und an den Pfeifenkörper angeschraubt. Auch die Vorschläge der größeren Pfeifen wurden<br />

angeschraubt, ab 2 Fuss jedoch nach der Intonation geleimt.<br />

- 16 -


- 17 -


<strong>Die</strong> Stöpsel der Gedecktpfeifen sind befilzt und<br />

beledert. Offene Holzpfeifen erhielten Expressionsschlitze<br />

mit Holzstimmschieber.<br />

Bis 4’Länge (ca. 1.2 m) wurden die Holzfüsse in<br />

den Pfeifenkernen eingeleimt, bei den kleineren<br />

Pfeifen wurde der Fuss und der Kern aus einem<br />

Stück gedrechselt.<br />

Bei den Zungenpfeifen sind die Kehlen und<br />

Zungen aus Messing, Stiefel aus Zinnlegierung,<br />

Nüsse aus Blei, Krücken aus Federbronce. Große<br />

Becher sitzen in Stumpen, kleinere Becher<br />

wurden fest mit den Nüssen verlötet.<br />

Bei Posaune 16 wurden Holzstiefel mit<br />

Ausgleichsmembranen und Windregulierung<br />

eingebaut. <strong>Die</strong> Holzbecher besitzen am Ende<br />

Zinnbleche, an welchen die Lautstärke eingestellt<br />

wurde.<br />

Konischen Holzkeile und stabile Hochraster an<br />

den Holzpfeifen und Bechern tragen dazu bei,<br />

dass diese Pfeifen konstant stehen und dadurch<br />

auch einen konstanten Ton übertragen können.<br />

Windladen<br />

<strong>Die</strong> Stöcke wurden aus Eiche und Tanne gefertigt. <strong>Die</strong> Stockfußlöcher für die Metallpfeifen<br />

wurden ausgebrannt. Dadurch ist künftig am Pfeifenfußloch keine Veränderung durch Holztrocknung<br />

zu erwarten.<br />

<strong>Die</strong> Ladenkörper sind aus abgesperrten, vielschichtig verleimten Spezialhölzern. <strong>Die</strong> Kanzellen<br />

wurden innen mit Planatol (elastischer Leim) getränkt.<br />

<strong>Die</strong> Kanzellenquerschnitte, Ventilöffnungen und Ventilgrößen wurden für den jeweiligen<br />

Windbedarf berechnet, den klanglichen Erfordernissen entsprechend angepaßt und aufeinander<br />

abgestimmt. Für hohen Windverbrauch in der Baßlage angesichts der bei weiten Mensuren<br />

sind die Maße optimal ausgelegt. Windkastenrahmen und Spunde wurden aus Eiche gefertigt.<br />

<strong>Die</strong> Ventile sind aus langjährig abgelagerter Bergfichte mit stehenden Jahresringen, befilzt<br />

und beledert. Um Windwirbel zu verhindern, wurden sie seitlich abgeschrägt und sind in ihrer<br />

gesamten Länge zusätzlich keilförmig.<br />

- 18 -<br />

Pfeifenwerk vom Hauptwerk


Windlade Hauptwerk<br />

<strong>Die</strong> Ventilfedern sind aus ermüdungsfreier, nichtrostender Phosphorbronce. Bleipulpeten<br />

dichten die Ventilabzüge ab. <strong>Die</strong> Abzugsdrähte sind aus Messing. <strong>Die</strong> Registerschleifen sind<br />

aus Eiche mit Graphit eingelassen und poliert. <strong>Die</strong> Windabdichtung erfolgt durch Liegelindringe.<br />

Rasterbretter und Bänkchen sowie Stützen sind aus Massiv Fichte und die Enden der Bretter<br />

durch Nut und Feder abgesichert. <strong>Die</strong> Rasterlöcher für die Metallpfeifen wurden, wie die<br />

Fusslöcher ausgebrannt – dadurch entsteht am Rasterloch keine Veränderung durch Holztrocknung.<br />

Durch die konischen Brenneisen sitzt die Pfeife fest im Raster.<br />

Zur Regulierung von Winddruck und -mengen wurde an den Windladenunterseiten je ein<br />

Schwimmerbalg mit Regulierventil eingebaut.<br />

Aufgrund der 3 fachen 16’-Registerbesetzung im Pedal haben wir uns für eine Kegellade entschieden,<br />

welche mechanisch angespielt wird. <strong>Die</strong> Registerkanzelle lässt einen hohen Winddruck<br />

zu, ohne, dass die Bespielbarkeit negativ beeinflusst wird. Eine stabile Stimmung wie<br />

auch hoher Windverbrauch ohne Druckverlust bei Betätigung aller Pedalregister sprechen für<br />

sich. <strong>Die</strong> präzise sowie explosive Ansprache der immerhin fast 5 m langen und um die<br />

205x242 mm im Querschnitt großen Holzpfeifen des Contrabass 16 wie auch bei allen anderen<br />

Registern zeigen deutlich die Vorteile einer Kegellade.<br />

<strong>Die</strong> Windladen, aufgeteilt in C und Cs, wurden aus Fichten- sowie Eichenholz gefertigt. <strong>Die</strong><br />

Konstruktionszeichnungen darüber wie auch die Berechnungen der Kegelgrößen und entsprechenden<br />

Verfräsungen konnten aus dem Archiv der Firma herangezogen werden.<br />

- 19 -


Windanlage<br />

Das <strong>Orgel</strong>gebläse befindet sich links außerhalb des<br />

Gehäuses in einem separaten Schallschutzkasten.<br />

Es ist ein geräuscharmer Ventilator mit Gleitlagermotor<br />

Marke Laukhuff mit 21 m³ und 160 mm<br />

WS (Langsamläufer 1400 U/min) mit einer<br />

Dauerschmierung. Außerdem ist dieser mit einer<br />

Rückschlagklappe ausgestattet. Zur<br />

Körperschalldämpfung ist das Gebläse mit<br />

Gummi-Isolierelementen versehen und ein<br />

elastischer Anschlußstutzen sorgt dafür, dass keine<br />

Vibrationen übertragen werden.<br />

Querschnitt Zeichnung der Pedallade (Kegellade)<br />

Ein im Gebläsekasten eingebauter Feinstaubfiler (Taschenfilter) mit einem mittleren Abscheidegrad<br />

von 91% verhindert, dass das Gebläse staubige wie auch mit Russ angereicherte<br />

Luft in die <strong>Orgel</strong> bläst.<br />

Zwei Magazinbälge wurden im Untergehäuse der <strong>Orgel</strong> für Gebläse sowie Pedalwerk eingebaut.<br />

<strong>Die</strong> Windkanäle wurden aus massiven Naturholzplatten gefertigt. Durch die Magazin-<br />

wie auch Schwimmerbälge haben wir folgende Winddrücke differenziert einstellen können :<br />

GEBLÄSE 169,0 mm WS (ohne Belastung)<br />

MOTORBALG 118,0 mm WS<br />

PEDAL 96,0 mm WS<br />

HAUPTWERK 80,0 mm WS<br />

SCHWELLWERK 90,0 mm WS<br />

Bei Tuttieinstellung und vollgriffigem Spiel beträgt der Winddruckabfall um 2-4 mm.<br />

- 20 -<br />

Zeichnung des<br />

Gebläsekasten<br />

mit Angaben des<br />

Filter u.a.


Spieltraktur<br />

<strong>Die</strong> Verbindung von Tasten zu den Windladenventilen ist mechanisch, in erprobter, witterungsbeständiger<br />

und geräuschloser Ausführung hergestellt. Eine druckpunktbetonte, artikulierfreudige<br />

und leichte Spielart wurde erreicht.<br />

Abstrakten sind aus feinjähriger Tanne, langjährig abgelagert; die Enden in Abstraktenkappen<br />

wurden aus Weißbuche oder Birne gefaßt.<br />

<strong>Die</strong> Trakturwinkel sind aus Messing; <strong>Die</strong> Tragebalken aus Eiche mit Eisenverstärkung, Abstraktenführungsraster<br />

aus Eiche.<br />

<strong>Die</strong> horizontal verlaufenden Abstrakten sind in Pendeln gelagert, vertikale Trakturen wurden<br />

in reibungsarmen Holzrechen und in Pendeln geführt.<br />

Ausreichende Regulierungsmöglichkeiten für die Wartung sind vorgesehen.<br />

<strong>Die</strong> Bretter für die Wellen sind aus Massiv-Eiche gefertigt. <strong>Die</strong> Wellen selbst sind aus massivem<br />

Vierkantstahl 10x10 mm, mit verstifteten Wellenarmen aus Messing, in ausgetuchten<br />

Holzlagern geführt. <strong>Die</strong> Achsen wurden exzentrisch gebohrt, sodass sich das Eigengewicht<br />

der Stahlwellen aufhebt und sich keine Kräfte auf die Betätigung der Spieltraktur auswirken.<br />

Spieltraktur Pedal Manuale und Pedalumlenkungen<br />

Registertraktur<br />

<strong>Die</strong> Register werden mit elektrischen Schleifenzugmagneten (24 Volt), welche sich direkt an<br />

den Schleifen befinden, betätigt. <strong>Die</strong> elektronischen Endabschaltungen befinden sich zentral<br />

im Untergehäuse hinter dem Organisten als Einzelplatinen. Nach erfolgter Schaltung ist der<br />

Magnet völlig stromlos.<br />

Für die Schwachstromanlagen wurde ein ausreichend dimensionierter Siliziumgleichrichter<br />

Marke Laukhuff (50 Ampere, 24Volt) im Untergehäuse montiert. .<br />

- 21 -


Spieltisch<br />

Das freistehende Spieltischgehäuse wurde mittig mit Blickrichtung des Organisten zum Altar<br />

aufgestellt. Das äußere Erscheinungsbild wurde in Anlehnung an den früheren Spieltisch gemäß<br />

der Vorgabe des BDA gefertigt. <strong>Die</strong> Registrieranlage wurde über dem II. Manual in<br />

Wippenform angeordnet.<br />

- 22 -<br />

GRUNDRISS<br />

Spieltraktur


<strong>Die</strong> Manualuntertasten sind mit einem Beinbelag versehen. <strong>Die</strong> Obertasten wurden aus Ebenholz<br />

gefertigt. <strong>Die</strong> vordere Schräge wurde nach den Vorbildern wie um 1900 üblich etwas<br />

steiler gefertigt.<br />

<strong>Die</strong> Lage der Pedalklaviatur aus Eiche mit Obertasten aus Ebenholzauflage ist ds° unter<br />

Manual ds¹. <strong>Die</strong> höhenverstellbare <strong>Orgel</strong>bank wurde aus Eiche gefertigt.<br />

Mit dem Schwelltritt wird der Dach- wie auch der Frontschweller betätigt.<br />

Aufgrund der Setzermöglichkeiten wurde auf eine konventionelle Crescendowalze verzichtet.<br />

Der <strong>Orgel</strong>spieler hat jedoch über einen Piston die Möglichkeit, auf eine vom ihm gesetzte<br />

Folge von Crescendokombinationen mittels der Sequenztaster (vor und rückwärts) zu schalten.<br />

Bei Ausschalten dieser Funktion wird die zuletzt betätigte Handregistereinstellung in<br />

Funktion gebracht.<br />

<strong>Die</strong> Setzeranlage mit über 4900 Kombinationen ist über Sequenzer vor und rückwärts an<br />

mehreren Stellen schaltbar. <strong>Die</strong> eigentliche Setzfunktion ist über Schalter (0 bis 9 u.a.) neben<br />

dem I.Manual möglich. Sperrfunktionen mit Codezahlen u.a. sind in der Setzeranlage integriert.<br />

- 23 -<br />

SPIELTISCH<br />

Ansichten


<strong>Orgel</strong>gehäuse<br />

Das denkmalgeschützte <strong>Orgel</strong>gehäuse von 1906 wurde in der Kirche überarbeitet. Für eine<br />

bessere Geräumigkeit (Service, Ansprache der Pfeifen) wurde das komplette Gehäuse um 50<br />

cm nach vorne gerückt. <strong>Die</strong> fehlenden Seitenteile wurden stilistisch dem Vorhandenen angepasst.<br />

Schwellkasten<br />

<strong>Die</strong> Gehäusefront wurde durch einen<br />

Blindrahmen aus Leimbindern versteift. <strong>Die</strong><br />

großen Fugen zwischen einigen Gehäuseteilen<br />

wurden mit Massivholzleisten geschlossen. Alle<br />

Gehäusefüllungen wurden auf Beschädigungen<br />

überprüft und entsprechend tischlermäßig<br />

überarbeitet. <strong>Die</strong> veralteten Schlösser wurden<br />

er<strong>neue</strong>rt.<br />

Eine zusätzliche Holzwand aus ca. 27 mm<br />

starken Naturholzplatten wurde als Rückwand<br />

gegenüber der Emporenwand montiert. Dabei<br />

wurde die nötige Luftzirkulation berücksichtigt,<br />

d.h. zwischen Holz- und Emporenwand wurde<br />

ein ca. 5 cm Freiraum belassen.<br />

Für das Gerüstwerk zum Lagern der Windladen<br />

wurde eine stabile Holzkonstruktion mit Stützen<br />

und Traversen aus massivem Fichtenholz<br />

gefertigt.<br />

<strong>Die</strong> waagrecht liegenden Jalousien, die Seitenteile, und die<br />

Rückwand, wurden aus 3 x 19 mm Massivholzplatten gefertigt. <strong>Die</strong><br />

weichen Gummileisten zwischen den Jalousien dichten in mehreren<br />

Schichten ab.<br />

Der Dachschweller wird mechanisch betätigt. <strong>Die</strong> Frontlamellen<br />

werden über einen Getriebemotor geöffnet bzw. geschlossen. Dadurch<br />

ist es möglich, dass der Dachschweller etwa 10-15 mm zuerst öffnet<br />

und danach die Front in Funktion gebracht wird.<br />

- 24 -


ORGELANLAGE<br />

Schnitt von vorne durch das<br />

Schwell- und Pedalwerk<br />

- 25 -


Schnitt von oben durch das Pfeifenwerk<br />

- 26 -


CONTRABASS 16 Detailzeichnung sowie Angaben<br />

- 27 -


aus der wissenschaftlichen Abschlussarbeit im Rahmen des Studiums der Katholischen Kirchenmusik<br />

zur Erlangung des akademischen Grades Magister artium<br />

ORGELNEUBAUTEN in<br />

HISTORISCHEN GEHÄUSEN<br />

Tobias Chizzali<br />

<strong>Die</strong> Rieger-<strong>Orgel</strong> von 1907<br />

<strong>Die</strong> Klosterkirche „Zum heiligsten Herzen Jesu“ der <strong>Die</strong>nerinnen des heiligsten Herzens Jesu<br />

in Wien wurde von 1903 bis 1906 im neuromanischen Stil erbaut. Ein Jahr nach der Erbauung<br />

gab man der Firma Otto Rieger1 aus Jägerndorf (Schlesien) den Auftrag zum Bau einer <strong>neue</strong>n<br />

<strong>Orgel</strong>. Rieger errichtete noch im selben Jahr sein op. 1499, eine pneumatische Kegelladenorgel<br />

mit pneumatischer Registertraktur, 28 Registern, zwei Manualen und Pedal, ganz dem<br />

Zeitgeschmack entsprechend.<br />

Disposition der Rieger-<strong>Orgel</strong> (1907) 2<br />

Hauptwerk<br />

C – g’’’(56 Töne)<br />

Schwellwerk<br />

C – g’’’(56 Töne)<br />

- 28 -<br />

Pedal<br />

C – f (30 Töne)<br />

Bourdun 16’ Liebl. Gedeckt 16’ Contrabass 16’<br />

Prinzipal 8’ Geigenprinzipal 8’ Violon 16’ *)<br />

Gemshorn 8’ Flûte harmonique 8’ Harmonicabass 16’ *)<br />

Hohlflöte 8’ Aeoline 8’ Subbass 16’<br />

Gedeckt 8’ Vox celestis 8’ Octavbass 8’<br />

Salicional 8’ Gamba 8’ Cello 8’ *)<br />

Fugara 8’ Gemshorn 4’ Posaune 16’<br />

Octave 4’ Flûte douce 4’<br />

Rohrflöte 4’ Harmon. aeth. 4f. 2 2 /3’ *) Transmission<br />

Cornett 3-5f. 2 2 /3’ Koppeln<br />

Mixtur 4f. 2 2 /3’ Schwellwerk-Hauptwerk<br />

Trompete 8’ Hauptwerk-Pedal<br />

Schwellwerk-Pedal<br />

Schwellwerk-4’-Hauptwerk<br />

Schwellwerk-16’-Hauptwerk<br />

1<br />

<strong>Die</strong> <strong>Orgel</strong>baufirma „Rieger“ wurde 1845 in Jägerndorf (Schlesien) unter Franz Rieger (1812-1886) gegründet.<br />

1873 übernahmen die Söhne Otto Rieger sen. (1847-1903) und Gustav (1848-1905) als „Gebr. Rieger/Jägerndorf“<br />

den Betrieb. Ab 1905 führte Otto Rieger jun. (1880-1920) das Firmenunternehmen. Josef v.<br />

Glatter-Götz sen. (1880-1948) kaufte 1924 nach dem Tod Otto Riegers (kinderlos) die Werkstätte. Dipl. Ing.<br />

Josef v. Glatter-Götz jun. wanderte nach der Staatsenteignung der Firma seines Vaters mit einigen Mitarbeitern<br />

nach Vorarlberg aus und gründete dort die <strong>neue</strong> Werkstätte „Rieger-<strong>Orgel</strong>bau“/Schwarzach. Seit 1984 führen<br />

die Söhne Caspar, Christoph und Raimund Glatter-Götz die Firma weiter.<br />

2<br />

<strong>Die</strong> Disposition der Rieger-<strong>Orgel</strong> übertragen aus der Werkstattkartei der Firma Kauffmann im Archiv der Gesellschaft<br />

der Musikfreunde Wien.


Eine neuromanische Frontfassade, welche nur die Prospektpfeifen umrahmt, war in dieser<br />

Zeit nicht selten anzutreffen. Das Gehäuse, bestehend aus Vorderfront und zwei Seitenwänden,<br />

umschließt die <strong>Orgel</strong> nicht und verliert somit die Eigenschaft als Resonanzkörper. <strong>Die</strong>s<br />

war ein Vorläufer des Freipfeifenprospekts und bis zum endgültigen Verschwinden der Fassade<br />

eine Zeit lang anzutreffen. Der Spieltisch befindet sich wie bei vielen pneumatischen<br />

Instrumenten freistehend in Blickrichtung zum Altar. Er ist bis auf die überlappenden Manualtasten<br />

(Untertasten weiß, Obertasten schwarz) und die Registerwippen original von Rieger<br />

erhalten. So sind u.a. zwei Zungenabsteller, eine freie Kombination, vier Kollektivdrücker (p,<br />

mf, f, T), ein Schwelltritt, ein Crescendotritt und das Pedal mit geraden Mensuren original<br />

erhalten (Abb. 71/72).<br />

Architektonische Beschreibung des Gehäuses<br />

Bei dem neoromanisch gestalteten Gehäuse ragt das Untergehäuse mit einer 30 cm hohen<br />

Sockelblende am Bodenrand bis auf Kopfhöhe (185 cm) zum abschließenden Gesims. Der<br />

<strong>Orgel</strong>stuhl, wie auch der Rest des Gehäuses, ist aus Fichtenholz – Eiche imitierend bemalt –<br />

und ist mit 16 Rahmenfüllungen in der Vorderfront und jeweils vier in den Seitenwänden versehen.<br />

Dabei ist der Abschnitt unter dem Mittelturm mit einer Steckfüllung (versehen mit<br />

zwei Rahmenfüllungen) und an den Seitenwänden mit je einer Tür für den Zugang ins <strong>Orgel</strong>innere<br />

konstruiert. Im Bereich des Untergehäuses befinden sich für die zwei Außentürme<br />

zwei vorkragende Konsolen (Abb. 70). Das abschließende Gesims über der gesamten Breite<br />

der <strong>Orgel</strong> des Unterbaus leitet mit geringfügigen Verkröpfungen zum Obergehäuse über. <strong>Die</strong>se<br />

so genannte Prospektzone besteht aus einem leicht erhöhten Mittelturm, davon links und<br />

rechts aus je zwei niedrigeren gleichartigen Verbindungsfeldern und jeweils seitlich abschließend<br />

aus einem siebenachsigen symmetrischen Außenturm. Ein Außenturm fasst 21 Prospektpfeifen<br />

(Nr. 1-21, 65-85) die in sieben Felder mit je drei Pfeifen aufgeteilt sind. <strong>Die</strong> äußeren<br />

schmalen Seitenfelder der Türme sind in etwa so hoch wie das Mittelfeld. Dazwischen<br />

befindet sich ein vorkragender fünfseitiger, schmaler, hoher Turm (Architektur: sog. 3/8-<br />

Turm) mit einem kuppelartigen Abschluss. Der Mittelturm schließt hingegen mit einem Giebeldach<br />

und einem bekrönenden Kreuz und fasst sieben Pfeifen (Nr. 40-46) mit einem Vförmigen<br />

Verlauf der Labienlinie. <strong>Die</strong> vier Verbindungsfelder schließen jeweils neun Pfeifen<br />

(Nr. 22-30, 31-39, 47-55, 56-64) mit konstanter Pfeifenfußlänge – wie auch bei den Pfeifen in<br />

den Seitentürmen – ein. Alle Prospektpfeifen waren aus Zink und durchgehend mit Rundlabien<br />

in ausschließlich flachen Pfeifenfeldern aufgestellt. <strong>Die</strong> Felder sind durch Rundpfeiler<br />

mit Kapitälen (Abb. 69) getrennt und schließen, mit Ausnahme der Verbindungsfelder, mit<br />

Rundbögen oben ab. <strong>Die</strong>se vier Felder sind mit unten offenen Dreipässen verbunden (Abb.<br />

67). Das helle Holz ist im Bereich der Prospektzone mit dezentem goldenem Zierrat versehen.<br />

<strong>Die</strong> detaillierte Aufstellung der Prospektpfeifen nach Rieger/Kauffmann geht aus Abbildung<br />

58 auf Seite 96 hervor.<br />

- 29 -


Veränderungen an der Rieger-<strong>Orgel</strong><br />

Im Ersten Weltkrieg wurden die Prospektpfeifen an die Rüstungsindustrie abgeliefert und<br />

1918 von einem nicht nachweisbaren <strong>Orgel</strong>bauer ersetzt. Im Jahre 1923 betreute der <strong>Orgel</strong>bauer<br />

Johann Marcellinus Kauffmann 3 aus Wien das Instrument. Er ersetzte 1965 das Gebläse,<br />

setzte im Jahre 1927 achtunddreißig <strong>neue</strong> Prospektpfeifen ein und änderte 1966 die Disposition.<br />

Hauptwerk<br />

C – g’’’(56 Töne)<br />

Disposition der Rieger/Kauffmann-<strong>Orgel</strong> (1966) 4<br />

Schwellwerk<br />

C – g’’’(56 Töne)<br />

- 30 -<br />

Pedal<br />

C – f (30 Töne)<br />

Prinzipal 8’ Geigenprinzipal 8’ Contrabass 16’<br />

Gemshorn 8’ Flûte harmonique 8’ Violon 16’<br />

Hohlflöte 8’ Aeoline 8’ Subbass 16’<br />

Gedeckt 8’ Vox celestis 8’ Octavbass 8’<br />

Salicional 8’ Praestant 4’ Gedackt 8’<br />

Fugara 8’ Flûte douce 4’ Choralbaß 4’<br />

Octave 4’ Quinte 2 2 /3’ Posaune 16’<br />

Rohrflöte 4’ Gemshorn 2’<br />

Superoktave 2’ Harmon. aeth. 4f. 2 2 /3’***) Koppeln<br />

Cornett 3-5f. 2 2 /3’ *) Schwellwerk-Hauptwerk<br />

Mixtur 4f. 2 2 /3’ **) Hauptwerk-Pedal<br />

Trompete 8’ Schwellwerk-Pedal<br />

*) Cornett 3-5f. **) Mixtur 4f. ***) Harmon. aeth. 4f.<br />

C 3f. 2 2 /3’ C 2 2 /3’ C 2 2 /3’<br />

C 4f. 4’ f’’ 4’ f’’ 4’<br />

c’ 5f. 8’ c’’’ 5 1 /3’<br />

Im Hauptwerk wurde der Bourdon 16’ mit einer Superoktave 2’ ausgetauscht, ebenso ersetzte<br />

man das Liebl. Gedeckt 16’ im Schwellwerk durch eine Quinte 2 2 /3’.<br />

<strong>Die</strong> Tendenz, obertonreichere Klangfarben einzubringen – bis hin zur neobarocken <strong>Orgel</strong> –<br />

macht sich in dieser Zeit grundsätzlich bemerkbar. <strong>Die</strong> Gambe 8’ wurde zum Praestant 4’, das<br />

Gemshorn 4’ zum 2’, und ein 4’-Register ersetzte den Harmonicabass 16’ im Pedalwerk.<br />

3 <strong>Die</strong> Firma Kauffmann wurde 1877 von Johann Marcellinus Kauf(f)mann (1849-1906) gegründet (Namensschreibung<br />

zunächst mit einfachem „f“, ab der zweiten Generation mit Doppel-„f“). <strong>Die</strong> Werkstätte wurde von<br />

folgenden <strong>Orgel</strong>baumeistern übernommen: Johann M. Kauffmann II. (1883-1953), Johann M. Kauffmann III.<br />

(1910-1965) und Hans Heinz Kauffmann IV. (1937-1995). Nach des letzteren Tod wurde die Firma aufgelöst.<br />

4 <strong>Die</strong> Bezeichnungen der Register in der Orthografie der Wippenbeschriftung bis 2005.


Ab 1980 übernahm die <strong>Orgel</strong>baufirma Adolf Donabaum 5 die Betreuung und ersetzte im selben<br />

Jahr die pneumatische durch eine mechanische Spieltraktur sowie die pneumatische Registertraktur<br />

durch elektrisch gesteuerte Schleifladen (Schleifenzugmotoren). Zudem wechselte<br />

er die Manualtasten (Obertasten weiß, Untertasten schwarz) und Registerwippen aus.<br />

Ohne wesentliche Veränderungen betreuten in Folge Herbert Gollini 6 und zuletzt Achim<br />

Reichmann 7 das Instrument.<br />

Werkanordnung und Pfeifenaufstellung der Rieger/Kauffmann-<strong>Orgel</strong><br />

<strong>Die</strong> Werkanordnung im <strong>Orgel</strong>inneren nach Rieger wurde von allen betreuenden <strong>Orgel</strong>baufirmen<br />

belassen. Hinter der Prospektfassade, welche nicht in Werke gegliedert ist, stand auf der<br />

rechten Seite das Hauptwerk auf zwei Windladen aufgeteilt: der Prinzipalchor mit dem Gedeckt<br />

und dem Gemshorn auf der vorderen und der Flötenchor mit der Trompete, der Fugara<br />

und dem Salizional auf der hinteren Lade. In der Mitte befand sich das Schwellwerk, das im<br />

Ausmaß ungefähr der Breite der mittleren drei Prospektfelder entsprach. <strong>Die</strong> Pfeifen wurden<br />

im Gegensatz zum Haupt- und Pedalwerk, bei denen sie der Breite entlang aufgestellt waren<br />

und in ihrer Länge zur Mitte hin abfielen, der Tiefe nach mit dem Längenabfall nach vorn (in<br />

Richtung Altar) aufgestellt. Rechts war auch das Pedal auf zwei Windladen aufgeteilt. <strong>Die</strong><br />

Labialstimmen mit Ausnahme des Contrabasses, der sich mit der Posaune auf der hinteren<br />

Lade befand, standen auf der vorderen Lade. (Ladenverteilung vor Umbau Donabaum nicht<br />

nachweisbar)<br />

Im Prospekt befanden sich lediglich Pfeifen der 8’-Prinzipalregister vom Haupt- und Pedalwerk.<br />

So war die gesamte linke (epistelseitige) Front bis zum Mittelturm mit Pfeifen vom<br />

Prinzipal 8’ (Nr. 2, 5, 7-15, 17, 19-33, 36-39) aus dem Hauptwerk und die ganze rechte (Evangelien-)Seite,<br />

der inneren Werkanordnung nach, mit dem Octavbass 8’ (Nr. 48, 49, 52-54,<br />

58-63, 65-67, 69, 71-79, 81, 84) versehen. Der Mittelturm bestand ausschließlich aus stummen<br />

Pfeifen (Nr. 40-47) da sich gleich dahinter das Schwellwerk befand. Rund ein Drittel (28<br />

von 85 Pfeifen) der Prospektpfeifen war nicht klingend. <strong>Die</strong> stummen Pfeifen verteilten sich<br />

auf den gesamten Prospekt (Nr. 1, 3, 4, 6, 16, 18, 34, 35, 40-47, 50, 51, 55-57, 64, 68, 70, 80,<br />

82, 83, 85). <strong>Die</strong> detaillierte Aufstellung der Prospektpfeifen nach Rieger/Kauffmann geht aus<br />

Abbildung 58 hervor.<br />

Alle Pfeifen wurden von der pneumatischen Kegellade hinter dem Gehäuse ausgehend über<br />

Kondukte mit Luft versorgt. <strong>Die</strong> Maße und Proportionen des Gehäuses waren wegen des einfachen<br />

Pfeifenstockes und der flexiblen Schläuche nicht an die Konstruktion der restlichen<br />

<strong>Orgel</strong> gebunden. <strong>Die</strong> Pneumatik ermöglichte dadurch dem <strong>Orgel</strong>bauer nicht nur eine beliebige<br />

Werkanordnung im <strong>Orgel</strong>inneren sondern auch eine unabhängige Gestaltung des Gehäuses.<br />

5<br />

<strong>Die</strong> Werkstätte für <strong>Orgel</strong>bau „Donabaum“ wurde 1968 von Adolf Heinrich Donabaum (1939) nach seiner<br />

Meisterprüfung in Wien (1030, Hetzgasse 3a, ab 1976: Kolonitzplatz 3) gegründet. Er baute rund 25 <strong>neue</strong> <strong>Orgel</strong>n<br />

und hatte Friedrich Heftner, Ferdinand Salomon und <strong>Die</strong>thard Pemmer als Lehrlinge.<br />

6<br />

Herbert Gollini (*1927) führte von 1971 bis 1998 eine eigene Werkstätte in Wien (1060, Mollardgasse 85a)<br />

mit drei Mitarbeitern und einem Lehrling.<br />

7<br />

Achim Reichmann (*1968) erwarb nach der Gesellenprüfung an der beruflichen Fachschule Ludwigsburg und<br />

Gesellentätigkeit in den Firmen Cartellieri Wittlich/Eifel und Herbert Gollini/Wien 1998 die Werkstätte von<br />

Herbert Gollini. Er gründete dann die Firma Achim Reichmann <strong>Orgel</strong>bau.<br />

- 31 -


Der Neubau durch <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

Im Zuge der Renovierung der Kirche kam die Frage über eine Instandsetzung beziehungsweise<br />

Restaurierung der <strong>Orgel</strong> auf. Nach einer gründlichen Begutachtung und Mängelerhebung<br />

des Instrumentes durch Dr. Wolfgang Reisinger 8 , Dr. Karl Schütz 9 und Mag. art. Herbert Rotter<br />

10 wurde die Notwendigkeit einer Instandsetzung bestätigt und anschließend bei den <strong>Orgel</strong>baufirmen<br />

Rieger/Schwarzach (siehe Fußnote 42), Wolfgang Bodem, Helmut Kögler und<br />

<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> um Erstellung eines Angebots angesucht. Der letzteren wurde der<br />

Auftrag erteilt (<strong>Die</strong>se 4 Firmen wurden erst zur Anbotslegung eingeladen, nachdem der Entschluss<br />

zum Beubau gefasst worden ist. Für die Restaurierung wurden die Firmen Reichmann,<br />

<strong>Walcker</strong> und Windtner zur Anbotslegung eingeholt).<br />

Aufgrund des damaligen Zustands des Instruments ergaben sich mehrere Möglichkeiten, es zu<br />

er<strong>neue</strong>rn. Herbert Rotter stellte in der Auftragsbeschreibung vom 2. Dezember 2004 zwei<br />

Optionen zur Wahl: zum einen die Instandsetzung unter Beibehaltung der Traktur, der Windladen<br />

und der Disposition, und zum anderen eine Rekonstruktion der ursprünglichen Klanggestalt<br />

nach Rieger von 1907. <strong>Die</strong> großen Mängel, welche im Gutachten der Auftragsbeschreibung<br />

aufgelistet sind, machten zumindest eine Restaurierung beziehungsweise Instandsetzung<br />

unumgänglich. Eine Rekonstruktion der ursprünglichen Rieger-<strong>Orgel</strong> hätte angesichts<br />

des Zustands des Werkes den finanziellen Rahmen gesprengt und kam deshalb nicht in Frage.<br />

Aber auch die Instandsetzung der gegenwärtigen <strong>Orgel</strong> kam aus Kostengründen und aus der<br />

Überlegung eines eventuellen Neubaus heraus (dessen Kosten einer Restaurierung in etwa<br />

gleich kämen) nicht in Frage.<br />

Aufgrund der gravierenden Veränderungen von Kauffmann und Donabaum beurteilte das<br />

Bundesdenkmalamt (BDA) die Klangsubstanz offiziell als nicht denkmalwürdig. Das war ein<br />

weiteres Argument, das schließlich zur Entscheidung für einen Neubau führte. Beim Neubau<br />

sollten nun das Hauptgehäuse (ohne Dach und Rückwand) und das Spieltischgehäuse erhalten<br />

bleiben. Sie hätten laut Denkmalamt historischen Wert, müssten also restauriert werden und<br />

dem Neubau als Vorgabe dienen. Da sich jedoch laut <strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> die <strong>neue</strong> Spielanlage<br />

nur schwer in das alte Spieltischgehäuse einpassen ließ, wurde dieses mit der restlichen<br />

alten aber noch funktionsfähigen Rieger-<strong>Orgel</strong> von der Firma <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> ins Ausland<br />

verkauft.<br />

Ausarbeitung einer Disposition<br />

Es wurde nun die Disposition in Anlehnung an die alte spätromantische Rieger-<strong>Orgel</strong> erstellt.<br />

Trotzdem sind Einflüsse der <strong>Orgel</strong>bewegung sichtbar (z.B. die vollständige Prinzipalreihe bis<br />

zur Mixtur sowie des Weitchores im Schwellwerk, der französische Einfluss im Sinne einer<br />

Universalorgel).<br />

8 Dr. Wolfgang Reisinger, Kirchenmusikreferent in Wien seit 1990<br />

9 Prof. Dr. Karl Schütz, <strong>Orgel</strong>sachverständiger des Bundesdenkmalamtes (BDA)<br />

10 Mag. art. Herbert Rotter, Chorleiter und Organist in der Klosterkirche „Zum heiligsten Herzen Jesu“ in Wien.<br />

- 32 -


<strong>Die</strong> entstandene Disposition hat sich dadurch von einer spätromantischen Disposition im Sinne<br />

der alten Rieger-<strong>Orgel</strong> weit entfernt und weist typische Merkmale einer möglichst „universellen“<br />

Disposition des 20. Jahrhunderts 11 (zweite Hälfte).<br />

Folgende Disposition wurde im Jänner 2005 für den Neubau festgelegt:<br />

Hauptwerk<br />

C – g’’’(56 Töne)<br />

Disposition der <strong>Walcker</strong> <strong>Orgel</strong><br />

Schwellwerk<br />

C – g’’’(56 Töne)<br />

- 33 -<br />

Pedal<br />

C – f (30 Töne)<br />

Bordun 16’ Liebl. Gedackt 16’ Contrabass 16’<br />

Principal 8’ Geigenprincipal 8’ Subbass 16’<br />

Hohlflöte 8’ Gedackt 8’ Liebl. Gedackt 16’<br />

Gamba 8’ Salicional 8’ Octavbass 8’<br />

Octav 4’ Vox coelestis 8’ Gedackt 8’<br />

Rohrflöte 4’ Fugara 8’ Cello 8’<br />

Quint 2 2 /3’ Holzflöte 4’ Octav 4’<br />

Octav 2’ Nasat 2 2 /3’ Posaune 16’<br />

Mixtur 2 2 /3’ Waldflöte 2’<br />

Trompete 8’ Terzflöte 1 1 /3’ Koppeln<br />

Progressio 2’ Schwellwerk-Hauptwerk<br />

Oboe 8’ Hauptwerk-Pedal<br />

Tremolo Schwellwerk-Pedal<br />

Während also die hohen, obertonreicheren Register von 1966 beibehalten und sogar um einige<br />

ergänzt wurden (Octav 2’, Quint 2 2 /3’ im Hauptwerk, Waldflöte 2’, Nasat 2 2 /3’ im<br />

Schwellwerk, Octav 4’ im Pedal), reicherte man auch wieder Grundstimmen an (z.B. zwei<br />

16’-Register im Haupt- und Schwellwerk). Somit wurde das Werk der historischen Rieger-<br />

Disposition angenähert, aber vor allem auch der derzeitigen Forderung nach einer universellen,<br />

möglichst verschiedenfarbigen Disposition entsprechend ausgearbeitet.<br />

11 Nach dem Klangideal der deutschen <strong>Orgel</strong>bewegung, das sich besonders an den norddeutschen <strong>Orgel</strong>n des<br />

Frühbarocks orientiert hatte, zeigt sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts ein Umschwung im Klangempfinden.<br />

So werden viele Eigenschaften des oft scharfen norddeutsch-barocken <strong>Orgel</strong>klangs mit einer wärmeren, romantischen<br />

Klangvorstellung in einem Instrument verbunden. <strong>Die</strong> umgekehrte Vorgehensweise, das Anreichern<br />

einer romantischen Disposition mit obertonreichen Registern, ergibt dasselbe Ergebnis (<strong>Orgel</strong> in der Kirche<br />

„Zum heiligsten Herzen Jesu“ Wien). Dadurch ergibt sich eine Fülle von Dispositions- und Klangmöglichkeiten,<br />

die viele frühere Dispositionsgrundsätze in Frage stellen.


Werkanordnung und Pfeifenaufstellung auf der zu berücksichtigenden<br />

Ausgangsbasis<br />

Im Gegensatz zu den <strong>Orgel</strong>n aus der Zeit vor der Romantik, sind die meisten Instrumente des<br />

19. und frühen 20. Jahrhunderts nicht nach dem Werkprinzip 12 erbaut worden. Das Werkprinzip<br />

wurde nun bei den romantischen Instrumenten dieser Art zugunsten einer rein dynamischen<br />

Abstufung der Manualwerke aufgegeben. <strong>Die</strong> Manuale besaßen unterschiedliche Stärkegrade<br />

(ff, mf, p), die Nebenmanuale hatten oft keine Klangkrone. Ihr Dispositionsaufbau<br />

sollte keinen Kontrast der Registergruppen wie im Barock sondern eine orchestrale Klangwirkung<br />

erzielen. Wie in den Nebenwerken zeigte sich dies auch im Hauptwerk mit einem<br />

hohen Anteil der 16’ und 8’-Register.<br />

<strong>Die</strong> <strong>neue</strong>n Erkenntnisse und Entdeckungen der deutschen <strong>Orgel</strong>bewegung und der zahlreichen<br />

orgelhistorischen Forschungen ab 1925 beeinflussen noch heute sehr stark den <strong>Orgel</strong>bau.<br />

Man erkannte unter anderem die Besonderheit der alten klassischen <strong>Orgel</strong>disposition mit<br />

ihrer Werkaufteilung (Werkprinzip) und bestätigte wissenschaftlich und praktisch deren Richtigkeit.<br />

So gilt das Werkprinzip auch heute noch als sehr wichtig für eine gute <strong>Orgel</strong>. <strong>Die</strong><br />

Klangprinzipien der Norddeutschen Barockorgel, ausgehend von der Schnitger-<strong>Orgel</strong> in St.<br />

Jakobi in Hamburg, wurden damals neu entdeckt. <strong>Die</strong> <strong>Orgel</strong>bewegung setzte sich für diesen<br />

Klangstil, der zu fast allen Eigenschaften der spätromantischen <strong>Orgel</strong> im Gegensatz stand,<br />

ein.<br />

Von dem Gedanken eines historischen Nachbaus oder einer Rekonstruktion der Rieger-<strong>Orgel</strong><br />

abgekommen, soll nun im Neubau der Prospekt nach Möglichkeit in Werke gegliedert werden,<br />

auch wenn das Gehäuse nicht nach einem werkgegliederten Schema konstruiert wurde.<br />

Das heißt, die Pfeifen sollen im Prospekt nach einer <strong>neue</strong>n inneren Werkanlage geordnet werden,<br />

wodurch sich raumakustische und klangtechnische Vorteile ergeben sollten.<br />

Da das gesamte Instrument von Rieger (außer dem Gehäuse) entfernt und andernorts wieder<br />

aufgestellt wurde (4.4.), konnte man nun beim Neubau die akustischen 13 und bautechnischen<br />

14 Nachteile der alten Werkanordnung durch eine <strong>neue</strong> Anlage umgehen. Unter Berücksichtigung<br />

des denkmalgeschützten Gehäuses, der zur Mitte abfallenden Symmetrie des Gesamtwerkes<br />

und der Forderung einer mechanischen Spielanlage wurde folgende Aufstellung<br />

geplant: Das Pedalwerk befindet sich in C- und Cis-Seite geteilt epistel- und evangelienseitig<br />

hinter den seitlichen Gehäusetürmen, das Hauptwerk hinter der mittleren Fassadenfront und<br />

das Schwellwerk getrennt durch den Stimmgang hinter dem Hauptwerk.<br />

12 Schon im Mittelalter hatten die <strong>Orgel</strong>n mehrere Manuale, von denen jedes ein Werk mit einem ihm eigentümlichen<br />

Klangcharakter bediente. <strong>Die</strong>se Werkanordnung hat sich aus dem Zusammenwachsen der ursprünglich<br />

mehreren <strong>Orgel</strong>werke, die an verschiedenen Stellen in der Kirche standen, gebildet. Das Werkprinzip beschreibt<br />

den unterschiedlichen Klangaufbau der einzelnen Teilwerke einer <strong>Orgel</strong>. In Nord- und Westdeutschland war das<br />

Werkprinzip während der Barockzeit besonders ausgeprägt. <strong>Die</strong> einzelnen Teilwerke waren oft durch Zwischenwände<br />

im Gesamtgehäuse voneinander getrennt. <strong>Die</strong>se bewusste Trennung der Werke kam sonst seltener<br />

vor. Nur Rückpositive und Echowerke waren natürlich räumlich vom Hauptwerk getrennt.<br />

13 Nach den heutigen Kriterien für einen <strong>Orgel</strong>neubau sollen die Werke wieder nach dem Werkprinzip in akustisch<br />

sinnvoller und für das Ohr räumlich fassbarer Anordnung angelegt werden. Demnach entspricht die Anordnung<br />

der Werke nach Rieger nicht dem heutigen Ideal.<br />

14 Da Adolf Donabaum die elektro-pneumatische Spieltraktur von Rieger durch eine mechanische Spieltraktur<br />

ersetzte und dabei die Werkanordnung beließ, traten wegen komplizierter Abstraktenführungen, übermäßig viele<br />

Hebel- und Winkelübersetzungen, häufig Funktionsstörungen auf.<br />

- 34 -


Der Prospekt wird demnach, im Gegensatz zur alten zweigeteilten Front (Hauptwerk, Principal<br />

8’ – Pedal, Octavbass 8’), in drei Bereiche gegliedert. <strong>Die</strong> Teilung der Windladen des<br />

Pedals (und auch der anderen Werke) in C- und Cis-Seite schafft nicht nur eine ästhetische<br />

Symmetrie in der Anlage, sondern gewährleistet eine optimale – in der Breite aufgefächerte –<br />

Klangabstrahlung in den Kirchenraum. Vor allem durch die seitlichen Pedaltürme wird die<br />

Klangentwicklung des Hauptwerkes begünstigt: Von den tiefen, grundtönigen Pedalregistern<br />

eingebettet wird der Klang für den weiten Raum fokussiert. Außerdem wurde das gesamte<br />

Gehäuse um 50 cm nach vorne verschoben und damit zusätzlich Raum und Abstand zur Kirchenwand<br />

gewonnen. <strong>Die</strong> fehlenden Seitenteile am Gehäuse wurden ergänzt. Ersetzt wurde<br />

lediglich die schlecht isolierende Rückwand des Gehäuses. <strong>Die</strong> <strong>neue</strong> steht nun in einem Abstand<br />

von fünf bis sieben cm entfernt von der Mauer.<br />

Der Prospekt soll nun mit möglichst vielen klingenden Pfeifen ausgestattet werden. Im Normalfall<br />

verwendet man dafür die Prinzipalbasis des jeweiligen Werkes. Da aber schon bei der<br />

Konstruktion des Gehäuses durch Rieger wenig Rücksicht auf die Reallängen der Basisregister<br />

und somit auf einen möglichst klingenden Prospekt genommen wurde (Gehäuse zu niedrig),<br />

ist es für den Neubau erforderlich, Pfeifen aus anderen Registern in den Prospekt zu stellen.<br />

Dazu nahm man höher liegende Register der Prinzipalfamilie, wie die Octav 4’ (Nr. 1-4,<br />

10, 72, 74, 80-83) aus dem Pedal oder jene aus dem Hauptwerk (Nr. 26-30, 40-44, 54-58).<br />

<strong>Die</strong>se stehen nun neben der Prinzipalbasis des Hauptwerks (Nr. 13-18, 35-39, 45-49, 66-71 –<br />

Principal 8’) und des Pedals (Nr. 5-9, 11, 19-21, 63-65, 73, 75-79 – Octavbass 8’) im Prospekt.<br />

<strong>Die</strong> jeweils fünf tiefsten Pfeifen (Nr. 85, 86, 96-98 u. 91-95) dieser beiden Register sowie<br />

die sieben höchsten Töne des Octavbass 8’ (Nr. 87-90, 99-101) sind wegen ihrer Größe<br />

hinter der Fassade beziehungsweise in den beiden Seitentürmen aufgestellt.<br />

<strong>Die</strong> fünf tiefsten Pfeifen (Nr. 40-44) der Oktav 4’ aus dem Hauptwerk befinden sich im Mittelturm.<br />

<strong>Die</strong>ser beinhaltete vorher sieben blinde Pfeifen, bei denen die Mensuren nach dem<br />

Platz gewählt werden konnten. Da die klingenden Pfeifen größere Mensuren benötigen, finden<br />

von ihnen im Mittelturm jedoch nur fünf Platz.<br />

Obwohl sich die Positionierung der Prospektpfeifen an der inneren Werkanordnung orientieren<br />

sollte, ging man bei der Aufstellung der größten Pfeifen des Principal 8’ (Nr. 13-18, 66-<br />

71) vom Hauptwerk wegen der geringen Höhe des Mittelturms und der Mittelfelder einen<br />

weiteren Kompromiss ein. <strong>Die</strong> zu langen Pfeifen der großen Oktave sollen deshalb in die beiden<br />

Seitentürme (Cis- und C-Seite) ausweichen, und zwar in den zur Mitte abstrahlenden Bereich.<br />

Eine Ausnahme bilden die fünf tiefsten Töne (Nr. 91, 92, 84-86), die nicht sichtbar hinter<br />

der Fassade stehen (siehe oben). Auf diese Weise wurde die Idee, die Fassade genau nach<br />

der inneren Werkanordnung zu gliedern, zu Gunsten eines mehrheitlich klingenden Prospekts<br />

und der somit besseren Klangpräsenz aufgegeben. Damit nähert man sich aber auch wieder<br />

der ursprünglichen Funktion dieses Gehäusetyps, als Fassade eines spätromantischen Instrumentes<br />

mit einer einheitlichen Klanggestalt ohne räumliche oder klangfarbliche Werkgliederung.<br />

<strong>Die</strong> detaillierte Aufstellung der Prospektpfeifen nach <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> geht aus Abbildung<br />

60 hervor.<br />

- 35 -


Windversorgung<br />

Das Gehäuse soll nun beim Neubau möglichst wenig verändert werden. Deshalb ist eine rein<br />

mechanische Verbindung von der Taste zur im Gehäuse platzierten Windlade der Prospektpfeifen<br />

ungünstig, da die Fassade für den notwendigen Platz der mechanischen Traktur verändert<br />

werden müsste. <strong>Die</strong> Firma <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> entschied sich aufgrund dieser Problematik<br />

für eine elektrische Verbindung für fast alle Prospektpfeifen. Im Bereich der beweglichen<br />

Abstrakten – von der Taste bis unterhalb des Ventils – gibt eine Lichtschranke das Signal<br />

einem elektromagnetisch betätigten Ventil im Prospektpfeifenstock weiter ( Abb. 77). <strong>Die</strong>se<br />

Lösung ermöglicht nicht nur, das Originalgehäuse weitgehend zu belassen, die Prospektpfeifen<br />

können dadurch auch beliebig im Prospekt positioniert werden.<br />

Im Gegensatz zu diesen Prospektpfeifen, die durch Einzelmagnete aktiviert werden, stehen 20<br />

Pfeifen der Octav 4’ (Nr. 26-30, 35-39, 45-49, 54-58) des Hauptwerks auf einem Verfrässtock.<br />

Dabei werden die Pfeifen im Gehäuse über einen verfrästen Holzkanal von der Windlade<br />

dieses Registers zum Pfeifenstock im Gehäuse mit Luft versorgt. Um die restlichen Pfeifen<br />

(Nr. 22-25, 31-34, 50-53, 59-62) der beiden Verbindungsfelder über den Verfrässtock mit<br />

Luft zu versorgen, hätte dieser sehr aufwendig und kompliziert konstruiert werden müssen.<br />

Da diese Pfeifen und deren Pfeifenstock aber sogar für elektromagnetische Ventile zu klein<br />

sind, werden sie vom <strong>Orgel</strong>bauer als blinde Pfeifen konzipiert.<br />

Für die primäre Windversorgung wird ein Elektromotor (Laukhuff, Schleudergebläse – Langsamläufer<br />

mit 1450 U/min), der zwei Schwimmerbälge (Zentral- und Pedalbalg) mit Luft versorgt,<br />

verwendet. Er befindet sich außerhalb des Gehäuses, auf Bodenebene rechts neben dem<br />

Instrument. <strong>Die</strong> beiden Bälge sind dem Grundriss des Schwellwerkes entsprechend genau<br />

unter dem Schwellkasten positioniert. Der Hauptbalg, der die Windmenge und die Unruhe des<br />

Motors reguliert, hat einen Druck von ca. 130 mm und versorgt den Pedalschwimmerbalg, das<br />

Hauptwerk und das Schwellwerk. In den Windladen des Pedals ist daher ein Druck von 95<br />

mm, in den Schwellwerkladen 85 mm und in denen des Hauptwerks ein Luftdruck von 80<br />

mm. Alle Windladen sind auf ihrer Unterseite zusätzlich mit Druckausgleichbälgen versehen.<br />

- 36 -


<strong>Die</strong> <strong>Orgel</strong> in Pazardžik<br />

Das Instrument von Otto Rieger aus dem Jahre 1907, das von Kauffmann und Donabaum<br />

stark verändert wurde und das sich in schlechtem aber noch funktionierenden Zustand befand,<br />

wurde von der Firma <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> an das Konzerthaus „Maestro Georgi Atanasov“ in<br />

Pazardžik/Bulgarien verkauft. In Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Architekten namens<br />

Georgi Sarambaliev wurde, ausgehend vom Bestand der Rieger/Kauffmann/Donabaum-<strong>Orgel</strong>,<br />

ein <strong>neue</strong>s Gehäuse konstruiert. Da ein genauer Nachbau der historischen Fassade von 1907<br />

nicht in das architektonische Gesamtbild des Konzertsaals gepasst hätte, entschied man sich –<br />

dem Raum entsprechend – für ein Gehäuse im modernen Stil (Abb. 28). <strong>Die</strong>ses ist in der<br />

Grundgestalt dem historischen Gehäuse ähnlich und genauso wie die alte Fassade mit der<br />

Prospektfront, der Rückwand und den beiden Seitenwänden mit Gitterstäben nach oben offen.<br />

Bei der Übertragung der <strong>Orgel</strong> nach Pazardžik wurden von der <strong>Orgel</strong>baufirma einige wenige<br />

Veränderungen zur Verbesserung des alten Instrumentes vorgenommen. Das alte Gerüstwerk<br />

wurde er<strong>neue</strong>rt und um 50 cm erhöht, da man das <strong>neue</strong> Untergehäuse der Saalhöhe und dem<br />

Podium der Tribüne anpassten sollte. Folglich mussten alle vertikalen Abstrakten sowie<br />

Windkanäle entsprechend verlängert werden.<br />

Da der von Donabaum installierte Elektromotor (Meidinger, Schleudergebläse – Schnellläufer<br />

mit 2400 U/min) mit 120 mm Winddruck und 14 m 3 Windmenge die <strong>Orgel</strong> nicht mit genügend<br />

Wind versorgte, wurde der Motor mit einem <strong>neue</strong>n (Meidinger, Schleudergebläse –<br />

Langsamläufer mit 1400 U/min, 150 mm Winddruck, 19 m 3 ) ersetzt. Zusätzlich wurden für<br />

einen besseren Druckausgleich die Windladenstoßfänger zu Windregulatoren (regulierende<br />

Schwimmerbälge) umgebaut.<br />

Für die Windversorgung der Prospektpfeifen er<strong>neue</strong>rte man alle alten Kondukte und verlängerte<br />

sie um die Erhöhung des <strong>neue</strong>n Untergehäuses. Alle Prospektpfeifen wurden außerdem<br />

neu lackiert und überlange Pfeifen gekürzt beziehungsweise zu kurze verlängert, sodass sie<br />

den <strong>neue</strong>n Prospekt mit einer Anordnung der Pfeifen in durchwegs symmetrischen Mitra-<br />

Formen schmücken. Der Verlauf der Labiallinien ist dabei wie bei Rieger belassen worden.<br />

<strong>Die</strong> Verlängerung der Pfeifen machte im Vergleich zum Verkürzen am meisten aus, unter<br />

anderem wegen der beiden größten Pfeifen in den Seitentürmen mit 50 cm. Deshalb wurde<br />

jeweils auf die zwei ersten seitlich stehenden Blindpfeifen (Nr. 4, 18, 68, 82) der beiden Türme<br />

verzichtet, die hervorstehende Erkerform verkleinert und das Material dieser Pfeifen für<br />

die Verlängerungen verwendet. Schließlich erweiterte <strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> im Zuge dieser<br />

Transaktion das Schwellwerk der <strong>Orgel</strong> um eine Oboe 8’.<br />

- 37 -


<strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

Johann Eberhard <strong>Walcker</strong> (1756-1843) wurde in Cannstatt (Deutschland) geboren und gründete<br />

dort 1781 die <strong>Orgel</strong>bauwerkstätte „<strong>Walcker</strong>“. Zuvor hatte er eine Lehre beim <strong>Orgel</strong>bauer<br />

Johann Caspar Hoffmann in Cannstatt absolviert und wechselte nach dessen Tod 1772 zur<br />

Firma Johann Georg Fries nach Heilbronn, um sich in Cannstatt selbstständig zu machen.<br />

Nach 42 wirtschaftlich schlechten Jahren ging 1823 die Werkstatt an den Schwiegersohn<br />

Andreas Laukhuff (1789-1871) über, der 1842 die Werkstatt nach Pfedelbach/Baden-<br />

Württemberg und 1878 nach Weikersheim/Baden-Württemberg verlegte.<br />

Johann Eberhards Sohn Eberhard Friedrich <strong>Walcker</strong> (1794-1872) wurde 1808 von seinem<br />

Vater in die Lehre aufgenommen. Als Geselle war er ab 1817 an den Neubauten aktiv beteiligt.<br />

Schon nach drei Jahren machte er sich selbstständig, erwarb 1821 das Bürgerrecht in<br />

Ludwigsburg und gründete dort eine Werkstatt. Nach einigen kleineren Aufträgen erwarb er<br />

im Stuttgarter Raum schnell einen guten Ruf. Es begann ein immenser Aufstieg, der ihm internationale<br />

Aufträge über den süddeutschen Raum hinaus in Europa und Amerika sicherte.<br />

<strong>Die</strong> Herstellung großer <strong>Orgel</strong>n mit bis zu 100 Registern erforderte den Einsatz <strong>neue</strong>r Techniken.<br />

Industrielle Fertigungsmethoden, sorgfältige Planung, Arbeitsteilung und Errichtung<br />

großer Werkräume waren nun erforderlich. Neben der Einführung und Vervollkommnung der<br />

Kegellade ist die hochwertige Ausbildung der Nachwuchskräfte und die vielen sozialpolitischen<br />

Maßnahmen Markenzeichen Eberhard Friedrich <strong>Walcker</strong>s 50jähriger Tätigkeit.<br />

Fünf von seinen zehn Söhnen arbeiteten im Betrieb mit (Abb. 30). Neben Heinrich (1828-<br />

1903), Karl (1845-1908), Paul (1846-1928) und Eberhard (1850-1926) war Friedrich (1829-<br />

1895) die wichtigste Stütze des alternden Vaters und mit Heinrich zusammen Teilhaber der<br />

Firma.<br />

Im Jahre 1885 begann Friedrichs Sohn Oscar (1869-1948) die Lehre im Familienbetrieb.<br />

Nach dem zweijährigen Besuch der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, dem Betriebsbeitritt<br />

1890, der Einstellung als Geschäftsführer 1891 und Teilhaber 1899 übernimmt Oscar das Unternehmen<br />

und wird zum Alleininhaber der Firma <strong>Walcker</strong>. Zudem übernahm er die tief verschuldete<br />

Firma Sauer in Frankfurt/Oder. Mit dem Werksleiter Karl Ruther (1867-1955) an<br />

seiner Seite sanierte er diese Firma und brachte sie wieder auf Erfolgskurs. 1921 erhielt Oscar<br />

für den Bau und die Stiftung der Praetorius-<strong>Orgel</strong> die Ehrendoktorwürde der Universität Freiburg.<br />

Seine besonderen Verdienste wie etwa durch Modernisierungsmaßnahmen, den Aufbau<br />

von weltweiten Geschäftsbeziehungen, als Vorsitzender des <strong>Orgel</strong>verbandes (1920-27) oder<br />

als Ehrenbürger seiner Vaterstadt (Ludwigsburg) machten ihn zu einer markanten Persönlichkeit.<br />

Er war ein bedeutender Vertreter des deutschen <strong>Orgel</strong>baues Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

und mit über 2000 <strong>Orgel</strong>bauten einer der einflussreichsten <strong>Orgel</strong>bauer seiner Zeit.<br />

Nach dem Tode Oscars übernahm sein Enkel Werner <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> (1923-2000) die Firma<br />

<strong>Walcker</strong> und nahm aus Traditionsgründen den Namen <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> als Alleininhaber an.<br />

Er erlernte sein Handwerk in der Werkstatt Sauer in Frankfurt/Oder und legte 1947 die Meisterprüfung<br />

ab. Als Sohn von Oscars ältester Tochter Hildegard <strong>Walcker</strong>, die mit dem Prokuristen<br />

Felix <strong>Mayer</strong> verheiratet war, brachte er das Unternehmen in der Nachkriegszeit mit<br />

Hilfe von vier Zweigbetrieben – in Murrhardt/Baden-Württemberg 1926, Hanweiler/Baden-<br />

Württemberg 1965, Mödling 1956 und Guntramsdorf/Niederösterreich 1961 – auf Wachstumskurs.<br />

Unter seiner Leitung entstanden in diesen deutsch-österreichischen Werkstätten<br />

3000 <strong>Orgel</strong>n. Im Jahre 1974 wurde der Firmensitz von Ludwigsburg nach Murrhardt und<br />

1987 nach Hanweiler verlegt.<br />

- 38 -


Nach und nach übernahmen die vier Söhne Klaus (1949-2005), Gerhard (*1950), <strong>Michael</strong><br />

(*1957) und Helmut (*1960) leitende Funktion im Betrieb. Dabei machte sich Gerhard in<br />

Bliesransbach/Saarland selbstständig, und <strong>Michael</strong> wurde 2000 Nachfolger des Zweigbetriebes<br />

in Guntramsdorf. Im Jahre 1999 musste die <strong>Orgel</strong>baufirma Eberhard Friedrich <strong>Walcker</strong><br />

GmbH & Co nach 220 Jahren aus wirtschaftlichen Gründen ihre Tätigkeit einstellen, der Name<br />

<strong>Walcker</strong> aber lebt in den Werkstätten von Bliesransbach und Guntramsdorf weiter.<br />

Nachdem Werner <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> nach dem 2. Weltkrieg erkannt hatte, dass ein Zweigwerk<br />

vor Ort eine Region besser erfassen lässt, richtete er zuerst in Wien/Mödling und 1961 in<br />

Guntramsdorf eine <strong>Orgel</strong>bauwerkstätte ein. Zunächst wurde sie von Wilhelm Reichhold<br />

(*1946) geleitet und später (2000) von Werners Sohn <strong>Michael</strong> weitergeführt. Wilhelm stand<br />

ihm jedoch bis 2006 zur Seite. Im Gegensatz zu vielen anderen <strong>Orgel</strong>baufirmen in der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts orientierte sich Wilhelm Reichhold sowie auch <strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

bei seinen Neubauten vorwiegend an den Instrumenten der Romantik des 19.<br />

Jahrhunderts, insbesondere an den renommierten <strong>Walcker</strong>-<strong>Orgel</strong>n dieser Zeit. <strong>Michael</strong> <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

will den typischen Klang dieser Instrumente mit ihren grundtönigen Registern<br />

und deren weit mensurierten Pfeifen nicht nur bei den Restaurationsarbeiten erhalten sondern<br />

auch in den Neubauten weiterleben lassen. <strong>Die</strong>s ist in Anbetracht der <strong>Orgel</strong>bewegung für den<br />

<strong>Orgel</strong>bauer eine große Herausforderung:<br />

[...] Mit allmählichem Ende der Wiederaufbauphase kommt es zu einer Neuorientierung der<br />

<strong>Orgel</strong>szene (technisch, klanglich, handwerklich), einhergehend mit einer nachrückenden Jugend,<br />

welche top-ausgebildet plötzlich Vieles anders gewichtet. Ehemalige Tabus werden<br />

hinterfragt, Geächtetes neu entdeckt, es gilt zu reagieren. U.v.a. heißt es Mut zu beweisen,<br />

nebst Etabliertem (Schleifladenbau mit mechanischer Traktur) auch vollgültig mit bis dahin<br />

gar arg verpöntem (Restaurierung pneumatischer <strong>Orgel</strong>n) <strong>neue</strong>s Terrain zu erobern, was<br />

nicht nur Image-Balance erforderte, sondern auch Erarbeitung verlorener Praxis am Pneumatik/Registerkanzellen-Sektor.<br />

Ganz zu schweigen von der Intonation mit ihren Eigengesetzlichkeiten.<br />

Da bedarf es vor allem kompetenter, begeisterungsfähiger Mitarbeiter.[...] 15<br />

15<br />

Guhswald, Wolfgang: <strong>Orgel</strong>bau <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong> in Österreich seit bald einem halben Jahrhundert,<br />

Guntramsdorf 2003<br />

- 39 -


Heinrich<br />

1828-1903<br />

Heinrich II<br />

1901-1946<br />

Klaus<br />

1949-2005<br />

Stammbaum der Familie<br />

<strong>Walcker</strong> / <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

Friedrich<br />

1829-1895<br />

Oscar<br />

1869-1948<br />

Johann Eberhard<br />

1756-1843<br />

Eberhard Friedrich<br />

1794-1872<br />

Karl<br />

1845-1908<br />

Richard<br />

1872-1914<br />

Hildegard <strong>Walcker</strong><br />

& Felix <strong>Mayer</strong><br />

1899-1943<br />

Werner <strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

1923-2000<br />

Gerhard<br />

*1950<br />

<strong>Michael</strong><br />

*1957<br />

Abb.1: Stammbaum der Familie (Firma) <strong>Walcker</strong>/<strong>Walcker</strong>-<strong>Mayer</strong><br />

- 40 -<br />

Paul<br />

1846-1928<br />

Helmut<br />

*1960<br />

Eberhard<br />

1850-1926

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