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PRO ETHIK - Humanistischer Verband Deutschlands

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Jutta Kausch<br />

n Die Initiative Pro Ethik, die sich schon<br />

seit langem für den gemeinsamen Ethikunterricht<br />

einsetzt, machte mobil, suchte<br />

Partner und bildete ein potentes Bündnis,<br />

bestehend aus gesellschaftlichen Organisationen,<br />

Initiativen, Verbänden und Parteien,<br />

um das zu stoppen, was sich Pro Reli vorgenommen<br />

hatte. Wir vom HVD Berlin<br />

waren sehr intensiv dabei, von der ersten<br />

Minute an, in trauter Eintracht mit der<br />

GEW und den Parteien SPD, LINKE und<br />

später auch den GRÜNEN, und mit Religiösen<br />

wie den “Christen Pro Ethik“ oder<br />

der Buddhistischen Gemeinde. Nicht unbedingt<br />

alltäglich, diese Koalition!<br />

Es war eine spannende, aufregende, arbeitsreiche<br />

und solidarische Zeit von Januar<br />

bis Ende April. Und das Gute war: Das<br />

einende Ziel war für alle das Wichtigste,<br />

Einzelinteressen und Eitelkeiten traten in<br />

den Hintergrund: Wir wollten erstens den<br />

gemeinsamen Ethikunterricht erhalten, der<br />

seit drei Jahren ein ordentliches Schulfach in<br />

den Klassen 7 bis 10 ist. Ein wichtiges Fach,<br />

in dem sich alle Schüler zusammen über<br />

Werte, Lebensentwürfe und Weltanschauungsfragen<br />

austauschen und verständigen<br />

müssen! Und zweitens wollten wir die Freiwilligkeit<br />

des Religions- und Lebenskundeunterrichts<br />

sichern.<br />

Gegen die Unwahrheiten („Religion soll<br />

aus den Schulen gedrängt werden!“) und<br />

Schlagworte („Es geht um die Freiheit“) von<br />

Pro Reli, gegen Werbeikonen wie Günter<br />

Jauch und Arne Friedrich mit platten Statements<br />

setzten wir in unserer Kampagne Argumente.<br />

Geld gab es zu Beginn kaum, die Parteien<br />

sahen keine großen Möglichkeiten, weil ja<br />

mehrere Wahlkämpfe ins Haus stehen. Die<br />

Initiativen besaßen außer Men- und Womanpower<br />

wenig finanzielle Ressourcen, und die<br />

Religiösen hatten sich ja gegen ihre Oberen<br />

gestellt, also war da auch kein Geld zu holen.<br />

Trotzdem konnte eine passable Plakatkampagne<br />

gestartet werden, mit gemeinsamem<br />

Logo und im Konsens getroffenen Slogans.<br />

TITEL<br />

Es hat sich gelohnt:<br />

Berlin entschied sich für Ethik<br />

Im Januar war klar: Pro Reli hatte tatsächlich genügend Unterschriften gesammelt, um einen<br />

Volksentscheid durchzuführen, der die Wahlpflicht zwischen Ethik und Religion an der<br />

Berliner Schule durchsetzen sollte. Für die Humanisten in Berlin begann eine mühevolle<br />

Kleinarbeit.<br />

Namhafte Interpreten gaben dem Anliegen von Pro Ethik eine Stimme. Die Folk-Band<br />

Miserlou auf der Kundgebung im Tempodrom<br />

Wöchentliche Sitzungen im Kampagnenrat<br />

oder im Plenum, auf denen Aufgaben<br />

verteilt und Absprachen getroffen wurden,<br />

raubten Zeit und gaben Energie. Ein<br />

Büro und ein funktionierender attraktiver<br />

Internetauftritt bildeten das Fundament,<br />

auf dem die Arbeit gedeihen konnte.<br />

Die einzelnen Gruppen organisierten<br />

Diskussionsveranstaltungen, Streitgespräche,<br />

druckten Flyer und Spuckis und starteten<br />

Umfragen.<br />

Die zwei Hauptaufgaben, die wir vom<br />

HVD in dieser Kampagne übernommen<br />

haben (neben der Dauerpräsenz auf allen<br />

Bündnissitzungen und Lobbyarbeit), waren<br />

die Herstellung einer ausgesprochen charmanten<br />

Werbepostkarte, die 60.000 mal<br />

in Berliner Kneipen und Veranstaltungsorten<br />

in Umlauf gebracht wurde, sowie die<br />

Durchführung einer gut besuchten Veranstaltung<br />

im Tempodrom vier Tage vor der<br />

Wahl.<br />

Lebenskundelehrerinnen verteilten Flyer,<br />

organisierten kreative Infostände, verteilten<br />

über 40.000 Elternbriefe, schrieben Leserbriefe,<br />

informierten auf Lehrerversammlungen<br />

an den Schulen, bezogen in Internet-<br />

Blogs Stellung. Kurz: Wir haben uns eingemischt<br />

und mächtig gekämpft und das war<br />

gut so! Der Erfolg gab uns Recht.<br />

Nur 14 Prozent der Berliner Wähler<br />

stimmten für Pro Reli. Aber was wir nicht<br />

zu träumen gewagt hatten: wir fuhren mehr<br />

NEIN-Stimmen als JA-Stimmen ein!<br />

Die Analysten werden jetzt spekulieren,<br />

erklären, deuten: Wie war das möglich?<br />

Ich glaube, dass Pro Reli einmal zuviel<br />

das Wort „Freiheit“ benutzt hat, um noch<br />

glaubwürdig zu sein. Und quasi den aktiven<br />

Widerspruch mitprovoziert hat. Also Danke<br />

an Pro Reli!<br />

Nein, mal ernsthaft: Danke an alle, die<br />

mitgeholfen haben, zu verhindern, dass<br />

Berlin einen Schritt zurück macht in Richtung<br />

Kirchenstaat. l<br />

Jutta Kausch arbeitet im Lebenskundebereich<br />

der Berliner Humanisten. Sie organisierte die<br />

HVD-Aktionen im Bündnis Pro Ethik.<br />

2/2009 13

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