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PRO ETHIK - Humanistischer Verband Deutschlands

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Leser durch die Welt der umfassenden<br />

Gesundheit, des zeitlos<br />

schönen Körpers, des vollkommenen<br />

Wunschkindes zum selbst bestimmten<br />

Todeszeitpunkt und der<br />

Sterbehilfe. Dabei räumt Wetz auf<br />

mit der Mär vom „schönen Tod“<br />

und plädiert für eine Sozialpflicht<br />

des Körpers als Organ- und Gewebespender.<br />

Klaus Frahm<br />

Wetz, Franz Josef: Baustelle Körper<br />

– Bioethik der Selbstachtung.<br />

– Stuttgart : Klett-Cotta, 2009, –<br />

24,90 Euro<br />

Flechtheim zum Gedenken<br />

Aus Anlass des 100. Geburtstags<br />

von Ossip K. Flechtheim hat der<br />

Berliner Landesverband des HVD<br />

ein Buch herausgebracht, um, wie<br />

es im Vorwort heißt, „den politischen<br />

Wissenschaftler, den unabhängigen<br />

Humanisten und den<br />

unermüdlich sich Engagierenden<br />

zu ehren“. Ehemalige Weggefährten,<br />

Schüler und Kollegen des 1998<br />

verstorbenen Flechtheim erinnern<br />

in ihren Beiträgen an den Menschen,<br />

den Wissenschaftler und<br />

den Vordenker humanistischer Zukunftsvisionen.<br />

Flechtheims Biographie ist eng verwoben<br />

mit der Geschichte des 20.<br />

Jahrhunderts und deren Brüchen.<br />

Der Sohn eines deutsch-jüdischen<br />

Vaters und einer russisch-jüdischen<br />

Mutter begann 1927 Jura zu studieren.<br />

Im selben Jahr trat er aus<br />

der jüdischen Gemeinde aus und<br />

der KPD bei. Mit deren zunehmenden<br />

Linksruck entfremdete er<br />

sich schon bald von der KPD und<br />

arbeitete ab 1930 in der Gruppe<br />

„Neu Beginnen“ mit, die angesichts<br />

des aufkommenden Faschismus<br />

versuchen wollte, die beiden<br />

großen Arbeiterparteien für eine<br />

Zusammenarbeit zu gewinnen.<br />

Nach der Machtübernahme durch<br />

die Nationalsozialisten konnte er<br />

gerade noch promovieren, jedoch<br />

verweigerte sein ursprünglicher<br />

Doktorvater, der bekannte Staatsrechtler<br />

und politische Philosoph<br />

Carl Schmitt in der Folge jede<br />

weitere Zusammenarbeit mit ihm.<br />

1935 geriet Flechtheim mit der gesamten<br />

Gruppe „Neu Beginnen“<br />

ins Visier der Gestapo und musste<br />

Deutschland verlassen. 1946 arbeitete<br />

er für den US-Hauptankläger in<br />

den Nürnberger Nachfolge-Prozessen.<br />

Da die Hochschulkarriere des<br />

erklärten Sozialisten in den USA<br />

in den Jahren der McCarthy-Ära<br />

ins Stocken geriet, entschied sich<br />

Flechtheim 1952 endgültig nach<br />

Deutschland zurückzukehren. Er<br />

ging an die „Deutsche Hochschule<br />

für Politik“, das spätere Otto-Suhr-<br />

Institut der FU Berlin, wo er bis zu<br />

seiner Emeritierung im Jahr 1974<br />

verblieb. Als Parteien- und Kommunismusforscher<br />

machte er von<br />

sich reden und wurde schließlich<br />

zum Begründer der Futorologie in<br />

Deutschland.<br />

Zwischen 1952 und 1962 engagierte<br />

er sich in der SPD, dann im<br />

„Sozialistischen Bund“ und in dem<br />

von ihm mitbegründeten „Republikanischen<br />

Club e. V. Berlin“,<br />

schließlich seit 1980 in der Partei<br />

der Grünen. Als radikaler Demokrat<br />

kritisierte er die Entwicklung<br />

in der Bundesrepublik. Besorgt und<br />

enttäuscht musste er feststellen,<br />

dass alle Hoffnungen darauf, „dass<br />

zumindest eine radikale Reform<br />

aufs Dritte Reich folgen würde, angesichts<br />

der Restauration der fünfziger<br />

Jahre tief erschüttert waren“.<br />

Auch in der SPD waren seine linken<br />

Positionen nicht gefragt, so dass er<br />

1962 die Partei verlassen musste.<br />

Darüber hinaus wirkte Flechtheim<br />

in vielen gesellschaftspolitischen<br />

Organisationen, u. a. der Internationalen<br />

Liga für Menschenrechte,<br />

der Humanistischen Union, dem<br />

Deutschen Freidenkerverband, der<br />

1993 im HVD aufging, und dem<br />

PEN-Zentrum.<br />

Aus humanistischer Sicht besonders<br />

hervorzuheben ist Flechtheims<br />

Rolle als Vordenker humanistischer<br />

Zukunftsvisionen, mit denen er<br />

das Selbstverständnis des HVD<br />

entscheidend mitgeprägt hat. Aus<br />

diesem Grund hat der HVD, der<br />

bereits im Jahr 2003 zu seinen Ehren<br />

den Ossip K. Flechtheim-Preis<br />

ins Leben gerufen hat, den 100.<br />

Geburtstag Flechtheims zum Anlass<br />

genommen, dessen Lebenswerk<br />

mit der Herausgabe dieses Sammelbandes<br />

zu würdigen.<br />

Michael Schmidt<br />

Ossip K. Flechtheim. 100 Jahre /<br />

hrsg. von Siegfried Heimann im<br />

Auftrag des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />

<strong>Deutschlands</strong>, Landesverband<br />

Berlin. – Berlin, 2009,<br />

12,50 Euro. Das Buch ist in der<br />

Geschäftsstelle des HVD erhältlich.<br />

Im festen Glauben: Gott ist<br />

tot!<br />

Eines hat der innige Atheist Peter<br />

Henkel mit seinem frommen<br />

Gegenüber gemeinsam: den unerschütterlichen<br />

Glauben an die<br />

Richtigkeit seiner Überzeugung.<br />

In seinem aktuellen Buch „Ach, der<br />

Himmel ist leer“ geht der politische<br />

Journalist Peter Henkel den „Gründen<br />

gegen Gott und Glauben“ nach<br />

und nimmt den Leser mit auf eine<br />

Reise, die geprägt ist von hartnäckigem<br />

Hinterfragen „gottgegebener“<br />

Fakten. Ganz gleich, ob der Leser<br />

gläubig ist oder nicht, er profitiert<br />

davon, dass der Autor andernorts<br />

ausufernde Diskussionen zum Thema<br />

Gott auf ihren Kern reduziert.<br />

Dadurch ist die Thematik leichter<br />

verständlich, ohne den Anspruch<br />

auf berechtigte Kritik aufgeben zu<br />

müssen.<br />

Peter Henkel leitet über das altbekannte<br />

theologische und philosophische<br />

Problem ein, wie die Existenz<br />

eines solchen Gottes mit der<br />

Existenz des Übels und des Bösen<br />

in der Welt vereinbar sei. An dieser<br />

Frage orientiert sich der Einstieg in<br />

die Lektüre. Hierbei vergleicht er<br />

nachvollziehbar und mit scharfer<br />

Feder Allgemeinvorstellungen und<br />

theologische Ansätze und kommt<br />

stets aufs Neue zu dem Schluss,<br />

dass die Kernfrage: „Gibt es Gott?“<br />

mit Entschiedenheit verneint werden<br />

muss.<br />

Peter Henkel hat mit seinem Werk<br />

ausdrücklich nicht die wissenschaftliche<br />

Leserschaft im Blick, es<br />

soll vielmehr „eine Streitschrift für<br />

das breite Publikum, eine Art Lesefibel<br />

für interessierte Laien“ sein. Er<br />

möchte damit auch Atheisten ein<br />

Handbuch für die Diskussion mit<br />

bibelfesten Gläubigen zur Verfügung<br />

stellen, auf dass ersteren angesichts<br />

der Größe dieses Themas<br />

nicht die Argumente ausgehen.<br />

Auch deswegen macht er vehement<br />

und konstant seine ablehnende<br />

Haltung gegenüber den „unüberwindlichen<br />

inneren Widersprüchen<br />

Gottes“ und damit gegenüber<br />

Gott selbst deutlich. Es ist dem<br />

engagierten Journalisten eine Herzensangelegenheit,<br />

dieses immer<br />

wieder aufgeworfene Thema mit<br />

frischem Zündstoff zu versorgen.<br />

Dieses Buch ist für Interessierte an<br />

dieser Diskussion ein Muss, zumal<br />

entsprechende anglo-amerikanische<br />

Titel nicht die spezielle deutsche<br />

Perspektive auf Gott, Papst und die<br />

Welt berücksichtigen.<br />

Treffenderweise erklärt Peter Henkel<br />

nach dem Philosophen William<br />

James, dass Religion eine Art Gefühl<br />

sei, und obwohl über Gefühle<br />

häufig nur geschwiegen wird, führt<br />

der bekennende Atheist einen he-<br />

rausfordernden Dialog mit Gott<br />

und dem Glauben.<br />

Wunderbare Konsequenz der Diskussion:<br />

Wenn sich die Existenz<br />

Gottes als unwahrscheinlich erweist,<br />

bleibt uns Menschen nichts<br />

anderes übrig, als unserem Leben<br />

selbst einen höheren Sinn zu geben!<br />

Sören Vogel<br />

Henkel, Peter: Ach, der Himmel<br />

ist leer : Lauter gute Gründe gegen<br />

Gott und Glauben. – Berlin<br />

: Frieling-Verlag, 2009. – 10,90<br />

Euro<br />

Jahrelang dokumentierte die<br />

Zeitschrift „humanismus aktuell“<br />

die Tagungen der Humanistischen<br />

Akademie Berlin. Mit<br />

Heft 23, welches das Verhältnis<br />

von Humanismus und „neuem<br />

Atheismus“ zum Thema hat, erschien<br />

zu Beginn des Jahres die<br />

letzte Ausgabe. Nachfolger ist<br />

eine Buchreihe, die fortan vom<br />

Alibri Verlag produziert wird.<br />

Den Auftakt macht das „Humanistische<br />

Sozialwort“.<br />

Der vorliegende Band eröffnet<br />

die Debatte, was im Humanitären<br />

das Humanistische sein<br />

könnte. Er widmet sich aus interdisziplinärer<br />

Perspektive und<br />

anhand soziologischer Befunde<br />

den Kriterien für ein humanistisches<br />

Sozialwort in Deutschland,<br />

das quer steht zu dem der<br />

christlichen Kirchen.<br />

Die Publikation gibt begründete<br />

Thesen und scheut sich<br />

nicht, etwa bezüglich des „bedingungslosenGrundeinkommens“,<br />

sich auch auf unsicheres<br />

Terrain zu wagen. In Abgrenzung<br />

zur Mildtätigkeit sucht<br />

humanistische Humanität nach<br />

selbstbestimmten Lösungen<br />

und strebt die Förderung und<br />

Entwicklung von Kompetenzen<br />

an, gekoppelt an die Verpflichtung<br />

zur solidarischen Unterstützung<br />

von Hilfebedürftigen,<br />

die dies aus eigener Kraft nicht<br />

vermögen.<br />

Mit Beiträgen von Frieder<br />

Otto Wolf, Dietrich Mühlberg,<br />

Christian Brütt, Christa Luft,<br />

Dieter Kramer, Lutz Brangsch,<br />

Viola Schubert-Lehnhardt und<br />

Andrea Käthner.<br />

Groschopp, Horst / Hrsg.:<br />

Humanistisches Sozialwort. –<br />

Aschaffenburg : Alibri, 2009.<br />

– 13 Euro<br />

2/2009 37

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