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PRO ETHIK - Humanistischer Verband Deutschlands

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Biologische Voraussetzungen<br />

für Religiosität<br />

Wer sich für die naturgeschichtliche<br />

Dimension und die biologischen<br />

Voraussetzungen von Religiosität<br />

auch nur ein wenig interessiert,<br />

dem sei das Buch von Vaas und<br />

Blume „Gott, Gene und Gehirn“<br />

nachdrücklich empfohlen.<br />

Es bietet einen aktuellen, materialreichen<br />

Überblick zu den Erklärungsansätzen<br />

für Entstehung,<br />

Erfolg und Verbreitung des Religiösen,<br />

wie sie in den letzten Jahren<br />

verstärkt von Evolutionsbiologen,<br />

Genetikern, Kognitionspsychologen<br />

und Hirnforschern erarbeitet<br />

werden.<br />

Im Zentrum steht dabei die Frage,<br />

ob Religiosität als direkte evolutionäre<br />

Anpassung oder als Nebenprodukt<br />

verschiedener anderweitig<br />

nützlicher Anlagen des Menschen<br />

(indirekte Anpassung) oder aber<br />

nur als reines Kulturprodukt verstanden<br />

werden kann.<br />

Die große Stärke des Buches ist<br />

die unaufgeregte Berichterstattung<br />

über den wissenschaftlichen<br />

Kenntnisstand ohne ideologische<br />

Voreingenommenheiten proreligiöser<br />

oder antireligiöser Art.<br />

Ob Religiosität adaptiv erklärbar<br />

ist, wird als fruchtbares empirisches<br />

Forschungsprogramm geschildert,<br />

dessen Ergebnis noch offen ist.<br />

Trotz einiger journalistisch zugespitzter<br />

Abschnittsüberschriften<br />

gibt das Buch an keiner Stelle<br />

mehr vor, als es einlösen kann. Der<br />

komplexe Begriff der Religion wird<br />

differenziert betrachtet, Methodenfragen<br />

werden philosophisch<br />

reflektiert und die Frage nach dem<br />

Wahrheitsgehalt religiöser Inhalte<br />

wird nicht behandelt – denn sie<br />

kann weder durch Aufweis evolutionärer<br />

Mechanismen noch durch<br />

Untersuchung neuronaler Zustände<br />

entschieden werden.<br />

Gleichwohl rückt der Bezug auf<br />

Zähl- und Messbares das Phänomen<br />

der Religionsausübung ins<br />

Licht der Aufklärung. Die dargestellten<br />

Fakten, u.a. aus Demographie<br />

(etwa zum Kinderreichtum in<br />

verschiedenen religiösen Gemeinschaften),<br />

Soziobiologie und Neurotheologie<br />

werden pointiert erläutert<br />

und durch ein ausführliches<br />

Literaturverzeichnis ergänzt.<br />

Dass der Wissenschaftsjournalist<br />

Rüdiger Vaas ein eher negatives und<br />

der Religionswissenschaftler Michael<br />

Blume ein eher positives Verhältnis<br />

zu religiösen Inhalten hat, merkt<br />

man dem Buch nicht an.<br />

36<br />

2/2009<br />

Den beiden ist somit ein überzeugendes<br />

Beispiel für den Nutzen gelungen,<br />

der entstehen kann, wenn<br />

man die Geister nicht nach ihrer<br />

Weltanschauung scheidet, sondern<br />

auf ein gemeinsames Ziel konzentriert.<br />

Helmut Fink<br />

Vaas, Rüdiger; Blume, Michael:<br />

Warum Glaube nützt : Die Evolution<br />

der Religiosität. – Stuttgart :<br />

S. Hirzel Verlag, 2009. – 24 Euro<br />

Baustelle Körper<br />

Stammzellenforschung, Reproduktionsmedizin,<br />

Gentechnik,<br />

Organspende, Sterbehilfe heißen<br />

die Schlagworte, um die in der<br />

modernen Gesellschaft hitzige<br />

Debatten entbrannt sind. Ethisch<br />

stehen die Möglichkeiten moderner<br />

Forschung und Medizin unter<br />

Verdacht, das Leben nicht Wert zu<br />

schätzen und die Würde des Menschen<br />

zu verletzen.<br />

Ist der Körper zur Baustelle für<br />

Frankensteins Erben verkommen<br />

oder schaffen begnadete Wissenschaftler<br />

das unendliche, gesunde<br />

und glückliche Leben? „Baustelle<br />

Körper – Bioethik der Selbstachtung“<br />

nennt Franz Josef Wetz sein<br />

aktuelles Buch, in dem der Professor<br />

für Philosophie umfassend den<br />

Stand der Diskussionen darstellt.<br />

Wetz stellt sich dabei weder auf die<br />

Seite der wertkonservativen, religiösen<br />

oder fundamentalistischen,<br />

noch auf die der linken, grünen<br />

oder feministischen Gruppen. Der<br />

auslese<br />

Ethiker hat sich die Aufgabe gestellt,<br />

den Augiasstall der Debatte<br />

gründlich zu reinigen und zu entrümpeln.<br />

In leichtem, essayistischem Tonfall<br />

sammelt der Autor die Argumente,<br />

prüft sie auf ihre ideologische<br />

Vorbelastung und stellt sie einander<br />

abwägend gegenüber. Dabei gelingt<br />

Wetz das Kunststück, keine Gruppe<br />

zu diffamieren. Die Standpunkte<br />

werden allgemeinverständlich in<br />

den Raum gestellt und bilanzierend<br />

gibt Wetz am Ende jedes Kapitels<br />

eine behutsame Empfehlung, bei<br />

der er den menschlichen Freiheits-<br />

und Heilungsinteressen absoluten<br />

Vorrang einräumt.<br />

Ausgehend von einer Analyse<br />

der Belastbarkeit des Begriffs der<br />

Menschenwürde, führt Wetz die

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