gesundes kaernten-III-2007 - Kärntner Gebietskrankenkasse
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8<br />
gast<br />
Stress mit der<br />
kommentar<br />
Der Autor<br />
Dr. Gert Lach,<br />
Klagenfurt,<br />
ist Klinischer<br />
Psychologe und<br />
Psychotherapeut,<br />
Universitätslehrer<br />
und allgemein<br />
beeideter und<br />
gerichtlich<br />
zertifizierter Sachverständiger für<br />
Allgemeine Psychologie und<br />
Jugendpsychologie.<br />
Die Freude der Schüler wird getrübt<br />
durch Gedanken an die täglichen<br />
Hausübungen, an Prüfungen und Schularbeiten,<br />
an die Angst, geforderte Leistungen<br />
nicht erbringen zu können. Die Freude der<br />
Eltern über den endlich wieder geordneten<br />
Tagesablauf verschwindet schnell durch<br />
tägliche Diskussionen über das Lernen, durch<br />
negative Schulmitteilungen oder Aufforderungen,<br />
sich mehr um das Kind und seine schulischen<br />
Belange zu kümmern. Und die Lehrer?<br />
Auch ihre Arbeitsfreude ist immer öfter getrübt.<br />
Durch Überbelastung wegen großer Klassen,<br />
durch vermehrt schwieriger werdende Kinder,<br />
durch fehlende Unterstützung der Eltern und<br />
wegen geringer Wertschätzung in der Öffentlichkeit.<br />
Angst vor der Schule<br />
Wenn heute von Schule die Rede ist, fallen sehr<br />
häufig Begriffe wie Leistungsdruck, Überforderung,<br />
Stress oder auch Angst. Bemerkbar ist<br />
eine paradoxe Entwicklung: Je mehr sich<br />
Schulverantwortliche bemühen, die Schule als<br />
kindgerechten Entwicklungsraum, als angstfreies<br />
Lernfeld, als partnerschaftliche Institution<br />
darzustellen, umso mehr verbinden Schüler und<br />
Eltern die Schule mit zunehmend negativen<br />
Gefühlen. Untersuchungen belegen, dass sich<br />
bis zu zwei Drittel der SchülerInnen gestresst<br />
fühlen, bei den GymnastiastInnen ist die Zahl<br />
noch höher. Beinahe ein Drittel der Schüler-<br />
Innen zeigt Konzentrationsschwächen, bis zu<br />
20 Prozent haben zeitweilig oder dauernd<br />
Schulangst, etwa 10 Prozent zeigen deutliche<br />
psychische Auffälligkeiten. Und das alles<br />
Die Ferienzeit ist vorbei, die Schule hat sie wieder, die SchülerInnen,<br />
die Eltern und die LehrerInnen. Für viele ist es ein Start<br />
mit gemischten Gefühlen.<br />
beginnt schon in der ersten Volksschulklasse.<br />
Der größte Teil der Eltern-Kind-Konflikte - beinahe<br />
50 Prozent - haben mit Schule zu tun!<br />
Einige Ursachen dieser Entwicklung sollen<br />
etwas näher beleuchtet werden.<br />
Negative Einstellung<br />
Die Grundeinstellung zur Schule und zum Lernen<br />
ist häufig negativ. Lernen wird oft als unangenehmer<br />
und lustloser Teil des Daseins dargestellt.<br />
Natürlich ist Lernen Arbeit – ein ständiges Auseinandersetzen<br />
mit Neuem – und erfordert steten<br />
Einsatz und Anstrengung, um erfolgreich zu sein.<br />
Was aber nicht übersehen werden darf: Der<br />
Einsatz, der verlangt wird, lässt Wissen und Fähigkeiten<br />
wachsen. Es sollte mehr vermittelt werden,<br />
dass sich die Mühe lohnt.<br />
Schule ist „Kindersache“<br />
Schule und Lernen soll in erster Linie Sache der<br />
Kinder sein. Die Aufgabe der Eltern ist es, ihren<br />
Sprösslingen dabei zu helfen, Verantwortung<br />
für sich und bestimmte Arbeiten zu übernehmen.<br />
Im Idealfall kümmern sich Eltern mit dem<br />
Kind um Zeiteinteilung, Arbeitsplatz und<br />
Erholung und agieren nicht als ständig sich<br />
einmischende „Beisitzer“ beim gemeinsamen<br />
Hausaufgaben machen. Was die Position der<br />
LehrerInnen betrifft, so sollte diese von den<br />
Eltern möglichst positiv dargestellt werden.<br />
Schließlich sind es die Lehrpersonen, denen sie<br />
ihr Kind anvertrauen und hoffen, dass diese die<br />
Potentiale des Kindes optimal weiter entwickeln.<br />
Leistungsdruck<br />
Die Schule von heute ist leistungs- und zweckorientiert<br />
- ein Abbild unserer Gesellschaft, die<br />
theoretisch ausgerichtet ist und in der es um<br />
Prüfungen und Kontrolle geht, in der Bewegungsfreiheit<br />
eingeschränkt wird und die aus<br />
einem ständigem Wechsel von Gegenständen<br />
und Inhalten besteht. Kinder verlieren in dieser<br />
Welt leicht das Gefühl für Zusammenhänge.<br />
Sinnhaftigkeit und Ziele des Handelns sind für<br />
sie nicht erkennbar. Die Devise „alles können,<br />
möglichst früh und möglichst schnell und alles<br />
zur gleichen Zeit“ ist ein weiterer Ursachenfaktor.<br />
Es widerspricht der Individualität der<br />
Entwicklung der Kinder, alle über einen Kamm<br />
zu scheren, sie mit derselben Methode in<br />
derselben Zeit zu den selben Ergebnissen<br />
bringen zu wollen. Das müssen nicht nur Lehrer,<br />
sondern auch Eltern berücksichtigen, die ihre<br />
Kinder beispielsweise durch Vergleiche mit<br />
anderen dauernd unter Druck setzen.<br />
Freizeit-Stress<br />
Die Freizeit der Kinder ist vielfach nicht mehr<br />
Erholungszeit und wirkt somit stressfördernd.<br />
Freizeitaktivitäten nach Terminplan oder<br />
stundenlanges Sitzen vor dem Computer oder<br />
dem Fernseher kosten erwiesenermaßen<br />
Unmengen an kindlicher Energie. Schlaf und<br />
sinnvoll genutzte Freizeit sind aber unsere<br />
wichtigsten Energiequellen. Kinder, die wenig<br />
schlafen, und das sind besonders solche, die viel<br />
Zeit mit Medienkonsum jeder Art verbringen,<br />
sind schneller überfordert und weniger<br />
leistungsfähig.