Vom Bootshaus zum Gourmettempel
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Zur Person<br />
Marcel Wissmann (50) ist eidg. dipl.<br />
Küchenchef/Produktionsleiter. Erist<br />
seit 1996 Inhaber der Firma Food &<br />
Technic, die sich auf das Entwickeln<br />
und Umsetzen neuer Unternehmensstrategien<br />
in der Gastronomie<br />
und Hotellerie spezialisiert hat.<br />
Schwerpunkte seiner Arbeit sind das<br />
Optimieren von Aufbau- und Ablauforganisationen,Rentabilitätssteigerung,<br />
Speisenzubereitung und Grundlage<br />
der Küchenplanung. Eine erste<br />
Betriebskurzanalyse (ca. drei Stunden)<br />
kostet bei ihm 490 Franken.<br />
Marcel Wissmann ist zudem aktiv<br />
in der Berufsbildung auf unterschiedlichen<br />
Stufen. Neu arbeitet er bei der<br />
Good Food Experts GmbH mit, einem<br />
Netzwerk von Spezialisten aus<br />
der Gastronomie und der Lebensmittelindustrie.<br />
www.goodfoodexperts.com<br />
SGK: Waspacken Sie als Erstes an?<br />
Grundsätzlich gehen wir von den Zahlen<br />
aus. Hier sehe ich, wo Potenzial liegt.<br />
Gibt es beispielsweise grosse Abweichungen<br />
von marktüblichen Richtzahlen,<br />
etwa in der Kostenstruktur? Bei den<br />
Personalkosten sind das <strong>zum</strong> Beispiel<br />
40 bis 50 Prozent. Bei den Warenkosten<br />
25 bis 35 Prozent.<br />
Als Zweites mache ich mir ein Bild<br />
von den Arbeitsabläufen in Spitzenzeiten.<br />
Wo sind Schwachstellen? Wiesind<br />
Mitarbeitende integriert? Meistens führe<br />
ich eine Befragung durch. So kann ich<br />
auch eine gewisse Skepsis mir gegenüber<br />
als Externen von vornherein ausschliessen.<br />
SGK: Noch ein Wort zur Kostenstruktur.<br />
Setzen Sie eher bei den Personal- oder bei<br />
den Warenkosten den Hebel an?<br />
Bei den Personalkosten. Es geht nicht<br />
darum, Leute zu entlassen, sondern<br />
Arbeitsabläufe zu optimieren. Sind die<br />
besser,erreicht man eine höhereQualität,<br />
kommen mehrGäste, steigt der Umsatz.<br />
Das gibt Luft. Bei den Warenkos-<br />
ten die Lieferanten zu «knütteln», macht<br />
meiner Meinung nach keinen Sinn.<br />
SGK: Ist es häufig notwendig, die Küche<br />
technisch aufzurüsten?<br />
Bevor man in neue Technik viel Geld<br />
steckt, sollte man grundsätzlich über<br />
die Bücher und sich fragen: Entspricht<br />
unser Angebot den Gästebedürfnissen?<br />
Können wir mit bestehender Infrastruktur<br />
<strong>zum</strong> Beispiel auf andere, für den Betrieb<br />
optimalere Garmethoden setzen?<br />
Oder kristallisiert sich heraus, dass man<br />
in neue Technik investieren muss? Das<br />
alles sollte man sich gut überlegen.<br />
SGK: Wenn man sich für eine Investition<br />
entscheidet,sollte man auch über das Budget<br />
reden. Gibt es da Grundrichtlinien?<br />
Also als Unternehmer sollte man mit<br />
sauberen Geräte-Abschreibungen rechnen.<br />
Das muss jeder für sich aufstellen.<br />
Ist das der Fall, kann wieder eine gesunde<br />
finanzielle Substanz gebildet werden.<br />
Der Fokus muss wirklich darauf liegen:<br />
Wasbrauche ich wirklich? Welche<br />
Vorteile bieten mir neue Geräte?<br />
SGK: Gibt es so etwas wie ein Standardprogramm<br />
an Geräten?<br />
Man sollte sich über den idealen Kochherd<br />
Gedanken machen. Induktion<br />
kommt sicher in den meisten Fällen dabei<br />
in Frage. Dann sollte man sich überlegen,<br />
ob man auf Gas setzt, um beispielsweise<br />
die Spitze zu brechen. Weiter<br />
gehören sicher ein Schockkühler in<br />
jede Küche und ein Combidämpfer.Vielleicht<br />
sollte man sich auch überlegen, ob<br />
man mit mobilen Einheiten arbeiten<br />
möchte, <strong>zum</strong> Beispiel für Cateringeinsätze<br />
oder wenn man Konzeptänderungen<br />
vornehmen will.<br />
SGK: Geht der Trend allgemein hin zu kleineren,<br />
kompakten, aber leistungsstarken<br />
Geräten?<br />
Ja. Nehmen wir das Beispiel Combidämpfer.<br />
Esmacht in den meisten Fällen<br />
Sinn, auf zwei kleinere Geräte statt<br />
auf einen grossen Dämpfer zu setzen.<br />
So sind gleichzeitig zwei Garklimata<br />
möglich. Bei den Combidämpfer-Gross-<br />
geräten mit zehn Einschüben muss ich<br />
viel Garraumvolumen aufheizen. Das<br />
kostet enorm viel Energie,wenn ich beispielsweise<br />
nur wenige Portionen produziere.<br />
Allgemein finde ich kleine, kompakte<br />
und mobile Einheiten ideal, vor allem,<br />
weil sie multifunktional einsetzbar<br />
sind, etwa für Frontcooking.<br />
SGK: Sie sprechen Energiekosten an. Wird<br />
dieser Punkt immer wichtiger?<br />
Ja, wenn man die Gewinnmargen in der<br />
Schweizer Gastronomie anschaut, ist<br />
es sicher sinnvoll, wenn man nicht nur<br />
auf den Gerätepreis, sondern auch auf<br />
die Energiebilanz achtet. Die Hersteller<br />
bringen zurzeit enorm viele energiesparsame<br />
Geräte auf den Markt.<br />
SGK: Show-Cooking ist in aller Munde. Ist<br />
das auch für kleinere Betriebe interessant?<br />
Auf jeden Fall! Damit ist es möglich, die<br />
in einer Küche erbrachte Leistung dem<br />
Gast auch zu zeigen. Zudem werden die<br />
Servicewege kürzer.<br />
SGK: Wenn Show-Cooking aber aus baulichen<br />
Gegebenheiten nicht möglich ist …<br />
…dann muss man sich überlegen, wie<br />
man auf anderem Wege Warendruck<br />
erzielen kann.<br />
SGK: Wie meinen Sie das?<br />
Mit Warendruck meine ich, der Gast<br />
muss sehen, wie die Speisen entstehen,<br />
wie sie aussehen. Wenn nicht durch<br />
eine offene Küche, dann durch eine<br />
Glasvitrine oder auf einem Showbuffet.<br />
Dort muss ich das ausstellen oder präsentieren,<br />
was die Küche produziert.<br />
Der Gast muss gluschtig gemacht werden,<br />
damit er bereit ist, die Leistung der<br />
Küche zu beziehen.<br />
SGK: Man spricht heute immer mehr von<br />
kleineren Produktions- dafür grösseren<br />
Verkaufsflächen. Bedeutet das, verstärkt<br />
auf Convenienceprodukte zu setzen?<br />
Das kann eine Variante sein. Eine zweite<br />
Möglichkeit ist, In-House-Convenience<br />
herzustellen. Dritte Variante: Das<br />
Angebot prüfen und sich dann entscheiden,<br />
worauf man in Zukunft im An-<br />
26 Swiss Gastro-Kombi 4/2010