Die Entführung aus dem Serail - Volksoper Wien
Die Entführung aus dem Serail - Volksoper Wien
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weist sich als gütiger Herrscher, der den vier jungen Leuten<br />
die Freiheit schenkt. <strong>Die</strong> Figurenkonstellation erfüllt<br />
alle Konventionen der Gattung Singspiel: Da gibt es ein<br />
empfindsames Liebespaar, ein Buffo-Paar, einen lächerlichen<br />
Türken und einen Herrscher, der durch seine Güte<br />
das glückliche Ende herbeiführt.<br />
Aber Mozart mit seinem feinen Gespür für die Zwischentöne<br />
verstand es, die Konventionen zu unterlaufen und<br />
einen Blick auf das komplexe Seelenleben der Figuren zu<br />
werfen. Denn hinter hoher Moral und Beständigkeit wird<br />
Unsicherheit spürbar. Der Bassa, <strong>dem</strong> durch Belmontes<br />
Vater großes Unrecht widerfahren ist, hat sich in seinem<br />
<strong>Serail</strong> verschanzt. Er ist ein Renegat, also einer, der sich<br />
von einer Religion abgewendet hat, ohne eine andere<br />
anzunehmen. In der Gesellschaft ist er ein Außenseiter,<br />
doch in seinem Mikrokosmos ist er der uneingeschränkte<br />
Mittelpunkt. <strong>Die</strong> beiden jungen Mädchen wurden <strong>aus</strong><br />
ihrem behüteten Leben her<strong>aus</strong>gerissen und finden sich<br />
nun an einem Ort wieder, an <strong>dem</strong> sie alles in Frage stellen<br />
müssen, was bisher selbstverständlich erschien. Doch<br />
während Blonde die neue Situation als spielerische Her<strong>aus</strong>forderung<br />
annimmt, wird sie für Konstanze zu einer<br />
harten Prüfung. Beide stehen plötzlich zwischen zwei<br />
Männern: Konstanze zwischen <strong>dem</strong> geliebten Belmonte<br />
und <strong>dem</strong> mit sanftem Druck um sie werbenden Bassa<br />
Selim, Blonde zwischen ihrem vertrauten Pedrillo und<br />
Osmin, der ihren Widerspruchsgeist reizt und offensichtlich<br />
Gefallen daran findet. Beide sehen sich mit fremden<br />
Lebensweisen konfrontiert, an denen sie das Eigene messen<br />
und überprüfen können. Wen wundert’s, dass Belmontes<br />
Herz so „ängstlich“ und „feurig“ zugleich klopft,<br />
bevor er die Liebste wiedersieht, denn bei aller Freude<br />
fühlt er doch, dass sie ihm fremd geworden sein könnte.<br />
Mozarts ungemein moderne Fähigkeit, auf der Bühne<br />
Menschen <strong>aus</strong> Fleisch und Blut zu zeigen und widersprüchliche<br />
Gefühle zum Ausdruck zu bringen, hat er<br />
Heute im Foyer …<br />
nicht erst mit <strong>dem</strong> kongenialen Lorenzo Da Ponte, sondern<br />
schon bei der „<strong>Entführung</strong>“ zur Meisterschaft gebracht.<br />
Dass das Publikum den Schritt mitvollzog, mag<br />
daran liegen, dass Mozarts Musik bei aller Kunstfertigkeit<br />
nahbar und verständlich bleibt. Er selbst betonte in<br />
einem Schreiben an den Vater, dass bei aller Intensität der<br />
Gefühle die Musik eine besondere Schönheit bewahren<br />
muss, denn die „leidenschaften, heftig oder nicht“, dürfen<br />
„niemal bis zum Eckel <strong>aus</strong>gedrücket seyn, und die<br />
Musick, auch in der schaudervollsten lage“, müsse „das<br />
Ohr niemalen beleidigen, sondern doch dabey vergnügen,<br />
folglich allzeit Musick bleiben“.<br />
Bei der Neuproduktion der „<strong>Entführung</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Serail</strong>“<br />
an unserem H<strong>aus</strong> hat Sascha Goetzel die musikalische<br />
Leitung inne. Er war zuletzt in der Saison 2007/08 als Dirigent<br />
von Lehárs „Das Land des Lächelns“ und Mozarts<br />
„<strong>Die</strong> Hochzeit des Figaro“ an der <strong>Volksoper</strong> zu erleben.<br />
Für die Inszenierung zeichnet die junge deutsche Regisseurin<br />
Helen Malkowsky verantwortlich. Fußend auf<br />
ihrer Würzburger Produktion der „<strong>Entführung</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Serail</strong>“ <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Jahr 2005 erarbeitet sie Mozarts frühes<br />
Meisterwerk mit ihrem Ausstatter Bernd Franke für die<br />
<strong>Volksoper</strong> neu.<br />
In der Partie der Konstanze werden alternierend Kristiane<br />
Kaiser und Jennifer O’Loughlin zu hören sein. Als<br />
Belmonte kehrt Daniel Behle als Gast auf die Bühne der<br />
<strong>Volksoper</strong> zurück und wechselt in der Partie mit Alexander<br />
Pinderak ab. Als Blonde ist neben Andrea Bogner auch<br />
Beate Ritter besetzt, die ab der nächsten Saison festes<br />
Mitglied des <strong>Volksoper</strong>nensembles sein wird. Den Pedrillo<br />
gibt Cosmin Ifrim als Gast, alternierend mit Karl-Michael<br />
Ebner. In der Partie des Osmin sind Gregory Frank beziehungsweise<br />
Lars Woldt zu erleben. Für die Sprechrolle<br />
des Bassa Selim konnte August Zirner gewonnen werden,<br />
der damit erstmals an der <strong>Volksoper</strong> zu sehen sein wird.<br />
hs<br />
9. Juni 2010, 19:30-21:00 Uhr<br />
Einführung in „<strong>Die</strong> <strong>Entführung</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Serail</strong>“<br />
mit Helene Sommer, Christoph Wagner-Trenkwitz, Regisseurin Helen<br />
Malkowsky und weiteren Mitwirkenden der Neuproduktion