Stadt erleben: West goes East Ein Reisebericht von Studierenden ...
Stadt erleben: West goes East Ein Reisebericht von Studierenden ...
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<strong>Stadt</strong> <strong>erleben</strong>: <strong>West</strong> <strong>goes</strong> <strong>East</strong><br />
<strong>Ein</strong> <strong>Reisebericht</strong> <strong>von</strong> <strong>Studierenden</strong> der RWTH Aachen<br />
zu Besuch in Wroclaw, Polen<br />
Sommersemester 2012
Impressum<br />
Gemeinsame seminararbeit im rahmen der Veranstaltung<br />
„<strong>West</strong> <strong>goes</strong> east: Aachen - Wroclaw, stadt <strong>erleben</strong>.“<br />
exkursion des Fachbereichs Architektur und stadtplanung der rWTH<br />
Aachen im sommesemester 2012<br />
Herausgeber:<br />
Lehrstuhl für planungstheorie und stadtentwicklung<br />
Fakultät Architektur, rWTH Aachen<br />
prof. Dr.-Ing. Klaus selle<br />
Dipl.-Ing. Lucyna Zalas<br />
postfach<br />
52056 Aachen<br />
Tel.: +49 (0)241-80-98300<br />
Fax.: +49 (0)241-80-92137<br />
zalas@pt.rwth-aachen.de<br />
www.pt.rwth-aachen.de<br />
BearbeiterInnen:<br />
ran Chen, Yinzi Gong, Julia Haun, Jan Kaplan, Laura miebach, synke mumme,<br />
Frederic müller, Yiran Nan, Laura polaczek, stephan rodewig, roman schmitt,<br />
Nina steinkühler, Hangzhen Wen, marie-pierre Wilczak<br />
Layout & redaktion:<br />
synke mumme, Laura polaczek, roman schmitt, marie-pierre Wilczak<br />
Überarbeitung<br />
ulrike sommer, Lucyna Zalas<br />
Titelbild „Wroclaw Wita - Welcome in Wroclaw“ Foyer des Flughafens Breslau,<br />
Lucyna Zalas 2012
ÜBerBLICK<br />
VorAB | eINFÜHruNG<br />
1 DIe VorBereITuNGeN<br />
1.1 polen ein Nachbarland - unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />
1.2 Breslau - stadt(bau)geschichte bis 1900<br />
1.3 Breslau - stadt(bau)geschichte 1900 bis 1945<br />
1.4 Breslau - stadt(bau)geschichte 1945 bis 1990<br />
1.5 Breslau - Nachkriegsmoderne kontrovers<br />
1.6 Breslau - stadt(bau)geschichte 1990 bis heute<br />
1.7 plätze, parks und promenaden - Freiräume in Breslau<br />
2 exKursIoN NACH BresLAu - „BresLAu WIr KommeN“<br />
3 Vor orT - reIseBerICHTe uND rÜCKBLICK<br />
3.1 Der erste Überblick - Dienstag, der 29.05.2012<br />
3.2 Theoretische Grundlagen und freie erkundung -<br />
mittwoch 30.05.2012<br />
3.3 stadtentwicklungspolitik in Wroclaw -<br />
Donnerstag 31.05.2012<br />
3.5 stadtspaziergänge - Freitag, der 01.06.2012<br />
3.5 rückblick - samstag, der 02.06.2012<br />
4 persöNLICHe eINDrÜCKe<br />
7<br />
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10<br />
15<br />
21<br />
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39<br />
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53<br />
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71<br />
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96<br />
97
Abb. 0.1 Gruppenfoto vor der Jahrhunderthalle<br />
6
VorAB<br />
<strong>von</strong> Lucyna Zalas<br />
Bei dem vorliegenden Bericht, handelt es sich<br />
um eine studentische Arbeit, die im rahmen<br />
eines seminars des Lehrstuhls für planungstheorie<br />
und stadtentwicklung, Fakultät Architekur,<br />
rWTH Aachen entstanden ist.<br />
Die studierenden haben die eintzelnen referatsthemen<br />
selbstständig bearbeitet und in<br />
kurzen reiseberichten Ihre erlebnisse in Breslau<br />
geschildert. Auch das redaktionsteam bestand<br />
aus studierenden, die sowohl Layout als<br />
auch die Überarbeitung der gelieferten Texte<br />
und Fotos übernommen haben.<br />
Die vorliegenden Beiträge der studierenden<br />
wurden weder inhaltlich noch redaktionell<br />
überarbeitet – Quellenangaben sowie rechte<br />
für pläne, Texte und Bilder liegen in der Verantwortung<br />
der Verfasser.<br />
An dieser stelle möchten wir uns herzlich bei<br />
allen, die die exkursion unterstützt haben bedanken.<br />
Die Kollegen und Kolleginnen in polen<br />
haben uns ein sehr informatives und spannendes<br />
programm geboten. Besonderer Dank<br />
gilt Herrn Lukasz Damurski, der uns sowohl<br />
inhaltlich als auch organisatorisch sehr unterstützt<br />
hat.<br />
eINFÜHruNG<br />
<strong>von</strong> synke mumme und marie-pierre Wilczak<br />
Im rahmen des seminars „<strong>West</strong> <strong>goes</strong> east<br />
– Theorien der stadtentwicklung“ des Lehrstuhls<br />
für planungstheorie und stadtentwicklung,<br />
führte uns die pfingstexkursion 2012<br />
nach polen in das schöne Breslau.<br />
Im vorangegangenen Workshop wurden zunächst<br />
die planungssysteme beider Länder<br />
verglichen, unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />
herausgearbeitet und dadurch die Grundlagen<br />
zum Verständnis der rechtssysteme und<br />
der planungsrealitäten geschaffen. Anschließend<br />
erfolgte die Bearbeitung einer seminararbeit,<br />
die, in Form eines Vortrags, den jeweiligen<br />
anderen Gruppen vorgestellt wurde.<br />
Von einer allgemeinen Vorstellung polens bis<br />
hin zur spezifischen stadtbaugeschichtlichen<br />
entstehung und entwicklung Breslaus bis zur<br />
heutigen situation, wurden insgesamt sieben<br />
referate gehalten. so erfuhren wir bereits vor<br />
der pfingstexkursion viel über das Land polen<br />
und unser exkursionsziel Breslau. Trotzdem<br />
blieben Fragen offen, die wir möglichst vor<br />
ort beantworten wollten.<br />
In der pfingstwoche, vom 22.05. - 01.06.2012,<br />
erfolgte schließlich die exkursion nach Breslau.<br />
unsere seminargruppe, bestehend aus Bachelor-<br />
und masterstudenten der Architektur,<br />
stadtplanung und Geographie, erfuhr vor ort,<br />
mit Hilfe eines vielfältigen programms, einen<br />
eingehenden einblick in die stadtplanung und<br />
stadtentwicklung Breslaus. erst durch das <strong>erleben</strong><br />
der stadt vor ort wurden unsere gesammelten<br />
Vorkenntnisse zusammengefügt<br />
und ergaben schließlich ein beeindruckendes<br />
Verständnis der stadt. Der mittelalterliche<br />
stadtgrundriss, der einzug der moderne, Wiederaufbau<br />
und rekonstruktion - in kaum einer<br />
stadt sind die verschiedenen stadien der<br />
stadtentwicklung so gut ablesbar und auf engem<br />
raum vereint wie in Breslau. Zusätzlich<br />
erfuhren wir auch viel über aktuelle Trends<br />
und entwicklungen der stadt, wie auch einzelner<br />
projekte, welche vor ort anschaulich gemacht<br />
wurden. Die erläuterung <strong>von</strong> ortskundigen<br />
Fachleuten ermöglichte uns einen tiefen<br />
und kritischen einblick in die stadtplanerischen<br />
prozesse in polen und Breslau.<br />
Der vorliegende reisebericht fasst unsere im<br />
seminar gesammelten erfahrungen in Form<br />
<strong>von</strong> referatsausarbeitungen und reiseberichten<br />
zusammen. Die referatsthemen erläutern<br />
die historische und städtebauliche entwicklung,<br />
während die Tagesberichte unserer exkursion<br />
zeigen, wie wir die stadt im mai 2012<br />
erlebt haben und vermitteln so einen eindruck<br />
über die Besonderheiten und die Vielfalt der<br />
stadt.<br />
7
1. DIe VorBereITuNGeN<br />
RefeRate im Rahmen des seminaRs<br />
9
1.1 polen - ein Nachbarland<br />
<strong>von</strong> Hangzhen Wen und marie-pierre Wilczak<br />
Wie die Überschrift bereits verrät handelt es<br />
sich bei polen um eins unserer Nachbarländer.<br />
Doch was wissen wir über unser Nachbarland<br />
im osten? Wie groß ist es? Wie viele menschen<br />
leben dort und wie ist das Leben in polen?<br />
um diese Fragen zu beantworten haben<br />
wir uns intensiv mit Literatur über polen beschäftigt<br />
und uns einen eindruck vor ort verschafft.<br />
Die ergebnisse unserer untersuchungen<br />
werden wir nun hier vorstellen. Außerdem<br />
zeigen wir einen groben Überblick über polens<br />
Geographie, Wirtschaft, politik und Kultur.<br />
Allgemeine Daten und Geographie<br />
Die republik polen liegt in mitteleuropa und<br />
heißt „polska“ auf polnisch. Die Hauptstadt<br />
ist Warschau. polen wird in 16 sogenannte<br />
„Woiwodschaften“ unterteilt, die mit unseren<br />
Bundesländern zu vergleichen sind. Breslau,<br />
unser exkursionsziel, ist dabei die Hauptstadt<br />
der Woiwodschaft Niederschlesien (vgl.: wiki_<br />
polen, 2012).<br />
Der polnische staat ist flächenmäßig das<br />
neuntgrößte Land europas, mit einem Gesamtterritorium<br />
<strong>von</strong> 322.577 km². Die Kontinentalfläche<br />
beträgt 311.904 km², die Binnenmeere<br />
haben 1.991 km² Fläche und die<br />
meeresfläche wird mit 8.682 km² angegeben<br />
(vgl.: Droth, Grimm und Haase, 2000, 9).<br />
Aufgrund seiner zentralen Lage zählt polen<br />
sieben Nachbarländer mit insgesamt 3.583<br />
km staatsgrenze. 524 km da<strong>von</strong> liegen an der<br />
ostsee. Als weitere Grenze dienen oft Flüsse,<br />
10<br />
Abb. 1.1.1 Topographie polens;<br />
Foto: europaurlaub.org, 2012<br />
Abb. 1.1.2 Woiwodschaften polens;<br />
Foto: kulturweit-blog.de, 2012<br />
die insgesamt 1.221 km der Landesrenze ausmachen<br />
(vgl.: wiki_polen, 2012). Vergleicht<br />
man Fläche, Grenzlänge und Zahl der Nachbarländer<br />
mit Deutschland so finden sich viele<br />
Ähnlichkeiten. Auch Deutschland hat 16 Bundesländer<br />
auf einer Fläche <strong>von</strong> 357.092 km²<br />
und ist damit nur wenig größer als polen. Wie<br />
polen liegt auch Deutschland in mitteleuropa,<br />
hat jedoch mit neun Ländern mehr angrenzende<br />
staaten. Die staatsgrenze <strong>von</strong> Deutschland<br />
beträgt insgesamt 3.757 km. sie ist damit<br />
nur ungefähr 200 km länger als die polnische<br />
(vgl.: die-erde.com, 2012).<br />
polen besteht größtenteils aus flachem Land.<br />
Nur im süden des Landes gibt es einige Gebirgszüge.<br />
man unterteilt polen in drei Landschaftszonen:<br />
Das dominierende „nordmitteleuropäische<br />
Tiefland“, eine schmale<br />
„zentraleuropäische mittelgebirgszone“, und<br />
den flächenmäßig sehr geringen Anteil „Hochgebirge“.<br />
Von <strong>West</strong> nach ost verlaufen in diesem<br />
südlichen Hochgebirge die drei Gebirgszüge:<br />
Die „sudenten“, die „Karpaten“ und<br />
das „Heiligkreuzgebirge“. Der höchste Berg<br />
polens ist der „rysy“ mit 2.499 metern Höhe<br />
(vgl.: Droth, Grimm und Haase, 2000, 12-13).<br />
Flüsse und Seen<br />
Die vier längsten Flüsse sind die „Weichsel“<br />
(Wisła) mit 1.022 km, der deutsche Grenzfluss<br />
„oder“ (odra) mit 840 km, die „Warthe“<br />
(Warta) mit 795 km und der „Bug“ mit 774<br />
km. Doch nicht die Flüsse sind das Besondere<br />
an der polnischen Landschaft, sondern die<br />
vielen seen. mit dem „mamry“ (mauersee),<br />
der eine Gesamtfläche <strong>von</strong> 104 km² hat, dem<br />
„Jezioro łebsko“ (Lebasee) mit 71 km² oder<br />
dem „łniardwy“ (Spirdingsee) der mit 114 km²
Fläche größte see polens, gehört polen zu den<br />
seenreichsten Ländern der Welt. Auch stauseen<br />
<strong>von</strong> beeindruckender Größe lassen sich<br />
in polen finden. Der Größte ist „solina“ mit<br />
472 mio. m². Aber auch der „Wloclawek“ mit<br />
408 mio. m² und der „Czorsztyn-Niedzica“<br />
mit 232 mio. m² stellen landschaftsprägende<br />
merkmale dar (vgl.: Droth, Grimm und Haase,<br />
2000, 15).<br />
Klima<br />
polen gehört zur warmgemäßigten mittelbreitenklimazone.<br />
Dabei kommt die trockene Luft<br />
aus dem eurasischen Kontinent nach polen,<br />
während feuchte Luft aus dem Atlantik ins<br />
Land strömt. unterteilt wird die Klimazone in<br />
zwei, für polen spezifische, unterklimate.<br />
Den Norden wie auch den <strong>West</strong>en <strong>von</strong> polen<br />
prägt gemäßigtes seeklima während im osten<br />
und südosten das Kontinentalklima vorherrscht.<br />
mit 1.700 mm Niederschlag pro Jahr<br />
ist Tatra der regenreichste ort polens. Im Gegensatz<br />
dazu sind die niedrigsten Niederschläge<br />
im Norden und <strong>West</strong>en mit bis zu unter<br />
500 mm zu finden. Die niederschlagreichsten<br />
monate in polen sind April und september.<br />
Das vorherrschende Kontinentalklima polens<br />
verursacht, anders als in Deutschland, sehr<br />
warme sommer und kalte Winter. Im oder-<br />
Warthe-Gebiet sind es nur 30 schneetage, im<br />
Nordosten hingegen, in den Karpaten und in<br />
den Beskiden, kann es bis zu 110 Tage im Jahr<br />
schneien.<br />
Im Vergleich dazu gehört Deutschland zur gemäßigten<br />
Klimazone und liegt klimatologisch<br />
zwischen dem maritimen Klima in <strong>West</strong>europa<br />
und dem kontinentalen Klima in osteuropa.<br />
Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt in po-<br />
len bei 8,2 °C, monatsdurchschnittstemperatur.<br />
Im Januar liegt diese bei ł0,5 °C und im Juli<br />
bei 16,9 °C. Der jährliche Niederschlag liegt<br />
bei 789 millimeter (vgl.: wiki_polen, 2012).<br />
Geschichte<br />
eine Übersicht über die Geschichte polens<br />
lässt die heutige situation besser verstehen.<br />
man unterteilt die Geschichte polens in sieben<br />
Zeiträume:<br />
Gründung und mittelalter (966-1569), polnisch-Litauische<br />
Adelsrepublik (1569-1772),<br />
Teilungen polens (1773-1918), Zweite republik<br />
(1918-1939), Zweiter Weltkrieg (1939-<br />
1945), Volksrepublik (1945-1989) und Dritte<br />
republik (1989 bis Heute).<br />
Wichtigste Daten der polnischen Geschichte<br />
Politik<br />
Von den geographischen und historischen<br />
Aspekten kommen wir nun zum politischen<br />
system polens. Genau wie Deutschland hat<br />
polen eine parlamentarische Demokratie, die<br />
sich aus einem Zweikammerparlament bildet.<br />
Dabei unterscheidet man den „sejm“,<br />
mit 460 Abgeordneten, und den „senat“ mit<br />
100 senatoren. Gleichzusetzen mit Bundestag<br />
und Bundesrat, bilden sejm und senat die Legislative.<br />
Diese wird für vier Jahre durch eine<br />
mehrheits- bzw. Verhältniswahl gewählt, welche<br />
zuletzt am 09.10.2011 erfolgte (vgl.: bpb_<br />
das Zweikammerparlament, 2012). Besonders<br />
stolz sind die polen dabei auf ihren sejm, der<br />
bereits seit 1493 in polen Bestand hat und damit<br />
zu einem der ältesten parlamente der Welt<br />
gehört (vgl.: wiki_politisches system, 2012).<br />
966 nahm Fürst mieszko I. das Christentum an und gründete den polnischen staat<br />
1038 zerfiel der polnische staat nach Aufständen<br />
1386 vereinigten sich polen und Litauen nach der Heirat der polnischen Königin Jadwiga<br />
mit dem litauischen Fürsten Jogaila<br />
1569 fand die staatliche Vereinigung polens mit Litauen statt. polen-Litauen erreichte seine<br />
größte erstreckung<br />
1609 wurde Warschau Hauptstadt und ersetzte Krakau<br />
1772, 1793, 1795<br />
wurde polen jeweils zwischen russland, preußen und österreich aufgeteilt und<br />
so drei mal inexistent<br />
1918 Gründung des polnischen staats in territorialer Anlehnung an das staatsterritorium<br />
der früheren polnischen Gebiete vor den drei Teilungen<br />
1939 begann der Zweite Weltkrieg und polen wurde <strong>von</strong> Deutschland besetzt<br />
1945 Gründung der Volksrepublik unter kommunistischem regime<br />
1989 der `runde Tisch` entstand in polen. Gründung der Dritten republik<br />
2004 tritt polen der eu bei<br />
(vgl.: Droth, Grimm und Haasen, 2000, 16-21)<br />
11
Die exekutive wird vom staatspräsidenten<br />
und dem ministerrat gebildet, die Judikative<br />
durch unabhängige Gerichte.<br />
Zurzeit teilen sich sejm und senat in fünf<br />
große parteien auf: die liberalkonservative<br />
„platforma obywatelska“ (po, dt. Bürgerplattform),<br />
die rechtskonservative „prawo<br />
i Sprawiedliwołł“<br />
(PiS, dt. Recht und Gerechtigkeit),<br />
die linksliberale „ruch palikota“<br />
(palikot-Bewegung), die konservative „polskie<br />
stronnictwo Ludowe“ (polnische Bauernpartei)<br />
und der sozialdemokratischen „sojusz<br />
Lewicy Demokratycznej“ (Bund der demokratischen<br />
Linken) (vgl.: polish-online.com,<br />
2012). Derzeitig regiert die po in einer Koalition<br />
mit der Bauernpartei, mit den meisten<br />
stimmen im senat und sejm. so gehören auch<br />
der ministerpräsident und der Außenminister<br />
der Bürgerplattform an. seit dem 18.11.2011<br />
ist Donald Tusk in seiner zweiten Amtszeit als<br />
ministerpräsident tätig. er leitet und koordiniert<br />
die Arbeit des ministerrats und wird vom<br />
Sejm gewählt. Außenminister ist Radosław Sikorski<br />
und staatspräsident der unparteiische<br />
Bronislaw Komorowski. Komorowski bildet die<br />
spitze der exekutiven, ernennt ministerpräsident<br />
und Außenminister, nimmt die höchste<br />
position im Kriegsfall ein und hat damit eine<br />
wichtigere rolle als der deutsche Bundespräsident,<br />
da er nicht vornehmlich repräsentative<br />
Funktionen ausführt (vgl.: wiki_politisches<br />
system 2012).<br />
Wirtschaft<br />
Die Wirtschaft polens hat sich in den letzten<br />
30 Jahren stark gewandelt. es handelt sich<br />
hierbei um die umwandlung der sozialistischen<br />
Zentralplanwirtschaft zur marktwirt-<br />
12<br />
schaft <strong>von</strong> 1989. Dazu wurde nach Balcerowicz<br />
ein plan entwickelt, der den Übergang<br />
möglichst schnell gewährleisten sollte.<br />
schwerpunkte waren dabei die Liberalisierung<br />
der Wirtschaftspolitik, die Gewährleistung<br />
der Fiskalpolitik und die Überprüfung<br />
der Geldpolitik mit dem Ziel der stabilisierung<br />
der Wirtschaftsstruktur (vgl.: wiki_Wirtschaft<br />
polens 2012). Der Balcerowicz-plan wurde<br />
wegen seiner drastischen maßnahmen auch<br />
als „schocktherapie“ polens bezeichnet und<br />
anfangs stark kritisiert. Der plan bewährte<br />
sich jedoch und gliederte polen schon früh in<br />
das europäische Wirtschaftssystem ein (vgl.:<br />
Nowy dziennik 2012). ein weiterer wichtiger<br />
schritt war dabei der eintritt in die europäische<br />
union 2004. 67,3 mrd. euro konnte polen aus<br />
der eu Kasse für seine Zwecke verwenden und<br />
bekam eine zusätzliche Förderung der Agrar-<br />
und ernährungswirtschaft <strong>von</strong> 14 mrd. euro.<br />
Die Wachstumsdynamik polens steigt stetig<br />
und auch das Interesse an Direktinvestitionen<br />
wird größer, sodass polen nach einer studie<br />
der eBWe einen Transformationsfortschritt<br />
<strong>von</strong> 3,5 punkten aufweist. somit ist polen<br />
nach ungarn derzeit das zweitfortschrittlichste<br />
Land (4p) in europa (vgl.: bpb_strukturwandel,<br />
2012).<br />
Abb. 1.1.3 sejm; Foto: gover.pl, 2012<br />
Abb. 1.1.4 ministerpräsident Donald Tusk;<br />
Foto: topnews.in, 2012<br />
Abb. 1.1.5 staatspräsident Bronislaw Komorowski;<br />
Foto: radio olsztyn, 2012
Demographie und Siedlungsstruktur<br />
Durch den wirtschaftlichen Wandel des Landes<br />
veränderte sich bis heute auch die demographische<br />
struktur, wie auch deren siedlungsräume.<br />
mit 38 mio. einwohnern ist polen<br />
bevölkerungsmäßig das achtgrößte Land europas<br />
mit ungefähr 122 einwohnern pro km².<br />
Da polens wirtschaftliche entwicklung später<br />
stattgefunden hat, als z.B. die Deutsche, ist<br />
auch der demographische Wandel in polen<br />
verzögert. 2011 betrug die Geburtenrate polens<br />
nur noch 1,22 und ist damit selbst unter<br />
der deutschen rate mit 1,45 Kindern pro Frau<br />
geblieben. Bereits 1990-2007 ist die Zahl der<br />
unter 20jährigen auf unter 50% gesunken.<br />
Für 2050 wird prognostiziert, dass über 30%<br />
der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein wird.<br />
(vgl.: rkw-kompetenzzentrum, 2012). somit<br />
wird die Vergreisung zu einem neuen problem<br />
für polen.<br />
Die siedlungsstruktur polens zentriert sich auf<br />
sieben verschiedene Ballungsräume. Dazu<br />
gehören die fünf größten städte: Warschau,<br />
Krakau, Lodz, Breslau und possen, sowie Danzig<br />
und Kattowitz. In diesen Ballungsräumen<br />
wohnen mehr als 1.400 menschen pro Quadratkilometer.<br />
sie bilden somit die dichtesten<br />
räume polens (vgl.: mbi-geodata, 2012). Die<br />
Bedeutung dieser regionen wird auch am<br />
Verkehrsnetz deutlich. Alle sieben städte sind<br />
untereinander durch Autobahnen verbunden,<br />
die die Hauptverkehrsachsen polens bilden<br />
(vgl.: urlaub in polen, 2012).<br />
Polens Kultur und Persönlichkeiten<br />
Denkt man an die Kultur polens kommt einem<br />
zuerst die starke religiöse Verbundenheit<br />
in den sinn. Gründe dafür lassen sich in der<br />
Geschichte polens wiederfinden. Zur Zeit der<br />
kommunistischen Herrschaft in polen stellte<br />
sich die katholische Kirche gegen das politische<br />
regime. Bereits damals erfuhr die Kirche<br />
durch ihre Verdienste eine große Zustimmung.<br />
Als unter der totalitären Herrschaft schließlich<br />
die politische Gesellschaft in polen völlig<br />
fehlte, ersetzte die Kirche diese position und<br />
wurde zum Zentrum des gesellschaftlichen<br />
Lebens. sie diente als unterstützende Funktion<br />
und verhalf dadurch indirekt den menschen<br />
zur neuen politischen ordnung. Noch<br />
heute findt sich die religiöse Verbundenheit in<br />
der ethnischen Homogenität polens wieder.<br />
95% der polen bekennen sich zum Katholizismus.<br />
polen hat eine starke Verbundenheit<br />
zum Glauben (vgl.: bpb_religion und politik,<br />
2012).<br />
Bekannte polnische persönlichkeiten gibt es<br />
in jedem Fachgebiet, <strong>von</strong> Kunst bis zur physik.<br />
so ist zum Beispiel Frederic Chopin einer<br />
der populärsten Klavierkomponisten des 19<br />
Jhd. Da er bereits früh nach Frankreich umgezogen<br />
ist, vergisst so manch einer, dass seine<br />
eigentliche Heimat polen war. Das gleiche gilt<br />
auch für marie Curie, die 1903 den Nobelpreis<br />
für physik und 1911 für Chemie erhalten hat<br />
(vgl.: wiki_marie Curie, 2012). eine noch lebende<br />
berümte persönlichkeit polens ist Wisjawa<br />
szymborska, die als Dichterin und Literaturkritikerin<br />
1996 den Nobelpreis für Literatur<br />
erhielt (vgl.: bpb_Wislawa szyborska, 2012).<br />
Stand <strong>von</strong> Polen in Europa heute<br />
Abschließend kann man sagen, dass polen sowohl<br />
Gemeinsamkeiten als auch unterschiede<br />
zu Deutschland aufweist. so teilen wir das<br />
gleiche politische system, nehmen an densel-<br />
ben Wirtschaftsförderungen teil oder weisen<br />
die gleiche demographische entwicklung auf.<br />
Auch geographisch ähnelt polen Deutschland,<br />
weist jedoch seine eigenen Besonderheiten,<br />
wie die breite seenlandschaft auf. Durch die<br />
Geschichte, besonders durch die kommunistische<br />
planwirtschaft, welche das Land lange<br />
Zeit ausbremste, unterscheidet sich polen <strong>von</strong><br />
Deutschland jedoch in seinem entwicklungsgrad.<br />
Die Vergangenheit prägte sowohl Kultur<br />
als auch religion, sodass polen heute ein ganz<br />
spezifisches Gefüge aufweist.<br />
Abb. 1.1.6 Infrastruktur polens;<br />
Foto: urlaub-in-polen.de, 2012<br />
13
Literaturverzeichnis<br />
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http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />
polen/40676/parlament, 10.07.2012<br />
bpb_religion und politik, 2012:<br />
http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />
polen/40758/religion-und-politik, 10.07.2012<br />
bpb_strukturwandel, 2012:<br />
http://www.bpb.de/internationaleseuropa/<br />
polen/40724/strukturwandel, 10.07.2012<br />
bpb_Wislawa szyborska, 2012:<br />
http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />
polen/40830/portraitwisawa-szymborska,<br />
10.07.2012<br />
die-erde.com, 2012:<br />
http://www.die-erde.com/europa/staaten/<br />
deutschland.html, 10.072012<br />
Droth, Alf, Grimm, Frank-Dieter und Haase,<br />
Annegret (2000): Daten Fakten Literatur, zur<br />
Geographie europas. In: Institut für Länderkunde<br />
e.V. Leipzig, 2000<br />
mbi-geodata_Bevölkerungsstruktur, 2012:<br />
http://www.mbi-geodata.de/index.<br />
php?option=com_content&view=article&id=1<br />
12&Itemid=60, 15.05.2012<br />
Nowy Dziennik, 2012:<br />
http://www.dziennik.com/wiadomosci/artykul/plan-balcerowicza-po-20-latach-poczatekwielkiego-przelomu,<br />
10.07.2012<br />
polish-online, 2012:<br />
http://www.polish-online.com/polen/politik/<br />
parteien.php, 10.07.2012<br />
rkw-Kompetenzzentrum, 2012:<br />
http://www.rkw-kompetenzzentrum.de/<br />
fileadmin/media/Dokumente/publikationen/2011_FB_Wifa-polen.pdf,<br />
10.07.2012<br />
urlaub in polen, 2012:<br />
http://www.urlaub-in-polen.de/karte.html,<br />
10.07.2012<br />
Wiki_marie Curie, 2012:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/marie_Curie,<br />
10.07.2012<br />
Wiki_polen, 2012:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/polen,<br />
10.07.2012<br />
Wiki_politisches system, 2012:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<br />
polen#politisches_system, 10.07.2012<br />
Wiki_Wirtschaft polens, 2012:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_polens,<br />
10.07.2012<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.1.1 Topographische Karte polens<br />
http://www.europaurlaub.org/pages/<br />
polen/landkarte-topographie.php, 26.07.2012<br />
Abb. 1.1.2 Woiwodschaften polens<br />
http://kulturweit-blog.de/pila/files/2011/<br />
12/Karte_<strong>von</strong>_polen.jpg, 26.07.2012<br />
Abb. 1.1.3 sejm<br />
http://www.gover.pl/news/lista/tag/<br />
sejm%20rp, 04.08.2012<br />
Abb. 1.1.4 ministerpräsident Donald Tusk.<br />
http://www.topnews.in/files/tusk_1.jpg,<br />
04.08.2012<br />
Abb. 1.1.5 staatspräsident Bronislaw<br />
Komorowski<br />
http://www.ro.com.pl/public/grafika/_<br />
Bronislaw_Komorowski.jpg, 04.08.2012.<br />
Abb. 1.1.6 Infrastruktur polens<br />
http://www.urlaub-in-polen.de/<br />
karte.html, 04.08.2012
1.2 Breslau-stadt(bau)geschichte<br />
bis 1900<br />
<strong>von</strong> Julia Haun und Yiran Nan<br />
Bekanntermaßen beschäftigt sich stadtbaugeschichte<br />
mit der baulichen entwicklung einer<br />
stadt. Die spuren verschiedener entwicklungsphasen<br />
sind in manchen Fällen deutlich, in anderen<br />
weniger deutlich zu erkennen. Breslau<br />
gilt als Beispiel einer stadt, in der nahezu jede<br />
epoche seit der entstehung sehr gut ablesbar<br />
ist. um einen Überblick über die verschiedenen<br />
epochen der entstehung zu geben, stellen wir<br />
diese nun genauer vor.<br />
Geografische <strong>Ein</strong>ordnung und erste<br />
Besiedlung<br />
Der besonderen geographischen Lage Breslaus<br />
im südwesten polens ist es zu verdanken, dass<br />
sich die stadt genau an dem standort entwickeln<br />
konnte, an dem sie sich heute befindet.<br />
Das frühere schlesien liegt im einzugsbereich<br />
der „mährischen pforte“, eine Talwasserscheide<br />
zwischen der oder in polen und der Donau<br />
in Tschechien. Die mährische pforte ist Teil der<br />
europäischen Flusseinzugsgebiete und somit<br />
naturgegebene Verbindungsachse im Zentrum<br />
des europäischen Kontinents. Die schwelle<br />
zwischen uferbereich und Wald diente den<br />
einwandernden ureinwohnern als Weg. Als<br />
Hauptgrund für die Niederlassung an der stelle<br />
der heutigen Dominsel ist die Furtlage Breslaus<br />
zu nennen. Nordwestlich der heutigen stadt<br />
Breslau teilt sich das oder-Flussbett in vier Nebenarme,<br />
somit sind die einzelnen Flussläufe<br />
seicht und einfach zu durchqueren. Weitere<br />
Abb. 1.2.1 europäische Flusseinzugsgebiete und Hauptwasserscheiden; Foto: Wiki_europäische Wasserscheiden, 2012<br />
15
Abb. 1.2.2 oderflussbett; Foto: Brückenkopf Breslau<br />
Kriterien für die Niederlassung vor ort waren<br />
die besondere Bodenfruchtbarkeit und die vorhandene<br />
Waldgrenze (vgl.: Dobesz, 1995).<br />
Im Bereich des heutigen Breslaus ist eine Konzentration<br />
<strong>von</strong> schwerem, fruchtbaren Boden<br />
vorzufinden. Außerdem befand sich seit jeher<br />
eine unbewaldete Fläche im heutigen stadtgebiet.<br />
All dies sind Indizien dafür, weshalb in dem<br />
Bereich um das heutige Breslau besonders viele<br />
steinzeitliche Funde geborgen werden konnten<br />
(vgl.: stosberg,1933).<br />
<strong>Stadt</strong> unter den Piastenfürsten (894-1334)<br />
Der piastenfürst Wratislav I. errichtete um 900<br />
eine Burg am heutigen standort des Doms. Die<br />
errichtung der Anlage diente als schutz und<br />
Abwehrmaßnahme gegen das slawische Volk<br />
und wird als Gründung und ältester Kern der<br />
stadt Breslau gesehen. Im Jahr 1000 kam es zur<br />
offiziellen Gründung des Bistums Wroclaw.<br />
Bereits um 1200 siedelten auch die ersten<br />
Deutschen am südufer des Flusses. es entstand<br />
Abb. 1.2.3 Bodenfruchtbarkeit;<br />
Foto: Brückenkopf Breslau, Google_maps, 2012<br />
Abb. 1.2.4 Fruchtbarkeit;<br />
Foto: Brückenkopf Breslau, Google_maps, 2012<br />
die neue stadt, die bereits wenige Jahrzehnte<br />
später zur Hauptstadt des unabhängigen Herzogtums<br />
schlesiens aufstieg (vgl.: Geschichte_<br />
Breslau, 2012).<br />
Das Jahr 1241 gilt als erstes unglücksjahr in der<br />
Geschichte Breslaus. Die mongolen fielen in die<br />
stadt ein. Als Abwehrmaßnahme setzten die<br />
Abb. 1.2.5 steinzeitliche Funde um Breslau;<br />
Foto: Brückenkopf Breslau<br />
Bewohner ihre Häuser in Brand und flüchteten<br />
in die Burganlage. es kam zur völligen Zerstörung<br />
der stadt. Die sofortige Neugründung<br />
erfolgte durch den Herzog Boleslaw. man begann<br />
mit der Absteckung eines 3,64 ha großen<br />
markplatzes - dem „großen ring“, sowie des<br />
„salzrings“ und den Kirchen „st. elisabeth“<br />
und „maria magdalena“. Die restlichen Flächen<br />
wurden schachbrettartig in Nord-süd-<br />
und ost-<strong>West</strong>achsen angelegt.<br />
Der große ring ist auch heute noch das pulsierende<br />
Herz Breslaus, mit der größten Dichte<br />
an Kneipen und Bars. er entwickelte seine volle<br />
pracht durch die vielfältigen, gut ablesbaren
Abb. 1.2.6 erste Ansiedelungen <strong>von</strong> Deutschen;<br />
Foto: Brückenkopf Breslau<br />
stilepochen der Bebauung. Durch das ensemble<br />
mit dem diagonal südlich angrenzenden salzring,<br />
sowie dem diagonal nördlich angrenzenden<br />
Kirchplatz der elisabethkirche, ergibt sich<br />
hier eine einzigartige städtebauliche situation.<br />
1244 wurde mit dem Dombau begonnen. Die<br />
Version, die als erstes gotisches Bauwerk polens<br />
angesehen wird, ist bereits die vierte Version<br />
des Doms.<br />
1261 erhielt Breslau das magdeburger stadtrecht.<br />
Dies war ein wichtiger schritt für die entwicklung<br />
der stadt, die nun unabhängig selbst<br />
verwaltet wurde. Wenige Jahre später wurde<br />
mit dem Bau des rathauses angefangen, das als<br />
perle der gotischen Architektur gilt, sowie mit<br />
der einrichtung des „schweidnitzer Kellers“.<br />
Dieser ist die älteste Gaststätte polens und wird<br />
seit 1273 fast ununterbrochen bewirtschaftet.<br />
1299 erfolgte die erste städtebauliche Ausdehnung<br />
richtung süden in Form eines stadtmauergürtels,<br />
bestehend aus 50 Wehrtürmen. Die<br />
stadtgrenze verschob sich bis an die heutige<br />
ulica podwale. einige Jahre später entstand als<br />
Abb. 1.2.7 Der große ring; Foto: Wroclow-life, 2012<br />
Befestigungsgraben ein stadtgraben, der als innerstädtischer<br />
Flusslauf noch heute ablesbar ist<br />
(vgl.: Geschichte_Breslau, 2012).<br />
Die <strong>Stadt</strong> im Königreich Böhmen (1335-1525)<br />
mit dem Tod des letzten piastenherzogs fiel das<br />
Königreich schlesien an das Herzogtum Böhmen.<br />
In den folgenden hundert Jahren, <strong>von</strong><br />
1387 bis 1474 erfuhr die stadt ihre größte wirt-<br />
schaftliche Blütezeit durch eine Verzeichnung<br />
als mitglied der Hanse.<br />
Ab mitte des fünfzehnten Jahrhunderts kam es<br />
zum ersten Judenpogrom in der stadt. Johann<br />
Capistram, ein berühmter priester und prediger,<br />
verweilte in der stadt. Durch Hasspredigten,<br />
angebliche Hostienschändung und Gotteslästerung<br />
kam es zur Verbrennung <strong>von</strong> 41<br />
unschuldigen Juden, sowie kurze Zeit darauf<br />
17
zur kompletten Ausweisung der jüdischen Gemeinde<br />
(vgl.: Geschichte_Breslau, 2012).<br />
Die <strong>Stadt</strong> unter den Habsburgern (1526-1741)<br />
Die Habsburger erhielten die macht über schlesien<br />
im Jahr 1526. Bis 1741 befand es sich im<br />
Herrschaftsbereich der österreichischen monarchie.<br />
In dieser Zeit veränderte sich die stadt nur<br />
geringfügig.<br />
Das rathaus erhielt im Jahr 1530 seine zierliche<br />
renaissance-spitze. Das alte rathaus<br />
war ursprünglich ein bescheidener einstöckiger<br />
Bau. Als sich die stadt im 15. Jahrhundert<br />
auf dem Gipfel ihres Wohlstands befand, kam<br />
der südteil hinzu und die ostfassade wurde<br />
im spätgotischen stil aufwendig umgestaltet.<br />
Die <strong>West</strong>fassade des rathauses, der Haupteingang,<br />
sieht verhältnismäßig einfach aus. In<br />
diese Fassade wurde der gotische rathausturm<br />
mit der sich verjüngenden renaissance-spitze<br />
integriert(vgl.: ehlers-HH, 2012).<br />
Am 12. märz verlieh König Ferdinand <strong>von</strong> Böhmen<br />
und ungarn der stadt Breslau ein Wappen.<br />
es besteht aus einem in rot und Gold<br />
quadriertes schild, belegt mit einer silbernen<br />
schüssel mit dem Haupt Johannes des Täufers<br />
als Herzschild. Im ersten Feld ist der silberne,<br />
böhmische Löwe mit Doppelschwanz und goldener<br />
Krone abgebildet, im zweiten Feld der<br />
schwarze Herzogadler mit silbernem Halbmond<br />
und Kreuz, im dritten Feld ein schwarzes „W“<br />
und im vierten Feld die Büste <strong>von</strong> Johannes<br />
dem evangelisten. Das Wappen ist auch heute<br />
noch das offizielle stadtwappen <strong>von</strong> Breslau<br />
(vgl.: Geschichte_Breslau).<br />
1578 wurde <strong>von</strong> Friedrich Groß der erste maßstäbliche<br />
plan der stadt Breslau erstellt. Nach<br />
Abb. 1.2.8 Der stadtmauerring mit 50 Wehrtürmen; Foto: Histografica, 2012<br />
drei Jahre war der südturm des Doms 1581<br />
vollendet. (vgl.: Geschichte_Breslau, 2012)<br />
Während des Dreißigjährigen Krieges wurden<br />
die Befestigungsanlagen nach dem Vorbild eines<br />
modernen Bastionen-systems umgebaut.<br />
(vgl.: Geschichte_Breslau, 2012)<br />
Preußische Herrschaft (1741 – 1871)<br />
1741 kam schlesien unter preußische Herrschaft.<br />
Die eroberung Breslaus durch die Napoleonische<br />
Armee im Jahre 1807 setze den Befestigungsanlagen<br />
ein ende. Auf Befehl der<br />
Franzosen wurde in den nächsten Jahren der<br />
größte Teil des Verteidigungssystems entfernt.<br />
Die für das historische Bild der stadt nicht so<br />
günstige Beseitigung der Fortifikationen brach-<br />
te allerdings auch Vorteile. sie schuf die möglichkeit<br />
zur umwandlung der Festungsstadt in<br />
eine große, städtebaulich durchdacht geplante<br />
Großstadt. Die Franzosen entwarfen einen Gürtel<br />
<strong>von</strong> promenaden entlang des ehemaligen<br />
stadtgrabens. mit der Verwirklichung der Idee<br />
wurde 1814 begonnen. (vgl.: Dobesz,1995)<br />
Die universität Frankfurt/oder wurde im Jahr<br />
1811 nach Breslau verlegt. Damit wurden die<br />
universität „Viadrina“ und die universität „Leopoldina“<br />
in der universität „Literarum Vratislavensis“<br />
vereinigt. Die Breslauer universität<br />
wurde in demselben Jahr mit 290 studenten<br />
eröffnet. Der Lehrkörper bestand aus 43 personen.<br />
1828/29 gab es 842 studenten, 1839/40<br />
waren es 633 studenten, 1875/76 1.112 studenten<br />
und 1924 bereits 5.000 studenten (vgl.:
Abb. 1.2.9 Wappen Breslau; Foto: HJD, 2012 Abb. 1.2.10 Der südturm des Doms; Foto: rathay, 2012<br />
Geschichte_Breslau, 2012).<br />
1811 wurde an der sternstraße der platz für<br />
den botanischen Garten abgesteckt. Der Kern<br />
des Gartens entstand unter Leitung des aus<br />
rostock berufenen pflanzenphysiologen und<br />
Anatomen Heinrich Friedrich Link (1767 -<br />
1851). Die errichtung, auf einer Fläche <strong>von</strong><br />
ca. 5 ha. der universität, wurde <strong>von</strong> Friedrich<br />
Wilhelm III. <strong>von</strong> preußen gestiftet (vgl.: BGBm-<br />
Info, 2012).<br />
In der 2. Hälfte des 19. Jh. erfolgte eine sehr<br />
schnelle, chaotische stadtbebauung und entwicklung<br />
der Industrie. Zu Beginn des 20. Jh.<br />
war Breslau bereits eine sehr große stadt mit<br />
einer halben mio. einwohner. Die meisten<br />
Wohnhäuser entstanden in den Jahren 1870-<br />
1950. Dabei entstanden neue Bautypen wie<br />
zum Beispiel Bahnhöfe, Wassertürme und Fabriken.<br />
Jenseits des stadtgrabens entstanden<br />
charakteristische mietshäuser und Villen.<br />
Die neue sandbrücke wurde 1861 dem Verkehr<br />
übergeben. sie ist die älteste erhaltene Brücke<br />
Breslaus. (vgl.: Geschichte_Breslau, 2012)<br />
Deutsches Kaiserreich ( ab 1871)<br />
1871 wurde die stadt Breslau Teil des deutschen<br />
Kaiserreichs. Zu diesem Zeitpunkt zählte<br />
Breslau 208.000 einwohner und war damit<br />
die drittgrößte stadt Deutschlands. (vgl.: Geschichte_Breslau,<br />
2012)<br />
Abb. 1.2.11 universität; Foto: Fotopolska, 2012<br />
Abb. 1.2.12 sandbrücke; Foto: Wrmoneta, 2012<br />
19
Literaturverzeichnis<br />
Dobesz, Janusz L. (1995): Breslau - Wroclaw,<br />
Zeit und Architektur. Verlag: Wydawnicza<br />
stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />
eine untersuchng über d. städtebaul.<br />
Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />
zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />
urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />
Technische Hochschule Hannover)<br />
ehlers-hh, 2012:<br />
http://ehlers-hh.de/breslau/breslau1.htm,<br />
03.05.2012<br />
Geschichte_Breslau, 2012:<br />
http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />
history/, 03.05.2012<br />
BGBm_info, 2012:<br />
http://web136.server.homepage-hoster.de/<br />
bgbm.info/index.php?option=com_content&<br />
view=article&id=9&Itemid=21, 03.05.2012<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.2.1 europäische Flusseinzugsgebiete<br />
und Hauptwasserscheiden<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<br />
europ%C3%A4ische_Hauptwasserscheide,<br />
31.07.2012<br />
Abb. 1.2.2 oderflussbett<br />
stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />
eine untersuchng über d. städtebaul.<br />
Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />
zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />
20<br />
urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />
Technische Hochschule Hannover)<br />
Abb. 1.2.3 Bodenfruchtbarkeit<br />
stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />
eine untersuchng über d. städtebaul.<br />
Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />
zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />
urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />
Technische Hochschule Hannover)<br />
www.maps.google.de, 12.08.2012<br />
Abb. 1.2.4 Fruchtbarkeit<br />
stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />
eine untersuchng über d. städtebaul.<br />
Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />
zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />
urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />
Technische Hochschule Hannover)<br />
www.maps.google.de, 12.08.2012<br />
Abb. 1.2.5 steinzeitliche Funde um Breslau<br />
stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />
eine untersuchng über d. städtebaul.<br />
Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />
zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />
urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />
Technische Hochschule Hannover)<br />
www.maps.google.de, 12.08.2012<br />
Abb. 1.2.6 erste Ansiedlungen <strong>von</strong> Deutschen<br />
stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />
eine untersuchng über d. städtebaul.<br />
Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />
zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />
urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />
Technische Hochschule Hannover)<br />
www.maps.google.de, 12.08.2012<br />
Abb. 1.2.7 Der große ring<br />
http://www.wroclaw-life.com/wroclaw/<br />
breslau-geschichte, 12.08.2012<br />
Abb. 1.2.8 Der stadtmauerring mit 50 Wehrtürmen<br />
http://www.histografica.com/view.<br />
aspx?p=ri5tz63e, 12.08.2012<br />
Abb. 1.2.9 Wappen Breslaus<br />
http://www.foto-hjd.de/staedte/breslau/index.html,<br />
12.08.2012<br />
Abb. 1.2.10 Der südturm des Doms<br />
http://www.rathay-biographien.de/orte--/Borte/Breslau/breslau.htm,<br />
12.08.2012<br />
Abb. 1.2.11 universität<br />
http://fotopolska.eu/Wroclaw/<br />
u150319,plac_uniwersytecki.html,<br />
12.08.2012<br />
Abb. 1.2.12 sandbrücke<br />
http://wrmoneta.w.interia.pl/mosty.htm,<br />
12.08.2012
1.3 Breslau stadt(bau)geschichte<br />
1900 -1945<br />
<strong>von</strong> Frederic müller<br />
Bis 1900<br />
schon zu Beginn des 20. Jahrhundert handelte<br />
es sich bei Breslau um eine erstarkende und<br />
konkurrenzfähige Handelsstadt. Das durch den<br />
Bergbau geprägte oberschlesische Industriegebiet<br />
qualifizierte die stadt als optimalen standort<br />
für die Textil- und schwerindustrie. Folgend<br />
siedelte sich auch die maschinenbauindustrie<br />
in der Gegend an. Generell profitierte Breslau<br />
auch <strong>von</strong> der eröffnung der ersten eisenbahnstrecke<br />
1842, die fortlaufend als Katalysator für<br />
die Industrialisierung des standortes fungierte.<br />
mit der dabei einhergehenden Landflucht, verdoppelte<br />
sich die einwohnerzahl Breslaus <strong>von</strong><br />
ca. 250.000 auf eine halbe mio. einwohner. Infolgedessen<br />
erfolgten die ersten Wohnraumerweiterungen,<br />
dennoch galt Breslau weiterhin<br />
als eine der am dichtesten bevölkerten städte<br />
des deutschen reichs. Dies brachte jedoch auch<br />
viele städtebauliche und soziale probleme mit<br />
sich, sodass in den weiteren Jahren der Drang<br />
nach neuem Wohnraum und eine verbesserte<br />
Infrastruktur das fortgehende Baugeschehen<br />
dominierten.<br />
1900 - 1910<br />
unter dem damaligen stadtbaurat richard<br />
plüddemann lag das Augenmerk der stadtverwaltung<br />
auf der Verbesserung der hygienischen<br />
Verhältnisse und der öffentlichen Versorgung.<br />
Damit einher gingen vor allem der Bau neuer<br />
schulen und Krankenhäuser, aber auch die<br />
planung öffentlicher Grünzüge. Diese sorgten<br />
für ein verbessertes stadtklima, welches<br />
durch die beginnende Industrialisierung fortlaufend<br />
beeinträchtigt wurde. Neben diversen<br />
Verwaltungsgebäuden, war die errichtung der<br />
markthallen noch ein essentieller Bestandteil<br />
der Verbesserung der öffentlichen Versorgung.<br />
Konzentriert in einer bestimmten Anzahl<br />
an bedachten Bauten, sollten alle märkte der<br />
stadt zusammengefasst werden. Diese hätten<br />
nach planung plüddemanns konzentrisch<br />
um die Innenstadt liegen und wesentlich zur<br />
Verbesserung der Infrastruktur dienen sollen.<br />
Dazu beigetragen hat aber durchaus auch die<br />
Inbetriebnahme der städtischen straßenbahn.<br />
Zusammen mit der eintretenden mobilisierung<br />
durch das Auto und des geförderten straßen-<br />
und Brückenbaus, bot dies die Grundlagen für<br />
die suburbanisierung der stadt; für die Ausbreitung<br />
ins umland. Dabei wurde auch die<br />
Grunwaldzki-Brücke erbaut (vgl.: Beelitz, Förster,<br />
2006, 8). „Im Zuge dieser grundlegenden<br />
modernisierung veränderte sich das bisher mittelalterlich<br />
geprägte stadtbild bereits zu einer<br />
wilhelminischen Großstadt hin.“ (Beelitz, Förster,<br />
2006, 8)<br />
1910-1920<br />
mit der Amtseinführung des neuen stadtbaurates<br />
max Berg erfolgten gravierende Veränderungen<br />
in Breslau und seiner stadtstruktur.<br />
Zusammen mit dem Direktor der Breslauer<br />
Königlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe,<br />
Hans poelzig, war er maßgeblich<br />
dafür verantwortlich. so setzte max Berg die<br />
Arbeit plüddemanns fort und arbeitete weiter<br />
an einer funktional gegliederten stadt. Dabei<br />
entwickelte er die Idee der stadtbausteine und<br />
Abb. 1.3.1 Grunwaldzki-Brücke; Foto: Frederic müller,<br />
2012<br />
gliederte Breslau in eine Wohn-, Industrie-, Geschäfts-<br />
und Handelsstadt. Gleichzeitig plante<br />
er zusammen mit poelzig das Gelände der Jahrhundertausstellung.<br />
Anfang des 21. Jahrhunderts<br />
gewannen Ausstellungen immer mehr an<br />
popularität. sie gaben den städten die möglichkeit<br />
für Ihre produkte zu werben und somit<br />
den eigenen standort durch neue märkte zu<br />
festigen. Neben den regionalen Wirtschaftsin-<br />
21
Abb. 1.3.2 markthalle; Foto: Yiran Nan, 2012 Abb. 1.3.3 Innenansicht markthalle; Foto: Frederic müller, 2012<br />
teressen, spielte in Breslau auch noch der nationale<br />
patriotismus eine rolle. Die stadt gedachte<br />
damit dem hundertjährigen Jubiläum des Aufrufes<br />
des preußischen Königs Friedrich Wilhelm<br />
III. mit dem Aufruf „An mein Volk“ in Breslau<br />
bat er seine untertanen um unterstützung im<br />
Kampf gegen Napoleon, was in der sichtweise<br />
der preußischen Geschichtsschreibung die<br />
Kriegswende einleitete. Die Ausstellung wurde<br />
auf dem Gelände des scheitniger parks platziert.<br />
Die erweiterbare Anlage wird durch zwei<br />
Achsen dominiert, die <strong>von</strong> den verschiedenen<br />
Bauten (Vierkuppelpavillon, Jahrhunderthalle,<br />
pergola, Fontänenbecken, Verwaltungsgebäude)<br />
gerahmt werden (vgl.: Ilkosz, Jerzy, 2005,<br />
21f).<br />
Markthalle<br />
Die Markthalle wurde 1906-1908 vom<br />
<strong>Stadt</strong>baurat Richard Plüddemann erbaut und<br />
ist die erste <strong>von</strong> mehreren geplanten Hallen.<br />
<strong>Ein</strong>e baugleiche Kopie des Gebäudes wurde<br />
während des Krieges stark beschädigt und<br />
abgerissen. An dieser Position ersetzt die<br />
Markthalle das Sand-Zeughaus, welches bis<br />
dato ein Waffenlager für die <strong>Stadt</strong> war. Zur<br />
Erinnerung an diese Vornutzung wurde eine<br />
Kanonenkugel in den Uhrenturm des Gebäudes<br />
eingemauert. Die Konstruktion des<br />
Gebäudes ist, auch wenn es die neogotische<br />
Fassade auf den ersten Blick nicht vermu-<br />
ten lässt, ein Meilenstein der Architektur.<br />
Parabolische Bogenträger aus Stahlbeton<br />
überspannen 19 Meter. Es ist die erste Konstruktion<br />
ihresgleichen in Deutschland, die<br />
zur <strong>Ein</strong>leitung der Moderne wesentlich mit<br />
beigetragen hat. Mit diesem Bau erfolgt ein<br />
sanfter Übergang vom Historismus zur funktionalen<br />
Reformbewegung. Dies zeigt sich<br />
vor allem im technischen und sanitären Ausbau<br />
der Markthalle, so gab es dort bereits<br />
Toilettenanlagen und Aufzüge (vgl. Beelitz,<br />
Förster, 2006, 15). Mit dem Bau der Markthalle,<br />
schuf Plüddemann eine „Kathedrale<br />
für Obst“. (Beelitz; Förster 2006, 15)
1920-1930<br />
Nach dem ersten Weltkrieg ereilte Breslau eine<br />
sprunghafte Zuwanderungswelle, die durch<br />
den Verlust deutscher siedlungsgebiete wie<br />
<strong>West</strong>preußen und posen herzuleiten ist. Infolgedessen<br />
wurde das Thema der schaffung<br />
neuen Wohnraums wieder vornehmlich. Durch<br />
politische umwälzungen, hauptsächlich wegen<br />
der Weimarer republik, kamen alternative<br />
Lebens- und sozialmodelle in Diskussion. so<br />
entstanden in der Zeit <strong>von</strong> 1925-1930 neue<br />
satellitenwohnsiedlungen, darunter auch die<br />
Gartenstadt „Zimpel“. „Die siedlung gilt als<br />
musterbeispiel kollektiver Arbeit, in der individuelle<br />
architektonische Lösungen mit einer<br />
städtebaulichen Gesamtkonzeption einhergingen“<br />
(Beelitz; Förster 2006, 10). Neben der<br />
schaffung <strong>von</strong> neuen siedlungen erfolgte auch<br />
eine eingemeindung <strong>von</strong> insgesamt 54 Dorfgemeinden<br />
und Gutsbezirken, sodass die stadt<br />
schließlich auf eine Größe <strong>von</strong> 175 km² mit ca.<br />
600.000 einwohnern anwuchs.<br />
Im Zusammenhang mit der fortschreitenden<br />
Jahrhunderthalle<br />
Die Jahrhunderthalle, das heutige Weltkulturerbe,<br />
wurde 1911-13 <strong>von</strong> Max Berg konstruiert<br />
und erbaut. Sie bildet das Zentrum<br />
des Ausstellungsgeländes und ist das Wahrzeichen<br />
Breslaus. In den heute noch genutzten<br />
Veranstaltungsort passen ca. 10.000 Personen.<br />
Den zentralisierten Bau bildet eine<br />
Kuppel, die über einem zylindrischen Grundriss<br />
steht. Dabei spannt der Kuppelbau über<br />
Abb. 1.3.4 Innenansicht Jahrhunderthalle; Foto: bundesregierung.de, 2012<br />
eine Spannweite <strong>von</strong> 67 Metern und wurde<br />
bis auf seine Tragstruktur in Fenster aufgelöst.<br />
Folgend wird die Last <strong>von</strong> Stahlbetonbögen<br />
aufgenommen, die die Kräfte in den Boden<br />
überleiten. Um den Bögen eine Gegenkraft<br />
zu geben, wurde an jeder der vier Seiten eine<br />
raumabschließende Apsis eingesetzt, die in<br />
der Lastabtragung als Strebebögen fungieren.<br />
In einer der Apsiden stand die damals größte<br />
Orgel der Welt. Insgesamt gesehen, folgt der<br />
Bau mehr statischen und funktionalen Überlegungen.<br />
Er widerspricht somit dem damals<br />
vorherrschenden Bild <strong>von</strong> Architektur. Es<br />
handelt sich um eine reine Zweckarchitektur<br />
und damit bildet die Jahrhunderthalle einen<br />
Eckpfeiler für die Moderne Architektur (vgl.:<br />
Beelitz, Förster, 2006, 79).<br />
23
Abb. 1.3.5 Jahrhunderthalle; Foto: Frederic müller, 2012
Abb. 1.3.6 Gartenstadt „Zimpel“; Foto: tuwroclaw.com, 2012<br />
suburbanisierung der stadt, kam auch die<br />
Hochhausdiskussion in Breslau auf, die in erster<br />
Linie <strong>von</strong> max Berg eingeleitet wurde. In<br />
dieser für heutige Zeiten sehr üblichen Vorgehensweise,<br />
verfolgte man die Konzentrierung<br />
des tertiären sektors samt dem einzelhandel<br />
im Zentrum. Getrennt da<strong>von</strong> sollten an der<br />
peripherie nur noch reine Wohnviertel ohne<br />
störende Gewerbe bestehen. Diese grobe Körnigkeit<br />
der stadtstruktur konnte nur durch eine<br />
gute erschließung mittels des öpNV und der<br />
privaten Verkehrsmittel gewährleistet werden.<br />
Auf die stadtstruktur wirkt sich das durch eine<br />
zunehmende Dichte und Höhe der Bebauung<br />
mit abnehmender privatheit und zunehmender<br />
Nähe zum Zentrum aus. möglich wurde dies<br />
erst durch neue Konstruktionsmittel. Jedoch<br />
verhinderte eine große Ablehnung gegen einen<br />
derartigen eingriff in die stadtstruktur die<br />
Durchsetzung der pläne <strong>von</strong> max Berg. Daher<br />
wurden lediglich zwei projekte realisiert, eins<br />
da<strong>von</strong> das postscheckamt.<br />
Abb. 1.3.7 postscheckamt; Foto: www.baunetz.de, 2012<br />
Abb. 1.3.9 Warenhaus Wertheimkette;<br />
Foto: Frederic müller, 2012<br />
eine andere Gebäudetypologie, die zu dieser<br />
Zeit populär wurde und erst durch die neuen<br />
konstruktiven möglichkeiten in diesen Ausmaßen<br />
realisierbar war, waren die einkaufshäuser.<br />
Nach der Industrialisierung und der etablierung<br />
der mittelschicht, gab es eine große solvente<br />
Bevölkerungsgruppe. Diverse Kaufhäuser entstanden<br />
zu dieser Zeit, vor allem stechen dabei<br />
das Kaufhaus rudolf petersdorff <strong>von</strong> erich<br />
mendelsohn und das Warenhaus der Wertheimkette<br />
<strong>von</strong> Hermann Dernburg heraus<br />
25
(vgl.: Beelitz; Förster, 2006, 10).<br />
„Der einfluss des neuen Bauens unter einbeziehung<br />
des historischen Kontextes der region<br />
ließ in Breslau eine Art ortsgebundene moderne<br />
entstehen. es zeigt sich hier deutlich, dass<br />
die entwicklung der deutschen moderne einer<br />
Vielzahl <strong>von</strong> einflüssen unterlag und verschiedene<br />
strömungen nebeneinander existierten.<br />
(Beelitz; Förster, 2006, 15)“. Dabei unterstrichen<br />
Großereignisse wie die Jahrhundertausstellung<br />
oder die an die stuttgarter Weißenhofsiedlung<br />
angelehnte Werkbundausstellung,<br />
den Anspruch der niederschlesischen Hauptstadt,<br />
eine Kulturmetropole zu sein. Die Werkbundausstellung<br />
„WuWA“ („Wohnung und<br />
Werkraum“) wurde ausschließlich <strong>von</strong> regionalen<br />
Architekten gestaltet. sie war eine mustersiedlung<br />
zum „Neuen Bauen“ und beschäftigte<br />
sich mit innovativen funktionalen Lösungen<br />
für Kleinwohnungen und einfamilienhäuser.<br />
Gesellschaftsutopien wurden angestrebt, so<br />
stellte man unter anderen zukunftsweisende<br />
modelle zum gemeinschaftlichen Wohnen vor.<br />
Dabei erfolgte immer der einbezug alltäglicher<br />
problematiken. Jedoch konnte die Ausstellung<br />
keine internationale Berühmtheit in den maßstäben<br />
der Weißenhofsiedlung erreichen (vgl.<br />
Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.), 1996,<br />
25).<br />
Abb. 1.3.10 schlafzimmer Ledigenwohnheim;<br />
Foto: Frederic müller, 2012<br />
1930-1945<br />
„mit der machtergreifung der Nationalsozialisten<br />
1933 endete die, für die Kunst und Kultur<br />
so fruchtbare, Zeit schlagartig. An die stelle der<br />
innovativen diskursiven Vielfalt trat die vorgegebene<br />
staatsnorm des Dritten reiches, […].<br />
(Beelitz, Förster, 2006, 10)“. ein Großteil der<br />
vormaligen Akteure der kulturellen szene in<br />
Breslau musste fliehen, wurde vertrieben, oder<br />
gar umgebracht. In den letzten Kriegsmonaten<br />
erlitt die stadt einen Zerstörungsgrad <strong>von</strong> 70%.<br />
Ganze stadtteile fielen der „Festung Breslau“<br />
zum opfer. Am 6. mai 1945 kapitulierte Breslau<br />
als die letzte Bastion des deutschen reiches.<br />
Ab dann regierte, durch eine Verschiebung der<br />
staatsgrenzen, eine neue und alte staatsmacht<br />
über Breslau. ein nahezu völliger Bevölkerungsaustausch<br />
erfolgte und das deutsche Breslau<br />
wurde zum polnischen „Wroclaw“ (vgl.: Beelitz,<br />
Förster, 2006, 11).<br />
Ledigenwohnheim<br />
Das Ledigenwohnheim wurde 1929 <strong>von</strong> Hans Scharoun unter der Thematik des „Kollektiven<br />
Wohnens“ erbaut. Es bildet den Höhepunkt der gesamten Siedlung und beinhaltet eine<br />
veraltete Bauaufgabe aus den Zeiten der Industrialisierung in den großen Städten. Dabei<br />
handelt es sich um eine Sozialeinrichtung mit strikter Hausordnung und klarer Geschlechtertrennung.<br />
Dies entsprach nicht mehr den Ansprüchen der Gesellschaft der späten 20er,<br />
einer individuellen Lebensgestaltung nachzugehen. Scharoun versuchte sich daher an einer<br />
Neudefinierung des Konzeptes und erreichte eine Verbindung <strong>von</strong> Landschaft und Architektur<br />
mit „maritimen“ Assoziationen. Das Haus unterlag im Laufe der Zeit, wie auch die<br />
restlichen Bauwerke der Siedlung, diversen Renovierungen. Heute wird es als Hotel genutzt<br />
(vgl.: Beelitz, Förster, 2006, 99)
Literaturverzeichnis<br />
Beelitz, Konstanze; Förster, Niclas (2006):<br />
Breslau/Wroclaw. Die Architektur der moderne.<br />
Berlin<br />
Ilkosz, Jerzy (Hg.) (2005): Die Jahrhunderthalle<br />
und das Ausstellungsgelände in Breslau.<br />
Das Werk max Bergs. münchen<br />
Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.)<br />
(1996): Auf dem Weg zum Neuen Wohnen.<br />
Die Werkbundsiedlung Breslau 1929. Basel<br />
James-Chakraborty, Kathleen (2000): German<br />
Architecture for a mass Audience.<br />
London<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.3.1 Grunwaldzki-Brücke<br />
Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />
Abb. 1.3.2 markthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 1.3.3 Innenansicht markthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />
Abb. 1.3.4 Innenansicht Jahrhunderthalle<br />
http://www.bundesregierung.de/Content/De/<br />
statischeseiten/Breg/Bilder/2010-09-28-jahrhunderthalle-in-breslau.jpg?__blob=poster,<br />
05.05.2012<br />
Abb. 1.3.5 Jahrhunderthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />
Abb. 1.3.6 Gartenstadt „Zimpel“<br />
http://www.tuwroclaw.com/pliki/duze_zdjecia/wiadomosci/odkrywamy/sempolno_dolnyslaskorgpl.jpg,<br />
05.05.2012<br />
Abb. 1.3.7 postscheckamt<br />
http://www.baunetz.de/img/44655329_<br />
a10e471813.jpg, 05.05.2012<br />
Abb. 1.3.8 Kaufhaus petersdorff/mendelso<br />
Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />
Abb. 1.3.9 Warenhaus Wertheimkette<br />
Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />
Abb. 1.3.10 schlafzimmer Ledigenwohnheim<br />
Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />
27
1.4 Breslau stadt(bau)geschichte<br />
1945 - 1990<br />
<strong>von</strong> synke mumme, roman schmitt und<br />
Nina steinkühler<br />
Im Folgenden befassen wir uns mit der städtischen<br />
entwicklung Breslaus, sowohl in Hinblick<br />
auf seine geschichtlichen, als auch städtebaulichen<br />
entwicklungsphasen ab ende 1944 und<br />
den folgenden Jahrzehnten bis ende der 80er<br />
Jahre. Ziel ist es anhand zeitgeschichtlicher ereignisse<br />
und städtebaulicher entwicklungen<br />
den Werdegang, Tendenzen und das heutige<br />
Wroclaw besser begreifen und erfassen zu<br />
können.<br />
Das Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
Breslau zählte bis vor dem Krieg zu den<br />
schönsten und eindrucksvollsten stadtkunstwerken<br />
mitteleuropas und wurde auch als die<br />
„Blume europas“ (polska 2012) bezeichnet.<br />
mit über 600.000 einwohnern (stand 1939)<br />
war sie eine der größten städte des damaligen<br />
deutschen reiches und die Hauptstadt schlesiens<br />
(vgl.: Zeit online_stalingrad an der oder,<br />
2005).<br />
Der Niedergang, des bis Anfang Februar 1945<br />
unversehrten Breslaus, begann mit einem folgenreichen<br />
entschluss Adolf Hitlers im Herbst<br />
1944. Dieser erklärte die völlig unbefestigte<br />
stadt zur Festung. Dies bedeutete, dass eine<br />
Kapitulation nicht in Frage kam. es sollte bis<br />
zum Letzten gekämpft werden. so wurde<br />
Breslau zu einem strategisch äußerst wichtigen<br />
punkt der oderlinie des deutschen Verteidigungssystems.<br />
28<br />
Abb. 1.4.1 Altes Breslau 1930; Foto: goerke.us, 2012<br />
Die Zerstörung begann bereits vor den eigentlichen<br />
Kämpfen, da für die schanzarbeiten<br />
material benötigt wurde und kurzerhand<br />
zahlreiche Gebäude abgerissen wurden.<br />
Ab dem 12. Januar 1945 wurde durch die sowjetische<br />
Großoffensive an der Weichsel die<br />
ostfront aufgelöst und obwohl bereits Zehntausende<br />
in Flüchtlingstrecks gen <strong>West</strong>en<br />
durch die stadt zogen, sollte Breslau vorerst<br />
nicht evakuiert werden. erst am 19. Januar<br />
ordnete der Gauleiter Karl Hanke die evakuierung<br />
an, doch zu diesem Zeitpunkt war eine<br />
geordnete räumung der stadt nicht mehr<br />
möglich. Hunderttausende Breslauer versuchten<br />
nun die stadt zu verlassen - panik und<br />
Chaos waren die Folge. Auf Befehl Hankes<br />
sollten daraufhin nur Frauen und Kinder zu<br />
Fuß die stadt räumen. Bei tiefsten minusgraden<br />
erfroren Tausende auf der massenflucht<br />
durch die winterliche Landschaft.<br />
Ab Anfang Februar wurde Breslau durch die<br />
rote Armee eingekreist und als sich am 15.<br />
Februar der Belagerungsring schloss hielten<br />
sich neben etwa 50.000 soldaten noch ca.
200.000 Zivilisten in der stadt auf, darunter<br />
zehntausende Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene<br />
und KZ-Häftlinge.<br />
Zwar litt Breslau auch unter den heftigen Angriffen<br />
der sowjetischen Armee, jedoch ist die<br />
massive Zerstörung Breslaus in erster Linie der<br />
Festungsführung vorzuwerfen. um der sowjetischen<br />
Armee das einrücken zu erschweren<br />
und ein freies schussfeld zu gewährleisten,<br />
wurden in Häuserkämpfen gezielt ganze<br />
Quartiere durch deutsche soldaten in Brand<br />
gesetzt und gesprengt. Trauriger Höhepunkt<br />
war die Anlage eines rollfeldes in der ehemaligen<br />
Altstadt. Hierzu wurde eine etwa ein<br />
Kilometer lange und 300 meter breite schneise<br />
in die stadt geschlagen und das Gelände<br />
geebnet. Zum einsatz kam diese Landebahn<br />
allerdings nie.<br />
Nach erneuter Kapitulationsverweigerung<br />
durch General Niehoff, erfolgte am 1. April<br />
eine heftige Bombardierung des stadtzentrums<br />
und Großbrände verwüsteten ganze<br />
stadtteile. erst nach über einem weiteren monat<br />
unerbittlicher Kämpfe und dem Fall Berlins<br />
am 2. mai 1945 unterzeichnete General Niehoff<br />
am 6. mai die Kapitulationsurkunde.<br />
Bereits in der Nacht auf den 7. mai besetzte<br />
die rote Armee das stadtzentrum und nur drei<br />
Tage später, am 10. mai, traf der neue polnische<br />
oberbürgermeister Boleslaw Drobner in<br />
Breslau ein. Zu diesem Zeitpunkt war die stadt<br />
nur noch ein schatten ihrer selbst in der weite<br />
Teile unbewohnbar waren. (vgl.: Zeit online_<br />
stalingrad an der oder, 2005).<br />
Abb. 1.4.2 Flüchtlinge und umsiedler; Foto: deutsche-und-polen.de, 2012<br />
29
Abb. 1.4.3 zerstörtes Breslau; Foto: zobten.de, 2012<br />
30<br />
Der Wiederaufbau<br />
In den folgenden monaten wurden Deutsche<br />
als Zwangsarbeiter zum Wiederaufbau<br />
Breslaus und auch polens herangezogen und<br />
in Arbeitslagern inhaftiert. Bis zum sommer<br />
1945 entstanden sieben Lager. Insgesamt unterstanden<br />
dem „ministerium für öffentliche<br />
sicherheit“ 88 Gefängnisse und 14 Inhaftierungs-,<br />
sammel- und Zwangsarbeiterlager<br />
(vgl.: rbb_Deutsche & polen, 2012). schätzungen<br />
zur Folge starben ca. 60.000 bis 100.000<br />
Insassen in diesen Lagern.<br />
obwohl bereits nach eroberung der stadt<br />
durch stalin diese einer polnischen Verwaltung<br />
unterstellt wurde, wurde die offizielle<br />
entscheidung über den Anschluss Breslaus<br />
und schlesiens an polen erst am 2. August<br />
1945, durch das Abschlusskommuniqué der<br />
potsdamer Konferenz getroffen (vgl.: Wroclaw-life_Damals<br />
Breslau – Heute Wroclaw<br />
2008; breslau-wroclaw_Geschichte <strong>von</strong> Breslau,<br />
2006).<br />
Folge dieses Abkommens war nicht nur die<br />
Verlagerung der polnischen Grenzen richtung<br />
<strong>West</strong>en, sondern auch die geordnete<br />
Zwangsumsiedlung, enteignung und Vertreibung<br />
der restlichen deutschen Bevölkerung<br />
nach Deutschland. In die nun polnischen Gebiete<br />
wurden tausende polnische Flüchtlinge<br />
aus heute ukrainischen Gebieten umgesiedelt<br />
(Vgl. Wroclaw-Life_Damals Breslau – Heute<br />
Wroclaw 2008). ein bisher nie da gewesener<br />
Bevölkerungsaustausch begann.<br />
Die neue Bevölkerung Breslaus setzte sich<br />
maßgeblich aus dem Zufluss <strong>von</strong> polen aus<br />
Lemberg, Vilnius und in geringerem maße aus<br />
Warschau und posen zusammen (vgl.: Wroclaw.co_Kurze<br />
Geschichte <strong>von</strong> Breslau, 2012).
Abb. 1.4.4 Karte Zerstörungsgrad <strong>von</strong> Breslau; Foto: breslau-wroclaw.de, 2012<br />
31
1948 zählte Breslau bereits 300.000 polnische<br />
bzw. ukrainische und nur noch 7.000 deutsche<br />
einwohner (vgl.: breslau-wroclaw_Geschichte<br />
<strong>von</strong> Breslau, 2006).<br />
Bis weit in die 1950er Jahre wurde dieser Bevölkerungsaustausch<br />
in ganz polen vollzogen,<br />
bei dem rund 8,8 millionen Deutsche und 7,7<br />
millionen polen umgesiedelt wurden. Im rahmen<br />
eines ratifizierungsprozesses konnten<br />
jedoch Deutsche die polnische staatsbürgerschaft<br />
annehmen und so lebten in den 1960er<br />
Jahren noch etwa 900.000 sogenannte “Autochthone“<br />
im noch jungen polnischen staatsgebiet<br />
(vgl.: spiegel_Das große Tabu, 1961).<br />
Die neuen einwohner Breslaus wurden jedoch<br />
stets an die deutsche Vergangenheit und die<br />
Naziherrschaft erinnert. so begann man zunächst<br />
straßen umzubenennen, deutsche<br />
Denkmäler zu entfernen und deutsche Aufschriften<br />
zu übermalen (vgl.: Wroclaw-life_<br />
Damals Breslau – Heute Wroclaw, 2008).<br />
Der Wiederaufbau in Breslau war <strong>von</strong> wirtschaftlichem<br />
mangel seitens des staates und<br />
der Bevölkerung, sowie <strong>von</strong> fehlenden Baumaterialien<br />
geprägt. Hierdurch wurde nur<br />
punktuell der Wiederaufbau <strong>von</strong> architektonisch<br />
und funktional bedeutenden Bauten, wie<br />
Baudenkmälern, kulturellen einrichtungen, sowie<br />
<strong>von</strong> Bildungs- und Verwaltungsgebäuden<br />
durchgeführt (vgl.: Kuroczynski, 2010, 40ff).<br />
Zu den schützenswerten Gebäuden gehörte<br />
unter anderem das Breslauer rathaus (Fertigstellung<br />
Wiederaufbau 1953) (vgl.: wiki_<br />
Breslau rathaus, 2012), der Breslauer Dom<br />
(Fertigstellung Wiederaufbau 1951) (vgl.:<br />
wiki_Breslau Dom, 2012), sowie zahlreiche<br />
Gebäude in der historischen Altstadt.<br />
Auf Grund dieses erschwerten und verspä-<br />
32<br />
teten Wiederaufbaus sind heute nur wenige<br />
spuren des sozialistischen realismus in Breslau<br />
zu finden, der die Architektur zwischen 1949<br />
und 1956 beeinflusste (vgl.: nextroom_Breslau<br />
unterwegs nach europa, 2012).<br />
Die Wohnraumsicherung wurde weites gehend<br />
der Bevölkerung überlassen, was fatale<br />
Folgen für die Bausubstanz der Gebäude hatte.<br />
Wohnungen wurden nicht repariert bzw.<br />
saniert, sodass sich schimmel in den Wohnungen<br />
ausbreitete, was schnell zu gesundheitlichen<br />
problemen seitens der Bewohner führte.<br />
ein weiteres Defizit der stadt Breslau waren<br />
die fehlenden technischen und sozialen Infrastruktureinrichtungen,<br />
sowie die zahlreichen<br />
Trümmer- und schutthaufen, die über das<br />
ganze stadtgebiet verteilt waren und bis mitte<br />
der 50er Jahre das stadtbild prägten (vgl.: Kuroczynski<br />
2010, 40ff).<br />
Die 50er Jahre<br />
1951 wurde das stadtgebiet durch die eingemeindung<br />
<strong>von</strong> 14 ortschaften enorm<br />
erweitert. Weitere meilensteine in der entwicklung<br />
Breslaus waren die eröffnungen<br />
der „Hochschule für Landwirtschaft“ und<br />
der sporthochschule im selben Jahr (vgl.:<br />
wroclove_Geschichte Breslau, 2012). unter<br />
dem einfluss des stalinismus wurde zum<br />
Beispiel das Wohnviertel „Kołciuszkowska<br />
Dzielnica mieszkaniowa“ (KDm) unter den<br />
eindrücken des sozialistischen realismus <strong>von</strong><br />
dem Architekten roman Tunikowski erbaut<br />
(vgl.: wiki_Ulica łwidnicka, 2012). Der Wiederaufbau<br />
vollzog sich jedoch aufgrund <strong>von</strong><br />
zunehmenden unruhen schleppend. unternehmen<br />
wurden zunehmend verstaatlicht, die<br />
kollektive Landwirtschaft eingeführt und die<br />
Industrialisierung zunehmend forciert. Durch<br />
diese maßnahmen verschlechterte sich der<br />
Lebensstandard enorm und die unzufriedenheit<br />
innerhalb der Bevölkerung wuchs (vgl.:<br />
rbb_Deutsche & polen, 2012).<br />
Durch den regierungswechsel 1956 veränderten<br />
sich die Lebensverhältnisse für die<br />
Bevölkerung nachhaltig. Der Wiederaufbau<br />
wurde zunehmend forciert und der andauernden<br />
Wohnungsknappheit, welche auch<br />
durch den andauernden Bevölkerungsanstieg<br />
anhielt, wurde entgegen gewirkt. Hierbei wurde<br />
einerseits der rekonstruktive Wiederaufbau<br />
besonders in der Innenstadt durchgeführt,<br />
andererseits sollte der Wohnungsnot durch<br />
Großwohnsiedlungen begegnet werden. Beim<br />
rekonstruktiven Wiederaufbau erhielt man<br />
Fassaden der historischen Gebäude. Innerhalb<br />
der Gebäude entstanden moderne Arbeiterwohnungen.<br />
Im Gegensatz hierzu wurden<br />
die Großwohnsiedlungen nach ökonomischen<br />
Überlegungen erbaut, was zu einer monotonen<br />
massenarchitektur mit immer wiederkehrenden<br />
elementen führte. Besonders in den<br />
Vorstädten wurden auf großen brachliegenden<br />
Flächen im „industriemäßigen Verfahren<br />
des großen Blocks“ (Geschichte <strong>von</strong> Breslau,<br />
2012) siedlungen erbaut (vgl.: Kuroczynski,<br />
2010, 40ff).<br />
Die 60er und 70er Jahre<br />
eine der ersten siedlungen des industriellen<br />
Wohnungsbaus war die, zwischen 1961 und<br />
1968 auf 1,18 ha, erbaute siedlung „Gajowice“.<br />
Grundlage der Bebauung waren die<br />
bereits vorhandenen straßenzüge. Insgesamt<br />
entstand Wohnraum für 28.000 Bewohner,<br />
wo<strong>von</strong> 9.000 in den noch bestehenden Häu-
Abb. 1.4.5 Breslauer rathaus vor dem 2. Weltkrieg;<br />
Foto: wikipedia.org, 2012<br />
Abb. 1.4.6 Breslauer rathaus 1945;<br />
Foto: zobten.de, 2012<br />
sern wohnten (vgl.: otto, scharmholz, Wichote,<br />
2006, 35f). In den folgenden Jahren<br />
wurde die plattenbauweise intensiviert und<br />
großflächige Siedlungen, wie „Południe“ oder<br />
„Huby“ wurden in den Vorstädten errichtet.<br />
Trotz der viel bemängelten monotonie, fehlenden<br />
Infrastruktureinrichtungen und der hohen<br />
Dichte waren die Neubauwohnungen mit<br />
eigenem Badezimmer, fließendem Wasser und<br />
Heizungen bei der Bevölkerung sehr beliebt.<br />
Abb. 1.4.7 Breslauer rathaus heute; Foto: billigflugzentrale.de, 2012<br />
33
Nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Verwaltungsbauten<br />
wurden nach den Vorgaben des<br />
sozialistischen städtebaus errichtet (vgl.: Kuroczynski<br />
,2010, 40ff).<br />
Trotz der massenhaften plattenbauarchitektur<br />
wurden vereinzelt Gebäude in innovativer und<br />
unkonventioneller Weise erbaut. ein Beispiel<br />
für dieses experimentelle Bauen ist das, <strong>von</strong><br />
1961 bis 1967 erbaute, Hochhaus „Trzonolinowiec“,<br />
welches man <strong>von</strong> oben nach unten<br />
errichtete. Die Decken wurden an einen quadratischen<br />
Betonkern befestigt und mit hydraulischen<br />
Zylindern angehoben, sodass die<br />
nächste Decke montiert werden konnte (vgl.<br />
:wiki_Trzonolinowiec 2012).<br />
erste Ansätze zur Verbesserung der viel bemängelten<br />
städtischen monotonie und wiederkehrenden<br />
Abfolge wurde ende der 60er<br />
Jahre <strong>von</strong> Jadwiga Grabowska-Hawrylak,<br />
durch eine Lockerung der Typen und vorgegebenen<br />
Normen versucht. Die Wohnsiedlung<br />
„plac Grunwaldzki“ wurde <strong>von</strong> 1967 bis 1975<br />
errichtet und besteht aus einem „ensemble<br />
<strong>von</strong> sechs Hochhäusern mit plastischer Fassadengestaltung<br />
und großen pavillons“ (Kuroczynski,<br />
2010, 42).<br />
Die 80er Jahre<br />
Nach der, durch den Bau zahlreicher plattenbauten<br />
charakterisierten phase der 1960er<br />
und 70er Jahre, folgte in den 1980ern ein umschwung<br />
in Architektur und städtebau.<br />
Dem Wunsch nach Variation und Abwechslung,<br />
entgegen der endlosen monotonie der<br />
platte, wurde Abhilfe geschaffen, indem man<br />
anfing mit Formen und Farben zu experimentieren<br />
(vgl.: Kuroczynski, 2010, 40ff). ein<br />
prominentes Beispiel dieser Zeit sind die stu-<br />
34<br />
Abb. 1.4.8 siedlung Gajowice; Foto: wrzuta.pl, 2012<br />
dentenwohnheime „Kredka“ und „olowek“<br />
der Breslauer universität. Aufgrund ihrer spitzen<br />
Form „Bleistift“ und „Buntstift“ genannt,<br />
schließen sie die perspektive des Grundwaldzki<br />
platzes ab. Die beiden Hochhäuser wurden<br />
ebenfalls in plattenbauweise errichtet,<br />
gleichwohl der Versuch unternommen wurde<br />
die monotone Wirkung der herkömmlichen<br />
„platte“ aufzubrechen. Durch die spitze andersartige<br />
Form und die plastisch anmutende<br />
Gestaltung der Fassade hatte der Architekt<br />
marian Barski versucht ein wenig Abwechslung<br />
in dem entwurf zu verorten. Darüber hinaus<br />
sind die beiden Bauwerke höhengestaffelt<br />
errichtet worden, sodass der nördliche Bau,<br />
mit 23 etagen und einer Höhe <strong>von</strong> 85 metern,<br />
den südlichen um ganze vier stockwerke<br />
überragt. Insgesamt finden in den zwei studentenwohnheimen<br />
über 500 Zimmer platz,<br />
die durch eine medizinische Klinik, ein Fitnessstudio<br />
u.a. ergänzt werden (vgl.: wiki_Dom<br />
Akademicki Kredka, 2012).<br />
Nach den 1980er Jahren wurden in und um<br />
Breslau nur noch ganz vereinzelt einige wenige<br />
projekte realisiert. Die bis 1989 stark eingeschränkte<br />
Bautätigkeit hatte zweifellos zur<br />
Folge, dass weiterhin große Brachflächen innerhalb<br />
des stadtgebietes ungenutzt blieben.<br />
so gelang es trotz zahlreicher rekonstruktionsmaßnahmen<br />
nie, das nach der Zerstörung
des Zweiten Weltkrieges angestrebte Bild<br />
eines geschlossenen Wiederaufbaus zu erreichen<br />
(vgl.: Kuroczynski 2010, 40ff). erst nach<br />
dem Zusammenfall des Kommunismus im<br />
Jahre 1989 wurden die ausgedehnten Lücken<br />
im Zentrum der stadt wieder neu geplant und<br />
bebaut.<br />
Aus politischer sicht hatte der umschwung<br />
bereits ende der 80er Jahre begonnen, als sich<br />
die wirtschaftlichen Bedingungen in polen<br />
weiter verschlechtert hatten und es zu immer<br />
größer werdenden protestbewegung der Bevölkerung<br />
gegen die kommunistische regierung<br />
kam. Im rahmen der Wiedervereinigung<br />
<strong>von</strong> DDr und Bundesrepublik Deutschland<br />
wurde die polnische <strong>West</strong>grenze (oder-Neiße-Grenze)<br />
1991 durch den bilateralen Vertrag<br />
rechtlich festgeschrieben und besaß fortan<br />
auch internationale Absicherung. Nach der<br />
politischen Wende fanden am 04. Juni 1989<br />
schließlich die ersten freien Wahlen in Breslau<br />
statt. Damit hatte eine neue Ära der Demokratie<br />
und entwicklung in Breslau begonnen<br />
(vgl.: wiki_Breslau, 2012).<br />
Bis heute sind der rekonstruktive Wiederaufbau,<br />
sowie die intensiv betriebene plattenbauweise<br />
innerhalb des stadtbildes deutlich<br />
zu erkennen. In der sind zahlreiche historische<br />
Gebäude zu finden, wohingegen besonders in<br />
den Vorstädten Großwohnsiedlungen der unterschiedlichen<br />
Jahrzehnte zu sehen sind.<br />
eine Folge der starken plattenbautätigkeit ist,<br />
dass 31% der Bevölkerung polens (12 mio.<br />
polen) in plattenbauwohnungen leben. Da<br />
möglichst viele Wohnungen auf sehr kleiner<br />
Fläche erbaut wurden, sind diese sehr klein<br />
und rein funktional aufgebaut. Die Wohnfläche<br />
pro person in polen ist bis heute deutlich<br />
Abb. 1.4.9 experimentalsiedlung an der przyjazn-strasse 1977; Foto: Institut Wydawnicza, 2012<br />
35
geringer als in Deutschland. Während die<br />
durchschnittliche Wohnfläche im Jahr 2005 in<br />
<strong>West</strong>deutschland bei 41,8 m²/person und in<br />
ostdeutschland bei 38,5 m²/person lag (IFs<br />
städtebauinstitut 2006), hatten die polen nur<br />
durchschnittlich 21 m²/person zu Verfügung<br />
(vgl.: Bundeszentrale für politische Bildung,<br />
2009).<br />
Abb. 1.4.10 siedlung plac Gunwaldcki<br />
Foto: Lucyna Zalas, 2012<br />
36<br />
Abb. 1.4.11 studentenwohnheime „Kredka“ und „olowek“; Foto: Institut Wydawnicza, 2012
Literaturverzeichnis<br />
breslau-wroclaw_Geschichte <strong>von</strong> Breslau:<br />
http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />
history/?periode=uN, 15.07.2012<br />
Bundeszentrale für politische Bildung :<br />
http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />
polen/40752/so-lebt-jan-kowalski,15.07.2012<br />
Geschichte <strong>von</strong> Breslau:<br />
http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />
history/?periode=us, 15.07.2012<br />
IFs städtebauinstitut:<br />
http://www.ifs-staedtebauinstitut.de/hi/<br />
hi2006/hi02.pdf, 15.07.2012<br />
Kuroczynski, piot (2009): Architekturvermittlung<br />
im gebauten und medialen raum<br />
Internetbasierte und print-stadtführer zur<br />
<strong>Stadt</strong> Breslau (Wrocław) nach 1945 – Dissertationsschrift,<br />
Technische universität Darmstadt,<br />
Darmstadt:<br />
http://tuprints.ulb.tu-darmstadtde/2086/5/<br />
Kuroczynski_Dissertationstext.pdf, 15.07.2012<br />
Nextroom_Breslau unterwegs nach<br />
europa:http://www.nextroom.at/article.<br />
php?id=24222, 15.07.2012<br />
otto, markus; scharnholz, Lars; Wichote,<br />
Nadine (2006): Nachkriegsmoderne. umgang<br />
mit dem Bauerbe der Nachkriegsmoderne<br />
(1945-1965) in den postsozialistischen Ländern<br />
europas.<br />
Institut für Neue Industriekultur INIK, Forst:<br />
http://www.inik.eu/visioncontent/medienda-<br />
tenbank/060725093336.pdf, 15.07.2012<br />
polska:<br />
http://www.polen.travel/de-at/euro-2012/<br />
wroclaw-die-blume-europas/, 15.07.2012<br />
rbb_Deutsche & polen:<br />
http://www.deutsche-und-polen.de/ereignisse/ereignis_jsp/key=lager_fuer_deutsche_1945.html,<br />
15.07.2012<br />
stern.de_Die russen kommen:<br />
http://www.stern.de/politik/geschichte/breslau-die-russen-kommen-536507.<br />
html?eid=537265&s=7&nv=ex_rt%2F,<br />
15.07.2012<br />
spiegel_Das große Tabu:<br />
http://www.spiegel.de/spiegel/<br />
print/d-43367633.html, 15.07.2012<br />
Wiki_Breslau:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Breslau,<br />
15.07.2012<br />
Wiki_Breslau Dom:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Breslauer_Dom,<br />
15.07.2012<br />
Wiki_Dom Akademicki Kredka:<br />
http://pl.wikipedia.org/wiki/Dom_<br />
Akademicki_%22Kredka%22, 15.07.2012<br />
Wiki_Breslau rathaus:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Breslauer_rathaus,<br />
15.07.2012<br />
Wiki_Trzonolinowiec:<br />
http://pl.wikipedia.org/wiki/Trzonolinowiec,<br />
15.07.2012<br />
Wiki_Ulica łwidnicka:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/<br />
ulica_%C5%9Awidnicka, 15.07.2012<br />
Wroclaw-Life_Damals Breslau – Heute Wroclaw:http://www.wroclaw-life.com/wroclaw/breslau-polen,<br />
15.07.2012<br />
Wroclaw.co_Kurze Geschichte <strong>von</strong> Breslau:<br />
http://www.breslau.wroclaw.co/geschichte,<br />
15.07.2012<br />
Wroclove_Geschichte Breslau :<br />
http://wroclove2012.com/de/artykuly-owroclawiu/geschichte-<strong>von</strong>-breslau/geschichte<strong>von</strong>-breslau--1945---1989----<strong>von</strong>-hankebis-zur-den-ersten-freien-kommunalwahlen/,<br />
15.07.2012<br />
Zeit online_stalingrad an der oder:<br />
http://www.zeit.de/2005/10/A-Breslau/seite-1,<br />
15.07.2012<br />
37
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.4.1 Altes Breslau<br />
http://www.goerke.us/genealogy/Town-photos/Breslau-Wroclaw/,<br />
15.07.2012<br />
Abb. 1.4.2 Flüchtlinge und umsiedler<br />
http://www.deutsche-und-polen.de/frames/<br />
bild_lang_jsp/key=1945_dpzj_m95_vertreibung_schlesien.html,<br />
15.07.2012<br />
Abb. 1.4.3 zerstörtes Breslau<br />
http://www.zobten.de/Kapitulation/Kapitulation.htm,<br />
15.07.2012<br />
Abb. 1.4.4 Karte Zerstörungsgrad <strong>von</strong> Breslau<br />
http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />
geographic/street/, 15.07.2012<br />
Abb. 1.4.5 Breslauer rathaus vor dem 2.<br />
Weltkrieg<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/schlacht_um_<br />
Breslau, 15.07.2012<br />
Abb. 1.4.6 Breslauer rathaus 1945<br />
http://www.zobten.de/Kapitulation/Kapitulation.htm,<br />
15.07.2012<br />
Abb. 1.4.7 Breslauer rathaus heute<br />
http://www.billigflugzentrale.de/billigflugblog/billig-flug/wochenangebote-<strong>von</strong>-wizzair/20100702/,<br />
15.07.2012<br />
Abb. 1.4.8 siedlung Gajowice<br />
dariush417.wrzuta.pl/obraz/7Ws1ssrpywk/<br />
wroclaw_breslau_gajowice_gabitz_bloki_mieszk.,15.07.2012<br />
Abb. 1.4.9 experimentalsiedlung an der<br />
przyjazn-strasse 1977<br />
Dobesz, Janusz (1995): Breslau – Wroclaw,<br />
Zeit und Architektur. Institut Wydawnicza<br />
Abb. 1.4.10 siedlung plac Gunwaldcki<br />
Foto: Lucyna Zalas, 2012<br />
Abb. 1.4.11 studentenwohnheim „Kredka“<br />
und „olowek“<br />
Dobesz, Janusz (1995): Breslau – Wroclaw,<br />
Zeit und Architektur. Institut Wydawnicza
1.5 Breslau Nachkriegsmoderne<br />
kontrovers<br />
<strong>von</strong> Yinzi Gong und Laura miebach<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg musste in den<br />
polnischen städten innerhalb kürzester Zeit<br />
eine neue Infrastruktur geschaffen werden. Vor<br />
allem benötigte man neuen Wohnraum, neue<br />
Fabriken und Verkehrsbauten, sowie öffentliche<br />
Gebäude wie Verwaltungsbauten, schulen,<br />
universitäten, Kirchen, Krankenhäuser, Theater<br />
und rathäuser. (vgl.: Gisbertz, 2012, 12-13)<br />
Die 50er Jahre<br />
Die ersten Jahre nach dem Krieg drehten sich in<br />
polen hauptsächlich um den Wiederaufbau der<br />
Hauptstadt Warschau, die rekonstruktion des<br />
Altmarkts in Gdansk und um die Trümmerbeseitigung<br />
in Breslau. Außerdem sollten sehenswürdigkeiten,<br />
Wohngebäude, palais, schlösser<br />
und Kirchen wieder neu aufgebaut werden.<br />
Die Architektur nach dem Kriegsende zeigte<br />
verschiedene Facetten. ein Großteil der Architekten<br />
führte die moderne der 30er Jahre auf<br />
einem hohen europäischen Niveau weiter. Andere<br />
wollten Wolkenkratzer ganz nach amerikanischem<br />
Vorbild errichten lassen. Zu diesen<br />
plänen gab es jedoch einige Gegenstimmen.<br />
Breslau solle nicht als eine fremde stadt erscheinen,<br />
sondern die alte silhouette Breslaus solle<br />
wieder neu aufgebaut werden. es entstand<br />
statt dessen ein „sowjetisches Geschenk“, der<br />
überdimensionierte Kultur- und Bildungspalais.<br />
(vgl:. otto, scharnholz, Wichote, 2006, 32-33)<br />
Nach kurzer, scheinbarer Freiheit wurde 1949,<br />
nach der einsetzung des politischen regimes<br />
Abb. 1.5.1 Kosciuszko-platz; Foto: images.zeno.org, 2012<br />
die Treue zum sozialistischen realismus als „das<br />
einzig Wahre“ bezeichnet. Der polnische sozialismus<br />
war jedoch eine kurze erscheinung,<br />
die nur <strong>von</strong> 1949 bis 1956 andauerte und sich<br />
nicht in ganz polen verbreitete. Große projekte<br />
entstanden z.B. in der Nähe <strong>von</strong> Krakau <strong>von</strong><br />
Nowa Huta (1949). und auch ein Wohnviertel,<br />
das „marschallviertel“ in Warschau wurde<br />
im sozialistischen stil errichtet. In Breslau selbst<br />
waren die wichtigsten Gebäude des sozialismus<br />
der Gebäudekomplex auf dem „Kosciuszko“platz<br />
und das Gebäude der politechnika. ende<br />
der 50er Jahre war Breslau einer der größten<br />
Bauplätze europas. es entstanden viele große<br />
Wohnsiedlungen wie zum Beispiel die siedlung<br />
„Gajowice“. (vgl:. otto, scharnholz, Wichote,<br />
2006, 33-36)<br />
Die 60er und 70er Jahre<br />
1961 bis 1968 wurde im siedlungsbau viel experimentiert.<br />
unter anderem wurden die ersten<br />
mehrgeschossigen Gebäude aus schuttelementen<br />
<strong>von</strong> Deponien errichtet. Durch diese materialwiederverwertung<br />
entstanden große, individuelle,<br />
verschachtelte Gebäudekomplexe, teils<br />
ohne Licht in der Küche.<br />
Der Ingenieur Wojciech swiecicki entwickelte<br />
einen neuen Deckentypus, die sogenannte<br />
„Ziehharmonikadecke“. Auf Grund der materialeinsparung<br />
ist diese besonders leicht und eignet<br />
sich hauptsächlich für große, hohe räume.<br />
Leider wurde die Ziehharmonikadecke jedoch<br />
auch vereinzelt für den Wohnungsbau angewandt,<br />
was zu beunruhigenden Winkelformdecken<br />
in sinuskurven oder scharfe Zickzack-<br />
39
formen führte. ein Beispiel dafür findet man in<br />
der Zaporoska-straße.<br />
Die größten siedlungen, Wroclaw-süd und<br />
Wroclaw-<strong>West</strong> (Anfang 70er Jahre) zeigen<br />
die Zeit der Nachkriegsmoderne mit einer eher<br />
minderen Architekturqualität. Darauf folgend,<br />
ab der zweiten Hälfte der 70er Jahre verbessert<br />
sich die Architektursprache. stadtplaner und<br />
Architekten begannen auf den steifen Funktionalismus<br />
zu verzichten. Die Außenhaut der Gebäude<br />
wurde plastischer und Größe, Form und<br />
Anordnung variierten mehrfach. Als Beispiel<br />
ist die siedlung „przyjazni“ zu nennen, bei der<br />
gekrümmte Grundrisse sonnige Innenräume<br />
umschließen. (vgl.: otto, scharnholz, Wichote,<br />
2006, 36-39)<br />
Entwicklung der Baustile<br />
Die Nachkriegsmoderne war eine Zeit der Wiederherstellung<br />
und der Neuorientierung, was<br />
unter anderem auch durch öffentliche Debatten<br />
in ost- und <strong>West</strong>deutschland gleichermaßen<br />
gekennzeichnet wurde.<br />
Die Zerstörung nach dem Krieg hinterließ eine<br />
sehnsucht nach etwas Neuem, einem zivilisierten,<br />
übersichtlichen Leben. Die Bilder der<br />
Verstörung konnten nicht vergessen werden,<br />
deshalb freute man sich umso mehr als später<br />
die Bilder einer glanzvollen Architekturmoderne<br />
das Land eroberten. Diese Bilder erschienen<br />
zum Beispiel in den wiederbelebten oder neu<br />
erstandenen Architekturzeitschriften, die nach<br />
den Vereinbarungen des marshallplan-Abkommens<br />
(1948) langsam wieder aufkamen. es<br />
wurde der Traum einer neuen heilen Welt verbreitet,<br />
das triste Leben sollte abgelöst werden<br />
durch begrünte stadtlandschaften und durch<br />
lichtdurchflutete Gebäude. Die formalen ele-<br />
Abb. 1.5.2 siedlung przyjazni; Foto: otto scharnholz, 2006<br />
mente aus dem verdrängten Innenreservoir der<br />
fortschrittsorientierten Architekturmoderne der<br />
20er und 30er Jahre wirkten nun wie Wunschbilder<br />
eines kommenden paradieses. Außerdem<br />
schien es den Breslauern wie ein Traum, dass<br />
diese Gebäude und Landschaften nicht <strong>von</strong><br />
Bomben berührt waren. (vgl.: Gisbertz, 2012,<br />
70-73)<br />
Die Architekten der Nachkriegsarchitektur<br />
wollten eine unsentimentale, klare Architektur<br />
schaffen.<br />
Vieles was in der Nachkriegsmoderne entstand,<br />
basierte größtenteils auf den Ideen aus<br />
der Vorkriegszeit. Diese strömung bezeichnete<br />
Abb. 1.5.3 Zaporoska-straße; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />
man als den „Internationalen stil“. er besitzt<br />
minimalistische und funktionalistische Tendenzen,<br />
welche mit regelmäßiger und modularer<br />
Architektur ohne schmuckelemente sichtbar<br />
werden. Anders als die Übernahme der Architektursprache,<br />
wurde die Grundlage neuer wissenschaftlicher<br />
und technischer Innovationen<br />
in der Baukonstruktion und der entwurfspraxis<br />
neu entwickelt.<br />
Die 50er Jahre in polen und Deutschland waren<br />
geprägt durch den sozialen Klassizismus oder<br />
auch „Zuckerbäckerstil“, der Hauptsächlich in<br />
der DDr Verwendung fand. ornamentik und<br />
schmuckelemente der Vergangenheit vereinten
sich mit modernem Wohnkomfort. Bekannte<br />
Beispiele der DDr Zeit sind die Berliner stalinallee,<br />
aber auch das ganz neu aufgebaute „eisenhüttenstadt“.<br />
Die 60er und 70er Jahre bezeichnet man als die<br />
„Boomjahre“, da in dieser Zeit besonders viele<br />
neue, industriell gefertigte Bausysteme und<br />
Vorfabrikationsverfahren entwickelt wurden.<br />
Die Fertigbauweise hatte die Vorteile <strong>von</strong> Kostenminderung<br />
sowie schnellem, massenhaftem<br />
Wohnungsbau. Durch diese industrielle Vorfertigung<br />
wurde die architektonische Ästhetik beeinflusst.<br />
Der Zuckerbäckerstiel wurde abgelöst<br />
durch klassische Ideen des Wohnungsbaus der<br />
moderne, da immer noch viele menschen in<br />
notdürftig reparierten Altbauwohnungen hausten.<br />
so entstand ein schneller, günstiger, massenhafter<br />
Wohnungsbau.<br />
Die Architektursprache wurde zu großen Teilen<br />
durch die Wahl der Konstruktion, des materials<br />
und der Gebäudetechnologie bestimmt, sowie<br />
auch durch die optimierung der Bau- und planungsinstrumente.<br />
Bautechnik und materialien<br />
waren vergleichbar mit denen der „Weimarer<br />
Zeit“, da diese Zeit geprägt war durch materialknappheit<br />
und eingeschränkte maschinenparks<br />
für die Herstellung und montage.<br />
Beispiele der 60er und 70er Jahre waren vor allem<br />
die Typenbauten im Wohnungsbau, besonders<br />
verbreitet waren „Typ WBs 70“, „Typ p2“<br />
und „Typ WHH GT 18/21“. Diese wurden aus<br />
Fertigteilen errichtet. Ihre Grundrisse staffelten<br />
sich immer nach dem gleichen prinzip. Die<br />
jeweilige Wohnungsgröße richtete sich nach<br />
der Zimmeranzahl. so besaß zum Beispiel eine<br />
Zweiraumwohnung immer ca. 53m² und eine<br />
Vierraumwohnung immer ca. 80m² Grundfläche.<br />
(vgl.: maciejewska, 2008)<br />
Abb. 1.5.4 stalinallee; Foto: zeithistorische-forschungen.de, 2012<br />
Die protagonisten der „klassischen moderne“<br />
waren prädestinierte partner der Industrialisierung.<br />
eine große Herrausforderung für die Architekten<br />
war es die bisher nicht bekannten Aufgaben<br />
zu bewältigen. Dazu gehörten reparaturarbeiten,<br />
der Wiederaufbau, modernisierung<br />
und Neubauten in vielfältigen Konstruktionssystemen.<br />
Materialvielfalt<br />
seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
wurde intensive Betonforschung betrieben,<br />
Leichtbeton wird der Begriff der Zeit. Vor allem<br />
in technisch konstruktiver Hinsicht beeinflusste<br />
die suche nach leichten Konstruktionen und<br />
Tragwerken viele Architekturströmungen der<br />
Nachkriegszeit. Die Gebäude bekamen den gewünschten<br />
effekt <strong>von</strong> Leichtigkeit und Transparenz.<br />
41
Abb. 1.5.5 eisenhüttenstadt; Foto: forum-grenzstaedte.net, 2012
Abb. 1.5.6 Typ WBs 70; Foto: jeder-qm-du.de, 2012<br />
Zusätzlich bedeuteten neue Baustoffe neue<br />
Gestaltungsideen. modefarben wurden z.B.<br />
Creme und schwarz oder Terrakotta, es wurden<br />
bunt gemixte Glasbausteine, eloxierte Leitmetallsysteme<br />
und Wellplatten verbaut. Das<br />
wachsende Angebot der chemischen Industrie<br />
vergrößerte zusätzlich die materialvielfalt<br />
am Bau. synthetisch hergestellte materialien<br />
wurden zur mode. Durch die materialvielfalt<br />
wuchsen jedoch leider auch die probleme der<br />
fachgerechten Anwendung und es entstanden<br />
viele Baumängel.<br />
Für viele Architekten bedeutete dies: Bauen<br />
ohne Vorbild, planen ohne erfahrung auf einem<br />
bestimmten Gebiet und realisieren ohne aus-<br />
reichende bautechnische Kenntnisse.<br />
Bauklimatische Konzepte erzielten leider seit<br />
der Weimarer republik keine nennenswerten<br />
Verbesserungen. so besaßen die Nachkriegsbauten<br />
der 50er Jahre meist nur eine nicht<br />
ausreichende Wärmedämmung, was heute besonders<br />
zu problemen beim nachrüsten denkmalgeschützter<br />
Bauten führt.<br />
Allerdings kursierten schon in der Nachkriegsmoderne<br />
Überlegungen zur Verbesserung <strong>von</strong><br />
raumklima und Wärmeschutz. Frei otto forderte<br />
sogar 1955 das Nullenergiehaus. Die anderen<br />
Architekten gingen jedoch nicht so weit<br />
wie er. (vgl.: Gisbertz, 2012, 143-148)<br />
Vergleich der Nachkriegsarchitektur in Polen<br />
und Deutschland<br />
Zwischen ost- und <strong>West</strong>deutschland entstanden<br />
nennenswerte unterschiede in der entwicklung<br />
der Nachkriegsarchitektur.<br />
so gab es etwa in <strong>West</strong>deutschland zwei unterschiedliche<br />
Gruppen. Die einen wollten den<br />
Vorkriegszustand der städte wieder herstellen<br />
um die Identität der alten stadt zu bewahren.<br />
Die anderen planten einen städtebaulichen<br />
Neuanfang im sinne der Architekturmoderne,<br />
also eine autogerechte stadt mit großen Grünflächen,<br />
freien räumen und einer modernen,<br />
zukunftstauglichen Infrastruktur.<br />
ostdeutschland war bestrebt die Architektur<br />
43
auf ein höheres Niveau als in <strong>West</strong>deutschland<br />
zu bringen. so herrschten in der DDr bis 1955<br />
zum einen die stalinistische Architektur und<br />
zum anderen die traditionelle Berliner Architektur,<br />
der Klassizismus, vor.<br />
In einem selbsterprobten Fragequiz im rahmen<br />
des seminars, bei dem die studierenden erraten<br />
sollten, in welcher stadt oder in welchem Land<br />
Gebäude der Nachkriegsarchitektur stehen,<br />
konnten wir feststellen, dass es sehr schwer<br />
ist, dies auf den ersten Blick zu erkennen. es<br />
gibt keine prägnanten eigenschaften, die der<br />
Betrachter <strong>von</strong> Bauten der Nachkriegsarchitektur<br />
in ostdeutschland zum Beispiel mit Bauten<br />
aus China oder anderswo unterscheiden<br />
kann.<br />
Die Frage, ob die Bauten der Nachkriegsmoderne<br />
erhaltenswert sind oder nicht, beschäftigt<br />
uns heute immer mehr. Zum Glück gibt es einige<br />
Fachleute, die sich mit diesem Thema befassen.<br />
so befasst sich zum Beispiel die Veranstaltung<br />
„Netzwerk der Braunschweiger schule“ mit der<br />
Frage, wie eine verantwortungsvolle Transformation<br />
des kulturellen erbes in Gegenwart und<br />
Zukunft erfolgen kann. Auch die „Wüstenrot<br />
stiftung“, die sich um die Bewahrung <strong>von</strong> Kulturwerten<br />
kümmert, ist in diesem Zusammenhang<br />
zu erwähnen. (vgl.: Gisbertz, 2012, 9)<br />
man stößt heutzutage immer wieder auf probleme<br />
bei der sanierung <strong>von</strong> Gebäuden aus der<br />
Nachkriegsmoderne. sie erfüllen grundsätzlich<br />
nicht die heutigen Anforderungen der energieeinsparverordnung<br />
und des Brandschutzes.<br />
Außerdem kommt hinzu, dass bis mitte der<br />
80er Jahre viele schadstoffbelastete Baustoffe<br />
verwendet wurden, wie zum Beispiel Asbest<br />
oder künstliche mineralfasern. Da eine sanierung<br />
entsprechend aufwendig ist, kann es oft<br />
geschehen, dass ein Neubau kostengünstiger<br />
ist als eine solche sanierung. Dies spricht gegen<br />
die denkmalpflegerischen Grundgedanken,<br />
aber die betriebswirtschaftlichen Gründe überwiegen<br />
meist.<br />
Zwischen 2000 und 2009 wurden unter anderem<br />
aus diesen Gründen in Berlin 82 Immobilien<br />
aus der Denkmalliste gestrichen. Dies<br />
ist insbesondere in Bezug auf die Bauten der<br />
Nachkriegsarchitektur eine große Herausforderung<br />
und stellt auf den ersten Blick die Denkmalschutzgesetzgebung<br />
des Landes in Frage.<br />
(vgl.: Gisbertz, 2012, 96)<br />
Sicht auf die Nachkriegsarchitektur heute<br />
Wir denken, wenn sich unsere heutige Generation<br />
in die damalige Generation der Nachkriegszeit<br />
gedanklich hineinversetzt, kann man<br />
die Nachkriegsarchitektur besser verstehen<br />
und man lernt sie vielleicht sogar zu schätzen.<br />
Dann hat man vielleicht keine schäbigen plattenbauten<br />
vor Auge, sondern sieht eine neue<br />
heile Welt. eine Welt, die noch nicht <strong>von</strong> Bomben<br />
zerstört wurde. Außerdem sieht man einen<br />
kostengünstigen Wohnungsbau, der für den<br />
Großteil der Bevölkerung eine sehr große Verbesserung<br />
der bisherigen Lebensumstände darstellte.<br />
Die Leute konnten aus ihren heruntergekommenen<br />
Altbauwohnungen in ein neues,<br />
warmes Zuhause ziehen.<br />
Auf Grund dessen finden wir es wichtig, einen<br />
Teil dieser Gebäude zu erhalten, damit die<br />
Nachkriegsmoderne nicht in Vergessenheit gerät<br />
und Architekturgeschichte nicht nur in Büchern<br />
steht, sondern auch erlebbar sein kann.
Literaturverzeichnis<br />
Gisbertz, olaf (2012): Nachkriegsmoderne<br />
kontrovers. positionen der Gegenwart. Jovis<br />
Verlag GmbH, Berlin<br />
maciejewska, Beata: Jak w polsce Ludowej<br />
budowano Wrocław.<br />
http://wroclaw.gazeta.pl/wroclaw/2029020,49744,4866529.html,<br />
10.07.2012<br />
otto, markus; scharnholz, Lars; Wichote,<br />
Nadine (2006): Nachkriegsmoderne. umgang<br />
mit dem Bauerbe der Nachkriegsmoderne<br />
(1945-1965) in den postsozialistischen Ländern<br />
europas.<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.5.1 Kosciuszko-platz<br />
http://images.zeno.org/Ansichtskarten/I/big/<br />
AK02296a.jpg, 10.07.2012<br />
Abb. 1.5.2 siedlung przyjazni<br />
otto, scharnholz, Wichote 2006, 37<br />
Abb. 1.5.3 Zaporoska-straße<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
Abb. 1.5.4 stalinallee<br />
http://www.zeithistorische-forschungen.de/<br />
site/40208278/default.aspx, 10.07.2012<br />
Abb. 1.5.5 eisenhüttenstadt<br />
http://www.forum-grenzstaedte.net/de/453.<br />
htm, 10.07.2012<br />
Abb. 1.5.6 Typ WBs 70http://www.jederqm-du.de/plattenstory/plattentypen/plattentyp-wbs-70/,<br />
10.07.2012<br />
45
1.6 Breslau stadt(bau)geschichte<br />
1990 bis Heute<br />
<strong>von</strong> Jan Kaplan und stephan rodewig<br />
Der Fall der Berliner mauer ändert vieles in<br />
polen, vor allem politisch so gibt es zum Beispiel<br />
1990 die ersten freien Wahlen. Auch auf<br />
den umgang mit den alten stadtkernen polens<br />
entsteht eine ganz neue sichtweise. Zwar<br />
gab es mit den neuen möglichkeiten zunächst<br />
auch einige schwierigkeiten, mit der Zeit entwickelte<br />
sich jedoch eine neue Baukultur.<br />
Problematiken im Städtebau seit 1990<br />
Die Wende 1990 markiert den Anfang einer<br />
problematik, deren Lösungsversuche sich bis<br />
heute durch die Geschichte der stadtplanung<br />
polens ziehen, weshalb sie hier gleich zu Beginn<br />
dargestellt wird. Der massenhafte Neubau<br />
<strong>von</strong> plattenbauten, um möglichst ökonomisch<br />
sinnvoll und schnell viel Wohnraum<br />
zu schaffen, entsprach dem Ideal der Arbeitergesellschaft.<br />
Diese Wohnungen waren<br />
sehr modern und wurden <strong>von</strong> den staatlichen<br />
Wohnungsbaugenossenschaften zu einem<br />
niedrigem mietniveau angeboten (vgl.: Billert,<br />
2004). sich unter diesen Begleitumständen<br />
um die sanierung des Altbestandes in<br />
den Kernen der städte zu kümmern erschien<br />
nicht nötig! Diese Förderung ist allerdings inzwischen<br />
aufgehoben. Dies wirkt zumindest<br />
an den stellen wie gewünscht, an denen der<br />
marktdruck spürbarer ist. Dies betrifft also<br />
eher weniger die stadtkerne und mehr die<br />
stadtrandbereiche, jedoch ist auch hier der<br />
Druck immer noch nicht so hoch, wie zum<br />
46<br />
Abb. 1.6.1 sanierte und unsanierte Häuserfassaden; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
Beispiel in Deutschland.<br />
Nach der Wende wurde ebenfalls deutlich,<br />
dass die stadtzentren stark an Attraktivität<br />
verlieren, wenn sie nicht bewohnt, bzw. belebt<br />
sind. man musste versuchen diese Gebäude<br />
wieder zu sanieren, doch wie? Die Wende bot<br />
hier, mit der umstellung <strong>von</strong> plan- auf marktwirtschaft<br />
die perspektive viel Kapital für die<br />
sanierung zu generieren (vgl.: Billert, 2004).<br />
Doch diese Hoffnung erfüllte sich aus mehreren<br />
Gründen nicht:<br />
Zum einen waren seit 1945 viele der Grundbücher<br />
nicht mehr fortgeführt worden<br />
(vgl.:Billert 2004), sodass, nach einigen Ver-<br />
schiebungen innerhalb polens Bevölkerung,<br />
aber auch ins und vom Ausland, nicht mehr<br />
klar war, wer rechtmäßiger eigentümer einer<br />
Immobilie ist. Für die DDr wurde dafür nach<br />
der Wende eine generelle regelung getroffen.<br />
In polen muss jede eigentumsfrage im Zweifel<br />
vor Gericht entschieden werden. Nach der<br />
Wende wurde den mietern der Wohnungen<br />
angeboten die Wohnungen <strong>von</strong> den Wohnungsbaugenossenschaften<br />
zu erwerben. Zu<br />
diesem Zweck wurden die Gebäudeumrisse<br />
als Grundstücke verkauft, sodass Teile <strong>von</strong> Gebäuden<br />
nun verschiedene eigentümer haben<br />
und die Außenflächen in öffentlicher Hand
Abb. 1.6.2 sanierte und unsanierte Häuserfassaden; Foto:<br />
stephan rodewig, 2012<br />
verblieben. es entstanden die so genannten<br />
„umrissgrundstücke“ (vgl.: Billert, 2004).<br />
Dies bedeutet, dass die eigentumsfrage teilweise<br />
unklar und auch nur schwer zu klären<br />
ist. somit ist auch unklar, wie die Kosten und<br />
Beteiligungen an einer sanierung überhaupt<br />
aufgeteilt werden könnten. Außerdem hatte<br />
man sich erhofft, dass durch die Wende ein<br />
sanierungsdruck auf die eigentümer ausgeübt<br />
würde, dass nur die Wohnungen vermietet<br />
werden könnten, welche einen gewissen<br />
mindeststandart aufwiesen. Doch da in polen<br />
zu dieser Zeit ein Wohnungsmangel herrschte,<br />
konnte sich hier die freie marktwirtschaft<br />
auch nicht unterstützend auswirken (vgl.: Billert,<br />
2004).<br />
Des Weiteren fehlt bis zum heutigen Tag ein<br />
entsprechendes sanierungsrecht und damit<br />
auch die rechtliche Grundlage seitens der<br />
öffentlichen Hand regulierend eingreifen zu<br />
können (vgl.: Billert. 2004). Die seit der Zeit<br />
der Volksrepublik polens vorherrschende<br />
Durchmischung der sozialen schichten in den<br />
Gebieten würde es ohnehin schwierig machen<br />
ein Gebiet mit besonderem sanierungsbedarf<br />
im Verhältnis zur Gesamtstadt zu identifizieren<br />
(vgl.: Billert, 2004). Der status eines sanierungsgebietes<br />
ermöglicht in Deutschland<br />
auch den Zugang zu Landes- und Bundesmitteln<br />
(70 – 90 % Förderung), welche in polen<br />
also auch nicht verfügbar sind. Die Kommune<br />
hat also keine möglichkeit gezielt an nationale<br />
mittel zu gelangen. Darum zieht sich durch die<br />
stadtplanungsthematik in polen, wie ein roter<br />
Faden, eine Art suche nach externen mitteln<br />
zur sanierung (vgl.: Billert, 2004).<br />
Nur bestimmte ereignisse, die <strong>von</strong> nationalem<br />
Interesse sind können nationale Interventionen<br />
zur Folge haben, wie zum Beispiel ein<br />
Besuch des papstes (vgl.: Billert, 2004) oder<br />
das oderhochwasser 2002. so wurde nach<br />
dem oderhochwasser hauptsächlich in den<br />
Wiederaufbau der Infrastruktur investiert. Vor<br />
dem papstbesuch mussten sich die eingriffe<br />
auf Grund der relativ kurzen Vorbereitungszeit<br />
auf kurzfristig durchführbare maßnahmen wie<br />
Neuanstriche beschränken.<br />
Doch gerade Großereignisse, wie die Ausrichtung<br />
der Fußballeuropameisterschaft 2012<br />
oder die ernennung zur Kulturhauptstadt<br />
2016, haben eine starke Wirkung wenn es darum<br />
geht weitere Investitionen zu generieren.<br />
Abb. 1.6.3 unsanierte Hausfassade, Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
47
Abb. 1.6.4 unsanierte Hausfassade; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
48
Die politische Entwicklung Polens ab 1990<br />
Den veränderten politischen Verhältnissen<br />
nach 1990 folgte im Jahr 1999 auch eine umstrukturierung<br />
der Woiwodschaften. unter<br />
dem kommunistischen regime wurden 1975<br />
die damals 17 Woiwodschaften in 49 Bezirke<br />
aufgeteilt. Die offizielle Begründung lautete<br />
„man wolle durch kleinere, flexiblere Woiwodschaften<br />
die regionalen Verwaltungen<br />
stärken.“ Die tatsächliche Folge jedoch war,<br />
dass die sehr kleinen Bezirke nun nicht mehr<br />
groß genug waren, um überhaupt einen bedeutenden<br />
einfluss auf die Zentralregierung<br />
ausüben zu können. Die zu diesem Zeitpunkt<br />
bereits bestehende machtbündelung in Warschau<br />
wurde somit weiter begünstigt.<br />
Diese entwicklung wurde 1999 schließlich<br />
revidiert, in dem man die 49 Bezirke zu den<br />
noch heute aktuellen 16 Woiwodschaften<br />
zusammenlegte. Durch die nun größeren einzugsbereiche<br />
der Woiwodschaften vergrößerte<br />
sich deren politischer einfluss, sodass lokale<br />
Bedürfnisse, zum Beispiel auch in der stadtplanung,<br />
mit mehr Druck, auch auf nationaler<br />
ebene, eingebracht werden können. (vgl.: Wikipedia_Woiwodschaften,<br />
2012)<br />
eine weitere wichtige, politische errungenschaft<br />
polens ist der eu-Beitritt im rahmen<br />
der ost-erweiterung 2004. Neben den wirtschaftlichen<br />
Gründen, die später erläutert<br />
werden, spielten auch politische und kulturelle<br />
Interessen eine große rolle. Wie auch bei den<br />
anderen ehemaligen ostblockstaaten, existiert<br />
in polen noch immer eine große Angst<br />
vor dem übermächtigen Nachbarn russland.<br />
Der eu-Beitritt wurde daher auch als Zeichen<br />
verstanden sich deutlich <strong>von</strong> russland abzugrenzen<br />
und stattdessen den Anschluss an das<br />
westliche europa zu suchen. Wirtschaftlich ist<br />
die eu-mitgliedschaft auch ein wichtiger Anreiz<br />
für internationale Investoren in polen tätig<br />
zu werden. Zum einen durch eine gewisse planungssicherheit,<br />
die durch die eu-mitgliedschaft<br />
vermittelt wird, zum anderen durch den<br />
Zugriff auf eu-Fördergelder.<br />
Die Hoffnung mit Fördergeldern der eu das<br />
zuvor angesprochene sanierungsproblem zu<br />
bewältigen hat sich hingegen nicht erfüllt. Der<br />
schwerpunkt sanierung der eu-Förderung<br />
ging 2004 zu ende, genau in dem Jahr in dem<br />
polen mitglied wurde. Der aktuelle Förderschwerpunkt<br />
liegt stattdessen in dem Ausbau<br />
der Infrastruktur. ein schwerpunkt der vor allem<br />
helfen soll die erschließung des Landes für<br />
die Wirtschaft zu verbessern.<br />
Der größte Fortschritt in der stadtentwicklung<br />
der letzten Jahre, ist jedoch durch den<br />
Zuschlag auf die Bewerbung als spielstätte<br />
der Fußballeuropameisterschaft 2012 ermöglicht<br />
worden. Abgesehen vom Neubau eines<br />
Fußballstadions, sind es vor allem Bauprojekte<br />
der Infrastruktur, die im rahmen der euro<br />
2012 durch zusätzliche mittel ermöglicht werden<br />
konnten. Neben dem starken Ausbau des<br />
Autobahnnetzes auf nationaler ebene, profitiert<br />
Breslau auch <strong>von</strong> regionalen projekten,<br />
wie der sanierung des Hauptbahnhofes und<br />
der erweiterung des Flughafens. Auch auf die<br />
entwicklung des Hotelgewerbes und anderen<br />
touristischen Institutionen wirkt sich die Ausrichtung<br />
<strong>von</strong> spielen der euro 2012 positiv<br />
aus.<br />
um den entwicklungsschub, der durch die<br />
euro 2012 entstanden ist weiter aufzunehmen,<br />
hat sich Breslau erfolgreich als Kulturhauptstadt<br />
2016 beworben. Viele im rahmen<br />
der euro 2012 geschaffene Infrastrukturprojekte<br />
können so weitergeführt und durch kulturelle<br />
projekte, wie zum Beispiel dem geplanten<br />
Bau eines Konzerthauses, ergänzt werden.<br />
Baukultur in Polen seit 1990<br />
Die geschilderte politische entwicklung polens<br />
hat auch Auswirkungen auf die Baukultur<br />
selbst. Hierbei muss in zwei Kategorien unterschieden<br />
werden. Zum einen gibt es international<br />
ausgerichtete prestigeprojekte und zum<br />
anderen eher kleinere projekte, wie auch den<br />
Neubau <strong>von</strong> einfamilienhäusern. um unterschiede<br />
zwischen dem polnischen und deutschen<br />
Architekturbild zu analysieren haben<br />
wir, im rahmen des seminars, die preisträger<br />
zweier Architekturpreise miteinander verglichen.<br />
Auf polnischer seite handelt es sich<br />
dabei um den „piekny Wroclaw“. Dieser wird<br />
<strong>von</strong> der stadt Breslau ausgelobt und jährlich<br />
vergeben. Auf der deutschen seite ist es die<br />
„Auszeichnung vorbildlicher Bauten des Landesbauamtes<br />
NrW und der Architektenkammer<br />
NrW“. Dieser preis wird jedoch nur alle<br />
5 Jahre ausgelobt. Bei beiden preisen wurden<br />
vornehmlich kleinere projekte ausgezeichnet,<br />
mit der motivation zukünftigen Bauherren<br />
eine Vorstellung <strong>von</strong> qualitativer Architektur<br />
zu vermitteln.<br />
Bei der Gegenüberstellung der preisträger<br />
fällt rasch auf, dass bei den deutschen projekten<br />
eine sehr nüchterne und minimalistische<br />
Architektursprache vorzufinden ist. Bei den<br />
polnischen preisträgern hingegen finden sich<br />
öfters auch sehr spielerische elemente bis hin<br />
zu eher traditionellen Wohnhäusern, die in der<br />
deutschen Architekturlandschaft gar keine erwähnung<br />
gefunden hätten. Während des <strong>von</strong><br />
49
Abb. 1.6.5 Bahnhof stadion; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
Abb. 1.6.6 sanierter Hauptbahnhof; Foto: stephan rodewig,<br />
2012<br />
50<br />
Abb. 1.6.7 Flughafen Breslau; Foto: stephan rodewig,<br />
2012<br />
uns gehaltenen referats war es vielen Zuhörern<br />
möglich nur aufgrund <strong>von</strong> Fotos das Herkunftsland<br />
der gezeigten projekte zu erraten.<br />
Vergleicht man diese Tatsache mit dem vorangegangen<br />
Quiz-ergebnis aus der Nachkriegszeit<br />
wird deutlich, dass die polnische Baukultur<br />
sich seit der Nachkriegszeit sehr unterschiedlich<br />
<strong>von</strong> der Deutschen entwickelt hat.<br />
Nichtsdestotrotz gibt es durchaus auch Beispiele<br />
bei denen der standort nicht so klar zu<br />
erkennen ist. eine Internationalisierung der<br />
polnischen Architektursprache ist hier vor allem<br />
bei Bürogebäuden und größeren Wohnungsbauprojekten<br />
erkennbar. Über die Auszeichnung<br />
hinaus wird das am Beispiel neuerer<br />
projekte, die sich vornehmlich an ein internationales<br />
publikum richten, am deutlichsten<br />
sichtbar. sowohl der „skytower“, das höchste<br />
Gebäude Breslaus, als auch das neue stadion<br />
und das für die euro 2012 geplante Flughafenterminal<br />
sind <strong>von</strong> der Architektur her mit<br />
projekten in anderen westlichen europäischen<br />
städten vergleichbar. Im rahmen der euro<br />
2012 ist es polen zudem gelungen auch namhafte<br />
internationale Büros wie zum Beispiel<br />
„Gmp“ anzuwerben. Normalerweise fällt es<br />
polnischen planungsinstitutionen schwer internationale<br />
stararchitekten unter Vertrag zu<br />
nehmen (vgl.: sarzynski, 2011). obwohl gezielt<br />
Versuche unternommen werden, gerade<br />
für prestigeträchtige Bauvorhaben stararchitekten<br />
zu begeistern, gelingt dies nur in den<br />
seltensten Fällen. Das mangelnde Interesse<br />
internationaler Büros an projekten in polen<br />
beruht oft auf mängeln in der projektvorbereitung<br />
zum Beispiel zu gering angesetzte projektkosten<br />
und eine geringe planungssicherheit<br />
aufgrund fehlender Gesetze. Gescheiterte
Bauprojekte <strong>von</strong> berühmten Architekten, wie<br />
zum Beispiel <strong>von</strong> Zaha Hadid in Warschau,<br />
Ando in posen oder Gehry in Lodz, tragen zu<br />
dieser entwicklung bei (vgl.: sarzynski, 2011).<br />
Das nun zur euro 2012 trotzdem auch internationale<br />
Architekten erfolgreich einige<br />
stadien geplant und realisiert haben, könnte<br />
auf den umstand zurück geführt werden, dass<br />
<strong>von</strong> der ueFA ein enormer Druck ausgeübt<br />
wurde um die fristgerechte Fertigstellung der<br />
Bauvorhaben zu gewährleisten. ein solcher<br />
planungsdruck, mit dem Ausblick auf terminierte<br />
Großereignisse, kann auch zu einer erhöhten<br />
planungssicherheit führen, sodass das<br />
risiko eines projektabbruchs minimiert wird.<br />
Zukunftsperspektive für Breslau<br />
mit der ernennung zur Kulturhauptstadt 2016<br />
wird Breslau in vier Jahren erneut eine hohe<br />
internationale Aufmerksamkeit zuteil, sodass<br />
das Interesse internationaler Büros an öffentlichen<br />
projekten, wie dem geplanten Konzerthaus,<br />
steigen könnte.<br />
Viele projekte, die in den letzten Jahren in<br />
Breslau vorangetrieben wurden, vermitteln<br />
das Bild einer sehr positiven stadtentwicklung.<br />
Die weitere entwicklung Breslaus wird<br />
jedoch nicht <strong>von</strong> Neubauprojekten abhängen,<br />
sondern <strong>von</strong> dem umgang mit dem maroden<br />
Bestand. sowohl die Gebäude der Jahrhundertwende,<br />
als auch Teile der Nachkriegsbebauung<br />
müssen schnellstmöglich saniert werden.<br />
sollte dieses problem nicht bald gelöst<br />
werden, wird eine sanierung der Gebäude<br />
in vielen Fällen kaum noch möglich und erst<br />
recht nicht mehr wirtschaftlich sein.<br />
Abb. 1.6.8 skytower; Foto: stephan rodewig, 2012 Abb. 1.6.9 Innenansicht Flughafen; Foto: stephan<br />
rodewig, 2012<br />
Abb. 1.6.10 em stadion Breslau; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
51
Literaturverzeichnis<br />
sarzynski, 2012:<br />
http://www.portalpoint.info/<br />
de,rubryki,10,2755,0.html, 02.05.2012<br />
Billert, 2012:<br />
http://www.schrumpfende-stadt.de/magazin/downloads/2004_2.pdf,<br />
02.05.2012<br />
Wikipedia_Woiwodschaften, 2012:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Woiwodschaften,<br />
16.05.2012<br />
52<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.6.1 sanierte und unsanierte Häuserfassade<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 1.6.2 sanierte und unsanierte Häuserfassaden<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 1.6.3 unsanierte Hausfassade<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 1.6.4 unsanierte Hausfassade<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 1.6.5 Bahnhof stadion<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 1.6.6 sanierter Hauptbahnhof<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 1.6.7 Flughafen Breslau<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 1.6.8 skytower<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 1.6.9 Innenansicht Flughafen<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 1.6.10 em stadion Breslau<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan
1.7 plätze, parks, promenaden -<br />
Freiräume in Breslau<br />
<strong>von</strong> ran Chen und Laura polaczek<br />
Breslau verfügt über sehr viele Freiräume im<br />
Verhältnis zur bebauten Fläche. Dabei handelt<br />
es sich um eine Vielzahl <strong>von</strong> plätzen und parks,<br />
sowie Freiräume, die im Bezug zum Wasser<br />
stehen. Weiteres Grün kommt durch die satellitensiedlungen<br />
hinzu, bei denen stets darauf<br />
geachtet wird den Freiflächenanteil hoch zu<br />
halten. Im 21. Jahrhundert ist eine neue Form<br />
des Freiraums entstanden: shoppingcenter stellen<br />
ihre privaten Freiräume der öffentlichkeit<br />
zur Verfügung.<br />
Straßennetz<br />
Breslaus straßennetz ist bestimmt durch den<br />
Kern der Altstadt, um den herum es mehrere<br />
straßenringe gibt, <strong>von</strong> denen radialstraßen abgehen.<br />
rund um den Kern der Altstadt führt<br />
an der stelle des ehemaligen Burggrabens seit<br />
dem 20. Jhd. mit einem Kilometer Länge die<br />
„Trasa W-Z“ (vgl.: pl_Wiki_TrasaWZ, 2012).<br />
Der äußere Altstadtring wird „ulica podwale“<br />
genannt. er ist 2,8 km lang und wird <strong>von</strong> einer<br />
promenade und Wasserläufen begleitet (vgl.:<br />
pl_Wiki_podwale, 2012) Den nächstäußeren<br />
ring bildet die umgehungstraße. sie verbindet<br />
die äußeren stadtviertel im radius <strong>von</strong> 3 bis 5,5<br />
km mit dem markt. sie wird in ihrer Gesamtlänge<br />
<strong>von</strong> ca. 25 km in Kürze fertiggestellt sein<br />
(vgl.: pl_Wiki_obwodnica, 2012). Im rahmen<br />
der Fußball-em 2012 wurde auch eine 35 km<br />
lange, neue Autobahn „s8“ halb rund um die<br />
stadt gebaut (vgl.: De_Wiki_Breslau, 2012).<br />
Abb. 1.7.1 ulica podwale; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Große Teile der Altstadt sind Fußgängerzonen<br />
oder verkehrsberuhigt. Die wichtigsten<br />
straßen „olawa“, „swidnicka“, „ruska“ und<br />
„Kurzy Targ“ laufen auf den rynek zu. Besonders<br />
hervorzuheben ist die „ulica swidnicka“<br />
(schweidnitzer straße), als wichtigste einkaufsstraße<br />
Breslaus (vgl.: pl_Wiki_swidnicka,<br />
2012). Diese ist auch heute noch sehr belebt<br />
und bietet neben vielen einkaufsmöglichkeiten<br />
auch Architektur aus vielen unterschiedlichen<br />
epochen. eine <strong>von</strong> den wenigen, fast vollständig<br />
original erhaltenen, prachtstraßen ist die<br />
„ulica miernicza“. sie ist daher Kulisse vieler<br />
Filme (vgl.: pl_Wiki_miernicza, 2012). es fällt<br />
auf, das viele plätze in Breslau reine Verkehrsplätze<br />
sind, die nicht zur Naherholung oder als<br />
Treffpunkt dienen.<br />
Das Venedig des Ostens<br />
Aufgrund seiner vielen Inseln und Brücken wird<br />
Breslau als das „Venedig des ostens“ bezeichnet.<br />
Der „Breslauer Wasserwegeknotenpunkt“<br />
ist ein Komplex <strong>von</strong> Flüssen, Kanälen und hydrotechnischen<br />
Anlagen. er besteht aus der<br />
53
Abb. 1.7.2 schweidnitzer straße; Foto: Laura polaczek, 2012
Abb. 1.7.3 Venedig des ostens; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Oder, vier Nebenflüssen der Oder (Oława, Slłza,<br />
Bystrzyca und Widawa), drei Hauptkanälen<br />
(stadtkanal, schifffahrtskanal und Flutkanal),<br />
sowie einem dichten Netz <strong>von</strong> kleinen Flüssen<br />
und Wasserläufen. Zudem gibt es oderschleusen<br />
und viele weitere wasserwirtschaftliche<br />
Anlagen. Der Hauptwasserweg ist 35 km lang<br />
(vgl.: Breslau_Wasser, 2012). Das Wasserwegenetz<br />
spielte seit dem Beginn der stadt eine<br />
sehr wichtige rolle. Der 10,7 km lange „Gegenwärtige<br />
schifffahrtskanal“ mit belaufenden<br />
Flutkanal wurde nach der Flut <strong>von</strong> 1907 zum<br />
verbesserten Hochwasserschutz errichtet (vgl.:<br />
Breslau_oder, 2012).<br />
Die meisten der 12 Inseln befinden sich zwischen<br />
dem universitätsviertel der Altstadt und<br />
dem nördlichen Flussufer. Die bekannteste Insel<br />
ist die „Wyspa piasek“ (sandinsel), auf der<br />
sich die Heilige-Anna-Kirche und eine gotische<br />
marienkirche befinden. Bis zum zweiten Weltkrieg<br />
war die Insel auch dicht mit Wohnhäusern<br />
bebaut. Heute nutzt man den neuen Freiraum<br />
als erholungs- und Veranstaltungsort für Festivals.<br />
Die anderen oderinseln dienen in erster<br />
Linie der Naherholung. Hier sind besonders die<br />
winzige „Tamkainsel“, die „slodowainsel“, die<br />
„mlynskainsel“ und die „Bielarskainsel“ hervor<br />
zu heben. Die „ostrow Tumski“ (Dominsel) ist<br />
heute keine Insel mehr, da die oder im Norden<br />
aufgefüllt wurde (vgl.: Wroc-life_inseln, 2012).<br />
Vor ort konnten wir feststellen, dass die sandinsel<br />
ein sehr beliebter Treffpunkt für Jugendliche<br />
ist.<br />
In Breslau gibt es 112 Brücken. Die bekannteste<br />
Brücke ist die „most Grunwaldzki“ (Kaiserbrücke),<br />
eine Hängebrücke über die oder aus<br />
genietetem stahl. sie dient seit 1910 als straßenbahn-<br />
und Fußgängerbrücke und ist 112,5<br />
meter lang (vgl.: Breslau_Grun, 2012, pl_Wiki_<br />
most_Grun, 2012). Die „Tumskibrücke“ <strong>von</strong><br />
1889 verbindet die sandinsel mit der Dominsel.<br />
An dieser stelle war früher der erste Breslauer<br />
Übergang über die oder. Ihr spitzname<br />
ist die „Brücke der Verliebten“, wegen der als<br />
romantisch bekannten umgebung (vgl.: Breslau_Tumski,<br />
2012). Die „Tierbrücke“, nahe des<br />
Tiergartens, wurde 1895 - 1897 <strong>von</strong> Karl Klimm<br />
gebaut. Da sich an der stelle seit 1704 ein<br />
Wachposten befand wird sie auch „die passbrücke“<br />
genannt (vgl.: Breslau_Zwierzynieck,<br />
2012). Der neueste und längste Brückenbau in<br />
Breslau ist die 923,5 m lange „milleniumbrücke“,<br />
die Teil der neu gebauten umgehungstrasse<br />
ist (vgl.: Breslau_millenium, 2012)<br />
55
Abb. 1.7.4 sandinsel; Foto: Laura polaczek, 2012 Abb. 1.7.5 Kaiserbrücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Abb. 1.7.7 Dominsel; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Plätze<br />
Der wichtigste platz in Breslau ist der „rynek“.<br />
Da aus den verschiedenen stadtvierteln elf<br />
straßen zum rynek führen bildet er das absolute<br />
Herz der stadt. er entstand bei der Neugründung<br />
der stadt 1214 -32 und ist seitdem<br />
einer der größten mittelalterlichen marktplätze<br />
Abb. 1.7.8 Tumski Brücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
europas. seine Besonderheit ist ein „Tritt“, also<br />
ein mittelblock, der aus dem alten rathaus,<br />
dem neuen rathaus und Bürgerhäusern besteht<br />
und um 7° gedreht ist. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg mussten die Fassaden der Häuser<br />
fast vollständig rekonstruiert werden. Jedes<br />
der 60 Grundstücke hat einen traditionsreichen<br />
Abb. 1.7.6 Tierbrücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Abb. 1.7.9 milleniumbrücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Namen, der auch heute noch am Namen des<br />
Gebäudes oder am Wappen auf der Fassade<br />
abzulesen ist. Die Wahrzeichen sind ein Denkmal<br />
<strong>von</strong> Aleksander Fredro, dem berühmtesten<br />
polnischen Dramatiker und Komödienautor<br />
polens und der Breslauer pranger, das mittelalterliche<br />
symbol der Gerechtigkeit. Jede der
vier seiten hat einen Namen, der sich auf die<br />
dort verkauften Waren bezieht. Die <strong>West</strong>seite,<br />
auch sieben-Kurfürsten-seite, war früher der<br />
„Wolle-markt“. Hier gibt es die meisten original<br />
erhaltenen Bürgerhäuser. Besonders hervorzuheben<br />
sind das 1907 im Jugendstil errichtete<br />
Gebäude rynek 1, das Bürgerhaus „unter<br />
Greifen“ und das Haus „Zu sieben Kurfürsten“.<br />
seit 1741 trägt die <strong>West</strong>seite den spitznamen<br />
„paradeplatz“. seit dem Jahr 2000 gibt es hier<br />
einen gläsernen Brunnen. Die Nordseite wird<br />
auch als die „Naschmarkt-seite“ bezeichnet.<br />
Die südseite, auch „Goldene-Becher-seite“<br />
wurde früher „Beim Alten Galgen“ genannt.<br />
ein großer Teil der Nordseite sind Warenhäuser<br />
der Jugendstilepoche oder des Neuen Bauens,<br />
mit pseudohistorischen Fassaden. Die ostseite,<br />
auch Grüne-rohr-seite befindet sich gegenüber<br />
der rathaushauptfassade. In der nordwestlichen<br />
ecke des ringes befinden sich ein<br />
gotisches Haus und ein Barockhaus, die durch<br />
ein Bogentor miteinander verbunden sind. In<br />
der Nachkriegszeit wurden die beiden Häuser,<br />
die an zwei romantische Figuren, die Händchen<br />
halten erinnern, als „Hänsel und Gretel“ verspottet.<br />
Inzwischen ist der Name aber offiziell<br />
(vgl: De_Wiki_rynek, 2012, Wroc-life_rynek,<br />
2012).<br />
Auch der „salzplatz“ ist ein mittelalterlicher<br />
marktplatz <strong>von</strong> 1242, der im Bezug zum rynek<br />
steht. seine Grundfläche ist fast quadratisch<br />
und die südwestliche ecke ist geschlossen.<br />
er wurde zwischenzeitlich mit einem Denkmal<br />
für den Feldmarschall Blücher in „Blücherplatz“<br />
umbenannt. seit vielen Jahren beherbergt er<br />
traditionell einen Blumenmarkt. Die wichtigsten<br />
Häuser sind eine ehemalige Börse <strong>von</strong> 1822<br />
an der südseite, einige ehemalige Kaufhäuser<br />
an der ostseite, ein Gebäude einer ehemaligen<br />
Apotheke, <strong>von</strong> Adolf rading erbaut, sowie<br />
zwei barocke Häuser <strong>von</strong> um 1700 (vgl.:<br />
pl_Wiki_solny,2012).<br />
Der dritte historische marktplatz ist der „Nowy<br />
Targ“ (Neuer markt), der auch bereits im 13.<br />
Jhd. entstanden ist. 1909 wurde der Handel<br />
vom Nowy Targ zur nahe gelegenen markthalle<br />
übertragen. Während des Zweiten Weltkrieges<br />
wurde unter dem platz eine große Anlage<br />
mit Geschäften und einer Diskothek errichtet.<br />
Kurz darauf wurde der platz völlig zerstört und<br />
in den 60er Jahren wieder aufgebaut. 2010<br />
gab es einen Wettbewerb zur sanierung des<br />
platzes. Der Architekt rutkowski plante eine<br />
Tiefgarage, die Installation <strong>von</strong> stadtmöblierung,<br />
neue Beleuchtung und die ergänzung der<br />
vorhandenen Grünflächen. Das projekt kostet<br />
über 38 millionen Zloty und soll nach drei Jahren<br />
Bauzeit 2013 fertig gestellt werden (vgl.:<br />
pl_Wiki_Nowy_Targ, 2012, Nowy_Targ, 2012).<br />
Der „plac Grunwaldzki“ (deutsch Kaiserstraße)<br />
befindet sich zwischen der Kaiserbrücke und<br />
der Fürstenbrücke. Während der Belagerung<br />
der Festung Breslau durch die rote Armee im<br />
Jahre 1945 wurde das stadtviertel scheitnig<br />
auf Befehl des NsDAp-Gauleiters Karl Hanke<br />
dem erdboden gleichgemacht, um ein Flugfeld<br />
zu schaffen. In den 50er Jahren begann der<br />
Wiederaufbau des Viertels. Bis ende der 90er<br />
Jahre wurde der platz als marktplatz genutzt.<br />
Ab 2006 begann man mit der rekonstruktion.<br />
Heute ist der plac Grunwaldzki ein Kreisverkehr<br />
mit einer ellipsenförmigen Bahn- und Bushaltestelle<br />
in der mitte (vgl.: pl_Wiki_Grunwaldzki,<br />
2012).<br />
Viele der ehemaligen plätze werden heute bebaut.<br />
einige müssen ganzen Gebäudekomple-<br />
Abb. 1.7.10 rynek; Foto: wikimedia.org, 2012<br />
Abb. 1.7.11 Hänsel und Gretel; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
57
xen weichen. Andere werden <strong>von</strong> mehrspurigen<br />
straßen durchzogen. Die menschen zieht<br />
es daher mehrheitlich auf die vorgestellten<br />
plätze, wie wir bei unserem Besuch in Breslau<br />
feststellen konnten.<br />
Parks<br />
In Werbekampagnen wird Breslau als „die<br />
grüne stadt“ bezeichnet. In der Tat kann man<br />
Breslau den Titel der grünsten, polnischen stadt<br />
durchaus zuschreiben. 17% der stadtfläche<br />
werden <strong>von</strong> Grünanlagen bedeckt, das macht<br />
25m² auf jeden einwohner. es gibt eine Vielzahl<br />
<strong>von</strong> promenaden, wie die Altstadtpromenade<br />
rund um Breslaus Altstadt und promenaden am<br />
oderufer. Außerdem befinden sich in Breslau<br />
26 große parks, 10 Wälder und 3 große Gärten.<br />
Die größten parks sind der „scheitniger<br />
park“ mit 100 ha und der „<strong>West</strong>park“ mit 75<br />
ha. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Wälder,<br />
wie den „redzinski“ Wald mit 400ha. (vgl.:<br />
Wroclaw_Breslau, 2012)<br />
Der „parc szczytnicki“ (scheitniger park) wird<br />
als die grüne Lunge der stadt bezeichnet. er<br />
wurde 1785 als erster englischer Garten in<br />
Kontinentaleuropa aufgebaut und ist seit dem<br />
19. Jhd. der offizielle stadtpark <strong>von</strong> Breslau. er<br />
dient Breslauern als Lehr – und entspannungsort<br />
aufgrund der vielen interessanten pflanzenarten.<br />
Im rahmen der Jahrhundertausstellung<br />
wurde 1913 auch ein japanischer Garten im<br />
szczytnicki park errichtet. Der park wurde im<br />
Zweiten Weltkrieg zerstört und 1994 wieder<br />
aufgebaut (vgl.: Wroclove2012_Japonski, parki,<br />
2012).<br />
Der Zoologische Garten wurde zunächst 1864<br />
aufgebaut, musste aber bereits nach dem ersten<br />
Weltkrieg infolge der Inflation 1921 ge-<br />
schlossen werden. 1927 wurde er wieder eröffnet<br />
und 1944 dann schließlich völlig zerstört.<br />
1948 kam es zur endgültigen Wiedereröffnung.<br />
1956 erweiterte man das Gelände, indem ehemaliges<br />
Ausstellungsgelände der Jahrhundertausstellung<br />
mit angeschlossen wurde. Heute ist<br />
der Zoologische Garten <strong>von</strong> Breslau mit 5.300<br />
Tieren einer der größten Zoos in polen. seinen<br />
eingang findet man direkt gegenüber der Jahrhunderthalle<br />
(vgl.: Wroclaw_Zoo, 2012)..<br />
eine weitere Besonderheit ist der botanische<br />
Garten der universität auf der Dominsel, der<br />
zeitgleich mit der universität 1811 gegründet<br />
wurde. er beherbergt über 7.500 Arten <strong>von</strong><br />
pflanzen auf einer Fläche ca. 7,4 ha. Da<strong>von</strong> befinden<br />
sich ca. 0,33 ha und unter Glas. Auch<br />
der Botanische Garten wurde schon mehrmals<br />
zerstört und wieder aufgebaut. Am schlimmsten<br />
traf es ihn 1945, als mehr als 50% der Bäume<br />
und pflanzen zerstört wurden. seit 1974 ist<br />
der botanische Garten im „register der Denkmäler<br />
<strong>von</strong> Niederschlesien“ eingetragen (vgl.:<br />
Botaniczny, 2012, Wroclove2012_Botaniczny,<br />
pl_Wiki_Botaniczny, 2012).<br />
In Breslau haben wir festgestellt, dass es noch<br />
wesentlich mehr parkanlagen gibt, als die genannten.<br />
es fehlt dem Breslauer nicht an erholungsmöglichkeiten.<br />
Besonders empfehlenswert<br />
ist neben dem botanischen Garten ein<br />
Besuch im scheitninger park. Vor der Jahrhunderthalle<br />
kann stündlich eine Wasserspielinszenierung<br />
mit musik beobachtet werden.<br />
Grüne Siedlungen<br />
Im Jahr 1911 wurde mit dem ersten Gartenstadtprojekt<br />
in Breslau begonnen. Heute gibt<br />
es mehr als 30 satelliten-Wohnsiedlungen in<br />
Breslau.<br />
Abb. 1.7.12 scheitniger park; Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Die berühmteste Gartenstadt in Breslau ist<br />
„Słpólno“, ursprünglich „Zimpel“. Nach dem<br />
ersten Weltkrieg wuchs Breslau sehr schnell. es<br />
wurden daher neuer Wohnungen nötig, um das<br />
überfüllte Zentrum zu entlasten. Deshalb planten<br />
Hermann Wahlicha und Paula Heim Słpólno,<br />
eine typische „Flachbausiedlung“ mit niedrigen,<br />
zweistöckigen Gebäuden. Die „siedlungsgesellschaft<br />
Breslau“ und die „Genossenschaft<br />
Heimstatt“ bauten Słpólno schließlich zwischen<br />
1919 und 1935. Die 100 Hektar große siedlung<br />
wurde für den mittelstand geplant. Das Ziel der<br />
entwerfer war <strong>von</strong> Anfang an eine Gartenstadt<br />
zu schaffen. so sind 76 Hektar der gesamten<br />
Fläche privater oder öffentlicher Grünraum. es<br />
gibt verschiedene Typen <strong>von</strong> Gebäuden, zum<br />
Beispiel mehrfamilien-reihenhäuser mit vier<br />
bis sechs Wohnungen und einfamilienhäuser<br />
mit Garten. Die Besonderheit Słpólnos ist sein<br />
Grundriss, der der Form eines Adlers, dem Breslauer<br />
Wappentier, entspricht (vgl.: selpolno,<br />
2012, siedlungen, 2012).<br />
1928 – 1930 plante paula Heim mit A. Kemp-
Abb. 1.7.12 Botanischer Garten, Foto: Laura polaczek, 2012<br />
ter das Projekt „Klein Tschansch“, heute „Ksiłłe<br />
Małe“, als Testgelände der „Forschungsgesellschaft<br />
für Wirtschaftlichkeit“. es handelt sich<br />
um sozialwohnungen mit 40, 50 oder 70 m²<br />
Wohnfläche. Seit Ksiłłe<br />
Małe 1994 als Wohnungsbaugenossenschaft<br />
registriert ist gibt<br />
es viele positive effekte, wie zum Beispiel die<br />
Verbesserung der technischen effizienz <strong>von</strong> Gebäuden<br />
und mehr Begrünungen (vgl.: siedlungen,<br />
2012, Ksiłłe<br />
Małe, 2012, Pl_Wiki_ Ksiłłe<br />
Małe,<br />
2012).<br />
ein musterbeispiel für neue entwicklungen <strong>von</strong><br />
Siedlungen ist der <strong>Stadt</strong>teil Małlice. Der SBM<br />
Małlice ist eine der ersten Wohnungsbaugenossenschaften<br />
in polen. Die städtebaulich<br />
besonders vielfältige Siedlung Małlice befindet<br />
sich im Nordwesten Breslaus, nahe des für<br />
die europameisterschaft errichteten stadions.<br />
seit 1981 wurden bisher 600 Häuser und 450<br />
Wohnungen gebaut, weitere sind in planung<br />
(vgl.: Małlice, 2012) . Die Vermutung, dass bei<br />
der siedlungsgestaltung stets viel Wert auf viel<br />
Grünraum gelegt wurde, hat sich bei unserem<br />
Besuch bestätigt. Die Grünanlagen sind allerdings<br />
sehr unterschiedlich gut gepflegt.<br />
Das Shoppingcenter - der moderne Treffpunkt<br />
Im 21. Jahrhundert hat sich das öffentliche Leben<br />
der stadt verlagert. Während die Altstadt<br />
immer mehr <strong>von</strong> Touristen überlaufen wird<br />
zieht es die Breslauer selbst in eine Vielzahl<br />
neuer „shoppingstädte“. Die shoppingcenter<br />
bieten den Breslauern verschiedenste Konzepte<br />
zur Freizeitgestaltung an, die weit über<br />
die Funktion des einkaufens hinausgehen. Die<br />
shoppingcenter sind zu beliebten Treffpunkten<br />
geworden und fungieren als eigene kleine<br />
„stadtzentren“, größtenteils am stadtrand<br />
gelegen. Die marketingabteilungen der Center<br />
behaupten, dass die shoppingcenter alles bieten<br />
können, wozu die Kundern sonst die Breslauer<br />
Altstadt aufsuchen müssten. Im Inneren<br />
oder in den Vorbereichen der Center werden<br />
sogar Wasserläufe und Grünflächen angelegt,<br />
um das Gefühl man wäre in einer eigenen kleinen<br />
stadt zu verstärken.<br />
Das einkaufszentrum „Futura park“ zum Beispiel<br />
liegt am <strong>West</strong>ende der stadt, nahe dem<br />
Flughafen. Futura park wurde 2008 eröffnet<br />
und bietet neben Geschäften auch Dienstleistungen<br />
und ein Factory outlet Center an. es<br />
gibt einen großen parkplatz <strong>von</strong> dem alle Geschäfte<br />
innerhalb des Komplexes einen direkten<br />
Zugang haben. Die Baukosten des Gebäudes<br />
beliefen sich auf über 20 millionen Zloty (vgl.:<br />
shopping, 2012, Futura_park, 2012).<br />
2007 wurde ein großes einkaufszentrum am<br />
Grunwaldzkiplatz gebaut. es ist eins der größten<br />
einkaufszentren in Breslau. Das viergeschossige<br />
Gebäude mit einer Gesamtfläche <strong>von</strong><br />
59
130.000m² schließt baulich die elipsenform des<br />
Grunwaldzkiplatzes ab. Neben 200 Geschäften<br />
gibt es auch hier Zusatzangebote wie Dienstleistungen,<br />
Gastronomie und ein Kino. seit dem<br />
Bau des Zentrums kann sich der Grunwaldzkiplatz<br />
wieder zu den beliebtesten Gegenden<br />
Breslaus zählen (vgl.: Cityknown_Grun, 2012,<br />
Grunwaldzki, 2012, Wroc-life_Grun, 2012).<br />
Das im oktober 2007 eröffnete einkaufszentrum<br />
„magnolia park“ kann man als symbol für<br />
den raketenartigen start Breslaus ins 21. Jhd.<br />
interpretieren. es liegt nahe der Innenstadt und<br />
verfügt über 240.000 m² Fläche. Über 40.000<br />
m² da<strong>von</strong> wurden zum erholungsgebiet erklärt.<br />
Hier gibt es Amphitheater, sportplätze und<br />
Abb. 1.7.13 Gartenstadt selpono,<br />
Foto: Laura polaczek, 2012<br />
Brunnen. Das Ziel war es einen ort zu schaffen,<br />
der nicht nur ein einkaufszentrum ist, sondern<br />
auch ein unterhaltungs- und erholungsgebiet<br />
(Vgl.: magnolia, 2012, shopping, 2012)<br />
es gibt zwar immer mehr einkaufszentren, unser<br />
eindruck vor ort zeigte uns aber, dass es<br />
kein Überangebot gibt und die Breslauer sowohl<br />
die neuen shoppingmalls als auch die<br />
alte markthalle, sowie die Geschäfte in den<br />
traditionsreichen einkaufsstraßen nutzen. Die<br />
shoppingcenter dienen als ergänzung zum bestehenden<br />
Angebot an plätzen und parks und<br />
bieten den Breslauern einen alternativen Trefpunkt<br />
zur Altstadt, die besonders im sommer<br />
<strong>von</strong> Touristen überlaufen ist.<br />
plätze<br />
1 - rynek<br />
2 - plac solny<br />
3 - Nowy Targ<br />
4 - plac Grunwaldzki<br />
parks<br />
5 - parc szcztnicki<br />
6 - ogrod Zoologiczny<br />
7 - ogrod Botaniczny<br />
einkaufscenter<br />
8 - Futura<br />
9 - Grunwadzki<br />
10 - magnolia park<br />
Grüne siedlungen<br />
11 - selpolno<br />
12 - Ksieze male<br />
13 - maslice<br />
Brücken<br />
14 - Kaiserbrücke<br />
Abb. 1.7.14 Karte stadtspaziergang, eigene Darstellung, Foto: Google_maps, 2012<br />
Breslau, die grüne und lebendige <strong>Stadt</strong><br />
Der Besuch in Breslau konnte bestätigen, dass<br />
es sich um eine außerordentlich grüne stadt<br />
handelt. Das Angebot an erholungsflächen ist<br />
groß. Besonders die genannten parks und die<br />
Inseln laden zum Verweilen ein. Der rynek und<br />
der salzplatz sind rund um die uhr sehr belebt,<br />
auch wenn die Lebendigkeit der stadt zum<br />
Zeitpunkt unseres Besuchs, kurz vor der anstehenden<br />
Fußballeuropameisterschaft, sicherlich<br />
verstärkt war.<br />
Kurzum, Breslau wird uns als grüne und lebendige<br />
stadt in erinnerung bleiben.
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62<br />
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16.05.2012<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 1.7.1 ulica podwale<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.2 schweidnitzer straße<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.3 Venedig des ostens<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.4 sandinsel<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.5 Kaiserbrücke<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.6 Tierbrücke<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.7 Dominsel<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.8 Tumski Brücke<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.9 milleniumbrücke<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.10 rynek<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/<br />
commons/thumb/5/5a/rynek_Wroclaw_<br />
summer_2010.JpG/800px-rynek_Wro<br />
claw_summer_2010.JpG, 15.07.2012<br />
Abb. 1.7.11 Hänsel und Gretel<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.12 scheitniger park<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.12 Botanischer Garten<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.13 Gartenstadt selpono<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />
Abb. 1.7.14 Karte stadtspaziergang<br />
eigene Darstellung, www.maps.google.de.<br />
15.07.2012
2 exKursIoN NACH BresLAu<br />
„BresLAu WIr KommeN“<br />
Blick über Breslau, Foto: stefan rodewig 2012<br />
63
Geplantes Exkursionsprogramm<br />
Dienstag, 29.05.2012<br />
12.15 Abflug in Dortmund<br />
WizzAir<br />
13.40 Ankuft am Flughafen Breslau & Fahrt<br />
in die stadt (ca. 30 min)<br />
14.30 Check-in im kolor hostel, anschlie<br />
ßend Zeit Geld abzuholen oder zu<br />
wechselen, öpVN-Tickets zu kaufen,<br />
mittagssnack<br />
17.00 Treffen am springbrunnen rynek<br />
Abendspaziergang durch die Altstadt<br />
mit Dr. Lukasz Damurski (rynek,<br />
Universtität, Ostrów Tumski)<br />
mittwoch, 30.05.2012<br />
7.45 Treffen an der Tramstation Galeria<br />
Dominikanska, mit der Linie 17, N, 9<br />
bis ogrod Botaniczny (Fußweg zum<br />
WuT)<br />
8.30 Vortrag (englisch) maciej Litwin<br />
(Akademisches Zentrum Breslau -<br />
urzad miejski Wroclawia) „making<br />
sense of knowledge-based economy.<br />
Comments on Wrocloas‘s eIT +<br />
experience“ (WuT)<br />
9.30 Vortrag (englisch) Dr. Lukasz Da-<br />
murski „e-participation in planning.<br />
examples from poland and Germany“<br />
(WuT)<br />
64<br />
11.00 rückweg in die stadt, mittagspause:<br />
ggf. einkauf in der markthalle und<br />
picknick an der oder, Fußweg zum<br />
museum<br />
14.30 Architektur museum<br />
ul. Bernardynska 5, Wroclaw<br />
Führung (deutsch), eintritt 10 zl<br />
Dauerausstellung polnische Architek-<br />
tur und Architektur ernst may 1886 -<br />
1970<br />
16.00 Freie erkundung: z.B. mit der Tramlinie<br />
33pLus quer durch die stadt<br />
Donnerstag, 31.05.2012<br />
10.15 Treffen an der Tramstation Galeria<br />
Dominikanska, mit der Linie 17, N, 9<br />
bis ogrod Botaniczny (Fußweg zum<br />
WuT)<br />
11.00 Vortrag (polnisch) michal Ciesielski<br />
(Zoiu - Zachodnia okregowa Izba<br />
urbanistow) „spatial planning in po-<br />
land. Theory and practice.“ (WuT)<br />
12.00 Vortrag (englisch) Tomasz smolinski<br />
(Biuro rozwoju Wroclawia) „unity in<br />
Diversity. Diversity in urban redevelopment<br />
process. Wroclaw Case<br />
study.“ (WuT)<br />
13.00 Nach einer kurzen mittagspause in<br />
der mensa Busfahrt und spaziergang:<br />
neue stadtentwicklungsprojekte<br />
vor ort begleitet durch michal<br />
Ciesielski, Tomasz smolinski Damurski<br />
18.00 Freie Zeit<br />
Freitag, 01.06.2012<br />
8.20 Treffen an der Tramstation Galeria<br />
Dominikanska, mit der Linie 2, 4, 10<br />
bis Hala stulecia<br />
9.00 Treffpunkt Jahrhunderthalle<br />
spaziergang mit Führung, WuWa,<br />
Jahrhunderthalle, szczytnicki park<br />
12.00 mittagspause<br />
13.30 spaziergang sepolno, alternativ oder<br />
später Bootsfahrt mit „Nereida“ oder<br />
Wiktoria“ ZOO bis Ostrów Tumski<br />
Kosten 15 zl, Dauer 40 min<br />
19.00 Gemeinsames Abendessen<br />
samstag, 02.06.2012<br />
4.15 Treffen im kolor hostel<br />
Transfer zum Flughafen<br />
6.10 Abflug in Breslau<br />
7.35 Ankunft in Dortmund<br />
rückfahrt nach Hause
exkursion nach Breslau:<br />
Wie alles begann oder<br />
„Breslau wir kommen“<br />
<strong>von</strong> marie-pierre Wilczak<br />
Nachdem wir einen ersten eindruck Breslaus<br />
durch die referate erhalten hatten, war die<br />
Fahrt vom 22.05 bis zum 01.06.2012 mit vielen<br />
erwartungen verbunden. Würden unsere<br />
Vorstellungen dem Bild der stadt vor ort entsprechen?<br />
Gab es ungeklärte Fragen zu beantworten?<br />
Was gab es, außer den fassbaren<br />
Beweisen unserer referate, noch zu erkunden?<br />
Der Blick auf ein vielfältiges programm,<br />
das <strong>von</strong> Lucyna Zalas gestaltet und die unterstützung<br />
<strong>von</strong> ortsansässigen Fachkundigen,<br />
lies vermuten, das keine Langeweile aufkommen<br />
würde. Typisch touristische Ziele, wie der<br />
marktplatz oder die Jahrhunderthalle, aber<br />
auch stadtplanerische Besonderheiten, wie<br />
das Architekturmuseum oder das stadtviertel<br />
„psie pole“, standen auf dem plan und sollten<br />
uns spürbar aktuelle oder geschichtliche einblicke<br />
in die stadtentwicklung Breslaus geben.<br />
Aber auch für individuelle erkundungen zu<br />
den unterschiedlichsten plätzen, Gassen und<br />
Gebäuden wurde Zeit eingeplant. Folgend<br />
wird jeder Tag in einem Bericht protokolliert,<br />
welcher die offiziellen programmpunkte erläutert,<br />
jedoch auch eigene erkundungen und<br />
persönliche Highlights beschreibt.<br />
Abb. 2 universität bei Nacht, Foto: Laura polaczek, 2012<br />
65
Polnischer Crash-Kurs<br />
Hallo, ich heiße… Czesc, nazywam sie/ mam na imie..<br />
Guten Tag Dzien dobry<br />
Gute Nacht Dobra noc<br />
Wo finde ich/ ist... Gdzie znajduje/jest...<br />
restaurant, Hotel, Toilette restauracja, hotel, toileta/ ubikacja<br />
Danke Dziekuje/ dzieky<br />
Bitte prosze<br />
Ja, Nein tak, nie<br />
Ich verstehe nicht Ja nie rozumie.<br />
Was heißt/ ist... auf polnisch? Co znaczy/jest.... po polsku?
3 Vor orT - reIseBerICHTe uND rÜCKBLICK<br />
67
3.1 Der erste Überblick<br />
Dienstag 29.05.2012<br />
<strong>von</strong> Yinzi Gong und Julia Haun<br />
Der Abflug nach Breslau war eigentlich am<br />
Dienstag um die mittagszeit geplant. Da sich<br />
dieser allerdings stark verspätete, musste die<br />
erste Tagesplanung ein wenig umstrukturiert<br />
werden. schließlich konnten wir doch, am frühen<br />
Abend, fünf stunden später als geplant,<br />
unsere Fahrt ins Hostel antreten. Der erste<br />
polnische Kontakt kam durch die Verständigung<br />
mit den Taxifahrern zustande. mit Händen,<br />
Füßen und einer erfolgsversprechenden<br />
dritten methode, einer Karte mit Adresse,<br />
kamen wir schließlich am „Kolor Hostel“ an.<br />
unser Hostel befand sich in zentraler Lage,<br />
nur wenige Gehminuten vom markplatz, dem<br />
rynek, entfernt und war somit der ideale Ausgangspunkt<br />
für die folgenden exkursionsziele.<br />
Nach einem Abendessen bei „smaowie“, einer<br />
beliebten polnischen restaurantkette, die ausschließlich<br />
regionale Küche anbietet, kamen<br />
wir wieder zu Kräften und waren bereit für den<br />
ersten, etwas verspäteten programmpunkt<br />
des Tages. Geplant war ein Abendspaziergang<br />
über den rynek, hin zur universität, der<br />
sandinsel und schließlich zum Dom Breslaus.<br />
Dr. Lukasz Damurski, experte als ortskundiger<br />
Anwohner und mitarbeiter der universität<br />
Breslau am Lehrstuhl für städtebau, leitete die<br />
Führung. Von ihm erfuhren wir viele interessante<br />
Fakten über die stadt und ihre entwicklung.<br />
68<br />
Abb. 3.1.1 es kann losgehen; Foto: wikimedia.org, 2012 Abb. 3.1.2 Altes rathaus; Foto: Yinzi Gong, 2012<br />
Rynek<br />
Die erste station war der „rynek“. Das Herz<br />
Breslaus beeindruckt durch seinen imposanten<br />
quadratischen marktplatz mit einem Häuserblock<br />
inmitten des platzes. Der mittelblock<br />
beherbergt neben vielen gastronomischen Betrieben<br />
auch das rathaus, welches im 13. Jahrhundert<br />
errichtet und im 15. Jahrhundert im<br />
spätgotischen stil aufwendig umgebaut wurde.<br />
Bekannt ist der Gebäudekomplex durch<br />
seine reichen Verzierungen der ostfassade<br />
und der dazugehörigen astronomischen uhr,<br />
die im Jahr 1580 angebracht wurde. Während<br />
des Zweiten Weltkriegs wurde der rynek stark<br />
beschädigt. um 1950 wurde er dann, mit äußerstem<br />
Bemühen, originalgetreu restauriert.<br />
Universität<br />
Vom marktplatz erreicht man in wenigen minuten<br />
die universität, <strong>von</strong> der man sagt, sie<br />
habe in ihrem Inneren die schönsten Barockräume<br />
polens verborgen. Die meisten <strong>von</strong> uns<br />
suchten die räume im Laufe der Woche auf<br />
und waren <strong>von</strong> der prunkvollen einrichtung<br />
Abb. 3.1.3 universität bei Dämmerung; Foto: Yinzi Gong,<br />
2012
der universität sehr beeindruckt. Vor dem Gebäude<br />
befindet sich der Fechterbrunnen, ein<br />
1904 <strong>von</strong> Hugo Lederer geschaffenes Denkmal.<br />
Die lebensgroße Brunnenfigur aus Bronze<br />
stellt einen nackten Jüngling dar. In seiner<br />
rechten Hand hält er ein Florett, welches <strong>von</strong><br />
Zeit zu Zeit <strong>von</strong> studenten entwendet wurde.<br />
Noch heute gehört es, unerlaubter Weise,<br />
zum Brauch der neuen studenten, das Florett<br />
zu stehlen.<br />
Sandinsel<br />
Über die „uniwesky Brücke“ gelangt man<br />
zum ältesten Teil Breslaus, der sandinsel. Der<br />
park auf der sandinsel ist heutzutage ein beliebter<br />
studententreffpunkt. Vom park auf<br />
der sandinsel gelangt man zur Dominsel, die<br />
teilweise noch mit traditionellen Gaslaternen<br />
beleuchtet wird. Inmitten ragt der Dom, als<br />
weiteres Wahrzeichen Breslaus, auf. er wurde<br />
in den Jahren <strong>von</strong> 1244 bis 1341 im stil der<br />
Gotik errichtet und ist, mit seinen knapp 98 m<br />
hohen Türmen, die höchste Kirche der stadt.<br />
Tageshighlights: Die Zwerge<br />
Bereits vor der Tür unseres restaurants trafen<br />
wir auf den ersten der gusseisernen Zwerge,<br />
die überall in Breslau zu finden sind. Der etwa<br />
schuhgroße Zwerg vor unsererem restaurant<br />
streckte eine auf eine Gabel aufgespießte pierogi,<br />
eine tradtionelle maultasche, in die Luft.<br />
Im Verlauf des spaziergangs sollten noch einige<br />
weitere Zwerge folgen. ursprung haben<br />
die kleinen Gesellen in der politischen oppositionsbewegung<br />
„orange Alternative“.<br />
sie übte in den 1980er Jahren mit spontanen<br />
Aktionen, wie zum Beispiel Demonstrationen<br />
in Zwergenkostümen, Kritik am kommunistischen<br />
regime in polen und stellte einen gusseisernen<br />
Zwerg in der Breslauer Altstadt auf.<br />
Der orangen Alternative zu ehren sind heute<br />
bereits mehr als 150 unterschiedlich gestaltete<br />
Zwergfiguren in der ganzen stadt aufgestellt.<br />
Da es in Breslau viele sogenannte „unschöne<br />
ecken” und Brandwandwände gibt, findet<br />
man an vielen Hauswänden straßenkunst <strong>von</strong><br />
hohem Niveau. Vielfach werden Künstler beauftragt<br />
einige der unschöneren Wände zu<br />
bemalen. es passiert jedoch auch, dass Kunstwerke<br />
über Nacht unerlaubt entstehen und<br />
nicht wieder entfernt werden.<br />
Der Biergarten<br />
Nahe der Dominsel, neben einer ehemaligen<br />
mühle saßen wir direkt am Wasser der oder in<br />
einem schönen Biergarten und erfrischten uns<br />
mit polnischem Bier.<br />
Trotz des holprigen starts hatten wir einen<br />
schönen einstiegstag, der uns einen ersten eindruck<br />
über die interessante stadt verschaffte.<br />
Abb. 3.1.4 Der Dom bei Nacht; Foto: Yinzi Gong, 2012 Abb. 3.1.5 Der reichtumszwerg; Foto: Yinzi Gong, 2012 Abb. 3.1.6 Ausklang des Tages; Foto: Yinzi Gong, 2012<br />
69
Abb. 3.1.7 Häuserkunst; Foto: Yinzi Gong, 2012<br />
70<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 3.1.1 es kann losgehen<br />
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/dd/Wroclaw-rynek-7.2005.<br />
jpg/800px-Wroclaw-rynek-7.2005.jpg,<br />
15.07.2012<br />
Abb. 3.1.2 Altes rathaus<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />
Abb. 3.1.3 universität bei Dämmerung<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />
Abb. 3.1.4 Der Dom bei Nacht<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />
Abb. 3.1.5 Der reichtumszwerg<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />
Abb. 3.1.6 Ausklang des Tages<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />
Abb. 3.1.7 Häuserkunst<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong
3.2 Theoretische Grundlagen und<br />
freie erkundung<br />
mittwoch 30.05.2012<br />
<strong>von</strong> ran Chen, Jan Kaplan und stephan rodewig<br />
Am mittwoch begann unser Tag schon früh.<br />
Nach einem schnellen Frühstück machten wir<br />
uns auf den Weg zur techischen universiät<br />
Breslaus. Dort angekommen erwarteten uns<br />
bereits Herr Litwin un Herr Damurski, die uns in<br />
zwei spannenden Vorträgen polens stadtplanerische<br />
Besonderheiten erläuterten.<br />
Vortrag <strong>von</strong> Maciej Litwin - „Making sense of<br />
knowledge based economy“<br />
Der erste Vortrag des Tages wurde <strong>von</strong> maciej<br />
Litwin gehalten. er ist „Head of university relations<br />
at Wroclaw City Hall“ und stellte in seinem<br />
Vortrag die Herangehensweise des programms<br />
„european Institute of Innovataion<br />
and Technology“ kurz „eIT“ vor. Die Idee ist<br />
es in sogenannten „Collocation Centres“, eines<br />
da<strong>von</strong> in Breslau, Bildungseinrichtungen wie<br />
Abb. 3.2.1 Baugewerkschule; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
universitäten, Forschungseinrichtungen wie<br />
Laboratorien und spezialisierte unternehmen<br />
an einem ort zu bündeln. Trotz dieser grundlegend<br />
neuen Herangehensweise, wird eine<br />
solche mischung <strong>von</strong> der europäischen union<br />
als sehr vielversprechend angesehen und soll<br />
daher in Zukunft besonders gefördert werden.<br />
Für das Herstellen dieser Verflechtung ist Herr<br />
Litwin als Vorsitzender zuständig. Die Kooperation<br />
manifestiert sich in einer eigenen Gesellschaft,<br />
der „eITplus“. Zu 83,8% ist die stadt<br />
Breslau eigentümer, die übrigen prozente teilen<br />
sich die universitäten der stadt.<br />
es handelt es sich um eine Vernetzung <strong>von</strong> bereits<br />
bestehenden einrichtungen zum Zweck<br />
der Innovation, welche sich als Gegenstand<br />
schwer fassen lässt. Die schwierigkeit der ein-<br />
Beispiel für unterschiedliche Bedeutungen des selben Wortes :<br />
Sprache<br />
englisch<br />
französisch<br />
deutsch<br />
griechisch<br />
polnisch<br />
Verwendetes Wort<br />
(orginal dokument)<br />
minds (s. 21)<br />
Cerveaux (s. 24)<br />
Köpfe (s. 25)<br />
łłłłłłłłł<br />
..........(S. 25)<br />
Naukowcy (s. 28)<br />
heitlichen Begriffsfindung machte Herr Litwin<br />
anschaulich an einem Zitat deutlich.<br />
Der damalige präsident der europäischen Kommission<br />
José manuel Barroso sagte: das Konzept<br />
des eIT „is supposed to attract the best<br />
minds“.<br />
schon durch die unterschiedlichen Übersetzungen<br />
dieses kurzen satzfragmentes in die verschiedenen<br />
sprachen der europäischen union<br />
wird deutlich, dass es gewisse unterschiede in<br />
dem Verständnis <strong>von</strong> einzelnen Wörtern gibt,<br />
so Litwin.<br />
erschwerend kommt hinzu, dass die drei Teile,<br />
welche die synergie erzeugen sollen, einander<br />
fremd sind. Die politik, als Vertreter des staates<br />
ist ein Konzept, welches sich mit Zöllen, steuern,<br />
militär, subventionen, Bevölkerung und so<br />
Beschreibung<br />
menschen sind soziale Individuen: Ihr Wissen<br />
ist ein Teil ihrer persönlichkeit<br />
menschen sind denkende maschienen<br />
menschen sind Individuen<br />
menschen sind etwa gleich denkende maschienen<br />
(eng. „scientists“) Institutionalisiert: menschen<br />
sind die Funktion, die sie ausführen<br />
71
weiter, also durchweg mit den Dingen befasst,<br />
die materiell und zählbar sind. Die politik ist<br />
nun schirmherr der Verbindung <strong>von</strong> drei sehr<br />
unterschiedlichen einrichtungen. Zum einen einer<br />
universität, also einer Bildungseinrichtung,<br />
die kaum etwas mit politik oder Wirtschaft zu<br />
tun hat, zum anderen <strong>von</strong> marktwirtschaftlich<br />
denkenden unternehmen und zusätzlich <strong>von</strong><br />
Forschungseinrichtungen, welche weder das<br />
eine noch das Andere sind. Die politik befasst<br />
sich also nicht nur mit einem Konzept, dass aus<br />
sehr unterschiedlichen partnern besteht, sondern<br />
auch noch etwas produziert, womit die<br />
politik kaum erfahrung hat, da es nicht greifbar<br />
oder zählbar ist.<br />
Doch schon die mischung <strong>von</strong> einzelnen dieser<br />
Bereiche ist eine methode, die geschichtlich<br />
betrachtet, durchaus erfolgversprechend sein<br />
kann. Hierzu erwähnte Herr Litwin das Beispiel<br />
der Bildungspolitik im preußischen staat. sie<br />
wurde erst erfolgreich, als Bismarck das schulsystem<br />
im 19. Jh. unter staatlichen Geschichtspunkten<br />
reformierte.<br />
Außerdem ist eine planung einer solchen Verbindung<br />
auch etwas, das grundsätzlich auf einen<br />
erfolg auf lange sicht abzielt. Dies ist, stellte<br />
Herr Litwin klar, nicht immer problemlos mit<br />
den marktwirtschaftlichen Überlegungen oder<br />
den politischen Akteuren zu vereinbaren.<br />
um nun dieser situation <strong>von</strong> recht unvereinbar<br />
scheinenden partnern schwung zu verleihen<br />
war das Ziel schon jetzt Fakten zu schaffen.<br />
Die Idee des „eITplus“ war geboren. Das<br />
eITplus ist ein Konzept, welches der Frage,<br />
ob die Verbindung überhaupt möglich ist, die<br />
schwierigkeit nimmt. Dies ist möglich, in dem<br />
man einen realen ort als standort ausgesucht<br />
und mit dem Bau der Gebäude begonnen hat.<br />
Firmen und Forschungseinrichtungen wurden<br />
angesprochen und man fing an eine Verbindung<br />
zu schaffen. Herr Litwin erklärte begeistert,<br />
dass dies natürlich nur in einer stadt wie<br />
Breslau geschehen konnte, da sie mit ihren<br />
140.000 studenten und der beeindruckenden<br />
universitätslandschaft mit ihren diversen Forschungsschwerpunkten,<br />
sowie einem starken<br />
Wirtschaftswachstum und damit dem damit<br />
einhergehenden großen potential aufwarten<br />
könne. Die facettenreiche stadtgeschichte und<br />
Begeisterungsfähigkeit der polnischen Bevölkerung<br />
für das Konzept europas sind für Herr<br />
Litwin der schlüssel zu einer erfolgreichen realisierung<br />
dieser Idee.<br />
Den standort des eITplus für das entstehen<br />
<strong>von</strong> synergien findet man nun im Nordwesten<br />
Breslaus. In Form des eITplus bietet die stadt<br />
Breslau nun die polnische Lösung für die umsetzung<br />
der <strong>von</strong> der eu formulierten Aufgabe<br />
im rahmen des eIT Konzepts.<br />
Nach dem Vortrag gab es noch einige rückfragen,<br />
die sich hauptsächlich mit dem genaueren<br />
Verständnis einiger punkte befassten. so fragten<br />
wir zum Beispiel nach, wie viele universitäten,<br />
auch außerhalb <strong>von</strong> Breslau sich schon für<br />
dieses Konzept begeistert haben. Laut Konzept<br />
könnte sich jede universität aus polen am eIT<br />
programm in Breslau beteiligen. Herr Litwin<br />
antwortete darauf, dass auf Grund der Aufbauphase<br />
erstmal hauptsächlich universitäten aus<br />
Breslau im projekt integriert sind.<br />
Weiterführende Informationen zum Vortrag<br />
gibt es unter: http://eit.europa.eu/<br />
Vortrag <strong>von</strong> Dr. Ing. Lukasz Damurski -<br />
„E-participation in planning“<br />
Direkt im Anschluß folgte ein zweiter Vortrag<br />
zum Thema „e-participation in planning“. Dieser<br />
wurde <strong>von</strong> Dr. ing. Lukasz Damurski gehalten.<br />
Inhalt des Vortrags waren die onlinebasierte<br />
Bürgerbeteiligung in planungsprozessen im<br />
Allgemeinen und den Vergleich verschiedener<br />
Ansätze in Deutschland und polen im Besonderen.<br />
Als einleitung in das Thema erklärte Dr. Damurski,<br />
dass momentan eine Bürgerbeteiligung bei<br />
Neuplanungen in polen kaum stattfindet. Das<br />
problem ist aber nicht, dass es keine Angebote<br />
gibt, sondern das diese <strong>von</strong> den Bürgen einfach<br />
nicht angenommen werden. Als Beispiel<br />
wurde eine stadt genannt in der eine Bürgerbeteiligung<br />
durchgeführt wurde. Von 70.000<br />
einwohnern kamen allerdings nur zwei Bürger<br />
zu den öffentlichen Treffen.<br />
Der geringe erfolg <strong>von</strong> Bürgerbeteiligungen in<br />
polen liegt nach Aussage <strong>von</strong> Dr. Damurski an<br />
der schlechten Beziehung zwischen planungsinstitutionen<br />
und den Bürgern. Das Vertrauen<br />
in staatliche Institutionen ist aufgrund der<br />
polnischen Vergangenheit stark belastet. Aber<br />
auch viele der planer selbst sehen die Bürgerbeteiligung<br />
eher als unangenehme pflicht und erkennen<br />
kaum die potentiale, die darin stecken.<br />
um die Akzeptanz sowohl in der Bevölkerung,<br />
als auch unter den planern zu erhöhen ist laut<br />
Dr. Damurski eine verbesserte Kommunikation<br />
und Transparenz in den planungsprozessen<br />
notwendig. Der <strong>von</strong> ihm vertretene Ansatz<br />
sieht vor, über ein weitreichendes online-Angebot<br />
die Bürger zunächst intensiv zu informieren<br />
und schließlich, auf demselben Weg, online
Abb. 3.2.2 Dr. Ing. Lukasz Damurski;<br />
Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
die Beteiligung der Bürger zu ermöglichen.<br />
Im weiteren Verlauf des Vortrages zeigte Dr.<br />
Damurski einige Beispiele <strong>von</strong> verschiedenen<br />
Internetauftritten deutscher- und polnischer<br />
planungsämter. Aus beiden Ländern waren<br />
sehr vorbildliche entwicklungen darunter, wie<br />
z.B. aus Warschau, Krakow, münchen und<br />
Düsseldorf. Das system aus Düsseldorf wurde<br />
hier besonders gelobt, da es dem Benutzer ermöglicht<br />
selber pläne hochzuladen, sodass die<br />
Kommunikation hier besonders effizient gestaltet<br />
werden kann.<br />
Anhand der Beispiele wurde deutlich, dass<br />
deutsche planungsämter transparenter und<br />
unabhängiger auftreten. Dagegen ist die Interaktivität<br />
bei polnischen seiten meist höher.<br />
Der Grund dafür ist, dass in Deutschland Bürgerbeteiligungen<br />
seit Jahren bereits erfolgreich<br />
außerhalb des Internets funktionieren. Der Bedarf<br />
für eine onlinebeteiligung ist daher kaum<br />
gegeben.<br />
ein weiterer Teil des Vortrages war zudem dem<br />
allgemeinen Vergleich des deutschen und polnischen<br />
planungssystems gewidmet. Hierbei<br />
überraschte, dass sich viele Gesetzte und Vorgaben<br />
ähneln, jedoch in beiden Ländern unterschiedlich<br />
gehandhabt werden.<br />
Im Anschluß des Vortrages wurden einige Fragen<br />
gestellt. so kam die Frage wie viele Haushalte<br />
in polen überhaupt an das Internet angeschlossen<br />
sind. Dr. Damurski zur Folge liegt die<br />
Quote bei 70% mit steigender Tendenz. obwohl<br />
so 30% der Bevölkerung <strong>von</strong> vorneherein<br />
bei Bürgerbeteiligungen benachteiligt sind, ist<br />
die Beteiligungsquote trotzdem höher als bei<br />
normalen Verfahren.<br />
Den Vortrag zusammenfassend kann man sagen,<br />
dass die entwicklung im Bereich der online-Bürgerbeteiligung<br />
in polen bereits weit<br />
gediehen ist. Dennoch ist das Interesse der Behörden<br />
an Bürgerbeteiligungsverfahren im Allgemeinen<br />
eher gering. Dr. Damurski gibt sich<br />
aber hoffnungsvoll, dass sich das in Zukunft<br />
ändern wird.<br />
<strong>Ein</strong>e ausgedehnte Mittagspause<br />
Nach dem informativen Vormittag hatten wir<br />
etwas Zeit, bis zum nächsten Termin und nutzen<br />
diese, um die stadt weiter zu erkunden.<br />
Wir teilten uns in kleine Gruppen auf. unsere<br />
Gruppe ging als erstes in den botanischen Garten,<br />
der eine wundervolle, ruhige, grüne Idylle<br />
mitten in der stadt ist.<br />
Frisch ausgeruht steuerten wir wieder richtung<br />
stadtkern und nutzten die Gelegenheit<br />
den Turm des Breslauer Doms, die Kathedrale<br />
Johannes des Täufers, mit dem Aufzug herauf<br />
zu fahren. Trotz Aufzug mussten die letzten<br />
meter zu Fuß erklommen werden, jedoch entschädigte<br />
die Aussicht vollkommen dafür. sie<br />
war atemberaubend und wir konnten nicht nur<br />
einen Falken, sondern auch ein Gebäude aus<br />
den Vorträgen an der rWTH, in der vor uns liegenden<br />
stadt ausfindig machen: den skytower.<br />
Wieder auf dem Boden gingen wir weiter<br />
richtung Innenstadt und machten Halt an der<br />
markthalle (Hala Targova). Hier konnten wir<br />
uns mit ein paar Kleinigkeiten zum mittagessen<br />
eindecken und die stahlbetonkonstruktion der<br />
Halle bewundern.<br />
Auf der westlichen seite der Halle hinein, auf<br />
der östlichen hinaus gingen wir ans ufer der<br />
oder und verschafften uns einen geschmacklichen<br />
Überblick über unsere einkäufe. Da unser<br />
zweiter Termin des Tages, das Architektur<br />
museum, etwas östlich des stadtzentrums lag,<br />
konnten wir auf dem Weg dorthin noch das<br />
Gebäude „panorama raclawicka“ besuchen,<br />
in dem das gleichnamige panoramabild ausgestellt<br />
ist. Das Bild zeigt den sieg der polnischen<br />
Armee über die russische im Jahre 1794. Am<br />
Architekturmuseum trafen wir auch den rest<br />
unserer reisegruppe wieder.<br />
Architektur Museum Breslau<br />
Das Architekturmuseum Breslau ist das einzige<br />
Architekturmuseum in polen. Daher pflegt es<br />
einen engen Austausch mit anderen Architekturmuseen<br />
außerhalb <strong>von</strong> polen. Das museum<br />
ist in den räumen eines der wichtigsten Baudenkmäler<br />
der stadt untergebracht, einem ehemaligen<br />
Bernhardinerkloster aus dem 15.Jhd.<br />
In der Dauerausstellung wird architekturbezogenes<br />
Kunsthandwerk, romanische und gotische<br />
Bauplastik sowie Glasmalerei gezeigt. ein<br />
stadtmodell <strong>von</strong> Breslau um 1700 zeigt zudem<br />
die städtebauliche entwicklung.<br />
Das Interesse unseres Besuches galt jedoch in<br />
erster Linie der Wechselausstellung. Diese beschäftigte<br />
sich vom 24.03.-17.06.2012 mit den<br />
73
Werken des berühmten Architekten und stadtplaner<br />
ernst may. Die may Ausstellung befand<br />
sich zum größten Teil im Kirchenschiff des Klosters.<br />
Zu Beginn der Ausstellung wurden mays<br />
Bauten in schlesien gezeigt. Diese gelten als<br />
wichtige Grundlage seines späteren schaffens.<br />
Auch eine geplante stadterweiterung <strong>von</strong> Breslau<br />
wurde in Form <strong>von</strong> Zeichnungen und als<br />
modell ausgestellt. Diese, aus verschiedenen<br />
satellitenstädten bestehende, planung wurde<br />
zwar nie 1:1 realisiert, läßt sich am heutigen<br />
stadtgrundriss Breslaus aber durchaus erahnen.<br />
Zudem bescherte dieser entwurf may eine große<br />
internationale Beachtung.<br />
Neben alten Zeichnungen und Fotografien basierte<br />
die Ausstellung vor allem auf Architekturmodellen,<br />
die <strong>von</strong> studenten verschiedener<br />
Hochschulen gebaut wurden und die entwürfe<br />
mays plastisch veranschaulichten. Auch eine<br />
originale „Frankfurterküche“ war Teil der Ausstellung.<br />
Dieser <strong>von</strong> margarete schütte-Lihotzky<br />
entworfene Küchentypus wurde <strong>von</strong> ernst<br />
may in der Funktion als siedlungsdezernent der<br />
stadt Frankfurt in Auftrag gegeben. Die Grundidee<br />
der Frankfurter Küche hängt eng mit dem<br />
Thema des massenwohnungsbaus zusammen,<br />
sowie mit dem Begriff des existenzminimums,<br />
der für das Verständnis <strong>von</strong> mays Arbeiten eine<br />
wichtige rolle spielt. Vor allem als siedlungsdezernent<br />
der stadt Frankfurt hat may die entwicklungen<br />
im massenwohnungsbau stark beeinflusst.<br />
Der schnellen Führung durch die ernst may-<br />
Ausstellung, folgte ein sehr ausführlicher Vortrag<br />
am Breslauer stadtmodell über die entstehung<br />
und entwicklung der stadt, welches<br />
bereits in einem der referate zur sprache kam.<br />
Im Zusammenhang zur entwicklung Breslaus<br />
Abb. 3.2.3 markthalle; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />
Abb. 3.2.4 Aussicht vom Dom;<br />
Foto: stephan rodewig, 2012<br />
Abb. 3.2.5 Botanischer Garten;<br />
Foto: stephan rodewig, 2012
wurde uns danach auch noch die kunsthandwerkliche<br />
sammlung des museums gezeigt<br />
und erläutert. Von fein detaillierten Türklinken,<br />
bis hin zu großen Kachelöfen beschäftigt sich<br />
dieser Teil der Dauerausstellung mit verschiedenen<br />
Baudetails. Der Höhepunkt ist die sehr<br />
ausführliche sammlung <strong>von</strong> Glasmalereien. Die<br />
Herkunft vieler Arbeiten ist jedoch leider unbekannt.<br />
Zum Abschluß unseres museumsbesuches bekamen<br />
wir kurz vor ende der öffnungszeit eine<br />
knappe geschichtliche erläuterung des Klostergebäudes,<br />
zusammen mit einer Führung durch<br />
den Kreuzgang und den Innenhof.<br />
Der Besuch des museums war insgesamt sehr<br />
interessant. Leider blieb aufgrund der umfangreichen<br />
Führung durch die Dauerausstellung<br />
keine Zeit sich genauer mit der ernst may Ausstellung<br />
auseinander zu setzen, obwohl uns<br />
diese sehr faszinierte. Trotz der vergleichsweise<br />
kurzen Zeit, die wir in der Wechselausstellung<br />
verbringen konnten, ist das der einzige Teil des<br />
museums der einen nachhaltigen eindruck hinterlassen<br />
konnte.<br />
mit dem museumsbesuch endete unser offizielles<br />
Tagesprogramm.<br />
Entdeckungsreisen durch die <strong>Stadt</strong><br />
Der rest des Tages stand uns zur freien Verfügung<br />
und da wir noch etwas Zeit hatten teilte<br />
sich die reisegruppe wieder in kleinere Gruppen<br />
auf, um verschiedene Ziele anzusteuern.<br />
unsere Gruppe ging nach süden und folgte einer<br />
der größeren Ausfallstraßen zum „Denkmal<br />
der Vertriebenen“ („przechodnie-pomnik“),<br />
das uns, wie der skytower, schon in den präsentationen<br />
an der rWTH begegnet war.<br />
Von dort aus ging es weiter in richtung des<br />
neuen Hauptbahnhofes. Auf dem Weg dorthin<br />
machten wir immer wieder Halt um Interessantes,<br />
eindrückliches, spannendes oder einen der<br />
Zwerge Breslaus zu entdecken.<br />
Auf dem rückweg richtung Innenstadt,<br />
konnten wir auch noch einen kleinen schlenker<br />
durch die parklandschaften entlang eines<br />
oderarms machen und etwas Feierabendstimmung<br />
in Breslau mit<strong>erleben</strong>.<br />
75
Abb. 3.2.6 Architekturmuseum Haupthalle; Foto: stephan rodewig, 2012
Abb. 3.2.7 Karte stadtspaziergang, Foto: Google_maps, 2012<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 3.2.1 Baugewerkschule<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 3.2.2 Dr. inz. Lukasz Damurski<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 3.2.3 markthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />
Abb. 3.2.4 Aussicht vom Dom<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 3.2.5 Botanischer Garten<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 3.2.6 Architekturmuseum Haupthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />
Abb. 3.2.7 Karte stadtspaziergang<br />
eigene Darstellung, www.maps.google.de,<br />
15.07.2012<br />
77
3.3 stadtentwicklungspolitik in<br />
Wroclaw<br />
Donnerstag 31. mai 2012<br />
<strong>von</strong> Frederic müller, Yiran Nan<br />
Der Donnerstag begann für uns exkursionsmitglieder,<br />
wie am Vortag, mit dem Auffinden<br />
der technischen universität Breslaus. Jedoch<br />
wurde uns eine etwas gemäßigtere uhrzeit<br />
gegönnt, sodass wir uns schließlich, wohl erholt<br />
vom gestrigen programm, in den dortigen<br />
einrichtungen einfinden konnten. Wie auch<br />
am vorherigen Tag, galt es einen Terminplan<br />
zu bewältigen, dessen Vorträge und Besichtigungen<br />
ein besonderes Augenmerk auf einen<br />
Teilaspekt der dortigen planungen geben<br />
sollte. so widmete sich dieser Tag expliziten<br />
stadtentwicklungsprojekten in Wroclaw. Darunter<br />
wurden vor allem periphere objekte<br />
näher untersucht.<br />
„Spatial planning in Poland. Theory and<br />
practice.“<br />
Der erste Vortrag, dem wir beiwohnten, wurde<br />
<strong>von</strong> michael Ciesielski gehalten. er ist Vorstandsmitglied<br />
der stadtplanerkammer und<br />
für den Bereich <strong>West</strong>polen zuständig. Zudem<br />
ist er im stadtentwicklungsbüro Breslaus tätig<br />
und ein aktives mitglied des Verbandes der<br />
„polnischen urbanisten“. Im Vortrag „spatial<br />
planning in poland. Theory and practice.“,<br />
erteilte uns michael Ciesielski einen einblick<br />
in die raumplanung polens. Nachdem die<br />
grundlegenden planungswerkzeuge erläutert<br />
wurden, ereilte uns die Kenntnis, dass das pla-<br />
78<br />
nungssystem polens in seiner Grundstruktur<br />
nur wenige Abweichungen zum Deutschen<br />
aufweist. Der dortige Flächennutzungsplan<br />
wird so zum Beispiel in mehrere unterpläne<br />
aufgeteilt, die je nach plan verschiedene Informationen<br />
beinhalten. sie sind im Gegensatz<br />
zu den deutschen planungswerkzeugen freier<br />
gestaltet und befinden sich in einer planungsebene<br />
zwischen einem FNp und einem masterplan.<br />
Daraufhin ging der referent des Breslauer<br />
stadtentwicklungsbüros auf die probleme<br />
des polnischen planungssystems ein. so wird<br />
ein paragraph eines weiteren polnischen planungsinstrumentes,<br />
der unserem §34 ähnelt<br />
und vereinfacht dem Füllen <strong>von</strong> Baulücken<br />
dient, vorzugsweise für wilde Baumaßnahmen<br />
missbraucht. Diese Verordnung befugt<br />
Investoren dazu den ursprünglichen Bebauungsplan<br />
zu missachten. Diese, oft auch sehr<br />
spekulativen Vorgehen, führen zu einer unbeeinflussbaren<br />
suburbanisierung. Damit einher<br />
geht die Zerstörung der stadtstruktur, was am<br />
Beispiel der Warschauer peripherie ersichtlich<br />
wurde. Wild verstreute „Gated Communities“<br />
dominieren das dortige stadtbild. ein weiteres<br />
zentrales problem im polnischen planungssystem<br />
ist ein sondergesetz, welches Investitionen<br />
schneller ermöglichen lassen soll. Auch<br />
dieses Gesetz wird oftmals benutzt um kommunale<br />
pläne für bestimmte Zwecke zu übergehen.<br />
projekte die unter diese Verordnung<br />
fallen sind vor allem in der Infrastruktur beheimatet<br />
oder dienen repräsentativen, überregionalen<br />
Großereignissen wie der Fussballeuropameisterschaft<br />
2012.<br />
Generell fiel uns auf, dass in polen ein Überangebot<br />
an Baufläche vorherrscht. Für die<br />
rund 38,5 mio. einwohner des Landes werden<br />
Bauflächen für 80 millionen menschen<br />
freigehalten. oft teilen Bauern mit großer<br />
landwirtschaftlicher Fläche einfach Bauland<br />
ab und dies, obwohl die Demographie in polen,<br />
wie auch in Deutschland, abnehmend ist.<br />
Den Investoren wird schließlich überlassen mit<br />
welchen Instrumenten sie arbeiten. meistens<br />
erfolgt dies über bereits erwähnte sonderregelungen<br />
und nicht etwa über die kommunale<br />
ebene. In diesem Falle entfällt dann auch<br />
zumeist eine Bürgerbeteiligung. Dies ist keine<br />
Ausnahme, sodass die vorhandenen Bürgerbeteiligungsgesetze<br />
häufig keine Beachtung<br />
erfahren. ob eine Bürgerbeteiligung funktioniert<br />
liegt hier nicht an dem Gesetz, sondern<br />
am guten Willen des Bürgermeisters. Dadurch<br />
kommt es oft vor, dass eine Bürgerbeteiligung<br />
übersprungen wird, wenn Zeitdruck aufkommt,<br />
um Investitionen einzuhalten. Generell<br />
sind die Bürger auch noch nicht aufgeklärt<br />
mit welchen rechten sie befugt sind. Wenn es<br />
nun doch zu einem Gespräch zwischen den<br />
Verantwortlichen und den Akteuren kommt,<br />
werden sie nicht <strong>von</strong> moderatoren, sondern<br />
<strong>von</strong> den planern selbst geleitet. Diese sind<br />
meistens aufgrund ihrer fehlenden schulung<br />
überfordert, was oftmals zu vermeidbar komplizierten<br />
Gegebenheiten führt. ein weiteres<br />
problem ist die mangelnde Dichte kommunaler,<br />
städtebaulicher Büros. Kleinere Gemeinden<br />
greifen gerne auf kleine private unternehmen<br />
zurück, wobei die Vergabe anhand des preises<br />
erfolgt. Die Qualität dieser Büros bleibt<br />
bei den städtebaulichen Leistungen oft fraglich.<br />
Desweiteren bildet die Tatsache, dass das<br />
eigentumsrecht gut und gerne mit dem Baurecht<br />
verwechselt wird, ein zentrales problem.
abb. 3.3.1 studierende in der Universität; foto: Yiran nan, 2012<br />
Allgemein kann man sagen, dass polen noch<br />
einige schwierigkeiten in seiner raumplanung<br />
hat. Jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass<br />
es sich hier um eine sehr junge planungsgeschichte<br />
handelt, die erst mit dem Fall des eisernen<br />
Vorhanges ihren Anfang nahm, sind<br />
doch schon große erfolge erzielt worden. Wir<br />
erlangten das Gefühl, dass mit den referenten<br />
eine neue junge Generation an planern hervorkommt,<br />
die viel bewegen kann und auch<br />
wird. Dies kristallisierte sich in einer dem Vortag<br />
anschließenden Diskussion mit den exkursionsteilnehmern<br />
und dem referenten heraus.<br />
„Unity in Diversity. Diversity in urban redevelopment<br />
process. Wroclaw case study.“<br />
Der folgende Vortrag wurde <strong>von</strong> Tomasz solinski<br />
gehalten. mit ihm konnten wir ein weiteres<br />
mitglied des stadtentwicklungsbüros<br />
Breslaus BrW („Biuro rozwoju Wroclawia“)<br />
anhören. sein Vortrag „unity in Diversity.<br />
Diversity in urban - redevelopment process.<br />
Wroclaw casestudy.“ beschäftigte sich mit<br />
den unterschieden der stadt. Genau diese<br />
unterschiede, die sich durch die fundamental<br />
divergenten epochen begründen, machen<br />
die stadt „interessant“ und „einzigartig“; so<br />
der referent. einen paten findet dieses Konzept<br />
in der europäischen union. Dort steht<br />
das gemeinsame Wirken <strong>von</strong> Diversitäten und<br />
Autarkie jedes einzelnen mitgliedstaates im<br />
Fokus. Konvergenzen ergeben sich dagegen<br />
wenn es darum geht gemeinsam probleme<br />
zu lösen, entwicklung zu fördern oder revitalisierungen<br />
zu katalysieren. solche projekte<br />
aus Breslau stellte Tomasz solinski folgend vor.<br />
Das erste entwicklungsprojekt, das uns vom<br />
referenten vorgestellt wurde, ist der „plac<br />
powstancow Warszawy“. Vor dem Krieg<br />
handelte es sich um ein sehr stark bebautes<br />
Gebiet, dessen Blockstruktur allerdings durch<br />
die Luftangriffe und die maßnahmen zum<br />
Festungsausbau 1945 eine vollkommene<br />
Vernichtung erfahren musste. Infolgedessen<br />
wurde das Viertel vor der Grunwaldzkibrücke<br />
ausschließlich zur großräumigen erschließung<br />
genutzt. Nachdem man 2010 einen neuen<br />
plan erstellte, sollten nicht länger straßen und<br />
Verkehr den ort dominieren. Die fehlenden<br />
Verbindungen der stadtstruktur sollten wieder<br />
geknüpft werden um das system an öffentlichen<br />
plätzen erneut herzustellen. moderne<br />
Gebäudestrukturen geben dem ort eine neue<br />
Identität und bewahren zugleich alte strukturen,<br />
sodass etwa sichtachsen zum Fluss oder<br />
zur Kirche erhalten bleiben.<br />
Nicht weit vom „plac powstancow Warszawy“<br />
entfernt befindet sich der „plac Grunwaldzki“,<br />
dessen Achse bereits 1930 konstruiert wurde.<br />
Während des Krieges wurde das Gebiet großflächig<br />
zugunsten einer Landebahn abgerissen.<br />
Nachdem Breslau polnisch wurde, erhielt<br />
das Gebiet neue Gebäudestrukturen wie zum<br />
Beispiel die studentenunterkünfte „Bleistift &<br />
Buntstift“. Jedoch ergeben sich diverse pro-<br />
79
Abb. 3.3.2 Tomasz solinski; Foto: Yiran Nan, 2012<br />
bleme auf dem platz. Als zentraler Verkehrsknotenpunkt<br />
war der öpNV zu insuffizient.<br />
stau prägte das Bild dieses ortes, sowie eine<br />
sehr ungeordnete Gebäudestruktur, die noch<br />
viele Flächen offen ließ. mit den planungen<br />
<strong>von</strong> 2003, erhielt der platz eine neue Identität<br />
in Form einer ellipse. Angrenzende Gebäude<br />
unterstützen dies in ihrer Anordnung und<br />
Gebäudeform. Zudem erhielt dieser kritische<br />
Knotenpunkt im Verkehr eine Lösung durch<br />
den zentralen Bahnsteig, wodurch der platz<br />
neue Qualität als Zentrum erlangte.<br />
einen ähnlichen Zerstörungsgrad wie den der<br />
zwei vorherigen projekte, wies auch das südviertel<br />
auf. Aufgrund des hohen Wohnungsbedarfes<br />
in der Nachkriegszeit, war der Druck<br />
nach schnellen, effektiven und komfortablen<br />
Wohneinheiten sehr hoch. Die alte Blockstruktur<br />
wurde durch damals innovative Hochhaussiedlungen<br />
ersetzt (poltegor). Im Laufe der<br />
Zeit schwand die Attraktivität dieser projekte.<br />
so kam 2005 mit neuen planungen die Forderung,<br />
ein neues subzentrum im südviertel<br />
zu schaffen, um die Altstadt zu unterstützen.<br />
80<br />
Abb. 3.3.3 Der vom Verkehr geprägte plac powstncow Warszawy, Foto: Yiran Nan, 2012<br />
Dies geschah unter anderem mittels des sky-<br />
Towers, der während unserer exkursion seiner<br />
Fertigstellung nahe stand.<br />
Tomasz solinski führte noch weitere kleinere<br />
projekte an. Darunter war uns vor allem noch<br />
die Jahrhunderthalle bekannt. Das Gelände<br />
sollte laut planungen, die ehemalige präsenz<br />
als Co-Zentrum wiedergewinnen. Dazu war es<br />
erforderlich, dem im Grünen gelegenen projekt<br />
eine neue Aufgabe zu widmen. sehr naheliegend<br />
war es natürlich die gegebenen räumlichkeiten<br />
zu erhalten um die Jahrhunderthalle<br />
weiter als Versammlungshalle zu nutzen. Der<br />
umgebende park dient weiterhin als größtes<br />
Naherholungsgebiet innerhalb der stadtgrenzen.<br />
Dafür gab es eine reihe an kleinen maßnahmen<br />
und renovierungen, jedoch gelang<br />
mit dem Ansiedeln eines Business-Komplexes,<br />
der in das Gelände integriert wurde, eine neue<br />
Definierung des ortes. Als Tagungsort rückt<br />
das Gelände näher zum stadtgeschehen und<br />
erhielt damit eine erfolgreiche reaktivierung.<br />
Auch im Anschluss dieses Vortrages wurde<br />
uns die möglichkeit gegeben unsere eindrücke<br />
mit dem referenten auszutauschen. Diese<br />
möglichkeit wurde natürlich wahrgenommen,
sodass weitere interessante Details zu den<br />
einzelnen projekten ersichtlich wurden. Allerdings<br />
gingen wir nicht mehr allzu sehr auf<br />
ausgewählte projekte wie in etwa „psie pole“<br />
ein, da diese im Laufe des Tages noch einer<br />
näheren Betrachtung unterlagen.<br />
Periphere Entdeckungsreise<br />
In Folge der beiden Vorträge legten wir eine<br />
pause in der mensa der uni ein. Dort, etwas<br />
überwältigt <strong>von</strong> der großen Auswahl der doch<br />
etwas kleinen Küche, mussten wir schnell<br />
erfahren dass die Abläufe zu denen unserer<br />
mensen eine kleine Differenz aufweisen.<br />
Denn bevor man dort an das heiß begehrte<br />
essen gelangt, wird vorher der preis abverlangt<br />
und man erhält eine Art Wartenummer.<br />
Nachdem diese kleine Tatsache, die zunächst<br />
für viel Verwirrung sorgte, ersichtlich wurde,<br />
konnte ein jeder seine polnische Variante einer<br />
Lasagne oder doch die ganz traditionelle<br />
„Borschtsch“-suppe verspeisen. Im Anschluss<br />
an die wohltuende pause hatten wir die möglichkeit<br />
einige der projekte näher zu betrachten,<br />
die uns im Vortrag <strong>von</strong> Tomasz solinski<br />
nähergebracht wurden. Die Busrundfahrt<br />
diente dem Zweck, schwer erreichbare äußere<br />
Quartiere zu erreichen und zu besichtigen.<br />
Bei dieser Vertiefung der vorher besprochenen<br />
planungsfälle, begleitete uns, neben den<br />
referenten des heutigen Tages, ebenfalls Dr.<br />
Lukasz Damurski, der uns bereits Dienstag<br />
und mittwoch einen einblick über Breslau verschaffte.<br />
Breslau im großen Rahmen<br />
An der WuT (1) startend, durchfuhren wir<br />
alsbald das erste planungsgebebiet. Dort, am<br />
„plac powstancow Warszawy“ (2), konnten<br />
wir bereits den Neubau staatlicher und öffentlicher<br />
einrichtungen erblicken. Zugleich wurde<br />
uns das Ausmaß der Belastungen durch den<br />
immensen Verkehr bewusst, dessen Hauptführung<br />
in Folge im untergrund verlaufen<br />
soll. Das ehemalige Gründerzeitviertel soll<br />
so erneut die Chance erhalten, mittels einer<br />
normaldimensionierten Bebauung, eine<br />
schlüssige Verbindung zur Innenstadt zu finden.<br />
Gleich nachdem die Grunwaldzkibrücke<br />
überquert wurde, erfolgte der erste Halt und<br />
wir hatten die Chance den Weg bis zum „plac<br />
Grunwaldzki“(3) zu Fuß abzuschreiten. Auf<br />
dem Weg dorthin passierten wir eine Hochhausanlage,<br />
bestehend aus sechs Türmen. An<br />
ihnen wurde ein zentrales problem Breslaus<br />
erkenntlich. obwohl es sich bei der Anlage<br />
um ein durchaus architektonisch wertvolles<br />
projekt handelt, ist es dem Zerfall überlassen.<br />
Die im Grunde für südlichere Breiten geplante<br />
Baustruktur weist eine zentrale schwäche<br />
auf. Jede der Wohneinheiten hat einen anderen<br />
Besitzer, sodass es äußerst schwer ist das<br />
sanierungsbedürftige Gebäude einer rechtmäßigen<br />
Behandlung zu unterziehen. materialschwächen<br />
aus diesen erbauungsjahren<br />
werden nun erkenntlich und lassen diverse<br />
andere Gebäude genauso verkommen. Dies<br />
ist besonders dramatisch, da die Wohnungssituation<br />
Breslaus generell nicht auf einem besonders<br />
hohen Niveau ist. In den Türmen leben<br />
hauptsächlich studenten, wie auch in den<br />
naheliegenden studentenunterkünften aus<br />
dem sozialismus, „Buntstift“ und „Bleistift“.<br />
In einem der dortigen Zimmer müssen mehrere<br />
studenten gleichzeitig unterkommen, da<br />
der Wohnplatz, auch auf Grund der hohen<br />
Abb. 3.3.4 sky-Tower; Foto: Imgur.com, 2012<br />
81
Abb. 3.3.5 mittag in der mensa; Foto: Yiran Nan, 2012<br />
studentenzahlen, nicht ausreichend ist.<br />
Vom plac Grunwaldzki aus nahmen wir eine<br />
Ausfallstraße in richtung Warschau und passierten<br />
dabei ein Villenviertel (4). um das<br />
erscheinungsbild dieses Viertels zu wahren,<br />
wurden zugleich <strong>von</strong> den zuständigen planungsbüros<br />
maßnahmen ergriffen, um eine<br />
mögliche Nachverdichtung zu verhindern.<br />
Diese Vorgänge seitens der stadtverwaltungen<br />
mussten schnell ergriffen werden, da<br />
mögliche Investoren über sämtliche sonderregelungen<br />
eine Nachverdichtung des Gebietes<br />
forcieren konnten. Genauso werden<br />
Auenflächen an den ufern der verschiedenen<br />
82<br />
oderläufe freigehalten. Diese Kanäle fungieren<br />
als Flutschutz der regelmäßig über die ufer<br />
schreitenden oder. Zugleich bildet die oder<br />
auch eine Trennung zu dem nördlich gelegenen<br />
stadtbezirk „psie pole“.<br />
Der ort psie pole (5), der den gleichen Namen<br />
trägt wie der stadtbezirk, vollzog während<br />
unserer exkursion eine große Veränderung<br />
und war die nächste station unserer rundfahrt.<br />
Das Hauptproblem psie poles stellte<br />
das hohe Verkehrsaufkommen dar, das die<br />
Haupterschließungsstraße des ortes aufnehmen<br />
musste. Außerdem ist ein sehr großer<br />
Anteil der Häusern stark renovierungsbedrüf-<br />
tig gewesen. mit dem Bau einer großen umgehungsstraße,<br />
konnte sämtlicher Verkehr um<br />
den ort herumgeleitet werden. Weitere maßnahmen<br />
sind erfolgt oder stehen noch aus.<br />
Dies konnten wir während eines rundgangs<br />
durch das, zum Teil stark zerfallene, Dorf beobachten.<br />
Gleich am ortseingang, so wurde<br />
uns <strong>von</strong> den referenten berichtet, stehen die<br />
„schandflecke“ des ortes. um eine Baulücke<br />
zu füllen wurde ein gewaltiger sozialer Wohnungsbau<br />
hochgezogen, der eine besonders<br />
auffällige Farbgestaltung erhielt. Neben dem<br />
nicht sehr zufriedenstellenden sozialbau reihten<br />
sich Blechhütten und kleine Hallen, in denen<br />
der örtliche einzelhandel ansässig war. Im<br />
Zuge der Beruhigung des ortes konnte der<br />
einzelhandel wieder Innerorts einen platz finden.<br />
unter anderem war das am marktplatz<br />
der Fall, der bald vollständig vom Autoverkehr<br />
befreit sein soll. Dieser war zu unserer Besichtigung<br />
bereits völlig hergerichtet, sodass, bis<br />
auf den Bodenbelag und die Nachbesserung<br />
einiger Fassaden, keine größeren eingriffe<br />
mehr erfolgen müssen. um die geplante Fußgängerzone<br />
zu ermöglichen, wird an der ortseinfahrt<br />
ein parkhaus errichtet. Die Zufahrt zu<br />
dem Gelände wurde kurzerhand durch einen<br />
glücklichen Zufall, ohne bürokratische Hürde,<br />
aus dem Weg geräumt. ein Bus fuhr in das den<br />
Zugang versperrende Haus. Generell gab es<br />
viele probleme mit privateigentümern, da das<br />
private eigentum seit dem ende des Kommunismus<br />
unantastbar ist. Das machte sich zum<br />
Beispiel bemerkbar, als die planer versuchten<br />
das Gassensystem des ortes auszubauen und<br />
dafür Flächen <strong>von</strong> Gartengrundstücken abzwacken<br />
wollten. obwohl diese in öffentlicher<br />
Hand waren, gab es viele proteste. so sind
Abb. 3.3.6 Tourübersicht; Foto: Google_maps, 2012<br />
83
Abb. 3.3.7 Wohnungsbau; Foto: martina Lang, 2012<br />
84<br />
viele maßnahmen die ergriffen wurden, nur<br />
möglich gemacht worden, weil sich ein großer<br />
Teil des ortes noch in öffentlicher Hand<br />
befand. Baulücken, die zu früh an private Investoren<br />
verkauft wurden, bleiben zum Teil<br />
leer und sind nicht mehr nutzbar. Dafür konnte<br />
mit einem weiteren großen eingriff eine<br />
weitere steigerung der Attraktivität des ortes<br />
geschaffen werden. Im rückwärtigen Bereich<br />
des marktplatzes entstand so eine reihung an<br />
Höfen, in denen weitere einzelhändler aus den<br />
Blechhütten eine vorteilhaftere stelle fanden.<br />
Diese Hinterhöfe wurden mit ähnlichen Architekturen<br />
ergänzt um ein schlüssiges Bild und<br />
eine einladende Atmosphäre zu erzeugen. Insgesamt<br />
erhofft man sich mit diesen und vielen<br />
weiteren maßnahmen die reaktivierung<br />
psie poles als peripheres unterzentrum für<br />
die verstreuten satellitensiedlungen im nördlichen<br />
Teil Breslaus. es gibt noch viele Baustellen<br />
in diesem ort, doch empfanden michael<br />
Ciesielski und Tomasz solinski es als ersten<br />
großen Fortschritt, dass mit unserer exkursionsgruppe,<br />
die ersten Besucher in diesen ort<br />
zurückgekehrt sind. Wir fühlten uns geehrt die<br />
„ersten“ Besucher sein zu dürfen und führten<br />
unsere rundfahrt weiter.<br />
Auf dem Weg zum neuen Fussballstadion <strong>von</strong><br />
Breslau (7) fuhren wir auf der neuen schnellstraße<br />
der stadt, die als Bogen im Nord-<strong>West</strong>en<br />
um die stadt führt. Dabei überquerten wir<br />
auch die Oder auf der „Rłdziłskibrücke“ (6). Mit<br />
diesen baulicher maßnahme erreichte man einen<br />
besseren Anschluss der Außenbezirke,<br />
eine schnellerer erschließung der Innenstadt<br />
und schaffte die grundlegende Infrastruktur<br />
für den stadionneubau. Dadurch erwartet<br />
man eine neue stadtentwicklung im <strong>West</strong>en
Abb. 3.3.8 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012 Abb. 3.3...9 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012<br />
der stadt mittels des stadions, das als Katalysator<br />
fungiert. es wird erhofft, dass durch die<br />
steigerung der Grundstückspreise die marode<br />
Bausubstanz mit neuen Baustrukturen ersetzt<br />
wird. Durch diese forcierte Gentrifikation ergäbe<br />
sich neben der Jahrhunderthalle und<br />
dem großen markt ein neuer Gegenpol.<br />
Wieder im Bus passierten wir einige Hochhaussiedlungen<br />
auf dem rückweg. Darunter<br />
war auch die größte siedlung Breslaus,<br />
„Kózanow“ (8). Die im Hochwasserschutzgebiet<br />
liegende siedlung unterliegt einer Wohnungsbaugenossenschaft.<br />
Dort herrschen<br />
miserable Zustände, die durch eine fortlaufende<br />
Nachverdichtung intensiviert werden. Die<br />
stadt hat keinen Zugriff auf die Flächen und<br />
kann so nicht mal die Gestaltung der Grünflächen<br />
beeinflussen. Trotz der Verhältnisse sind<br />
die Leute gezwungen dort bei gleichbleibender<br />
miete zu leben, da in Breslau absoluter<br />
Wohnungsmangel herrscht. etwas weiter erstreckt<br />
sich die nächste siedlung, „popowice“<br />
(9). Im Gegensatz zu Kózanow bildet sich hier<br />
eine gute struktur ab, die ein qualitativ hochwertigeres<br />
Wohnen mit diversen Freiraumqua-<br />
litäten ermöglicht. so sind in dieser siedlung,<br />
deren Grundrissform Wellen nachempfunden<br />
wurde, sogar Dienstleistungen und einzelhandel<br />
vorhanden.<br />
schließlich beendeten wir unsere rundfahrt<br />
durch die Außenbezirke Breslaus und genossen<br />
dies bei dem ein oder anderen Bier in der<br />
mühle (10), in der wir bereits am ersten Abend<br />
untergekommen waren. etwas erschöpft <strong>von</strong><br />
den vielen einflüssen, konnten wir dennoch<br />
sehen, wie viele Baustellen auch in Breslaus<br />
peripherie noch vorhanden sind. Neben vielen<br />
projekten, die der Fertigstellung schon sehr<br />
nahe sind, oder noch mitten in der entwicklung<br />
stecken, gibt es doch einige, die noch<br />
viel Arbeit bedürfen. Die stadt steht vor viel<br />
entwicklungsarbeit, die sie aber bislang schon,<br />
nach unseren maßstäben, mit viel ehrgeiz<br />
aber auch Feinfühligkeit begonnen hat. Folgend<br />
wurden wir in unsere Freizeit entlassen<br />
und erkundeten die stadt auf eigene Faust.<br />
Abb. 3.3.10 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012<br />
Abb. 3.3.11 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012<br />
85
Abb. 3.3.12 em stadion Breslau; Foto: martina Lang, 2012
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 3.3.1 studierende in der universität<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.2 Tomasz solinski<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.3 Der vom Verkehr geprägte plac<br />
powstncow Warszawy, 2012<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.4 sky-Tower<br />
http://i.imgur.com/2bHt2.jpg, 15.05.2012<br />
Abb. 3.3.5 mittag in der mensa<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.6 Tourübersicht<br />
eigene Darstellung, www.maps.google.de<br />
Abb. 3.3.7 Wohnungsbau<br />
Fotografie <strong>von</strong> martina Lang<br />
Abb. 3.3.8 psie pole<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.9 psie pole<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.10 psie pole<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.11 psie pole<br />
Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Abb. 3.3.12 em stadion Breslau<br />
Fotografie <strong>von</strong> martina Lang<br />
87
3.4 stadtspaziergänge<br />
Freitag 01.06.2012<br />
<strong>von</strong> Laura miebach, Nina steinkühler und<br />
Hangzhen Wen<br />
Der letzte offizielle Tag unserer fünftägigen<br />
exkursion nach Breslau begann früh und regnerisch.<br />
Auf dem programm stand die <strong>von</strong> uns<br />
allen ersehnte Besichtigung der legendären<br />
Jahrhunderthalle <strong>von</strong> max Berg. Außerdem<br />
wollten wir uns das dazu gehörige Gelände<br />
mit dem scheitninger park ansehen und einen<br />
Abstecher zur Werkbundsiedlung machen.<br />
Das Jahrhundertgelände<br />
um 9 uhr trafen wir unseren deutschsprachigen<br />
<strong>Stadt</strong>führer Norbert Kupliłski, der uns<br />
zunächst über das Außengelände der 1913<br />
eröffneten Jahrhundertausstellung im scheitniger<br />
park führte.<br />
Der scheitniger park (pl. parc szcztnicki) im<br />
osten der stadt entstand 1785 als Lehr- und<br />
entspannungsort und galt ab dem 19. Jahrhundert<br />
als offizieller stadtpark Breslaus. Bis<br />
heute ist der schleitniger park die mit Abstand<br />
größte Grünanlage Breslaus und gilt als grüne<br />
Lunge der stadt. Anlässlich der Jahrhundertfeier<br />
zur erinnerung an die preußischen Befreiungskriege<br />
gegen Napoleon I., fand dort 1913<br />
die sogenannte Jahrhundertausstellung statt.<br />
Neben dem Bau der Jahrhunderthalle, im<br />
Zentrum der großzügigen Ausstellungsfläche,<br />
wurden unter anderem der <strong>von</strong> Hans poelzig<br />
entworfene Vier-Kuppel-pavillon und eine<br />
800 meter lange pergola errichtet. An deren<br />
88<br />
ostseite legte man darüber hinaus historische<br />
Gärten an, die die typische Gartenkunst aus<br />
verschiedenen Jahrhunderten präsentieren.<br />
einer dieser Gärten ist der japanische Garten.<br />
Die Werkbundsiedlung<br />
Aufgrund des schlechten Wetters entschlossen<br />
wir uns jedoch gemeinsam mit Herrn<br />
Kupliłski nicht weiter auf den japanischen Garten<br />
einzugehen. stattdessen schauten wir uns<br />
die nahegelegene Werkbundsiedlung mit dem<br />
Ledigenheim <strong>von</strong> Hans scharoun an. Vorbei<br />
an einer alten Holzkirche gingen wir weiter<br />
durch den park in richtung Ledigenheim.<br />
Die Wohnungs- und Werkraumausstellung<br />
(WuWA) war eine 1929 <strong>von</strong> der schlesichen<br />
Abteilung des Deutschen Werkbundes organisierte<br />
Architekturausstellung. Als direktes<br />
Vorbild diente die Werkbundausstellung „Die<br />
Wohnung“ in stuttgart, die Weißenhofsiedlung.<br />
Im Gegensatz zu dieser wurde die siedlung<br />
in Breslau jedoch ausschließlich <strong>von</strong> hiesigen<br />
Architekten geplant und realisiert. Die<br />
WuWA gilt als mustersiedlung zum Thema<br />
„Neues Bauen“, in der zukunftsweisende bedeutungsvolle,<br />
avantgardistische modelle zum<br />
gemeinschaftlichen Wohnen entwickelt und<br />
erprobt wurden. Neben freistehenden einfamilien-<br />
und Doppelhäusern wurden vor allem<br />
reihenhäuser und unterschiedliche mehrfamilienhaustypen<br />
entworfen. Im rahmen der<br />
WuWA wurden insgesamt 37 Wohnbauten<br />
errichtet.<br />
Als wir an dem weltberühmten Ledigenheim<br />
<strong>von</strong> Hans scharoun vorbei spazierten fragte<br />
eine Kommilitonin spontan, ob wir uns das<br />
meisterwerk, welches mittlerweile als Hotel<br />
genutzt wird, auch einmal <strong>von</strong> Innen ansehen<br />
Abb. 3.4.1 Jahrhunderthalle; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />
Abb. 3.4.2 Jahrhunderthalle; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />
Abb. 3.4.3 Japanischer Garten; Foto: Hangzhen Wen, 2012
Abb. 3.4.4 Ledigenheim; Foto: Hangzhen Wen, 2012 Abb. 3.4.5 Ledigenheim; Foto: Laura miebach, 2012<br />
könnten. Gesagt, getan. Herr Kupliłski wechselte<br />
gleich darauf ein paar Worte mit der<br />
freundlichen empfangsdame und wir folgten<br />
ihr in ein original getreu eingerichtetes Zimmer.<br />
Im Zimmer angekommen, fühlte man<br />
sich, als sei man in einer anderen Zeit. Die<br />
einrichtung schien aus der Zeit der Hoteleröffnung<br />
zu stammen, alles wirkte sehr einladend<br />
und aufeinander abgestimmt. Auf kleinster<br />
Fläche wurden alle nötigen Funktionen untergebracht.<br />
Neben einer Küche, Aufenthalts-<br />
raum und schlafzimmer besaß das Apartment<br />
sogar einen Balkon mit Gartenblick.<br />
Das Ledigenheim oder Haus 31 der Werkbundsiedlung<br />
Breslau wurde weltweit als eines<br />
der ersten Gebäude mit dem sogenannten<br />
split-Level-prinzip konzipiert. es umfasst 48<br />
Wohnungen mit minimalküchen, Gemeinschaftsflächen<br />
und einem zentral angeordnetem<br />
restaurant. Konzipiert war es für Ledige<br />
oder kinderlose paare, denen das Heim mit<br />
hotelartigem service eine vorübergehende<br />
Bleibe bot. Im Hinblick auf Konstruktion, Form<br />
und Funktion gilt das Gebäude als musterbeispiel<br />
für die neuen avantgardistischen Tendenzen<br />
der Architektur in der Zeit zwischen den<br />
beiden Weltkriegen (vgl.: Wroclaw.pl, 2012).<br />
Das Ledigenheim hinter uns lassend, setzen<br />
wir unseren spaziergang auf der Tramwajowa<br />
straße fort. Vorbei an einigen Wohnhäusern<br />
der Werkbundausstellung schlugen wir<br />
schließlich wieder den Weg richtung Jahrhunderthalle<br />
ein.<br />
Die Jahrhunderthalle<br />
Die Jahrhunderthalle, entworfen vom deutschen<br />
Architekten und stadtbaurat max Berg,<br />
war zweifelsohne das architektonische Highlight<br />
dieses exkursionstages. Nachdem wir einen<br />
kurzen Blick in das Innere der Halle werfen<br />
konnten, begaben wir uns anschließend<br />
in die angegliederte multimediale Ausstellung<br />
über die wichtigsten ereignisse zur entstehung<br />
der Jahrhunderthalle.<br />
In unmittelbarer sichtweite zum historischen<br />
Altstadtkern erhebt sich ein Bauwerk, dessen<br />
spannweite die des pantheons in rom um ein<br />
Vielfaches übertrifft.<br />
Die Jahrhunderhalle gilt als eine der pionierleistungen<br />
des damals noch jungen stahlbetons.<br />
mit einer rippenkuppel <strong>von</strong> 67 m Durchmesser<br />
über vier Apsiden eines kreuzförmigen<br />
Grundrisses gilt die Halle <strong>von</strong> max Berg als das<br />
bis dahin größte stützenfreie Kuppeldach aus<br />
massivbauweise. max Berg schreibt Architekturgeschichte,<br />
mit dem Bau der monumentalen<br />
Ausstellungs- und Festhalle, die zugleich<br />
ein Denkmal der erinnerung an die Befreiuungskriege<br />
der preußen gegen Napoleon ist.<br />
Der architektonische Fortschritt erhielt erst-<br />
89
Abb. 3.4.6 Kuppel Jahrhunderthalle; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />
90
malig einzug in das mittelalterliche Breslau.<br />
Die Jahrhunderthalle, als symbol einer neuen<br />
Ära, sollte ihm Gegensatz zum pantheon kein<br />
Tempel der Götter sein, sondern ein Tempel<br />
für die menschheit - ein „Dom der Demokratie“!<br />
Diese Intention war schon in den ersten entwürfen<br />
Bergs sichtbar. An der östlichen seite<br />
der Halle, in der Apsis - also an der stelle, die<br />
traditionellerweise dem Altar vorbehalten ist -<br />
sah Berg eine riesenorgel vor.<br />
Das Gerüstsystem der Halle veranschaulicht<br />
Bergs Begeisterung für die Architektur der<br />
gotischen Kathedralen. Die strebebogen des<br />
Zylinders, die in den Apsiden zu sehen sind,<br />
ähneln den strebebogen der gotischen Gotteshäuser.<br />
mit dem Verzicht auf eine traditionelle Trennung<br />
<strong>von</strong> Bühne und Zuschauerraum machte<br />
Berg den Weg frei für die Verwirklichung eines<br />
neuen prinzips, das publikum als gleichberechtigten<br />
partner des schauspielers und Künstlers<br />
zu behandeln. Dies war seiner Ansicht nach<br />
grundlegend für das gemeinsame empfinden<br />
<strong>von</strong> Kunst und sollte zu einer Demokratisierung<br />
der Gesellschaft beitragen.<br />
Der Bau der Jahrhunderthalle mit ihrer Kuppel<br />
aus 32 schlanken Gewölberippen war dank<br />
eines neuen Baumaterials möglich geworden,<br />
dem stahlbeton.<br />
Nie zuvor war ein so gigantischer raum mit<br />
dem noch wenig erprobten Baustoff überwölbt<br />
wurden. Dazu sollen statiker ihre Berechnungen<br />
sogar vier mal überprüft haben,<br />
bis sie schließlich grünes Licht gaben.<br />
Hierzu warf unser <strong>Stadt</strong>führer Herr Kupliłski<br />
eine kleine Anekdote ein. so sollen sich die<br />
Bauarbeiter seinerzeit geweigert haben, die<br />
Verschalungen der Kuppelwölbung zu entfernen,<br />
aus Angst die Kuppel könnte einstürzen<br />
und sie unter sich begraben. Der Architekt soll<br />
daraufhin einen passanten mit einer Goldmark<br />
überredet haben ihm beim Lösen der ersten<br />
spannschraube behilflich zu sein.<br />
max Berg wollte einen Kulturtempel schaffen,<br />
der schmucklos und ohne jegliche Dekorationselemente<br />
die pure stahlbetonkonstruktion<br />
offen und für alle sichtbar zeigte. mit der<br />
Überhöhung des Baus sollte andererseits ein<br />
Gefühl <strong>von</strong> ehrfurcht bei den Besuchern erzeugt<br />
werden. „Die schwebende Kuppel als<br />
symbol der geistigen Welt“, so hatte Berg seinen<br />
entwurf beschrieben. er hoffte, dass sein<br />
Werk zu einer pilgerstätte für alle Bürger wird.<br />
Zur einweihung im mai 1913 kamen die menschen<br />
in scharen, um das 42 m hohe monument<br />
anzuschauen. mit dem eigens zur eröffnung<br />
der Halle geschriebenen Festspiel <strong>von</strong><br />
Gerhardt Hauptmann wurde die Jahrhunderthalle<br />
feierlich in Betrieb genommen.<br />
In den 1930er Jahren diente die Jahrhunderthalle<br />
fast ausschließlich den Nationalsozialisten,<br />
die sie für diverse massenveranstaltungen<br />
in Besitz nahmen. Die gigantische Wirkung<br />
der monumentalen Halle wurde nun zur Bühne<br />
ihrer falschen propaganda.<br />
Die Wandflächen des Bauwerks, das <strong>von</strong> weitem<br />
fast an eine stufenpyramide erinnert,<br />
werden durch umlaufende Fensterbänder<br />
aufgelöst, sodass je nach sonnenstand unterschiedliches<br />
Licht in die 126.000 m³ große<br />
Halle fällt.<br />
An allen vier seiten des Zentralbaus hatte<br />
max Berg analog zu den Himmelsrichtungen<br />
jeweils einen eingang vorgesehen. obwohl es<br />
sich um einen repräsentativbau handelt, ist<br />
die Gestaltung der Haupt- und eingangshalle<br />
schlicht. es zeigt sich, dass hier die Funktionalität<br />
des Bauwerkes für den Architekten klar<br />
im Vordergrund stand und dass gerade diese<br />
schlichtheit das Gebäude auch nach 100 Jahren<br />
noch zeitgemäß macht.<br />
Am ende des Zweiten Weltkrieges wurde<br />
Breslau schließlich an die Volksrepublik polen<br />
übergeben, aus Breslau wurde Wroclaw und<br />
auch die Jahrhunderthalle hieß fortan „Hala<br />
stulecia“ (pl. Jahrhunderthalle).<br />
In der kommunistischen Zeit polens wurde die<br />
„Hala stulecia“ weiterhin als mehrzweckhalle<br />
genutzt, in der für sport-, Kongress- oder<br />
musikveranstaltungen bis zu 6.000 menschen<br />
platz fanden.<br />
Gegenüber dem Haupteingang der Halle, in<br />
der mitte des Vorplatzes, steht seit 1948, durch<br />
die kommunistische regierung aufgestellt, ein<br />
weiteres Denkmal. ein monument mit dem<br />
Namen „die Nadel“ ragt dort 90 meter in den<br />
Himmel. es gilt als Zeichen der wiedergewonnenen<br />
polnischen Freiheit, was jedoch <strong>von</strong> der<br />
kommunistischen unterdrückung und machtvorherrschaft<br />
getrübt wurde.<br />
Flankiert wird die Jahrhunderthalle <strong>von</strong> einer<br />
pergola, die den im Nordosten der Halle<br />
künstlich angelegten see mit einem Gang aus<br />
750 säulen einrahmt. Im Nordwesten hingegen<br />
schließt sich der Vierkuppelpavillon <strong>von</strong><br />
Hans poelzig an, der ebenfalls für die Feierlichkeiten<br />
der Jahrhundertausstellung geplant<br />
und gebaut worden war.<br />
seit sie 2006 zum uNesCo Weltkulturerbe<br />
wurde, wurde in und um die Jahrhunderthalle<br />
viel sanierungsarbeit geleistet. Dazu zählen<br />
u.a. der multimediale springbrunnen und das<br />
vorgelagerte Terrassenrestaurant.<br />
91
Die Jahrhunderthalle war zweifellos ein besonderes<br />
Highlight unserer gesamten exkursion<br />
durch Breslau. Dank Herr Kupliłski und dem<br />
anschließenden Besuch der Ausstellung konnten<br />
wir viele Details über diesen imposanten<br />
Bau erfahren.<br />
In der Ausstellung sahen wir uns einen sehr<br />
informativen Film über die Jahrhunderthalle<br />
an, der uns den Zusammenhang des ganzen<br />
Komplexes noch einmal verdeutlichte und unter<br />
anderem auch auf die Baugeschichte der<br />
Halle einging. Der rest der Ausstellung war<br />
interaktiv. Über Computer oder unterschiedliche<br />
spiele konnten wir die Architekturgeschichte<br />
der Halle noch besser kennen lernen<br />
und nachvollziehen.<br />
Nachdem wir uns eine ganze Weile Zeit genommen<br />
hatten, um die Ausstellung über<br />
die Jahrhunderthalle in ruhe anzusehen, verstreute<br />
sich die Gruppe in die unterschiedlichsten<br />
richtungen innerhalb der stadt.<br />
<strong>Ein</strong> letzter <strong>Stadt</strong>rundgang<br />
Nachdem wir die Jahrhunderthalle verlassen<br />
hatten besorgten wir uns unser mittagessen in<br />
der alten markthalle der stadt und setzen uns<br />
auf die oderwiesen, um ein kleines päuschen<br />
einzulegen. Nach einem kurzen picknick unter<br />
einer großen eiche, die uns vor dem regen<br />
schütze, entschlossen wir uns den frisch eröffneten<br />
Breslauer Hauptbahnhof anzusehen.<br />
Wir hatten Glück, denn erst an diesem Tag<br />
wurde der kürzlich renovierte Breslauer<br />
Hauptbahnhof wieder eröffnet. Andere Kommilitonen<br />
hatten weniger Glück, denn in den<br />
Tagen zuvor hatte man außer abgeklebten<br />
Bauzäunen nicht viel sehen können.<br />
mit der straßenbahn am Hauptbahnhof ange-<br />
92<br />
kommen, erstrahlte dieser schon <strong>von</strong> weitem<br />
mit einem neuen gelben Anstrich. Der gesamte<br />
Bahnhof, inklusive Vorplatz schien vollkommen<br />
„durchdesigned“.<br />
Künstlich angelegte kleine Hügel legten sich<br />
wie ein grüner Flickenteppich über den Bahnhofsvorplatz.<br />
Dazu gesellten sich Drahtstühle,<br />
die jeweils in sitzgruppen <strong>von</strong> drei bis vier<br />
stühlen angeordnet waren, sowie organisch<br />
geformte Holzbänke. Beleuchtet war der platz<br />
<strong>von</strong> straßenlampen, die sich wie eine Blume<br />
wechselweise mit reflektionsflächen und<br />
strahlern gen Himmel rankten.<br />
Betritt man das neugotische empfangsgebäude,<br />
so scheint man in einer anderen Welt<br />
angekommen. Helle Farben und indirekte<br />
Lichttbänder illuminieren den Innenraum. Die<br />
verzierten stützen sind mit einem goldenen<br />
Anstrich versehen und fügen sich harmonisch<br />
in das Gesamtbild.<br />
Bevor man die, ursprünglich im Jugendstil errichtete,<br />
zentrale Bahnhofshalle betritt, wird<br />
man an einer Fotoausstellung über die restaurierungsarbeiten<br />
des Bahnhofes vorbeigeführt.<br />
Abb. 3.4.7 Jahrhunderthalle; Foto: Laura miebach, 2012<br />
Die umfangreichen renovierungsarbeiten<br />
hatten schon im April 2010 begonnen, um<br />
pünktlich zur europameisterschaft in polen<br />
im Juni 2012 fertig zu sein. Der Hauptbahnhof<br />
<strong>von</strong> Wrocław gilt als einer der schönsten<br />
Bahnhöfe des Landes. Die Anlage wurde im<br />
neogotischen stil 1855-1857 errichtet.<br />
Neben einer grundlegenden Instandsetzung<br />
der Haupt- und empfangshalle und der Verlegung<br />
neuer Gleise, wurde die Bahnhofsinfrastruktur<br />
modernisiert. Neue Geschäfte und<br />
Abb. 3.4.8 Vorplatz Hauptbahnhof; Foto: Laura miebach,<br />
2012
Cafés säumen die Haupthalle des Breslauer<br />
Hauptbahnhofs. Darüber hinaus wurden<br />
überall rolltreppen eingebaut und ein unterirdisches<br />
parkhaus errichtet. Die Baukosten<br />
betrugen rund 162 Mio. Złoty, <strong>von</strong> denen die<br />
Europäische Union 113 Mio. Złoty beisteuerte<br />
(vgl.: Nowy Glowny, 2012, Facelifting, 2012).<br />
Auf dem Weg zurück zur straßenbahnhaltestelle<br />
trafen wir wieder auf Tomasz Smoliłski<br />
vom Breslauer stadtentwicklungsbüro. Wir<br />
waren auf der suche nach einem Denkmal aus<br />
menschlichen Figuren, <strong>von</strong> dem uns Kommilitonen<br />
zuvor erzählt hatten. Dabei verschwinden<br />
lebensgroße menschenfiguren im Boden<br />
und kommen auf der anderen seite wieder<br />
empor. mit diesen Informationen wandten wir<br />
uns vertrauensvoll an Herrn Smoliłski, der sofort<br />
verstand nach was wir suchten. er schickte<br />
uns über einige Kreuzungen und Ampeln<br />
hinweg, bis wir schließlich an der Kreuzung<br />
Ulica Marszałka Józefa Piłsudskiego und Ulica<br />
łwidnicka ankamen.<br />
Das Denkmal, bestehend aus vierzehn in<br />
Bronze gegossenen Figuren, stammt vom polnischen<br />
Bildhauer und Installationskünstler<br />
Jerzy Kalina. Die Skulptur namens „Przejłcie“<br />
(pl. für Übergang) wurde in der Nacht vom<br />
12. auf den 13. Dezember 2005 installiert und<br />
säumt seither die große Kreuzung.<br />
Die Figuren, eine alte Dame mit ihrer vollen<br />
einkaufstasche, eine mutter mit Kinderwagen,<br />
ein passant mit Hut, alle scheinen sie da in ihren<br />
Bewegungen eingefroren und für immer in<br />
Bronze erstarrt zu sein.<br />
Die hinab steigenden passanten scheinen <strong>von</strong><br />
der straße mehr oder weniger „verschlungen“<br />
zu werden, welches den umbruch polens nach<br />
dem Fall des Kommunismus symbolisieren soll.<br />
eine völlig neue, freie, polnische Gesellschaft<br />
steigt hier vom Boden empor. Das Zeitalter der<br />
Demokratie hat begonnen.<br />
Weitere Interpretationsansätze betrachten<br />
den „Übergang“ als einen reinen straßenübergang,<br />
also passanten, die die Kreuzung<br />
überqueren. Andere wiederrum sehen in dem<br />
Denkmal den Bevölkerungsaustausch symbo-<br />
Abb. 3.4.9 Vertriebenen-Denkmal; Foto: Laura miebach, 2012<br />
lisiert, der in der 50er Jahren in Breslau stattfand.<br />
Was auch immer Jerzy Kalina mit seinen<br />
Figuren ausdrücken wollte, er hat mit seinen<br />
detaillierten Bronzearbeiten ein bemerkenswertes<br />
Kunstwerk geschaffen<br />
(vgl.: Garnek, 2012) .<br />
93
Gemütlicher Ausklang<br />
um 19 uhr waren wir mit der kompletten Gruppe<br />
am Hostel verabredet, um die exkursion bei<br />
einem gemeinsamen Abendessen im typisch<br />
polnischen Restaurant „Karczma Piastów“<br />
gemütlich ausklingen zu lassen. Nach einem<br />
leckeren polnischen essen, brach der Großteil<br />
der Gruppe in eine nahe gelegene Bar Namens<br />
„Literatka“ auf, um dort noch ein ruhiges Gespräch<br />
bei traditionellen polnischen Getränken<br />
zu führen, da es schon am frühen morgen des<br />
nächsten Tages wieder nach Hause ging, wurde<br />
hier die exkursion bei einem schönen Zusammensein<br />
gemütlich ausgeklungen.<br />
Gastronomie-Tips<br />
„Libelle“<br />
Art-café pod Kalamburem<br />
Kułznicza 29a<br />
Tel.: 713723571<br />
ein gemütliches Café/Kneipe mit interessanten<br />
menschen und freundlicher umgebung.<br />
untergebracht in einem alten Jugendstil Gebäude.<br />
Abb. 3.4.10 Abschlussessen; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />
„Literatka“<br />
Kawiarnia Literatka<br />
rynek 56/57<br />
Tel. 713418013<br />
mit Büchern gefülltes Café. Nette Atmosphäre,<br />
leckere Kuchen und Getränke. Insbesondere<br />
der Zubrowka mit Apfelsaft ist zu empfehlen.<br />
„pierogarnia“<br />
Al. pracy 271<br />
Tel.: 71631715<br />
ein traditionelles restaurant, das pierogi, polnische<br />
maultaschen, in großen Töpfen serviert.<br />
Dabei ist es eine Überraschung welche<br />
sorte man bekommt.
Literaturverzeichnis<br />
Wroclaw.pl, 2012:<br />
http://www.wroclaw.pl/2159683.dhtml,<br />
01.07.2012<br />
Nowy Glowny, 2012:<br />
http://wroclawnowyglowny.pl/index.htm,<br />
10.07.2012<br />
Facelifting, 2012:<br />
http://www.das-polen-magazin.de/faceliftingpolens-bahnhoefe,<br />
10.07.2012<br />
Garnek, 2012:<br />
http://www.garnek.pl/mefiu/4858938/wroclaw-rzezba-przejscie,<br />
01.07.2012<br />
Abbildungsnachweis<br />
Abb. 3.4.1 Jahrhunderthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
Abb. 3.4.2 Jahrhunderthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
Abb. 3.4.3 Japanischer Garten<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
Abb. 3.4.4 Ledigenheim<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
Abb. 3.4.5 Ledigenheim<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />
Abb. 3.4.6 Kuppel Jahrhunderthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
Abb. 3.4.7 Jahrhunderthalle<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />
Abb. 3.4.8 Vorplatz Hauptbahnhof<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />
Abb. 3.4.9 Vertriebenen-Dennkmal<br />
Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />
Abb. 3.4.10 Abschlussessen<br />
Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />
95
3.5 rückblick<br />
samstag 02.06.2012<br />
<strong>von</strong> Julia Haun und marie-pierre Wilczak<br />
Der Tag der rückreise war gekommen. um<br />
vier uhr morgens trafen wir uns ein letztes<br />
mal vor dem Hostel um mit einem gemieteten<br />
Bus die Fahrt zum Flughafen anzutreten. Die<br />
anfänglichen pläne die Übernachtung ausfallen<br />
zu lassen scheiterten und auch die letzten<br />
waren noch für einige kurze stunden schlaf in<br />
ihre Betten zurückgekehrt. Auf der Fahrt zum<br />
Flughafen sammelten wir letzte eindrücke.<br />
Nach der immer noch belebten Innenstadt<br />
konnten wir uns ein Bild <strong>von</strong> den stadtrandbereichen<br />
Breslaus verschaffen. Bald tauchte<br />
im morgengrauen das neue, im märz eröffnete<br />
Terminal des Wrocław Nicolaus Copernicus<br />
Flughafens auf. strahlend weiß und getaucht<br />
in das hellrosa Licht der aufgehenden sonne<br />
hatten wir den eindruck geradewegs auf ein<br />
perfektes rendering zuzusteuern. Auch das<br />
Innere verstärke durch absolute makellosigkeit<br />
diesen eindruck.<br />
Nach der frühen Ankunft am samstag in<br />
Deutschland, waren die meisten noch zu<br />
müde, um Breslau bereits zu vermissen. Dank<br />
der referate und besonders durch die exkursion<br />
haben wir unmengen an neuen erfahrungen<br />
und Wissen gesammelt, ob es sich nun um<br />
die geschichtliche stadtentwicklung handelte,<br />
oder ob wir ein neues planungsprojekt besichtigten.<br />
Jeder dieser programmpunkte hatte<br />
seine Besonderheiten und zeigte uns perspektiven,<br />
probleme aber auch erfolge der stadtplanung.<br />
mit unserem breiten Vorwissen aus<br />
96<br />
der Vortragsreihe betrachteten wir Breslau mit<br />
einem, mehr oder minder, geschulten Auge<br />
für Architektur und Infrastruktur, sinn und<br />
Zweck der stadtgestaltung. und auch wenn<br />
die Hintergründe nicht überall klar waren, so<br />
beeindruckte Wroclaw mit seinen alten Giebelhäusern<br />
des marktplatzes, den modernen<br />
einkaufs- und Geschäftshäusern oder durch<br />
Kulturbauten, wie der Jahrhunderthalle. Als,<br />
trotz vorhandener stadtplanerischen schwierigkeiten<br />
polens, schnell wachsende metropole<br />
überzeugt Breslau mit seinem Facettenreichtum<br />
an Baukunst und Wirtschaftlichkeit.<br />
Doch nicht nur die stadt beeindruckte, sondern<br />
auch deren menschen, die freundliche<br />
Atmosphäre und das gute essen. schließlich<br />
kann man sagen, dass das seminar „<strong>West</strong><br />
<strong>goes</strong> east – Theorien der stadtentwicklung“<br />
uns nicht nur die bloße Theorie vermittelt hat,<br />
sondern durch die exkursion eine neue ebene<br />
des fassbaren Lernens beinhaltete, die nicht<br />
nur informativ war, sondern auch Freude bereitet<br />
hat.<br />
Wir sind dankbar, dess es dies Art der Kooperation<br />
mit der universität Breslau gibt. Das<br />
große engagement der Lehrenden verschaffte<br />
uns durch Vorträge und die Begleitung an<br />
exkursionen neue einblicke in das polnische<br />
stadtplanungswesen.<br />
Hoffentlich wird es noch viele möglichkeiten<br />
zum Austausch geben.
4 persöNLICHe eINDrÜCKe<br />
97
4 persönliche eindrücke<br />
Persönliche <strong>Ein</strong>drücke<br />
<strong>von</strong> Frederic müller<br />
Ich persönlich habe an der exkursion aus zwei<br />
Gründen teilgenommen. Auf der einen seite<br />
ist dies die Geburtsstadt meines Großvaters<br />
gewesen und es hat mich dann doch interessiert<br />
woher meine Wurzeln kommen. Dazu<br />
hat mich besonders eine plastik zum Thema<br />
der Zwangsumsiedlung in der Nähe des<br />
Hauptbahnhofes gefesselt. Auf der anderen<br />
seite haben wir in <strong>West</strong>europa dieses verkopfte<br />
Weltbild eines kulturlosen Bauernlandes<br />
bezüglich polen. Dies wollte ich negieren und<br />
mir mein eigenes Bild da<strong>von</strong> machen. und es<br />
dauerte nicht lange, da war ich schon <strong>von</strong> der<br />
stadt gefesselt. Breslau lebt <strong>von</strong> jedem unterschied<br />
den die verschiedenen epochen mit<br />
sich gebracht haben. Jeder Teil hat seinen reiz<br />
und zusammen steht man vor einer eindrucksvollen<br />
Kulisse. Breslau und auch polen kann<br />
sich mit stolz in europa präsentieren. Aber was<br />
mich persönlich am meisten begeistert hat, ist<br />
die Lebensart der einwohner. Abgesehen <strong>von</strong><br />
der wirklich guten und auch preiswerten, heimischen<br />
Kost, fiel mir die sehr junge Kultur der<br />
stadt auf. Breslau ist sehr stark durch die universitäten<br />
und die ganzen studenten geprägt<br />
und so ergeben sich die schönsten ecken in<br />
der stadt, die es alle zu suchen galt. Zahlreiche<br />
Cafés und Kneipen sind mit sehr viel Hingabe<br />
eingerichtet und wenn ich fließend polnisch<br />
reden könnte, dann würde ich hier auch sicherlich<br />
studieren. Ich weiß jetzt schon, dass<br />
ich nicht das letzte mal in polen war.<br />
98<br />
Persönliche <strong>Ein</strong>drücke<br />
<strong>von</strong> Yiran Nan<br />
Während der Vorbereitungen auf das seminar<br />
hatte ich das Gefühl, dass Breslau eine stadt<br />
ist, die sehr <strong>von</strong> ihrer Geschichte belastet wird.<br />
Fast das gesamte letzte Jahrtausend war die<br />
silhouette Breslaus in Krieg verhüllt. Nicht nur<br />
einmal fand dort ein Blutbad statt.<br />
Als wir dann in Breslau am Bahnhof ankamen,<br />
haben wir sogleich die dortige Baustelle besichtigt.<br />
Daraufhin fuhren wir zunächst nach<br />
Krakau und nach diesem ersten eindruck <strong>von</strong><br />
Breslau kam in mir schon unmut auf wieder<br />
nach Breslau zurückzukehren. Ich hoffte sogar<br />
dass die exkursion schnell vorbei ginge.<br />
Jedoch hat sich das sofort geändert nachdem<br />
wir aus Krakau wieder zurückgekehrt sind und<br />
die restlichen seminarteilnehmer aus Deutschland<br />
eingeflogen sind. Dafür verantwortlich ist<br />
vielleicht sogar der erste Abend in einer großen<br />
runde an der maria mühle bei einem Bier<br />
und netten Gesprächen. Während unseres<br />
Abendspazierganges habe ich auch ein Graffiti<br />
entdeckt, dass mich an Krieg, Verstoßung,<br />
Wiederaufbau, einheit und den Fluss erinnerte.<br />
Dies sind meiner meinung nach viele<br />
Themen die auch andere europäische städte<br />
dominieren. und dennoch ist jede stadt, die<br />
ich in europa kennenlernen durfte, einzigartig.<br />
und diese einzigartigkeit wollte ich auch an<br />
Breslau entdecken. Was den Bahnhof betrifft,<br />
so habe ich versucht ihn zu meiden.<br />
und etwas einzigartiges habe ich auch in<br />
Breslau entdeckt. Laura suchte energisch<br />
nach kleinen Bronzezwergen. Ich fragte sie<br />
nur verwundert ob sie schneewittchen spiele.<br />
Doch dann erklärt sie mir die Hintergründe<br />
und ich erkannte, in jedem <strong>von</strong> uns, den die<br />
Neugier packt, in dem steckt in Breslau auch<br />
ein schneewittchen, das nach seinen Zwergen<br />
sucht. Goethe sagte: „Wer nicht neugierig ist,<br />
erfährt nichts.“ und für die Neugierde gibt es<br />
in Breslau genug zu entdecken. Das hat uns<br />
fröhlich gemacht und an der stadt gefallen.<br />
Die anfängliche Vermutung, dass Breslaus Geschichte<br />
einen traurig macht hat sich also nicht<br />
bestätigt.