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Stadt erleben: West goes East Ein Reisebericht von Studierenden ...

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<strong>Stadt</strong> <strong>erleben</strong>: <strong>West</strong> <strong>goes</strong> <strong>East</strong><br />

<strong>Ein</strong> <strong>Reisebericht</strong> <strong>von</strong> <strong>Studierenden</strong> der RWTH Aachen<br />

zu Besuch in Wroclaw, Polen<br />

Sommersemester 2012


Impressum<br />

Gemeinsame seminararbeit im rahmen der Veranstaltung<br />

„<strong>West</strong> <strong>goes</strong> east: Aachen - Wroclaw, stadt <strong>erleben</strong>.“<br />

exkursion des Fachbereichs Architektur und stadtplanung der rWTH<br />

Aachen im sommesemester 2012<br />

Herausgeber:<br />

Lehrstuhl für planungstheorie und stadtentwicklung<br />

Fakultät Architektur, rWTH Aachen<br />

prof. Dr.-Ing. Klaus selle<br />

Dipl.-Ing. Lucyna Zalas<br />

postfach<br />

52056 Aachen<br />

Tel.: +49 (0)241-80-98300<br />

Fax.: +49 (0)241-80-92137<br />

zalas@pt.rwth-aachen.de<br />

www.pt.rwth-aachen.de<br />

BearbeiterInnen:<br />

ran Chen, Yinzi Gong, Julia Haun, Jan Kaplan, Laura miebach, synke mumme,<br />

Frederic müller, Yiran Nan, Laura polaczek, stephan rodewig, roman schmitt,<br />

Nina steinkühler, Hangzhen Wen, marie-pierre Wilczak<br />

Layout & redaktion:<br />

synke mumme, Laura polaczek, roman schmitt, marie-pierre Wilczak<br />

Überarbeitung<br />

ulrike sommer, Lucyna Zalas<br />

Titelbild „Wroclaw Wita - Welcome in Wroclaw“ Foyer des Flughafens Breslau,<br />

Lucyna Zalas 2012


ÜBerBLICK<br />

VorAB | eINFÜHruNG<br />

1 DIe VorBereITuNGeN<br />

1.1 polen ein Nachbarland - unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />

1.2 Breslau - stadt(bau)geschichte bis 1900<br />

1.3 Breslau - stadt(bau)geschichte 1900 bis 1945<br />

1.4 Breslau - stadt(bau)geschichte 1945 bis 1990<br />

1.5 Breslau - Nachkriegsmoderne kontrovers<br />

1.6 Breslau - stadt(bau)geschichte 1990 bis heute<br />

1.7 plätze, parks und promenaden - Freiräume in Breslau<br />

2 exKursIoN NACH BresLAu - „BresLAu WIr KommeN“<br />

3 Vor orT - reIseBerICHTe uND rÜCKBLICK<br />

3.1 Der erste Überblick - Dienstag, der 29.05.2012<br />

3.2 Theoretische Grundlagen und freie erkundung -<br />

mittwoch 30.05.2012<br />

3.3 stadtentwicklungspolitik in Wroclaw -<br />

Donnerstag 31.05.2012<br />

3.5 stadtspaziergänge - Freitag, der 01.06.2012<br />

3.5 rückblick - samstag, der 02.06.2012<br />

4 persöNLICHe eINDrÜCKe<br />

7<br />

9<br />

10<br />

15<br />

21<br />

28<br />

39<br />

46<br />

53<br />

63<br />

67<br />

68<br />

71<br />

78<br />

88<br />

96<br />

97


Abb. 0.1 Gruppenfoto vor der Jahrhunderthalle<br />

6


VorAB<br />

<strong>von</strong> Lucyna Zalas<br />

Bei dem vorliegenden Bericht, handelt es sich<br />

um eine studentische Arbeit, die im rahmen<br />

eines seminars des Lehrstuhls für planungstheorie<br />

und stadtentwicklung, Fakultät Architekur,<br />

rWTH Aachen entstanden ist.<br />

Die studierenden haben die eintzelnen referatsthemen<br />

selbstständig bearbeitet und in<br />

kurzen reiseberichten Ihre erlebnisse in Breslau<br />

geschildert. Auch das redaktionsteam bestand<br />

aus studierenden, die sowohl Layout als<br />

auch die Überarbeitung der gelieferten Texte<br />

und Fotos übernommen haben.<br />

Die vorliegenden Beiträge der studierenden<br />

wurden weder inhaltlich noch redaktionell<br />

überarbeitet – Quellenangaben sowie rechte<br />

für pläne, Texte und Bilder liegen in der Verantwortung<br />

der Verfasser.<br />

An dieser stelle möchten wir uns herzlich bei<br />

allen, die die exkursion unterstützt haben bedanken.<br />

Die Kollegen und Kolleginnen in polen<br />

haben uns ein sehr informatives und spannendes<br />

programm geboten. Besonderer Dank<br />

gilt Herrn Lukasz Damurski, der uns sowohl<br />

inhaltlich als auch organisatorisch sehr unterstützt<br />

hat.<br />

eINFÜHruNG<br />

<strong>von</strong> synke mumme und marie-pierre Wilczak<br />

Im rahmen des seminars „<strong>West</strong> <strong>goes</strong> east<br />

– Theorien der stadtentwicklung“ des Lehrstuhls<br />

für planungstheorie und stadtentwicklung,<br />

führte uns die pfingstexkursion 2012<br />

nach polen in das schöne Breslau.<br />

Im vorangegangenen Workshop wurden zunächst<br />

die planungssysteme beider Länder<br />

verglichen, unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />

herausgearbeitet und dadurch die Grundlagen<br />

zum Verständnis der rechtssysteme und<br />

der planungsrealitäten geschaffen. Anschließend<br />

erfolgte die Bearbeitung einer seminararbeit,<br />

die, in Form eines Vortrags, den jeweiligen<br />

anderen Gruppen vorgestellt wurde.<br />

Von einer allgemeinen Vorstellung polens bis<br />

hin zur spezifischen stadtbaugeschichtlichen<br />

entstehung und entwicklung Breslaus bis zur<br />

heutigen situation, wurden insgesamt sieben<br />

referate gehalten. so erfuhren wir bereits vor<br />

der pfingstexkursion viel über das Land polen<br />

und unser exkursionsziel Breslau. Trotzdem<br />

blieben Fragen offen, die wir möglichst vor<br />

ort beantworten wollten.<br />

In der pfingstwoche, vom 22.05. - 01.06.2012,<br />

erfolgte schließlich die exkursion nach Breslau.<br />

unsere seminargruppe, bestehend aus Bachelor-<br />

und masterstudenten der Architektur,<br />

stadtplanung und Geographie, erfuhr vor ort,<br />

mit Hilfe eines vielfältigen programms, einen<br />

eingehenden einblick in die stadtplanung und<br />

stadtentwicklung Breslaus. erst durch das <strong>erleben</strong><br />

der stadt vor ort wurden unsere gesammelten<br />

Vorkenntnisse zusammengefügt<br />

und ergaben schließlich ein beeindruckendes<br />

Verständnis der stadt. Der mittelalterliche<br />

stadtgrundriss, der einzug der moderne, Wiederaufbau<br />

und rekonstruktion - in kaum einer<br />

stadt sind die verschiedenen stadien der<br />

stadtentwicklung so gut ablesbar und auf engem<br />

raum vereint wie in Breslau. Zusätzlich<br />

erfuhren wir auch viel über aktuelle Trends<br />

und entwicklungen der stadt, wie auch einzelner<br />

projekte, welche vor ort anschaulich gemacht<br />

wurden. Die erläuterung <strong>von</strong> ortskundigen<br />

Fachleuten ermöglichte uns einen tiefen<br />

und kritischen einblick in die stadtplanerischen<br />

prozesse in polen und Breslau.<br />

Der vorliegende reisebericht fasst unsere im<br />

seminar gesammelten erfahrungen in Form<br />

<strong>von</strong> referatsausarbeitungen und reiseberichten<br />

zusammen. Die referatsthemen erläutern<br />

die historische und städtebauliche entwicklung,<br />

während die Tagesberichte unserer exkursion<br />

zeigen, wie wir die stadt im mai 2012<br />

erlebt haben und vermitteln so einen eindruck<br />

über die Besonderheiten und die Vielfalt der<br />

stadt.<br />

7


1. DIe VorBereITuNGeN<br />

RefeRate im Rahmen des seminaRs<br />

9


1.1 polen - ein Nachbarland<br />

<strong>von</strong> Hangzhen Wen und marie-pierre Wilczak<br />

Wie die Überschrift bereits verrät handelt es<br />

sich bei polen um eins unserer Nachbarländer.<br />

Doch was wissen wir über unser Nachbarland<br />

im osten? Wie groß ist es? Wie viele menschen<br />

leben dort und wie ist das Leben in polen?<br />

um diese Fragen zu beantworten haben<br />

wir uns intensiv mit Literatur über polen beschäftigt<br />

und uns einen eindruck vor ort verschafft.<br />

Die ergebnisse unserer untersuchungen<br />

werden wir nun hier vorstellen. Außerdem<br />

zeigen wir einen groben Überblick über polens<br />

Geographie, Wirtschaft, politik und Kultur.<br />

Allgemeine Daten und Geographie<br />

Die republik polen liegt in mitteleuropa und<br />

heißt „polska“ auf polnisch. Die Hauptstadt<br />

ist Warschau. polen wird in 16 sogenannte<br />

„Woiwodschaften“ unterteilt, die mit unseren<br />

Bundesländern zu vergleichen sind. Breslau,<br />

unser exkursionsziel, ist dabei die Hauptstadt<br />

der Woiwodschaft Niederschlesien (vgl.: wiki_<br />

polen, 2012).<br />

Der polnische staat ist flächenmäßig das<br />

neuntgrößte Land europas, mit einem Gesamtterritorium<br />

<strong>von</strong> 322.577 km². Die Kontinentalfläche<br />

beträgt 311.904 km², die Binnenmeere<br />

haben 1.991 km² Fläche und die<br />

meeresfläche wird mit 8.682 km² angegeben<br />

(vgl.: Droth, Grimm und Haase, 2000, 9).<br />

Aufgrund seiner zentralen Lage zählt polen<br />

sieben Nachbarländer mit insgesamt 3.583<br />

km staatsgrenze. 524 km da<strong>von</strong> liegen an der<br />

ostsee. Als weitere Grenze dienen oft Flüsse,<br />

10<br />

Abb. 1.1.1 Topographie polens;<br />

Foto: europaurlaub.org, 2012<br />

Abb. 1.1.2 Woiwodschaften polens;<br />

Foto: kulturweit-blog.de, 2012<br />

die insgesamt 1.221 km der Landesrenze ausmachen<br />

(vgl.: wiki_polen, 2012). Vergleicht<br />

man Fläche, Grenzlänge und Zahl der Nachbarländer<br />

mit Deutschland so finden sich viele<br />

Ähnlichkeiten. Auch Deutschland hat 16 Bundesländer<br />

auf einer Fläche <strong>von</strong> 357.092 km²<br />

und ist damit nur wenig größer als polen. Wie<br />

polen liegt auch Deutschland in mitteleuropa,<br />

hat jedoch mit neun Ländern mehr angrenzende<br />

staaten. Die staatsgrenze <strong>von</strong> Deutschland<br />

beträgt insgesamt 3.757 km. sie ist damit<br />

nur ungefähr 200 km länger als die polnische<br />

(vgl.: die-erde.com, 2012).<br />

polen besteht größtenteils aus flachem Land.<br />

Nur im süden des Landes gibt es einige Gebirgszüge.<br />

man unterteilt polen in drei Landschaftszonen:<br />

Das dominierende „nordmitteleuropäische<br />

Tiefland“, eine schmale<br />

„zentraleuropäische mittelgebirgszone“, und<br />

den flächenmäßig sehr geringen Anteil „Hochgebirge“.<br />

Von <strong>West</strong> nach ost verlaufen in diesem<br />

südlichen Hochgebirge die drei Gebirgszüge:<br />

Die „sudenten“, die „Karpaten“ und<br />

das „Heiligkreuzgebirge“. Der höchste Berg<br />

polens ist der „rysy“ mit 2.499 metern Höhe<br />

(vgl.: Droth, Grimm und Haase, 2000, 12-13).<br />

Flüsse und Seen<br />

Die vier längsten Flüsse sind die „Weichsel“<br />

(Wisła) mit 1.022 km, der deutsche Grenzfluss<br />

„oder“ (odra) mit 840 km, die „Warthe“<br />

(Warta) mit 795 km und der „Bug“ mit 774<br />

km. Doch nicht die Flüsse sind das Besondere<br />

an der polnischen Landschaft, sondern die<br />

vielen seen. mit dem „mamry“ (mauersee),<br />

der eine Gesamtfläche <strong>von</strong> 104 km² hat, dem<br />

„Jezioro łebsko“ (Lebasee) mit 71 km² oder<br />

dem „łniardwy“ (Spirdingsee) der mit 114 km²


Fläche größte see polens, gehört polen zu den<br />

seenreichsten Ländern der Welt. Auch stauseen<br />

<strong>von</strong> beeindruckender Größe lassen sich<br />

in polen finden. Der Größte ist „solina“ mit<br />

472 mio. m². Aber auch der „Wloclawek“ mit<br />

408 mio. m² und der „Czorsztyn-Niedzica“<br />

mit 232 mio. m² stellen landschaftsprägende<br />

merkmale dar (vgl.: Droth, Grimm und Haase,<br />

2000, 15).<br />

Klima<br />

polen gehört zur warmgemäßigten mittelbreitenklimazone.<br />

Dabei kommt die trockene Luft<br />

aus dem eurasischen Kontinent nach polen,<br />

während feuchte Luft aus dem Atlantik ins<br />

Land strömt. unterteilt wird die Klimazone in<br />

zwei, für polen spezifische, unterklimate.<br />

Den Norden wie auch den <strong>West</strong>en <strong>von</strong> polen<br />

prägt gemäßigtes seeklima während im osten<br />

und südosten das Kontinentalklima vorherrscht.<br />

mit 1.700 mm Niederschlag pro Jahr<br />

ist Tatra der regenreichste ort polens. Im Gegensatz<br />

dazu sind die niedrigsten Niederschläge<br />

im Norden und <strong>West</strong>en mit bis zu unter<br />

500 mm zu finden. Die niederschlagreichsten<br />

monate in polen sind April und september.<br />

Das vorherrschende Kontinentalklima polens<br />

verursacht, anders als in Deutschland, sehr<br />

warme sommer und kalte Winter. Im oder-<br />

Warthe-Gebiet sind es nur 30 schneetage, im<br />

Nordosten hingegen, in den Karpaten und in<br />

den Beskiden, kann es bis zu 110 Tage im Jahr<br />

schneien.<br />

Im Vergleich dazu gehört Deutschland zur gemäßigten<br />

Klimazone und liegt klimatologisch<br />

zwischen dem maritimen Klima in <strong>West</strong>europa<br />

und dem kontinentalen Klima in osteuropa.<br />

Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt in po-<br />

len bei 8,2 °C, monatsdurchschnittstemperatur.<br />

Im Januar liegt diese bei ł0,5 °C und im Juli<br />

bei 16,9 °C. Der jährliche Niederschlag liegt<br />

bei 789 millimeter (vgl.: wiki_polen, 2012).<br />

Geschichte<br />

eine Übersicht über die Geschichte polens<br />

lässt die heutige situation besser verstehen.<br />

man unterteilt die Geschichte polens in sieben<br />

Zeiträume:<br />

Gründung und mittelalter (966-1569), polnisch-Litauische<br />

Adelsrepublik (1569-1772),<br />

Teilungen polens (1773-1918), Zweite republik<br />

(1918-1939), Zweiter Weltkrieg (1939-<br />

1945), Volksrepublik (1945-1989) und Dritte<br />

republik (1989 bis Heute).<br />

Wichtigste Daten der polnischen Geschichte<br />

Politik<br />

Von den geographischen und historischen<br />

Aspekten kommen wir nun zum politischen<br />

system polens. Genau wie Deutschland hat<br />

polen eine parlamentarische Demokratie, die<br />

sich aus einem Zweikammerparlament bildet.<br />

Dabei unterscheidet man den „sejm“,<br />

mit 460 Abgeordneten, und den „senat“ mit<br />

100 senatoren. Gleichzusetzen mit Bundestag<br />

und Bundesrat, bilden sejm und senat die Legislative.<br />

Diese wird für vier Jahre durch eine<br />

mehrheits- bzw. Verhältniswahl gewählt, welche<br />

zuletzt am 09.10.2011 erfolgte (vgl.: bpb_<br />

das Zweikammerparlament, 2012). Besonders<br />

stolz sind die polen dabei auf ihren sejm, der<br />

bereits seit 1493 in polen Bestand hat und damit<br />

zu einem der ältesten parlamente der Welt<br />

gehört (vgl.: wiki_politisches system, 2012).<br />

966 nahm Fürst mieszko I. das Christentum an und gründete den polnischen staat<br />

1038 zerfiel der polnische staat nach Aufständen<br />

1386 vereinigten sich polen und Litauen nach der Heirat der polnischen Königin Jadwiga<br />

mit dem litauischen Fürsten Jogaila<br />

1569 fand die staatliche Vereinigung polens mit Litauen statt. polen-Litauen erreichte seine<br />

größte erstreckung<br />

1609 wurde Warschau Hauptstadt und ersetzte Krakau<br />

1772, 1793, 1795<br />

wurde polen jeweils zwischen russland, preußen und österreich aufgeteilt und<br />

so drei mal inexistent<br />

1918 Gründung des polnischen staats in territorialer Anlehnung an das staatsterritorium<br />

der früheren polnischen Gebiete vor den drei Teilungen<br />

1939 begann der Zweite Weltkrieg und polen wurde <strong>von</strong> Deutschland besetzt<br />

1945 Gründung der Volksrepublik unter kommunistischem regime<br />

1989 der `runde Tisch` entstand in polen. Gründung der Dritten republik<br />

2004 tritt polen der eu bei<br />

(vgl.: Droth, Grimm und Haasen, 2000, 16-21)<br />

11


Die exekutive wird vom staatspräsidenten<br />

und dem ministerrat gebildet, die Judikative<br />

durch unabhängige Gerichte.<br />

Zurzeit teilen sich sejm und senat in fünf<br />

große parteien auf: die liberalkonservative<br />

„platforma obywatelska“ (po, dt. Bürgerplattform),<br />

die rechtskonservative „prawo<br />

i Sprawiedliwołł“<br />

(PiS, dt. Recht und Gerechtigkeit),<br />

die linksliberale „ruch palikota“<br />

(palikot-Bewegung), die konservative „polskie<br />

stronnictwo Ludowe“ (polnische Bauernpartei)<br />

und der sozialdemokratischen „sojusz<br />

Lewicy Demokratycznej“ (Bund der demokratischen<br />

Linken) (vgl.: polish-online.com,<br />

2012). Derzeitig regiert die po in einer Koalition<br />

mit der Bauernpartei, mit den meisten<br />

stimmen im senat und sejm. so gehören auch<br />

der ministerpräsident und der Außenminister<br />

der Bürgerplattform an. seit dem 18.11.2011<br />

ist Donald Tusk in seiner zweiten Amtszeit als<br />

ministerpräsident tätig. er leitet und koordiniert<br />

die Arbeit des ministerrats und wird vom<br />

Sejm gewählt. Außenminister ist Radosław Sikorski<br />

und staatspräsident der unparteiische<br />

Bronislaw Komorowski. Komorowski bildet die<br />

spitze der exekutiven, ernennt ministerpräsident<br />

und Außenminister, nimmt die höchste<br />

position im Kriegsfall ein und hat damit eine<br />

wichtigere rolle als der deutsche Bundespräsident,<br />

da er nicht vornehmlich repräsentative<br />

Funktionen ausführt (vgl.: wiki_politisches<br />

system 2012).<br />

Wirtschaft<br />

Die Wirtschaft polens hat sich in den letzten<br />

30 Jahren stark gewandelt. es handelt sich<br />

hierbei um die umwandlung der sozialistischen<br />

Zentralplanwirtschaft zur marktwirt-<br />

12<br />

schaft <strong>von</strong> 1989. Dazu wurde nach Balcerowicz<br />

ein plan entwickelt, der den Übergang<br />

möglichst schnell gewährleisten sollte.<br />

schwerpunkte waren dabei die Liberalisierung<br />

der Wirtschaftspolitik, die Gewährleistung<br />

der Fiskalpolitik und die Überprüfung<br />

der Geldpolitik mit dem Ziel der stabilisierung<br />

der Wirtschaftsstruktur (vgl.: wiki_Wirtschaft<br />

polens 2012). Der Balcerowicz-plan wurde<br />

wegen seiner drastischen maßnahmen auch<br />

als „schocktherapie“ polens bezeichnet und<br />

anfangs stark kritisiert. Der plan bewährte<br />

sich jedoch und gliederte polen schon früh in<br />

das europäische Wirtschaftssystem ein (vgl.:<br />

Nowy dziennik 2012). ein weiterer wichtiger<br />

schritt war dabei der eintritt in die europäische<br />

union 2004. 67,3 mrd. euro konnte polen aus<br />

der eu Kasse für seine Zwecke verwenden und<br />

bekam eine zusätzliche Förderung der Agrar-<br />

und ernährungswirtschaft <strong>von</strong> 14 mrd. euro.<br />

Die Wachstumsdynamik polens steigt stetig<br />

und auch das Interesse an Direktinvestitionen<br />

wird größer, sodass polen nach einer studie<br />

der eBWe einen Transformationsfortschritt<br />

<strong>von</strong> 3,5 punkten aufweist. somit ist polen<br />

nach ungarn derzeit das zweitfortschrittlichste<br />

Land (4p) in europa (vgl.: bpb_strukturwandel,<br />

2012).<br />

Abb. 1.1.3 sejm; Foto: gover.pl, 2012<br />

Abb. 1.1.4 ministerpräsident Donald Tusk;<br />

Foto: topnews.in, 2012<br />

Abb. 1.1.5 staatspräsident Bronislaw Komorowski;<br />

Foto: radio olsztyn, 2012


Demographie und Siedlungsstruktur<br />

Durch den wirtschaftlichen Wandel des Landes<br />

veränderte sich bis heute auch die demographische<br />

struktur, wie auch deren siedlungsräume.<br />

mit 38 mio. einwohnern ist polen<br />

bevölkerungsmäßig das achtgrößte Land europas<br />

mit ungefähr 122 einwohnern pro km².<br />

Da polens wirtschaftliche entwicklung später<br />

stattgefunden hat, als z.B. die Deutsche, ist<br />

auch der demographische Wandel in polen<br />

verzögert. 2011 betrug die Geburtenrate polens<br />

nur noch 1,22 und ist damit selbst unter<br />

der deutschen rate mit 1,45 Kindern pro Frau<br />

geblieben. Bereits 1990-2007 ist die Zahl der<br />

unter 20jährigen auf unter 50% gesunken.<br />

Für 2050 wird prognostiziert, dass über 30%<br />

der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein wird.<br />

(vgl.: rkw-kompetenzzentrum, 2012). somit<br />

wird die Vergreisung zu einem neuen problem<br />

für polen.<br />

Die siedlungsstruktur polens zentriert sich auf<br />

sieben verschiedene Ballungsräume. Dazu<br />

gehören die fünf größten städte: Warschau,<br />

Krakau, Lodz, Breslau und possen, sowie Danzig<br />

und Kattowitz. In diesen Ballungsräumen<br />

wohnen mehr als 1.400 menschen pro Quadratkilometer.<br />

sie bilden somit die dichtesten<br />

räume polens (vgl.: mbi-geodata, 2012). Die<br />

Bedeutung dieser regionen wird auch am<br />

Verkehrsnetz deutlich. Alle sieben städte sind<br />

untereinander durch Autobahnen verbunden,<br />

die die Hauptverkehrsachsen polens bilden<br />

(vgl.: urlaub in polen, 2012).<br />

Polens Kultur und Persönlichkeiten<br />

Denkt man an die Kultur polens kommt einem<br />

zuerst die starke religiöse Verbundenheit<br />

in den sinn. Gründe dafür lassen sich in der<br />

Geschichte polens wiederfinden. Zur Zeit der<br />

kommunistischen Herrschaft in polen stellte<br />

sich die katholische Kirche gegen das politische<br />

regime. Bereits damals erfuhr die Kirche<br />

durch ihre Verdienste eine große Zustimmung.<br />

Als unter der totalitären Herrschaft schließlich<br />

die politische Gesellschaft in polen völlig<br />

fehlte, ersetzte die Kirche diese position und<br />

wurde zum Zentrum des gesellschaftlichen<br />

Lebens. sie diente als unterstützende Funktion<br />

und verhalf dadurch indirekt den menschen<br />

zur neuen politischen ordnung. Noch<br />

heute findt sich die religiöse Verbundenheit in<br />

der ethnischen Homogenität polens wieder.<br />

95% der polen bekennen sich zum Katholizismus.<br />

polen hat eine starke Verbundenheit<br />

zum Glauben (vgl.: bpb_religion und politik,<br />

2012).<br />

Bekannte polnische persönlichkeiten gibt es<br />

in jedem Fachgebiet, <strong>von</strong> Kunst bis zur physik.<br />

so ist zum Beispiel Frederic Chopin einer<br />

der populärsten Klavierkomponisten des 19<br />

Jhd. Da er bereits früh nach Frankreich umgezogen<br />

ist, vergisst so manch einer, dass seine<br />

eigentliche Heimat polen war. Das gleiche gilt<br />

auch für marie Curie, die 1903 den Nobelpreis<br />

für physik und 1911 für Chemie erhalten hat<br />

(vgl.: wiki_marie Curie, 2012). eine noch lebende<br />

berümte persönlichkeit polens ist Wisjawa<br />

szymborska, die als Dichterin und Literaturkritikerin<br />

1996 den Nobelpreis für Literatur<br />

erhielt (vgl.: bpb_Wislawa szyborska, 2012).<br />

Stand <strong>von</strong> Polen in Europa heute<br />

Abschließend kann man sagen, dass polen sowohl<br />

Gemeinsamkeiten als auch unterschiede<br />

zu Deutschland aufweist. so teilen wir das<br />

gleiche politische system, nehmen an densel-<br />

ben Wirtschaftsförderungen teil oder weisen<br />

die gleiche demographische entwicklung auf.<br />

Auch geographisch ähnelt polen Deutschland,<br />

weist jedoch seine eigenen Besonderheiten,<br />

wie die breite seenlandschaft auf. Durch die<br />

Geschichte, besonders durch die kommunistische<br />

planwirtschaft, welche das Land lange<br />

Zeit ausbremste, unterscheidet sich polen <strong>von</strong><br />

Deutschland jedoch in seinem entwicklungsgrad.<br />

Die Vergangenheit prägte sowohl Kultur<br />

als auch religion, sodass polen heute ein ganz<br />

spezifisches Gefüge aufweist.<br />

Abb. 1.1.6 Infrastruktur polens;<br />

Foto: urlaub-in-polen.de, 2012<br />

13


Literaturverzeichnis<br />

bpb_das Zweikammerparlament, 2012:<br />

http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />

polen/40676/parlament, 10.07.2012<br />

bpb_religion und politik, 2012:<br />

http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />

polen/40758/religion-und-politik, 10.07.2012<br />

bpb_strukturwandel, 2012:<br />

http://www.bpb.de/internationaleseuropa/<br />

polen/40724/strukturwandel, 10.07.2012<br />

bpb_Wislawa szyborska, 2012:<br />

http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />

polen/40830/portraitwisawa-szymborska,<br />

10.07.2012<br />

die-erde.com, 2012:<br />

http://www.die-erde.com/europa/staaten/<br />

deutschland.html, 10.072012<br />

Droth, Alf, Grimm, Frank-Dieter und Haase,<br />

Annegret (2000): Daten Fakten Literatur, zur<br />

Geographie europas. In: Institut für Länderkunde<br />

e.V. Leipzig, 2000<br />

mbi-geodata_Bevölkerungsstruktur, 2012:<br />

http://www.mbi-geodata.de/index.<br />

php?option=com_content&view=article&id=1<br />

12&Itemid=60, 15.05.2012<br />

Nowy Dziennik, 2012:<br />

http://www.dziennik.com/wiadomosci/artykul/plan-balcerowicza-po-20-latach-poczatekwielkiego-przelomu,<br />

10.07.2012<br />

polish-online, 2012:<br />

http://www.polish-online.com/polen/politik/<br />

parteien.php, 10.07.2012<br />

rkw-Kompetenzzentrum, 2012:<br />

http://www.rkw-kompetenzzentrum.de/<br />

fileadmin/media/Dokumente/publikationen/2011_FB_Wifa-polen.pdf,<br />

10.07.2012<br />

urlaub in polen, 2012:<br />

http://www.urlaub-in-polen.de/karte.html,<br />

10.07.2012<br />

Wiki_marie Curie, 2012:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/marie_Curie,<br />

10.07.2012<br />

Wiki_polen, 2012:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/polen,<br />

10.07.2012<br />

Wiki_politisches system, 2012:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

polen#politisches_system, 10.07.2012<br />

Wiki_Wirtschaft polens, 2012:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_polens,<br />

10.07.2012<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.1.1 Topographische Karte polens<br />

http://www.europaurlaub.org/pages/<br />

polen/landkarte-topographie.php, 26.07.2012<br />

Abb. 1.1.2 Woiwodschaften polens<br />

http://kulturweit-blog.de/pila/files/2011/<br />

12/Karte_<strong>von</strong>_polen.jpg, 26.07.2012<br />

Abb. 1.1.3 sejm<br />

http://www.gover.pl/news/lista/tag/<br />

sejm%20rp, 04.08.2012<br />

Abb. 1.1.4 ministerpräsident Donald Tusk.<br />

http://www.topnews.in/files/tusk_1.jpg,<br />

04.08.2012<br />

Abb. 1.1.5 staatspräsident Bronislaw<br />

Komorowski<br />

http://www.ro.com.pl/public/grafika/_<br />

Bronislaw_Komorowski.jpg, 04.08.2012.<br />

Abb. 1.1.6 Infrastruktur polens<br />

http://www.urlaub-in-polen.de/<br />

karte.html, 04.08.2012


1.2 Breslau-stadt(bau)geschichte<br />

bis 1900<br />

<strong>von</strong> Julia Haun und Yiran Nan<br />

Bekanntermaßen beschäftigt sich stadtbaugeschichte<br />

mit der baulichen entwicklung einer<br />

stadt. Die spuren verschiedener entwicklungsphasen<br />

sind in manchen Fällen deutlich, in anderen<br />

weniger deutlich zu erkennen. Breslau<br />

gilt als Beispiel einer stadt, in der nahezu jede<br />

epoche seit der entstehung sehr gut ablesbar<br />

ist. um einen Überblick über die verschiedenen<br />

epochen der entstehung zu geben, stellen wir<br />

diese nun genauer vor.<br />

Geografische <strong>Ein</strong>ordnung und erste<br />

Besiedlung<br />

Der besonderen geographischen Lage Breslaus<br />

im südwesten polens ist es zu verdanken, dass<br />

sich die stadt genau an dem standort entwickeln<br />

konnte, an dem sie sich heute befindet.<br />

Das frühere schlesien liegt im einzugsbereich<br />

der „mährischen pforte“, eine Talwasserscheide<br />

zwischen der oder in polen und der Donau<br />

in Tschechien. Die mährische pforte ist Teil der<br />

europäischen Flusseinzugsgebiete und somit<br />

naturgegebene Verbindungsachse im Zentrum<br />

des europäischen Kontinents. Die schwelle<br />

zwischen uferbereich und Wald diente den<br />

einwandernden ureinwohnern als Weg. Als<br />

Hauptgrund für die Niederlassung an der stelle<br />

der heutigen Dominsel ist die Furtlage Breslaus<br />

zu nennen. Nordwestlich der heutigen stadt<br />

Breslau teilt sich das oder-Flussbett in vier Nebenarme,<br />

somit sind die einzelnen Flussläufe<br />

seicht und einfach zu durchqueren. Weitere<br />

Abb. 1.2.1 europäische Flusseinzugsgebiete und Hauptwasserscheiden; Foto: Wiki_europäische Wasserscheiden, 2012<br />

15


Abb. 1.2.2 oderflussbett; Foto: Brückenkopf Breslau<br />

Kriterien für die Niederlassung vor ort waren<br />

die besondere Bodenfruchtbarkeit und die vorhandene<br />

Waldgrenze (vgl.: Dobesz, 1995).<br />

Im Bereich des heutigen Breslaus ist eine Konzentration<br />

<strong>von</strong> schwerem, fruchtbaren Boden<br />

vorzufinden. Außerdem befand sich seit jeher<br />

eine unbewaldete Fläche im heutigen stadtgebiet.<br />

All dies sind Indizien dafür, weshalb in dem<br />

Bereich um das heutige Breslau besonders viele<br />

steinzeitliche Funde geborgen werden konnten<br />

(vgl.: stosberg,1933).<br />

<strong>Stadt</strong> unter den Piastenfürsten (894-1334)<br />

Der piastenfürst Wratislav I. errichtete um 900<br />

eine Burg am heutigen standort des Doms. Die<br />

errichtung der Anlage diente als schutz und<br />

Abwehrmaßnahme gegen das slawische Volk<br />

und wird als Gründung und ältester Kern der<br />

stadt Breslau gesehen. Im Jahr 1000 kam es zur<br />

offiziellen Gründung des Bistums Wroclaw.<br />

Bereits um 1200 siedelten auch die ersten<br />

Deutschen am südufer des Flusses. es entstand<br />

Abb. 1.2.3 Bodenfruchtbarkeit;<br />

Foto: Brückenkopf Breslau, Google_maps, 2012<br />

Abb. 1.2.4 Fruchtbarkeit;<br />

Foto: Brückenkopf Breslau, Google_maps, 2012<br />

die neue stadt, die bereits wenige Jahrzehnte<br />

später zur Hauptstadt des unabhängigen Herzogtums<br />

schlesiens aufstieg (vgl.: Geschichte_<br />

Breslau, 2012).<br />

Das Jahr 1241 gilt als erstes unglücksjahr in der<br />

Geschichte Breslaus. Die mongolen fielen in die<br />

stadt ein. Als Abwehrmaßnahme setzten die<br />

Abb. 1.2.5 steinzeitliche Funde um Breslau;<br />

Foto: Brückenkopf Breslau<br />

Bewohner ihre Häuser in Brand und flüchteten<br />

in die Burganlage. es kam zur völligen Zerstörung<br />

der stadt. Die sofortige Neugründung<br />

erfolgte durch den Herzog Boleslaw. man begann<br />

mit der Absteckung eines 3,64 ha großen<br />

markplatzes - dem „großen ring“, sowie des<br />

„salzrings“ und den Kirchen „st. elisabeth“<br />

und „maria magdalena“. Die restlichen Flächen<br />

wurden schachbrettartig in Nord-süd-<br />

und ost-<strong>West</strong>achsen angelegt.<br />

Der große ring ist auch heute noch das pulsierende<br />

Herz Breslaus, mit der größten Dichte<br />

an Kneipen und Bars. er entwickelte seine volle<br />

pracht durch die vielfältigen, gut ablesbaren


Abb. 1.2.6 erste Ansiedelungen <strong>von</strong> Deutschen;<br />

Foto: Brückenkopf Breslau<br />

stilepochen der Bebauung. Durch das ensemble<br />

mit dem diagonal südlich angrenzenden salzring,<br />

sowie dem diagonal nördlich angrenzenden<br />

Kirchplatz der elisabethkirche, ergibt sich<br />

hier eine einzigartige städtebauliche situation.<br />

1244 wurde mit dem Dombau begonnen. Die<br />

Version, die als erstes gotisches Bauwerk polens<br />

angesehen wird, ist bereits die vierte Version<br />

des Doms.<br />

1261 erhielt Breslau das magdeburger stadtrecht.<br />

Dies war ein wichtiger schritt für die entwicklung<br />

der stadt, die nun unabhängig selbst<br />

verwaltet wurde. Wenige Jahre später wurde<br />

mit dem Bau des rathauses angefangen, das als<br />

perle der gotischen Architektur gilt, sowie mit<br />

der einrichtung des „schweidnitzer Kellers“.<br />

Dieser ist die älteste Gaststätte polens und wird<br />

seit 1273 fast ununterbrochen bewirtschaftet.<br />

1299 erfolgte die erste städtebauliche Ausdehnung<br />

richtung süden in Form eines stadtmauergürtels,<br />

bestehend aus 50 Wehrtürmen. Die<br />

stadtgrenze verschob sich bis an die heutige<br />

ulica podwale. einige Jahre später entstand als<br />

Abb. 1.2.7 Der große ring; Foto: Wroclow-life, 2012<br />

Befestigungsgraben ein stadtgraben, der als innerstädtischer<br />

Flusslauf noch heute ablesbar ist<br />

(vgl.: Geschichte_Breslau, 2012).<br />

Die <strong>Stadt</strong> im Königreich Böhmen (1335-1525)<br />

mit dem Tod des letzten piastenherzogs fiel das<br />

Königreich schlesien an das Herzogtum Böhmen.<br />

In den folgenden hundert Jahren, <strong>von</strong><br />

1387 bis 1474 erfuhr die stadt ihre größte wirt-<br />

schaftliche Blütezeit durch eine Verzeichnung<br />

als mitglied der Hanse.<br />

Ab mitte des fünfzehnten Jahrhunderts kam es<br />

zum ersten Judenpogrom in der stadt. Johann<br />

Capistram, ein berühmter priester und prediger,<br />

verweilte in der stadt. Durch Hasspredigten,<br />

angebliche Hostienschändung und Gotteslästerung<br />

kam es zur Verbrennung <strong>von</strong> 41<br />

unschuldigen Juden, sowie kurze Zeit darauf<br />

17


zur kompletten Ausweisung der jüdischen Gemeinde<br />

(vgl.: Geschichte_Breslau, 2012).<br />

Die <strong>Stadt</strong> unter den Habsburgern (1526-1741)<br />

Die Habsburger erhielten die macht über schlesien<br />

im Jahr 1526. Bis 1741 befand es sich im<br />

Herrschaftsbereich der österreichischen monarchie.<br />

In dieser Zeit veränderte sich die stadt nur<br />

geringfügig.<br />

Das rathaus erhielt im Jahr 1530 seine zierliche<br />

renaissance-spitze. Das alte rathaus<br />

war ursprünglich ein bescheidener einstöckiger<br />

Bau. Als sich die stadt im 15. Jahrhundert<br />

auf dem Gipfel ihres Wohlstands befand, kam<br />

der südteil hinzu und die ostfassade wurde<br />

im spätgotischen stil aufwendig umgestaltet.<br />

Die <strong>West</strong>fassade des rathauses, der Haupteingang,<br />

sieht verhältnismäßig einfach aus. In<br />

diese Fassade wurde der gotische rathausturm<br />

mit der sich verjüngenden renaissance-spitze<br />

integriert(vgl.: ehlers-HH, 2012).<br />

Am 12. märz verlieh König Ferdinand <strong>von</strong> Böhmen<br />

und ungarn der stadt Breslau ein Wappen.<br />

es besteht aus einem in rot und Gold<br />

quadriertes schild, belegt mit einer silbernen<br />

schüssel mit dem Haupt Johannes des Täufers<br />

als Herzschild. Im ersten Feld ist der silberne,<br />

böhmische Löwe mit Doppelschwanz und goldener<br />

Krone abgebildet, im zweiten Feld der<br />

schwarze Herzogadler mit silbernem Halbmond<br />

und Kreuz, im dritten Feld ein schwarzes „W“<br />

und im vierten Feld die Büste <strong>von</strong> Johannes<br />

dem evangelisten. Das Wappen ist auch heute<br />

noch das offizielle stadtwappen <strong>von</strong> Breslau<br />

(vgl.: Geschichte_Breslau).<br />

1578 wurde <strong>von</strong> Friedrich Groß der erste maßstäbliche<br />

plan der stadt Breslau erstellt. Nach<br />

Abb. 1.2.8 Der stadtmauerring mit 50 Wehrtürmen; Foto: Histografica, 2012<br />

drei Jahre war der südturm des Doms 1581<br />

vollendet. (vgl.: Geschichte_Breslau, 2012)<br />

Während des Dreißigjährigen Krieges wurden<br />

die Befestigungsanlagen nach dem Vorbild eines<br />

modernen Bastionen-systems umgebaut.<br />

(vgl.: Geschichte_Breslau, 2012)<br />

Preußische Herrschaft (1741 – 1871)<br />

1741 kam schlesien unter preußische Herrschaft.<br />

Die eroberung Breslaus durch die Napoleonische<br />

Armee im Jahre 1807 setze den Befestigungsanlagen<br />

ein ende. Auf Befehl der<br />

Franzosen wurde in den nächsten Jahren der<br />

größte Teil des Verteidigungssystems entfernt.<br />

Die für das historische Bild der stadt nicht so<br />

günstige Beseitigung der Fortifikationen brach-<br />

te allerdings auch Vorteile. sie schuf die möglichkeit<br />

zur umwandlung der Festungsstadt in<br />

eine große, städtebaulich durchdacht geplante<br />

Großstadt. Die Franzosen entwarfen einen Gürtel<br />

<strong>von</strong> promenaden entlang des ehemaligen<br />

stadtgrabens. mit der Verwirklichung der Idee<br />

wurde 1814 begonnen. (vgl.: Dobesz,1995)<br />

Die universität Frankfurt/oder wurde im Jahr<br />

1811 nach Breslau verlegt. Damit wurden die<br />

universität „Viadrina“ und die universität „Leopoldina“<br />

in der universität „Literarum Vratislavensis“<br />

vereinigt. Die Breslauer universität<br />

wurde in demselben Jahr mit 290 studenten<br />

eröffnet. Der Lehrkörper bestand aus 43 personen.<br />

1828/29 gab es 842 studenten, 1839/40<br />

waren es 633 studenten, 1875/76 1.112 studenten<br />

und 1924 bereits 5.000 studenten (vgl.:


Abb. 1.2.9 Wappen Breslau; Foto: HJD, 2012 Abb. 1.2.10 Der südturm des Doms; Foto: rathay, 2012<br />

Geschichte_Breslau, 2012).<br />

1811 wurde an der sternstraße der platz für<br />

den botanischen Garten abgesteckt. Der Kern<br />

des Gartens entstand unter Leitung des aus<br />

rostock berufenen pflanzenphysiologen und<br />

Anatomen Heinrich Friedrich Link (1767 -<br />

1851). Die errichtung, auf einer Fläche <strong>von</strong><br />

ca. 5 ha. der universität, wurde <strong>von</strong> Friedrich<br />

Wilhelm III. <strong>von</strong> preußen gestiftet (vgl.: BGBm-<br />

Info, 2012).<br />

In der 2. Hälfte des 19. Jh. erfolgte eine sehr<br />

schnelle, chaotische stadtbebauung und entwicklung<br />

der Industrie. Zu Beginn des 20. Jh.<br />

war Breslau bereits eine sehr große stadt mit<br />

einer halben mio. einwohner. Die meisten<br />

Wohnhäuser entstanden in den Jahren 1870-<br />

1950. Dabei entstanden neue Bautypen wie<br />

zum Beispiel Bahnhöfe, Wassertürme und Fabriken.<br />

Jenseits des stadtgrabens entstanden<br />

charakteristische mietshäuser und Villen.<br />

Die neue sandbrücke wurde 1861 dem Verkehr<br />

übergeben. sie ist die älteste erhaltene Brücke<br />

Breslaus. (vgl.: Geschichte_Breslau, 2012)<br />

Deutsches Kaiserreich ( ab 1871)<br />

1871 wurde die stadt Breslau Teil des deutschen<br />

Kaiserreichs. Zu diesem Zeitpunkt zählte<br />

Breslau 208.000 einwohner und war damit<br />

die drittgrößte stadt Deutschlands. (vgl.: Geschichte_Breslau,<br />

2012)<br />

Abb. 1.2.11 universität; Foto: Fotopolska, 2012<br />

Abb. 1.2.12 sandbrücke; Foto: Wrmoneta, 2012<br />

19


Literaturverzeichnis<br />

Dobesz, Janusz L. (1995): Breslau - Wroclaw,<br />

Zeit und Architektur. Verlag: Wydawnicza<br />

stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />

eine untersuchng über d. städtebaul.<br />

Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />

zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />

urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />

Technische Hochschule Hannover)<br />

ehlers-hh, 2012:<br />

http://ehlers-hh.de/breslau/breslau1.htm,<br />

03.05.2012<br />

Geschichte_Breslau, 2012:<br />

http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />

history/, 03.05.2012<br />

BGBm_info, 2012:<br />

http://web136.server.homepage-hoster.de/<br />

bgbm.info/index.php?option=com_content&<br />

view=article&id=9&Itemid=21, 03.05.2012<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.2.1 europäische Flusseinzugsgebiete<br />

und Hauptwasserscheiden<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

europ%C3%A4ische_Hauptwasserscheide,<br />

31.07.2012<br />

Abb. 1.2.2 oderflussbett<br />

stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />

eine untersuchng über d. städtebaul.<br />

Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />

zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />

20<br />

urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />

Technische Hochschule Hannover)<br />

Abb. 1.2.3 Bodenfruchtbarkeit<br />

stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />

eine untersuchng über d. städtebaul.<br />

Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />

zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />

urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />

Technische Hochschule Hannover)<br />

www.maps.google.de, 12.08.2012<br />

Abb. 1.2.4 Fruchtbarkeit<br />

stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />

eine untersuchng über d. städtebaul.<br />

Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />

zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />

urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />

Technische Hochschule Hannover)<br />

www.maps.google.de, 12.08.2012<br />

Abb. 1.2.5 steinzeitliche Funde um Breslau<br />

stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />

eine untersuchng über d. städtebaul.<br />

Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />

zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />

urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />

Technische Hochschule Hannover)<br />

www.maps.google.de, 12.08.2012<br />

Abb. 1.2.6 erste Ansiedlungen <strong>von</strong> Deutschen<br />

stosberg Hans (1933): Brückenkopf Breslau:<br />

eine untersuchng über d. städtebaul.<br />

Auswirkungen der in schlesiens Hauptstadt<br />

zusammenströmenden Verkehrswege, ihren<br />

urspurng, ihre entwicklg u. Bedeutung (Diss.<br />

Technische Hochschule Hannover)<br />

www.maps.google.de, 12.08.2012<br />

Abb. 1.2.7 Der große ring<br />

http://www.wroclaw-life.com/wroclaw/<br />

breslau-geschichte, 12.08.2012<br />

Abb. 1.2.8 Der stadtmauerring mit 50 Wehrtürmen<br />

http://www.histografica.com/view.<br />

aspx?p=ri5tz63e, 12.08.2012<br />

Abb. 1.2.9 Wappen Breslaus<br />

http://www.foto-hjd.de/staedte/breslau/index.html,<br />

12.08.2012<br />

Abb. 1.2.10 Der südturm des Doms<br />

http://www.rathay-biographien.de/orte--/Borte/Breslau/breslau.htm,<br />

12.08.2012<br />

Abb. 1.2.11 universität<br />

http://fotopolska.eu/Wroclaw/<br />

u150319,plac_uniwersytecki.html,<br />

12.08.2012<br />

Abb. 1.2.12 sandbrücke<br />

http://wrmoneta.w.interia.pl/mosty.htm,<br />

12.08.2012


1.3 Breslau stadt(bau)geschichte<br />

1900 -1945<br />

<strong>von</strong> Frederic müller<br />

Bis 1900<br />

schon zu Beginn des 20. Jahrhundert handelte<br />

es sich bei Breslau um eine erstarkende und<br />

konkurrenzfähige Handelsstadt. Das durch den<br />

Bergbau geprägte oberschlesische Industriegebiet<br />

qualifizierte die stadt als optimalen standort<br />

für die Textil- und schwerindustrie. Folgend<br />

siedelte sich auch die maschinenbauindustrie<br />

in der Gegend an. Generell profitierte Breslau<br />

auch <strong>von</strong> der eröffnung der ersten eisenbahnstrecke<br />

1842, die fortlaufend als Katalysator für<br />

die Industrialisierung des standortes fungierte.<br />

mit der dabei einhergehenden Landflucht, verdoppelte<br />

sich die einwohnerzahl Breslaus <strong>von</strong><br />

ca. 250.000 auf eine halbe mio. einwohner. Infolgedessen<br />

erfolgten die ersten Wohnraumerweiterungen,<br />

dennoch galt Breslau weiterhin<br />

als eine der am dichtesten bevölkerten städte<br />

des deutschen reichs. Dies brachte jedoch auch<br />

viele städtebauliche und soziale probleme mit<br />

sich, sodass in den weiteren Jahren der Drang<br />

nach neuem Wohnraum und eine verbesserte<br />

Infrastruktur das fortgehende Baugeschehen<br />

dominierten.<br />

1900 - 1910<br />

unter dem damaligen stadtbaurat richard<br />

plüddemann lag das Augenmerk der stadtverwaltung<br />

auf der Verbesserung der hygienischen<br />

Verhältnisse und der öffentlichen Versorgung.<br />

Damit einher gingen vor allem der Bau neuer<br />

schulen und Krankenhäuser, aber auch die<br />

planung öffentlicher Grünzüge. Diese sorgten<br />

für ein verbessertes stadtklima, welches<br />

durch die beginnende Industrialisierung fortlaufend<br />

beeinträchtigt wurde. Neben diversen<br />

Verwaltungsgebäuden, war die errichtung der<br />

markthallen noch ein essentieller Bestandteil<br />

der Verbesserung der öffentlichen Versorgung.<br />

Konzentriert in einer bestimmten Anzahl<br />

an bedachten Bauten, sollten alle märkte der<br />

stadt zusammengefasst werden. Diese hätten<br />

nach planung plüddemanns konzentrisch<br />

um die Innenstadt liegen und wesentlich zur<br />

Verbesserung der Infrastruktur dienen sollen.<br />

Dazu beigetragen hat aber durchaus auch die<br />

Inbetriebnahme der städtischen straßenbahn.<br />

Zusammen mit der eintretenden mobilisierung<br />

durch das Auto und des geförderten straßen-<br />

und Brückenbaus, bot dies die Grundlagen für<br />

die suburbanisierung der stadt; für die Ausbreitung<br />

ins umland. Dabei wurde auch die<br />

Grunwaldzki-Brücke erbaut (vgl.: Beelitz, Förster,<br />

2006, 8). „Im Zuge dieser grundlegenden<br />

modernisierung veränderte sich das bisher mittelalterlich<br />

geprägte stadtbild bereits zu einer<br />

wilhelminischen Großstadt hin.“ (Beelitz, Förster,<br />

2006, 8)<br />

1910-1920<br />

mit der Amtseinführung des neuen stadtbaurates<br />

max Berg erfolgten gravierende Veränderungen<br />

in Breslau und seiner stadtstruktur.<br />

Zusammen mit dem Direktor der Breslauer<br />

Königlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe,<br />

Hans poelzig, war er maßgeblich<br />

dafür verantwortlich. so setzte max Berg die<br />

Arbeit plüddemanns fort und arbeitete weiter<br />

an einer funktional gegliederten stadt. Dabei<br />

entwickelte er die Idee der stadtbausteine und<br />

Abb. 1.3.1 Grunwaldzki-Brücke; Foto: Frederic müller,<br />

2012<br />

gliederte Breslau in eine Wohn-, Industrie-, Geschäfts-<br />

und Handelsstadt. Gleichzeitig plante<br />

er zusammen mit poelzig das Gelände der Jahrhundertausstellung.<br />

Anfang des 21. Jahrhunderts<br />

gewannen Ausstellungen immer mehr an<br />

popularität. sie gaben den städten die möglichkeit<br />

für Ihre produkte zu werben und somit<br />

den eigenen standort durch neue märkte zu<br />

festigen. Neben den regionalen Wirtschaftsin-<br />

21


Abb. 1.3.2 markthalle; Foto: Yiran Nan, 2012 Abb. 1.3.3 Innenansicht markthalle; Foto: Frederic müller, 2012<br />

teressen, spielte in Breslau auch noch der nationale<br />

patriotismus eine rolle. Die stadt gedachte<br />

damit dem hundertjährigen Jubiläum des Aufrufes<br />

des preußischen Königs Friedrich Wilhelm<br />

III. mit dem Aufruf „An mein Volk“ in Breslau<br />

bat er seine untertanen um unterstützung im<br />

Kampf gegen Napoleon, was in der sichtweise<br />

der preußischen Geschichtsschreibung die<br />

Kriegswende einleitete. Die Ausstellung wurde<br />

auf dem Gelände des scheitniger parks platziert.<br />

Die erweiterbare Anlage wird durch zwei<br />

Achsen dominiert, die <strong>von</strong> den verschiedenen<br />

Bauten (Vierkuppelpavillon, Jahrhunderthalle,<br />

pergola, Fontänenbecken, Verwaltungsgebäude)<br />

gerahmt werden (vgl.: Ilkosz, Jerzy, 2005,<br />

21f).<br />

Markthalle<br />

Die Markthalle wurde 1906-1908 vom<br />

<strong>Stadt</strong>baurat Richard Plüddemann erbaut und<br />

ist die erste <strong>von</strong> mehreren geplanten Hallen.<br />

<strong>Ein</strong>e baugleiche Kopie des Gebäudes wurde<br />

während des Krieges stark beschädigt und<br />

abgerissen. An dieser Position ersetzt die<br />

Markthalle das Sand-Zeughaus, welches bis<br />

dato ein Waffenlager für die <strong>Stadt</strong> war. Zur<br />

Erinnerung an diese Vornutzung wurde eine<br />

Kanonenkugel in den Uhrenturm des Gebäudes<br />

eingemauert. Die Konstruktion des<br />

Gebäudes ist, auch wenn es die neogotische<br />

Fassade auf den ersten Blick nicht vermu-<br />

ten lässt, ein Meilenstein der Architektur.<br />

Parabolische Bogenträger aus Stahlbeton<br />

überspannen 19 Meter. Es ist die erste Konstruktion<br />

ihresgleichen in Deutschland, die<br />

zur <strong>Ein</strong>leitung der Moderne wesentlich mit<br />

beigetragen hat. Mit diesem Bau erfolgt ein<br />

sanfter Übergang vom Historismus zur funktionalen<br />

Reformbewegung. Dies zeigt sich<br />

vor allem im technischen und sanitären Ausbau<br />

der Markthalle, so gab es dort bereits<br />

Toilettenanlagen und Aufzüge (vgl. Beelitz,<br />

Förster, 2006, 15). Mit dem Bau der Markthalle,<br />

schuf Plüddemann eine „Kathedrale<br />

für Obst“. (Beelitz; Förster 2006, 15)


1920-1930<br />

Nach dem ersten Weltkrieg ereilte Breslau eine<br />

sprunghafte Zuwanderungswelle, die durch<br />

den Verlust deutscher siedlungsgebiete wie<br />

<strong>West</strong>preußen und posen herzuleiten ist. Infolgedessen<br />

wurde das Thema der schaffung<br />

neuen Wohnraums wieder vornehmlich. Durch<br />

politische umwälzungen, hauptsächlich wegen<br />

der Weimarer republik, kamen alternative<br />

Lebens- und sozialmodelle in Diskussion. so<br />

entstanden in der Zeit <strong>von</strong> 1925-1930 neue<br />

satellitenwohnsiedlungen, darunter auch die<br />

Gartenstadt „Zimpel“. „Die siedlung gilt als<br />

musterbeispiel kollektiver Arbeit, in der individuelle<br />

architektonische Lösungen mit einer<br />

städtebaulichen Gesamtkonzeption einhergingen“<br />

(Beelitz; Förster 2006, 10). Neben der<br />

schaffung <strong>von</strong> neuen siedlungen erfolgte auch<br />

eine eingemeindung <strong>von</strong> insgesamt 54 Dorfgemeinden<br />

und Gutsbezirken, sodass die stadt<br />

schließlich auf eine Größe <strong>von</strong> 175 km² mit ca.<br />

600.000 einwohnern anwuchs.<br />

Im Zusammenhang mit der fortschreitenden<br />

Jahrhunderthalle<br />

Die Jahrhunderthalle, das heutige Weltkulturerbe,<br />

wurde 1911-13 <strong>von</strong> Max Berg konstruiert<br />

und erbaut. Sie bildet das Zentrum<br />

des Ausstellungsgeländes und ist das Wahrzeichen<br />

Breslaus. In den heute noch genutzten<br />

Veranstaltungsort passen ca. 10.000 Personen.<br />

Den zentralisierten Bau bildet eine<br />

Kuppel, die über einem zylindrischen Grundriss<br />

steht. Dabei spannt der Kuppelbau über<br />

Abb. 1.3.4 Innenansicht Jahrhunderthalle; Foto: bundesregierung.de, 2012<br />

eine Spannweite <strong>von</strong> 67 Metern und wurde<br />

bis auf seine Tragstruktur in Fenster aufgelöst.<br />

Folgend wird die Last <strong>von</strong> Stahlbetonbögen<br />

aufgenommen, die die Kräfte in den Boden<br />

überleiten. Um den Bögen eine Gegenkraft<br />

zu geben, wurde an jeder der vier Seiten eine<br />

raumabschließende Apsis eingesetzt, die in<br />

der Lastabtragung als Strebebögen fungieren.<br />

In einer der Apsiden stand die damals größte<br />

Orgel der Welt. Insgesamt gesehen, folgt der<br />

Bau mehr statischen und funktionalen Überlegungen.<br />

Er widerspricht somit dem damals<br />

vorherrschenden Bild <strong>von</strong> Architektur. Es<br />

handelt sich um eine reine Zweckarchitektur<br />

und damit bildet die Jahrhunderthalle einen<br />

Eckpfeiler für die Moderne Architektur (vgl.:<br />

Beelitz, Förster, 2006, 79).<br />

23


Abb. 1.3.5 Jahrhunderthalle; Foto: Frederic müller, 2012


Abb. 1.3.6 Gartenstadt „Zimpel“; Foto: tuwroclaw.com, 2012<br />

suburbanisierung der stadt, kam auch die<br />

Hochhausdiskussion in Breslau auf, die in erster<br />

Linie <strong>von</strong> max Berg eingeleitet wurde. In<br />

dieser für heutige Zeiten sehr üblichen Vorgehensweise,<br />

verfolgte man die Konzentrierung<br />

des tertiären sektors samt dem einzelhandel<br />

im Zentrum. Getrennt da<strong>von</strong> sollten an der<br />

peripherie nur noch reine Wohnviertel ohne<br />

störende Gewerbe bestehen. Diese grobe Körnigkeit<br />

der stadtstruktur konnte nur durch eine<br />

gute erschließung mittels des öpNV und der<br />

privaten Verkehrsmittel gewährleistet werden.<br />

Auf die stadtstruktur wirkt sich das durch eine<br />

zunehmende Dichte und Höhe der Bebauung<br />

mit abnehmender privatheit und zunehmender<br />

Nähe zum Zentrum aus. möglich wurde dies<br />

erst durch neue Konstruktionsmittel. Jedoch<br />

verhinderte eine große Ablehnung gegen einen<br />

derartigen eingriff in die stadtstruktur die<br />

Durchsetzung der pläne <strong>von</strong> max Berg. Daher<br />

wurden lediglich zwei projekte realisiert, eins<br />

da<strong>von</strong> das postscheckamt.<br />

Abb. 1.3.7 postscheckamt; Foto: www.baunetz.de, 2012<br />

Abb. 1.3.9 Warenhaus Wertheimkette;<br />

Foto: Frederic müller, 2012<br />

eine andere Gebäudetypologie, die zu dieser<br />

Zeit populär wurde und erst durch die neuen<br />

konstruktiven möglichkeiten in diesen Ausmaßen<br />

realisierbar war, waren die einkaufshäuser.<br />

Nach der Industrialisierung und der etablierung<br />

der mittelschicht, gab es eine große solvente<br />

Bevölkerungsgruppe. Diverse Kaufhäuser entstanden<br />

zu dieser Zeit, vor allem stechen dabei<br />

das Kaufhaus rudolf petersdorff <strong>von</strong> erich<br />

mendelsohn und das Warenhaus der Wertheimkette<br />

<strong>von</strong> Hermann Dernburg heraus<br />

25


(vgl.: Beelitz; Förster, 2006, 10).<br />

„Der einfluss des neuen Bauens unter einbeziehung<br />

des historischen Kontextes der region<br />

ließ in Breslau eine Art ortsgebundene moderne<br />

entstehen. es zeigt sich hier deutlich, dass<br />

die entwicklung der deutschen moderne einer<br />

Vielzahl <strong>von</strong> einflüssen unterlag und verschiedene<br />

strömungen nebeneinander existierten.<br />

(Beelitz; Förster, 2006, 15)“. Dabei unterstrichen<br />

Großereignisse wie die Jahrhundertausstellung<br />

oder die an die stuttgarter Weißenhofsiedlung<br />

angelehnte Werkbundausstellung,<br />

den Anspruch der niederschlesischen Hauptstadt,<br />

eine Kulturmetropole zu sein. Die Werkbundausstellung<br />

„WuWA“ („Wohnung und<br />

Werkraum“) wurde ausschließlich <strong>von</strong> regionalen<br />

Architekten gestaltet. sie war eine mustersiedlung<br />

zum „Neuen Bauen“ und beschäftigte<br />

sich mit innovativen funktionalen Lösungen<br />

für Kleinwohnungen und einfamilienhäuser.<br />

Gesellschaftsutopien wurden angestrebt, so<br />

stellte man unter anderen zukunftsweisende<br />

modelle zum gemeinschaftlichen Wohnen vor.<br />

Dabei erfolgte immer der einbezug alltäglicher<br />

problematiken. Jedoch konnte die Ausstellung<br />

keine internationale Berühmtheit in den maßstäben<br />

der Weißenhofsiedlung erreichen (vgl.<br />

Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.), 1996,<br />

25).<br />

Abb. 1.3.10 schlafzimmer Ledigenwohnheim;<br />

Foto: Frederic müller, 2012<br />

1930-1945<br />

„mit der machtergreifung der Nationalsozialisten<br />

1933 endete die, für die Kunst und Kultur<br />

so fruchtbare, Zeit schlagartig. An die stelle der<br />

innovativen diskursiven Vielfalt trat die vorgegebene<br />

staatsnorm des Dritten reiches, […].<br />

(Beelitz, Förster, 2006, 10)“. ein Großteil der<br />

vormaligen Akteure der kulturellen szene in<br />

Breslau musste fliehen, wurde vertrieben, oder<br />

gar umgebracht. In den letzten Kriegsmonaten<br />

erlitt die stadt einen Zerstörungsgrad <strong>von</strong> 70%.<br />

Ganze stadtteile fielen der „Festung Breslau“<br />

zum opfer. Am 6. mai 1945 kapitulierte Breslau<br />

als die letzte Bastion des deutschen reiches.<br />

Ab dann regierte, durch eine Verschiebung der<br />

staatsgrenzen, eine neue und alte staatsmacht<br />

über Breslau. ein nahezu völliger Bevölkerungsaustausch<br />

erfolgte und das deutsche Breslau<br />

wurde zum polnischen „Wroclaw“ (vgl.: Beelitz,<br />

Förster, 2006, 11).<br />

Ledigenwohnheim<br />

Das Ledigenwohnheim wurde 1929 <strong>von</strong> Hans Scharoun unter der Thematik des „Kollektiven<br />

Wohnens“ erbaut. Es bildet den Höhepunkt der gesamten Siedlung und beinhaltet eine<br />

veraltete Bauaufgabe aus den Zeiten der Industrialisierung in den großen Städten. Dabei<br />

handelt es sich um eine Sozialeinrichtung mit strikter Hausordnung und klarer Geschlechtertrennung.<br />

Dies entsprach nicht mehr den Ansprüchen der Gesellschaft der späten 20er,<br />

einer individuellen Lebensgestaltung nachzugehen. Scharoun versuchte sich daher an einer<br />

Neudefinierung des Konzeptes und erreichte eine Verbindung <strong>von</strong> Landschaft und Architektur<br />

mit „maritimen“ Assoziationen. Das Haus unterlag im Laufe der Zeit, wie auch die<br />

restlichen Bauwerke der Siedlung, diversen Renovierungen. Heute wird es als Hotel genutzt<br />

(vgl.: Beelitz, Förster, 2006, 99)


Literaturverzeichnis<br />

Beelitz, Konstanze; Förster, Niclas (2006):<br />

Breslau/Wroclaw. Die Architektur der moderne.<br />

Berlin<br />

Ilkosz, Jerzy (Hg.) (2005): Die Jahrhunderthalle<br />

und das Ausstellungsgelände in Breslau.<br />

Das Werk max Bergs. münchen<br />

Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.)<br />

(1996): Auf dem Weg zum Neuen Wohnen.<br />

Die Werkbundsiedlung Breslau 1929. Basel<br />

James-Chakraborty, Kathleen (2000): German<br />

Architecture for a mass Audience.<br />

London<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.3.1 Grunwaldzki-Brücke<br />

Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />

Abb. 1.3.2 markthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 1.3.3 Innenansicht markthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />

Abb. 1.3.4 Innenansicht Jahrhunderthalle<br />

http://www.bundesregierung.de/Content/De/<br />

statischeseiten/Breg/Bilder/2010-09-28-jahrhunderthalle-in-breslau.jpg?__blob=poster,<br />

05.05.2012<br />

Abb. 1.3.5 Jahrhunderthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />

Abb. 1.3.6 Gartenstadt „Zimpel“<br />

http://www.tuwroclaw.com/pliki/duze_zdjecia/wiadomosci/odkrywamy/sempolno_dolnyslaskorgpl.jpg,<br />

05.05.2012<br />

Abb. 1.3.7 postscheckamt<br />

http://www.baunetz.de/img/44655329_<br />

a10e471813.jpg, 05.05.2012<br />

Abb. 1.3.8 Kaufhaus petersdorff/mendelso<br />

Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />

Abb. 1.3.9 Warenhaus Wertheimkette<br />

Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />

Abb. 1.3.10 schlafzimmer Ledigenwohnheim<br />

Fotografie <strong>von</strong> Frederic müller<br />

27


1.4 Breslau stadt(bau)geschichte<br />

1945 - 1990<br />

<strong>von</strong> synke mumme, roman schmitt und<br />

Nina steinkühler<br />

Im Folgenden befassen wir uns mit der städtischen<br />

entwicklung Breslaus, sowohl in Hinblick<br />

auf seine geschichtlichen, als auch städtebaulichen<br />

entwicklungsphasen ab ende 1944 und<br />

den folgenden Jahrzehnten bis ende der 80er<br />

Jahre. Ziel ist es anhand zeitgeschichtlicher ereignisse<br />

und städtebaulicher entwicklungen<br />

den Werdegang, Tendenzen und das heutige<br />

Wroclaw besser begreifen und erfassen zu<br />

können.<br />

Das Ende des Zweiten Weltkrieges<br />

Breslau zählte bis vor dem Krieg zu den<br />

schönsten und eindrucksvollsten stadtkunstwerken<br />

mitteleuropas und wurde auch als die<br />

„Blume europas“ (polska 2012) bezeichnet.<br />

mit über 600.000 einwohnern (stand 1939)<br />

war sie eine der größten städte des damaligen<br />

deutschen reiches und die Hauptstadt schlesiens<br />

(vgl.: Zeit online_stalingrad an der oder,<br />

2005).<br />

Der Niedergang, des bis Anfang Februar 1945<br />

unversehrten Breslaus, begann mit einem folgenreichen<br />

entschluss Adolf Hitlers im Herbst<br />

1944. Dieser erklärte die völlig unbefestigte<br />

stadt zur Festung. Dies bedeutete, dass eine<br />

Kapitulation nicht in Frage kam. es sollte bis<br />

zum Letzten gekämpft werden. so wurde<br />

Breslau zu einem strategisch äußerst wichtigen<br />

punkt der oderlinie des deutschen Verteidigungssystems.<br />

28<br />

Abb. 1.4.1 Altes Breslau 1930; Foto: goerke.us, 2012<br />

Die Zerstörung begann bereits vor den eigentlichen<br />

Kämpfen, da für die schanzarbeiten<br />

material benötigt wurde und kurzerhand<br />

zahlreiche Gebäude abgerissen wurden.<br />

Ab dem 12. Januar 1945 wurde durch die sowjetische<br />

Großoffensive an der Weichsel die<br />

ostfront aufgelöst und obwohl bereits Zehntausende<br />

in Flüchtlingstrecks gen <strong>West</strong>en<br />

durch die stadt zogen, sollte Breslau vorerst<br />

nicht evakuiert werden. erst am 19. Januar<br />

ordnete der Gauleiter Karl Hanke die evakuierung<br />

an, doch zu diesem Zeitpunkt war eine<br />

geordnete räumung der stadt nicht mehr<br />

möglich. Hunderttausende Breslauer versuchten<br />

nun die stadt zu verlassen - panik und<br />

Chaos waren die Folge. Auf Befehl Hankes<br />

sollten daraufhin nur Frauen und Kinder zu<br />

Fuß die stadt räumen. Bei tiefsten minusgraden<br />

erfroren Tausende auf der massenflucht<br />

durch die winterliche Landschaft.<br />

Ab Anfang Februar wurde Breslau durch die<br />

rote Armee eingekreist und als sich am 15.<br />

Februar der Belagerungsring schloss hielten<br />

sich neben etwa 50.000 soldaten noch ca.


200.000 Zivilisten in der stadt auf, darunter<br />

zehntausende Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene<br />

und KZ-Häftlinge.<br />

Zwar litt Breslau auch unter den heftigen Angriffen<br />

der sowjetischen Armee, jedoch ist die<br />

massive Zerstörung Breslaus in erster Linie der<br />

Festungsführung vorzuwerfen. um der sowjetischen<br />

Armee das einrücken zu erschweren<br />

und ein freies schussfeld zu gewährleisten,<br />

wurden in Häuserkämpfen gezielt ganze<br />

Quartiere durch deutsche soldaten in Brand<br />

gesetzt und gesprengt. Trauriger Höhepunkt<br />

war die Anlage eines rollfeldes in der ehemaligen<br />

Altstadt. Hierzu wurde eine etwa ein<br />

Kilometer lange und 300 meter breite schneise<br />

in die stadt geschlagen und das Gelände<br />

geebnet. Zum einsatz kam diese Landebahn<br />

allerdings nie.<br />

Nach erneuter Kapitulationsverweigerung<br />

durch General Niehoff, erfolgte am 1. April<br />

eine heftige Bombardierung des stadtzentrums<br />

und Großbrände verwüsteten ganze<br />

stadtteile. erst nach über einem weiteren monat<br />

unerbittlicher Kämpfe und dem Fall Berlins<br />

am 2. mai 1945 unterzeichnete General Niehoff<br />

am 6. mai die Kapitulationsurkunde.<br />

Bereits in der Nacht auf den 7. mai besetzte<br />

die rote Armee das stadtzentrum und nur drei<br />

Tage später, am 10. mai, traf der neue polnische<br />

oberbürgermeister Boleslaw Drobner in<br />

Breslau ein. Zu diesem Zeitpunkt war die stadt<br />

nur noch ein schatten ihrer selbst in der weite<br />

Teile unbewohnbar waren. (vgl.: Zeit online_<br />

stalingrad an der oder, 2005).<br />

Abb. 1.4.2 Flüchtlinge und umsiedler; Foto: deutsche-und-polen.de, 2012<br />

29


Abb. 1.4.3 zerstörtes Breslau; Foto: zobten.de, 2012<br />

30<br />

Der Wiederaufbau<br />

In den folgenden monaten wurden Deutsche<br />

als Zwangsarbeiter zum Wiederaufbau<br />

Breslaus und auch polens herangezogen und<br />

in Arbeitslagern inhaftiert. Bis zum sommer<br />

1945 entstanden sieben Lager. Insgesamt unterstanden<br />

dem „ministerium für öffentliche<br />

sicherheit“ 88 Gefängnisse und 14 Inhaftierungs-,<br />

sammel- und Zwangsarbeiterlager<br />

(vgl.: rbb_Deutsche & polen, 2012). schätzungen<br />

zur Folge starben ca. 60.000 bis 100.000<br />

Insassen in diesen Lagern.<br />

obwohl bereits nach eroberung der stadt<br />

durch stalin diese einer polnischen Verwaltung<br />

unterstellt wurde, wurde die offizielle<br />

entscheidung über den Anschluss Breslaus<br />

und schlesiens an polen erst am 2. August<br />

1945, durch das Abschlusskommuniqué der<br />

potsdamer Konferenz getroffen (vgl.: Wroclaw-life_Damals<br />

Breslau – Heute Wroclaw<br />

2008; breslau-wroclaw_Geschichte <strong>von</strong> Breslau,<br />

2006).<br />

Folge dieses Abkommens war nicht nur die<br />

Verlagerung der polnischen Grenzen richtung<br />

<strong>West</strong>en, sondern auch die geordnete<br />

Zwangsumsiedlung, enteignung und Vertreibung<br />

der restlichen deutschen Bevölkerung<br />

nach Deutschland. In die nun polnischen Gebiete<br />

wurden tausende polnische Flüchtlinge<br />

aus heute ukrainischen Gebieten umgesiedelt<br />

(Vgl. Wroclaw-Life_Damals Breslau – Heute<br />

Wroclaw 2008). ein bisher nie da gewesener<br />

Bevölkerungsaustausch begann.<br />

Die neue Bevölkerung Breslaus setzte sich<br />

maßgeblich aus dem Zufluss <strong>von</strong> polen aus<br />

Lemberg, Vilnius und in geringerem maße aus<br />

Warschau und posen zusammen (vgl.: Wroclaw.co_Kurze<br />

Geschichte <strong>von</strong> Breslau, 2012).


Abb. 1.4.4 Karte Zerstörungsgrad <strong>von</strong> Breslau; Foto: breslau-wroclaw.de, 2012<br />

31


1948 zählte Breslau bereits 300.000 polnische<br />

bzw. ukrainische und nur noch 7.000 deutsche<br />

einwohner (vgl.: breslau-wroclaw_Geschichte<br />

<strong>von</strong> Breslau, 2006).<br />

Bis weit in die 1950er Jahre wurde dieser Bevölkerungsaustausch<br />

in ganz polen vollzogen,<br />

bei dem rund 8,8 millionen Deutsche und 7,7<br />

millionen polen umgesiedelt wurden. Im rahmen<br />

eines ratifizierungsprozesses konnten<br />

jedoch Deutsche die polnische staatsbürgerschaft<br />

annehmen und so lebten in den 1960er<br />

Jahren noch etwa 900.000 sogenannte “Autochthone“<br />

im noch jungen polnischen staatsgebiet<br />

(vgl.: spiegel_Das große Tabu, 1961).<br />

Die neuen einwohner Breslaus wurden jedoch<br />

stets an die deutsche Vergangenheit und die<br />

Naziherrschaft erinnert. so begann man zunächst<br />

straßen umzubenennen, deutsche<br />

Denkmäler zu entfernen und deutsche Aufschriften<br />

zu übermalen (vgl.: Wroclaw-life_<br />

Damals Breslau – Heute Wroclaw, 2008).<br />

Der Wiederaufbau in Breslau war <strong>von</strong> wirtschaftlichem<br />

mangel seitens des staates und<br />

der Bevölkerung, sowie <strong>von</strong> fehlenden Baumaterialien<br />

geprägt. Hierdurch wurde nur<br />

punktuell der Wiederaufbau <strong>von</strong> architektonisch<br />

und funktional bedeutenden Bauten, wie<br />

Baudenkmälern, kulturellen einrichtungen, sowie<br />

<strong>von</strong> Bildungs- und Verwaltungsgebäuden<br />

durchgeführt (vgl.: Kuroczynski, 2010, 40ff).<br />

Zu den schützenswerten Gebäuden gehörte<br />

unter anderem das Breslauer rathaus (Fertigstellung<br />

Wiederaufbau 1953) (vgl.: wiki_<br />

Breslau rathaus, 2012), der Breslauer Dom<br />

(Fertigstellung Wiederaufbau 1951) (vgl.:<br />

wiki_Breslau Dom, 2012), sowie zahlreiche<br />

Gebäude in der historischen Altstadt.<br />

Auf Grund dieses erschwerten und verspä-<br />

32<br />

teten Wiederaufbaus sind heute nur wenige<br />

spuren des sozialistischen realismus in Breslau<br />

zu finden, der die Architektur zwischen 1949<br />

und 1956 beeinflusste (vgl.: nextroom_Breslau<br />

unterwegs nach europa, 2012).<br />

Die Wohnraumsicherung wurde weites gehend<br />

der Bevölkerung überlassen, was fatale<br />

Folgen für die Bausubstanz der Gebäude hatte.<br />

Wohnungen wurden nicht repariert bzw.<br />

saniert, sodass sich schimmel in den Wohnungen<br />

ausbreitete, was schnell zu gesundheitlichen<br />

problemen seitens der Bewohner führte.<br />

ein weiteres Defizit der stadt Breslau waren<br />

die fehlenden technischen und sozialen Infrastruktureinrichtungen,<br />

sowie die zahlreichen<br />

Trümmer- und schutthaufen, die über das<br />

ganze stadtgebiet verteilt waren und bis mitte<br />

der 50er Jahre das stadtbild prägten (vgl.: Kuroczynski<br />

2010, 40ff).<br />

Die 50er Jahre<br />

1951 wurde das stadtgebiet durch die eingemeindung<br />

<strong>von</strong> 14 ortschaften enorm<br />

erweitert. Weitere meilensteine in der entwicklung<br />

Breslaus waren die eröffnungen<br />

der „Hochschule für Landwirtschaft“ und<br />

der sporthochschule im selben Jahr (vgl.:<br />

wroclove_Geschichte Breslau, 2012). unter<br />

dem einfluss des stalinismus wurde zum<br />

Beispiel das Wohnviertel „Kołciuszkowska<br />

Dzielnica mieszkaniowa“ (KDm) unter den<br />

eindrücken des sozialistischen realismus <strong>von</strong><br />

dem Architekten roman Tunikowski erbaut<br />

(vgl.: wiki_Ulica łwidnicka, 2012). Der Wiederaufbau<br />

vollzog sich jedoch aufgrund <strong>von</strong><br />

zunehmenden unruhen schleppend. unternehmen<br />

wurden zunehmend verstaatlicht, die<br />

kollektive Landwirtschaft eingeführt und die<br />

Industrialisierung zunehmend forciert. Durch<br />

diese maßnahmen verschlechterte sich der<br />

Lebensstandard enorm und die unzufriedenheit<br />

innerhalb der Bevölkerung wuchs (vgl.:<br />

rbb_Deutsche & polen, 2012).<br />

Durch den regierungswechsel 1956 veränderten<br />

sich die Lebensverhältnisse für die<br />

Bevölkerung nachhaltig. Der Wiederaufbau<br />

wurde zunehmend forciert und der andauernden<br />

Wohnungsknappheit, welche auch<br />

durch den andauernden Bevölkerungsanstieg<br />

anhielt, wurde entgegen gewirkt. Hierbei wurde<br />

einerseits der rekonstruktive Wiederaufbau<br />

besonders in der Innenstadt durchgeführt,<br />

andererseits sollte der Wohnungsnot durch<br />

Großwohnsiedlungen begegnet werden. Beim<br />

rekonstruktiven Wiederaufbau erhielt man<br />

Fassaden der historischen Gebäude. Innerhalb<br />

der Gebäude entstanden moderne Arbeiterwohnungen.<br />

Im Gegensatz hierzu wurden<br />

die Großwohnsiedlungen nach ökonomischen<br />

Überlegungen erbaut, was zu einer monotonen<br />

massenarchitektur mit immer wiederkehrenden<br />

elementen führte. Besonders in den<br />

Vorstädten wurden auf großen brachliegenden<br />

Flächen im „industriemäßigen Verfahren<br />

des großen Blocks“ (Geschichte <strong>von</strong> Breslau,<br />

2012) siedlungen erbaut (vgl.: Kuroczynski,<br />

2010, 40ff).<br />

Die 60er und 70er Jahre<br />

eine der ersten siedlungen des industriellen<br />

Wohnungsbaus war die, zwischen 1961 und<br />

1968 auf 1,18 ha, erbaute siedlung „Gajowice“.<br />

Grundlage der Bebauung waren die<br />

bereits vorhandenen straßenzüge. Insgesamt<br />

entstand Wohnraum für 28.000 Bewohner,<br />

wo<strong>von</strong> 9.000 in den noch bestehenden Häu-


Abb. 1.4.5 Breslauer rathaus vor dem 2. Weltkrieg;<br />

Foto: wikipedia.org, 2012<br />

Abb. 1.4.6 Breslauer rathaus 1945;<br />

Foto: zobten.de, 2012<br />

sern wohnten (vgl.: otto, scharmholz, Wichote,<br />

2006, 35f). In den folgenden Jahren<br />

wurde die plattenbauweise intensiviert und<br />

großflächige Siedlungen, wie „Południe“ oder<br />

„Huby“ wurden in den Vorstädten errichtet.<br />

Trotz der viel bemängelten monotonie, fehlenden<br />

Infrastruktureinrichtungen und der hohen<br />

Dichte waren die Neubauwohnungen mit<br />

eigenem Badezimmer, fließendem Wasser und<br />

Heizungen bei der Bevölkerung sehr beliebt.<br />

Abb. 1.4.7 Breslauer rathaus heute; Foto: billigflugzentrale.de, 2012<br />

33


Nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Verwaltungsbauten<br />

wurden nach den Vorgaben des<br />

sozialistischen städtebaus errichtet (vgl.: Kuroczynski<br />

,2010, 40ff).<br />

Trotz der massenhaften plattenbauarchitektur<br />

wurden vereinzelt Gebäude in innovativer und<br />

unkonventioneller Weise erbaut. ein Beispiel<br />

für dieses experimentelle Bauen ist das, <strong>von</strong><br />

1961 bis 1967 erbaute, Hochhaus „Trzonolinowiec“,<br />

welches man <strong>von</strong> oben nach unten<br />

errichtete. Die Decken wurden an einen quadratischen<br />

Betonkern befestigt und mit hydraulischen<br />

Zylindern angehoben, sodass die<br />

nächste Decke montiert werden konnte (vgl.<br />

:wiki_Trzonolinowiec 2012).<br />

erste Ansätze zur Verbesserung der viel bemängelten<br />

städtischen monotonie und wiederkehrenden<br />

Abfolge wurde ende der 60er<br />

Jahre <strong>von</strong> Jadwiga Grabowska-Hawrylak,<br />

durch eine Lockerung der Typen und vorgegebenen<br />

Normen versucht. Die Wohnsiedlung<br />

„plac Grunwaldzki“ wurde <strong>von</strong> 1967 bis 1975<br />

errichtet und besteht aus einem „ensemble<br />

<strong>von</strong> sechs Hochhäusern mit plastischer Fassadengestaltung<br />

und großen pavillons“ (Kuroczynski,<br />

2010, 42).<br />

Die 80er Jahre<br />

Nach der, durch den Bau zahlreicher plattenbauten<br />

charakterisierten phase der 1960er<br />

und 70er Jahre, folgte in den 1980ern ein umschwung<br />

in Architektur und städtebau.<br />

Dem Wunsch nach Variation und Abwechslung,<br />

entgegen der endlosen monotonie der<br />

platte, wurde Abhilfe geschaffen, indem man<br />

anfing mit Formen und Farben zu experimentieren<br />

(vgl.: Kuroczynski, 2010, 40ff). ein<br />

prominentes Beispiel dieser Zeit sind die stu-<br />

34<br />

Abb. 1.4.8 siedlung Gajowice; Foto: wrzuta.pl, 2012<br />

dentenwohnheime „Kredka“ und „olowek“<br />

der Breslauer universität. Aufgrund ihrer spitzen<br />

Form „Bleistift“ und „Buntstift“ genannt,<br />

schließen sie die perspektive des Grundwaldzki<br />

platzes ab. Die beiden Hochhäuser wurden<br />

ebenfalls in plattenbauweise errichtet,<br />

gleichwohl der Versuch unternommen wurde<br />

die monotone Wirkung der herkömmlichen<br />

„platte“ aufzubrechen. Durch die spitze andersartige<br />

Form und die plastisch anmutende<br />

Gestaltung der Fassade hatte der Architekt<br />

marian Barski versucht ein wenig Abwechslung<br />

in dem entwurf zu verorten. Darüber hinaus<br />

sind die beiden Bauwerke höhengestaffelt<br />

errichtet worden, sodass der nördliche Bau,<br />

mit 23 etagen und einer Höhe <strong>von</strong> 85 metern,<br />

den südlichen um ganze vier stockwerke<br />

überragt. Insgesamt finden in den zwei studentenwohnheimen<br />

über 500 Zimmer platz,<br />

die durch eine medizinische Klinik, ein Fitnessstudio<br />

u.a. ergänzt werden (vgl.: wiki_Dom<br />

Akademicki Kredka, 2012).<br />

Nach den 1980er Jahren wurden in und um<br />

Breslau nur noch ganz vereinzelt einige wenige<br />

projekte realisiert. Die bis 1989 stark eingeschränkte<br />

Bautätigkeit hatte zweifellos zur<br />

Folge, dass weiterhin große Brachflächen innerhalb<br />

des stadtgebietes ungenutzt blieben.<br />

so gelang es trotz zahlreicher rekonstruktionsmaßnahmen<br />

nie, das nach der Zerstörung


des Zweiten Weltkrieges angestrebte Bild<br />

eines geschlossenen Wiederaufbaus zu erreichen<br />

(vgl.: Kuroczynski 2010, 40ff). erst nach<br />

dem Zusammenfall des Kommunismus im<br />

Jahre 1989 wurden die ausgedehnten Lücken<br />

im Zentrum der stadt wieder neu geplant und<br />

bebaut.<br />

Aus politischer sicht hatte der umschwung<br />

bereits ende der 80er Jahre begonnen, als sich<br />

die wirtschaftlichen Bedingungen in polen<br />

weiter verschlechtert hatten und es zu immer<br />

größer werdenden protestbewegung der Bevölkerung<br />

gegen die kommunistische regierung<br />

kam. Im rahmen der Wiedervereinigung<br />

<strong>von</strong> DDr und Bundesrepublik Deutschland<br />

wurde die polnische <strong>West</strong>grenze (oder-Neiße-Grenze)<br />

1991 durch den bilateralen Vertrag<br />

rechtlich festgeschrieben und besaß fortan<br />

auch internationale Absicherung. Nach der<br />

politischen Wende fanden am 04. Juni 1989<br />

schließlich die ersten freien Wahlen in Breslau<br />

statt. Damit hatte eine neue Ära der Demokratie<br />

und entwicklung in Breslau begonnen<br />

(vgl.: wiki_Breslau, 2012).<br />

Bis heute sind der rekonstruktive Wiederaufbau,<br />

sowie die intensiv betriebene plattenbauweise<br />

innerhalb des stadtbildes deutlich<br />

zu erkennen. In der sind zahlreiche historische<br />

Gebäude zu finden, wohingegen besonders in<br />

den Vorstädten Großwohnsiedlungen der unterschiedlichen<br />

Jahrzehnte zu sehen sind.<br />

eine Folge der starken plattenbautätigkeit ist,<br />

dass 31% der Bevölkerung polens (12 mio.<br />

polen) in plattenbauwohnungen leben. Da<br />

möglichst viele Wohnungen auf sehr kleiner<br />

Fläche erbaut wurden, sind diese sehr klein<br />

und rein funktional aufgebaut. Die Wohnfläche<br />

pro person in polen ist bis heute deutlich<br />

Abb. 1.4.9 experimentalsiedlung an der przyjazn-strasse 1977; Foto: Institut Wydawnicza, 2012<br />

35


geringer als in Deutschland. Während die<br />

durchschnittliche Wohnfläche im Jahr 2005 in<br />

<strong>West</strong>deutschland bei 41,8 m²/person und in<br />

ostdeutschland bei 38,5 m²/person lag (IFs<br />

städtebauinstitut 2006), hatten die polen nur<br />

durchschnittlich 21 m²/person zu Verfügung<br />

(vgl.: Bundeszentrale für politische Bildung,<br />

2009).<br />

Abb. 1.4.10 siedlung plac Gunwaldcki<br />

Foto: Lucyna Zalas, 2012<br />

36<br />

Abb. 1.4.11 studentenwohnheime „Kredka“ und „olowek“; Foto: Institut Wydawnicza, 2012


Literaturverzeichnis<br />

breslau-wroclaw_Geschichte <strong>von</strong> Breslau:<br />

http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />

history/?periode=uN, 15.07.2012<br />

Bundeszentrale für politische Bildung :<br />

http://www.bpb.de/internationales/europa/<br />

polen/40752/so-lebt-jan-kowalski,15.07.2012<br />

Geschichte <strong>von</strong> Breslau:<br />

http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />

history/?periode=us, 15.07.2012<br />

IFs städtebauinstitut:<br />

http://www.ifs-staedtebauinstitut.de/hi/<br />

hi2006/hi02.pdf, 15.07.2012<br />

Kuroczynski, piot (2009): Architekturvermittlung<br />

im gebauten und medialen raum<br />

Internetbasierte und print-stadtführer zur<br />

<strong>Stadt</strong> Breslau (Wrocław) nach 1945 – Dissertationsschrift,<br />

Technische universität Darmstadt,<br />

Darmstadt:<br />

http://tuprints.ulb.tu-darmstadtde/2086/5/<br />

Kuroczynski_Dissertationstext.pdf, 15.07.2012<br />

Nextroom_Breslau unterwegs nach<br />

europa:http://www.nextroom.at/article.<br />

php?id=24222, 15.07.2012<br />

otto, markus; scharnholz, Lars; Wichote,<br />

Nadine (2006): Nachkriegsmoderne. umgang<br />

mit dem Bauerbe der Nachkriegsmoderne<br />

(1945-1965) in den postsozialistischen Ländern<br />

europas.<br />

Institut für Neue Industriekultur INIK, Forst:<br />

http://www.inik.eu/visioncontent/medienda-<br />

tenbank/060725093336.pdf, 15.07.2012<br />

polska:<br />

http://www.polen.travel/de-at/euro-2012/<br />

wroclaw-die-blume-europas/, 15.07.2012<br />

rbb_Deutsche & polen:<br />

http://www.deutsche-und-polen.de/ereignisse/ereignis_jsp/key=lager_fuer_deutsche_1945.html,<br />

15.07.2012<br />

stern.de_Die russen kommen:<br />

http://www.stern.de/politik/geschichte/breslau-die-russen-kommen-536507.<br />

html?eid=537265&s=7&nv=ex_rt%2F,<br />

15.07.2012<br />

spiegel_Das große Tabu:<br />

http://www.spiegel.de/spiegel/<br />

print/d-43367633.html, 15.07.2012<br />

Wiki_Breslau:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Breslau,<br />

15.07.2012<br />

Wiki_Breslau Dom:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Breslauer_Dom,<br />

15.07.2012<br />

Wiki_Dom Akademicki Kredka:<br />

http://pl.wikipedia.org/wiki/Dom_<br />

Akademicki_%22Kredka%22, 15.07.2012<br />

Wiki_Breslau rathaus:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Breslauer_rathaus,<br />

15.07.2012<br />

Wiki_Trzonolinowiec:<br />

http://pl.wikipedia.org/wiki/Trzonolinowiec,<br />

15.07.2012<br />

Wiki_Ulica łwidnicka:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

ulica_%C5%9Awidnicka, 15.07.2012<br />

Wroclaw-Life_Damals Breslau – Heute Wroclaw:http://www.wroclaw-life.com/wroclaw/breslau-polen,<br />

15.07.2012<br />

Wroclaw.co_Kurze Geschichte <strong>von</strong> Breslau:<br />

http://www.breslau.wroclaw.co/geschichte,<br />

15.07.2012<br />

Wroclove_Geschichte Breslau :<br />

http://wroclove2012.com/de/artykuly-owroclawiu/geschichte-<strong>von</strong>-breslau/geschichte<strong>von</strong>-breslau--1945---1989----<strong>von</strong>-hankebis-zur-den-ersten-freien-kommunalwahlen/,<br />

15.07.2012<br />

Zeit online_stalingrad an der oder:<br />

http://www.zeit.de/2005/10/A-Breslau/seite-1,<br />

15.07.2012<br />

37


Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.4.1 Altes Breslau<br />

http://www.goerke.us/genealogy/Town-photos/Breslau-Wroclaw/,<br />

15.07.2012<br />

Abb. 1.4.2 Flüchtlinge und umsiedler<br />

http://www.deutsche-und-polen.de/frames/<br />

bild_lang_jsp/key=1945_dpzj_m95_vertreibung_schlesien.html,<br />

15.07.2012<br />

Abb. 1.4.3 zerstörtes Breslau<br />

http://www.zobten.de/Kapitulation/Kapitulation.htm,<br />

15.07.2012<br />

Abb. 1.4.4 Karte Zerstörungsgrad <strong>von</strong> Breslau<br />

http://www.breslau-wroclaw.de/de/breslau/<br />

geographic/street/, 15.07.2012<br />

Abb. 1.4.5 Breslauer rathaus vor dem 2.<br />

Weltkrieg<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/schlacht_um_<br />

Breslau, 15.07.2012<br />

Abb. 1.4.6 Breslauer rathaus 1945<br />

http://www.zobten.de/Kapitulation/Kapitulation.htm,<br />

15.07.2012<br />

Abb. 1.4.7 Breslauer rathaus heute<br />

http://www.billigflugzentrale.de/billigflugblog/billig-flug/wochenangebote-<strong>von</strong>-wizzair/20100702/,<br />

15.07.2012<br />

Abb. 1.4.8 siedlung Gajowice<br />

dariush417.wrzuta.pl/obraz/7Ws1ssrpywk/<br />

wroclaw_breslau_gajowice_gabitz_bloki_mieszk.,15.07.2012<br />

Abb. 1.4.9 experimentalsiedlung an der<br />

przyjazn-strasse 1977<br />

Dobesz, Janusz (1995): Breslau – Wroclaw,<br />

Zeit und Architektur. Institut Wydawnicza<br />

Abb. 1.4.10 siedlung plac Gunwaldcki<br />

Foto: Lucyna Zalas, 2012<br />

Abb. 1.4.11 studentenwohnheim „Kredka“<br />

und „olowek“<br />

Dobesz, Janusz (1995): Breslau – Wroclaw,<br />

Zeit und Architektur. Institut Wydawnicza


1.5 Breslau Nachkriegsmoderne<br />

kontrovers<br />

<strong>von</strong> Yinzi Gong und Laura miebach<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg musste in den<br />

polnischen städten innerhalb kürzester Zeit<br />

eine neue Infrastruktur geschaffen werden. Vor<br />

allem benötigte man neuen Wohnraum, neue<br />

Fabriken und Verkehrsbauten, sowie öffentliche<br />

Gebäude wie Verwaltungsbauten, schulen,<br />

universitäten, Kirchen, Krankenhäuser, Theater<br />

und rathäuser. (vgl.: Gisbertz, 2012, 12-13)<br />

Die 50er Jahre<br />

Die ersten Jahre nach dem Krieg drehten sich in<br />

polen hauptsächlich um den Wiederaufbau der<br />

Hauptstadt Warschau, die rekonstruktion des<br />

Altmarkts in Gdansk und um die Trümmerbeseitigung<br />

in Breslau. Außerdem sollten sehenswürdigkeiten,<br />

Wohngebäude, palais, schlösser<br />

und Kirchen wieder neu aufgebaut werden.<br />

Die Architektur nach dem Kriegsende zeigte<br />

verschiedene Facetten. ein Großteil der Architekten<br />

führte die moderne der 30er Jahre auf<br />

einem hohen europäischen Niveau weiter. Andere<br />

wollten Wolkenkratzer ganz nach amerikanischem<br />

Vorbild errichten lassen. Zu diesen<br />

plänen gab es jedoch einige Gegenstimmen.<br />

Breslau solle nicht als eine fremde stadt erscheinen,<br />

sondern die alte silhouette Breslaus solle<br />

wieder neu aufgebaut werden. es entstand<br />

statt dessen ein „sowjetisches Geschenk“, der<br />

überdimensionierte Kultur- und Bildungspalais.<br />

(vgl:. otto, scharnholz, Wichote, 2006, 32-33)<br />

Nach kurzer, scheinbarer Freiheit wurde 1949,<br />

nach der einsetzung des politischen regimes<br />

Abb. 1.5.1 Kosciuszko-platz; Foto: images.zeno.org, 2012<br />

die Treue zum sozialistischen realismus als „das<br />

einzig Wahre“ bezeichnet. Der polnische sozialismus<br />

war jedoch eine kurze erscheinung,<br />

die nur <strong>von</strong> 1949 bis 1956 andauerte und sich<br />

nicht in ganz polen verbreitete. Große projekte<br />

entstanden z.B. in der Nähe <strong>von</strong> Krakau <strong>von</strong><br />

Nowa Huta (1949). und auch ein Wohnviertel,<br />

das „marschallviertel“ in Warschau wurde<br />

im sozialistischen stil errichtet. In Breslau selbst<br />

waren die wichtigsten Gebäude des sozialismus<br />

der Gebäudekomplex auf dem „Kosciuszko“platz<br />

und das Gebäude der politechnika. ende<br />

der 50er Jahre war Breslau einer der größten<br />

Bauplätze europas. es entstanden viele große<br />

Wohnsiedlungen wie zum Beispiel die siedlung<br />

„Gajowice“. (vgl:. otto, scharnholz, Wichote,<br />

2006, 33-36)<br />

Die 60er und 70er Jahre<br />

1961 bis 1968 wurde im siedlungsbau viel experimentiert.<br />

unter anderem wurden die ersten<br />

mehrgeschossigen Gebäude aus schuttelementen<br />

<strong>von</strong> Deponien errichtet. Durch diese materialwiederverwertung<br />

entstanden große, individuelle,<br />

verschachtelte Gebäudekomplexe, teils<br />

ohne Licht in der Küche.<br />

Der Ingenieur Wojciech swiecicki entwickelte<br />

einen neuen Deckentypus, die sogenannte<br />

„Ziehharmonikadecke“. Auf Grund der materialeinsparung<br />

ist diese besonders leicht und eignet<br />

sich hauptsächlich für große, hohe räume.<br />

Leider wurde die Ziehharmonikadecke jedoch<br />

auch vereinzelt für den Wohnungsbau angewandt,<br />

was zu beunruhigenden Winkelformdecken<br />

in sinuskurven oder scharfe Zickzack-<br />

39


formen führte. ein Beispiel dafür findet man in<br />

der Zaporoska-straße.<br />

Die größten siedlungen, Wroclaw-süd und<br />

Wroclaw-<strong>West</strong> (Anfang 70er Jahre) zeigen<br />

die Zeit der Nachkriegsmoderne mit einer eher<br />

minderen Architekturqualität. Darauf folgend,<br />

ab der zweiten Hälfte der 70er Jahre verbessert<br />

sich die Architektursprache. stadtplaner und<br />

Architekten begannen auf den steifen Funktionalismus<br />

zu verzichten. Die Außenhaut der Gebäude<br />

wurde plastischer und Größe, Form und<br />

Anordnung variierten mehrfach. Als Beispiel<br />

ist die siedlung „przyjazni“ zu nennen, bei der<br />

gekrümmte Grundrisse sonnige Innenräume<br />

umschließen. (vgl.: otto, scharnholz, Wichote,<br />

2006, 36-39)<br />

Entwicklung der Baustile<br />

Die Nachkriegsmoderne war eine Zeit der Wiederherstellung<br />

und der Neuorientierung, was<br />

unter anderem auch durch öffentliche Debatten<br />

in ost- und <strong>West</strong>deutschland gleichermaßen<br />

gekennzeichnet wurde.<br />

Die Zerstörung nach dem Krieg hinterließ eine<br />

sehnsucht nach etwas Neuem, einem zivilisierten,<br />

übersichtlichen Leben. Die Bilder der<br />

Verstörung konnten nicht vergessen werden,<br />

deshalb freute man sich umso mehr als später<br />

die Bilder einer glanzvollen Architekturmoderne<br />

das Land eroberten. Diese Bilder erschienen<br />

zum Beispiel in den wiederbelebten oder neu<br />

erstandenen Architekturzeitschriften, die nach<br />

den Vereinbarungen des marshallplan-Abkommens<br />

(1948) langsam wieder aufkamen. es<br />

wurde der Traum einer neuen heilen Welt verbreitet,<br />

das triste Leben sollte abgelöst werden<br />

durch begrünte stadtlandschaften und durch<br />

lichtdurchflutete Gebäude. Die formalen ele-<br />

Abb. 1.5.2 siedlung przyjazni; Foto: otto scharnholz, 2006<br />

mente aus dem verdrängten Innenreservoir der<br />

fortschrittsorientierten Architekturmoderne der<br />

20er und 30er Jahre wirkten nun wie Wunschbilder<br />

eines kommenden paradieses. Außerdem<br />

schien es den Breslauern wie ein Traum, dass<br />

diese Gebäude und Landschaften nicht <strong>von</strong><br />

Bomben berührt waren. (vgl.: Gisbertz, 2012,<br />

70-73)<br />

Die Architekten der Nachkriegsarchitektur<br />

wollten eine unsentimentale, klare Architektur<br />

schaffen.<br />

Vieles was in der Nachkriegsmoderne entstand,<br />

basierte größtenteils auf den Ideen aus<br />

der Vorkriegszeit. Diese strömung bezeichnete<br />

Abb. 1.5.3 Zaporoska-straße; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />

man als den „Internationalen stil“. er besitzt<br />

minimalistische und funktionalistische Tendenzen,<br />

welche mit regelmäßiger und modularer<br />

Architektur ohne schmuckelemente sichtbar<br />

werden. Anders als die Übernahme der Architektursprache,<br />

wurde die Grundlage neuer wissenschaftlicher<br />

und technischer Innovationen<br />

in der Baukonstruktion und der entwurfspraxis<br />

neu entwickelt.<br />

Die 50er Jahre in polen und Deutschland waren<br />

geprägt durch den sozialen Klassizismus oder<br />

auch „Zuckerbäckerstil“, der Hauptsächlich in<br />

der DDr Verwendung fand. ornamentik und<br />

schmuckelemente der Vergangenheit vereinten


sich mit modernem Wohnkomfort. Bekannte<br />

Beispiele der DDr Zeit sind die Berliner stalinallee,<br />

aber auch das ganz neu aufgebaute „eisenhüttenstadt“.<br />

Die 60er und 70er Jahre bezeichnet man als die<br />

„Boomjahre“, da in dieser Zeit besonders viele<br />

neue, industriell gefertigte Bausysteme und<br />

Vorfabrikationsverfahren entwickelt wurden.<br />

Die Fertigbauweise hatte die Vorteile <strong>von</strong> Kostenminderung<br />

sowie schnellem, massenhaftem<br />

Wohnungsbau. Durch diese industrielle Vorfertigung<br />

wurde die architektonische Ästhetik beeinflusst.<br />

Der Zuckerbäckerstiel wurde abgelöst<br />

durch klassische Ideen des Wohnungsbaus der<br />

moderne, da immer noch viele menschen in<br />

notdürftig reparierten Altbauwohnungen hausten.<br />

so entstand ein schneller, günstiger, massenhafter<br />

Wohnungsbau.<br />

Die Architektursprache wurde zu großen Teilen<br />

durch die Wahl der Konstruktion, des materials<br />

und der Gebäudetechnologie bestimmt, sowie<br />

auch durch die optimierung der Bau- und planungsinstrumente.<br />

Bautechnik und materialien<br />

waren vergleichbar mit denen der „Weimarer<br />

Zeit“, da diese Zeit geprägt war durch materialknappheit<br />

und eingeschränkte maschinenparks<br />

für die Herstellung und montage.<br />

Beispiele der 60er und 70er Jahre waren vor allem<br />

die Typenbauten im Wohnungsbau, besonders<br />

verbreitet waren „Typ WBs 70“, „Typ p2“<br />

und „Typ WHH GT 18/21“. Diese wurden aus<br />

Fertigteilen errichtet. Ihre Grundrisse staffelten<br />

sich immer nach dem gleichen prinzip. Die<br />

jeweilige Wohnungsgröße richtete sich nach<br />

der Zimmeranzahl. so besaß zum Beispiel eine<br />

Zweiraumwohnung immer ca. 53m² und eine<br />

Vierraumwohnung immer ca. 80m² Grundfläche.<br />

(vgl.: maciejewska, 2008)<br />

Abb. 1.5.4 stalinallee; Foto: zeithistorische-forschungen.de, 2012<br />

Die protagonisten der „klassischen moderne“<br />

waren prädestinierte partner der Industrialisierung.<br />

eine große Herrausforderung für die Architekten<br />

war es die bisher nicht bekannten Aufgaben<br />

zu bewältigen. Dazu gehörten reparaturarbeiten,<br />

der Wiederaufbau, modernisierung<br />

und Neubauten in vielfältigen Konstruktionssystemen.<br />

Materialvielfalt<br />

seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

wurde intensive Betonforschung betrieben,<br />

Leichtbeton wird der Begriff der Zeit. Vor allem<br />

in technisch konstruktiver Hinsicht beeinflusste<br />

die suche nach leichten Konstruktionen und<br />

Tragwerken viele Architekturströmungen der<br />

Nachkriegszeit. Die Gebäude bekamen den gewünschten<br />

effekt <strong>von</strong> Leichtigkeit und Transparenz.<br />

41


Abb. 1.5.5 eisenhüttenstadt; Foto: forum-grenzstaedte.net, 2012


Abb. 1.5.6 Typ WBs 70; Foto: jeder-qm-du.de, 2012<br />

Zusätzlich bedeuteten neue Baustoffe neue<br />

Gestaltungsideen. modefarben wurden z.B.<br />

Creme und schwarz oder Terrakotta, es wurden<br />

bunt gemixte Glasbausteine, eloxierte Leitmetallsysteme<br />

und Wellplatten verbaut. Das<br />

wachsende Angebot der chemischen Industrie<br />

vergrößerte zusätzlich die materialvielfalt<br />

am Bau. synthetisch hergestellte materialien<br />

wurden zur mode. Durch die materialvielfalt<br />

wuchsen jedoch leider auch die probleme der<br />

fachgerechten Anwendung und es entstanden<br />

viele Baumängel.<br />

Für viele Architekten bedeutete dies: Bauen<br />

ohne Vorbild, planen ohne erfahrung auf einem<br />

bestimmten Gebiet und realisieren ohne aus-<br />

reichende bautechnische Kenntnisse.<br />

Bauklimatische Konzepte erzielten leider seit<br />

der Weimarer republik keine nennenswerten<br />

Verbesserungen. so besaßen die Nachkriegsbauten<br />

der 50er Jahre meist nur eine nicht<br />

ausreichende Wärmedämmung, was heute besonders<br />

zu problemen beim nachrüsten denkmalgeschützter<br />

Bauten führt.<br />

Allerdings kursierten schon in der Nachkriegsmoderne<br />

Überlegungen zur Verbesserung <strong>von</strong><br />

raumklima und Wärmeschutz. Frei otto forderte<br />

sogar 1955 das Nullenergiehaus. Die anderen<br />

Architekten gingen jedoch nicht so weit<br />

wie er. (vgl.: Gisbertz, 2012, 143-148)<br />

Vergleich der Nachkriegsarchitektur in Polen<br />

und Deutschland<br />

Zwischen ost- und <strong>West</strong>deutschland entstanden<br />

nennenswerte unterschiede in der entwicklung<br />

der Nachkriegsarchitektur.<br />

so gab es etwa in <strong>West</strong>deutschland zwei unterschiedliche<br />

Gruppen. Die einen wollten den<br />

Vorkriegszustand der städte wieder herstellen<br />

um die Identität der alten stadt zu bewahren.<br />

Die anderen planten einen städtebaulichen<br />

Neuanfang im sinne der Architekturmoderne,<br />

also eine autogerechte stadt mit großen Grünflächen,<br />

freien räumen und einer modernen,<br />

zukunftstauglichen Infrastruktur.<br />

ostdeutschland war bestrebt die Architektur<br />

43


auf ein höheres Niveau als in <strong>West</strong>deutschland<br />

zu bringen. so herrschten in der DDr bis 1955<br />

zum einen die stalinistische Architektur und<br />

zum anderen die traditionelle Berliner Architektur,<br />

der Klassizismus, vor.<br />

In einem selbsterprobten Fragequiz im rahmen<br />

des seminars, bei dem die studierenden erraten<br />

sollten, in welcher stadt oder in welchem Land<br />

Gebäude der Nachkriegsarchitektur stehen,<br />

konnten wir feststellen, dass es sehr schwer<br />

ist, dies auf den ersten Blick zu erkennen. es<br />

gibt keine prägnanten eigenschaften, die der<br />

Betrachter <strong>von</strong> Bauten der Nachkriegsarchitektur<br />

in ostdeutschland zum Beispiel mit Bauten<br />

aus China oder anderswo unterscheiden<br />

kann.<br />

Die Frage, ob die Bauten der Nachkriegsmoderne<br />

erhaltenswert sind oder nicht, beschäftigt<br />

uns heute immer mehr. Zum Glück gibt es einige<br />

Fachleute, die sich mit diesem Thema befassen.<br />

so befasst sich zum Beispiel die Veranstaltung<br />

„Netzwerk der Braunschweiger schule“ mit der<br />

Frage, wie eine verantwortungsvolle Transformation<br />

des kulturellen erbes in Gegenwart und<br />

Zukunft erfolgen kann. Auch die „Wüstenrot<br />

stiftung“, die sich um die Bewahrung <strong>von</strong> Kulturwerten<br />

kümmert, ist in diesem Zusammenhang<br />

zu erwähnen. (vgl.: Gisbertz, 2012, 9)<br />

man stößt heutzutage immer wieder auf probleme<br />

bei der sanierung <strong>von</strong> Gebäuden aus der<br />

Nachkriegsmoderne. sie erfüllen grundsätzlich<br />

nicht die heutigen Anforderungen der energieeinsparverordnung<br />

und des Brandschutzes.<br />

Außerdem kommt hinzu, dass bis mitte der<br />

80er Jahre viele schadstoffbelastete Baustoffe<br />

verwendet wurden, wie zum Beispiel Asbest<br />

oder künstliche mineralfasern. Da eine sanierung<br />

entsprechend aufwendig ist, kann es oft<br />

geschehen, dass ein Neubau kostengünstiger<br />

ist als eine solche sanierung. Dies spricht gegen<br />

die denkmalpflegerischen Grundgedanken,<br />

aber die betriebswirtschaftlichen Gründe überwiegen<br />

meist.<br />

Zwischen 2000 und 2009 wurden unter anderem<br />

aus diesen Gründen in Berlin 82 Immobilien<br />

aus der Denkmalliste gestrichen. Dies<br />

ist insbesondere in Bezug auf die Bauten der<br />

Nachkriegsarchitektur eine große Herausforderung<br />

und stellt auf den ersten Blick die Denkmalschutzgesetzgebung<br />

des Landes in Frage.<br />

(vgl.: Gisbertz, 2012, 96)<br />

Sicht auf die Nachkriegsarchitektur heute<br />

Wir denken, wenn sich unsere heutige Generation<br />

in die damalige Generation der Nachkriegszeit<br />

gedanklich hineinversetzt, kann man<br />

die Nachkriegsarchitektur besser verstehen<br />

und man lernt sie vielleicht sogar zu schätzen.<br />

Dann hat man vielleicht keine schäbigen plattenbauten<br />

vor Auge, sondern sieht eine neue<br />

heile Welt. eine Welt, die noch nicht <strong>von</strong> Bomben<br />

zerstört wurde. Außerdem sieht man einen<br />

kostengünstigen Wohnungsbau, der für den<br />

Großteil der Bevölkerung eine sehr große Verbesserung<br />

der bisherigen Lebensumstände darstellte.<br />

Die Leute konnten aus ihren heruntergekommenen<br />

Altbauwohnungen in ein neues,<br />

warmes Zuhause ziehen.<br />

Auf Grund dessen finden wir es wichtig, einen<br />

Teil dieser Gebäude zu erhalten, damit die<br />

Nachkriegsmoderne nicht in Vergessenheit gerät<br />

und Architekturgeschichte nicht nur in Büchern<br />

steht, sondern auch erlebbar sein kann.


Literaturverzeichnis<br />

Gisbertz, olaf (2012): Nachkriegsmoderne<br />

kontrovers. positionen der Gegenwart. Jovis<br />

Verlag GmbH, Berlin<br />

maciejewska, Beata: Jak w polsce Ludowej<br />

budowano Wrocław.<br />

http://wroclaw.gazeta.pl/wroclaw/2029020,49744,4866529.html,<br />

10.07.2012<br />

otto, markus; scharnholz, Lars; Wichote,<br />

Nadine (2006): Nachkriegsmoderne. umgang<br />

mit dem Bauerbe der Nachkriegsmoderne<br />

(1945-1965) in den postsozialistischen Ländern<br />

europas.<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.5.1 Kosciuszko-platz<br />

http://images.zeno.org/Ansichtskarten/I/big/<br />

AK02296a.jpg, 10.07.2012<br />

Abb. 1.5.2 siedlung przyjazni<br />

otto, scharnholz, Wichote 2006, 37<br />

Abb. 1.5.3 Zaporoska-straße<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

Abb. 1.5.4 stalinallee<br />

http://www.zeithistorische-forschungen.de/<br />

site/40208278/default.aspx, 10.07.2012<br />

Abb. 1.5.5 eisenhüttenstadt<br />

http://www.forum-grenzstaedte.net/de/453.<br />

htm, 10.07.2012<br />

Abb. 1.5.6 Typ WBs 70http://www.jederqm-du.de/plattenstory/plattentypen/plattentyp-wbs-70/,<br />

10.07.2012<br />

45


1.6 Breslau stadt(bau)geschichte<br />

1990 bis Heute<br />

<strong>von</strong> Jan Kaplan und stephan rodewig<br />

Der Fall der Berliner mauer ändert vieles in<br />

polen, vor allem politisch so gibt es zum Beispiel<br />

1990 die ersten freien Wahlen. Auch auf<br />

den umgang mit den alten stadtkernen polens<br />

entsteht eine ganz neue sichtweise. Zwar<br />

gab es mit den neuen möglichkeiten zunächst<br />

auch einige schwierigkeiten, mit der Zeit entwickelte<br />

sich jedoch eine neue Baukultur.<br />

Problematiken im Städtebau seit 1990<br />

Die Wende 1990 markiert den Anfang einer<br />

problematik, deren Lösungsversuche sich bis<br />

heute durch die Geschichte der stadtplanung<br />

polens ziehen, weshalb sie hier gleich zu Beginn<br />

dargestellt wird. Der massenhafte Neubau<br />

<strong>von</strong> plattenbauten, um möglichst ökonomisch<br />

sinnvoll und schnell viel Wohnraum<br />

zu schaffen, entsprach dem Ideal der Arbeitergesellschaft.<br />

Diese Wohnungen waren<br />

sehr modern und wurden <strong>von</strong> den staatlichen<br />

Wohnungsbaugenossenschaften zu einem<br />

niedrigem mietniveau angeboten (vgl.: Billert,<br />

2004). sich unter diesen Begleitumständen<br />

um die sanierung des Altbestandes in<br />

den Kernen der städte zu kümmern erschien<br />

nicht nötig! Diese Förderung ist allerdings inzwischen<br />

aufgehoben. Dies wirkt zumindest<br />

an den stellen wie gewünscht, an denen der<br />

marktdruck spürbarer ist. Dies betrifft also<br />

eher weniger die stadtkerne und mehr die<br />

stadtrandbereiche, jedoch ist auch hier der<br />

Druck immer noch nicht so hoch, wie zum<br />

46<br />

Abb. 1.6.1 sanierte und unsanierte Häuserfassaden; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

Beispiel in Deutschland.<br />

Nach der Wende wurde ebenfalls deutlich,<br />

dass die stadtzentren stark an Attraktivität<br />

verlieren, wenn sie nicht bewohnt, bzw. belebt<br />

sind. man musste versuchen diese Gebäude<br />

wieder zu sanieren, doch wie? Die Wende bot<br />

hier, mit der umstellung <strong>von</strong> plan- auf marktwirtschaft<br />

die perspektive viel Kapital für die<br />

sanierung zu generieren (vgl.: Billert, 2004).<br />

Doch diese Hoffnung erfüllte sich aus mehreren<br />

Gründen nicht:<br />

Zum einen waren seit 1945 viele der Grundbücher<br />

nicht mehr fortgeführt worden<br />

(vgl.:Billert 2004), sodass, nach einigen Ver-<br />

schiebungen innerhalb polens Bevölkerung,<br />

aber auch ins und vom Ausland, nicht mehr<br />

klar war, wer rechtmäßiger eigentümer einer<br />

Immobilie ist. Für die DDr wurde dafür nach<br />

der Wende eine generelle regelung getroffen.<br />

In polen muss jede eigentumsfrage im Zweifel<br />

vor Gericht entschieden werden. Nach der<br />

Wende wurde den mietern der Wohnungen<br />

angeboten die Wohnungen <strong>von</strong> den Wohnungsbaugenossenschaften<br />

zu erwerben. Zu<br />

diesem Zweck wurden die Gebäudeumrisse<br />

als Grundstücke verkauft, sodass Teile <strong>von</strong> Gebäuden<br />

nun verschiedene eigentümer haben<br />

und die Außenflächen in öffentlicher Hand


Abb. 1.6.2 sanierte und unsanierte Häuserfassaden; Foto:<br />

stephan rodewig, 2012<br />

verblieben. es entstanden die so genannten<br />

„umrissgrundstücke“ (vgl.: Billert, 2004).<br />

Dies bedeutet, dass die eigentumsfrage teilweise<br />

unklar und auch nur schwer zu klären<br />

ist. somit ist auch unklar, wie die Kosten und<br />

Beteiligungen an einer sanierung überhaupt<br />

aufgeteilt werden könnten. Außerdem hatte<br />

man sich erhofft, dass durch die Wende ein<br />

sanierungsdruck auf die eigentümer ausgeübt<br />

würde, dass nur die Wohnungen vermietet<br />

werden könnten, welche einen gewissen<br />

mindeststandart aufwiesen. Doch da in polen<br />

zu dieser Zeit ein Wohnungsmangel herrschte,<br />

konnte sich hier die freie marktwirtschaft<br />

auch nicht unterstützend auswirken (vgl.: Billert,<br />

2004).<br />

Des Weiteren fehlt bis zum heutigen Tag ein<br />

entsprechendes sanierungsrecht und damit<br />

auch die rechtliche Grundlage seitens der<br />

öffentlichen Hand regulierend eingreifen zu<br />

können (vgl.: Billert. 2004). Die seit der Zeit<br />

der Volksrepublik polens vorherrschende<br />

Durchmischung der sozialen schichten in den<br />

Gebieten würde es ohnehin schwierig machen<br />

ein Gebiet mit besonderem sanierungsbedarf<br />

im Verhältnis zur Gesamtstadt zu identifizieren<br />

(vgl.: Billert, 2004). Der status eines sanierungsgebietes<br />

ermöglicht in Deutschland<br />

auch den Zugang zu Landes- und Bundesmitteln<br />

(70 – 90 % Förderung), welche in polen<br />

also auch nicht verfügbar sind. Die Kommune<br />

hat also keine möglichkeit gezielt an nationale<br />

mittel zu gelangen. Darum zieht sich durch die<br />

stadtplanungsthematik in polen, wie ein roter<br />

Faden, eine Art suche nach externen mitteln<br />

zur sanierung (vgl.: Billert, 2004).<br />

Nur bestimmte ereignisse, die <strong>von</strong> nationalem<br />

Interesse sind können nationale Interventionen<br />

zur Folge haben, wie zum Beispiel ein<br />

Besuch des papstes (vgl.: Billert, 2004) oder<br />

das oderhochwasser 2002. so wurde nach<br />

dem oderhochwasser hauptsächlich in den<br />

Wiederaufbau der Infrastruktur investiert. Vor<br />

dem papstbesuch mussten sich die eingriffe<br />

auf Grund der relativ kurzen Vorbereitungszeit<br />

auf kurzfristig durchführbare maßnahmen wie<br />

Neuanstriche beschränken.<br />

Doch gerade Großereignisse, wie die Ausrichtung<br />

der Fußballeuropameisterschaft 2012<br />

oder die ernennung zur Kulturhauptstadt<br />

2016, haben eine starke Wirkung wenn es darum<br />

geht weitere Investitionen zu generieren.<br />

Abb. 1.6.3 unsanierte Hausfassade, Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

47


Abb. 1.6.4 unsanierte Hausfassade; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

48


Die politische Entwicklung Polens ab 1990<br />

Den veränderten politischen Verhältnissen<br />

nach 1990 folgte im Jahr 1999 auch eine umstrukturierung<br />

der Woiwodschaften. unter<br />

dem kommunistischen regime wurden 1975<br />

die damals 17 Woiwodschaften in 49 Bezirke<br />

aufgeteilt. Die offizielle Begründung lautete<br />

„man wolle durch kleinere, flexiblere Woiwodschaften<br />

die regionalen Verwaltungen<br />

stärken.“ Die tatsächliche Folge jedoch war,<br />

dass die sehr kleinen Bezirke nun nicht mehr<br />

groß genug waren, um überhaupt einen bedeutenden<br />

einfluss auf die Zentralregierung<br />

ausüben zu können. Die zu diesem Zeitpunkt<br />

bereits bestehende machtbündelung in Warschau<br />

wurde somit weiter begünstigt.<br />

Diese entwicklung wurde 1999 schließlich<br />

revidiert, in dem man die 49 Bezirke zu den<br />

noch heute aktuellen 16 Woiwodschaften<br />

zusammenlegte. Durch die nun größeren einzugsbereiche<br />

der Woiwodschaften vergrößerte<br />

sich deren politischer einfluss, sodass lokale<br />

Bedürfnisse, zum Beispiel auch in der stadtplanung,<br />

mit mehr Druck, auch auf nationaler<br />

ebene, eingebracht werden können. (vgl.: Wikipedia_Woiwodschaften,<br />

2012)<br />

eine weitere wichtige, politische errungenschaft<br />

polens ist der eu-Beitritt im rahmen<br />

der ost-erweiterung 2004. Neben den wirtschaftlichen<br />

Gründen, die später erläutert<br />

werden, spielten auch politische und kulturelle<br />

Interessen eine große rolle. Wie auch bei den<br />

anderen ehemaligen ostblockstaaten, existiert<br />

in polen noch immer eine große Angst<br />

vor dem übermächtigen Nachbarn russland.<br />

Der eu-Beitritt wurde daher auch als Zeichen<br />

verstanden sich deutlich <strong>von</strong> russland abzugrenzen<br />

und stattdessen den Anschluss an das<br />

westliche europa zu suchen. Wirtschaftlich ist<br />

die eu-mitgliedschaft auch ein wichtiger Anreiz<br />

für internationale Investoren in polen tätig<br />

zu werden. Zum einen durch eine gewisse planungssicherheit,<br />

die durch die eu-mitgliedschaft<br />

vermittelt wird, zum anderen durch den<br />

Zugriff auf eu-Fördergelder.<br />

Die Hoffnung mit Fördergeldern der eu das<br />

zuvor angesprochene sanierungsproblem zu<br />

bewältigen hat sich hingegen nicht erfüllt. Der<br />

schwerpunkt sanierung der eu-Förderung<br />

ging 2004 zu ende, genau in dem Jahr in dem<br />

polen mitglied wurde. Der aktuelle Förderschwerpunkt<br />

liegt stattdessen in dem Ausbau<br />

der Infrastruktur. ein schwerpunkt der vor allem<br />

helfen soll die erschließung des Landes für<br />

die Wirtschaft zu verbessern.<br />

Der größte Fortschritt in der stadtentwicklung<br />

der letzten Jahre, ist jedoch durch den<br />

Zuschlag auf die Bewerbung als spielstätte<br />

der Fußballeuropameisterschaft 2012 ermöglicht<br />

worden. Abgesehen vom Neubau eines<br />

Fußballstadions, sind es vor allem Bauprojekte<br />

der Infrastruktur, die im rahmen der euro<br />

2012 durch zusätzliche mittel ermöglicht werden<br />

konnten. Neben dem starken Ausbau des<br />

Autobahnnetzes auf nationaler ebene, profitiert<br />

Breslau auch <strong>von</strong> regionalen projekten,<br />

wie der sanierung des Hauptbahnhofes und<br />

der erweiterung des Flughafens. Auch auf die<br />

entwicklung des Hotelgewerbes und anderen<br />

touristischen Institutionen wirkt sich die Ausrichtung<br />

<strong>von</strong> spielen der euro 2012 positiv<br />

aus.<br />

um den entwicklungsschub, der durch die<br />

euro 2012 entstanden ist weiter aufzunehmen,<br />

hat sich Breslau erfolgreich als Kulturhauptstadt<br />

2016 beworben. Viele im rahmen<br />

der euro 2012 geschaffene Infrastrukturprojekte<br />

können so weitergeführt und durch kulturelle<br />

projekte, wie zum Beispiel dem geplanten<br />

Bau eines Konzerthauses, ergänzt werden.<br />

Baukultur in Polen seit 1990<br />

Die geschilderte politische entwicklung polens<br />

hat auch Auswirkungen auf die Baukultur<br />

selbst. Hierbei muss in zwei Kategorien unterschieden<br />

werden. Zum einen gibt es international<br />

ausgerichtete prestigeprojekte und zum<br />

anderen eher kleinere projekte, wie auch den<br />

Neubau <strong>von</strong> einfamilienhäusern. um unterschiede<br />

zwischen dem polnischen und deutschen<br />

Architekturbild zu analysieren haben<br />

wir, im rahmen des seminars, die preisträger<br />

zweier Architekturpreise miteinander verglichen.<br />

Auf polnischer seite handelt es sich<br />

dabei um den „piekny Wroclaw“. Dieser wird<br />

<strong>von</strong> der stadt Breslau ausgelobt und jährlich<br />

vergeben. Auf der deutschen seite ist es die<br />

„Auszeichnung vorbildlicher Bauten des Landesbauamtes<br />

NrW und der Architektenkammer<br />

NrW“. Dieser preis wird jedoch nur alle<br />

5 Jahre ausgelobt. Bei beiden preisen wurden<br />

vornehmlich kleinere projekte ausgezeichnet,<br />

mit der motivation zukünftigen Bauherren<br />

eine Vorstellung <strong>von</strong> qualitativer Architektur<br />

zu vermitteln.<br />

Bei der Gegenüberstellung der preisträger<br />

fällt rasch auf, dass bei den deutschen projekten<br />

eine sehr nüchterne und minimalistische<br />

Architektursprache vorzufinden ist. Bei den<br />

polnischen preisträgern hingegen finden sich<br />

öfters auch sehr spielerische elemente bis hin<br />

zu eher traditionellen Wohnhäusern, die in der<br />

deutschen Architekturlandschaft gar keine erwähnung<br />

gefunden hätten. Während des <strong>von</strong><br />

49


Abb. 1.6.5 Bahnhof stadion; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

Abb. 1.6.6 sanierter Hauptbahnhof; Foto: stephan rodewig,<br />

2012<br />

50<br />

Abb. 1.6.7 Flughafen Breslau; Foto: stephan rodewig,<br />

2012<br />

uns gehaltenen referats war es vielen Zuhörern<br />

möglich nur aufgrund <strong>von</strong> Fotos das Herkunftsland<br />

der gezeigten projekte zu erraten.<br />

Vergleicht man diese Tatsache mit dem vorangegangen<br />

Quiz-ergebnis aus der Nachkriegszeit<br />

wird deutlich, dass die polnische Baukultur<br />

sich seit der Nachkriegszeit sehr unterschiedlich<br />

<strong>von</strong> der Deutschen entwickelt hat.<br />

Nichtsdestotrotz gibt es durchaus auch Beispiele<br />

bei denen der standort nicht so klar zu<br />

erkennen ist. eine Internationalisierung der<br />

polnischen Architektursprache ist hier vor allem<br />

bei Bürogebäuden und größeren Wohnungsbauprojekten<br />

erkennbar. Über die Auszeichnung<br />

hinaus wird das am Beispiel neuerer<br />

projekte, die sich vornehmlich an ein internationales<br />

publikum richten, am deutlichsten<br />

sichtbar. sowohl der „skytower“, das höchste<br />

Gebäude Breslaus, als auch das neue stadion<br />

und das für die euro 2012 geplante Flughafenterminal<br />

sind <strong>von</strong> der Architektur her mit<br />

projekten in anderen westlichen europäischen<br />

städten vergleichbar. Im rahmen der euro<br />

2012 ist es polen zudem gelungen auch namhafte<br />

internationale Büros wie zum Beispiel<br />

„Gmp“ anzuwerben. Normalerweise fällt es<br />

polnischen planungsinstitutionen schwer internationale<br />

stararchitekten unter Vertrag zu<br />

nehmen (vgl.: sarzynski, 2011). obwohl gezielt<br />

Versuche unternommen werden, gerade<br />

für prestigeträchtige Bauvorhaben stararchitekten<br />

zu begeistern, gelingt dies nur in den<br />

seltensten Fällen. Das mangelnde Interesse<br />

internationaler Büros an projekten in polen<br />

beruht oft auf mängeln in der projektvorbereitung<br />

zum Beispiel zu gering angesetzte projektkosten<br />

und eine geringe planungssicherheit<br />

aufgrund fehlender Gesetze. Gescheiterte


Bauprojekte <strong>von</strong> berühmten Architekten, wie<br />

zum Beispiel <strong>von</strong> Zaha Hadid in Warschau,<br />

Ando in posen oder Gehry in Lodz, tragen zu<br />

dieser entwicklung bei (vgl.: sarzynski, 2011).<br />

Das nun zur euro 2012 trotzdem auch internationale<br />

Architekten erfolgreich einige<br />

stadien geplant und realisiert haben, könnte<br />

auf den umstand zurück geführt werden, dass<br />

<strong>von</strong> der ueFA ein enormer Druck ausgeübt<br />

wurde um die fristgerechte Fertigstellung der<br />

Bauvorhaben zu gewährleisten. ein solcher<br />

planungsdruck, mit dem Ausblick auf terminierte<br />

Großereignisse, kann auch zu einer erhöhten<br />

planungssicherheit führen, sodass das<br />

risiko eines projektabbruchs minimiert wird.<br />

Zukunftsperspektive für Breslau<br />

mit der ernennung zur Kulturhauptstadt 2016<br />

wird Breslau in vier Jahren erneut eine hohe<br />

internationale Aufmerksamkeit zuteil, sodass<br />

das Interesse internationaler Büros an öffentlichen<br />

projekten, wie dem geplanten Konzerthaus,<br />

steigen könnte.<br />

Viele projekte, die in den letzten Jahren in<br />

Breslau vorangetrieben wurden, vermitteln<br />

das Bild einer sehr positiven stadtentwicklung.<br />

Die weitere entwicklung Breslaus wird<br />

jedoch nicht <strong>von</strong> Neubauprojekten abhängen,<br />

sondern <strong>von</strong> dem umgang mit dem maroden<br />

Bestand. sowohl die Gebäude der Jahrhundertwende,<br />

als auch Teile der Nachkriegsbebauung<br />

müssen schnellstmöglich saniert werden.<br />

sollte dieses problem nicht bald gelöst<br />

werden, wird eine sanierung der Gebäude<br />

in vielen Fällen kaum noch möglich und erst<br />

recht nicht mehr wirtschaftlich sein.<br />

Abb. 1.6.8 skytower; Foto: stephan rodewig, 2012 Abb. 1.6.9 Innenansicht Flughafen; Foto: stephan<br />

rodewig, 2012<br />

Abb. 1.6.10 em stadion Breslau; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

51


Literaturverzeichnis<br />

sarzynski, 2012:<br />

http://www.portalpoint.info/<br />

de,rubryki,10,2755,0.html, 02.05.2012<br />

Billert, 2012:<br />

http://www.schrumpfende-stadt.de/magazin/downloads/2004_2.pdf,<br />

02.05.2012<br />

Wikipedia_Woiwodschaften, 2012:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Woiwodschaften,<br />

16.05.2012<br />

52<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.6.1 sanierte und unsanierte Häuserfassade<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 1.6.2 sanierte und unsanierte Häuserfassaden<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 1.6.3 unsanierte Hausfassade<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 1.6.4 unsanierte Hausfassade<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 1.6.5 Bahnhof stadion<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 1.6.6 sanierter Hauptbahnhof<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 1.6.7 Flughafen Breslau<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 1.6.8 skytower<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 1.6.9 Innenansicht Flughafen<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 1.6.10 em stadion Breslau<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan


1.7 plätze, parks, promenaden -<br />

Freiräume in Breslau<br />

<strong>von</strong> ran Chen und Laura polaczek<br />

Breslau verfügt über sehr viele Freiräume im<br />

Verhältnis zur bebauten Fläche. Dabei handelt<br />

es sich um eine Vielzahl <strong>von</strong> plätzen und parks,<br />

sowie Freiräume, die im Bezug zum Wasser<br />

stehen. Weiteres Grün kommt durch die satellitensiedlungen<br />

hinzu, bei denen stets darauf<br />

geachtet wird den Freiflächenanteil hoch zu<br />

halten. Im 21. Jahrhundert ist eine neue Form<br />

des Freiraums entstanden: shoppingcenter stellen<br />

ihre privaten Freiräume der öffentlichkeit<br />

zur Verfügung.<br />

Straßennetz<br />

Breslaus straßennetz ist bestimmt durch den<br />

Kern der Altstadt, um den herum es mehrere<br />

straßenringe gibt, <strong>von</strong> denen radialstraßen abgehen.<br />

rund um den Kern der Altstadt führt<br />

an der stelle des ehemaligen Burggrabens seit<br />

dem 20. Jhd. mit einem Kilometer Länge die<br />

„Trasa W-Z“ (vgl.: pl_Wiki_TrasaWZ, 2012).<br />

Der äußere Altstadtring wird „ulica podwale“<br />

genannt. er ist 2,8 km lang und wird <strong>von</strong> einer<br />

promenade und Wasserläufen begleitet (vgl.:<br />

pl_Wiki_podwale, 2012) Den nächstäußeren<br />

ring bildet die umgehungstraße. sie verbindet<br />

die äußeren stadtviertel im radius <strong>von</strong> 3 bis 5,5<br />

km mit dem markt. sie wird in ihrer Gesamtlänge<br />

<strong>von</strong> ca. 25 km in Kürze fertiggestellt sein<br />

(vgl.: pl_Wiki_obwodnica, 2012). Im rahmen<br />

der Fußball-em 2012 wurde auch eine 35 km<br />

lange, neue Autobahn „s8“ halb rund um die<br />

stadt gebaut (vgl.: De_Wiki_Breslau, 2012).<br />

Abb. 1.7.1 ulica podwale; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Große Teile der Altstadt sind Fußgängerzonen<br />

oder verkehrsberuhigt. Die wichtigsten<br />

straßen „olawa“, „swidnicka“, „ruska“ und<br />

„Kurzy Targ“ laufen auf den rynek zu. Besonders<br />

hervorzuheben ist die „ulica swidnicka“<br />

(schweidnitzer straße), als wichtigste einkaufsstraße<br />

Breslaus (vgl.: pl_Wiki_swidnicka,<br />

2012). Diese ist auch heute noch sehr belebt<br />

und bietet neben vielen einkaufsmöglichkeiten<br />

auch Architektur aus vielen unterschiedlichen<br />

epochen. eine <strong>von</strong> den wenigen, fast vollständig<br />

original erhaltenen, prachtstraßen ist die<br />

„ulica miernicza“. sie ist daher Kulisse vieler<br />

Filme (vgl.: pl_Wiki_miernicza, 2012). es fällt<br />

auf, das viele plätze in Breslau reine Verkehrsplätze<br />

sind, die nicht zur Naherholung oder als<br />

Treffpunkt dienen.<br />

Das Venedig des Ostens<br />

Aufgrund seiner vielen Inseln und Brücken wird<br />

Breslau als das „Venedig des ostens“ bezeichnet.<br />

Der „Breslauer Wasserwegeknotenpunkt“<br />

ist ein Komplex <strong>von</strong> Flüssen, Kanälen und hydrotechnischen<br />

Anlagen. er besteht aus der<br />

53


Abb. 1.7.2 schweidnitzer straße; Foto: Laura polaczek, 2012


Abb. 1.7.3 Venedig des ostens; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Oder, vier Nebenflüssen der Oder (Oława, Slłza,<br />

Bystrzyca und Widawa), drei Hauptkanälen<br />

(stadtkanal, schifffahrtskanal und Flutkanal),<br />

sowie einem dichten Netz <strong>von</strong> kleinen Flüssen<br />

und Wasserläufen. Zudem gibt es oderschleusen<br />

und viele weitere wasserwirtschaftliche<br />

Anlagen. Der Hauptwasserweg ist 35 km lang<br />

(vgl.: Breslau_Wasser, 2012). Das Wasserwegenetz<br />

spielte seit dem Beginn der stadt eine<br />

sehr wichtige rolle. Der 10,7 km lange „Gegenwärtige<br />

schifffahrtskanal“ mit belaufenden<br />

Flutkanal wurde nach der Flut <strong>von</strong> 1907 zum<br />

verbesserten Hochwasserschutz errichtet (vgl.:<br />

Breslau_oder, 2012).<br />

Die meisten der 12 Inseln befinden sich zwischen<br />

dem universitätsviertel der Altstadt und<br />

dem nördlichen Flussufer. Die bekannteste Insel<br />

ist die „Wyspa piasek“ (sandinsel), auf der<br />

sich die Heilige-Anna-Kirche und eine gotische<br />

marienkirche befinden. Bis zum zweiten Weltkrieg<br />

war die Insel auch dicht mit Wohnhäusern<br />

bebaut. Heute nutzt man den neuen Freiraum<br />

als erholungs- und Veranstaltungsort für Festivals.<br />

Die anderen oderinseln dienen in erster<br />

Linie der Naherholung. Hier sind besonders die<br />

winzige „Tamkainsel“, die „slodowainsel“, die<br />

„mlynskainsel“ und die „Bielarskainsel“ hervor<br />

zu heben. Die „ostrow Tumski“ (Dominsel) ist<br />

heute keine Insel mehr, da die oder im Norden<br />

aufgefüllt wurde (vgl.: Wroc-life_inseln, 2012).<br />

Vor ort konnten wir feststellen, dass die sandinsel<br />

ein sehr beliebter Treffpunkt für Jugendliche<br />

ist.<br />

In Breslau gibt es 112 Brücken. Die bekannteste<br />

Brücke ist die „most Grunwaldzki“ (Kaiserbrücke),<br />

eine Hängebrücke über die oder aus<br />

genietetem stahl. sie dient seit 1910 als straßenbahn-<br />

und Fußgängerbrücke und ist 112,5<br />

meter lang (vgl.: Breslau_Grun, 2012, pl_Wiki_<br />

most_Grun, 2012). Die „Tumskibrücke“ <strong>von</strong><br />

1889 verbindet die sandinsel mit der Dominsel.<br />

An dieser stelle war früher der erste Breslauer<br />

Übergang über die oder. Ihr spitzname<br />

ist die „Brücke der Verliebten“, wegen der als<br />

romantisch bekannten umgebung (vgl.: Breslau_Tumski,<br />

2012). Die „Tierbrücke“, nahe des<br />

Tiergartens, wurde 1895 - 1897 <strong>von</strong> Karl Klimm<br />

gebaut. Da sich an der stelle seit 1704 ein<br />

Wachposten befand wird sie auch „die passbrücke“<br />

genannt (vgl.: Breslau_Zwierzynieck,<br />

2012). Der neueste und längste Brückenbau in<br />

Breslau ist die 923,5 m lange „milleniumbrücke“,<br />

die Teil der neu gebauten umgehungstrasse<br />

ist (vgl.: Breslau_millenium, 2012)<br />

55


Abb. 1.7.4 sandinsel; Foto: Laura polaczek, 2012 Abb. 1.7.5 Kaiserbrücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Abb. 1.7.7 Dominsel; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Plätze<br />

Der wichtigste platz in Breslau ist der „rynek“.<br />

Da aus den verschiedenen stadtvierteln elf<br />

straßen zum rynek führen bildet er das absolute<br />

Herz der stadt. er entstand bei der Neugründung<br />

der stadt 1214 -32 und ist seitdem<br />

einer der größten mittelalterlichen marktplätze<br />

Abb. 1.7.8 Tumski Brücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

europas. seine Besonderheit ist ein „Tritt“, also<br />

ein mittelblock, der aus dem alten rathaus,<br />

dem neuen rathaus und Bürgerhäusern besteht<br />

und um 7° gedreht ist. Nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg mussten die Fassaden der Häuser<br />

fast vollständig rekonstruiert werden. Jedes<br />

der 60 Grundstücke hat einen traditionsreichen<br />

Abb. 1.7.6 Tierbrücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Abb. 1.7.9 milleniumbrücke; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Namen, der auch heute noch am Namen des<br />

Gebäudes oder am Wappen auf der Fassade<br />

abzulesen ist. Die Wahrzeichen sind ein Denkmal<br />

<strong>von</strong> Aleksander Fredro, dem berühmtesten<br />

polnischen Dramatiker und Komödienautor<br />

polens und der Breslauer pranger, das mittelalterliche<br />

symbol der Gerechtigkeit. Jede der


vier seiten hat einen Namen, der sich auf die<br />

dort verkauften Waren bezieht. Die <strong>West</strong>seite,<br />

auch sieben-Kurfürsten-seite, war früher der<br />

„Wolle-markt“. Hier gibt es die meisten original<br />

erhaltenen Bürgerhäuser. Besonders hervorzuheben<br />

sind das 1907 im Jugendstil errichtete<br />

Gebäude rynek 1, das Bürgerhaus „unter<br />

Greifen“ und das Haus „Zu sieben Kurfürsten“.<br />

seit 1741 trägt die <strong>West</strong>seite den spitznamen<br />

„paradeplatz“. seit dem Jahr 2000 gibt es hier<br />

einen gläsernen Brunnen. Die Nordseite wird<br />

auch als die „Naschmarkt-seite“ bezeichnet.<br />

Die südseite, auch „Goldene-Becher-seite“<br />

wurde früher „Beim Alten Galgen“ genannt.<br />

ein großer Teil der Nordseite sind Warenhäuser<br />

der Jugendstilepoche oder des Neuen Bauens,<br />

mit pseudohistorischen Fassaden. Die ostseite,<br />

auch Grüne-rohr-seite befindet sich gegenüber<br />

der rathaushauptfassade. In der nordwestlichen<br />

ecke des ringes befinden sich ein<br />

gotisches Haus und ein Barockhaus, die durch<br />

ein Bogentor miteinander verbunden sind. In<br />

der Nachkriegszeit wurden die beiden Häuser,<br />

die an zwei romantische Figuren, die Händchen<br />

halten erinnern, als „Hänsel und Gretel“ verspottet.<br />

Inzwischen ist der Name aber offiziell<br />

(vgl: De_Wiki_rynek, 2012, Wroc-life_rynek,<br />

2012).<br />

Auch der „salzplatz“ ist ein mittelalterlicher<br />

marktplatz <strong>von</strong> 1242, der im Bezug zum rynek<br />

steht. seine Grundfläche ist fast quadratisch<br />

und die südwestliche ecke ist geschlossen.<br />

er wurde zwischenzeitlich mit einem Denkmal<br />

für den Feldmarschall Blücher in „Blücherplatz“<br />

umbenannt. seit vielen Jahren beherbergt er<br />

traditionell einen Blumenmarkt. Die wichtigsten<br />

Häuser sind eine ehemalige Börse <strong>von</strong> 1822<br />

an der südseite, einige ehemalige Kaufhäuser<br />

an der ostseite, ein Gebäude einer ehemaligen<br />

Apotheke, <strong>von</strong> Adolf rading erbaut, sowie<br />

zwei barocke Häuser <strong>von</strong> um 1700 (vgl.:<br />

pl_Wiki_solny,2012).<br />

Der dritte historische marktplatz ist der „Nowy<br />

Targ“ (Neuer markt), der auch bereits im 13.<br />

Jhd. entstanden ist. 1909 wurde der Handel<br />

vom Nowy Targ zur nahe gelegenen markthalle<br />

übertragen. Während des Zweiten Weltkrieges<br />

wurde unter dem platz eine große Anlage<br />

mit Geschäften und einer Diskothek errichtet.<br />

Kurz darauf wurde der platz völlig zerstört und<br />

in den 60er Jahren wieder aufgebaut. 2010<br />

gab es einen Wettbewerb zur sanierung des<br />

platzes. Der Architekt rutkowski plante eine<br />

Tiefgarage, die Installation <strong>von</strong> stadtmöblierung,<br />

neue Beleuchtung und die ergänzung der<br />

vorhandenen Grünflächen. Das projekt kostet<br />

über 38 millionen Zloty und soll nach drei Jahren<br />

Bauzeit 2013 fertig gestellt werden (vgl.:<br />

pl_Wiki_Nowy_Targ, 2012, Nowy_Targ, 2012).<br />

Der „plac Grunwaldzki“ (deutsch Kaiserstraße)<br />

befindet sich zwischen der Kaiserbrücke und<br />

der Fürstenbrücke. Während der Belagerung<br />

der Festung Breslau durch die rote Armee im<br />

Jahre 1945 wurde das stadtviertel scheitnig<br />

auf Befehl des NsDAp-Gauleiters Karl Hanke<br />

dem erdboden gleichgemacht, um ein Flugfeld<br />

zu schaffen. In den 50er Jahren begann der<br />

Wiederaufbau des Viertels. Bis ende der 90er<br />

Jahre wurde der platz als marktplatz genutzt.<br />

Ab 2006 begann man mit der rekonstruktion.<br />

Heute ist der plac Grunwaldzki ein Kreisverkehr<br />

mit einer ellipsenförmigen Bahn- und Bushaltestelle<br />

in der mitte (vgl.: pl_Wiki_Grunwaldzki,<br />

2012).<br />

Viele der ehemaligen plätze werden heute bebaut.<br />

einige müssen ganzen Gebäudekomple-<br />

Abb. 1.7.10 rynek; Foto: wikimedia.org, 2012<br />

Abb. 1.7.11 Hänsel und Gretel; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

57


xen weichen. Andere werden <strong>von</strong> mehrspurigen<br />

straßen durchzogen. Die menschen zieht<br />

es daher mehrheitlich auf die vorgestellten<br />

plätze, wie wir bei unserem Besuch in Breslau<br />

feststellen konnten.<br />

Parks<br />

In Werbekampagnen wird Breslau als „die<br />

grüne stadt“ bezeichnet. In der Tat kann man<br />

Breslau den Titel der grünsten, polnischen stadt<br />

durchaus zuschreiben. 17% der stadtfläche<br />

werden <strong>von</strong> Grünanlagen bedeckt, das macht<br />

25m² auf jeden einwohner. es gibt eine Vielzahl<br />

<strong>von</strong> promenaden, wie die Altstadtpromenade<br />

rund um Breslaus Altstadt und promenaden am<br />

oderufer. Außerdem befinden sich in Breslau<br />

26 große parks, 10 Wälder und 3 große Gärten.<br />

Die größten parks sind der „scheitniger<br />

park“ mit 100 ha und der „<strong>West</strong>park“ mit 75<br />

ha. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Wälder,<br />

wie den „redzinski“ Wald mit 400ha. (vgl.:<br />

Wroclaw_Breslau, 2012)<br />

Der „parc szczytnicki“ (scheitniger park) wird<br />

als die grüne Lunge der stadt bezeichnet. er<br />

wurde 1785 als erster englischer Garten in<br />

Kontinentaleuropa aufgebaut und ist seit dem<br />

19. Jhd. der offizielle stadtpark <strong>von</strong> Breslau. er<br />

dient Breslauern als Lehr – und entspannungsort<br />

aufgrund der vielen interessanten pflanzenarten.<br />

Im rahmen der Jahrhundertausstellung<br />

wurde 1913 auch ein japanischer Garten im<br />

szczytnicki park errichtet. Der park wurde im<br />

Zweiten Weltkrieg zerstört und 1994 wieder<br />

aufgebaut (vgl.: Wroclove2012_Japonski, parki,<br />

2012).<br />

Der Zoologische Garten wurde zunächst 1864<br />

aufgebaut, musste aber bereits nach dem ersten<br />

Weltkrieg infolge der Inflation 1921 ge-<br />

schlossen werden. 1927 wurde er wieder eröffnet<br />

und 1944 dann schließlich völlig zerstört.<br />

1948 kam es zur endgültigen Wiedereröffnung.<br />

1956 erweiterte man das Gelände, indem ehemaliges<br />

Ausstellungsgelände der Jahrhundertausstellung<br />

mit angeschlossen wurde. Heute ist<br />

der Zoologische Garten <strong>von</strong> Breslau mit 5.300<br />

Tieren einer der größten Zoos in polen. seinen<br />

eingang findet man direkt gegenüber der Jahrhunderthalle<br />

(vgl.: Wroclaw_Zoo, 2012)..<br />

eine weitere Besonderheit ist der botanische<br />

Garten der universität auf der Dominsel, der<br />

zeitgleich mit der universität 1811 gegründet<br />

wurde. er beherbergt über 7.500 Arten <strong>von</strong><br />

pflanzen auf einer Fläche ca. 7,4 ha. Da<strong>von</strong> befinden<br />

sich ca. 0,33 ha und unter Glas. Auch<br />

der Botanische Garten wurde schon mehrmals<br />

zerstört und wieder aufgebaut. Am schlimmsten<br />

traf es ihn 1945, als mehr als 50% der Bäume<br />

und pflanzen zerstört wurden. seit 1974 ist<br />

der botanische Garten im „register der Denkmäler<br />

<strong>von</strong> Niederschlesien“ eingetragen (vgl.:<br />

Botaniczny, 2012, Wroclove2012_Botaniczny,<br />

pl_Wiki_Botaniczny, 2012).<br />

In Breslau haben wir festgestellt, dass es noch<br />

wesentlich mehr parkanlagen gibt, als die genannten.<br />

es fehlt dem Breslauer nicht an erholungsmöglichkeiten.<br />

Besonders empfehlenswert<br />

ist neben dem botanischen Garten ein<br />

Besuch im scheitninger park. Vor der Jahrhunderthalle<br />

kann stündlich eine Wasserspielinszenierung<br />

mit musik beobachtet werden.<br />

Grüne Siedlungen<br />

Im Jahr 1911 wurde mit dem ersten Gartenstadtprojekt<br />

in Breslau begonnen. Heute gibt<br />

es mehr als 30 satelliten-Wohnsiedlungen in<br />

Breslau.<br />

Abb. 1.7.12 scheitniger park; Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Die berühmteste Gartenstadt in Breslau ist<br />

„Słpólno“, ursprünglich „Zimpel“. Nach dem<br />

ersten Weltkrieg wuchs Breslau sehr schnell. es<br />

wurden daher neuer Wohnungen nötig, um das<br />

überfüllte Zentrum zu entlasten. Deshalb planten<br />

Hermann Wahlicha und Paula Heim Słpólno,<br />

eine typische „Flachbausiedlung“ mit niedrigen,<br />

zweistöckigen Gebäuden. Die „siedlungsgesellschaft<br />

Breslau“ und die „Genossenschaft<br />

Heimstatt“ bauten Słpólno schließlich zwischen<br />

1919 und 1935. Die 100 Hektar große siedlung<br />

wurde für den mittelstand geplant. Das Ziel der<br />

entwerfer war <strong>von</strong> Anfang an eine Gartenstadt<br />

zu schaffen. so sind 76 Hektar der gesamten<br />

Fläche privater oder öffentlicher Grünraum. es<br />

gibt verschiedene Typen <strong>von</strong> Gebäuden, zum<br />

Beispiel mehrfamilien-reihenhäuser mit vier<br />

bis sechs Wohnungen und einfamilienhäuser<br />

mit Garten. Die Besonderheit Słpólnos ist sein<br />

Grundriss, der der Form eines Adlers, dem Breslauer<br />

Wappentier, entspricht (vgl.: selpolno,<br />

2012, siedlungen, 2012).<br />

1928 – 1930 plante paula Heim mit A. Kemp-


Abb. 1.7.12 Botanischer Garten, Foto: Laura polaczek, 2012<br />

ter das Projekt „Klein Tschansch“, heute „Ksiłłe<br />

Małe“, als Testgelände der „Forschungsgesellschaft<br />

für Wirtschaftlichkeit“. es handelt sich<br />

um sozialwohnungen mit 40, 50 oder 70 m²<br />

Wohnfläche. Seit Ksiłłe<br />

Małe 1994 als Wohnungsbaugenossenschaft<br />

registriert ist gibt<br />

es viele positive effekte, wie zum Beispiel die<br />

Verbesserung der technischen effizienz <strong>von</strong> Gebäuden<br />

und mehr Begrünungen (vgl.: siedlungen,<br />

2012, Ksiłłe<br />

Małe, 2012, Pl_Wiki_ Ksiłłe<br />

Małe,<br />

2012).<br />

ein musterbeispiel für neue entwicklungen <strong>von</strong><br />

Siedlungen ist der <strong>Stadt</strong>teil Małlice. Der SBM<br />

Małlice ist eine der ersten Wohnungsbaugenossenschaften<br />

in polen. Die städtebaulich<br />

besonders vielfältige Siedlung Małlice befindet<br />

sich im Nordwesten Breslaus, nahe des für<br />

die europameisterschaft errichteten stadions.<br />

seit 1981 wurden bisher 600 Häuser und 450<br />

Wohnungen gebaut, weitere sind in planung<br />

(vgl.: Małlice, 2012) . Die Vermutung, dass bei<br />

der siedlungsgestaltung stets viel Wert auf viel<br />

Grünraum gelegt wurde, hat sich bei unserem<br />

Besuch bestätigt. Die Grünanlagen sind allerdings<br />

sehr unterschiedlich gut gepflegt.<br />

Das Shoppingcenter - der moderne Treffpunkt<br />

Im 21. Jahrhundert hat sich das öffentliche Leben<br />

der stadt verlagert. Während die Altstadt<br />

immer mehr <strong>von</strong> Touristen überlaufen wird<br />

zieht es die Breslauer selbst in eine Vielzahl<br />

neuer „shoppingstädte“. Die shoppingcenter<br />

bieten den Breslauern verschiedenste Konzepte<br />

zur Freizeitgestaltung an, die weit über<br />

die Funktion des einkaufens hinausgehen. Die<br />

shoppingcenter sind zu beliebten Treffpunkten<br />

geworden und fungieren als eigene kleine<br />

„stadtzentren“, größtenteils am stadtrand<br />

gelegen. Die marketingabteilungen der Center<br />

behaupten, dass die shoppingcenter alles bieten<br />

können, wozu die Kundern sonst die Breslauer<br />

Altstadt aufsuchen müssten. Im Inneren<br />

oder in den Vorbereichen der Center werden<br />

sogar Wasserläufe und Grünflächen angelegt,<br />

um das Gefühl man wäre in einer eigenen kleinen<br />

stadt zu verstärken.<br />

Das einkaufszentrum „Futura park“ zum Beispiel<br />

liegt am <strong>West</strong>ende der stadt, nahe dem<br />

Flughafen. Futura park wurde 2008 eröffnet<br />

und bietet neben Geschäften auch Dienstleistungen<br />

und ein Factory outlet Center an. es<br />

gibt einen großen parkplatz <strong>von</strong> dem alle Geschäfte<br />

innerhalb des Komplexes einen direkten<br />

Zugang haben. Die Baukosten des Gebäudes<br />

beliefen sich auf über 20 millionen Zloty (vgl.:<br />

shopping, 2012, Futura_park, 2012).<br />

2007 wurde ein großes einkaufszentrum am<br />

Grunwaldzkiplatz gebaut. es ist eins der größten<br />

einkaufszentren in Breslau. Das viergeschossige<br />

Gebäude mit einer Gesamtfläche <strong>von</strong><br />

59


130.000m² schließt baulich die elipsenform des<br />

Grunwaldzkiplatzes ab. Neben 200 Geschäften<br />

gibt es auch hier Zusatzangebote wie Dienstleistungen,<br />

Gastronomie und ein Kino. seit dem<br />

Bau des Zentrums kann sich der Grunwaldzkiplatz<br />

wieder zu den beliebtesten Gegenden<br />

Breslaus zählen (vgl.: Cityknown_Grun, 2012,<br />

Grunwaldzki, 2012, Wroc-life_Grun, 2012).<br />

Das im oktober 2007 eröffnete einkaufszentrum<br />

„magnolia park“ kann man als symbol für<br />

den raketenartigen start Breslaus ins 21. Jhd.<br />

interpretieren. es liegt nahe der Innenstadt und<br />

verfügt über 240.000 m² Fläche. Über 40.000<br />

m² da<strong>von</strong> wurden zum erholungsgebiet erklärt.<br />

Hier gibt es Amphitheater, sportplätze und<br />

Abb. 1.7.13 Gartenstadt selpono,<br />

Foto: Laura polaczek, 2012<br />

Brunnen. Das Ziel war es einen ort zu schaffen,<br />

der nicht nur ein einkaufszentrum ist, sondern<br />

auch ein unterhaltungs- und erholungsgebiet<br />

(Vgl.: magnolia, 2012, shopping, 2012)<br />

es gibt zwar immer mehr einkaufszentren, unser<br />

eindruck vor ort zeigte uns aber, dass es<br />

kein Überangebot gibt und die Breslauer sowohl<br />

die neuen shoppingmalls als auch die<br />

alte markthalle, sowie die Geschäfte in den<br />

traditionsreichen einkaufsstraßen nutzen. Die<br />

shoppingcenter dienen als ergänzung zum bestehenden<br />

Angebot an plätzen und parks und<br />

bieten den Breslauern einen alternativen Trefpunkt<br />

zur Altstadt, die besonders im sommer<br />

<strong>von</strong> Touristen überlaufen ist.<br />

plätze<br />

1 - rynek<br />

2 - plac solny<br />

3 - Nowy Targ<br />

4 - plac Grunwaldzki<br />

parks<br />

5 - parc szcztnicki<br />

6 - ogrod Zoologiczny<br />

7 - ogrod Botaniczny<br />

einkaufscenter<br />

8 - Futura<br />

9 - Grunwadzki<br />

10 - magnolia park<br />

Grüne siedlungen<br />

11 - selpolno<br />

12 - Ksieze male<br />

13 - maslice<br />

Brücken<br />

14 - Kaiserbrücke<br />

Abb. 1.7.14 Karte stadtspaziergang, eigene Darstellung, Foto: Google_maps, 2012<br />

Breslau, die grüne und lebendige <strong>Stadt</strong><br />

Der Besuch in Breslau konnte bestätigen, dass<br />

es sich um eine außerordentlich grüne stadt<br />

handelt. Das Angebot an erholungsflächen ist<br />

groß. Besonders die genannten parks und die<br />

Inseln laden zum Verweilen ein. Der rynek und<br />

der salzplatz sind rund um die uhr sehr belebt,<br />

auch wenn die Lebendigkeit der stadt zum<br />

Zeitpunkt unseres Besuchs, kurz vor der anstehenden<br />

Fußballeuropameisterschaft, sicherlich<br />

verstärkt war.<br />

Kurzum, Breslau wird uns als grüne und lebendige<br />

stadt in erinnerung bleiben.


Literaturverzeichnis<br />

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Wroc-life_Grun 2012:<br />

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details/303-pasaz_Grunwaldzki, 16.05.2012<br />

Wroc-life_inseln, 2012:<br />

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Wroclove2012, Botaniczny:<br />

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sehenswurdigkeiten/ogrod-botaniczny-uniwersytetu-wroclawskiego--der-botanischegarten-der-universitat-breslau-/,<br />

16.05.2012<br />

Wroclove2012_Japonski:<br />

62<br />

http://wroclove2012.com/de/miejsca/sehenswertes/ogrod-japonski--japanischergarten--szczytnicki-park/,<br />

16.05.2012<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 1.7.1 ulica podwale<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.2 schweidnitzer straße<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.3 Venedig des ostens<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.4 sandinsel<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.5 Kaiserbrücke<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.6 Tierbrücke<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.7 Dominsel<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.8 Tumski Brücke<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.9 milleniumbrücke<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.10 rynek<br />

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/<br />

commons/thumb/5/5a/rynek_Wroclaw_<br />

summer_2010.JpG/800px-rynek_Wro<br />

claw_summer_2010.JpG, 15.07.2012<br />

Abb. 1.7.11 Hänsel und Gretel<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.12 scheitniger park<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.12 Botanischer Garten<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.13 Gartenstadt selpono<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura polaczek<br />

Abb. 1.7.14 Karte stadtspaziergang<br />

eigene Darstellung, www.maps.google.de.<br />

15.07.2012


2 exKursIoN NACH BresLAu<br />

„BresLAu WIr KommeN“<br />

Blick über Breslau, Foto: stefan rodewig 2012<br />

63


Geplantes Exkursionsprogramm<br />

Dienstag, 29.05.2012<br />

12.15 Abflug in Dortmund<br />

WizzAir<br />

13.40 Ankuft am Flughafen Breslau & Fahrt<br />

in die stadt (ca. 30 min)<br />

14.30 Check-in im kolor hostel, anschlie<br />

ßend Zeit Geld abzuholen oder zu<br />

wechselen, öpVN-Tickets zu kaufen,<br />

mittagssnack<br />

17.00 Treffen am springbrunnen rynek<br />

Abendspaziergang durch die Altstadt<br />

mit Dr. Lukasz Damurski (rynek,<br />

Universtität, Ostrów Tumski)<br />

mittwoch, 30.05.2012<br />

7.45 Treffen an der Tramstation Galeria<br />

Dominikanska, mit der Linie 17, N, 9<br />

bis ogrod Botaniczny (Fußweg zum<br />

WuT)<br />

8.30 Vortrag (englisch) maciej Litwin<br />

(Akademisches Zentrum Breslau -<br />

urzad miejski Wroclawia) „making<br />

sense of knowledge-based economy.<br />

Comments on Wrocloas‘s eIT +<br />

experience“ (WuT)<br />

9.30 Vortrag (englisch) Dr. Lukasz Da-<br />

murski „e-participation in planning.<br />

examples from poland and Germany“<br />

(WuT)<br />

64<br />

11.00 rückweg in die stadt, mittagspause:<br />

ggf. einkauf in der markthalle und<br />

picknick an der oder, Fußweg zum<br />

museum<br />

14.30 Architektur museum<br />

ul. Bernardynska 5, Wroclaw<br />

Führung (deutsch), eintritt 10 zl<br />

Dauerausstellung polnische Architek-<br />

tur und Architektur ernst may 1886 -<br />

1970<br />

16.00 Freie erkundung: z.B. mit der Tramlinie<br />

33pLus quer durch die stadt<br />

Donnerstag, 31.05.2012<br />

10.15 Treffen an der Tramstation Galeria<br />

Dominikanska, mit der Linie 17, N, 9<br />

bis ogrod Botaniczny (Fußweg zum<br />

WuT)<br />

11.00 Vortrag (polnisch) michal Ciesielski<br />

(Zoiu - Zachodnia okregowa Izba<br />

urbanistow) „spatial planning in po-<br />

land. Theory and practice.“ (WuT)<br />

12.00 Vortrag (englisch) Tomasz smolinski<br />

(Biuro rozwoju Wroclawia) „unity in<br />

Diversity. Diversity in urban redevelopment<br />

process. Wroclaw Case<br />

study.“ (WuT)<br />

13.00 Nach einer kurzen mittagspause in<br />

der mensa Busfahrt und spaziergang:<br />

neue stadtentwicklungsprojekte<br />

vor ort begleitet durch michal<br />

Ciesielski, Tomasz smolinski Damurski<br />

18.00 Freie Zeit<br />

Freitag, 01.06.2012<br />

8.20 Treffen an der Tramstation Galeria<br />

Dominikanska, mit der Linie 2, 4, 10<br />

bis Hala stulecia<br />

9.00 Treffpunkt Jahrhunderthalle<br />

spaziergang mit Führung, WuWa,<br />

Jahrhunderthalle, szczytnicki park<br />

12.00 mittagspause<br />

13.30 spaziergang sepolno, alternativ oder<br />

später Bootsfahrt mit „Nereida“ oder<br />

Wiktoria“ ZOO bis Ostrów Tumski<br />

Kosten 15 zl, Dauer 40 min<br />

19.00 Gemeinsames Abendessen<br />

samstag, 02.06.2012<br />

4.15 Treffen im kolor hostel<br />

Transfer zum Flughafen<br />

6.10 Abflug in Breslau<br />

7.35 Ankunft in Dortmund<br />

rückfahrt nach Hause


exkursion nach Breslau:<br />

Wie alles begann oder<br />

„Breslau wir kommen“<br />

<strong>von</strong> marie-pierre Wilczak<br />

Nachdem wir einen ersten eindruck Breslaus<br />

durch die referate erhalten hatten, war die<br />

Fahrt vom 22.05 bis zum 01.06.2012 mit vielen<br />

erwartungen verbunden. Würden unsere<br />

Vorstellungen dem Bild der stadt vor ort entsprechen?<br />

Gab es ungeklärte Fragen zu beantworten?<br />

Was gab es, außer den fassbaren<br />

Beweisen unserer referate, noch zu erkunden?<br />

Der Blick auf ein vielfältiges programm,<br />

das <strong>von</strong> Lucyna Zalas gestaltet und die unterstützung<br />

<strong>von</strong> ortsansässigen Fachkundigen,<br />

lies vermuten, das keine Langeweile aufkommen<br />

würde. Typisch touristische Ziele, wie der<br />

marktplatz oder die Jahrhunderthalle, aber<br />

auch stadtplanerische Besonderheiten, wie<br />

das Architekturmuseum oder das stadtviertel<br />

„psie pole“, standen auf dem plan und sollten<br />

uns spürbar aktuelle oder geschichtliche einblicke<br />

in die stadtentwicklung Breslaus geben.<br />

Aber auch für individuelle erkundungen zu<br />

den unterschiedlichsten plätzen, Gassen und<br />

Gebäuden wurde Zeit eingeplant. Folgend<br />

wird jeder Tag in einem Bericht protokolliert,<br />

welcher die offiziellen programmpunkte erläutert,<br />

jedoch auch eigene erkundungen und<br />

persönliche Highlights beschreibt.<br />

Abb. 2 universität bei Nacht, Foto: Laura polaczek, 2012<br />

65


Polnischer Crash-Kurs<br />

Hallo, ich heiße… Czesc, nazywam sie/ mam na imie..<br />

Guten Tag Dzien dobry<br />

Gute Nacht Dobra noc<br />

Wo finde ich/ ist... Gdzie znajduje/jest...<br />

restaurant, Hotel, Toilette restauracja, hotel, toileta/ ubikacja<br />

Danke Dziekuje/ dzieky<br />

Bitte prosze<br />

Ja, Nein tak, nie<br />

Ich verstehe nicht Ja nie rozumie.<br />

Was heißt/ ist... auf polnisch? Co znaczy/jest.... po polsku?


3 Vor orT - reIseBerICHTe uND rÜCKBLICK<br />

67


3.1 Der erste Überblick<br />

Dienstag 29.05.2012<br />

<strong>von</strong> Yinzi Gong und Julia Haun<br />

Der Abflug nach Breslau war eigentlich am<br />

Dienstag um die mittagszeit geplant. Da sich<br />

dieser allerdings stark verspätete, musste die<br />

erste Tagesplanung ein wenig umstrukturiert<br />

werden. schließlich konnten wir doch, am frühen<br />

Abend, fünf stunden später als geplant,<br />

unsere Fahrt ins Hostel antreten. Der erste<br />

polnische Kontakt kam durch die Verständigung<br />

mit den Taxifahrern zustande. mit Händen,<br />

Füßen und einer erfolgsversprechenden<br />

dritten methode, einer Karte mit Adresse,<br />

kamen wir schließlich am „Kolor Hostel“ an.<br />

unser Hostel befand sich in zentraler Lage,<br />

nur wenige Gehminuten vom markplatz, dem<br />

rynek, entfernt und war somit der ideale Ausgangspunkt<br />

für die folgenden exkursionsziele.<br />

Nach einem Abendessen bei „smaowie“, einer<br />

beliebten polnischen restaurantkette, die ausschließlich<br />

regionale Küche anbietet, kamen<br />

wir wieder zu Kräften und waren bereit für den<br />

ersten, etwas verspäteten programmpunkt<br />

des Tages. Geplant war ein Abendspaziergang<br />

über den rynek, hin zur universität, der<br />

sandinsel und schließlich zum Dom Breslaus.<br />

Dr. Lukasz Damurski, experte als ortskundiger<br />

Anwohner und mitarbeiter der universität<br />

Breslau am Lehrstuhl für städtebau, leitete die<br />

Führung. Von ihm erfuhren wir viele interessante<br />

Fakten über die stadt und ihre entwicklung.<br />

68<br />

Abb. 3.1.1 es kann losgehen; Foto: wikimedia.org, 2012 Abb. 3.1.2 Altes rathaus; Foto: Yinzi Gong, 2012<br />

Rynek<br />

Die erste station war der „rynek“. Das Herz<br />

Breslaus beeindruckt durch seinen imposanten<br />

quadratischen marktplatz mit einem Häuserblock<br />

inmitten des platzes. Der mittelblock<br />

beherbergt neben vielen gastronomischen Betrieben<br />

auch das rathaus, welches im 13. Jahrhundert<br />

errichtet und im 15. Jahrhundert im<br />

spätgotischen stil aufwendig umgebaut wurde.<br />

Bekannt ist der Gebäudekomplex durch<br />

seine reichen Verzierungen der ostfassade<br />

und der dazugehörigen astronomischen uhr,<br />

die im Jahr 1580 angebracht wurde. Während<br />

des Zweiten Weltkriegs wurde der rynek stark<br />

beschädigt. um 1950 wurde er dann, mit äußerstem<br />

Bemühen, originalgetreu restauriert.<br />

Universität<br />

Vom marktplatz erreicht man in wenigen minuten<br />

die universität, <strong>von</strong> der man sagt, sie<br />

habe in ihrem Inneren die schönsten Barockräume<br />

polens verborgen. Die meisten <strong>von</strong> uns<br />

suchten die räume im Laufe der Woche auf<br />

und waren <strong>von</strong> der prunkvollen einrichtung<br />

Abb. 3.1.3 universität bei Dämmerung; Foto: Yinzi Gong,<br />

2012


der universität sehr beeindruckt. Vor dem Gebäude<br />

befindet sich der Fechterbrunnen, ein<br />

1904 <strong>von</strong> Hugo Lederer geschaffenes Denkmal.<br />

Die lebensgroße Brunnenfigur aus Bronze<br />

stellt einen nackten Jüngling dar. In seiner<br />

rechten Hand hält er ein Florett, welches <strong>von</strong><br />

Zeit zu Zeit <strong>von</strong> studenten entwendet wurde.<br />

Noch heute gehört es, unerlaubter Weise,<br />

zum Brauch der neuen studenten, das Florett<br />

zu stehlen.<br />

Sandinsel<br />

Über die „uniwesky Brücke“ gelangt man<br />

zum ältesten Teil Breslaus, der sandinsel. Der<br />

park auf der sandinsel ist heutzutage ein beliebter<br />

studententreffpunkt. Vom park auf<br />

der sandinsel gelangt man zur Dominsel, die<br />

teilweise noch mit traditionellen Gaslaternen<br />

beleuchtet wird. Inmitten ragt der Dom, als<br />

weiteres Wahrzeichen Breslaus, auf. er wurde<br />

in den Jahren <strong>von</strong> 1244 bis 1341 im stil der<br />

Gotik errichtet und ist, mit seinen knapp 98 m<br />

hohen Türmen, die höchste Kirche der stadt.<br />

Tageshighlights: Die Zwerge<br />

Bereits vor der Tür unseres restaurants trafen<br />

wir auf den ersten der gusseisernen Zwerge,<br />

die überall in Breslau zu finden sind. Der etwa<br />

schuhgroße Zwerg vor unsererem restaurant<br />

streckte eine auf eine Gabel aufgespießte pierogi,<br />

eine tradtionelle maultasche, in die Luft.<br />

Im Verlauf des spaziergangs sollten noch einige<br />

weitere Zwerge folgen. ursprung haben<br />

die kleinen Gesellen in der politischen oppositionsbewegung<br />

„orange Alternative“.<br />

sie übte in den 1980er Jahren mit spontanen<br />

Aktionen, wie zum Beispiel Demonstrationen<br />

in Zwergenkostümen, Kritik am kommunistischen<br />

regime in polen und stellte einen gusseisernen<br />

Zwerg in der Breslauer Altstadt auf.<br />

Der orangen Alternative zu ehren sind heute<br />

bereits mehr als 150 unterschiedlich gestaltete<br />

Zwergfiguren in der ganzen stadt aufgestellt.<br />

Da es in Breslau viele sogenannte „unschöne<br />

ecken” und Brandwandwände gibt, findet<br />

man an vielen Hauswänden straßenkunst <strong>von</strong><br />

hohem Niveau. Vielfach werden Künstler beauftragt<br />

einige der unschöneren Wände zu<br />

bemalen. es passiert jedoch auch, dass Kunstwerke<br />

über Nacht unerlaubt entstehen und<br />

nicht wieder entfernt werden.<br />

Der Biergarten<br />

Nahe der Dominsel, neben einer ehemaligen<br />

mühle saßen wir direkt am Wasser der oder in<br />

einem schönen Biergarten und erfrischten uns<br />

mit polnischem Bier.<br />

Trotz des holprigen starts hatten wir einen<br />

schönen einstiegstag, der uns einen ersten eindruck<br />

über die interessante stadt verschaffte.<br />

Abb. 3.1.4 Der Dom bei Nacht; Foto: Yinzi Gong, 2012 Abb. 3.1.5 Der reichtumszwerg; Foto: Yinzi Gong, 2012 Abb. 3.1.6 Ausklang des Tages; Foto: Yinzi Gong, 2012<br />

69


Abb. 3.1.7 Häuserkunst; Foto: Yinzi Gong, 2012<br />

70<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 3.1.1 es kann losgehen<br />

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/dd/Wroclaw-rynek-7.2005.<br />

jpg/800px-Wroclaw-rynek-7.2005.jpg,<br />

15.07.2012<br />

Abb. 3.1.2 Altes rathaus<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />

Abb. 3.1.3 universität bei Dämmerung<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />

Abb. 3.1.4 Der Dom bei Nacht<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />

Abb. 3.1.5 Der reichtumszwerg<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />

Abb. 3.1.6 Ausklang des Tages<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong<br />

Abb. 3.1.7 Häuserkunst<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yinzi Gong


3.2 Theoretische Grundlagen und<br />

freie erkundung<br />

mittwoch 30.05.2012<br />

<strong>von</strong> ran Chen, Jan Kaplan und stephan rodewig<br />

Am mittwoch begann unser Tag schon früh.<br />

Nach einem schnellen Frühstück machten wir<br />

uns auf den Weg zur techischen universiät<br />

Breslaus. Dort angekommen erwarteten uns<br />

bereits Herr Litwin un Herr Damurski, die uns in<br />

zwei spannenden Vorträgen polens stadtplanerische<br />

Besonderheiten erläuterten.<br />

Vortrag <strong>von</strong> Maciej Litwin - „Making sense of<br />

knowledge based economy“<br />

Der erste Vortrag des Tages wurde <strong>von</strong> maciej<br />

Litwin gehalten. er ist „Head of university relations<br />

at Wroclaw City Hall“ und stellte in seinem<br />

Vortrag die Herangehensweise des programms<br />

„european Institute of Innovataion<br />

and Technology“ kurz „eIT“ vor. Die Idee ist<br />

es in sogenannten „Collocation Centres“, eines<br />

da<strong>von</strong> in Breslau, Bildungseinrichtungen wie<br />

Abb. 3.2.1 Baugewerkschule; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

universitäten, Forschungseinrichtungen wie<br />

Laboratorien und spezialisierte unternehmen<br />

an einem ort zu bündeln. Trotz dieser grundlegend<br />

neuen Herangehensweise, wird eine<br />

solche mischung <strong>von</strong> der europäischen union<br />

als sehr vielversprechend angesehen und soll<br />

daher in Zukunft besonders gefördert werden.<br />

Für das Herstellen dieser Verflechtung ist Herr<br />

Litwin als Vorsitzender zuständig. Die Kooperation<br />

manifestiert sich in einer eigenen Gesellschaft,<br />

der „eITplus“. Zu 83,8% ist die stadt<br />

Breslau eigentümer, die übrigen prozente teilen<br />

sich die universitäten der stadt.<br />

es handelt es sich um eine Vernetzung <strong>von</strong> bereits<br />

bestehenden einrichtungen zum Zweck<br />

der Innovation, welche sich als Gegenstand<br />

schwer fassen lässt. Die schwierigkeit der ein-<br />

Beispiel für unterschiedliche Bedeutungen des selben Wortes :<br />

Sprache<br />

englisch<br />

französisch<br />

deutsch<br />

griechisch<br />

polnisch<br />

Verwendetes Wort<br />

(orginal dokument)<br />

minds (s. 21)<br />

Cerveaux (s. 24)<br />

Köpfe (s. 25)<br />

łłłłłłłłł<br />

..........(S. 25)<br />

Naukowcy (s. 28)<br />

heitlichen Begriffsfindung machte Herr Litwin<br />

anschaulich an einem Zitat deutlich.<br />

Der damalige präsident der europäischen Kommission<br />

José manuel Barroso sagte: das Konzept<br />

des eIT „is supposed to attract the best<br />

minds“.<br />

schon durch die unterschiedlichen Übersetzungen<br />

dieses kurzen satzfragmentes in die verschiedenen<br />

sprachen der europäischen union<br />

wird deutlich, dass es gewisse unterschiede in<br />

dem Verständnis <strong>von</strong> einzelnen Wörtern gibt,<br />

so Litwin.<br />

erschwerend kommt hinzu, dass die drei Teile,<br />

welche die synergie erzeugen sollen, einander<br />

fremd sind. Die politik, als Vertreter des staates<br />

ist ein Konzept, welches sich mit Zöllen, steuern,<br />

militär, subventionen, Bevölkerung und so<br />

Beschreibung<br />

menschen sind soziale Individuen: Ihr Wissen<br />

ist ein Teil ihrer persönlichkeit<br />

menschen sind denkende maschienen<br />

menschen sind Individuen<br />

menschen sind etwa gleich denkende maschienen<br />

(eng. „scientists“) Institutionalisiert: menschen<br />

sind die Funktion, die sie ausführen<br />

71


weiter, also durchweg mit den Dingen befasst,<br />

die materiell und zählbar sind. Die politik ist<br />

nun schirmherr der Verbindung <strong>von</strong> drei sehr<br />

unterschiedlichen einrichtungen. Zum einen einer<br />

universität, also einer Bildungseinrichtung,<br />

die kaum etwas mit politik oder Wirtschaft zu<br />

tun hat, zum anderen <strong>von</strong> marktwirtschaftlich<br />

denkenden unternehmen und zusätzlich <strong>von</strong><br />

Forschungseinrichtungen, welche weder das<br />

eine noch das Andere sind. Die politik befasst<br />

sich also nicht nur mit einem Konzept, dass aus<br />

sehr unterschiedlichen partnern besteht, sondern<br />

auch noch etwas produziert, womit die<br />

politik kaum erfahrung hat, da es nicht greifbar<br />

oder zählbar ist.<br />

Doch schon die mischung <strong>von</strong> einzelnen dieser<br />

Bereiche ist eine methode, die geschichtlich<br />

betrachtet, durchaus erfolgversprechend sein<br />

kann. Hierzu erwähnte Herr Litwin das Beispiel<br />

der Bildungspolitik im preußischen staat. sie<br />

wurde erst erfolgreich, als Bismarck das schulsystem<br />

im 19. Jh. unter staatlichen Geschichtspunkten<br />

reformierte.<br />

Außerdem ist eine planung einer solchen Verbindung<br />

auch etwas, das grundsätzlich auf einen<br />

erfolg auf lange sicht abzielt. Dies ist, stellte<br />

Herr Litwin klar, nicht immer problemlos mit<br />

den marktwirtschaftlichen Überlegungen oder<br />

den politischen Akteuren zu vereinbaren.<br />

um nun dieser situation <strong>von</strong> recht unvereinbar<br />

scheinenden partnern schwung zu verleihen<br />

war das Ziel schon jetzt Fakten zu schaffen.<br />

Die Idee des „eITplus“ war geboren. Das<br />

eITplus ist ein Konzept, welches der Frage,<br />

ob die Verbindung überhaupt möglich ist, die<br />

schwierigkeit nimmt. Dies ist möglich, in dem<br />

man einen realen ort als standort ausgesucht<br />

und mit dem Bau der Gebäude begonnen hat.<br />

Firmen und Forschungseinrichtungen wurden<br />

angesprochen und man fing an eine Verbindung<br />

zu schaffen. Herr Litwin erklärte begeistert,<br />

dass dies natürlich nur in einer stadt wie<br />

Breslau geschehen konnte, da sie mit ihren<br />

140.000 studenten und der beeindruckenden<br />

universitätslandschaft mit ihren diversen Forschungsschwerpunkten,<br />

sowie einem starken<br />

Wirtschaftswachstum und damit dem damit<br />

einhergehenden großen potential aufwarten<br />

könne. Die facettenreiche stadtgeschichte und<br />

Begeisterungsfähigkeit der polnischen Bevölkerung<br />

für das Konzept europas sind für Herr<br />

Litwin der schlüssel zu einer erfolgreichen realisierung<br />

dieser Idee.<br />

Den standort des eITplus für das entstehen<br />

<strong>von</strong> synergien findet man nun im Nordwesten<br />

Breslaus. In Form des eITplus bietet die stadt<br />

Breslau nun die polnische Lösung für die umsetzung<br />

der <strong>von</strong> der eu formulierten Aufgabe<br />

im rahmen des eIT Konzepts.<br />

Nach dem Vortrag gab es noch einige rückfragen,<br />

die sich hauptsächlich mit dem genaueren<br />

Verständnis einiger punkte befassten. so fragten<br />

wir zum Beispiel nach, wie viele universitäten,<br />

auch außerhalb <strong>von</strong> Breslau sich schon für<br />

dieses Konzept begeistert haben. Laut Konzept<br />

könnte sich jede universität aus polen am eIT<br />

programm in Breslau beteiligen. Herr Litwin<br />

antwortete darauf, dass auf Grund der Aufbauphase<br />

erstmal hauptsächlich universitäten aus<br />

Breslau im projekt integriert sind.<br />

Weiterführende Informationen zum Vortrag<br />

gibt es unter: http://eit.europa.eu/<br />

Vortrag <strong>von</strong> Dr. Ing. Lukasz Damurski -<br />

„E-participation in planning“<br />

Direkt im Anschluß folgte ein zweiter Vortrag<br />

zum Thema „e-participation in planning“. Dieser<br />

wurde <strong>von</strong> Dr. ing. Lukasz Damurski gehalten.<br />

Inhalt des Vortrags waren die onlinebasierte<br />

Bürgerbeteiligung in planungsprozessen im<br />

Allgemeinen und den Vergleich verschiedener<br />

Ansätze in Deutschland und polen im Besonderen.<br />

Als einleitung in das Thema erklärte Dr. Damurski,<br />

dass momentan eine Bürgerbeteiligung bei<br />

Neuplanungen in polen kaum stattfindet. Das<br />

problem ist aber nicht, dass es keine Angebote<br />

gibt, sondern das diese <strong>von</strong> den Bürgen einfach<br />

nicht angenommen werden. Als Beispiel<br />

wurde eine stadt genannt in der eine Bürgerbeteiligung<br />

durchgeführt wurde. Von 70.000<br />

einwohnern kamen allerdings nur zwei Bürger<br />

zu den öffentlichen Treffen.<br />

Der geringe erfolg <strong>von</strong> Bürgerbeteiligungen in<br />

polen liegt nach Aussage <strong>von</strong> Dr. Damurski an<br />

der schlechten Beziehung zwischen planungsinstitutionen<br />

und den Bürgern. Das Vertrauen<br />

in staatliche Institutionen ist aufgrund der<br />

polnischen Vergangenheit stark belastet. Aber<br />

auch viele der planer selbst sehen die Bürgerbeteiligung<br />

eher als unangenehme pflicht und erkennen<br />

kaum die potentiale, die darin stecken.<br />

um die Akzeptanz sowohl in der Bevölkerung,<br />

als auch unter den planern zu erhöhen ist laut<br />

Dr. Damurski eine verbesserte Kommunikation<br />

und Transparenz in den planungsprozessen<br />

notwendig. Der <strong>von</strong> ihm vertretene Ansatz<br />

sieht vor, über ein weitreichendes online-Angebot<br />

die Bürger zunächst intensiv zu informieren<br />

und schließlich, auf demselben Weg, online


Abb. 3.2.2 Dr. Ing. Lukasz Damurski;<br />

Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

die Beteiligung der Bürger zu ermöglichen.<br />

Im weiteren Verlauf des Vortrages zeigte Dr.<br />

Damurski einige Beispiele <strong>von</strong> verschiedenen<br />

Internetauftritten deutscher- und polnischer<br />

planungsämter. Aus beiden Ländern waren<br />

sehr vorbildliche entwicklungen darunter, wie<br />

z.B. aus Warschau, Krakow, münchen und<br />

Düsseldorf. Das system aus Düsseldorf wurde<br />

hier besonders gelobt, da es dem Benutzer ermöglicht<br />

selber pläne hochzuladen, sodass die<br />

Kommunikation hier besonders effizient gestaltet<br />

werden kann.<br />

Anhand der Beispiele wurde deutlich, dass<br />

deutsche planungsämter transparenter und<br />

unabhängiger auftreten. Dagegen ist die Interaktivität<br />

bei polnischen seiten meist höher.<br />

Der Grund dafür ist, dass in Deutschland Bürgerbeteiligungen<br />

seit Jahren bereits erfolgreich<br />

außerhalb des Internets funktionieren. Der Bedarf<br />

für eine onlinebeteiligung ist daher kaum<br />

gegeben.<br />

ein weiterer Teil des Vortrages war zudem dem<br />

allgemeinen Vergleich des deutschen und polnischen<br />

planungssystems gewidmet. Hierbei<br />

überraschte, dass sich viele Gesetzte und Vorgaben<br />

ähneln, jedoch in beiden Ländern unterschiedlich<br />

gehandhabt werden.<br />

Im Anschluß des Vortrages wurden einige Fragen<br />

gestellt. so kam die Frage wie viele Haushalte<br />

in polen überhaupt an das Internet angeschlossen<br />

sind. Dr. Damurski zur Folge liegt die<br />

Quote bei 70% mit steigender Tendenz. obwohl<br />

so 30% der Bevölkerung <strong>von</strong> vorneherein<br />

bei Bürgerbeteiligungen benachteiligt sind, ist<br />

die Beteiligungsquote trotzdem höher als bei<br />

normalen Verfahren.<br />

Den Vortrag zusammenfassend kann man sagen,<br />

dass die entwicklung im Bereich der online-Bürgerbeteiligung<br />

in polen bereits weit<br />

gediehen ist. Dennoch ist das Interesse der Behörden<br />

an Bürgerbeteiligungsverfahren im Allgemeinen<br />

eher gering. Dr. Damurski gibt sich<br />

aber hoffnungsvoll, dass sich das in Zukunft<br />

ändern wird.<br />

<strong>Ein</strong>e ausgedehnte Mittagspause<br />

Nach dem informativen Vormittag hatten wir<br />

etwas Zeit, bis zum nächsten Termin und nutzen<br />

diese, um die stadt weiter zu erkunden.<br />

Wir teilten uns in kleine Gruppen auf. unsere<br />

Gruppe ging als erstes in den botanischen Garten,<br />

der eine wundervolle, ruhige, grüne Idylle<br />

mitten in der stadt ist.<br />

Frisch ausgeruht steuerten wir wieder richtung<br />

stadtkern und nutzten die Gelegenheit<br />

den Turm des Breslauer Doms, die Kathedrale<br />

Johannes des Täufers, mit dem Aufzug herauf<br />

zu fahren. Trotz Aufzug mussten die letzten<br />

meter zu Fuß erklommen werden, jedoch entschädigte<br />

die Aussicht vollkommen dafür. sie<br />

war atemberaubend und wir konnten nicht nur<br />

einen Falken, sondern auch ein Gebäude aus<br />

den Vorträgen an der rWTH, in der vor uns liegenden<br />

stadt ausfindig machen: den skytower.<br />

Wieder auf dem Boden gingen wir weiter<br />

richtung Innenstadt und machten Halt an der<br />

markthalle (Hala Targova). Hier konnten wir<br />

uns mit ein paar Kleinigkeiten zum mittagessen<br />

eindecken und die stahlbetonkonstruktion der<br />

Halle bewundern.<br />

Auf der westlichen seite der Halle hinein, auf<br />

der östlichen hinaus gingen wir ans ufer der<br />

oder und verschafften uns einen geschmacklichen<br />

Überblick über unsere einkäufe. Da unser<br />

zweiter Termin des Tages, das Architektur<br />

museum, etwas östlich des stadtzentrums lag,<br />

konnten wir auf dem Weg dorthin noch das<br />

Gebäude „panorama raclawicka“ besuchen,<br />

in dem das gleichnamige panoramabild ausgestellt<br />

ist. Das Bild zeigt den sieg der polnischen<br />

Armee über die russische im Jahre 1794. Am<br />

Architekturmuseum trafen wir auch den rest<br />

unserer reisegruppe wieder.<br />

Architektur Museum Breslau<br />

Das Architekturmuseum Breslau ist das einzige<br />

Architekturmuseum in polen. Daher pflegt es<br />

einen engen Austausch mit anderen Architekturmuseen<br />

außerhalb <strong>von</strong> polen. Das museum<br />

ist in den räumen eines der wichtigsten Baudenkmäler<br />

der stadt untergebracht, einem ehemaligen<br />

Bernhardinerkloster aus dem 15.Jhd.<br />

In der Dauerausstellung wird architekturbezogenes<br />

Kunsthandwerk, romanische und gotische<br />

Bauplastik sowie Glasmalerei gezeigt. ein<br />

stadtmodell <strong>von</strong> Breslau um 1700 zeigt zudem<br />

die städtebauliche entwicklung.<br />

Das Interesse unseres Besuches galt jedoch in<br />

erster Linie der Wechselausstellung. Diese beschäftigte<br />

sich vom 24.03.-17.06.2012 mit den<br />

73


Werken des berühmten Architekten und stadtplaner<br />

ernst may. Die may Ausstellung befand<br />

sich zum größten Teil im Kirchenschiff des Klosters.<br />

Zu Beginn der Ausstellung wurden mays<br />

Bauten in schlesien gezeigt. Diese gelten als<br />

wichtige Grundlage seines späteren schaffens.<br />

Auch eine geplante stadterweiterung <strong>von</strong> Breslau<br />

wurde in Form <strong>von</strong> Zeichnungen und als<br />

modell ausgestellt. Diese, aus verschiedenen<br />

satellitenstädten bestehende, planung wurde<br />

zwar nie 1:1 realisiert, läßt sich am heutigen<br />

stadtgrundriss Breslaus aber durchaus erahnen.<br />

Zudem bescherte dieser entwurf may eine große<br />

internationale Beachtung.<br />

Neben alten Zeichnungen und Fotografien basierte<br />

die Ausstellung vor allem auf Architekturmodellen,<br />

die <strong>von</strong> studenten verschiedener<br />

Hochschulen gebaut wurden und die entwürfe<br />

mays plastisch veranschaulichten. Auch eine<br />

originale „Frankfurterküche“ war Teil der Ausstellung.<br />

Dieser <strong>von</strong> margarete schütte-Lihotzky<br />

entworfene Küchentypus wurde <strong>von</strong> ernst<br />

may in der Funktion als siedlungsdezernent der<br />

stadt Frankfurt in Auftrag gegeben. Die Grundidee<br />

der Frankfurter Küche hängt eng mit dem<br />

Thema des massenwohnungsbaus zusammen,<br />

sowie mit dem Begriff des existenzminimums,<br />

der für das Verständnis <strong>von</strong> mays Arbeiten eine<br />

wichtige rolle spielt. Vor allem als siedlungsdezernent<br />

der stadt Frankfurt hat may die entwicklungen<br />

im massenwohnungsbau stark beeinflusst.<br />

Der schnellen Führung durch die ernst may-<br />

Ausstellung, folgte ein sehr ausführlicher Vortrag<br />

am Breslauer stadtmodell über die entstehung<br />

und entwicklung der stadt, welches<br />

bereits in einem der referate zur sprache kam.<br />

Im Zusammenhang zur entwicklung Breslaus<br />

Abb. 3.2.3 markthalle; Foto: Jan Kaplan, 2012<br />

Abb. 3.2.4 Aussicht vom Dom;<br />

Foto: stephan rodewig, 2012<br />

Abb. 3.2.5 Botanischer Garten;<br />

Foto: stephan rodewig, 2012


wurde uns danach auch noch die kunsthandwerkliche<br />

sammlung des museums gezeigt<br />

und erläutert. Von fein detaillierten Türklinken,<br />

bis hin zu großen Kachelöfen beschäftigt sich<br />

dieser Teil der Dauerausstellung mit verschiedenen<br />

Baudetails. Der Höhepunkt ist die sehr<br />

ausführliche sammlung <strong>von</strong> Glasmalereien. Die<br />

Herkunft vieler Arbeiten ist jedoch leider unbekannt.<br />

Zum Abschluß unseres museumsbesuches bekamen<br />

wir kurz vor ende der öffnungszeit eine<br />

knappe geschichtliche erläuterung des Klostergebäudes,<br />

zusammen mit einer Führung durch<br />

den Kreuzgang und den Innenhof.<br />

Der Besuch des museums war insgesamt sehr<br />

interessant. Leider blieb aufgrund der umfangreichen<br />

Führung durch die Dauerausstellung<br />

keine Zeit sich genauer mit der ernst may Ausstellung<br />

auseinander zu setzen, obwohl uns<br />

diese sehr faszinierte. Trotz der vergleichsweise<br />

kurzen Zeit, die wir in der Wechselausstellung<br />

verbringen konnten, ist das der einzige Teil des<br />

museums der einen nachhaltigen eindruck hinterlassen<br />

konnte.<br />

mit dem museumsbesuch endete unser offizielles<br />

Tagesprogramm.<br />

Entdeckungsreisen durch die <strong>Stadt</strong><br />

Der rest des Tages stand uns zur freien Verfügung<br />

und da wir noch etwas Zeit hatten teilte<br />

sich die reisegruppe wieder in kleinere Gruppen<br />

auf, um verschiedene Ziele anzusteuern.<br />

unsere Gruppe ging nach süden und folgte einer<br />

der größeren Ausfallstraßen zum „Denkmal<br />

der Vertriebenen“ („przechodnie-pomnik“),<br />

das uns, wie der skytower, schon in den präsentationen<br />

an der rWTH begegnet war.<br />

Von dort aus ging es weiter in richtung des<br />

neuen Hauptbahnhofes. Auf dem Weg dorthin<br />

machten wir immer wieder Halt um Interessantes,<br />

eindrückliches, spannendes oder einen der<br />

Zwerge Breslaus zu entdecken.<br />

Auf dem rückweg richtung Innenstadt,<br />

konnten wir auch noch einen kleinen schlenker<br />

durch die parklandschaften entlang eines<br />

oderarms machen und etwas Feierabendstimmung<br />

in Breslau mit<strong>erleben</strong>.<br />

75


Abb. 3.2.6 Architekturmuseum Haupthalle; Foto: stephan rodewig, 2012


Abb. 3.2.7 Karte stadtspaziergang, Foto: Google_maps, 2012<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 3.2.1 Baugewerkschule<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 3.2.2 Dr. inz. Lukasz Damurski<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 3.2.3 markthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Jan Kaplan<br />

Abb. 3.2.4 Aussicht vom Dom<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 3.2.5 Botanischer Garten<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 3.2.6 Architekturmuseum Haupthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> stephan rodewig<br />

Abb. 3.2.7 Karte stadtspaziergang<br />

eigene Darstellung, www.maps.google.de,<br />

15.07.2012<br />

77


3.3 stadtentwicklungspolitik in<br />

Wroclaw<br />

Donnerstag 31. mai 2012<br />

<strong>von</strong> Frederic müller, Yiran Nan<br />

Der Donnerstag begann für uns exkursionsmitglieder,<br />

wie am Vortag, mit dem Auffinden<br />

der technischen universität Breslaus. Jedoch<br />

wurde uns eine etwas gemäßigtere uhrzeit<br />

gegönnt, sodass wir uns schließlich, wohl erholt<br />

vom gestrigen programm, in den dortigen<br />

einrichtungen einfinden konnten. Wie auch<br />

am vorherigen Tag, galt es einen Terminplan<br />

zu bewältigen, dessen Vorträge und Besichtigungen<br />

ein besonderes Augenmerk auf einen<br />

Teilaspekt der dortigen planungen geben<br />

sollte. so widmete sich dieser Tag expliziten<br />

stadtentwicklungsprojekten in Wroclaw. Darunter<br />

wurden vor allem periphere objekte<br />

näher untersucht.<br />

„Spatial planning in Poland. Theory and<br />

practice.“<br />

Der erste Vortrag, dem wir beiwohnten, wurde<br />

<strong>von</strong> michael Ciesielski gehalten. er ist Vorstandsmitglied<br />

der stadtplanerkammer und<br />

für den Bereich <strong>West</strong>polen zuständig. Zudem<br />

ist er im stadtentwicklungsbüro Breslaus tätig<br />

und ein aktives mitglied des Verbandes der<br />

„polnischen urbanisten“. Im Vortrag „spatial<br />

planning in poland. Theory and practice.“,<br />

erteilte uns michael Ciesielski einen einblick<br />

in die raumplanung polens. Nachdem die<br />

grundlegenden planungswerkzeuge erläutert<br />

wurden, ereilte uns die Kenntnis, dass das pla-<br />

78<br />

nungssystem polens in seiner Grundstruktur<br />

nur wenige Abweichungen zum Deutschen<br />

aufweist. Der dortige Flächennutzungsplan<br />

wird so zum Beispiel in mehrere unterpläne<br />

aufgeteilt, die je nach plan verschiedene Informationen<br />

beinhalten. sie sind im Gegensatz<br />

zu den deutschen planungswerkzeugen freier<br />

gestaltet und befinden sich in einer planungsebene<br />

zwischen einem FNp und einem masterplan.<br />

Daraufhin ging der referent des Breslauer<br />

stadtentwicklungsbüros auf die probleme<br />

des polnischen planungssystems ein. so wird<br />

ein paragraph eines weiteren polnischen planungsinstrumentes,<br />

der unserem §34 ähnelt<br />

und vereinfacht dem Füllen <strong>von</strong> Baulücken<br />

dient, vorzugsweise für wilde Baumaßnahmen<br />

missbraucht. Diese Verordnung befugt<br />

Investoren dazu den ursprünglichen Bebauungsplan<br />

zu missachten. Diese, oft auch sehr<br />

spekulativen Vorgehen, führen zu einer unbeeinflussbaren<br />

suburbanisierung. Damit einher<br />

geht die Zerstörung der stadtstruktur, was am<br />

Beispiel der Warschauer peripherie ersichtlich<br />

wurde. Wild verstreute „Gated Communities“<br />

dominieren das dortige stadtbild. ein weiteres<br />

zentrales problem im polnischen planungssystem<br />

ist ein sondergesetz, welches Investitionen<br />

schneller ermöglichen lassen soll. Auch<br />

dieses Gesetz wird oftmals benutzt um kommunale<br />

pläne für bestimmte Zwecke zu übergehen.<br />

projekte die unter diese Verordnung<br />

fallen sind vor allem in der Infrastruktur beheimatet<br />

oder dienen repräsentativen, überregionalen<br />

Großereignissen wie der Fussballeuropameisterschaft<br />

2012.<br />

Generell fiel uns auf, dass in polen ein Überangebot<br />

an Baufläche vorherrscht. Für die<br />

rund 38,5 mio. einwohner des Landes werden<br />

Bauflächen für 80 millionen menschen<br />

freigehalten. oft teilen Bauern mit großer<br />

landwirtschaftlicher Fläche einfach Bauland<br />

ab und dies, obwohl die Demographie in polen,<br />

wie auch in Deutschland, abnehmend ist.<br />

Den Investoren wird schließlich überlassen mit<br />

welchen Instrumenten sie arbeiten. meistens<br />

erfolgt dies über bereits erwähnte sonderregelungen<br />

und nicht etwa über die kommunale<br />

ebene. In diesem Falle entfällt dann auch<br />

zumeist eine Bürgerbeteiligung. Dies ist keine<br />

Ausnahme, sodass die vorhandenen Bürgerbeteiligungsgesetze<br />

häufig keine Beachtung<br />

erfahren. ob eine Bürgerbeteiligung funktioniert<br />

liegt hier nicht an dem Gesetz, sondern<br />

am guten Willen des Bürgermeisters. Dadurch<br />

kommt es oft vor, dass eine Bürgerbeteiligung<br />

übersprungen wird, wenn Zeitdruck aufkommt,<br />

um Investitionen einzuhalten. Generell<br />

sind die Bürger auch noch nicht aufgeklärt<br />

mit welchen rechten sie befugt sind. Wenn es<br />

nun doch zu einem Gespräch zwischen den<br />

Verantwortlichen und den Akteuren kommt,<br />

werden sie nicht <strong>von</strong> moderatoren, sondern<br />

<strong>von</strong> den planern selbst geleitet. Diese sind<br />

meistens aufgrund ihrer fehlenden schulung<br />

überfordert, was oftmals zu vermeidbar komplizierten<br />

Gegebenheiten führt. ein weiteres<br />

problem ist die mangelnde Dichte kommunaler,<br />

städtebaulicher Büros. Kleinere Gemeinden<br />

greifen gerne auf kleine private unternehmen<br />

zurück, wobei die Vergabe anhand des preises<br />

erfolgt. Die Qualität dieser Büros bleibt<br />

bei den städtebaulichen Leistungen oft fraglich.<br />

Desweiteren bildet die Tatsache, dass das<br />

eigentumsrecht gut und gerne mit dem Baurecht<br />

verwechselt wird, ein zentrales problem.


abb. 3.3.1 studierende in der Universität; foto: Yiran nan, 2012<br />

Allgemein kann man sagen, dass polen noch<br />

einige schwierigkeiten in seiner raumplanung<br />

hat. Jedoch in Anbetracht der Tatsache, dass<br />

es sich hier um eine sehr junge planungsgeschichte<br />

handelt, die erst mit dem Fall des eisernen<br />

Vorhanges ihren Anfang nahm, sind<br />

doch schon große erfolge erzielt worden. Wir<br />

erlangten das Gefühl, dass mit den referenten<br />

eine neue junge Generation an planern hervorkommt,<br />

die viel bewegen kann und auch<br />

wird. Dies kristallisierte sich in einer dem Vortag<br />

anschließenden Diskussion mit den exkursionsteilnehmern<br />

und dem referenten heraus.<br />

„Unity in Diversity. Diversity in urban redevelopment<br />

process. Wroclaw case study.“<br />

Der folgende Vortrag wurde <strong>von</strong> Tomasz solinski<br />

gehalten. mit ihm konnten wir ein weiteres<br />

mitglied des stadtentwicklungsbüros<br />

Breslaus BrW („Biuro rozwoju Wroclawia“)<br />

anhören. sein Vortrag „unity in Diversity.<br />

Diversity in urban - redevelopment process.<br />

Wroclaw casestudy.“ beschäftigte sich mit<br />

den unterschieden der stadt. Genau diese<br />

unterschiede, die sich durch die fundamental<br />

divergenten epochen begründen, machen<br />

die stadt „interessant“ und „einzigartig“; so<br />

der referent. einen paten findet dieses Konzept<br />

in der europäischen union. Dort steht<br />

das gemeinsame Wirken <strong>von</strong> Diversitäten und<br />

Autarkie jedes einzelnen mitgliedstaates im<br />

Fokus. Konvergenzen ergeben sich dagegen<br />

wenn es darum geht gemeinsam probleme<br />

zu lösen, entwicklung zu fördern oder revitalisierungen<br />

zu katalysieren. solche projekte<br />

aus Breslau stellte Tomasz solinski folgend vor.<br />

Das erste entwicklungsprojekt, das uns vom<br />

referenten vorgestellt wurde, ist der „plac<br />

powstancow Warszawy“. Vor dem Krieg<br />

handelte es sich um ein sehr stark bebautes<br />

Gebiet, dessen Blockstruktur allerdings durch<br />

die Luftangriffe und die maßnahmen zum<br />

Festungsausbau 1945 eine vollkommene<br />

Vernichtung erfahren musste. Infolgedessen<br />

wurde das Viertel vor der Grunwaldzkibrücke<br />

ausschließlich zur großräumigen erschließung<br />

genutzt. Nachdem man 2010 einen neuen<br />

plan erstellte, sollten nicht länger straßen und<br />

Verkehr den ort dominieren. Die fehlenden<br />

Verbindungen der stadtstruktur sollten wieder<br />

geknüpft werden um das system an öffentlichen<br />

plätzen erneut herzustellen. moderne<br />

Gebäudestrukturen geben dem ort eine neue<br />

Identität und bewahren zugleich alte strukturen,<br />

sodass etwa sichtachsen zum Fluss oder<br />

zur Kirche erhalten bleiben.<br />

Nicht weit vom „plac powstancow Warszawy“<br />

entfernt befindet sich der „plac Grunwaldzki“,<br />

dessen Achse bereits 1930 konstruiert wurde.<br />

Während des Krieges wurde das Gebiet großflächig<br />

zugunsten einer Landebahn abgerissen.<br />

Nachdem Breslau polnisch wurde, erhielt<br />

das Gebiet neue Gebäudestrukturen wie zum<br />

Beispiel die studentenunterkünfte „Bleistift &<br />

Buntstift“. Jedoch ergeben sich diverse pro-<br />

79


Abb. 3.3.2 Tomasz solinski; Foto: Yiran Nan, 2012<br />

bleme auf dem platz. Als zentraler Verkehrsknotenpunkt<br />

war der öpNV zu insuffizient.<br />

stau prägte das Bild dieses ortes, sowie eine<br />

sehr ungeordnete Gebäudestruktur, die noch<br />

viele Flächen offen ließ. mit den planungen<br />

<strong>von</strong> 2003, erhielt der platz eine neue Identität<br />

in Form einer ellipse. Angrenzende Gebäude<br />

unterstützen dies in ihrer Anordnung und<br />

Gebäudeform. Zudem erhielt dieser kritische<br />

Knotenpunkt im Verkehr eine Lösung durch<br />

den zentralen Bahnsteig, wodurch der platz<br />

neue Qualität als Zentrum erlangte.<br />

einen ähnlichen Zerstörungsgrad wie den der<br />

zwei vorherigen projekte, wies auch das südviertel<br />

auf. Aufgrund des hohen Wohnungsbedarfes<br />

in der Nachkriegszeit, war der Druck<br />

nach schnellen, effektiven und komfortablen<br />

Wohneinheiten sehr hoch. Die alte Blockstruktur<br />

wurde durch damals innovative Hochhaussiedlungen<br />

ersetzt (poltegor). Im Laufe der<br />

Zeit schwand die Attraktivität dieser projekte.<br />

so kam 2005 mit neuen planungen die Forderung,<br />

ein neues subzentrum im südviertel<br />

zu schaffen, um die Altstadt zu unterstützen.<br />

80<br />

Abb. 3.3.3 Der vom Verkehr geprägte plac powstncow Warszawy, Foto: Yiran Nan, 2012<br />

Dies geschah unter anderem mittels des sky-<br />

Towers, der während unserer exkursion seiner<br />

Fertigstellung nahe stand.<br />

Tomasz solinski führte noch weitere kleinere<br />

projekte an. Darunter war uns vor allem noch<br />

die Jahrhunderthalle bekannt. Das Gelände<br />

sollte laut planungen, die ehemalige präsenz<br />

als Co-Zentrum wiedergewinnen. Dazu war es<br />

erforderlich, dem im Grünen gelegenen projekt<br />

eine neue Aufgabe zu widmen. sehr naheliegend<br />

war es natürlich die gegebenen räumlichkeiten<br />

zu erhalten um die Jahrhunderthalle<br />

weiter als Versammlungshalle zu nutzen. Der<br />

umgebende park dient weiterhin als größtes<br />

Naherholungsgebiet innerhalb der stadtgrenzen.<br />

Dafür gab es eine reihe an kleinen maßnahmen<br />

und renovierungen, jedoch gelang<br />

mit dem Ansiedeln eines Business-Komplexes,<br />

der in das Gelände integriert wurde, eine neue<br />

Definierung des ortes. Als Tagungsort rückt<br />

das Gelände näher zum stadtgeschehen und<br />

erhielt damit eine erfolgreiche reaktivierung.<br />

Auch im Anschluss dieses Vortrages wurde<br />

uns die möglichkeit gegeben unsere eindrücke<br />

mit dem referenten auszutauschen. Diese<br />

möglichkeit wurde natürlich wahrgenommen,


sodass weitere interessante Details zu den<br />

einzelnen projekten ersichtlich wurden. Allerdings<br />

gingen wir nicht mehr allzu sehr auf<br />

ausgewählte projekte wie in etwa „psie pole“<br />

ein, da diese im Laufe des Tages noch einer<br />

näheren Betrachtung unterlagen.<br />

Periphere Entdeckungsreise<br />

In Folge der beiden Vorträge legten wir eine<br />

pause in der mensa der uni ein. Dort, etwas<br />

überwältigt <strong>von</strong> der großen Auswahl der doch<br />

etwas kleinen Küche, mussten wir schnell<br />

erfahren dass die Abläufe zu denen unserer<br />

mensen eine kleine Differenz aufweisen.<br />

Denn bevor man dort an das heiß begehrte<br />

essen gelangt, wird vorher der preis abverlangt<br />

und man erhält eine Art Wartenummer.<br />

Nachdem diese kleine Tatsache, die zunächst<br />

für viel Verwirrung sorgte, ersichtlich wurde,<br />

konnte ein jeder seine polnische Variante einer<br />

Lasagne oder doch die ganz traditionelle<br />

„Borschtsch“-suppe verspeisen. Im Anschluss<br />

an die wohltuende pause hatten wir die möglichkeit<br />

einige der projekte näher zu betrachten,<br />

die uns im Vortrag <strong>von</strong> Tomasz solinski<br />

nähergebracht wurden. Die Busrundfahrt<br />

diente dem Zweck, schwer erreichbare äußere<br />

Quartiere zu erreichen und zu besichtigen.<br />

Bei dieser Vertiefung der vorher besprochenen<br />

planungsfälle, begleitete uns, neben den<br />

referenten des heutigen Tages, ebenfalls Dr.<br />

Lukasz Damurski, der uns bereits Dienstag<br />

und mittwoch einen einblick über Breslau verschaffte.<br />

Breslau im großen Rahmen<br />

An der WuT (1) startend, durchfuhren wir<br />

alsbald das erste planungsgebebiet. Dort, am<br />

„plac powstancow Warszawy“ (2), konnten<br />

wir bereits den Neubau staatlicher und öffentlicher<br />

einrichtungen erblicken. Zugleich wurde<br />

uns das Ausmaß der Belastungen durch den<br />

immensen Verkehr bewusst, dessen Hauptführung<br />

in Folge im untergrund verlaufen<br />

soll. Das ehemalige Gründerzeitviertel soll<br />

so erneut die Chance erhalten, mittels einer<br />

normaldimensionierten Bebauung, eine<br />

schlüssige Verbindung zur Innenstadt zu finden.<br />

Gleich nachdem die Grunwaldzkibrücke<br />

überquert wurde, erfolgte der erste Halt und<br />

wir hatten die Chance den Weg bis zum „plac<br />

Grunwaldzki“(3) zu Fuß abzuschreiten. Auf<br />

dem Weg dorthin passierten wir eine Hochhausanlage,<br />

bestehend aus sechs Türmen. An<br />

ihnen wurde ein zentrales problem Breslaus<br />

erkenntlich. obwohl es sich bei der Anlage<br />

um ein durchaus architektonisch wertvolles<br />

projekt handelt, ist es dem Zerfall überlassen.<br />

Die im Grunde für südlichere Breiten geplante<br />

Baustruktur weist eine zentrale schwäche<br />

auf. Jede der Wohneinheiten hat einen anderen<br />

Besitzer, sodass es äußerst schwer ist das<br />

sanierungsbedürftige Gebäude einer rechtmäßigen<br />

Behandlung zu unterziehen. materialschwächen<br />

aus diesen erbauungsjahren<br />

werden nun erkenntlich und lassen diverse<br />

andere Gebäude genauso verkommen. Dies<br />

ist besonders dramatisch, da die Wohnungssituation<br />

Breslaus generell nicht auf einem besonders<br />

hohen Niveau ist. In den Türmen leben<br />

hauptsächlich studenten, wie auch in den<br />

naheliegenden studentenunterkünften aus<br />

dem sozialismus, „Buntstift“ und „Bleistift“.<br />

In einem der dortigen Zimmer müssen mehrere<br />

studenten gleichzeitig unterkommen, da<br />

der Wohnplatz, auch auf Grund der hohen<br />

Abb. 3.3.4 sky-Tower; Foto: Imgur.com, 2012<br />

81


Abb. 3.3.5 mittag in der mensa; Foto: Yiran Nan, 2012<br />

studentenzahlen, nicht ausreichend ist.<br />

Vom plac Grunwaldzki aus nahmen wir eine<br />

Ausfallstraße in richtung Warschau und passierten<br />

dabei ein Villenviertel (4). um das<br />

erscheinungsbild dieses Viertels zu wahren,<br />

wurden zugleich <strong>von</strong> den zuständigen planungsbüros<br />

maßnahmen ergriffen, um eine<br />

mögliche Nachverdichtung zu verhindern.<br />

Diese Vorgänge seitens der stadtverwaltungen<br />

mussten schnell ergriffen werden, da<br />

mögliche Investoren über sämtliche sonderregelungen<br />

eine Nachverdichtung des Gebietes<br />

forcieren konnten. Genauso werden<br />

Auenflächen an den ufern der verschiedenen<br />

82<br />

oderläufe freigehalten. Diese Kanäle fungieren<br />

als Flutschutz der regelmäßig über die ufer<br />

schreitenden oder. Zugleich bildet die oder<br />

auch eine Trennung zu dem nördlich gelegenen<br />

stadtbezirk „psie pole“.<br />

Der ort psie pole (5), der den gleichen Namen<br />

trägt wie der stadtbezirk, vollzog während<br />

unserer exkursion eine große Veränderung<br />

und war die nächste station unserer rundfahrt.<br />

Das Hauptproblem psie poles stellte<br />

das hohe Verkehrsaufkommen dar, das die<br />

Haupterschließungsstraße des ortes aufnehmen<br />

musste. Außerdem ist ein sehr großer<br />

Anteil der Häusern stark renovierungsbedrüf-<br />

tig gewesen. mit dem Bau einer großen umgehungsstraße,<br />

konnte sämtlicher Verkehr um<br />

den ort herumgeleitet werden. Weitere maßnahmen<br />

sind erfolgt oder stehen noch aus.<br />

Dies konnten wir während eines rundgangs<br />

durch das, zum Teil stark zerfallene, Dorf beobachten.<br />

Gleich am ortseingang, so wurde<br />

uns <strong>von</strong> den referenten berichtet, stehen die<br />

„schandflecke“ des ortes. um eine Baulücke<br />

zu füllen wurde ein gewaltiger sozialer Wohnungsbau<br />

hochgezogen, der eine besonders<br />

auffällige Farbgestaltung erhielt. Neben dem<br />

nicht sehr zufriedenstellenden sozialbau reihten<br />

sich Blechhütten und kleine Hallen, in denen<br />

der örtliche einzelhandel ansässig war. Im<br />

Zuge der Beruhigung des ortes konnte der<br />

einzelhandel wieder Innerorts einen platz finden.<br />

unter anderem war das am marktplatz<br />

der Fall, der bald vollständig vom Autoverkehr<br />

befreit sein soll. Dieser war zu unserer Besichtigung<br />

bereits völlig hergerichtet, sodass, bis<br />

auf den Bodenbelag und die Nachbesserung<br />

einiger Fassaden, keine größeren eingriffe<br />

mehr erfolgen müssen. um die geplante Fußgängerzone<br />

zu ermöglichen, wird an der ortseinfahrt<br />

ein parkhaus errichtet. Die Zufahrt zu<br />

dem Gelände wurde kurzerhand durch einen<br />

glücklichen Zufall, ohne bürokratische Hürde,<br />

aus dem Weg geräumt. ein Bus fuhr in das den<br />

Zugang versperrende Haus. Generell gab es<br />

viele probleme mit privateigentümern, da das<br />

private eigentum seit dem ende des Kommunismus<br />

unantastbar ist. Das machte sich zum<br />

Beispiel bemerkbar, als die planer versuchten<br />

das Gassensystem des ortes auszubauen und<br />

dafür Flächen <strong>von</strong> Gartengrundstücken abzwacken<br />

wollten. obwohl diese in öffentlicher<br />

Hand waren, gab es viele proteste. so sind


Abb. 3.3.6 Tourübersicht; Foto: Google_maps, 2012<br />

83


Abb. 3.3.7 Wohnungsbau; Foto: martina Lang, 2012<br />

84<br />

viele maßnahmen die ergriffen wurden, nur<br />

möglich gemacht worden, weil sich ein großer<br />

Teil des ortes noch in öffentlicher Hand<br />

befand. Baulücken, die zu früh an private Investoren<br />

verkauft wurden, bleiben zum Teil<br />

leer und sind nicht mehr nutzbar. Dafür konnte<br />

mit einem weiteren großen eingriff eine<br />

weitere steigerung der Attraktivität des ortes<br />

geschaffen werden. Im rückwärtigen Bereich<br />

des marktplatzes entstand so eine reihung an<br />

Höfen, in denen weitere einzelhändler aus den<br />

Blechhütten eine vorteilhaftere stelle fanden.<br />

Diese Hinterhöfe wurden mit ähnlichen Architekturen<br />

ergänzt um ein schlüssiges Bild und<br />

eine einladende Atmosphäre zu erzeugen. Insgesamt<br />

erhofft man sich mit diesen und vielen<br />

weiteren maßnahmen die reaktivierung<br />

psie poles als peripheres unterzentrum für<br />

die verstreuten satellitensiedlungen im nördlichen<br />

Teil Breslaus. es gibt noch viele Baustellen<br />

in diesem ort, doch empfanden michael<br />

Ciesielski und Tomasz solinski es als ersten<br />

großen Fortschritt, dass mit unserer exkursionsgruppe,<br />

die ersten Besucher in diesen ort<br />

zurückgekehrt sind. Wir fühlten uns geehrt die<br />

„ersten“ Besucher sein zu dürfen und führten<br />

unsere rundfahrt weiter.<br />

Auf dem Weg zum neuen Fussballstadion <strong>von</strong><br />

Breslau (7) fuhren wir auf der neuen schnellstraße<br />

der stadt, die als Bogen im Nord-<strong>West</strong>en<br />

um die stadt führt. Dabei überquerten wir<br />

auch die Oder auf der „Rłdziłskibrücke“ (6). Mit<br />

diesen baulicher maßnahme erreichte man einen<br />

besseren Anschluss der Außenbezirke,<br />

eine schnellerer erschließung der Innenstadt<br />

und schaffte die grundlegende Infrastruktur<br />

für den stadionneubau. Dadurch erwartet<br />

man eine neue stadtentwicklung im <strong>West</strong>en


Abb. 3.3.8 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012 Abb. 3.3...9 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012<br />

der stadt mittels des stadions, das als Katalysator<br />

fungiert. es wird erhofft, dass durch die<br />

steigerung der Grundstückspreise die marode<br />

Bausubstanz mit neuen Baustrukturen ersetzt<br />

wird. Durch diese forcierte Gentrifikation ergäbe<br />

sich neben der Jahrhunderthalle und<br />

dem großen markt ein neuer Gegenpol.<br />

Wieder im Bus passierten wir einige Hochhaussiedlungen<br />

auf dem rückweg. Darunter<br />

war auch die größte siedlung Breslaus,<br />

„Kózanow“ (8). Die im Hochwasserschutzgebiet<br />

liegende siedlung unterliegt einer Wohnungsbaugenossenschaft.<br />

Dort herrschen<br />

miserable Zustände, die durch eine fortlaufende<br />

Nachverdichtung intensiviert werden. Die<br />

stadt hat keinen Zugriff auf die Flächen und<br />

kann so nicht mal die Gestaltung der Grünflächen<br />

beeinflussen. Trotz der Verhältnisse sind<br />

die Leute gezwungen dort bei gleichbleibender<br />

miete zu leben, da in Breslau absoluter<br />

Wohnungsmangel herrscht. etwas weiter erstreckt<br />

sich die nächste siedlung, „popowice“<br />

(9). Im Gegensatz zu Kózanow bildet sich hier<br />

eine gute struktur ab, die ein qualitativ hochwertigeres<br />

Wohnen mit diversen Freiraumqua-<br />

litäten ermöglicht. so sind in dieser siedlung,<br />

deren Grundrissform Wellen nachempfunden<br />

wurde, sogar Dienstleistungen und einzelhandel<br />

vorhanden.<br />

schließlich beendeten wir unsere rundfahrt<br />

durch die Außenbezirke Breslaus und genossen<br />

dies bei dem ein oder anderen Bier in der<br />

mühle (10), in der wir bereits am ersten Abend<br />

untergekommen waren. etwas erschöpft <strong>von</strong><br />

den vielen einflüssen, konnten wir dennoch<br />

sehen, wie viele Baustellen auch in Breslaus<br />

peripherie noch vorhanden sind. Neben vielen<br />

projekten, die der Fertigstellung schon sehr<br />

nahe sind, oder noch mitten in der entwicklung<br />

stecken, gibt es doch einige, die noch<br />

viel Arbeit bedürfen. Die stadt steht vor viel<br />

entwicklungsarbeit, die sie aber bislang schon,<br />

nach unseren maßstäben, mit viel ehrgeiz<br />

aber auch Feinfühligkeit begonnen hat. Folgend<br />

wurden wir in unsere Freizeit entlassen<br />

und erkundeten die stadt auf eigene Faust.<br />

Abb. 3.3.10 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012<br />

Abb. 3.3.11 psie pole; Foto: Yiran Nan, 2012<br />

85


Abb. 3.3.12 em stadion Breslau; Foto: martina Lang, 2012


Abbildungsnachweis<br />

Abb. 3.3.1 studierende in der universität<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.2 Tomasz solinski<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.3 Der vom Verkehr geprägte plac<br />

powstncow Warszawy, 2012<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.4 sky-Tower<br />

http://i.imgur.com/2bHt2.jpg, 15.05.2012<br />

Abb. 3.3.5 mittag in der mensa<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.6 Tourübersicht<br />

eigene Darstellung, www.maps.google.de<br />

Abb. 3.3.7 Wohnungsbau<br />

Fotografie <strong>von</strong> martina Lang<br />

Abb. 3.3.8 psie pole<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.9 psie pole<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.10 psie pole<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.11 psie pole<br />

Fotografie <strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Abb. 3.3.12 em stadion Breslau<br />

Fotografie <strong>von</strong> martina Lang<br />

87


3.4 stadtspaziergänge<br />

Freitag 01.06.2012<br />

<strong>von</strong> Laura miebach, Nina steinkühler und<br />

Hangzhen Wen<br />

Der letzte offizielle Tag unserer fünftägigen<br />

exkursion nach Breslau begann früh und regnerisch.<br />

Auf dem programm stand die <strong>von</strong> uns<br />

allen ersehnte Besichtigung der legendären<br />

Jahrhunderthalle <strong>von</strong> max Berg. Außerdem<br />

wollten wir uns das dazu gehörige Gelände<br />

mit dem scheitninger park ansehen und einen<br />

Abstecher zur Werkbundsiedlung machen.<br />

Das Jahrhundertgelände<br />

um 9 uhr trafen wir unseren deutschsprachigen<br />

<strong>Stadt</strong>führer Norbert Kupliłski, der uns<br />

zunächst über das Außengelände der 1913<br />

eröffneten Jahrhundertausstellung im scheitniger<br />

park führte.<br />

Der scheitniger park (pl. parc szcztnicki) im<br />

osten der stadt entstand 1785 als Lehr- und<br />

entspannungsort und galt ab dem 19. Jahrhundert<br />

als offizieller stadtpark Breslaus. Bis<br />

heute ist der schleitniger park die mit Abstand<br />

größte Grünanlage Breslaus und gilt als grüne<br />

Lunge der stadt. Anlässlich der Jahrhundertfeier<br />

zur erinnerung an die preußischen Befreiungskriege<br />

gegen Napoleon I., fand dort 1913<br />

die sogenannte Jahrhundertausstellung statt.<br />

Neben dem Bau der Jahrhunderthalle, im<br />

Zentrum der großzügigen Ausstellungsfläche,<br />

wurden unter anderem der <strong>von</strong> Hans poelzig<br />

entworfene Vier-Kuppel-pavillon und eine<br />

800 meter lange pergola errichtet. An deren<br />

88<br />

ostseite legte man darüber hinaus historische<br />

Gärten an, die die typische Gartenkunst aus<br />

verschiedenen Jahrhunderten präsentieren.<br />

einer dieser Gärten ist der japanische Garten.<br />

Die Werkbundsiedlung<br />

Aufgrund des schlechten Wetters entschlossen<br />

wir uns jedoch gemeinsam mit Herrn<br />

Kupliłski nicht weiter auf den japanischen Garten<br />

einzugehen. stattdessen schauten wir uns<br />

die nahegelegene Werkbundsiedlung mit dem<br />

Ledigenheim <strong>von</strong> Hans scharoun an. Vorbei<br />

an einer alten Holzkirche gingen wir weiter<br />

durch den park in richtung Ledigenheim.<br />

Die Wohnungs- und Werkraumausstellung<br />

(WuWA) war eine 1929 <strong>von</strong> der schlesichen<br />

Abteilung des Deutschen Werkbundes organisierte<br />

Architekturausstellung. Als direktes<br />

Vorbild diente die Werkbundausstellung „Die<br />

Wohnung“ in stuttgart, die Weißenhofsiedlung.<br />

Im Gegensatz zu dieser wurde die siedlung<br />

in Breslau jedoch ausschließlich <strong>von</strong> hiesigen<br />

Architekten geplant und realisiert. Die<br />

WuWA gilt als mustersiedlung zum Thema<br />

„Neues Bauen“, in der zukunftsweisende bedeutungsvolle,<br />

avantgardistische modelle zum<br />

gemeinschaftlichen Wohnen entwickelt und<br />

erprobt wurden. Neben freistehenden einfamilien-<br />

und Doppelhäusern wurden vor allem<br />

reihenhäuser und unterschiedliche mehrfamilienhaustypen<br />

entworfen. Im rahmen der<br />

WuWA wurden insgesamt 37 Wohnbauten<br />

errichtet.<br />

Als wir an dem weltberühmten Ledigenheim<br />

<strong>von</strong> Hans scharoun vorbei spazierten fragte<br />

eine Kommilitonin spontan, ob wir uns das<br />

meisterwerk, welches mittlerweile als Hotel<br />

genutzt wird, auch einmal <strong>von</strong> Innen ansehen<br />

Abb. 3.4.1 Jahrhunderthalle; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />

Abb. 3.4.2 Jahrhunderthalle; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />

Abb. 3.4.3 Japanischer Garten; Foto: Hangzhen Wen, 2012


Abb. 3.4.4 Ledigenheim; Foto: Hangzhen Wen, 2012 Abb. 3.4.5 Ledigenheim; Foto: Laura miebach, 2012<br />

könnten. Gesagt, getan. Herr Kupliłski wechselte<br />

gleich darauf ein paar Worte mit der<br />

freundlichen empfangsdame und wir folgten<br />

ihr in ein original getreu eingerichtetes Zimmer.<br />

Im Zimmer angekommen, fühlte man<br />

sich, als sei man in einer anderen Zeit. Die<br />

einrichtung schien aus der Zeit der Hoteleröffnung<br />

zu stammen, alles wirkte sehr einladend<br />

und aufeinander abgestimmt. Auf kleinster<br />

Fläche wurden alle nötigen Funktionen untergebracht.<br />

Neben einer Küche, Aufenthalts-<br />

raum und schlafzimmer besaß das Apartment<br />

sogar einen Balkon mit Gartenblick.<br />

Das Ledigenheim oder Haus 31 der Werkbundsiedlung<br />

Breslau wurde weltweit als eines<br />

der ersten Gebäude mit dem sogenannten<br />

split-Level-prinzip konzipiert. es umfasst 48<br />

Wohnungen mit minimalküchen, Gemeinschaftsflächen<br />

und einem zentral angeordnetem<br />

restaurant. Konzipiert war es für Ledige<br />

oder kinderlose paare, denen das Heim mit<br />

hotelartigem service eine vorübergehende<br />

Bleibe bot. Im Hinblick auf Konstruktion, Form<br />

und Funktion gilt das Gebäude als musterbeispiel<br />

für die neuen avantgardistischen Tendenzen<br />

der Architektur in der Zeit zwischen den<br />

beiden Weltkriegen (vgl.: Wroclaw.pl, 2012).<br />

Das Ledigenheim hinter uns lassend, setzen<br />

wir unseren spaziergang auf der Tramwajowa<br />

straße fort. Vorbei an einigen Wohnhäusern<br />

der Werkbundausstellung schlugen wir<br />

schließlich wieder den Weg richtung Jahrhunderthalle<br />

ein.<br />

Die Jahrhunderthalle<br />

Die Jahrhunderthalle, entworfen vom deutschen<br />

Architekten und stadtbaurat max Berg,<br />

war zweifelsohne das architektonische Highlight<br />

dieses exkursionstages. Nachdem wir einen<br />

kurzen Blick in das Innere der Halle werfen<br />

konnten, begaben wir uns anschließend<br />

in die angegliederte multimediale Ausstellung<br />

über die wichtigsten ereignisse zur entstehung<br />

der Jahrhunderthalle.<br />

In unmittelbarer sichtweite zum historischen<br />

Altstadtkern erhebt sich ein Bauwerk, dessen<br />

spannweite die des pantheons in rom um ein<br />

Vielfaches übertrifft.<br />

Die Jahrhunderhalle gilt als eine der pionierleistungen<br />

des damals noch jungen stahlbetons.<br />

mit einer rippenkuppel <strong>von</strong> 67 m Durchmesser<br />

über vier Apsiden eines kreuzförmigen<br />

Grundrisses gilt die Halle <strong>von</strong> max Berg als das<br />

bis dahin größte stützenfreie Kuppeldach aus<br />

massivbauweise. max Berg schreibt Architekturgeschichte,<br />

mit dem Bau der monumentalen<br />

Ausstellungs- und Festhalle, die zugleich<br />

ein Denkmal der erinnerung an die Befreiuungskriege<br />

der preußen gegen Napoleon ist.<br />

Der architektonische Fortschritt erhielt erst-<br />

89


Abb. 3.4.6 Kuppel Jahrhunderthalle; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />

90


malig einzug in das mittelalterliche Breslau.<br />

Die Jahrhunderthalle, als symbol einer neuen<br />

Ära, sollte ihm Gegensatz zum pantheon kein<br />

Tempel der Götter sein, sondern ein Tempel<br />

für die menschheit - ein „Dom der Demokratie“!<br />

Diese Intention war schon in den ersten entwürfen<br />

Bergs sichtbar. An der östlichen seite<br />

der Halle, in der Apsis - also an der stelle, die<br />

traditionellerweise dem Altar vorbehalten ist -<br />

sah Berg eine riesenorgel vor.<br />

Das Gerüstsystem der Halle veranschaulicht<br />

Bergs Begeisterung für die Architektur der<br />

gotischen Kathedralen. Die strebebogen des<br />

Zylinders, die in den Apsiden zu sehen sind,<br />

ähneln den strebebogen der gotischen Gotteshäuser.<br />

mit dem Verzicht auf eine traditionelle Trennung<br />

<strong>von</strong> Bühne und Zuschauerraum machte<br />

Berg den Weg frei für die Verwirklichung eines<br />

neuen prinzips, das publikum als gleichberechtigten<br />

partner des schauspielers und Künstlers<br />

zu behandeln. Dies war seiner Ansicht nach<br />

grundlegend für das gemeinsame empfinden<br />

<strong>von</strong> Kunst und sollte zu einer Demokratisierung<br />

der Gesellschaft beitragen.<br />

Der Bau der Jahrhunderthalle mit ihrer Kuppel<br />

aus 32 schlanken Gewölberippen war dank<br />

eines neuen Baumaterials möglich geworden,<br />

dem stahlbeton.<br />

Nie zuvor war ein so gigantischer raum mit<br />

dem noch wenig erprobten Baustoff überwölbt<br />

wurden. Dazu sollen statiker ihre Berechnungen<br />

sogar vier mal überprüft haben,<br />

bis sie schließlich grünes Licht gaben.<br />

Hierzu warf unser <strong>Stadt</strong>führer Herr Kupliłski<br />

eine kleine Anekdote ein. so sollen sich die<br />

Bauarbeiter seinerzeit geweigert haben, die<br />

Verschalungen der Kuppelwölbung zu entfernen,<br />

aus Angst die Kuppel könnte einstürzen<br />

und sie unter sich begraben. Der Architekt soll<br />

daraufhin einen passanten mit einer Goldmark<br />

überredet haben ihm beim Lösen der ersten<br />

spannschraube behilflich zu sein.<br />

max Berg wollte einen Kulturtempel schaffen,<br />

der schmucklos und ohne jegliche Dekorationselemente<br />

die pure stahlbetonkonstruktion<br />

offen und für alle sichtbar zeigte. mit der<br />

Überhöhung des Baus sollte andererseits ein<br />

Gefühl <strong>von</strong> ehrfurcht bei den Besuchern erzeugt<br />

werden. „Die schwebende Kuppel als<br />

symbol der geistigen Welt“, so hatte Berg seinen<br />

entwurf beschrieben. er hoffte, dass sein<br />

Werk zu einer pilgerstätte für alle Bürger wird.<br />

Zur einweihung im mai 1913 kamen die menschen<br />

in scharen, um das 42 m hohe monument<br />

anzuschauen. mit dem eigens zur eröffnung<br />

der Halle geschriebenen Festspiel <strong>von</strong><br />

Gerhardt Hauptmann wurde die Jahrhunderthalle<br />

feierlich in Betrieb genommen.<br />

In den 1930er Jahren diente die Jahrhunderthalle<br />

fast ausschließlich den Nationalsozialisten,<br />

die sie für diverse massenveranstaltungen<br />

in Besitz nahmen. Die gigantische Wirkung<br />

der monumentalen Halle wurde nun zur Bühne<br />

ihrer falschen propaganda.<br />

Die Wandflächen des Bauwerks, das <strong>von</strong> weitem<br />

fast an eine stufenpyramide erinnert,<br />

werden durch umlaufende Fensterbänder<br />

aufgelöst, sodass je nach sonnenstand unterschiedliches<br />

Licht in die 126.000 m³ große<br />

Halle fällt.<br />

An allen vier seiten des Zentralbaus hatte<br />

max Berg analog zu den Himmelsrichtungen<br />

jeweils einen eingang vorgesehen. obwohl es<br />

sich um einen repräsentativbau handelt, ist<br />

die Gestaltung der Haupt- und eingangshalle<br />

schlicht. es zeigt sich, dass hier die Funktionalität<br />

des Bauwerkes für den Architekten klar<br />

im Vordergrund stand und dass gerade diese<br />

schlichtheit das Gebäude auch nach 100 Jahren<br />

noch zeitgemäß macht.<br />

Am ende des Zweiten Weltkrieges wurde<br />

Breslau schließlich an die Volksrepublik polen<br />

übergeben, aus Breslau wurde Wroclaw und<br />

auch die Jahrhunderthalle hieß fortan „Hala<br />

stulecia“ (pl. Jahrhunderthalle).<br />

In der kommunistischen Zeit polens wurde die<br />

„Hala stulecia“ weiterhin als mehrzweckhalle<br />

genutzt, in der für sport-, Kongress- oder<br />

musikveranstaltungen bis zu 6.000 menschen<br />

platz fanden.<br />

Gegenüber dem Haupteingang der Halle, in<br />

der mitte des Vorplatzes, steht seit 1948, durch<br />

die kommunistische regierung aufgestellt, ein<br />

weiteres Denkmal. ein monument mit dem<br />

Namen „die Nadel“ ragt dort 90 meter in den<br />

Himmel. es gilt als Zeichen der wiedergewonnenen<br />

polnischen Freiheit, was jedoch <strong>von</strong> der<br />

kommunistischen unterdrückung und machtvorherrschaft<br />

getrübt wurde.<br />

Flankiert wird die Jahrhunderthalle <strong>von</strong> einer<br />

pergola, die den im Nordosten der Halle<br />

künstlich angelegten see mit einem Gang aus<br />

750 säulen einrahmt. Im Nordwesten hingegen<br />

schließt sich der Vierkuppelpavillon <strong>von</strong><br />

Hans poelzig an, der ebenfalls für die Feierlichkeiten<br />

der Jahrhundertausstellung geplant<br />

und gebaut worden war.<br />

seit sie 2006 zum uNesCo Weltkulturerbe<br />

wurde, wurde in und um die Jahrhunderthalle<br />

viel sanierungsarbeit geleistet. Dazu zählen<br />

u.a. der multimediale springbrunnen und das<br />

vorgelagerte Terrassenrestaurant.<br />

91


Die Jahrhunderthalle war zweifellos ein besonderes<br />

Highlight unserer gesamten exkursion<br />

durch Breslau. Dank Herr Kupliłski und dem<br />

anschließenden Besuch der Ausstellung konnten<br />

wir viele Details über diesen imposanten<br />

Bau erfahren.<br />

In der Ausstellung sahen wir uns einen sehr<br />

informativen Film über die Jahrhunderthalle<br />

an, der uns den Zusammenhang des ganzen<br />

Komplexes noch einmal verdeutlichte und unter<br />

anderem auch auf die Baugeschichte der<br />

Halle einging. Der rest der Ausstellung war<br />

interaktiv. Über Computer oder unterschiedliche<br />

spiele konnten wir die Architekturgeschichte<br />

der Halle noch besser kennen lernen<br />

und nachvollziehen.<br />

Nachdem wir uns eine ganze Weile Zeit genommen<br />

hatten, um die Ausstellung über<br />

die Jahrhunderthalle in ruhe anzusehen, verstreute<br />

sich die Gruppe in die unterschiedlichsten<br />

richtungen innerhalb der stadt.<br />

<strong>Ein</strong> letzter <strong>Stadt</strong>rundgang<br />

Nachdem wir die Jahrhunderthalle verlassen<br />

hatten besorgten wir uns unser mittagessen in<br />

der alten markthalle der stadt und setzen uns<br />

auf die oderwiesen, um ein kleines päuschen<br />

einzulegen. Nach einem kurzen picknick unter<br />

einer großen eiche, die uns vor dem regen<br />

schütze, entschlossen wir uns den frisch eröffneten<br />

Breslauer Hauptbahnhof anzusehen.<br />

Wir hatten Glück, denn erst an diesem Tag<br />

wurde der kürzlich renovierte Breslauer<br />

Hauptbahnhof wieder eröffnet. Andere Kommilitonen<br />

hatten weniger Glück, denn in den<br />

Tagen zuvor hatte man außer abgeklebten<br />

Bauzäunen nicht viel sehen können.<br />

mit der straßenbahn am Hauptbahnhof ange-<br />

92<br />

kommen, erstrahlte dieser schon <strong>von</strong> weitem<br />

mit einem neuen gelben Anstrich. Der gesamte<br />

Bahnhof, inklusive Vorplatz schien vollkommen<br />

„durchdesigned“.<br />

Künstlich angelegte kleine Hügel legten sich<br />

wie ein grüner Flickenteppich über den Bahnhofsvorplatz.<br />

Dazu gesellten sich Drahtstühle,<br />

die jeweils in sitzgruppen <strong>von</strong> drei bis vier<br />

stühlen angeordnet waren, sowie organisch<br />

geformte Holzbänke. Beleuchtet war der platz<br />

<strong>von</strong> straßenlampen, die sich wie eine Blume<br />

wechselweise mit reflektionsflächen und<br />

strahlern gen Himmel rankten.<br />

Betritt man das neugotische empfangsgebäude,<br />

so scheint man in einer anderen Welt<br />

angekommen. Helle Farben und indirekte<br />

Lichttbänder illuminieren den Innenraum. Die<br />

verzierten stützen sind mit einem goldenen<br />

Anstrich versehen und fügen sich harmonisch<br />

in das Gesamtbild.<br />

Bevor man die, ursprünglich im Jugendstil errichtete,<br />

zentrale Bahnhofshalle betritt, wird<br />

man an einer Fotoausstellung über die restaurierungsarbeiten<br />

des Bahnhofes vorbeigeführt.<br />

Abb. 3.4.7 Jahrhunderthalle; Foto: Laura miebach, 2012<br />

Die umfangreichen renovierungsarbeiten<br />

hatten schon im April 2010 begonnen, um<br />

pünktlich zur europameisterschaft in polen<br />

im Juni 2012 fertig zu sein. Der Hauptbahnhof<br />

<strong>von</strong> Wrocław gilt als einer der schönsten<br />

Bahnhöfe des Landes. Die Anlage wurde im<br />

neogotischen stil 1855-1857 errichtet.<br />

Neben einer grundlegenden Instandsetzung<br />

der Haupt- und empfangshalle und der Verlegung<br />

neuer Gleise, wurde die Bahnhofsinfrastruktur<br />

modernisiert. Neue Geschäfte und<br />

Abb. 3.4.8 Vorplatz Hauptbahnhof; Foto: Laura miebach,<br />

2012


Cafés säumen die Haupthalle des Breslauer<br />

Hauptbahnhofs. Darüber hinaus wurden<br />

überall rolltreppen eingebaut und ein unterirdisches<br />

parkhaus errichtet. Die Baukosten<br />

betrugen rund 162 Mio. Złoty, <strong>von</strong> denen die<br />

Europäische Union 113 Mio. Złoty beisteuerte<br />

(vgl.: Nowy Glowny, 2012, Facelifting, 2012).<br />

Auf dem Weg zurück zur straßenbahnhaltestelle<br />

trafen wir wieder auf Tomasz Smoliłski<br />

vom Breslauer stadtentwicklungsbüro. Wir<br />

waren auf der suche nach einem Denkmal aus<br />

menschlichen Figuren, <strong>von</strong> dem uns Kommilitonen<br />

zuvor erzählt hatten. Dabei verschwinden<br />

lebensgroße menschenfiguren im Boden<br />

und kommen auf der anderen seite wieder<br />

empor. mit diesen Informationen wandten wir<br />

uns vertrauensvoll an Herrn Smoliłski, der sofort<br />

verstand nach was wir suchten. er schickte<br />

uns über einige Kreuzungen und Ampeln<br />

hinweg, bis wir schließlich an der Kreuzung<br />

Ulica Marszałka Józefa Piłsudskiego und Ulica<br />

łwidnicka ankamen.<br />

Das Denkmal, bestehend aus vierzehn in<br />

Bronze gegossenen Figuren, stammt vom polnischen<br />

Bildhauer und Installationskünstler<br />

Jerzy Kalina. Die Skulptur namens „Przejłcie“<br />

(pl. für Übergang) wurde in der Nacht vom<br />

12. auf den 13. Dezember 2005 installiert und<br />

säumt seither die große Kreuzung.<br />

Die Figuren, eine alte Dame mit ihrer vollen<br />

einkaufstasche, eine mutter mit Kinderwagen,<br />

ein passant mit Hut, alle scheinen sie da in ihren<br />

Bewegungen eingefroren und für immer in<br />

Bronze erstarrt zu sein.<br />

Die hinab steigenden passanten scheinen <strong>von</strong><br />

der straße mehr oder weniger „verschlungen“<br />

zu werden, welches den umbruch polens nach<br />

dem Fall des Kommunismus symbolisieren soll.<br />

eine völlig neue, freie, polnische Gesellschaft<br />

steigt hier vom Boden empor. Das Zeitalter der<br />

Demokratie hat begonnen.<br />

Weitere Interpretationsansätze betrachten<br />

den „Übergang“ als einen reinen straßenübergang,<br />

also passanten, die die Kreuzung<br />

überqueren. Andere wiederrum sehen in dem<br />

Denkmal den Bevölkerungsaustausch symbo-<br />

Abb. 3.4.9 Vertriebenen-Denkmal; Foto: Laura miebach, 2012<br />

lisiert, der in der 50er Jahren in Breslau stattfand.<br />

Was auch immer Jerzy Kalina mit seinen<br />

Figuren ausdrücken wollte, er hat mit seinen<br />

detaillierten Bronzearbeiten ein bemerkenswertes<br />

Kunstwerk geschaffen<br />

(vgl.: Garnek, 2012) .<br />

93


Gemütlicher Ausklang<br />

um 19 uhr waren wir mit der kompletten Gruppe<br />

am Hostel verabredet, um die exkursion bei<br />

einem gemeinsamen Abendessen im typisch<br />

polnischen Restaurant „Karczma Piastów“<br />

gemütlich ausklingen zu lassen. Nach einem<br />

leckeren polnischen essen, brach der Großteil<br />

der Gruppe in eine nahe gelegene Bar Namens<br />

„Literatka“ auf, um dort noch ein ruhiges Gespräch<br />

bei traditionellen polnischen Getränken<br />

zu führen, da es schon am frühen morgen des<br />

nächsten Tages wieder nach Hause ging, wurde<br />

hier die exkursion bei einem schönen Zusammensein<br />

gemütlich ausgeklungen.<br />

Gastronomie-Tips<br />

„Libelle“<br />

Art-café pod Kalamburem<br />

Kułznicza 29a<br />

Tel.: 713723571<br />

ein gemütliches Café/Kneipe mit interessanten<br />

menschen und freundlicher umgebung.<br />

untergebracht in einem alten Jugendstil Gebäude.<br />

Abb. 3.4.10 Abschlussessen; Foto: Hangzhen Wen, 2012<br />

„Literatka“<br />

Kawiarnia Literatka<br />

rynek 56/57<br />

Tel. 713418013<br />

mit Büchern gefülltes Café. Nette Atmosphäre,<br />

leckere Kuchen und Getränke. Insbesondere<br />

der Zubrowka mit Apfelsaft ist zu empfehlen.<br />

„pierogarnia“<br />

Al. pracy 271<br />

Tel.: 71631715<br />

ein traditionelles restaurant, das pierogi, polnische<br />

maultaschen, in großen Töpfen serviert.<br />

Dabei ist es eine Überraschung welche<br />

sorte man bekommt.


Literaturverzeichnis<br />

Wroclaw.pl, 2012:<br />

http://www.wroclaw.pl/2159683.dhtml,<br />

01.07.2012<br />

Nowy Glowny, 2012:<br />

http://wroclawnowyglowny.pl/index.htm,<br />

10.07.2012<br />

Facelifting, 2012:<br />

http://www.das-polen-magazin.de/faceliftingpolens-bahnhoefe,<br />

10.07.2012<br />

Garnek, 2012:<br />

http://www.garnek.pl/mefiu/4858938/wroclaw-rzezba-przejscie,<br />

01.07.2012<br />

Abbildungsnachweis<br />

Abb. 3.4.1 Jahrhunderthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

Abb. 3.4.2 Jahrhunderthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

Abb. 3.4.3 Japanischer Garten<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

Abb. 3.4.4 Ledigenheim<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

Abb. 3.4.5 Ledigenheim<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />

Abb. 3.4.6 Kuppel Jahrhunderthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

Abb. 3.4.7 Jahrhunderthalle<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />

Abb. 3.4.8 Vorplatz Hauptbahnhof<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />

Abb. 3.4.9 Vertriebenen-Dennkmal<br />

Fotografie <strong>von</strong> Laura miebach<br />

Abb. 3.4.10 Abschlussessen<br />

Fotografie <strong>von</strong> Hangzhen Wen<br />

95


3.5 rückblick<br />

samstag 02.06.2012<br />

<strong>von</strong> Julia Haun und marie-pierre Wilczak<br />

Der Tag der rückreise war gekommen. um<br />

vier uhr morgens trafen wir uns ein letztes<br />

mal vor dem Hostel um mit einem gemieteten<br />

Bus die Fahrt zum Flughafen anzutreten. Die<br />

anfänglichen pläne die Übernachtung ausfallen<br />

zu lassen scheiterten und auch die letzten<br />

waren noch für einige kurze stunden schlaf in<br />

ihre Betten zurückgekehrt. Auf der Fahrt zum<br />

Flughafen sammelten wir letzte eindrücke.<br />

Nach der immer noch belebten Innenstadt<br />

konnten wir uns ein Bild <strong>von</strong> den stadtrandbereichen<br />

Breslaus verschaffen. Bald tauchte<br />

im morgengrauen das neue, im märz eröffnete<br />

Terminal des Wrocław Nicolaus Copernicus<br />

Flughafens auf. strahlend weiß und getaucht<br />

in das hellrosa Licht der aufgehenden sonne<br />

hatten wir den eindruck geradewegs auf ein<br />

perfektes rendering zuzusteuern. Auch das<br />

Innere verstärke durch absolute makellosigkeit<br />

diesen eindruck.<br />

Nach der frühen Ankunft am samstag in<br />

Deutschland, waren die meisten noch zu<br />

müde, um Breslau bereits zu vermissen. Dank<br />

der referate und besonders durch die exkursion<br />

haben wir unmengen an neuen erfahrungen<br />

und Wissen gesammelt, ob es sich nun um<br />

die geschichtliche stadtentwicklung handelte,<br />

oder ob wir ein neues planungsprojekt besichtigten.<br />

Jeder dieser programmpunkte hatte<br />

seine Besonderheiten und zeigte uns perspektiven,<br />

probleme aber auch erfolge der stadtplanung.<br />

mit unserem breiten Vorwissen aus<br />

96<br />

der Vortragsreihe betrachteten wir Breslau mit<br />

einem, mehr oder minder, geschulten Auge<br />

für Architektur und Infrastruktur, sinn und<br />

Zweck der stadtgestaltung. und auch wenn<br />

die Hintergründe nicht überall klar waren, so<br />

beeindruckte Wroclaw mit seinen alten Giebelhäusern<br />

des marktplatzes, den modernen<br />

einkaufs- und Geschäftshäusern oder durch<br />

Kulturbauten, wie der Jahrhunderthalle. Als,<br />

trotz vorhandener stadtplanerischen schwierigkeiten<br />

polens, schnell wachsende metropole<br />

überzeugt Breslau mit seinem Facettenreichtum<br />

an Baukunst und Wirtschaftlichkeit.<br />

Doch nicht nur die stadt beeindruckte, sondern<br />

auch deren menschen, die freundliche<br />

Atmosphäre und das gute essen. schließlich<br />

kann man sagen, dass das seminar „<strong>West</strong><br />

<strong>goes</strong> east – Theorien der stadtentwicklung“<br />

uns nicht nur die bloße Theorie vermittelt hat,<br />

sondern durch die exkursion eine neue ebene<br />

des fassbaren Lernens beinhaltete, die nicht<br />

nur informativ war, sondern auch Freude bereitet<br />

hat.<br />

Wir sind dankbar, dess es dies Art der Kooperation<br />

mit der universität Breslau gibt. Das<br />

große engagement der Lehrenden verschaffte<br />

uns durch Vorträge und die Begleitung an<br />

exkursionen neue einblicke in das polnische<br />

stadtplanungswesen.<br />

Hoffentlich wird es noch viele möglichkeiten<br />

zum Austausch geben.


4 persöNLICHe eINDrÜCKe<br />

97


4 persönliche eindrücke<br />

Persönliche <strong>Ein</strong>drücke<br />

<strong>von</strong> Frederic müller<br />

Ich persönlich habe an der exkursion aus zwei<br />

Gründen teilgenommen. Auf der einen seite<br />

ist dies die Geburtsstadt meines Großvaters<br />

gewesen und es hat mich dann doch interessiert<br />

woher meine Wurzeln kommen. Dazu<br />

hat mich besonders eine plastik zum Thema<br />

der Zwangsumsiedlung in der Nähe des<br />

Hauptbahnhofes gefesselt. Auf der anderen<br />

seite haben wir in <strong>West</strong>europa dieses verkopfte<br />

Weltbild eines kulturlosen Bauernlandes<br />

bezüglich polen. Dies wollte ich negieren und<br />

mir mein eigenes Bild da<strong>von</strong> machen. und es<br />

dauerte nicht lange, da war ich schon <strong>von</strong> der<br />

stadt gefesselt. Breslau lebt <strong>von</strong> jedem unterschied<br />

den die verschiedenen epochen mit<br />

sich gebracht haben. Jeder Teil hat seinen reiz<br />

und zusammen steht man vor einer eindrucksvollen<br />

Kulisse. Breslau und auch polen kann<br />

sich mit stolz in europa präsentieren. Aber was<br />

mich persönlich am meisten begeistert hat, ist<br />

die Lebensart der einwohner. Abgesehen <strong>von</strong><br />

der wirklich guten und auch preiswerten, heimischen<br />

Kost, fiel mir die sehr junge Kultur der<br />

stadt auf. Breslau ist sehr stark durch die universitäten<br />

und die ganzen studenten geprägt<br />

und so ergeben sich die schönsten ecken in<br />

der stadt, die es alle zu suchen galt. Zahlreiche<br />

Cafés und Kneipen sind mit sehr viel Hingabe<br />

eingerichtet und wenn ich fließend polnisch<br />

reden könnte, dann würde ich hier auch sicherlich<br />

studieren. Ich weiß jetzt schon, dass<br />

ich nicht das letzte mal in polen war.<br />

98<br />

Persönliche <strong>Ein</strong>drücke<br />

<strong>von</strong> Yiran Nan<br />

Während der Vorbereitungen auf das seminar<br />

hatte ich das Gefühl, dass Breslau eine stadt<br />

ist, die sehr <strong>von</strong> ihrer Geschichte belastet wird.<br />

Fast das gesamte letzte Jahrtausend war die<br />

silhouette Breslaus in Krieg verhüllt. Nicht nur<br />

einmal fand dort ein Blutbad statt.<br />

Als wir dann in Breslau am Bahnhof ankamen,<br />

haben wir sogleich die dortige Baustelle besichtigt.<br />

Daraufhin fuhren wir zunächst nach<br />

Krakau und nach diesem ersten eindruck <strong>von</strong><br />

Breslau kam in mir schon unmut auf wieder<br />

nach Breslau zurückzukehren. Ich hoffte sogar<br />

dass die exkursion schnell vorbei ginge.<br />

Jedoch hat sich das sofort geändert nachdem<br />

wir aus Krakau wieder zurückgekehrt sind und<br />

die restlichen seminarteilnehmer aus Deutschland<br />

eingeflogen sind. Dafür verantwortlich ist<br />

vielleicht sogar der erste Abend in einer großen<br />

runde an der maria mühle bei einem Bier<br />

und netten Gesprächen. Während unseres<br />

Abendspazierganges habe ich auch ein Graffiti<br />

entdeckt, dass mich an Krieg, Verstoßung,<br />

Wiederaufbau, einheit und den Fluss erinnerte.<br />

Dies sind meiner meinung nach viele<br />

Themen die auch andere europäische städte<br />

dominieren. und dennoch ist jede stadt, die<br />

ich in europa kennenlernen durfte, einzigartig.<br />

und diese einzigartigkeit wollte ich auch an<br />

Breslau entdecken. Was den Bahnhof betrifft,<br />

so habe ich versucht ihn zu meiden.<br />

und etwas einzigartiges habe ich auch in<br />

Breslau entdeckt. Laura suchte energisch<br />

nach kleinen Bronzezwergen. Ich fragte sie<br />

nur verwundert ob sie schneewittchen spiele.<br />

Doch dann erklärt sie mir die Hintergründe<br />

und ich erkannte, in jedem <strong>von</strong> uns, den die<br />

Neugier packt, in dem steckt in Breslau auch<br />

ein schneewittchen, das nach seinen Zwergen<br />

sucht. Goethe sagte: „Wer nicht neugierig ist,<br />

erfährt nichts.“ und für die Neugierde gibt es<br />

in Breslau genug zu entdecken. Das hat uns<br />

fröhlich gemacht und an der stadt gefallen.<br />

Die anfängliche Vermutung, dass Breslaus Geschichte<br />

einen traurig macht hat sich also nicht<br />

bestätigt.

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