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Nationales Krebsprogramm für die Schweiz 2011–2015 - Oncosuisse

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Früherkennung<br />

Autor: Marcel Zwahlen<br />

1<br />

Screening zur Senkung der Krebsmortalität<br />

Die prinzipielle Attraktivität von Krebsfrüherkennung<br />

liegt in der Biologie der Krebsentstehung. Zellentartung,<br />

Tumorentwicklung und Metastasierung benötigen<br />

meist, aber nicht immer, mehrere Jahre bis zum<br />

Auftreten klinischer Symptome. Die Früherkennung<br />

zielt darauf ab, Vorstufen schon vor Auftreten von<br />

Beschwerden zu erkennen. Fallserien zeigen, dass <strong>die</strong><br />

Prognose der meisten Krebsarten vom Stadium der<br />

Krebserkrankung bei Diagnose abhängt. Je früher das<br />

Stadium, d.h. je kleiner, je weniger entartet und metastasiert<br />

der Krebs ist, desto höher ist <strong>die</strong> 5-Jahres-<br />

Überlebenschance.<br />

Die Idee scheint daher plausibel, auch sich gesund<br />

fühlende Personen zu untersuchen, um eine frühe<br />

Krebserkrankung zu entdecken, <strong>die</strong> sich erfolgreicher<br />

behandeln lässt und wodurch wiederum mehr Todesfälle<br />

an <strong>die</strong>ser Krebserkrankung vermieden werden. 1<br />

Um auf Bevölkerungsebene <strong>die</strong> Krebsmortalität zu<br />

senken, 2 ist <strong>die</strong> systematische populationsbasierte<br />

Umsetzung von Krebsfrüherkennungs-Programmen<br />

eine wichtige Möglichkeit.<br />

1.1 Individuelles und systematisches Screening<br />

Zu unterscheiden ist <strong>die</strong> individuelle Früherkennung<br />

von einer systematischen Früherkennung im Rahmen<br />

eines definierten Screening-Programms auf Bevölkerungsebene.<br />

Um ein systematisches Screening als<br />

nützlich einzustufen, genügt es nicht, <strong>die</strong> Krankheitsverläufe<br />

von Personen mit Krebsdiagnose aufgrund<br />

einer Früherkennung mit den Krankheitsverläufen<br />

von Personen zu vergleichen, bei denen <strong>die</strong> Diagnose<br />

erst aufgrund von Symptomen getroffen wurde.<br />

Ob Screening geeignet ist, müssen grosse Stu<strong>die</strong>n klären,<br />

<strong>die</strong> einen Vergleich ziehen zwischen einer Gruppe,<br />

<strong>die</strong> systematisch zur Krebsfrüherkennung (im Folgenden<br />

«Screening» genannt) eingeladen wird, und einer<br />

anderen Bevölkerungsgruppe, <strong>die</strong> kein solches systematisches<br />

Screening durchläuft. In beiden Gruppen<br />

muss selbstverständlich jede diagnostizierte Krebserkrankung<br />

nach dem aktuellsten Stand des Wissens<br />

optimal behandelt werden. Erst wenn in so angelegten<br />

Stu<strong>die</strong>n im Laufe der Jahre <strong>die</strong> Krebs-Mortalitätsrate<br />

in der gescreenten Gruppe dauerhaft sinkt, darf<br />

man von einer Wirksamkeit des Screenings ausgehen.<br />

48 NKP 2011 – 2015<br />

1.1.1 Mögliche problematische Auswirkungen<br />

In <strong>die</strong> Beurteilung des Nutzens eines breiten Screenings<br />

müssen auch mögliche problematische Auswirkungen<br />

eingehen. Screening-Untersuchungen bringen<br />

auffällige Befunde zutage, <strong>die</strong> weiter abgeklärt werden<br />

müssen. Das Screening entdeckt im Idealfall zwar<br />

möglichst viele Krebserkrankungen im Frühstadium,<br />

jedoch auch andere abklärungsbedürftige Befunde.<br />

Das Ausmass solcher Folgeuntersuchungen ist je nach<br />

Krebsart und Screening-Untersuchung unterschiedlich.<br />

Wird ein Screening auf eine Krebserkrankung neu eingeführt,<br />

dann führt das in den ersten Jahren zwangsläufig<br />

zu mehr Krebsdiagnosen als vor Einführung des<br />

Screenings, also zu einer Erhöhung der Krebsinzidenz.<br />

Eine weitere Schwierigkeit von Screening-Untersuchungen<br />

besteht darin, dass sie zu Krebsdiagnosen<br />

führen können, <strong>die</strong> aber ohne Screening-Untersuchung<br />

im Leben der betroffenen Person nie klinisch<br />

auffällig geworden wären und ihre Lebenserwartung<br />

nicht beeinträchtigt hätte. Diese in <strong>die</strong>sem Sinne unnötigen<br />

Diagnosen (Überdiagnosen) sind bisher im<br />

Einzelfall nicht von nötigen Diagnosen unterscheidbar.<br />

Dass es zu solchen Überdiagnosen kommt, ist auf<br />

Bevölkerungsebene gut dokumentiert. Ihr Ausmass<br />

unterscheidet sich nach Krebsart und Art der Screening-Untersuchung.<br />

3 Insbesondere <strong>für</strong> <strong>die</strong> Früherkennung<br />

des Prostatakarzinoms mit der Blutuntersuchung<br />

auf Prostata spezifisches Antigen ist gut belegt,<br />

dass es zu Überdiagnosen kommt.<br />

Die vor- und nachteiligen Auswirkungen von Screening-Untersuchungen<br />

können <strong>für</strong> jede einzelne Screening-Untersuchung<br />

anders ausfallen, weshalb Nutzen<br />

und Schaden <strong>für</strong> jedes spezifische Screening gegeneinander<br />

abgewogen werden müssen. In einem ersten<br />

Schritt müssen solide Stu<strong>die</strong>n klären, ob und in welchem<br />

Ausmass <strong>die</strong> systematische Anwendung des<br />

Screenings <strong>die</strong> krebsspezifische Mortalität senken<br />

kann.<br />

1.1.2 Für ein Screening zugängliche Krebsarten<br />

Brust- und Darmkrebs-Früherkennung:<br />

Evidenz gesichert<br />

Innerhalb der zur Diskussion stehenden Früherkennungsmethoden<br />

ist <strong>die</strong> Wirksamkeit des Brustkrebsscreenings<br />

mittels Mammographie und des Darmkrebsscreenings<br />

mittels Test auf okkultes Blut im Stuhl<br />

geklärt (Tab. 2, S. 50). Hier soll der gegenwärtige Stand<br />

des Wissens zusammengefasst werden, ohne Nutzen<br />

und Schaden im Detail zu quantifizieren. Dokumente,<br />

<strong>die</strong> eine solche Quantifizierung vornehmen, sollten im

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