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Tilman Rhode-Jüchtern

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Dann würden wir auf einer Exkursion auch nicht einfach die Ostereifrage stellen „Was sehen<br />

Sie?“ und dann die klare „Gefunden!“-Antwort erwarten „Eine Schichtstufe“ (o.ä.). Wir<br />

würden vielmehr fragen: „Wie könnten wir die Landschaftsgestalt beschreiben?“ oder „Wie<br />

kann man die Lage der drei Burgen auf den Zeugenbergen erklären?“ oder „Was kann diese<br />

Gestalt für den Fremdenverkehr bedeuten?“. Darin sind eingebaut die Suche nach<br />

Beobachtungskriterien, nach determinierenden oder dominierenden Faktoren, nach<br />

Bedeutungszuweisungen und die Benennung eines beobachtenden und deutenden Subjekts<br />

(„Sie“ oder „Wir“ statt „Was ist?“ oder „Wie erklärt sich?“). Außerdem wird der Indikativ des<br />

„So ist es“ öfter mal ersetzt durch den Konjunktiv des „So könnte man es beobachten, man<br />

könnte es aber auch anders beobachten“.<br />

2. „Weltbilder entstehen im Kopf“<br />

„Weltbilder entstehen im Kopf“, und da es verschiedene Köpfe/ Blickwinkel/ Fenster für die<br />

Weltbeobachtung gibt, entstehen auch verschiedene Weltbilder. Das ist nicht nur eine<br />

geometrische oder anthropologische Weisheit, sondern auch eine wissenschaftstheoretische<br />

Auflage: „Die Theorie entscheidet, was wir beobachten können“ heißt es bei Albert Einstein.<br />

(Natürlich „entscheidet“ nicht die Theorie, sondern vorher das wissenschaftlich tätige<br />

Subjekt, welche Theorie es benutzen möchte; allerdings entscheidet es das nicht immer<br />

explizit und in Alternativen, sondern übernimmt öfter einfach mal den Mythos, dass es die<br />

eine richtige Theorie sei, die es da verwendet – ein klassischer Zirkelschluss. Man kann dies<br />

mit dem Fischer vergleichen, der ein Netz mit der Maschenweite 5 cm verwendet; also<br />

existieren für ihn auch nur Fische ab der Größe 5 cm, alles andere ist für ihn außerhalb des<br />

Netzes und also außerhalb des Blicks 4<br />

.)<br />

Köpfe f<br />

Die Köpfe (Kasten) zeigen bildhaft, dass es verschiedene Hintergrundtheorien sind, die da in<br />

den Köpfen wirken. Im Fall des Holzkopfes (eine Installation von Raul Hausmann aus dem<br />

Jahre xxx) ist es die Annahme, die Welt lasse sich in Maß und Zahl modellieren und man<br />

müsse diese Daten nur noch programmgemäß einfüllen, um ein Bild von der Wirklichkeit zu<br />

erhalten; das ist nicht etwa falsch, sondern eine bestimmte Art der Beobachtung. Die beiden<br />

Köpfe daneben zeigen im Schnitt durch die black box der Schädel, wie hier über ein Weltbild<br />

bzw. innerhalb eines Weltbildes kommuniziert wird, Wirklichkeit wird in und durch<br />

Kommunikation erzeugt; die Welt ist – scheinbar – so , wie sie in der Kommunikation<br />

erscheint. Man wird hier also nicht die Wirklichkeit an sich beobachten, sondern die Themen<br />

und ihre Bedeutung in und durch Kommunikation. Wenn die Menschen sich einig wären über<br />

Vielmehr zeigen sie das, was unsichtbar bleibt. Sie erklären etwas, das wir sehen – zum Beispiel das Fallen eines<br />

Apfels oder die variable Vielfalt der Lebensformen – , durch etwas, das wir nicht sehen, also durch die<br />

Schwerkraft der Erde oder die natürliche Selektion der Natur oder ihre molekulare Grundlage. Die<br />

Naturwissenschaften bringen im Bereich des Sichtbaren Fenster an, um uns die Möglichkeit zu geben, die Natur<br />

in diesem Rahmen zu durchschauen. Und folglich sollten auch die Wissenschaften selbst als Fenster vor- und<br />

dargestellt werden, um durchschaubar zu werden. Wenn dies gelungen ist, kann man sich schließlich an die<br />

Frage wagen, was für ein Welt- und Menschenbild dabei als offenes Geheimnis sichtbar wird.“ (E.P. Fischer<br />

(2001): Die andere Bildung. München, S. 17f)<br />

4 Hans Peter Dürr (2002): Andere Sichten auf die Welt zulassen. In: Frankfurter Rundschau, 9.September 2002,<br />

zit. in <strong>Rhode</strong>-<strong>Jüchtern</strong> (2004/2006), S.13: „Der Astrophysiker Hans Peter Dürr erzählt die Parabel des englischen<br />

Astrophysikers Sir Arthur Eddington nach, in der der Wissenschaftler mit einem Fischer verglichen wird. Dieser<br />

kommt zu dem Schluss, dass alle Fische größer als fünf Zentimeter seien. Dass die Maschenweite seines Netzes<br />

allerdings fünf Zentimeter betrug, wollte er nicht hören: ´Was ich mit meinem Netz nicht fangen kann, liegt<br />

prinzipiell außerhalb fischkundlichen Wissens.“<br />

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