Stifterstelle Mauerwerksbau - Lehrstuhl für Massivbau - TUM
Stifterstelle Mauerwerksbau - Lehrstuhl für Massivbau - TUM
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1. Einleitung<br />
„<strong>Stifterstelle</strong> <strong>Mauerwerksbau</strong>“ an der<br />
Technischen Universität München<br />
Prof. Dr.-Ing. K. Zilch, Dipl.-Ing. D. Schermer<br />
Zu Beginn des Sommersemesters 1999 wurde von der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong><br />
<strong>Mauerwerksbau</strong> am <strong>Lehrstuhl</strong> <strong>für</strong> <strong>Massivbau</strong> (Prof. Dr.- Ing. K. Zilch) der Technischen<br />
Universität München (www.mb.bv.tum.de) eine vorerst auf fünf Jahre befristete<br />
Mauerwerksdozentur gestiftet. Unter der Leitung des <strong>Lehrstuhl</strong>inhabers verfügt die<br />
Arbeitsgruppe Mauerwerk über zwei Wissenschaftliche Mitarbeiter sowie von Seiten der<br />
angeschlossenen Materialprüfanstalt über einen Fachingenieur. Die Hauptaufgaben der<br />
Arbeitsgruppe Mauerwerk liegen im Bereich der Lehre, der Industrie- und<br />
Grundlagenforschung sowie in der Normungstätigkeit. Aufgrund der breiten Unterstützung<br />
von Seiten der deutschen Mauerwerksindustrie konnten auch insbesondere im Bereich der<br />
Forschung auf einer Vielzahl von Themengebieten umfangreiche Untersuchungen<br />
durchgeführt werden.<br />
2. Lehre<br />
Für Studenten des Studiengangs Bauingenieurwesen an der TU München wird im 4. Semester<br />
die verpflichtende Vorlesung <strong>Massivbau</strong>-Grundlagen I gehalten. Im Rahmen dieser<br />
Veranstaltung mit einem Umfang von 3 Semesterwochenstunden wird im Anschluss an eine<br />
allgemeine Einführung in den <strong>Massivbau</strong> das Themengebiet des <strong>Mauerwerksbau</strong>s ausführlich<br />
behandelt. Das angebotene Skript (130 Seiten) beinhaltet dabei die wesentlichen Grundlagen<br />
des <strong>Mauerwerksbau</strong>s, u. a. mit den Themen: Baustoffe, Maßordnung und Steinformate,<br />
Sicherheitskonzept, vereinfachtes und genaueres Verfahren, spezielle<br />
Mauerwerkskonstruktionen, Grundlagen des bewehrten Mauerwerks und Aspekte der<br />
Ausführung. Die zugehörige Leistungsprüfung, deren Bestehen Zulassungsbedingung <strong>für</strong> die<br />
Hauptdiplomprüfung im Fach <strong>Massivbau</strong> ist, erfolgt im Rahmen einer Studienarbeit und<br />
einem zugehörigen persönlichen Abgabegespräche zu Beginn des nachfolgenden Semesters.<br />
Des Weiteren wird <strong>für</strong> Studenten mit der Vertiefungsrichtung <strong>Massivbau</strong> im 7. Semester eine<br />
Wahlpflichtveranstaltung zu den Erweiterten Grundlagen im <strong>Mauerwerksbau</strong> angeboten. Ziel<br />
dabei ist, den Studenten vertiefende Kenntnisse hinsichtlich der Ausführung von<br />
Mauerwerkskonstruktionen sowie der Berechnung von besonderen <strong>Mauerwerksbau</strong>teilen zu<br />
vermitteln. Durch das Bestehen der Abschlussklausur werden 2 Semesterwochenstunden als<br />
Wahlpflichtleistung anerkannt.<br />
Zusätzlich zu den Lehrveranstaltungen werden Exkursionen in Form von Baustellen- und<br />
Werksbesichtigungen verschiedener Mauersteinindustrien unternommen.<br />
Abschließend werden noch im Rahmen der Lehrtätigkeit Diplomarbeiten aus dem Gebiet des<br />
<strong>Mauerwerksbau</strong>s betreut. Die angebotenen Themen liegen sowohl im theoretischen als auch<br />
experimentelle Bereich und sind auf eine Bearbeitungsdauer von 3 Monaten ausgelegt. Die<br />
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Attraktivität des Themenbereiches Mauerwerk <strong>für</strong> die Studenten wird durch die große<br />
Nachfrage bestätigt.<br />
3. Normung und Industrieforschung<br />
Die Tätigkeit im Bereich der Mauerwerksnormung stellt eine wichtige Plattform dar, in der<br />
Ergebnisse aus der Forschung <strong>für</strong> die Anwendung in die tägliche Praxis eingebracht werden<br />
können. Die Aktivitäten in den nationalen Normungsgremien umfassen u. a. die Bereiche:<br />
• Bemessung von Mauerwerk (großformatige Planelemente, Neubearbeitung der<br />
Mauerwerksnorm DIN 1053-100 bzw. Eurocode 6, bewehrtes Mauerwerk)<br />
• Erdbebensicherheit von Mauerwerk (E-DIN 4149-1)<br />
• Ziegeldecken (E-DIN 1054-100) und Deckenziegel (DIN 4159)<br />
• Steinnormen sowie Dacheindeckungen<br />
Der Bereich der Industrieforschung, die bei experimentellen Arbeiten die angeschlossene<br />
Materialprüfanstalt (www.mpa.bv.tum.de) einbindet, umfasst die Baustoff- und<br />
Materialprüfungen sowie die Bauwerksuntersuchungen. Mit Hilfe der vorhandenen<br />
Prüfkapazität und der modernen Laborausstattung können, neben üblichen<br />
Standardversuchen, auch sehr aufwendige Versuche mit komplexer Versuchseinrichtung<br />
zuverlässig durchgeführt werden.<br />
4. Forschung<br />
Der Schwerpunkt der Mauerwerksforschung an der TU München liegt im Bereich der<br />
Bemessung und Konstruktion. Dabei werden sowohl experimentelle als auch numerische<br />
Untersuchungen durchgeführt. Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über einige größere<br />
Vorhaben gegeben und beispielhaft der Themenkomplex Erdbeben etwas ausführlicher<br />
dargestellt.<br />
4.1 Ziegeldecken<br />
Ein Projekt, das sowohl experimentelle Arbeiten als auch die Modellierung des Trag- und<br />
Verformungsverhaltens umfasste, stellten die Untersuchungen an schlaff bewehrten und – als<br />
Erweiterung dazu – vorgespannten Ziegeldecken dar. Dabei wurden im Rahmen von zwei<br />
umfangreichen Versuchsserien das Querkraft-, Biegetrag- und Verformungsverhalten<br />
experimentell untersucht. Aufbauend auf diese Ergebnisse und basierend auf die neue<br />
Normengeneration im <strong>Massivbau</strong> DIN 1045-1 wurde ein neues Bemessungskonzept<br />
erarbeitet. Dieses fand Eingang in den aktuellen Normentwurf <strong>für</strong> schlaff bewehrte<br />
Ziegeldecken E-DIN 1045-100 sowie in die aktuelle Deckenziegelnorm DIN 4159.<br />
4.2 Flachstürze<br />
Für die Übermauerung von Flachstürzen ohne Stoßfugenvermörtelung fehlen bislang die<br />
normativen Grundlagen, obwohl bei geringen Stützweiten und unter bestimmten<br />
Randbedingungen (z.B. nur Eigengewicht der Übermauerung) keinerlei Schäden aus der<br />
Praxis bekannt sind. Aufbauend auf diesen Divergenzen wurden mehrere Versuche mit<br />
unterschiedlichen Randbedingungen durchgeführt und das Last-Verformungsverhalten und<br />
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sowie die Maximalbeanspruchung gemessen. Darauf aufbauend erfolgt zurzeit die<br />
Modellierung und Nachrechnung mit einem nichtlinearen Materialmodell.<br />
4.3 Biegetragverhalten<br />
Im Bereich der Modellierung des Tragverhaltens sind auch die momentan laufenden Arbeiten<br />
über das Biegetragverhalten unbewehrter Mauerwerkwände zu nennen. Die Problematik der<br />
Tragfähigkeit von senkrecht zur Wandebene belastetem Mauerwerk stellt sich besonders im<br />
Bereich von Kelleraußenwänden bei geringer Drucknormalkraft und bei windbelasteten,<br />
nichttragenden Ausfachungswänden. In Rahmen eines laufenden Forschungsvorhabens soll<br />
ein Bemessungskonzept <strong>für</strong> infolge horizontaler Dauerlast aus Biegung beanspruchtes<br />
Kellermauerwerk entwickelt werden. Ziel ist es, Rechenansätze zu modellieren mit denen das<br />
Biegetragverhalten möglichst realitätsnah beschrieben werden kann. Dabei soll u. a. auch die<br />
Bruchlinientheorie auf den Baustoff Mauerwerk angepasst werden und die in der<br />
Vergangenheit durchgeführten Versuche nachgerechnet werden. Es soll dabei sowohl das<br />
Bruchbild als auch die erreichte Bruchlast im Modellansatz eingearbeitet werden.<br />
4.4 Rissschäden an Außenwänden infolge Deckenverformungen<br />
In einem in Kürze beginnenden Forschungsvorhaben soll der Problembereich von<br />
Rissschäden an Außenwänden infolge Deckenverformungen untersucht werden. Ziel des<br />
Forschungsvorhabens ist es, die maßgebenden Einflussfaktoren <strong>für</strong> die Rissentstehung zu<br />
bestimmen und anhand von numerischen Untersuchungen die Wirksamkeit konstruktiver<br />
Maßnahmen zur Rissvermeidung darzulegen. Des weiteren sollen aufbauend auf bekannten<br />
Konstruktionsdetails neue Lösungen entwickelt und deren Wirksamkeit und<br />
Praxistauglichkeit beurteilt werden. Für den Einsatz in der Praxis sollen die Ergebnisse dieser<br />
Untersuchungen in Form von gewerkeübergreifenden Empfehlungen bezüglich der<br />
konstruktiven Ausbildung des Wand-Deckenknotens und sonstiger konstruktiver Maßnahmen<br />
in Abhängigkeit der verschiedenen Randbedingungen dargestellt werden.<br />
4.5 Erdbeben<br />
Im Zuge der Überarbeitung der nationalen Erdbebennorm DIN 4149 auf Basis des Eurocode 8<br />
resultieren in deutschen Erdbebengebieten deutliche Lasterhöhungen. Als Konsequenz ergibt<br />
sich, dass viele in der Vergangenheit bewährte Bauweisen im Lastfall Erdbeben mit den<br />
momentan vorhandenen Modellansätzen rechnerisch nicht mehr nachgewiesen werden<br />
können. Die Nachweise sind nur mit realitätsnahen Widerstandsmodellen möglich, deren<br />
Entwicklung Ziel der nachfolgend dargestellten Forschungsprojekte ist.<br />
Im Rahmen eines vom Bauministerium geförderten Forschungsprojektes sollen die<br />
wissenschaftlichen Grundlagen <strong>für</strong> wirtschaftliche Bemessungsergebnisse von Bauten aus<br />
unbewehrtem Mauerwerk in deutschen Erdbebengebieten erarbeiten werden. Dieses Ziel soll<br />
zum einen durch Anpassung der Sicherheitsansprüche des Eurocode 8 an die Gegebenheiten<br />
in Schwachbebengebieten wie Deutschland, zum anderen durch die rechnerische Ermittlung<br />
eines allgemeingültigen Verhaltensbeiwertes zur Berücksichtigung des nichtlinearen<br />
Verhaltens von Bauten aus Mauerwerk erreicht werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit sowie<br />
der nachfolgend dargestellten Versuchsserien sollen abschließend in die Überarbeitung der<br />
deutschen Erdbebennorm E-DIN 4149-1 einfließen.<br />
Parallel zu den rechnerischen Untersuchungen wurden mit Industrieunterstützung<br />
Erdbebenversuche an 10 geschosshohen und unbewehrten Wänden im Maßstab 1:1<br />
durchgeführt. Als Methode wurde die Pseudodynamik angewendet, wodurch eine<br />
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größtmögliche Realitätsnähe der Versuche erreicht werden kann. Hierbei wird in einem quasistatischen<br />
Versuch das dynamische Verhalten eines gesamten Gebäudes simuliert. Basis der<br />
Versuche war ein Gebäudemodell mit seinem durch Massen- und Steifigkeitsverteilung<br />
charakterisierten dynamischen Verhalten. Die Untersuchungen erfolgten dabei an einem die<br />
Tragwand im untersten Geschoss repräsentierenden Wandabschnitt mit den Abmessungen<br />
2,50 m 2,50 m 0,175 m (s. Abbildung 1, 2 und 3).<br />
Abbildung 1: Untersuchtes Gebäudemodell (Reihenmittelhaus) mit rechnerischer Vereinfachung<br />
Auf das Gebäude wurde rechnerisch eine Erdbebenbelastung in Form eines <strong>für</strong> deutsche<br />
Erdbebengebiete charakteristischen Bodenbeschleunigungszeitverlaufes angesetzt. Die<br />
Ermittlung der Gebäudereaktion erfolgte aus der zeitschrittweisen Lösung der<br />
Schwingungsdifferentialgleichung des gesamten Gebäudes. Die berechnete<br />
Wandverschiebung wurde zusammen mit dem Kopfmoment auf den Prüfkörper aufgebracht<br />
und anschließend wurden die Reaktionen gemessen. Als Gebäudemodell wurde dabei ein<br />
Mehrmassenschwinger angesetzt, bei dem die Punktmassen durch nichtlineare Schub- und<br />
Biegefedern miteinander verbunden und elastisch in die Geschossdecken eingespannt sind (s.<br />
Abbildung 1). Die nichtlinearen Federkennlinien der Schubwände der oberen Geschosse<br />
wurden im Rahmen von zyklisch-statischen Vorversuchen mit entsprechend angepasster<br />
Vertikallast ermittelt.<br />
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Abbildung 2: Wand KS2 (KS-PE mit DM) im Versuchsstand und abschließendes Rissbild (Vorderseite)<br />
Abbildung 3: Wand E (Plan-HLz mit DM) im Versuchsstand und abschließendes Rissbild (Vorderseite)<br />
5. Ausblick<br />
Aufgrund der Unterstützung des <strong>Lehrstuhl</strong>s von Seiten der Mauerwerksindustrie konnten<br />
viele Bereiche in beiderseitigem Nutzen bearbeitet werden. Für verschiedene Fragestellungen<br />
im <strong>Mauerwerksbau</strong> konnten die Grundlagen gelegt werden. Es ist sicher eine lohnenswerte<br />
Erstrebung, diese Kooperation weiter zu führen<br />
Für die großzügige Unterstützung der Industrie, ihrer Verbände und öffentlicher<br />
Forschungsgeber sei nochmals gedankt.<br />
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1. Einleitung...........................................................................................................................1<br />
2. Lehre..................................................................................................................................1<br />
3. Normung und Industrieforschung .......................................................................................2<br />
4. Forschung...........................................................................................................................2<br />
4.1 Ziegeldecken ................................................................................................................2<br />
4.2 Flachstürze ...................................................................................................................2<br />
4.3 Biegetragverhalten........................................................................................................3<br />
4.4 Rissschäden an Außenwänden infolge Deckenverformungen........................................3<br />
4.5 Erdbeben ......................................................................................................................3<br />
5. Ausblick.............................................................................................................................5<br />
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