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<strong>insight</strong> corporate Governance Germany<br />
>>ANALYSE<br />
einer juristischen Vorlesung wird selten eine packende<br />
Veranstaltung mit Nähe zur gelebten Unternehmenswirklichkeit<br />
und dem konkreten Arbeitsalltag der Mitarbeiter.<br />
Der übliche Frontalunterricht verfehlt seine<br />
Wirkung, weil sich die Schüler bald desinteressiert oder<br />
gelangweilt abwenden. So wird Compliance zu einem<br />
Thema, das nur notgedrungen und mit geringstmöglichem<br />
Aufwand absolviert wird.<br />
Was wäre also zu tun? Compliance-Kommunikation<br />
muss sich künftig noch besser auf die Erwartungen und<br />
Bedürfnisse ihrer Zielgruppe ausrichten. Mitarbeiter werden<br />
dann zu aufmerksamen und lernwilligen Zuhörern,<br />
wenn sie den Bezug zu ihrem konkreten Arbeitsalltag<br />
und Verantwortungsbereich im Unternehmen erkennen.<br />
Schulungen reichen dazu nicht aus. Hinzu kommen<br />
muss ein offener und praxisbezogener Erfahrungsaustausch<br />
innerhalb der jeweiligen Teams. Wann kann ich<br />
zum Thema Compliance in Gefahr geraten? Wie sehen<br />
die kritischen Situationen aus? Und – vor allem: Was ist<br />
erlaubt? Gute Unternehmen investieren in diese Übersetzungsarbeit,<br />
denn nur so kann Compliance auch ein<br />
Beitrag zum Geschäftserfolg werden. Nur wer nicht ständig<br />
die Risiken betont, sondern vielmehr den erlaubten<br />
Korridor für seine Mitarbeiter bestmöglich ausleuchtet,<br />
ermöglicht gute und nachhaltige Geschäfte. Nichts wäre<br />
kontraproduktiver als eine von Verboten und Überwachung<br />
gelähmte Organisation, die sich lieber nicht bewegt,<br />
als einen Fehler zu machen.<br />
Wie muss ein nachhaltig wirksames Compliance-<br />
Programm idealerweise aufgebaut sein?<br />
In der Praxis haben sich Compliance-Kommunikationsprogramme<br />
mit folgenden wesentlichen Merkmalen bewährt:<br />
1. Persönlich<br />
Diskussionen im Team statt anonymer Bildschirmmasken:<br />
Diese offene, vertrauensvolle und persönliche Kommunikation<br />
hilft den Mitarbeitern, die wirklichen Stolpersteine<br />
zu erkennen und regelkonformes Verhalten<br />
gegenüber Kunden und Lieferanten klar zu artikulieren<br />
und selbstbewusst zu vertreten.<br />
2. Systematisch<br />
Die Kommunikation des Programms muss das Unternehmen<br />
lückenlos in Form einer Kaskade durchziehen. Es<br />
startet immer an der Spitze und muss unmissverständlich<br />
und eindeutig erfolgen. Je nach Region, Geschäft<br />
und Hierarchieebene muss das Programm an die Kommunikationsbedürfnisse,<br />
Erwartungen und das Tätigkeitsumfeld<br />
der Mitarbeiter angepasst werden.<br />
CAMPUs<br />
3. Konsequent<br />
Compliance-Fehltritte müssen unverzüglich, konsequent<br />
und für alle sichtbar geahndet werden. Die Kommunikation<br />
muss das Thema besetzen und keine Interpretationsspielräume<br />
lassen. Es geht darum, zu definieren,<br />
welche Ziele das Unternehmen verfolgt und den Mitarbeitern<br />
bewusst zu machen, dass Regelverstöße nicht<br />
geduldet werden.<br />
4. Produktiv<br />
Gelebte Compliance wird immer mehr zu einem Differenzierungsmerkmal<br />
im Markt und damit zu einem<br />
nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Der Kommunikation<br />
kommt dabei eine unternehmerische Schlüsselrolle zu.<br />
Sie muss klar und anschaulich erläutern, was erlaubt ist,<br />
um gute und nachhaltige Geschäfte zu fördern.<br />
Fazit<br />
Robert Bosch hat einmal gesagt: „Die anständigste Form<br />
der Geschäftsführung ist auf Dauer auch die beständigste.“<br />
Dass regelkonformes Verhalten einen Wettbewerbsvorteil<br />
bietet, wird derzeit gerade von Unternehmen<br />
wieder neu entdeckt. Diese Haltung stellt jedoch<br />
neue und deutlich höhere Anforderungen an die Kommunikation,<br />
denn juristische Fachvorträge oder die Anonymität<br />
eines Bildschirmdialogs schaffen noch lange<br />
kein regelkonformes Verhalten. Wer Compliance nachhaltig<br />
in den Köpfen der Mitarbeiter verankern und damit<br />
wirksam machen will, muss Offenheit, Austausch im<br />
Team und einen unverkrampften Umgang mit dem Thema<br />
fördern. Dieser wichtigen Zielstellung werden klassische<br />
Compliance-Kommunikationsprogramme derzeit<br />
kaum gerecht, da sie oft auf Verbote, Risiken, Überwachung<br />
und Kontrolle abstellen. Daher ist ein Sinneswandel<br />
überfällig: Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern<br />
wieder mehr Verantwortung übertragen und den Weg<br />
zu guten und nachhaltigen Geschäften klarer betonen.<br />
Rat und Unterstützung statt Drohung und Verbot sind<br />
dazu die geeigneten Ansätze. Nur so sind wirtschaftlicher<br />
Erfolg, regelkonformes Verhalten und Reputation<br />
bei Kunden und Mitarbeitern auf Dauer zu sichern.<br />
*Dr. Hartmut Vennen ist Managing Director in der Strategic Communications<br />
Practice bei FTI Consulting in Frankfurt und führt<br />
den Bereich Corporate Communications. Markus Weik arbeitet<br />
als Senior Executive in seinem Team. Beide beraten Unternehmen<br />
in erfolgskritischen Situationen auf allen relevanten Feldern der<br />
Unternehmenskommunikation. Dabei sind sie spezialisiert auf<br />
Kommunikation im Krisenfall und bei rechtlichen Auseinandersetzungen<br />
sowie auf die Umsetzung von Compliance-Programmen.<br />
issue 02/2012 18<br />
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