BLV Magazin 3/2010 zum Download
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34<br />
Fachbereich Technik und Gewerbe<br />
Nachhilfe auf neuen Wegen<br />
Pionierprojekt an der Gewerblichen Schule in Backnang: Pensionäre und Förderverein<br />
helfen Schülern beim Erreichen eines höheren Bildungsabschlusses<br />
V.l.: Dr. Isolde Fleuchaus, Helmut Kummer, Reiner Immik<br />
Ob unzählige Bewerbungen nur mit Absagen<br />
beantwortet wurden oder trotz<br />
bisher nicht vorhandener Voraussetzungen<br />
ein Studium angestrebt wird: Die<br />
Gewerbliche Schule Backnang im Rems-<br />
Murr-Kreis bietet ihren Schülerinnen<br />
und Schülern vielfältige Möglichkeiten,<br />
das Niveau des bisherigen Bildungsabschlusses<br />
zu verbessern. Sei es, in einer<br />
zweijährigen Berufsfachschule einen<br />
mittleren Bildungsabschluss zu erreichen<br />
oder als Realschüler im Berufskolleg<br />
neben der Berufsausbildung die<br />
Fachhochschulreife zu erwerben:<br />
Das dreigliedrige Bildungssystem Baden-Württembergs<br />
ist durchlässiger<br />
geworden, doch der Weg <strong>zum</strong> höheren<br />
Schulabschluss ist oft sehr steinig.<br />
Der Satz des Pythagoras ist ja vielleicht<br />
noch präsent, aber die binomische oder<br />
gar die Mitternachtsformel? Irgend etwas<br />
war da mal – oder doch nicht?<br />
Mathematik: für manche ein Buch mit<br />
sieben Sigeln.<br />
„In der Hauptschule hatte ich in Mathe<br />
immer eine gute Note“ erzählt beispielsweise<br />
der Schüler Sebastian Konrad,<br />
und dies, „ohne viel lernen zu müssen.“<br />
Nun, in der zweijährigen Berufsfachschule,<br />
sieht die Situation ganz anders<br />
aus, denn: „Aus der Zwei in Mathe wurde<br />
plötzlich eine schlechte Vier.“<br />
Die Anforderungen steigen enorm und<br />
neben Mathematik bereiten vielen<br />
Schüler vor allem die naturwissenschaftlichen<br />
Fächer und Fremdsprachen<br />
nicht unerhebliche Schwierigkeiten.<br />
Der Weg <strong>zum</strong> höherwertigen Abschluss<br />
ist nicht immer einfach. Nichts ist umsonst<br />
– fast nichts: Probleme in Mathe,<br />
den Naturwissenschaften, der Fachpraxis,<br />
der Fachtheorie oder den Fremdsprachen:<br />
Hilfe ist angesagt – für die<br />
Schülerinnen und Schüler im ländlich<br />
idyllisch gelegenen Backnang kostenlos.<br />
Diese Hilfe erhalten Konrad und<br />
seine Mitschüler aus der zweijährigen<br />
Berufsfachschule oder anderen Schularten<br />
der Gewerblichen Schule seit<br />
diesem Schuljahr durch die organisatorische<br />
und finanzielle Unterstützung<br />
des Fördervereins der Gewerblichen<br />
Schule.<br />
Der Grund: Eines der „wesentlichen<br />
Ziele unseres Vereins der Freunde und<br />
Förderer der Gewerblichen Schule“ sei<br />
es, auch die Schülerinnen und Schüler<br />
„auf ihrem Weg zu unterstützen, die<br />
sich einen privaten Nachhilfeunterricht<br />
nicht leisten können,“ erklärt<br />
Reiner Immik, Geschäftsführender<br />
Vorsitzender des Fördervereins und<br />
Stellvertretender Schulleiter der Gewerblichen<br />
Schule.<br />
Das in diesem Schuljahr gestartete Pionierprojekt<br />
ist in Baden-Württemberg<br />
wohl einzigartig: Ehemalige Lehrer und<br />
Pensionäre vermitteln ihr in Jahrzehnten<br />
gesammeltes Wissen und Können<br />
ehrenamtlich gegen eine geringe Aufwandsentschädigung,<br />
welche gerade<br />
mal die Fahrtkosten ausgleicht, an die<br />
jungen Schülerinnen und Schüler. „Für<br />
mich ist das, was meine Kollegen und<br />
ich hier machen, gelebte Sozialarbeit“<br />
erklärt beispielsweise Pensionär Helmut<br />
Kummer. Seine Frau sei ebenfalls<br />
ehrenamtlich aktiv; allerdings in der<br />
„Altenarbeit“, was ihm aber weniger liege,<br />
da er es schließlich „jahrzehntelang<br />
gewohnt“ sei, mit „jungen Menschen<br />
zu arbeiten und diese zu unterrichten.“<br />
Bis zu 12 Schülern sitzen nachmittags<br />
wissbegierig in seinem Klassenzimmer<br />
und wenn „mal nur einer da ist, freue<br />
ich mich auch“, denn dann „kann ich<br />
mich besonders intensiv um dessen<br />
Probleme kümmern und wo sonst gibt<br />
es das denn noch? Kostenlose Nachhilfeunterstützung“.<br />
Dr. Isolde Fleuchaus, seit dem vergangenen<br />
Schuljahr Schulleiterin, ließ es<br />
sich trotz des derzeitigen Schulneubaus<br />
nicht nehmen, sich ein persönliches<br />
Bild vom Erfolg der Förderkurse<br />
zu verschaffen. Es sei „vorbildlich und<br />
bewundernswert“, mit welch „uneigennützigem<br />
sozialem Engagement sich<br />
hier an unserer Schule ehemalige Kollegen<br />
für die junge Generation, für deren<br />
und unsere gesellschaftliche Zukunft<br />
einbringen und hierdurch gleichzeitig<br />
ihre Nähe und ihre Verbundenheit zu unserer<br />
Schule, deren Zielen und unserem<br />
neuen Leitbild zeigen“, so Fleuchaus.<br />
Helmut Katzenwadel<br />
<strong>BLV</strong>-MAGAZIN Ausgabe 3/<strong>2010</strong>