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Dr. Walter Beck Rechtsanwalt und Autor im Gespräch mit Florian ...

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Prinzessinnen geheiratet, waren aber ansonsten bereits dick verschwägert<br />

<strong>mit</strong>einander. Ihre Kinder haben dann eine Doppelhochzeit gefeiert: Das bayerische<br />

Geschwisterpaar hat also das sächsische Geschwisterpaar geheiratet. Und deren<br />

Kinder haben ebenfalls wieder Wittelsbacher aus der Pfalz geheiratet. Bis zum<br />

Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts haben dann ständig Vertreter des bayerischen <strong>und</strong><br />

sächsischen Herrscherhauses untereinander geheiratet.<br />

Hildebrand: Nehmen wir uns doch mal eine dieser Verbindungen heraus, die nicht ganz<br />

unpikant ist: Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern war 71 Jahre alt, als der die 17jährige<br />

österreichische Erzherzogin Maria Leopoldine heiratete. Das war ein<br />

Altersunterschied von <strong>im</strong>merhin 52 Jahren. Wahrscheinlich war das ziemlich<br />

gefährlich für den älteren Gatten. War das auch gefährlich für Bayern?<br />

<strong>Beck</strong>: Das war sehr gefährlich für Bayern, dies aber aus anderen Gründen. Karl-Theodor<br />

wollte nämlich ursprünglich Bayern gegen sein eigenes Königreich tauschen. Er<br />

hatte selbst keine eigenen legit<strong>im</strong>en Kinder <strong>und</strong> wollte daher unbedingt vermeiden,<br />

dass der Rest seiner Verwandtschaft, also die heutigen Wittelsbacher, Bayern<br />

erben würden: Durch den existierenden Erbvertrag wäre es nämlich so gekommen,<br />

wie es dann tatsächlich auch gekommen ist. Als seine erste Frau verstarb, war er<br />

bereits 71 Jahre alt. Und er brauchte doch <strong>im</strong>mer noch dringend eigenen<br />

Nachwuchs, den er bis dahin, wie gesagt, nicht hatte. Die Österreicher sahen darin<br />

natürlich wieder einmal eine Chance, Bayern quasi erobern zu können, <strong>und</strong> sei es<br />

auch nur durch die Geburt eines Nachfolgers. Also haben sie die arme 17-jährige<br />

Prinzessin Maria Leopoldine, wie man fast sagen muss, dazu verurteilt, den alten,<br />

herzkranken <strong>und</strong> auch sonst nicht wirklich ges<strong>und</strong>en Karl Theodor zu heiraten. Sie<br />

hat sich aber gesagt: "Gott sei Dank, dass der schon so alt ist!" Und so hat sie ihn<br />

schon sehr bald mehr oder weniger auf offener Szene <strong>und</strong> auch ohne ein<br />

Gehe<strong>im</strong>nis daraus zu machen, mehrmals hintergangen.<br />

Hildebrand: Darüber haben sich die Leute natürlich mokiert.<br />

<strong>Beck</strong>: Ja, die Leute haben sich mokiert darüber <strong>und</strong> die Pfälzer Wittelsbacher wiederum<br />

haben sich darüber natürlich sehr gefreut. Der spätere Erbe Max IV. Joseph, der<br />

erste bayerische König, hatte nach niemals widerrufenen Erklärungen, wie es so<br />

schön heißt, ebenfalls ein zartes Verhältnis <strong>mit</strong> dieser Maria Leopoldine. Sie hat<br />

jedenfalls <strong>im</strong>mer zu ihm <strong>und</strong> nie zu den Österreichern, also zu ihren eigenen<br />

Verwandten, gehalten. Das muss man sich mal vorstellen! Karl Theodor selbst lag<br />

am Schluss auf seinem Sterbebett <strong>und</strong> es kam der österreichische Gesandte <strong>mit</strong><br />

einem fertig formulierten Tauschvertrag, in dem es geheißen hat: "Du bekommst die<br />

Niederlande, wir Österreicher bekommen Bayern!" Maria Leopoldine hat diesem<br />

Gesandten aber den Zutritt zum Krankenz<strong>im</strong>mer verwehrt, obwohl der Vertrag auf<br />

österreichischer Seite bereits signiert gewesen war. Ihr Gatte hätte nur noch<br />

unterschreiben müssen. Dies hat sie jedoch verhindert <strong>und</strong> dadurch sind die<br />

heutigen Wittelsbacher die Erben geworden.<br />

Hildebrand: Lassen Sie uns <strong>mit</strong> dieser schönen Geschichte das dynastische Kapitel Ihres<br />

Buches abschließen. Ich möchte jedoch noch auf ein Geschichtsurteil zu sprechen<br />

kommen, das <strong>im</strong>mer wieder erwähnt wird. Sie haben mich in unserem Vorgespräch<br />

darauf hingewiesen, dieses Urteil besage nämlich, dass Bayern <strong>und</strong> Sachsen<br />

<strong>im</strong>mer gemeinsam in den Krieg gezogen seien: dies allerdings <strong>im</strong>mer auf der<br />

falschen Seite, nämlich auf der Seite der Verlierer. Nun muss das ja aus kulturellen<br />

Gründen kein Fehler sein, aber st<strong>im</strong>mt denn dieses Urteil überhaupt geschichtlichpolitisch?<br />

<strong>Beck</strong>: Meiner Meinung nach st<strong>im</strong>mt es nicht. Die Bayern <strong>und</strong> die Sachsen waren auf der<br />

Verliererseite während der Schlesischen Kriege. Als dann Bismarck 1866 die<br />

Zwangseinigung von Deutschland erreichte, waren sie ebenfalls beide auf der<br />

Verliererseite. Aber während vieler Jahre vorher waren Bayern <strong>und</strong> Sachsen<br />

eigentlich <strong>im</strong>mer auf der Gewinnerseite gestanden: Im <strong>Dr</strong>eißigjährigen Krieg waren<br />

die Sachsen – <strong>mit</strong> der Ausnahme eines kleinen Ausrutschers – <strong>im</strong>mer auf der Seite<br />

des Kaisers gestanden. Auch später während der Türkenkriege haben Bayern <strong>und</strong><br />

Sachsen auf der Gewinnerseite gekämpft. Im Krieg von 1870 waren sie ebenfalls

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